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Gesundheit und Krankheit: Definitionen und Modelle Seminar: Gesundheit und Krankheit Seminarleitung: Dr. Christiane Eichenberg Datum: 20.01.2006 Referentinnen: Ute Berger & Anja Koch

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Gesundheit und Krankheit:Definitionen und Modelle

Seminar: Gesundheit und KrankheitSeminarleitung: Dr. Christiane EichenbergDatum: 20.01.2006Referentinnen: Ute Berger & Anja Koch

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Agenda

Geschichte

Allgemeine Gedanken zum Gesundheits- und Krankheitsbegriff

Das Labeling - Argument

Normalität und Krankheit im Alltagsbewusstsein

Vom Krankheits- zum Gesundheitsbegriff

Krankheit und Gesundheit in den verschiedenen Psychotherapieschulen

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Zur Geschichte des Krankheitsbegriffs

Bedeutung von Krankheitabhängig von gesellschaftlichen Interpretationsmustern (Kultur)Abweichung und ihre Interpretation von erwünschten Normalzustand

Heute noch: Krankheit in Verbindung mit SchuldErinnerung bei Anblick eines Kranken an eigenes verdrängtes SeelenlebenEntwicklung:

Mittelalter: Abtragung der Schuld – Sinn!moderne Medizin: wissenschaftliches Phänomen, statistische Normwerte, ohne Sinn

Preis, der dafür gezahlt wurde:Krankheit aus Lebenszusammenhang herausgelöstWenig Erfolg anderer medizinisch-wissenschaftlichen Ansätze wie Homöopathieorganisch erklärte Krankheiten = rein medizinische Angelegenheit

Psychoanalyse: Zusammenhangs zwischen Krankheit & seelischem Geschehen

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Geschichte

Allgemeine Gedanken zum Gesundheits- und Krankheitsbegriff

Das Labeling - Argument

Normalität und Krankheit im Alltagsbewusstsein

Vom Krankheits- zum Gesundheitsbegriff

Krankheit und Gesundheit in den verschiedenen Psychotherapieschulen

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Gesundheit und Krankheit

G&K -> Prozessbegriffeveränderbare Zustände -> Prozesse des Krank- und GesundwerdensVorraussetzung: klare begriffliche Abgrenzung und Gegenüberstellung beider Begriffe für ein Prozessverständnis

-> auf psychosozialer Ebene existieren „funktionale Normen“:-> seelisch- geistige Gesundheit steht beim Menschen

komplementär zur Krankheit-> selbstverantwortliches Handeln bestimmt seine

Möglichkeiten und Grenzen-> Kern geistiger Gesundheit: Bewusstsein und

Selbstbewusstsein als Vorraussetzung Handlungen verantwortlich zu planen und auszuführen

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Kommentare von Fachleuten:

G&K keine klar voneinander abgrenzenden Begriffe

beste Lsg.: geeignete Zusammenarbeit

Störung des Gleichgewichtszustandes der Gesundheit ist Gegenstand in der PT

VT ersetzt den Begriff Krankheit als ein Konzept des dynamischen Geschehens

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Kommentare von Fachleuten:

psychisches Kranksein multidimensionales PhänomenG. und K. vom kulturellem Zusammenhang beeinflusstK. = vielfach determinierende Störung der Bez. zu sich selbst und zu anderenein unerträglicher innerpsychischer und psychosozialer Konflikt wird zum Verursacher einer Beziehungsstörungsich krank fühlen -> subjektive ErfahrungWiderspruch: es werden die Menschen als krank klassifiziert, die nicht anderes versuchen, als ihre Gefühlswelt zu erhalten -> psychische Erkrankung selbst ist immer der Versuch sich selbst zu heilen und eine neue Ebene der Integration zu erreichen

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Funktionelle Norm – statistische Norm- Idealnorm

Funktionell: Ist – Zustand wird verglichen mit vorgegebenen SollwertStatistisch: Ist – Zustand gemessen an vorgegebenen SollwertIdealnorm: Ist – Zustand wird verglichen mit gewähltem Sollwert. Vorurteile vs. begründete Idealvorstellungontologisch: Krankheit eigene Seinsform,

Krankheit = Böses, Ontologisierung : „mich hat es erwischt“, böse, aggressive Qualität, Krebs: Arzt – Patient Bez. leidet, kriegerisches Denken, guter und böser Teil, der Kranke gerät aus dem Blickfeld

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Zusammenfassung

es ergeben sich Probleme, wenn man Krankheit durch Normabweichungen ersetztim Sinne der „statistischen Norm“ gibt es „normabweichendes Verhalten“ (z.B. Ostblock, Stalin, Dissidenten wurden psychiatrisch diagnostiziert und behandelt, aber dies war keine Berechtigung zu einer psychiatrischen Intervention)funktionelle Norm in der psychologischen Medizin ermöglicht, dass eine Gesellschaft mehrheitlich „krank“ ist (Nazizeit: antisemitischer Massenwahn, Massenpsychose)

►die Psychotherapie und die psychologische Medizin dürfen keinesfalls allein auf Kriterien statistischer Normabweichungen gegründet werden

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Geschichte

Allgemeine Gedanken zum Gesundheits- und Krankheitsbegriff

Das Labeling - Argument

Normalität und Krankheit im Alltagsbewusstsein

Vom Krankheits- zum Gesundheitsbegriff

Krankheit und Gesundheit in den verschiedenen Psychotherapieschulen

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Das Labeling- Argument in der Psychotherapie

man kann allein mit einem organmedizinischen Krankheitsbegriff auf psychosozialer Ebene keine Psychotherapie veranlassenergänzend dafür benötigt man Definition und Anerkennung von Krankheitskonzepten auf der Ebene der psychologischen Medizin, die einen verständnisvollen Beitrag für die Psychologie leistenKritik: „Etikettierungsansatz“:

- eine Krankheit wie SZ existiert nicht wirklich- Diagnose entspringt aus unserer sozialen Konstruktion

der Wirklichkeit -> der Psychiater diagnostiziert einen anderen Menschen mit SZ, der für ihn unverständliche und nicht nachvollziehbare Dinge redet

- DSM und ICD wurden eingeführt!

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Labeling Argument

die Behauptung der Etikettierung setzte sich nicht durches besteht die Existenz von einem Gegensatzpaar:

Relativismus der „Labeling- Kritiker“ v.s. „psychiatrischer Objektivismus“

- beide Positionen für eine psychologische Psychotherapie müssen ernst genommen werden

- sie müssen in einem Spannungsverhältnis stehen

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Geschichte

Allgemeine Gedanken zum Gesundheits- und Krankheitsbegriff

Das Labeling - Argument

Normalität und Krankheit im Alltagsbewusstsein

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Krankheit und Gesundheit in den verschiedenen Psychotherapieschulen

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Normalität und Krankheit im Alltagsbewusstsein

„Geisteskrankheit“: Verlust von Bewusstsein und Selbst- Bewusstsein„jdn. ist seltsam“: verhält sich in einer von uns gesehenen unverständlichen Weise„Verrückt“ „gestört“: der jenige hat keine Auskunft über Ziele und Motive

-> „Schraube locker“, „Rad ab“, „nicht alle Tassen im Schrank“- werden wir von jdn. geschädigt mit Absicht: bösartig/ ohne

Absicht: Täuschung oder Selbsttäuschung der Persönlichkeit

- kriminell und geisteskrank: „forenische“ Diagnose

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Normalität und Krankheit im Alltagsbewusstsein

sprechen wir von uns selbst -> innere Verfassung des Subjekts tritt in den Vordergrund„ich werde noch verrückt“: überwältigende Probleme oder Gefahren„das darf nicht wahr sein“: verweigerte Anerkennung extrem unerfreulicher Erkenntnisse„ich bin doch nicht verrückt“: Verteidigung des Selbst

►man geht viel vorsichtiger mit solchen Diagnosen um, wenn man von der Fremdattribution zur Selbstaussage wechseln

- Schimpfwort bei anderen- Ausrede bei sich selbst

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Allgemeine Gedanken zum Gesundheits- und Krankheitsbegriff

Das Labeling - Argument

Normalität und Krankheit im Alltagsbewusstsein

Vom Krankheits- zum Gesundheitsbegriff

Krankheit und Gesundheit in den verschiedenen Psychotherapieschulen

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Vom Krankheits- zum Gesundheitsbegriff

die Medizin verfügt bislang noch über kein Konzept vom gesunden und kranken Menschenjede Vorstellung vom Krankheitsbegriff beeinflusst die therapeutische Methode (Bsp. Magengeschwür)auch in der Psychotherapie führen verschiedene Krankheitskonzeptionen zu unterschiedlichen HandlungsweisenDef. Krankheit: „ein objektiver, abgrenzbarer, d.h. nicht auf einem Befindlichkeitskontinuum angesiedelter Zustand“Abkoppelung des subjektiven Erlebens

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Kommentar:

►der komplexen Ganzheit des Gegenstandes des Krankseins entspricht eine gleichwertige Kooperation aller an einer Behandlung Beteiligten, ungeachtet der evt. diagnostischen Reduktion auf eine bestimmte, die Symptome organisierende „Krankheit“

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Vom Krankheitsbegriff zur Konzeption von Gesundheit

Claude Leriche: Gesundheit: - „Schweigen der Organe“- frei von Krankheitssymptomen können wir unseren

Tätigkeiten und Interessen nachgehen- ist unsere biologische Befindlichkeit beeinträchtigt

oder nicht-> Folgen für Medizin -> einseitig technische Reparaturmedizin

- Def. der WHO: 1. Gesundheit ist positiv definiert

2. subjektives Erleben einbezogen

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Vom Krankheitsbegriff zur Konzeption von Gesundheit

Def. der WHO 1946: „Gesundheit ist ein physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden“Mängel:

- definierbarer Zustand -> statisch - umfassendes Wohlbefinden -> Utopie - die meisten Tätigkeiten sind doch mit Mühe und Verzicht versehen - keinerlei Übergangsstufen - es fehlt ein aktives über Regulations-, Adaptions-,

und Bewältigungsmechanismen verfügendes Subjekt

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Kommentar:

die Def. der WHO-> Gesundheit = körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden

=> PARADISISCHER ZUSTAND!!!►Mensch bestimmt über sich selbst, ob krank

oder nicht krank-> je höher die Anforderungen an die sozialen

Anpassungen durch die Zivilisation gestellt werden, desto größer wird die Zahl derer, die damit nicht zurecht kommen

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Vom Krankheitsbegriff zur Konzeption von Gesundheit

Mensch mit mehr oder weniger gelingender Selbstregulation (effektiv, flexibel)stets in Interaktionen, Anpassungen und Vorausplanungengrundsätzliche Bedürfnisse wie sozial Eingebundensein und Selbstregulation können bei mangelnder sozialer Unterstützung und sozialer Isolation zur Krankheitsanfälligkeit führenstarke Fremdbestimmung im Arbeitsprozess führt zur gesundheitlichen Belastungbessere Motivation bei geringerer Belastung fördert die Gesundheit

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Vom Krankheitsbegriff zur Konzeption von Gesundheit

Gesundheit kann nicht von den Ärzten hergestellt werden und von den Individuen allein verantwortet werdenäußere Lebensbedingungen haben großen Einfluss auf GesundheitG ist ständigen Regulierungsvorgängen unterworfensoziale und Umweltaspekte müssen mit einbezogen werdengesundes Lebenkeine bestimmten Kriterienimmer die ganze Person betreffendrationaler und selbstreflexiver Lebensbezug

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Vom Krankheitsbegriff zur Konzeption von Gesundheit

1986 neue Definition führt zur umfassenden Bestimmung von Krankheit (psychisch, physisch, akut und chronisch):

„einen Ungleichgewichtszustand, der aus eigenen Ressourcen nicht mehr korrigiert werden kann“

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WHO 1986:

Gesundheitsförderung: allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung

über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit in gewisser Weise stärkenVorraussetzungen für Gesundheit:

Friede, angemessene Wohnbedingungen, Bildung, Ernährung,…Interessen vertreten:

ein guter G.zustand ist eine wesentliche Bedingung für soziale, ökonomische und persönliche Entwicklung

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WHO 1986:

Befähigen und ermöglichen: Chancengleichheit

Vermitteln und vernetzen: koordiniertes Zusammenwirken unter Beteiligung der Verantwortlichen

in Regierungen, Gesundheits-, Sozial-, und Wirtschaftssektor,… -> Menschen in allen Lebensbereichen

aktives, gesundheitsförderndes Handeln erfordert: - Entwicklung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik- Gesundheitsförderliche Lebenswelten schaffen- Gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen unterstützen- persönliche Kompetenzen entwickeln- Gesundheitsdienste neu orientieren- auf dem Weg in die Zukunft- gemeinsame Verpflichtung zur Gesundheitsförderung- Aufruf zum internationalen Handeln

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Geschichte

Allgemeine Gedanken zum Gesundheits- und Krankheitsbegriff

Das Labeling - Argument

Normalität und Krankheit im Alltagsbewusstsein

Vom Krankheits- zum Gesundheitsbegriff

Krankheit und Gesundheit in den verschiedenen Psychotherapieschulen

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Psychoanalyse 1/2

Freud:Gesund = genügendes Maß von Genuss- & LeistungsfähigkeitGesundheit & Krankheit als 2 Extreme auf einer Achse (normativ)Fehlleistungen = Konflikte, Träume = pathologische Symptome => Neurosen – selbe Mechanismen (Unterdrückung & Verdrängung)

Ziel: Patient wird genuss-, arbeits- & liebesfähig

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Psychoanalyse 2/2

Gesundheit als… (Therapie = Förderung der Selbsthilfekräfte)

Maßstab subjektive Befindlichkeit:…positives Selbstwertgefühl, Selbstakzeptierung & Selbstvertrauen…Fähigkeit einer Steuerung durch das bewusste und vorbewusste Ich

Maßstab soziale Norm:…Messung an Funktionsnormen (nicht kulturfrei)…unreduzierte Erfahrung innerer/äußerer Realität & deren Umsetzung in kommunikative Prozesse & Handeln

Krankheit als inadäquater KonfliktlösungsversuchÄußerer Konflikt => unbewusster/psych. Konflikt => Angst => Abwehraktivierte Abwehrmechanismen stören sonst gut funktionierende seelische oder körperliche Prozesse

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Individualpsychologie

Krankheit = psychisch/somatisch, wurzelt in lebensstiltypischen Tendenzen der unbewussten Apperzeption des Selbst und der WeltApperzeptionstendenzen:

Lebensgeschichtlich verstehbar in Genese und augenblicklichen StarrheitNegativ bewertet innerhalb einer sozio-kulturellen GemeinschaftVeränderbar über Intensivierung/Ausgestaltung von psychischen Aktivitäten

Adler:Neg. Kompensationsversuch von Organminderwertigkeiten => Neurosen/PsychosenMinderwertigkeitsgefühle => Überkompensation => Neurosen/PsychosenZiel: bewusste Apperzeptionen & Ausgestaltung einer hilfreichen BeziehungMensch eingebettet in soz. Bezüge, angewiesen auf Zusammenleben mit anderen

KrankheitslehreBeschreibung seelischer Probleme (Grundstruktur im Bereich des Normalen & Pathologischen)ganzheitliche Erfassung des Menschen

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Analytische Psychologie (Jung)

Krankheitsubjektiv und/oder objektiv festzustellende Befindlichkeit als integraler Bestandteil des Lebensprozessesenthält in sich die Entwicklung zur Gesundheit

PrägungenAssoziationsstudien => Auffälligkeiten in Antworten der PatientenStärkere Gewichtung aktueller Konflikte (//Kindheit)

Nie genaue Definition von Krankheit, aber:Neurose = Dissoziation der Persönlichkeit durch inkompatible Komplexe => Abspaltung => unbewusste Komplexe (drücken sich in neurotischen Symptomen aus)Neurose als Leiden der Seele, die ihren Sinn nicht gefunden hat

Psychische Krankheit aus der Sicht des Patientendas zu beseitigende überflüssige und sinnlose Leidenaber auch Entwicklungsanstoß und die Chancen eines Individuationsweges

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Verhaltenstherapie 1/2

heutiges Verständnis der VTVerhalten = körperliche Funktionszustände, emotionale Zustände, Formen des Wahrnehmens, Erkennens, Denkens oder Vorstellens, Formen sozialen VerhaltensReiz-Reaktion, soziale & kognitive Lerntheorien, Handlungstheorie, Systemtheorie

KrankheitsbegriffEinfachste Modell = spezifische Ursache => bestimmte Symptome mit voraussagbaren Verlauf und strukturellen o. funktionellen pathologischen Veränderungen in bestimmten KörperteilenErlangen von Verhaltensstörungen nach gleichen Prinzipien wie normales Verhalten – Einstufung mit dem jeweiligen sozialen und kulturellen Kontext

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Verhaltenstherapie 2/2

Konsequenzen für Diagnostik & TherapieKognitive VT dominiert => einsichtsvolles Problemlösetraining (Konsequenzen zieht Patient selbst)Diagnosefunktion:

Welche Verhaltensmuster verlangen Veränderung? Welche sind Bedingungen? Welches sind die praktikabelsten Mittel für Veränderung?

wenig Klassifikation, denn Bezeichnung einer Person als normal oder gestört nur unter Berücksichtigung

seines Verhaltens, des jeweiligen situationalen und sozialen Kontexts sowie soziokultureller Gesichtspunkte

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Klientenzentrierte Gesprächstherapie 1/2

Definition KrankheitBeeinträchtigung (normativ); Störung d. Wahrnehmung, Erlebens oder Verhaltens (keine oder nur teilweise willentliche Steuerung des Kranken)

Rogers - Beschreibung des Gesunden => Erweiterung

Neurose als WerdenshemmungKrankheit = Störung der Aktualisierungstendenz (Wachstum, Freiheit, Selbstbestimmtheit)

Neurose als VerschlossenseinKrankheit = keine bewusste Wahrnehmung innerpsychischer Prozesse & Wahrnehmungsblockade nach außen

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Klientenzentrierte Gesprächstherapie 2/2

Neurose als Einschränkung personaler FreiheitVerantwortlichkeit für sich selbst & Möglichkeit, der Entscheidung gegen das Offensein (Übernahme der Begrenzungen)

Neurose als BeziehungsstörungSperre, sich anderen mitzuteilen; enge Beziehungen = gefährlich => Therapie!

Neurose als Inkongruenz (Ursache der genannten Phänomene)

Ergebnis der Unvereinbarkeit zwischen dem durch Introjektionen sozialer Normen geformten Selbstbild und der Erfahrung

Abspaltung organischer Tendenzen, innerpsychische Spannungen, Verhaltenswidersprüchlichkeit (verzerrte Symbolisierung o. Verleugnung)

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Gestalttherapie

Keine systemische KrankheitsdefinitionGesundheit

Einlassen auf Lebensprozess, Gleiten von Situation zu SituationHomöostatischer Prozess (Gleichgewichtsstreben – Bedürfnisbefriedigung)zwischen Kontakt & Rückzug (Wahl) – Gegenteil = Krankheitintakte Gestaltbildungsprozesse

Krankheit im Rahmen des MenschenbildesStörungen im homöostatischen Prozess => unfähig, Bedürfnisse zu spüren o. Umwelt für Erfüllung zu nutzen => ineffektives VerhaltenKonflikte (Aufmerksamkeit auf 2 unvereinbare Situationen) andauernd und offenkundig unlösbar => neurotischer Konflikt

Krankheit im Rahmen der KrankheitslehreNeurose als Verteidigungsmanöver gegen eine zu starke BedrohungVerteidigungsmanöver als Störungen an der Kontaktgrenze in Form von 5 Mechanismen wirksam: Introjektion, Projektion, Konfluenz, Retroflexion, Deflexion

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Psychodrama

GrundsätzlichesDramatisierung psychischer Gehalte & soziatrische MethodenSzenen nachspielen/üben => Konflikt zwischen Wiederholung unangemessener Muster & Gestaltung neuer LebensweisenTherapie = Diagnose, Hilfswelten für Kranke & Gesunde

GrundzügeVertrauen auf Spontaneität und KreativitätErkennen durch Teilnahme, Ökologisches Denken

Gesundung und ErkrankungKreativer Zirkel: Stegreiflage => Spontaneität => Kreativität => aus alten neue Konserven => Person als autonomes SubjektKonservierende Zirkel: Zwangslage => Angst => psychosoziale Stereotypen => alte Konserven, die Person als Ich verfestigenErkrankungsprozess: Ressourcen reichen zur Bewältigung nicht ausGesundheitsprozess: günstige Ausgangsposition gegenüber Herausforderung

Konflikt zwischen Gesellschaft & Individuum bestimmt Definitionsprozess

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Katathymes Bilderleben

Krankheit = behandlungswürdige Einschränkung der Lebens- & Entwicklungsmöglichkeiten (Einschätzung durch subjektives Erleben, gesellschaftliche Normen & medizinische Konventionen)Katathymes Bilderleben

Leuners TagtraumtechnikImaginationen als Spiegel unbewusster Konflikte

Anwendung: Vorgespräch, Selbstentspannung, Motivvorstellung, Mitteilung

Entstellung der Motive mehr oder weniger eigenwillig / pathologischMotive der Grundstufe (unterschiedliche Bedeutungsinhalte) & Mittelstufe (konfrontierend)

Dynamik von Gesundheit & KrankheitUnbewusstes = phylo- & ontogenetische ErfahrungenTagsüber: Grenze zwischen triebhaften Wünschen & sozial-konventionellen Verhaltensweisen; In der Nacht: Grenzverkehr wird lebhafterKranksein als massive Einschränkung des Grenzverkehrs (Invasion vs. Abriegelung)Kultivierung des Grenzverkehrs im Schutz des therapeutischen Settings

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Systemische Therapie

Psychoedukativer Ansatz:Mit der Krankheit leben lernenForschung: Kommunikationsstil von Angehörigen von SchizophrenenErgebnisse: Klare Zuschreibung & biologische Verursachung => Entlastung von Schuldgefühlen => Training des Copingverhaltens

Systemisch-konstruktivistischer AnsatzNicht Realitäten, sondern Deutungen => Deutung von VerhaltenArzt etikettiert „krank“ => legitimiert, Heilungswissen anzuwendenDiagnose für systemischen Therapeuten bedeutungslos => Auflösungen & Neuordnungen von Bedeutungen

Gesundheits- und sozialpolitische ÜberlegungenPatienten mit Diagnosen und Menschen mit Wunsch nach Verbesserung der Lebensqualität oder Bewältigung nicht medizinischer ProblemeBreite Problemfelder => Abstufung der Problemlagen = Beschränkung möglicher BeschreibungenBehandlungsbedürftigkeit und Definition des Therapeuten-Patienten-Kontaktes => gemeinsames Aushandeln zwischen beiden Teilen