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Geschäftsbericht 2011

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Die Geschäftsberichte erscheinen jährlich und berichten umfassend über die Arbeitsschwerpunkte der BDA des vergangenen Jahres. Hier werden alle wichtigen Veränderungen in der nationalen und europäischen Sozialpolitik, im Arbeitsrecht, in der Arbeitsmarkt-, Tarif- und Bildungspolitik sowie der allgemeinen Wirtschaftspolitik analysiert und bewertet.

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Sehr geehrte Damen und Herren,

wir blicken zurück auf ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Die deutsche Wirtschaft ist gestärkt aus der weltweiten Wirtschaftskrise herausgekom­men und im Jahr 2011 erstaunlich stark gewach­sen. Die Zahl der Erwerbstätigen hat einen Rekordwert erreicht und die Arbeitslosigkeit liegt bei deutlich weniger als 3 Mio. Bei aller Freude über diese Entwicklung dürfen die großen Her­ausforderungen jedoch nicht aus dem Blick gera­ten. Der wirtschaftliche Ausblick für die nächs­ten Jahre bleibt ungewiss. Zunehmend werfen die Abschwächung der Weltkonjunktur und die anhaltende Staatsschuldenkrise im Euroraum ihre Schatten auf die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland.

Die erfolgreiche Bewältigung der Krise durch die deutsche Wirtschaft ist in großen Teilen auch ein Ergebnis des äußerst verantwortungsvollen Handelns der Tarifpartner in den vergangenen Jahren. Die moderaten Tarifabschlüsse trugen in ihrer Differenziertheit den höchst unterschiedli­chen Branchensituationen in Deutschland Rech­nung. Auch im Jahr 2011 konnte diese erfreuliche Entwicklung fortgeführt werden. Im Interesse einer nachhaltig positiven Wirtschaftsentwicklung haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam erfolg­reich darauf hingewirkt, die Lohnabschlüsse auch in diesem Jahr den wirtschaftlichen Bedingungen angemessen zu gestalten. Dies zeigt: Die Tarifau­tonomie in Deutschland ist und bleibt eine Erfolgs­geschichte und ein wichtiger Bestandteil unseres Wirtschaftssystems.

Allerdings gibt es aktuelle Entwicklungen in der Tarifpolitik, die langfristig die Tarifautonomie bedrohen. Im Jahr 2011 fanden tarifeinheitswidrige

Streiks statt und weitere neue Spartengewerk­schaften haben sich gegründet. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, droht eine Erosion der Tarif­autonomie. Es ist schwer nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 2010 die Tarifeinheit immer noch nicht gesetzlich wieder­hergestellt hat. Die Tarifeinheit ist eine Zukunfts­voraussetzung für die Tarifautonomie, weil nur so die Friedensfunktion der Branchentarifverträge gewährleistet werden kann.

Die positive wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wird überschattet von der schwers­ten Belastungsprobe der EU seit deren Grün­dung. Die Staatsschuldenkrise im Euroraum ist das Ergebnis jahrelanger hemmungsloser Schul­denmacherei zahlreicher Staaten in Europa. Auch Deutschland hat zu lange über seine Verhältnisse gelebt. Die Rückführung der ausufernden Staats­schulden muss daher in allen betroffenen Län­dern höchste Priorität haben. Zudem ist eine Ver­schärfung der europäischen Regeln im Bereich der Finanz­ und Haushaltspolitik unumgänglich. Nur auf diese Weise kann die langfristige Stabi­lität im Euroraum gesichert werden. Die BDA hat sich schon früh mit eigenen Lösungsvorschlägen in die Diskussion eingebracht und unterstützt die Bundesregierung bei ihren Bemühungen zur Sta­bilisierung der Eurozone.

Dies sind nur wenige Beispiele aus der Aus­wahl an Themen, die die BDA in den zurücklie­genden zwölf Monaten beschäftigt haben. Der vorliegende Geschäftsbericht gibt eine Übersicht über die zahlreichen inhaltlichen Schwerpunkte und Tätigkeitsbereiche der BDA im Jahr 2011.

Dr. Reinhard GöhnerHauptgeschäftsführer der BDA

Dezember 2011 | Berlin

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Langzeitarbeitslosigkeit Fachkräfte Ältere BeschäftigteFachkräftesicherung

DemografieBeschäftigungsdynamik SockelarbeitslosigkeitErwerbstätige Behindertenrechtskonvention

Beschäftigung SockelarbeitslosigkeitBlue Card JugendlicheFrauen

DemografieErwerbstätigenrekord ArbeitskräfteallianzBundesagentur für Arbeit Arbeitsmarktmonitor

ArbeitsmarktZuwanderung EinstiegsqualifizierungGering Qualifizierte

BeschäftigungsdynamikPraktikum Erwerbstätige Anerkennungsgesetz

Eingliederungschancen ArbeitslosenversicherungBlue Card FrauenAnerkennungsgesetz

DemografieNiedriglohnsektorArbeitslosengeld II Bundesarbeitsministerium

FamilienfreundlichkeitBehindertenrechtskonventionBetriebliche Personalpolitik Bundesarbeitsministerium

PraktikumEin-Euro-Jobs FamilienfreundlichkeitChancengleichheit

Niedriglohnsektor LangzeitarbeitslosigkeitZuwanderung Fachkräftesicherung Chancengleichheit

FachkräftegipfelWirkung und WirtschaftlichkeitKurzarbeitergeld plus

Arbeitsmarkt Bundesagentur für ArbeitArbeitsmarktmonitor Gering QualifizierteKurzarbeitergeld plus

Behindertenrechtskonvention MigrantenArbeitsmarktmonitor Integration

Arbeitsmarkt FachkräfteÄltere BeschäftigteBlue CardMigranten Bundesarbeitsministerium Integration

NiedriglohnsektorGering QualifizierteFörderinstrumente BehindertenrechtskonventionArbeitsmarktpolitik

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Beschäftigung8

Fachkräfte sichern – Langzeit­arbeitslosigkeit abbauen

Mit einem neuen Erwerbstätigenrekord blieb der deutsche Arbeitsmarkt auch im Jahr 2011 auf Er-folgskurs. Es wird immer deutlicher, dass der ver-heerende jahrzehntelange Trend einer mit jedem konjunkturellen Abschwung weiter gewachsenen Sockelarbeitslosigkeit gebrochen und umgekehrt wurde. Die Zahl der Arbeitslosen konnte trotz der schweren internationalen Finanz- und Wirt-schaftskrise von ihrem traurigen Höchststand mit 5,3 Mio. im Frühjahr 2005 bis November 2011 fast halbiert werden.

Zugleich sind in immer mehr Branchen und Regionen wachsende Fachkräfteengpässe fest-zustellen, die längst über den sog. MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Tech-nik) hinausgehen. Diese entwickeln sich ange-trieben durch den demografischen Wandel zur bedrohlichen Wachstums- und Beschäftigungs-bremse. Erfreulicherweise räumt die Politik dem Thema „Fachkräftesicherung“ – angestoßen vor allem durch die BDA – zunehmend Priorität ein. So sind in diesem Jahr nicht zuletzt im Zuwande-rungsrecht weitere wichtige Schritte unternommen worden. Insgesamt muss in Deutschland aber immer noch die jahrzehntelange Abschottungs-mentalität durch eine offensive Willkommenskultur gegenüber den besten Köpfen der Welt abgelöst werden. Bedauerlich ist auch, dass anstelle einer zielgerichteten Ausschöpfung des großen inlän-dischen Arbeitskräftepotenzials gut qualifizierter Frauen vielfach eine irreführende, von den tat-sächlichen Herausforderungen ablenkende Diskri-minierungs- und Quotendebatte geführt wird.

Ein folgenschwerer Irrtum wäre es zu glau-ben, dass der Abbau der immer noch zu hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland allein aufgrund der demografischen Entwicklung und des wach-senden Fachkräftebedarfs vorankommt. Tat-sächlich entwickelt sich am Arbeitsmarkt eine zunehmende Parallelität von expandierenden Fachkräftelücken einerseits und leider immer noch verfestigter und gerade auch im internati-onalen Vergleich viel zu hoher Langzeitarbeitslo-sigkeit andererseits.

Vor diesem Hintergrund muss mit Sorge beobachtet werden, dass in der öffentlichen Dis-kussion die Kritiker eines angeblich ausufernden Niedriglohnsektors und Befürworter der Einschrän-kung flexibler, als prekär diffamierter Beschäfti-gungsverhältnisse an Zuspruch gewinnen. Bei dieser Diskussion wird geflissentlich unterschla-gen, dass der verhängnisvolle Trend des jahr-zehntelangen Anstiegs der Sockelarbeitslosigkeit nur durch mehr Flexibilität und damit zusätzliche Beschäftigungschancen am Arbeitsmarkt gerade für Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte gebrochen werden konnte. Dieser Erfolg kann zugunsten eines weiteren deutlichen Abbaus der Langzeitarbeitslosigkeit nur fortgesetzt wer-den, wenn für die mehr als 50 % Arbeitslosen in der staatlichen Fürsorgeleistung Arbeitslosen-geld II, die keine Berufsausbildung besitzen und zu einem Drittel noch nicht einmal einen Schul-abschluss erlangt haben, weiterhin einfache Be-schäftigungsmöglichkeiten für einen Einstieg in den Arbeitsmarkt bereitstehen. Wer dies etwa über Mindestlöhne, die die Erträge einfacher, nur wenig produktiver Arbeitsplätze übersteigen, ver-hindert, verbaut vielen Menschen regelrecht den Ausweg aus der Arbeitslosigkeit.

Arbeitsmarkt: weitere Erholung, aber gebremste Dynamik

Der Aufschwung am Arbeitsmarkt nach der tiefen internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich 2011 im zweiten Jahr in Folge fortgesetzt. Im Zuge der guten konjunkturellen Entwicklung sank die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem Vorjahr um zuletzt rd. 200.000 auf nur noch 2,7 Mio. (No-vember) und damit auf den niedrigsten Stand seit 1991. Auch im Jahresschnitt wird die Zahl der Ar-beitslosen voraussichtlich unter der 3-Mio.-Marke bleiben. Die Gesamtentwicklung am Arbeitsmarkt profitierte vor allem davon, dass die Unternehmen zahlreiche sozialversicherungspflichtige Arbeits-plätze neu geschaffen haben: Im Vergleich zum Vorjahr legte die Beschäftigung um rd. 700.000 zu und lag zuletzt bei 28,9 Mio. Mit insgesamt vor-aussichtlich über 41 Mio. Erwerbstätigen im Jah-resschnitt 2011 wäre ein neuer Rekordwert nach der deutschen Wiedervereinigung erreicht. Aller-dings verlor mit der konjunkturellen Eintrübung in der zweiten Jahreshälfte auch der seit Ende 2009

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Zahl der Arbeitslosen in Mio.

1970 1974 1978 1982 1986 1990 1994 1998 2002 2006 2010

Trend der steigenden Sockelarbeitslosigkeit endlich umgekehrt

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2011

anhaltende Boom am Arbeitsmarkt insgesamt an Schwung. Dies zeigt u. a. die Entwicklung der Be-schäftigungsdynamik in der Zeitarbeitsbranche, die als ein gewisser Frühindikator für die gesam-te Beschäftigungsentwicklung gelten kann und die sich im Jahresverlauf 2011 merklich abge-schwächt hat: Im September legte die Beschäfti-gung in der Zeitarbeit im Vergleich zum Vorjahres-monat nur noch um rd. 10 % zu – Mitte 2010 lag das Wachstum noch bei 33 %.

In wichtigen Branchen wie dem verarbeiten-den Gewerbe oder dem Gesundheits- und So-zialwesen entstanden binnen Jahresfrist jeweils deutlich mehr als 100.000 neue Arbeitsplätze. Das Beispiel der Metall- und Elektroindustrie be-legt, dass die Möglichkeiten der Unternehmen, auf einen ausgewogenen Beschäftigungsmix zu setzen, den zügigen Beschäftigungsaufbau nach der großen Wirtschafts- und Finanzkrise

2008/2009 entscheidend mit ermöglicht haben: Hier sind von Mitte 2010 bis Mitte 2011 insgesamt 127.000 neue Stammarbeitsplätze entstanden. Gleichzeitig wurden 25.000 Zeitarbeitnehmer neu eingestellt.

Nach wie vor bestehen allerdings große strukturelle Herausforderungen für den weite-ren Abbau der Arbeitslosigkeit: Vom Aufschwung haben bisher vor allem leicht zu vermittelnde Arbeitslose mit guter Qualifikation profitiert. Der Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit und der Be-schäftigungslosigkeit gering Qualifizierter kommt hingegen weiter nur schleppend voran: So ist die Zahl der Arbeitslosen im Rechtskreis SGB III, also der Bezieher von Arbeitslosengeld I, auch 2011 bedeutend schneller und kräftiger zurückgegan-gen als die der Empfänger der Fürsorgeleistung Arbeitslosengeld II. Der „harte Kern“ unter den Arbeitslosen wird somit immer deutlicher sichtbar.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Beschäftigung10

Deutschland bei Langzeitarbeitslosigkeit weit abgeschlagen

Anteil Langzeitarbeitsloser (länger als zwölf Monate arbeitslos) an allen Arbeitslosen

Werte für 2010

Quelle: OECD, 2011

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5 in %

CADKATUS

OECDGBCHFRDE

0 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55

19,1

25,2

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32,4

32,6

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40,1

47,4

Im nächsten Jahr wird sich die Erholung am Arbeitsmarkt wohl nur noch auf niedrigem Niveau fortsetzen können: Die Bundesregierung rechnet in ihrer Herbstprognose für 2012 mit durchschnitt-lich 2,85 Mio. Arbeitslosen.

Fachkräftesicherung: erste richtige Schritte

Die bereits im letzten Jahr spürbaren Probleme vieler Unternehmen, offene Stellen vor allem für qualifizierte Fachkräfte zügig zu besetzen, ha-ben 2011 weiter zugenommen. Allein im MINT-Bereich fehlten im Herbst 2011 (Stand Oktober) 167.000 Fachkräfte (IW Köln), darunter vor allem Ingenieure. Die Fachkräfteengpässe in Deutsch-land haben sich inzwischen weit über den MINT-Bereich ausgedehnt. Weil offene Stellen regional

Der Anteil der Arbeitslosen ohne abgeschlossene Ausbildung stieg nach Erkenntnissen der Bun-desagentur für Arbeit (BA) auf 44 %. Unter den Arbeitslosengeld-II-Beziehern sind inzwischen sogar 52 % gering qualifiziert (Daten für Novem-ber 2011), jeder Dritte davon hat sogar nicht ein-mal einen Schulabschluss.

Trotz der gegen Ende des Jahres nachlas-senden Dynamik am Arbeitsmarkt und des be-reits kräftigen Beschäftigungsaufbaus gegenüber dem Vorjahr fragten die Unternehmen weiterhin in großer Zahl Arbeitskräfte nach. Nach Schätzun-gen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsfor-schung gab es in den ersten neun Monaten des Jahres knapp 1 Mio. offene Stellen – fast ein Drit-tel mehr als im Vorjahr. Viele Unternehmen su-chen händeringend Fachkräfte, können sie aber oft nicht schnell genug finden.

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Deutschland bei Langzeitarbeitslosigkeit weit abgeschlagen

Anteil Langzeitarbeitsloser (länger als zwölf Monate arbeitslos) an allen Arbeitslosen

Werte für 2010

Quelle: OECD, 2011

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CADKATUS

OECDGBCHFRDE

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Forderung der BDA – vereinbart, ausländischen Absolventen deutscher Hochschulen künftig „eine dauerhafte, rechtlich abgesicherte Perspektive am deutschen Arbeitsmarkt zu bieten“. Anfang Dezember hat die Koalition im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfs zur Umsetzung der EU-Hochqualifiziertenrichtlinie (sog. Blue Card) weitere wichtige Änderungen im Zuwanderungsrecht beschlossen.

Darüber hinaus hat Anfang 2011 die von der Bundesregierung eingerichtete „Arbeitskräfte -allianz“, an der auch die BDA mitwirkt, ihre Arbeit aufgenommen. Die BDA unterstützt nachdrück-lich das richtige Ziel von Bundesarbeitsministerin Dr. von der Leyen, im Rahmen der Allianz regio-nale Netzwerkstrukturen zur Fachkräftesicherung zu stärken und den Austausch von Beispielen guter Praxis zu erleichtern. Dazu sollte vor allem auch der Arbeitsmarktmonitor der BA genutzt werden.

Die BDA setzt sich in der „Arbeitskräftealli-anz“ und in Gesprächen mit politischen Entschei-dungsträgern dafür ein, dass in der gemeinsamen Erklärung mit den Sozialpartnern beim diesjähri-gen Fachkräftegipfel identifizierte richtige Hand-lungsansätze in weitere, konkrete Maßnahmen zur Fachkräftesicherung umgesetzt werden.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Fachkräftesicherung“

Arbeitsmarktpolitik: weitere rich­tige Weichenstellungen für mehr Wirkung und Wirtschaftlichkeit

Mit dem 2011 auf den Weg gebrachten „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ hat die Bundesregierung die von der BDA seit langem geforderte umfassende Straffung und Vereinfachung der arbeitsmarktpoli-tischen Förderinstrumente fortgesetzt. Um die für die Integration Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt notwendige individuelle und flexible Unterstüt-zung gewähren zu können, bedarf es vor allem größerer Entscheidungsspielräume hinsichtlich des Einsatzes der Förderinstrumente vor Ort und einer Vereinfachung des arbeitsmarktpolitischen Instrumentenkastens.

ungleich verteilt und nicht alle Arbeitslosen un-eingeschränkt mobil sind, sind nach Erkenntnis-sen des IW Köln Fachkräfteengpässe vor allem dort spürbar, wo im bundesweiten Durchschnitt auf eine offene Stelle weniger als 2,3 Arbeits-lose kommen. Im Herbst 2011 traf dies laut BA-Statistik bereits für rd. 50 Berufe zu. Dabei fehlte es nicht nur an Akademikern wie Ingenieuren oder Ärzten, sondern – insbesondere in der Metall- und Elektroindustrie – vielerorts auch an Facharbei-tern, wie z. B. Elektroinstallateuren und -monteu-ren, Maschinenbautechnikern, Malern und Lackie-rern oder Speditionskaufleuten. Deutlich werden die wachsenden Fachkräfteengpässe zudem an überlangen Vakanzzeiten bei offenen Stellen: Besonders lange unbesetzt blieben 2011 nach Erkenntnissen der BA Stellen bei Elektroberufen, technisch-naturwissenschaftlichen Berufen sowie Gesundheitsdienstberufen.

Die von der BDA maßgeblich initiierte Dis-kussion über geeignete Lösungsansätze zur Verringerung wachstumsschädlicher Fachkräfte-engpässe hat im Jahr 2011 spürbar an Schwung gewonnen. Obgleich das von der Wirtschaft ange-mahnte strategische Gesamtkonzept für eine kurz- und längerfristige Fachkräftesicherung – für das die BDA 2010 umfangreiche Vorschläge vorgelegt hatte – nach wie vor fehlt, wurden auf Drängen der Wirtschaft weitere richtige Weichenstellungen auf den Weg gebracht. Beim sog. Fachkräftegipfel in Meseberg am 22. Juni 2011, der von Bundes-kanzlerin Dr. Merkel geleitet wurde und an dem neben Arbeitgeberpräsident Prof. Dr. Hundt auch andere führende Vertreter der Wirtschafts- und Sozialpartner und der Wissenschaft teilgenom-men haben, hat die Bundesregierung ihre Über-legungen zur Fachkräftesicherung vorgestellt und eine gemeinsame Erklärung mit Wirtschaft und Gewerkschaften verabschiedet. Die Bundes-regierung hat sich darin erfreulicherweise dazu bekannt, nicht nur inländische Potenziale besser erschließen zu wollen, sondern auch die Rahmen-bedingungen für die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte fortzuentwickeln. Die bürokratische Einzelfall-Vorrangprüfung für die Zuwanderung von Maschinen-, Fahrzeugbau- und Elektroin-genieuren wurde nach der Verabschiedung des Fachkräftekonzepts der Bundesregierung umge-hend ausgesetzt, wie dies die BDA empfohlen hatte. Außerdem wurde – eine weitere langjährige

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pflichtige Arbeitsverhältnisse ausgestalteter, öf-fentlich geförderter Beschäftigung festgehalten wird. Ziel muss es vielmehr sein, Arbeitslose durch eine umfassende Vermittlungs-, Qualifizie-rungs- und Betreuungsoffensive in den ersten Ar-beitsmarkt zu integrieren. Im Rahmen einer kon-sistenten Strategie des „Förderns und Forderns“ können lediglich Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwandsvariante (Ein-Euro-Jobs) als Instru-ment zur Aktivierung in begrenztem Umfang einen Beitrag leisten, um Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte an den Arbeitsmarkt heranzuführen. Es ist richtig und notwendig, dass das „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ hierfür als weitere Voraussetzung nun ausdrücklich auch Wettbewerbsneutralität verlangt. Um bei öffentlich geförderten Arbeitsge-legenheiten eine kontraproduktive Verdrängung regulärer Arbeitsplätze zu verhindern, müssen aber zusätzlich regional besetzte Beiräte aus Ar-beitnehmer- und Arbeitgebervertretern mit einem Vetorecht ausgestattet werden. Hierfür setzt sich die BDA gemeinsam mit den Gewerkschaften seit langem ein.

Mit Nachdruck hat die BDA zudem dafür geworben, im Zuge der Instrumentenreform Vorkehrungen zu treffen, damit die in der Krise bewährten Sonderregelungen zum Kurzarbei-tergeld (sog. Kurzarbeitergeld plus), die bereits Ende 2011 wegfallen sollen, in Notsituationen kurzfristig wieder in Kraft gesetzt werden können. Nachdem der Bundesrat im Oktober 2011 den Vermittlungsausschuss zur Arbeitsmarktinstru-mentenreform angerufen hatte, hat Arbeitgeber-präsident Prof. Dr. Hundt angesichts der fortbe-stehenden Risiken an den Finanzmärkten und für die Realwirtschaft gegenüber dem Vermittlungs-ausschuss, den Ministerpräsidenten der Länder und den Partei- und Fraktionsvorsitzenden noch einmal für eine entsprechende gesetzliche Ver-ordnungsermächtigung für die Bundesregierung geworben. Leider wurde dies im Rahmen des Vermittlungsverfahrens nicht aufgegriffen. Aller-dings würdigten die Kanzlerin und der Bundes-wirtschaftsminister auf dem Deutschen Arbeitge-bertag die Kurzarbeit als wichtiges Instrument zur Bekämpfung der Krise und sagten ausdrücklich eine erneute kurzfristige Einführung der auslau-fenden Kurzarbeitsregelungen zu, wenn dies wie-der erforderlich werde.

Mit der Abschaffung der arbeitsmarktpoli-tisch kontraproduktiven Arbeitsbeschaffungsmaß-nahmen im SGB III, der Zusammenfassung der Eingliederungszuschüsse sowie einer zielgenau-eren Existenzgründungsförderung waren bereits im Referentenentwurf wichtige Forderungen der BDA enthalten. Im Kabinettsbeschluss Ende Mai konnte erreicht werden, dass die erfolgreiche „Einstiegsqualifizierung“ als betrieblich veran-kertes Instrument zur praxisnahen Vorbereitung Jugendlicher auf eine berufliche Ausbildung be-stehen bleibt. Weitere wesentliche Fortschritte für einen flexibleren Einsatz der arbeitsmarktpo-litischen Förderinstrumente konnten im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens bewirkt wer-den: Dies betrifft zum einen die Höchstdauer von Aktivierungsmaßnahmen bei Arbeitgebern, die von bisher vier auf sechs Wochen bzw. für beson-dere Langzeitarbeitslose und Jugendliche unter 25 Jahren im SGB II sogar auf bis zu zwölf Wo-chen verlängert wurde. Zum anderen wurden die zeitlichen Obergrenzen betrieblicher Praktikums- bzw. Ausbildungszeiten bei berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen und bei außerbetrieblicher Berufsausbildung zu gunsten einer flexiblen, pra-xisnahen Ausgestaltung aufgehoben.

Leider enthält das Gesetz aber auch wie-der neue gravierende Konstruktionsfehler: Die völlige Entfristung der Weiterbildungsförderung älterer Beschäftigter in kleinen und mittleren Un-ternehmen (KMU) ist eine grundlegende Fehl-entwicklung. Hierdurch wird die Weiterbildung für weite Teile der Belegschaften und damit eine Kernaufgabe von Betrieben und Beschäftigten der beitragsfinanzierten Arbeitslosenversicherung als Standardaufgabe aufgelastet. Dies ist umso problematischer, als die Weiterbildungsförderung für Beschäftigte in KMU – in denen über 60 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland arbeiten – auf alle Arbeitnehmer, auch alle unter 45 Jahren, uferlos erweitert wird. Es ist zu befürchten, dass statt der beabsichtigten Anschubfinanzierung letztlich in der Arbeitslosen-versicherung zu Lasten der Lohnnebenkosten ein „Fass ohne Boden“ entsteht.

Nicht nachvollziehbar ist auch, dass in Zeiten des demografischen Wandels und wachsender Fachkräfteengpässe im SGB II an der Förderung längerfristig angelegter, als sozialversicherungs -

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Beschäftigung 13

sie die BDA seit langem einfordert. Leider hat die Regierungskoalition Letzteres bei der Instrumen-tenreform sogar ausdrücklich ausgeschlossen und zudem im Jahr 2011 schwerwiegende Ent-scheidungen getroffen, die die Einnahmebasis der BA erheblich schmälern und angesichts sich eintrübender Konjunkturaussichten eine solide Fi-nanzierung der Arbeitslosenversicherung gefähr-den. Dies gilt vor allem für die im Vermittlungs-verfahren zur Neubemessung der Regelsätze im SGB II und SGB XII getroffene Entscheidung, die Mittel, die die BA aus der letzten Mehrwertsteu-ererhöhung zur dauerhaft stärkeren Absenkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags jährlich als faktisch durchlaufenden Posten erhält, um bis zu 4 Mrd. € zu kürzen. Damit wird die 2007 ausdrücklich auch zu diesem Zweck erhöhte

Verschiebebahnhöfe bedrohen solide Finanzierung der Arbeits­losenversicherung

Die BDA hat immer wieder betont, dass die von der Bundesregierung bei ihrer Haushaltsklausur Mitte 2010 in Meseberg zu Recht beschlossenen weiteren strukturellen Einsparungen in der Ar-beitslosenversicherung durch eine fortschreitende Verbesserung von Aktivierung und Förderung er-arbeitet werden müssen. Es müssen aber nicht nur Einsparpotenziale in der aktiven Arbeitsförderung erschlossen, sondern endlich auch die vielfältigen Verschiebebahnhöfe zu Lasten der Beitragszah-ler geschlossen und drängende Strukturreformen beim Arbeitslosengeld angegangen werden, wie

Organisationsreform der Bundesagentur für Arbeit: bessere Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen

Mitte 2011 hat der BA-Vorstand Vorschläge zur Anpassung der Strukturen der Arbeitsverwaltung an die veränderten Bedingungen am Arbeitsmarkt und geänderte kommunale Strukturen vorgelegt. Dabei ging es vor allem um eine Anpassung der Arbeitsagenturbezirke an die Grenzen der Landkreise und kreis-freien Städte sowie die Bildung sog. operativer Services, in denen bestimmte (kundenferne) Dienstleis-tungen der Arbeitsagenturen unter Führung der Regionaldirektionen zusammengefasst werden sollen. Außerdem wurde erwogen, die Zahl der Regionaldirektionen von aktuell zehn auf 16 am Sitz der jewei-ligen Landesregierungen auszuweiten. Die BDA hat gemeinsam mit den anderen Arbeitgebervertretern im BA-Verwaltungsrat die geplante Anpassung der Arbeitsagenturbezirke, die vor allem die Zusam-menarbeit mit kommunalen Einrichtungen und Trägern der Grundsicherung erleichtern und sukzessive umgesetzt werden soll, ebenso unterstützt wie die Bildung der operativen Services. Um sicherzustellen, dass dabei die Besonderheiten und Erfordernisse vor Ort und gewachsene wirtschaftliche Strukturen bestmöglich berücksichtigt werden, hat die BDA darauf gedrungen, dass die Selbstverwalter in den Verwaltungsausschüssen der Arbeitsagenturen vor Ort eng in die Entscheidungsfindung im Einzelfall eingebunden werden. Hinsichtlich der Regionaldirektionen ist es das richtige Ziel, die Zusammenarbeit mit allen 16 Bundesländern zu verstärken. Dafür ist aber kein Zuwachs der Regionaldirektionen not-wendig, mit dem letztlich auch ein unnötiger Personalaufwuchs drohen würde. Am 23. September 2011 hat der Verwaltungsrat beschlossen, die Zusammenarbeit zwischen der BA und den Bundesländern durch geeignete Maßnahmen zu verbessern. Die Zahl der Regionaldirektionen wird zumindest bis Ende 2013 bei zehn belassen. Die Regionaldirektionen werden zudem Beiräte auf Ebene der Bundesländer einrichten, die mit Vertretern der Sozialpartner besetzt werden. Der BA-Vorstand wird Ende 2013 dem Verwaltungsrat Bericht erstatten und ggf. weiterführende Vorschläge zur Organisation der Regionaldi-rektionen unterbreiten.

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im Jahr 2010 gestiegen (DIW, 2011). Bei den dies-jährigen 25 Neubesetzungen in Dax-30-Unter-nehmen wurden auf der Kapitalseite 40 % Frauen in die Aufsichtsräte gewählt. Unternehmen setzen sich immer häufiger selbstverpflichtende Ziele für mehr Frauen in der Belegschaft und in Führungs-positionen. Die BDA lehnt daher Vorschläge für starre gesetzliche Pflichtquoten für Vorstände und Aufsichtsräte nachdrücklich als überflüssig und kontraproduktiv ab.

Um das große Fachkräftepotenzial von Frau-en noch besser zu entfalten, müssen die Ursa-chen für den noch immer zu geringen Anteil in Führungspositionen und geschlechtsspezifische Lohnunterschiede angegangen werden. Flexible und familienbewusste Arbeitszeiten und andere Maßnahmen zur Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf können hierbei einen Bei-trag leisten, indem sie gerade auch mehr Frauen mit Familienpflichten eine zumindest vollzeitnahe Beschäftigung ermöglichen. Die Präsidenten von BDA, DIHK und ZDH haben gemeinsam mit dem DGB und Bundesfamilienministerin Dr. Schröder am 4. Februar 2011 die Charta „Innovative Part-nerschaft für familienbewusste Arbeitszeiten: Zeit für Verantwortung“ unterzeichnet. Hiermit soll für flexible, familienbewusste Arbeitszeiten und inno-vative Arbeitszeitmodelle in Form von Gleitzeit, Teilzeit, Telearbeit sowie für weitere flexible Ge-staltungsmöglichkeiten geworben werden. Darüber hinaus startete Arbeitgeberpräsident Prof. Dr. Die-ter Hundt gemeinsam mit Bundesfamilienministe-rin Dr. Schröder am 12. Oktober 2011 zum dritten Mal den Unternehmenswettbewerb „Erfolgsfaktor Familie“.

Doch auch die Politik bleibt gefragt. Vor al-lem der beschlossene Ausbau der Kinderbetreu-ung ist unverzichtbar, um das betriebliche Enga-gement zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie wirksam zu flankieren. In die falsche Richtung geht vor diesem Hintergrund der Beschluss der Koalitionsspitzen, ein sog. Betreuungsgeld einzu-führen, das Eltern erhalten sollen, die ihre Kinder im zweiten oder im dritten Lebensjahr zu Hause betreuen. Dabei widerspricht das Betreuungsgeld nicht nur dem Ziel, Kindern aus bildungsfernen und einkommensschwachen Haushalten eine frühkindliche Förderung zu ermöglichen, son-dern auch den Zielen der Bundesregierung, die

Mehrwertsteuer in gleicher Höhe ab 2012 zu Las-ten der Beitragszahler missbraucht, um eine vom Bund gegenüber den Ländern eingegangene Ver-pflichtung zu erfüllen.

Ebenfalls eine sachwidrige Lastenverschie-bung ist, dass sich der Bund zu Lasten der Sozial-versicherung seiner Finanzierungsverantwortung für die rentenrechtliche Absicherung von behin-derten Menschen in Werkstätten entledigt. Zumin-dest konnte erreicht werden, dass diese entgegen den ursprünglichen Plänen des Bundesarbeits-ministeriums nicht auch noch rückwirkend vor-genommen wird, sondern die Arbeitslosenver-sicherung entsprechend dem höchstinstanzlich gewonnenen Gerichtsverfahren vom Bund bereits gezahlte Beiträge zurückerstattet bekommt. Darü-ber hinaus setzt sich die BDA weiterhin dafür ein, dass der sog. Eingliederungsbeitrag zugunsten der staatlichen Fürsorgeleistung Arbeitslosen-geld II, mit dem jährlich 4–5 Mrd. € aus der Ar-beitslosenversicherung in den Bundeshaushalt umgeleitet werden, ersatzlos gestrichen wird.

Starkes Engagement der Wirt­ schaft für mehr Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit

Im Jahr 2011 jährte sich die Unterzeichnung der „Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirt-schaft zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft“ zum zehnten Mal. Die Bilanz belegt das hohe, weiter wachsende Engagement der Unternehmen, um die Fachkräftepotenziale gerade auch von Frau-en noch stärker zu erschließen. Sie zeigt zudem, dass die Wirtschaft ausnahmslos alle von ihr ge-gebenen Zusagen in der Vereinbarung eingehal-ten hat. Fast alle Unternehmen bieten laut Unter-nehmensmonitor 2010 heute ihren Mitarbeitern familienfreundliche Angebote. Frauen erreichen immer bessere und höhere Bildungsabschlüsse und mehr als 66 % aller Frauen im erwerbsfä-higen Alter üben heute einen Beruf aus (Euro-stat, 2011). Auch der Frauenanteil in Führungs-positionen, Aufsichtsräten und Vorständen nimmt kontinuierlich zu: In den 200 größten Unterneh-men Deutschlands ist der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten von 9,8 % im Jahr 2009 auf 10,6 %

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Beschäftigung 15

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30

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in %

Ausbau der Kinderbetreuung: Nachholbedarf vor allemin WestdeutschlandKinder im Alter von unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespfl ege 2010(in % an der altersgleichen Bevölkerung)

Deutschland

Tagespfl ege

Einrichtungen

Quellen: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe; Berechnungen der Dortmunder Arbeitsstelle Kinder- und

Jugend hilfestatistik

Westdeutschland(ohne Berlin)

Ostdeutschland(ohne Berlin)

19,6

3,5

23,1

14,2

17,4

3,2

43,0

48,1

5,1

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Beschäftigung16

einer inklusiven Gesellschaft dargelegt. Die Ver-besserung der Situation behinderter Menschen insgesamt und deren Inklusion in den allgemeinen Arbeitsmarkt sind aber selbstverständliche sozial- und arbeitsmarktpolitische Daueraufgaben, die, unabhängig von der Behindertenrechtskonventi-on, von allen beteiligten Akteuren in Deutschland äußerst ernst genommen wurden und werden. Behindertenrechtskonvention und Aktionsplan können als zusätzliche Impulse für noch mehr Anstrengungen verstanden werden. Wie auch die Bundesregierung zu Recht festgestellt hat, „ent-spricht das deutsche Recht grundsätzlich den An-forderungen der Behindertenrechtskonvention“, so dass sich hieraus kein Bedarf an zusätzlicher gesetzlicher Regulierung ergibt. Insbesondere bei der angekündigten Überprüfung des SGB IX muss daher eine weitere Bürokratisierung im Schwerbehindertenrecht vermieden und auch die z. T. bestehende Überregulierung kritisch über-prüft werden.

Entscheidend ist ein Bewusstseinswandel, dass „behindert“ nicht automatisch „leistungs-gemindert“ bedeutet. Die BDA unterstützt daher aktiv die im Aktionsplan in den Vordergrund ge-stellten richtigen Ansätze der Bewusstseinsbil-dung, des Abbaus von „Barrieren in den Köpfen“ sowie der Information, Aufklärung und zielgerich-teten professionellen Unterstützung – in der Ge-sellschaft insgesamt, aber auch bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Außerdem wird die BDA ihre Vorstellungen für mehr Inklusion gerade in den wesentlichen Bereichen Schule, Hochschule und Ausbildung weiterhin aktiv einbringen.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Berufliche Rehabilitation

Richtige Erleichterungen im Zu­wanderungsrecht zügig umsetzen

Die BDA hat seit langem betont, dass allein we-gen der demografischen Entwicklung die quali-fizierte Zuwanderung und die Etablierung einer echten Willkommenskultur als integrale Bestand-teile einer Gesamtstrategie zur Fachkräftesiche-rung verstanden werden müssen. Dazu müssen alle ihren Beitrag leisten: Behörden, Politik, Un-ternehmen und die Gesellschaft als Ganzes. Die

Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erhöhen, den beruflichen Wiedereinstieg zu erleichtern und den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen. Längere berufliche Auszeiten verschlechtern die Karriere- und Einkommenschancen der Eltern. Statt ein Betreuungsgeld einzuführen, sollten die Mittel besser in den dringend erforderlichen quan-titativen und qualitativen Ausbau der Kinderbe-treuung investiert werden.

Nähere Informationen unter www.arbeit -geber.de > kompakt > „Chancengleichheit von Frauen und Männern“ sowie argumente > „Frauen in Führungspositionen“

Behindertenrechtskonvention: Bewusstseinswandel voranbringen

Mit den wachsenden Fachkräftelücken am Ar-beitsmarkt steigen die Beschäftigungschancen auch für schwerbehinderte Menschen. Die Be-schäftigung schwerbehinderter Menschen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, zuletzt im Jahr 2009 (letzte verfügbare Zahlen der BA) auf über 1 Mio. Dieser erfreulichen Entwick-lung wird in der politischen Diskussion über die Arbeitsmarktsituation schwerbehinderter Men-schen oft zu wenig Beachtung geschenkt, weil die Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen auch im konjunkturellen Aufschwung im Gegen-satz zur Arbeitslosigkeit insgesamt auf den ersten Blick 2011 nicht gesunken, sondern sogar noch gestiegen ist. Eine genauere Analyse offenbart jedoch, dass sich hierin die veränderte statisti-sche Erfassung von über 58-jährigen Arbeitslosen niederschlägt, die bis 1. Januar 2008 aufgrund vorruhestandsähnlicher Sondervorschriften nicht als Arbeitslose erfasst worden sind. Während die Zahl arbeitsloser schwerbehinderter Menschen über 58 Jahre infolge der Änderungen bei der Er-fassung Arbeitsloser zuletzt rd. 360 % höher lag als 2007, ist die Zahl arbeitsloser Schwerbehin-derter unter 58 Jahren im gleichen Zeitraum (No-vember 2007 bis November 2011) um ein Sechs-tel deutlich gesunken.

Im Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention hat die Bun-desregierung ihre Vorstellungen und die aus ihrer Sicht notwendigen Maßnahmen zur Erreichung

Page 17: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Beschäftigung 17

Deutschland verpasst Hochqualifi zierte

Staatsan­gehörigkeit

2005eingereist

2006eingereist

2007eingereist

2008eingereist

2009eingereist

2010eingereist

Vereinigte Staaten 23 45 82 71 73 69

Indien 3 3 2 10 21 17

RussischeFöderation

6 1 7 13 6 15

China 5 0 5 5 1 13

Türkei 3 3 3 5 5 12

Australien 5 2 5 7 9 11

Sonstige Staats-angehörigkeiten

26 26 47 46 54 82

Insgesamt 71 80 151 157 169 219

Neu zugewanderte Hochqualifzierte, denen eine Niederlassungserlaubnis (Daueraufenthaltsrecht) nach § 19 AufenthG erteilt wurde

Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2011

Regierungskoalition ist erfreulicherweise zent-ralen Empfehlungen der Wirtschaft gefolgt und hat mit den Beschlüssen zum Fachkräftegipfel in Meseberg (siehe oben) und den Anfang Dezem-ber im Bundeskabinett beschlossenen Änderun-gen im Zuwanderungsrecht wichtige Weichen-stellungen für eine stärker an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts orientierte Zuwanderung vor-genommen. Dazu zählen

� die Absenkung der Gehaltsgrenze für die Niederlassungserlaubnis von derzeit 66.000 € Bruttojahresgehalt auf 48.000 €. Nicht nachvollziehbar ist allerdings, dass die Niederlassungserlaubnis im Falle eines – auch unverschuldeten – Sozialleistungsbe-zugs innerhalb der ersten drei Jahre nach

Erteilung automatisch erlöschen soll. Bei Hochqualifizierten sind die in einer solchen Regelung zum Ausdruck kommenden politi-schen Bedenken einer „Zuwanderung in die Sozialsysteme“ unbegründet.

� die Umsetzung der Hochqualifiziertenricht-linie (EU Blue Card). Besonders positiv zu bewerten ist, dass die Bundesregierung die in der Richtlinie vorhandenen Gestaltungs-spielräume zugunsten einer erleichterten Zuwanderung Hochqualifizierter nutzt und z. B. die Gehaltsgrenzen mit 44.000 € Brut-tojahresgehalt für die „reguläre“ blaue Kar-te bzw. 33.000 € in Mangelberufen nicht höher ansetzt als von der Richtlinie vorge-geben. Auch der Verzicht auf die Einführung

Page 18: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Beschäftigung18

Bessere Nutzung inländischer Potenziale und Erleichterungqualifi zierter Zuwanderung gleichzeitig angehen

Quelle: BDA, 2011

Inländische Potenzialebesser nutzen

Erhöhung der Erwerbsbeteiligunginsbesondere von:

Älteren

Frauen

Menschen mit Migrations hintergrund

Menschen mit Behinderung

Zuwanderung von Fachkräftenerleichtern

Vorrangprüfung für Mangelberufe gänzlich abschaffen

Einkommensgrenze für Nieder lassungs­erlaubnis senken

„Blanket Petition“ einführen

Ausländischen Absolventen deutscherHochschulen Dauer perspektive bieten

Zuwanderungssteuerung über Punktesystem

Fachkräftesicherung

Page 19: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Beschäftigung 19

dringliches Anliegen der Wirtschaft. Auch können die jetzt von der Regierungskoalition vereinbar-ten richtigen Reformen im Zuwanderungsrecht die Einführung eines „Punktesystems“ zur auch mittel- bis langfristigen qualifikations- und arbeits-marktorientierten Steuerung der Zuwanderung nicht ersetzen.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Zuwanderung“

Wirtschaft engagiert sich für bes­sere Integration von Migranten

Die Verbesserung der Integration bereits in Deutschland lebender Menschen mit Migrations-hintergrund in Arbeitsmarkt und Gesellschaft ist nicht nur eine dringende gesellschaftspolitische Aufgabe, sondern eine weitere zentrale Stell-schraube zur Fachkräftesicherung. Im Gegen-satz zu Ländern wie Kanada oder Australien, die frühzeitig darauf gesetzt haben, gezielt ge-rade auch qualifizierte Zuwanderer zu gewinnen, steht Deutschland vor der Herausforderung, ins-besondere eine Vielzahl an Migranten mit nur geringer Qualifikation in Arbeit und Gesellschaft erfolgreich zu integrieren. Hier ist vor allem die Bildungspolitik gefordert. Dies gilt umso mehr, als auch in der zweiten und dritten Zuwanderer-generation häufig gravierende Sprachhemmnis-se und Bildungsdefizite bestehen. Aber auch die Wirtschaft ist gefordert. Bereits 2007 hat sich die BDA im Nationalen Integrationsplan (NIP) daher dazu verpflichtet, den Integrationsprozess mit anderen wichtigen gesellschaftlichen Akteuren weiter voranzutreiben, und konnte das schon jetzt breite Engagement der deutschen Arbeitge-ber in vielfältigen Initiativen und Projekten doku-mentieren.

Im Folgeprozess hat die BDA 2011 eben-falls intensiv an der Weiterentwicklung des NIP zu einem Nationalen Aktionsplan (NAP) mitge-wirkt. Dabei wurden in den NAP-Dialogforen „Bildung, Ausbildung und Weiterbildung“ sowie „Arbeitsmarkt und Erwerbsleben“ Schwerpunkte gesetzt mit dem Ziel, die Beschäftigungs- und Erwerbschancen sowie die Qualifikation von Menschen mit Migrationshintergrund weiter zu verbessern. Wesentliches Themenfeld z. B. im

einer Vorrangprüfung und der unbeschränkte Arbeitsmarktzugang für Ehepartner sind zu begrüßen.

� weitere Erleichterungen für ausländische Absolventen deutscher Hochschulen und Fachkräfte mit deutscher Berufsausbildung. Mit dem zukünftig unbeschränkten Arbeits-marktzugang für ausländische Absolventen deutscher Hochschulen während der maxi-mal (einjährigen) Suchphase nach einem „angemessenen“ Arbeitsplatz in Deutsch-land und vor allem den erleichterten Mög-lichkeiten für den Erhalt einer dauerhaften Niederlassungserlaubnis wird zumindest eine wesentlich verbesserte Perspektive auf einen Daueraufenthalt geschaffen. Erfreulich ist auch, dass Ausländer mit in Deutschland abgeschlossener Berufsausbildung künftig ohne Vorrangprüfung einen Aufenthaltstitel für eine der beruflichen Qualifikation ent-sprechende Beschäftigung erhalten können sollen.

� die Erleichterungen für die Zuwanderung rumänischer und bulgarischer Fachkräfte zum 1. Januar 2012 durch den Verzicht auf die Arbeitserlaubnispflicht für Fachkräfte mit Hochschulabschluss und Saisonbeschäftigte sowie Personen, die eine betriebliche Ausbil-dung in Deutschland aufnehmen. Auch die BDA hatte sich gegen eine umfassende Ver-längerung der Übergangsfristen für die Frei-zügigkeit von Arbeitnehmern aus Rumänien und Bulgarien über 2011 hinaus ausgespro-chen.

Diese wichtigen Erleichterungen für die Zu-wanderung dringend benötigter Fachkräfte müs-sen nun zügig und unbürokratisch umgesetzt werden. Dabei kommt es entscheidend darauf an, den neuen Geist einer echten Willkommens- an-stelle einer Abschottungskultur noch stärker auch in die für die Umsetzung zuständigen Behörden zu tragen. Darüber hinaus müssen weitere Schrit-te für ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept für eine arbeitsmarktorientierte Zuwanderung auf den Weg gebracht werden. Insbesondere die Einfüh-rung einer „Blanket Petition“ zur Vereinfachung des grenzüberschreitenden Personalaustauschs innerhalb multinationaler Unternehmen bleibt ein

Bessere Nutzung inländischer Potenziale und Erleichterungqualifi zierter Zuwanderung gleichzeitig angehen

Quelle: BDA, 2011

Inländische Potenzialebesser nutzen

Erhöhung der Erwerbsbeteiligunginsbesondere von:

Älteren

Frauen

Menschen mit Migrations hintergrund

Menschen mit Behinderung

Zuwanderung von Fachkräftenerleichtern

Vorrangprüfung für Mangelberufe gänzlich abschaffen

Einkommensgrenze für Nieder lassungs­erlaubnis senken

„Blanket Petition“ einführen

Ausländischen Absolventen deutscherHochschulen Dauer perspektive bieten

Zuwanderungssteuerung über Punktesystem

Fachkräftesicherung

Page 20: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Beschäftigung20

und öffentlichen Institutionen sprechen eine deut-liche Sprache. Nicht zuletzt engagiert sich die BDA seit Frühjahr 2011 im neu gegründeten Bun-desbeirat für Integration bei der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Der Beirat und die dazugehörige Ar-beitsgruppe, die sich den Themen „Zuwanderung“ und „Integration“ widmet, werden die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staats-ministerin Prof. Dr. Böhmer, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben beraten und unterstützen.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Integration durch Bildung“

Bereich „Arbeitsmarkt und Erwerbsleben“ war neben weiteren Ansatzpunkten für die bessere Integration von Menschen mit Migrationshinter-grund in Arbeit und Gesellschaft auch die Siche-rung der Fachkräftebasis durch eine stärker an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts orientierte Zuwanderung.

Die vielen positiven Beispiele aus der be-trieblichen Praxis zeigen deutlich, dass das Wissen um den Nutzen kultureller Vielfalt in den Unternehmen zunehmend verankert ist. Die mitt-lerweile über 1.100 Unterzeichner der Unterneh-mensinitiative „Charta der Vielfalt“ aus Wirtschaft

Anerkennungsgesetz zügig umsetzen

Viel zu oft können die Potenziale in Deutschland lebender Menschen mit Migrationshintergrund nicht optimal erkannt und erschlossen werden, weil ein schlüssiges Verfahren fehlt, um im Ausland erworbene Qualifikationen transparent zu machen. Nach langjährigen politischen Diskussionen hat der Bundestag am 29. September 2011 das längst überfällige „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Aner-kennung im Ausland erworbener Qualifikationen“ beschlossen. Die lange Zeit unklare Zustimmung des Bundesrats ist am 4. November erfolgt. Das Gesetz sieht erstmals einen umfassenden Anspruch auf ein Bewertungsverfahren vor. Dieser bezieht sich allerdings nur auf bundesrechtlich geregelte Berufe. Um auch in allen übrigen Berufen entsprechende Verfahren zu gewährleisten, müssen die Länder ver-gleichbare Gesetze beschließen. Die BDA hatte sich nachdrücklich für ein Gesetz eingesetzt und fordert eine zügige Umsetzung. Aus Sicht der Arbeitgeber ist zentral, dass Unterschiede in der Ausbildung durch einschlägige Berufserfahrung ausgeglichen werden können. Trotz einer abweichenden formalen Qualifikation kann der Inhaber der ausländischen Qualifikation aufgrund seiner beruflichen Erfahrung die vermeintlich fehlenden Kompetenzen bereits erworben haben. Wichtig ist zudem, dass nicht nur die Unterschiede, sondern auch die vorhandenen Berufsqualifikationen dokumentiert werden. Nicht berücksichtigt im Gesetz sind das Erfordernis der sprachlichen Kompetenz als zentrales Instrument der Berufsfähigkeit sowie Regelungen zur Beratung. Aufgrund der weiterhin zersplitterten Zuständigkeiten sind Informationsdienste jedoch unverzichtbar. Für viele Migranten ist die erste Hürde, die zuständige Stelle ausfindig zu machen. Auch die Finanzierung der zukünftigen Anerkennungsverfahren ist bislang nicht ausreichend geklärt.

Page 21: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Beschäftigung 21

Die BDA hat frühzeitig hiergegen interve-niert und insbesondere kritisiert, dass mit dem aktuellen Vorhaben der ISO erneut ein nicht-technisches und für eine Normung ungeeignetes Themengebiet bearbeitet wird. Zudem droht eine arbeitsrechtliche Koregulierung auf nationaler wie internationaler Ebene. Denn der amerika-nische Vorschlag basiert auf den dortigen Rah-menbedingungen und könnte nicht zuletzt auch die in Deutschland von den Sozialpartnern als sinnvoll erachteten Vereinbarungen gefährden. Ebenso besteht auch die Gefahr, dass sich deut-sche Unternehmen, die auf dem amerikanischen Markt aktiv werden wollen oder es bereits sind,

Betriebliche Personalpolitik: ISO­Vorhaben gefährdet Handlungs­spielräume der Unternehmen

Auf Initiative der US-amerikanischen Society of Hu-man Resource Management und mit Unterstützung des dortigen Normierungsinstituts ANSI wurde im Frühjahr 2011 bei der International Organization for Standardization (ISO) das Normierungsvorha-ben „Human Resource Management“ ins Leben gerufen, das sich auf sämtliche Bereiche des Per-sonalmanagements erstrecken soll und internatio-nal einheitliche Standards etablieren möchte.

Leitfaden für Praktika in der Wirtschaft sichert hohe Qualität für Praktikanten und Unternehmen

Fünf Jahre nach ihrer ersten Studie zum Mythos „Generation Praktikum“ hat die HIS Hochschul- Informations-System GmbH die insgesamt gute Situation von Praktikanten mit Hochschulabschluss im Juni 2011 nochmals bestätigt. Die ganz überwiegende Mehrheit der Befragten bereut es daher im Rück-blick nicht, ein Praktikum nach dem Studium absolviert zu haben, und bewertet insbesondere dessen Lerngehalt mit guten und sehr guten Noten. Auch der Vorwurf, in der Wirtschaft würden viele Praktika nicht vergütet, hat sich erneut als unhaltbar erwiesen. Vielmehr gilt dies allerdings für die allgemeine öffentliche Verwaltung, wo nahezu 80 % der Praktika unbezahlt bleiben. Zudem stellt auch HIS fest, dass sich ein Bewusstsein für gute Praktika nicht gesetzlich verordnen lässt und Leitfäden für die Praxis der einzig sinnvolle Weg sind, Praktika in der Wirtschaft im Interesse der Praktikanten und der Arbeitgeber gleichermaßen sinnvoll zu gestalten. Die BDA hat daher in Zusammenarbeit mit Bundesarbeits- und Bun-desbildungsministerium sowie den anderen Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft einen gemein-samen Leitfaden „Praktika – Nutzen für Praktikanten und Unternehmen“ erarbeitet, der im August 2011 veröffentlicht wurde. Der Leitfaden bietet einen praxisnahen und kompakten Überblick über personalpo-litisch relevante Themen wie z. B. die Differenzierung von Praktika und Arbeitsverhältnissen, die Einord-nung von Praktika nach dem Betriebsverfassungsrecht, Arbeitszeiten, mögliche Formen von Praktikums-verträgen und geht nicht zuletzt auch auf sozialversicherungsrechtliche Fragen ein. Der Leitfaden kann mit dazu beitragen, die hohe Qualität von Praktika in Unternehmen auch in Zukunft zu sichern.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Praktika in der Wirtschaft“

Page 22: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Beschäftigung22

Standards auferlegen müssen, die ihr bisher sehr erfolgreiches Personalmanagement – das zeigt nicht zuletzt die Wettbewerbsfähigkeit der deut-schen Wirtschaft – empfindlich stören und somit die Marktposition gefährden können.

Das Deutsche Institut für Normung (DIN) hat die Kritik der BDA in wesentlichen Punkten auf-gegriffen und in seiner Stellungnahme gegenüber der ISO ebenfalls gegen die neue Normierungsin-itiative votiert, ist jedoch in einer Abstimmung mit anderen nationalen Instituten unterlegen. Das DIN hat daraufhin jüngst ein nationales Spiegelgremi-um eingerichtet, das sich aus Experten der Un-ternehmen, der Verbände und der Wissenschaft zusammensetzt. Aufgabe dieses Gremiums ist es, die deutsche Beteiligung an der internatio-nalen Normungsarbeit auf dem Gebiet „Human Resource Management“ sicherzustellen. Die BDA beteiligt sich trotz der klar ablehnenden Position am deutschen Spiegelgremium des DIN, um das ISO-Vorhaben auch auf internationaler Ebene und zur Wahrung der Interessen der deutschen Wirt-schaft kritisch zu begleiten. Das Spiegelgremium hat in einer ersten, konstituierenden Sitzung im Oktober 2011 seine insgesamt ablehnende Hal-tung gegenüber dem ISO-Vorhaben bestätigt. Die BDA stellt im Spiegelgremium den Obmann und hat sich zum – vom Spiegelgremium ausdrück-lich geteilten – Ziel gesetzt, die Arbeiten an der geplanten ISO-Norm dahingehend mitzugestal-ten, dass diese den Charakter eines freiwilligen Leitfadens erhält. Die ISO-Norm darf lediglich als Orientierungsrahmen für betriebliche Personalpo-litik dienen, der jedoch die zwingend notwendigen unternehmensspezifischen, kulturellen und natio-nalen Spielräume für die deutschen Arbeitgeber nicht beschneidet.

Page 23: Geschäftsbericht 2011

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Page 24: Geschäftsbericht 2011

RentenversicherungKombirente Elektromagnetische FelderSozialleistungenBeitragssatzanstieg HinzuverdienstgrenzenReha-Budget Mehr Netto vom Brutto

PflegeversicherungArbeitsfähigkeit RV-NachhaltigkeitsgesetzSozialwahlen 2011ELENA Betriebliche Altersvorsorge Erwerbsminderungsrenten Rehabilitation

DemenzkrankeGesamtsozialversicherungsbeitragU2-Verfahren Unfallversicherung

Solvency IIMutterschaftsgeldumlage KrankenversicherungArbeitsschutz

Soziale SicherungBürokratiekosten SozialbudgetPsychische Gesundheit

Strukturreformen Pensions-Sicherungs-VereinInsolvenzgeldumlageArbeitskosten

BeitragssatzanstiegMutterschaftsgeldumlageELENA Betriebliche Altersvorsorge

Gesundheitsfonds Abgabenkeil PortabilitätRentendialog EU-Weißbuch Pensionen

Altersarmut Reha-Budget LeistungsrechtHinzuverdienstgrenzenArbeitsschutz

VersorgungsstrukturgesetzGesundheitspolitikSozialversicherungszweigeArbeitskosten

Page 25: Geschäftsbericht 2011
Page 26: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung26

Stärkster Beitragssatzanstieg seit 1997

Die Beitragssätze in der Sozialversicherung sind zum 1. Januar 2011 kräftig und so stark wie seit 1997 nicht mehr in die Höhe geschnellt: Durch das „GKV-Finanzierungsgesetz“ ist der allgemei-ne Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversi-cherung von 14,9 auf 15,5 % angehoben worden. Gleichzeitig ist die Rechtsverordnung zur befris-teten Absenkung des Beitragssatzes zur Bundes-agentur für Arbeit (BA) auf 2,8 % ausgelaufen. Seitdem gilt in der Arbeitslosenversicherung der neue Beitragssatz von 3,0 %. In der Renten- und Pflegeversicherung kam es zum 1. Januar 2011 dagegen zu keinen Beitragssatzveränderungen. Beitragspflichtig sind hier weiterhin 19,9 % bzw. durchschnittlich 2,0 % des Arbeitsentgelts.

Durch die Beitragssatzsteigerungen in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung liegt der Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz im lau-fenden Jahr um insgesamt 0,8 Prozentpunkte höher als im Jahr 2010. Die Belastung des Fak-tors Arbeit mit Sozialversicherungsbeiträgen hat dadurch mit 40,4 % fast wieder das Niveau des Jahres 2007 von damals 40,7 % erreicht. Unter dem Strich hat die Regierungskoalition – vor al-lem durch falsche Weichenstellungen in der Ge-sundheitspolitik – das Gegenteil dessen erreicht, was sie in ihrem Koalitionsvertrag vom 24. Ok-tober 2009 versprochen hatte, nämlich für „mehr Netto vom Brutto“ zu sorgen. Dabei galt schon vor den diesjährigen Abgabenerhöhungen die trauri-ge Wahrheit, dass in kaum einem anderen Land die Arbeitnehmer so wenig von ihrem erwirtschaf-teten Einkommen behalten dürfen wie in Deutsch-land.

Die BDA fordert seit langem, die Beitrags-sätze in der Sozialversicherung durch ausgaben-senkende Strukturreformen in allen Sozialversi-cherungszweigen dauerhaft auf unter 40 % vom Lohn zu begrenzen. Dieses Ziel ist bis 2013 er-reichbar, wenn die Bundesregierung in der Ren-ten- und Pflegeversicherung die richtigen Wei-chenstellungen vornimmt: Sie muss zum einen dafür sorgen, dass die bestehenden Beitragssatz-senkungsspielräume in der gesetzlichen Renten-versicherung vollständig genutzt und nicht durch

Leistungsausweitungen oder Reformrücknahmen zunichtegemacht werden. Sie muss zum anderen sicherstellen, dass im Ergebnis die angekündigte Pflegereform beitragsneutral ausfällt.

Die Bundesregierung sollte aber nicht nur den Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Blick haben, sondern ebenso auf Umfang und Entwick-lung der übrigen lohnbezogenen Sozialbeiträge achten, denn auch sie beeinflussen die Höhe der Arbeitskosten. Zu ihnen gehören die rein ar-beitgeberfinanzierten Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung, zur Mutterschaftsgeldumlage („U2-Verfahren“) und zur Insolvenzgeldumlage. Ihr Umfang beläuft sich in diesem Jahr auf ins-gesamt ca. 1,5 %. Bezieht man diese drei Kos-tenkomponenten in die Betrachtung ein, errechnet sich zum 1. Januar 2011 eine Gesamtbelastung von 41,9 % (2010: 41,5 %). Sie ist zu 21,2 Pro-zentpunkten von der Arbeitgeberseite und zu 20,7 Prozentpunkten von der Arbeitnehmerseite zu tragen.

Abgabenlast: Durchschnitts­verdiener verbleibt gerade einmal die Hälfte

Kaum ein anderes Land belastet Löhne und Ge-hälter so sehr mit Abgaben wie Deutschland. Das geht aus aktuellen Berechnungen der Or-ganisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, in denen die Steuer- und Sozialbeitragsbelastung des Faktors Arbeit in 34 Staaten untersucht wird. Die Höhe des Abgabenkeils zwischen Arbeitskosten und Nettolöhnen beträgt in Deutschland für einen al-leinstehenden Durchschnittsverdiener ohne Kin-der 49,1 % (OECD-Durchschnitt: 34,9 %) und für einen verheirateten Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern 41,4 % (OECD-Durchschnitt: 29,7 %).

Verantwortlich für den sehr breiten Abga-benkeil in Deutschland sind vor allem die hohen Sozialversicherungsbeiträge, die beim ledigen Durchschnittsverdiener über zwei Drittel des Ab-stands zwischen Bruttoarbeitskosten und Netto-arbeitsentgelt ausmachen. Die Lohnsteuer trägt zu knapp einem Drittel der Gesamtbelastung bei. Wer Arbeit von Abgaben entlasten will, muss

Page 27: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung 27

Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz wieder über 40 %

in %

45

40

35

30

25

20

15

10

5

01970 1980 1990 2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Pfl egeversicherung (Durchschnitt)

Arbeitslosenversicherung

Krankenversicherung

Rentenversicherung

Jeweils zum Stichtag 1. Januar; im Bundesdurchschnitt

Quellen: Bundesministerium für Gesundheit und Deutsche Rentenversicherung Bund, 2011

2,0

26,5

32,4

35,8

41,1

17,0

8,21,3

18,0

11,4

3,0

18,7

12,813,6

19,9 19,9

14,9

2,8

15,54,3

6,5

1,7

19,3 19,5

14,2

1,8

42,0

19,5

14,2

1,8

42,0

6,5 6,5

14,8

4,2

1,8 1,8 2,02,0

40,739,9 40,2

39,640,4

14,915,5

3,3 2,8

19,9 19,9 19,9

3,0

Page 28: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung28

Deutschland bei Abgabenbelastung auch 2010 in der Spitzengruppe

Abgabenkeil eines alleinstehenden Durchschnittsverdieners

55,4

49,3

47,9

46,9

42,7

42,4

42,0

39,6

38,4

38,3

37,7

36,8

36,6

34,0

32,7

30,5

30,3

29,7

29,3

26,2

20,8

49,1

41,1

34,9

in %

BE

SK

DE

EU­Durch­schnitt

AT

ES

IT

NL

SE

DK

LU

PT

UK

NO

JP

GR

CA

OECD­Durch­schnitt

US

IE

AU

FR

FI

50 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60

CH

Quellen: OECD 2011; eigene Darstellung der BDA

Page 29: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung 29

In der institutionellen Betrachtung stellte auch im Jahr 2010 die Sozialversicherung – bestehend aus gesetzlicher Renten-, Kranken-, Pflege-, Un-fall- und Arbeitslosenversicherung – den mit wei-tem Abstand größten Bereich des Sozialbudgets dar. Auf ihn entfielen 471,2 Mrd. € bzw. 62,6 % des gesamten Leistungsvolumens. Durch die Einfüh-rung des Arbeitslosengelds II zum 1. Januar 2005 haben die Förder- und Fürsorgesysteme mit Ge-samtausgaben von 147,7 Mrd. € (2010) stark an Bedeutung gewonnen. Dieses Leistungsvolumen kommt einem Anteil von 18,6 % am Sozialbudget gleich. Die direkten Arbeitgeberleistungen mach-ten im vergangenen Jahr – zusätzlich zu den Ar-beitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung – in der Summe rd. 63,5 Mrd. € aus, was einem Anteils-wert von 8 % entspricht. Als direkte Arbeitgeber-leistungen werden im Sozialbudget die Entgelt-fortzahlung, die betriebliche Altersvorsorge, die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes sowie die sonstigen (freiwilligen) Arbeitgeberleistungen erfasst. Die Leistungssysteme des öffentlichen Dienstes (Pensionen, Familienzuschläge, Beihil-fen) beliefen sich 2010 auf 58 Mrd. € bzw. 7,3 % des Sozialbudgets.

Zur Finanzierung der Sozialleistungen wur-den 2010 insgesamt 810 Mrd. € aufgebracht. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einer Erhöhung um 35,3 Mrd. € bzw. 4,6 %. Die Dif-ferenz von 49,4 Mrd. € zu den Ausgaben erklärt sich dabei vor allem durch die kapitalgedeckten Systeme, wie die Versorgungswerke und die be-triebliche und private Altersvorsorge, in denen die Finanzierungskosten über den Leistungskosten lagen. So schlossen allein die Versorgungswerke das Berichtsjahr mit einem Finanzierungsüber-schuss von 10,4 Mrd. € ab, der der Bildung ver-sicherungsmathematischer Rückstellungen dient. In der betrieblichen Altersvorsorge übertrafen die Aufwendungen die Ausgaben um 16,6 Mrd. €. Bei den Riester- und Rürup-Verträgen zur zusätzli-chen Altersvorsorge, die sich noch fast vollständig in der Beitragsphase befinden, lagen die geleiste-ten Beiträge und Zulagen 2010 um 11 Mrd. € über den aus den Verträgen gezahlten Renten.

Dank des nominal um 4,2 % gestiegenen Bruttoinlandsprodukts nahm das Verhältnis von Sozialaufwand zu Wirtschaftskraft von 31,1 % auf 30,4 % ab. Trotz dieses Rückgangs liegt die

deshalb die lohnbezogenen Sozialbeiträge sen-ken. Hierauf hat die BDA immer wieder mit Nach-druck hingewiesen. Anders als bei Steuersenkun-gen werden durch Beitragssenkungen sowohl eine Entlastung der Arbeitskosten als auch eine Erhöhung des Nettoverdienstes erreicht. Zudem profitieren von Beitragssenkungen deutlich mehr Beschäftigte als von Steuersenkungen.

Der breite deutsche Abgabenkeil ist dabei insbesondere das Ergebnis einer langfristig stark gestiegenen Belastung durch Sozialversiche-rungsbeiträge. Erreichte die Beitragssatzsumme aus Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversiche-rung 1960 noch den Wert von 24,4 %, stieg sie bis 1980 bereits auf 32,4 %, blieb nach Einfüh-rung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 noch knapp unter der 40%-Marke und erreichte 1999 bei 42,1 % ihren bisherigen Höchststand.

Die OECD hat in ihrer Studie „Taxing Wa-ges“ ebenfalls ermittelt, wie Lohnniveau und Abgabenbelastung zusammenspielen, d. h. wel-che absoluten Arbeitskosten Arbeitgeber in den 34 Vergleichsländern pro Arbeitsplatz zu tragen haben. Gemeinsame Vergleichswährung ist dabei der US-Dollar. Das Ergebnis: Die Beschäftigung eines alleinstehenden Durchschnittsverdieners kostete 2010 in Deutschland 61.971 US-$ und damit mehr als in allen anderen OECD-Mitglieds-staaten. Die durchschnittliche Kostenbelastung lag bei 44.282 US-$ in der Europäischen Union und bei 41.590 US-$ OECD-weit.

Sozialbudget: Sozialleistungen erreichen neues Rekordniveau

Das Sozialbudget, mit dem die Bundesregierung einmal im Jahr über den Umfang sämtlicher Sozi-alleistungen berichtet, hat sich im Jahr 2010 auf das neue Rekordniveau von 760,6 Mrd. € erhöht. Das sind – trotz gut laufender Konjunktur und damit rückläufiger Ausgaben der Arbeitslosen-versicherung – rd. 15,5 Mrd. € bzw. 2,1 % mehr als 2009. Verantwortlich für den Anstieg waren vor allem die weiter überproportional steigenden Ausgaben in der Pflege- und Krankenversiche-rung sowie Ausgabenzuwächse in den Bereichen Kinder-/Jugendhilfe sowie Kindergeld/Familien-leistungsausgleich.

Deutschland bei Abgabenbelastung auch 2010 in der Spitzengruppe

Abgabenkeil eines alleinstehenden Durchschnittsverdieners

55,4

49,3

47,9

46,9

42,7

42,4

42,0

39,6

38,4

38,3

37,7

36,8

36,6

34,0

32,7

30,5

30,3

29,7

29,3

26,2

20,8

49,1

41,1

34,9

in %

BE

SK

DE

EU­Durch­schnitt

AT

ES

IT

NL

SE

DK

LU

PT

UK

NO

JP

GR

CA

OECD­Durch­schnitt

US

IE

AU

FR

FI

50 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60

CH

Quellen: OECD 2011; eigene Darstellung der BDA

Page 30: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung30

Rentendialog: neue Belastungen der Beitragszahler zu befürchten

Seit Anfang September führt das Bundesarbeits-ministerium im Rahmen des Rentendialogs Ge-spräche mit Wissenschaftlern, Sozialverbänden, der Deutschen Rentenversicherung Bund und den Sozialpartnern. Dabei geht es um die Wei-terentwicklung der Alterssicherungssysteme und insbesondere um die Frage, wie der Gesetzgeber auf die vielfach geäußerte Sorge vor zunehmen-der Altersarmut reagieren sollte. Die Bundesregie-rung selbst hat drei Maßnahmen vorgeschlagen. Hierzu zählen erstens die sog. Zuschussrente in Form eines garantierten monatlichen Altersein-kommens von 850 € für alle diejenigen, die lang-jährig Beiträge zur gesetzlichen Rentenversiche-rung gezahlt und privat oder betrieblich vorgesorgt haben, zweitens die stufenweise Verlängerung der Zurechnungszeit bei Erwerbsminderungsren-ten um zwei Jahre und drittens die Anhebung der Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Alters-renten (sog. Kombirente).

Die von der Bundesregierung vorgeschlage-nen Maßnahmen können die gesetzliche Renten-versicherung sinnvoll weiterentwickeln, wenn ihre Finanzierung stimmt. Insbesondere muss gewähr-leistet sein, dass die gesetzlichen Beitragssatz-ziele für die Rentenversicherung (maximal 20 % bis 2020 und maximal 22 % bis 2030) eingehal-ten werden. Hierfür erforderlich ist insbesondere, dass die geplante Zuschussrente als versiche-rungsfremde Leistung aus zusätzlichen Steuer-mitteln finanziert wird. Es darf nicht sein, dass die Beitragszahler der Rentenversicherung für eine neue Leistung aufkommen müssen, die keinen positiven Zusammenhang zur Höhe der gezahl-ten Beiträge aufweist, sondern im Gegenteil sogar durch jeden zuvor gezahlten Beitragseuro sinkt.

Die geplanten Verbesserungen bei der Er-werbsminderungsrente sind grundsätzlich zu be-grüßen. Sie erreichen zielgenau diejenigen, die nicht in der Lage sind, bis zum vollen Rentenalter von künftig 67 Jahren zu arbeiten. Die damit ver-bundenen Mehraufwendungen müssen allerdings beitragsneutral finanziert werden. Das ist möglich, wenn die bestehenden Frühverrentungsprivilegien in der Rentenversicherung abgeschafft werden.

aktuelle Sozialleistungsquote aber nach wie vor – und darauf weist die BDA in der politischen Dis-kussion immer wieder hin – sehr viel höher als im langjährigen Durchschnitt.

Gesetzliche Rentenversicherung: Beitragssatz weiter senken

Mit Erfolg hat sich die BDA im Berichtsjahr da-für eingesetzt, dass der Beitragssatz für das Jahr 2012 auf 19,6 % abgesenkt wird. Insbe-sondere konnte verhindert werden, dass der Gesetzgeber erneut anstelle möglicher Beitrags-satzsenkungen kurzfristig Leistungsausweitun-gen beschließt, so wie dies in den vergangenen Jahren mehrfach geschehen war, z. B. durch das zweimalige Aussetzen der Riester-Treppe und den Ausschluss von Rentenkürzungen („Ren-tengarantie“). Wegen dieser Eingriffe in das Rentenrecht liegt der Rentenbeitragssatz heute nicht – wie noch bei Verabschiedung des 2005 in Kraft getretenen „RV-Nachhaltigkeitsgesetzes“ erwartet – bei 18,5 %, sondern bei 19,9 %, mit der Folge, dass die Beitragszahler damit um mehr als 13 Mrd. € pro Jahr zusätzlich belastet werden.

Nach der aktuellen Vorausschätzung zur wei-teren Finanzentwicklung der gesetzlichen Renten-versicherung kann der Beitragssatz in den Jahren 2013 und 2014 weiter auf 19,2 und 19,0 % ge-senkt werden. Die Entlastungswirkungen dieser Beitragssatzsenkungen sind erheblich, und sie erreichen neben den Arbeitgebern vor allem die Beschäftigten mit kleinen und mittleren Einkom-men. Durch eine Beitragssatzsenkung auf 19,0 % würden die Beitragszahler gegenüber 2011 um etwa 8,5 Mrd. € auf Jahresbasis entlastet. Das ist ein höheres Volumen, als es für die für 2013 und 2014 geplante Steuerreform vorgesehen ist. Von einer Beitragssatzsenkung profitieren alle Beschäftigten – anders als bei einer Steuersen-kung – da jeder vierte Arbeitnehmer überhaupt keine Einkommensteuer zahlt. Die BDA wird sich dafür einsetzen, dass auch die 2013 und 2014 möglichen Beitragssatzsenkungen erfolgen und nicht durch neuerliche Leistungsausweitungen vereitelt werden.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Gesetzliche Rentenversicherung“

Page 31: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung 31

Demografi sche Entwicklung bei der Höhe des Reha-BudgetsberücksichtigenStärke der rehaintensiven Jahrgänge (45 bis Regelaltersgrenze)

in Mio. Personen

26

25

24

232012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030

Quelle: eigene Berechnungen der BDA auf Basis der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung

(Variante 1-W1) des Statistischen Bundesamts 2011

Reha­Budget: Fortschreibung an demografischer Entwicklung orientieren

Mit ihren Leistungen zur Rehabilitation erbringt die gesetzliche Rentenversicherung schon heu-te einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Arbeitsfähigkeit ihrer Versicherten. Erfolgrei-che Rehabilitationsleistungen tragen dazu bei, dass Arbeitnehmer möglichst lange den eige-nen Lebensunterhalt durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft bestreiten und ein wirtschaftlich selbstbestimmtes Leben führen können. Rehabi-litationsmaßnahmen helfen damit, die Lebensar-beitszeit zu verlängern („Rente mit 67“) und das Arbeits- und Fachkräfteangebot in Deutschland zu sichern. Deshalb müssen die Träger der Ren-tenversicherung auch in Zukunft ausreichend

Die geplante Lockerung der Hinzuverdienstgren-zen bei vorgezogenen Altersrenten kann in Ein-zelfällen helfen, den Übergang vom Erwerbsle-ben in den Ruhestand zu gestalten. Besser wäre allerdings, gleich ganz auf die überflüssigen und in der Anwendung bürokratischen Hinzuverdienst-grenzen zu verzichten. Die BDA beteiligt sich in-tensiv und konstruktiv am Rentendialog. Sie hat ihre Vorschläge zur Weiterentwicklung der gesetz-lichen Rentenversicherung und der zusätzlichen Altersvorsorge eingebracht und darüber hinaus Konzeptionen erarbeitet, die Bedenken anderer Beteiligter berücksichtigen und damit eine Verstän-digung erleichtern. Nach den Zeitvorstellungen des Bundesarbeitsministeriums soll der Rentendi-alog Anfang 2012 in ein Gesetzgebungsverfahren münden, das vor der Sommerpause abgeschlos-sen sein soll. Die Gesetzesänderungen sollen zum 1. Januar 2013 in Kraft treten.

Page 32: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung32

Kompetenzen ausgestattet. Zu begrüßen ist, dass auf Betreiben der BDA für die betriebliche Alters-vorsorge eine eigene Interessengruppe bei EIOPA eingerichtet wurde, der insgesamt 30 Mitglieder aus allen EU-Staaten angehören. Die deutschen Arbeitgeberinteressen werden auf Vorschlag der BDA und Empfehlung von BUSINESSEUROPE durch Herrn Wiesner, Leiter der betrieblichen Al-tersvorsorge der Bosch Gruppe und Vorstands-vorsitzender der Bosch Pensions fonds AG, vertreten. Neben Herrn Wiesner wurde auch Herr Schwind, Vorstandsvorsitzender der Höchs-ter Pensionskasse VVaG und stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für betrieb-liche Altersversorgung (aba), in die Interessen-gruppe berufen. Beide Fachleute sind seit vielen Jahren Mitglied im BDA-Vorstandsausschuss für Betriebliche Altersvor sorge und im Vorstand der aba.

Die EU-Kommission bereitet die Überarbei-tung der EU-Pensionsfondsrichtlinie vor und will hierzu bis Ende 2012 einen Vorschlag vorlegen. Ihre bisherigen Überlegungen hat sie im „Call for Advice“ im April 2011 zusammengefasst und EIOPA um Stellungnahme bis Mitte Februar 2012 gebeten. Derzeit führt EIOPA zur Erstellung ihrer Antwort eine zweistufige öffentliche Konsultati-on durch, an der sich die BDA intensiv beteiligt. Inhaltlich basiert der „Call for Advice“ der EU-Kommission – trotz gegenteiliger Beteuerung der Kommission – im Wesentlichen auf den neuen Eigenmittelvorschriften für Versicherungsunter-nehmen (Solvency II), die ab dem 1. Januar 2013 Anwendung finden werden. Die Anwendung von Solvency II auf Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge (EBAV) würde diese Versorgungs-werke drastisch verteuern. Dieser Mehrbedarf wäre nur durch Leistungskürzungen zu Lasten der Berechtigten oder durch höhere Beiträge der Trägerunternehmen aufzubringen. Beides würde dem notwendigen Ausbau der betriebli-chen Altersvorsorge zuwiderlaufen. Dabei wäre mit der Übertragung von Solvency II auf EBAV auch für die Arbeitnehmer und Rentner aufgrund der ohnehin bestehenden Subsidiärhaftung des Arbeitgebers nichts – nicht einmal zusätzliche Sicherheit – gewonnen. EBAV verfügen bereits heute über eine Mehrfachsicherung aus auf-sichtsrechtlichen Vorgaben, aus Arbeitgeberhaf-tung und für Pensionsfonds darüber hinaus aus

finanziell in der Lage sein, ihren Versicherten medizinisch notwendige Rehabilitationsmaßnah-men zu gewähren.

Die BDA schlägt vor, die gesetzliche Rege-lung zur jährlichen Fortschreibung des Reha-Bud-gets mit Wirkung ab 2013 so anzupassen, dass dabei neben der Lohn- und Gehaltsentwicklung auch der sich demografisch ergebenden Verän-derung des Reha-Bedarfs Rechnung getragen wird. Eine damit verbundene zwischenzeitliche Mehrbelastung der Rentenversicherung kann vermieden werden, wenn der Gesetzgeber die Rentenversicherung von der Finanzierung solcher Rehabilitationsleistungen befreit, die weder der Si-cherung noch der Wiederherstellung der Erwerbs-fähigkeit Beschäftigter dienen, und die Höhe des Reha-Budgets entsprechend bereinigt.

Zu weit ginge jedoch, die gesetzliche Ausga-benbegrenzung für Rehabilitationsleistungen, das sog. Reha-Budget, wegen des sich demografisch verändernden Reha-Bedarfs völlig abzuschaffen. Die Erfahrung zeigt, dass ein Ausgabendeckel dazu beiträgt, mit den vorhandenen Ressourcen wirtschaftlich umzugehen und Effizienzreserven auszuschöpfen. Zwar haben die Rentenversiche-rungsträger in den vergangenen Jahren bereits erfolgreich Anstrengungen unternommen, die Wirtschaftlichkeit bei der Verwendung der Reha-Mittel zu erhöhen und vorhandene Einsparpo-tenziale zu erschließen. Nach wie vor sind aber noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Das Festhalten an der Reha-Budgetierung trägt dazu bei, dass die bestehenden Wirtschaftlichkeitsre-serven und Einsparmöglichkeiten von den Ren-tenversicherungsträgern auch tatsächlich genutzt werden.

EU-Finanzaufsicht: Interessen der betrieblichen Altersvorsorge sichern

Am 1. Januar 2011 hat die europäische Aufsichts-behörde für das Versicherungswesen und die be-triebliche Altersvorsorge (EIOPA) ihre Tätigkeit in Frankfurt am Main aufgenommen. Sie ersetzt den bisherigen Aufseherausschuss Committee of Eu-ropean Insurance and Occupational Pensions Su-pervisors (CEIOPS) und ist mit deutlich größeren

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung 33

Riester-Rente – Verbreitungsgrad nimmt weiter stetig zu

Bestand an Riester-Verträgen am Jahresende

in Mio.

18

15

12

9

6

3

02002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

* Stand: September 2011

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2011

3,43,9 4,2

5,6

8,1

10,8

12,2

13,3

14,4

2011*

15,0

Notwendigkeit, auch nicht vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise. Denn weder waren die EBAV hierfür ursächlich noch stellen sie ein sys-temisches Risiko dar.

Ihre Bedenken gegen die Pläne der EU-Kom-mission haben die Sozialpartner sowohl auf euro-päischer Ebene durch BUSINESSEUROPE und den Europäischen Gewerkschaftsbund als auch auf nationaler Ebene durch BDA und DGB an die Verantwortlichen in der Politik und der Aufsicht adressiert. Auch in den anstehenden Beratungen wird sich die BDA dafür einsetzen, belastende Aufsichtsregelungen für EBAV zu verhindern.

der bestehenden Einstandspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSV). Es besteht auch kein Bedürfnis, für die private Altersvorsorge und die betriebliche Altersvorsorge ein „level playing field“ herzustellen, wie es teilweise gefordert wird. Denn EBAV stehen aufgrund ihrer Zielstellung und Ausgestaltung nicht im Wettbewerb zu sons-tigen Altersvorsorgeprodukten. So handelt es sich bei einer Betriebsrentenzusage eben nicht einfach um ein „Finanzdienstleistungsprodukt“, sondern um eine grundsätzlich freiwillige Sozi-alleistung, die an das Arbeitsverhältnis geknüpft ist. Zudem besteht für eine kurzfristige Änderung der EU-Pensionsfondsrichtlinie keine dringende

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung34

� Die Beitragszusage mit Mindestleistung soll-te aufsichtsrechtlich für Pensionsfonds wei-terentwickelt werden. Für diese Zusageform sollte ebenfalls die nichtversicherungsför-mige Durchführung auch während der Leis-tungsphase ermöglicht werden, um die Vor-teile eines gemeinsamen Anlageverbands für die gesamte Laufzeit der Verpflichtungen nutzen zu können.

� Für Pensionsfonds sollte als Auszahlungs-möglichkeit – wie heute bei Pensionskassen und Direktversicherungen – die vollständige Kapitalwahloption zugelassen werden.

� Bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleis-tungsaufsicht (BaFin) sollte eine eigene Interessengruppe für die betriebliche Alters-vorsorge eingerichtet werden, wie dies bereits heute bei EIOPA der Fall ist. Bisher können Belange der betrieblichen Alters-vorsorge lediglich in einem Fachbeirat der BaFin eingebracht werden, in dem Vertreter aller von der BaFin beaufsichtigten Einrich-tungen sitzen.

Beitragssatz des Pensions­ Sicherungs­Vereins: Günstige Entwicklung hält an

Im Zuge der anhaltenden guten konjunkturellen Entwicklung und der damit einhergehenden güns-tigen Entwicklung des Insolvenzgeschehens ist der Beitragssatz des PSV im Jahr 2011 mit 1,9 ‰ unverändert geblieben. Auch unter Berücksich-tigung, dass ein Teil des PSV-Beitrags für 2009 (1,5 ‰) erst in diesem Jahr fällig wird, bewegt sich damit die Beitragsbelastung 2011 im Bereich der Durchschnittsbelastung seit Gründung des PSV im Jahr 1975 (3,1 ‰). Gleichwohl hat die BDA ihre Arbeiten an ihrem Konzept für eine stärker risikoorientierte PSV-Beitragsstruktur fortgesetzt, die langfristig zu einer Senkung des Schadens-volumens des PSV führen kann, weil auf diese Weise Anreize für Maßnahmen zur Schadens-vermeidung bzw. -reduzierung gesetzt werden. Das BDA-Konzept soll auf gutachterlicher Basis um konkrete und quantifizierte Vorschläge weiter-entwickelt und dann mit den Beteiligten diskutiert werden.

Versicherungsaufsichtsgesetz: Chance für eigenes Aufsichts­recht nutzen

Das Bundesfinanzministerium hat am 23. Au-gust 2011 einen Referentenentwurf eines Zehn-ten Gesetzes zur Änderung des Versicherungs-aufsichtsgesetzes (10. VAG-Novelle) vorgelegt, mit dem Solvency II in das deutsche Versiche-rungsaufsichtsrecht umgesetzt werden soll. Mit der Umsetzung von Solvency II wird das Versi-cherungsaufsichtsrecht grundlegend neu ausge-richtet. Die künftigen Eigenmittelanforderungen für Versicherungsunternehmen stellen neue Be-wertungsmethoden hinsichtlich der Vermögens-werte und Verbindlichkeiten auf, die künftig mit Marktwerten anzusetzen sind. Auf diese Weise soll das Insolvenzrisiko eines Versicherungsun-ternehmens verringert werden. Entsprechend Solvency II soll das künftige Aufsichtsrecht einem prinzipienbasierten System folgen, welches das bisherige regelbasierte System ersetzen wird. Da die Umsetzung von Solvency II auf viele Gebiete der Aufsicht Auswirkungen hat, ist eine komplet-te Überarbeitung und neue Systematik des VAG erforderlich. Hiervon sind auch die Regelungsbe-reiche für EBAV betroffen, wobei die Regelungen zur Eigenmittelausstattung grundsätzlich nicht auf EBAV angewendet werden sollen.

In ihrer Stellungnahme zum Referenten-entwurf drängt die BDA darauf, die Reform als Chance zur Entwicklung eines eigenständigen Aufsichtsrechts für EBAV zu nutzen. Der Referen-tenentwurf birgt hingegen die Gefahr, dass über unklare Verweise auf Vorschriften für Versiche-rungsunternehmen Solvency-II-Vorgaben doch mittelbar Anwendung auch auf EBAV finden könn-ten, obwohl dies nach der Solvency-II-Richtlinie gerade nicht vorgesehen ist. Allein der Umfang und die Komplexität der jetzt vorgesehenen Än-derungen des VAG zeigen, wie gravierend eine – auch nur teilweise – Anwendung der geplanten Eigenmittelvorgaben auf EBAV wäre. Darüber hinaus setzt sich die BDA dafür ein, dass das Gesetzgebungsvorhaben genutzt wird, um mit folgenden Vorschlägen die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen für EBAV zu verbessern:

Page 35: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung 35

1.200

900

600

300

0

–300

–600

–900

–1.200

in Mio. €

Soziale Pfl egeversicherung – Jahresüberschüsse nur durch Beitragssatzanhebung 2008Jahresüberschuss und ­fehlbeträge

1999

Ohne Beachtung der einmaligen, zusätzlichen Beiträge durch die Vorverlegung der Beitragsfälligkeit (820 Mio. €) im Jahr 2006

* BDA-Schätzung auf den Grundlagen der bis September 2011 vorliegenden Zahlen

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, 2011

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 20102009

–30

–130–60

–380

–690

–820

–360 –370–320

630

340

990

350

2011*

Bundesregierung in Form von „Eckpunkten zur Umsetzung des Koalitionsvertrages für die Pfle-gereform“ beschlossen. Ab 2013 soll danach der Beitragssatz um 0,1 Prozentpunkte angehoben werden, u. a. zur Finanzierung von Leistungsver-besserungen für Demente, und eine steuerlich geförderte Zusatzvorsorge in Kraft treten. Im Ver-gleich mit den öffentlich gemachten Überlegun-gen und Forderungen in den Wochen und Mona-ten zuvor sind das begrenzte Änderungen.

Pflegeversicherung: Nachhaltige Reformen stehen unverändert aus

Nachdem mehrfach die Vorlage von Eckpunk-ten für eine Reform der Pflegeversicherung an-gekündigt und wieder verschoben worden war, einigte sich der Koalitionsausschuss am 6. No-vember 2011 auf einen Kompromiss auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Die erzielte Ver-ständigung wurde wenige Tage später von der

Page 36: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung36

sozialen Pflegeversicherung Abstand genom-men worden ist. Eine solche Rücklage hätte eine ständige Verführung für jede Bundesregierung bedeutet, mehr Geld für zusätzliche Pflegeleis-tungen auszugeben, aber nicht mehr Nachhaltig-keit für die Finanzierung der Pflegeversicherung gebracht. Rücklagenmissbrauch und Zweckent-fremdung des Kapitalstocks wären absehbare Folgen gewesen. Ein Blick auf die Rentenversi-cherung macht überdeutlich, wozu hohe Rück-lagen führen: Durch teure Rentengarantien und Umfinanzierungen zugunsten des Bundeshaus-halts wurden die Rentenreserven ständig zweck-entfremdet. Demgegenüber ist die jetzt geplan-te individuelle, private, freiwillige und öffentlich geförderte Zusatzvorsorge auf jeden Fall das bessere Modell. Eine langfristige Lösung für die Finanzierung der Pflegeversicherung ist damit aber noch nicht gelungen. Nach wie vor ist nicht erkennbar, wie die Bundesregierung eine immer weiter steigende Belastung der Löhne und Gehäl-ter durch Pflegebeiträge verhindern will. Sie hält

Die für 2013 vorgesehene Beitragssatzanhe-bung fällt mit 0,1 Prozentpunkten zwar geringer aus, als zwischenzeitlich zu befürchten war. Sie bedeutet dennoch, dass die Beitragszahler (Ar-beitnehmer, Rentner und Betriebe) künftig und auf Dauer mit 1,1 Mrd. € pro Jahr zusätzlich be-lastet werden. Demgegenüber sind die Beitrags-satzsenkungen in der Rentenversicherung im nächsten und übernächsten Jahr auf jeden Fall nur vorübergehend. Der Rentenbeitrag wird nach den aktuellen Vorausberechnungen bis 2020 auf 20 % und bis 2030 auf 22 % steigen.

Die jetzt vorgesehene bessere Versorgung von Demenzkranken hätte – bei Gesamtausga-ben der Pflegeversicherung von rd. 20 Mrd. € – auch über Strukturreformen und Umschichtungen innerhalb des Leistungsspektrums organisiert werden können.

Positiv zu bewerten ist vor allem, dass von der Bildung eines Kapitalstocks innerhalb der

BDA-Positionen in der aktuellen Pflegediskussion

� Die in der Pflegeversicherung vorhandenen Mittel müssen effizienter eingesetzt werden. Erforderlich ist vor allem Wettbewerb auf allen Ebenen in diesem immer noch als Einheitskasse organisierten Sozialversicherungszweig, in dem sich alle Pflegekassen aus einem Topf bedienen. Das schafft keinerlei Anreize zur Sparsamkeit oder Kostenkontrolle, denn eine unwirtschaftliche Mittelverwen-dung geht heute nicht zu Lasten der verantwortlichen Pflegekasse, sondern immer zu Lasten der Solidargemeinschaft.

� Der Pflegebeirat der Bundesregierung, in dem auch die BDA vertreten war, hat bereits in dem vor zwei Jahren vorgelegten Schlussbericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Neudefinition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs – und damit zugleich die Besserstellung demenzkranker Pflegebe-dürftiger – auch kostenneutral umgesetzt werden kann. Die Einführung eines neuen Pflegebedürf-tigkeitsbegriffs ist keine Rechtfertigung für höhere Ausgaben.

� Eine ergänzende kapitalgedeckte Pflegevorsorge, die grundsätzlich zu befürworten ist, muss in pri-vater Verantwortung erfolgen und individuell zurechenbar sein, so wie es auch im Koalitionsvertrag festgelegt ist. Die Finanzierung des Kapitalstocks darf zudem keine Erhöhung der Arbeitskosten nach sich ziehen.

� Vollkommen falsch und gefährlich zugleich sind Überlegungen, einmalige oder nur vorübergehende Überschüsse in der Renten- und Krankenversicherung zur Finanzierung dauerhafter Mehrausgaben in der Pflegeversicherung zu nutzen. Damit wird nicht nur die dringend notwendige und mögliche Abgabenentlastung der Arbeitnehmer und Betriebe geringer ausfallen, sondern auch die künftige Belastung mit Zwangsabgaben und gesetzlichen Personalzusatzkosten kräftig zunehmen.

Page 37: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung 37

bekannt gegeben. Danach werden die Gesamt-ausgaben der Krankenkassen jeweils durch die Zuweisungen des Gesundheitsfonds voll gedeckt. Daraus folgt, dass auch im nächsten Jahr der durchschnittliche Zusatzbeitrag null betragen wird und kein Sozialausgleich über die Betriebe abge-wickelt werden muss, der – wie die BDA immer wieder betont hat – eine erhebliche bürokratische Belastung für die Arbeitgeber darstellt.

Bis Ende 2011 – so der Schätzerkreis – wird sich die Rücklage im Gesundheitsfonds um 4,4 Mrd. auf 8,6 Mrd. € erhöhen. Für 2012 wird ein weiterer Anstieg auf dann 8,9 Mrd. € erwar-tet. Der weitaus größte Teil der Rücklage ist al-lerdings zweckgebunden. So beansprucht die gesetzliche Liquiditätsreserve 3,1 Mrd. € und die steuer finanzierte Rücklage zur Finanzierung künf-tiger Sozialausgleichszahlungen 2 Mrd. €. Weitere 2,5 Mrd. € entfallen auf die „stille Last“, aus der künftig ggf. ein im Jahr 2009 entstandenes Defizit zu finanzieren ist. Die „freie“ Rücklage liegt ledig-lich bei 1 Mrd. € – das entspricht umgerechnet 0,1 Beitragssatzpunkten.

Die positive Finanzentwicklung in der gesetz-lichen Krankenversicherung ist allerdings nicht die Folge einer erfolgreichen und Kosten senkenden Gesundheitspolitik. Allein die gute Konjunkturent-wicklung hat dafür gesorgt. Darauf hat die BDA immer wieder mit Nachdruck hingewiesen und dementsprechend angemahnt, endlich wirkliche Strukturreformen in Angriff zu nehmen. Die Aus-gaben der Krankenkassen steigen dem Schätzer-kreis zufolge in diesem und im nächsten Jahr um stolze 3,6 % und 4,5 %, und auch 2010 lag das Plus bei satten 3,1 %. Das sind – gemessen an der allgemeinen Wirtschafts- und Lohnentwick-lung – nicht nur deutlich überproportionale Werte, sondern zugleich beängstigende Zuwachsraten.

Mit der Weiterentwicklung des bereits von der großen Koalition zum 1. Januar 2009 eingeführten kassenindividuellen Zusatzbeitrags ist die Bundes-regierung zwar einen Schritt in Richtung des von der BDA geforderten Wechsels von der lohnbezo-genen Beitragsfinanzierung zur einkommensun-abhängigen Gesundheitsprämie gegangen. Die ausschließlich einkommensunabhängige Gestal-tung des kassenindividuellen Zusatzbeitrags ab 1. Januar 2010 – bei gleichzeitigem Wegfall einer

an der falschen Grundkonstruktion der Pflegever-sicherung als wettbewerbsloser Einheitskasse mit lohnbezogener Beitragsfinanzierung unverändert fest. Die BDA hat bereits zu Beginn der aktuellen pflegepolitischen Diskussion mit ihrem Positions-papier „Pflegepläne gehen vollständig in die fal-sche Richtung“ klar Stellung bezogen und konkre-te Forderungen gestellt.

Die BDA hält an ihrem bereits vor Jahren erarbeiteten und ständig aktualisierten Konzept „Pflegeversicherung dauerhaft leistungsfähig und finanzierbar halten“ fest. Zentraler Reformschritt – neben der Einführung eines Kosten- und Quali-tätswettbewerbs und von prozentualen Selbst-behalten mit Höchstgrenzen – muss, wie auch in der Krankenversicherung, die Entkopplung der Pflegekostenfinanzierung vom Arbeitsverhältnis sein. Der beste Weg hierfür ist die Umstellung der Finanzierung auf einkommensunabhängige Pfle-geprämien mit Auszahlung des Arbeitgeberanteils in den Bruttolohn und Sozialausgleich für Einkom-mensschwache. Die heutigen lohnorientierten Bei-träge wirken wie eine Strafsteuer auf Arbeit.

In der Diskussion über die Pflegereform und über Leistungsausweitungen darf nicht vergessen werden, dass zum einen die Pflegeversicherung von Anfang an vollkommen zu Recht immer nur als Teilkaskoversicherung gedacht und konzipiert war. Zum anderen sind die Leistungen der Pfle-geversicherung bereits durch das Pflege-Weiter-entwicklungsgesetz von 2008 angehoben und ab dem Jahr 2015 dynamisiert worden. Die arbeits-kostenneutrale Finanzierung der hieraus resultie-renden Mehrkosten wird schon schwer genug.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Soziale Pflegeversicherung“

Krankenversicherung: Finanzent­wicklung verdeckt Strukturmängel und Ausgabenexpansion

Der Schätzerkreis der gesetzlichen Krankenver-sicherung, in dem Experten des Bundesgesund-heitsministeriums, des Bundesversicherungsamts und des GKV-Spitzen verbands vertreten sind, hat im Oktober seine Prognose der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung für die Jahre 2011 und 2012

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung38

geschaffen. Ein wichtiger Bestandteil des Geset-zes ist die schrittweise Einführung eines Sektoren verbindenden neuen Bereichs der „ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung“, in dem be-stimmte Leistungen sowohl von Krankenhausärz-ten als auch von niedergelassenen Vertragsärzten erbracht werden können. Darüber hinaus enthält das Gesetz neue Regelungen für die Schließung von Krankenkassen, wodurch den Versicher-ten ein reibungsfreier Wechsel zu einer neuen Krankenkasse ermöglicht werden soll. Ab dem Jahr 2014 müssen Krankenkassen außerdem im elektronischen Bundesanzeiger sowie auf der ei-genen Internetpräsenz die wesentlichen Ergebnis-se ihrer Rechnungslegung veröffentlichen.

Die BDA hat sich während des gesam-ten Gesetzgebungsverfahrens dafür eingesetzt, dass zusätzliche Belastungen der Beitrags- und Steuerzahler unterbleiben. In ihrer Stellungnah-me an den Bundestagsausschuss für Gesund-heit hat die BDA insbesondere die vorgesehene Anhebung der Honorare niedergelassener Ärz-te kritisiert. Diese drohten sich im Verlauf des

Obergrenze – wurde allerdings mit der kräftigen Heraufsetzung des allgemeinen Beitragssatzes zum 1. Januar 2011 von 14,9 auf 15,5 % konter-kariert. Im Ergebnis bleibt die einkommensunab-hängige Finanzierung bzw. der kassenindividuelle Zusatzbeitrag eine Randerscheinung.

Mängel bei ärztlicher Versorgung nicht durch Honorarsteigerungen belohnen

Das „Gesetz zur Verbesserung der Versorgungs-strukturen in der gesetzlichen Krankenversiche-rung“ wurde am 1. Dezember 2011 vom Deut-schen Bundestag verabschiedet und tritt im Wesentlichen am 1. Januar 2012 in Kraft. Es hat vor allem zum Ziel, die flächendeckende wohnort-nahe medizinische Versorgung der Bevölkerung auch in dünn besiedelten Gebieten zu sichern.

Um mehr Mediziner in unterversorgte Ge-biete zu locken, werden im Versorgungsstruktur-gesetz Anreize im Vergütungssystem der Ärzte

BDA­Positionen zum Versorgungsstrukturgesetz

� Die Sicherstellung einer flächendeckenden wohnortnahen medizinischen Versorgung ist ein wichti-ges gesundheitspolitisches Ziel, das jedoch ohne zusätzliche Belastung der Beitragszahler erreicht werden kann und muss. Dazu muss bestehende Überversorgung zugunsten bestehender Unterver-sorgung abgebaut werden. Es ist gesetzliche Aufgabe der Ärzteschaft, überall eine ausreichende ärztliche Versorgung sicherzustellen. Wenn sie dazu bislang nicht in der Lage ist und der Gesetzge-ber deshalb aktiv werden muss, dann darf diese Fehlleistung nicht noch mit einem Honorarzuwachs belohnt werden.

� Nach dem Gesetz sind Kostenmehrbelastungen der Beitragszahler nicht ausgeschlossen. Vor allem fehlt eine dringend erforderliche fundierte Kostenfolgeabschätzung. Eine Mehrbelastung der Bei-trags- und Steuerzahler muss unbedingt vermieden werden. Bereits 2011 haben der Beitragssatz mit 15,5 % und der Bundeszuschuss mit über 15 Mrd. € Rekordhöhen erreicht. Konkrete bzw. Erfolg versprechende Maßnahmen zur Hebung von Effizienzpotenzialen sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung – insbesondere durch mehr Wettbe-werb und Vertragsfreiheit – fehlen.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Soziale Sicherung 39

Gesetzgebungsverfahrens zu einer sehr deutli-chen Belastung für die Beitragszahler zu entwi-ckeln. Außerdem waren die vorgesehenen Ein-schränkungen für die Zulassung Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) nicht akzeptabel. In beiden Bereichen konnten zwar Verbesserungen erreicht werden, in der Gesamtschau aber enthält das Versorgungsstrukturgesetz erhebliche Fi-nanz- und Strukturrisiken. Es ist kein großer Wurf und leistet keinen Beitrag dazu, die Leistungs-fähigkeit und Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung nachhaltig zu sichern.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Gesetzliche Krankenversicherung“

Unfallversicherung: Reform des Leistungsrechts lässt weiter auf sich warten

Mit dem Koalitionsvertrag 2009 hatten CDU, CSU und FDP angekündigt, dass sie das Leistungs-recht der gesetzlichen Unfallversicherung, das

eigentlich schon in der letzten Legislaturperiode reformiert werden sollte, in dieser Legislaturpe-riode zielgenauer ausgestalten wollen. Gesche-hen ist bislang jedoch nichts. In verschiedenen Gesprächen der BDA mit Mitgliedern der Regie-rungsparteien und des Bundesarbeitsministeri-ums im Laufe dieses Jahres hat sich herausge-stellt, dass die Koalition derzeit nicht daran denkt, das Leistungsrecht zu reformieren. Die BDA hat dies nachdrücklich kritisiert und die Politik an die Notwendigkeit der längst überfälligen Leistungs-rechtsreform erinnert. Die BDA wird hier weiter aktiv bleiben. Nur durch eine Leistungsrechts-reform kann die mehr als überfällige Beitrags-entlastung der Unternehmen erreicht werden. Die gesetzliche Unfallversicherung – als einziger ausschließlich von den Arbeitgebern finanzierter Zweig der Sozialversicherung – darf nicht von grundlegenden Strukturreformen ausgenommen bleiben. Die sehr erfolgreiche Präventionsarbeit der Betriebe muss sich endlich auch durch ent-sprechend sinkende Beiträge zur Unfallversiche-rung bezahlt machen.

� Die vorgesehenen Maßnahmen zur Reform des Gemeinsamen Bundesausschusses, wie insbe-sondere das Verfahren zur Benennung der unparteiischen Vorsitzenden, die Regelung zur Stimm-rechtsübertragung bei sektorbezogenen Beschlüssen sowie die Einführung eines Mindestquorums bei Beschlüssen zum Ausschluss von Leistungen, bergen die Gefahr der politischen Einflussnahme und einer Verzögerung der Abstimmungsverfahren.

� Die einschränkenden Vorgaben für die Zulassung von MVZ und Arztstationen widersprechen der Zielsetzung des Versorgungsstrukturgesetzes, in unterversorgten Gebieten die medizinische Ver-sorgung zu verbessern. Der Wettbewerb um die beste Form der Versorgung darf nicht dadurch behindert werden, dass der ärztliche Leiter eines MVZ selbst als Vertragsarzt oder angestellter Arzt in dem betreffenden MVZ tätig sein muss. Die Einschränkung der Gründungsmöglichkeiten, indem in der Regel nur noch Vertragsärzte oder zugelassene Krankenhäuser zugelassen werden sollen, ist ebenso kontraproduktiv wie die Beschränkung auf bestimmte Rechtsformen, die z. B. Aktienge-sellschaften für eine Gründung ausschließen.

� Positiv zu bewerten sind allein die im Versorgungsstrukturgesetz enthaltenen ergänzenden Rege-lungen bei Schließung von Krankenkassen und einzelne Maßnahmen zur Flexibilisierung des Zulas-sungsrechts für Vertragsärzte. In Zukunft können die Kassenärztlichen Vereinigungen den freiwilli-gen Verzicht auf Zulassung als Vertragsarzt finanziell fördern.

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ausschusses) hat und welche Grundsätze bei der Erarbeitung von staatlichen Regeln beachtet werden sollen.

� welche Zielsetzung die Regeln der Unfall-versicherungsträger (DGUV-Regeln, vormals BG-Regeln) haben und welche Grundsätze bei ihrer Erarbeitung zu beachten sind.

� wie das System von staatlichen Regeln und DGUV-Regeln inhaltlich und verfahrensmä-ßig so zu strukturieren ist, dass ein kohä-rentes und in sich stimmiges Gesamtgefüge entsteht.

Die BDA hat sich nachdrücklich dafür einge-setzt, dass mit dem Leitlinienpapier die Grund-lagen dafür gelegt wurden, die Arbeitsschutz-regelungen, die von Seiten des Staats und der Berufsgenossenschaften erlassen werden, künftig so zu gestalten, dass der Vorschriftendschungel in diesem Bereich gelichtet wird. Die Betriebe sol-len künftig leichter erfassen können, welche Vor-schriften und Regelungen für sie einschlägig sind und welche Maßnahmen sie zur Erfüllung dieser Regelungen zu treffen haben. Folgen muss jetzt eine entsprechende Umgestaltung der Vorschrif-ten und Regelungen selbst, denn das Leitlinien-papier gibt nur eine Anleitung, wie die Struktur in Zukunft aussehen soll.

Neue betriebsärztliche und sicher­heitstechnische Betreuung stellt Betriebe vor Herausforderung

Am 1. Januar 2011 ist die neue Unfallverhü-tungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUV-Vorschrift 2) in Kraft getreten. Mit dieser Vorschrift wurde insbesonde-re die Regelbetreuung für Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten völlig neu konzipiert. Im Ge-gensatz zur alten Regelung gibt es keine festen Einsatzzeiten mehr. Vielmehr ist die Betreuung in einen Anteil Grundbetreuung – für diesen gibt es einen Zeitansatz – und in einen Anteil betriebs-spezifische Betreuung aufgeteilt worden. Dieser betriebsspezifische Teil muss von jedem Unter-nehmen – angepasst an die Bedingungen vor Ort – individuell festgelegt werden.

Abgeschlossen ist hingegen die Organisa-tionsreform der gewerblichen Berufsgenossen-schaften. Zum 1. Januar 2011 sind die letzten beiden noch ausstehenden Fusionen, zum ei-nen der Zusammenschluss der Berufsgenossen-schaft Metall Nord Süd, der Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft, der Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft und der Holz-Berufsgenossenschaft zur Berufsgenossenschaft Holz und Metall sowie zum anderen die Fusion der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten mit der Fleischerei-Berufsgenossen-schaft zur Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe, erfolgt. Damit hat sich die Zahl der Berufsgenossenschaften von 35 im Jahr 2004 auf neun verringert.

Arbeitsschutz: Leitlinien zur Neu­ordnung des Vorschriften­ und Regelwerks beschlossen

Nach jahrelangen Verhandlungen zwischen Bund, Ländern, Berufsgenossenschaften und Sozi-alpartnern über das Verhältnis von staatlichen Arbeitsschutzregelungen zu berufsgenossen-schaftlichen Regelungen wurde im August 2011 das sog. Leitlinienpapier zur Neuordnung des Vorschriften- und Regelwerks im Arbeitsschutz verabschiedet. Mit diesem Papier haben Bund, Länder und Unfallversicherungsträger sich da-rauf verständigt, wie sie ein verständliches, überschaubares und abgestimmtes Vorschrif-ten- und Regelwerk im Arbeitsschutz herstel-len wollen. Diesen Auftrag hatten die Träger mit dem Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz (UVMG) 2008 erhalten.

Das Leitlinienpapier beschreibt u. a. näher,

� in welchen Fällen die selbstverwalteten Unfallversicherungsträger Unfallverhütungs-vorschriften als autonomes Satzungsrecht erlassen dürfen. Bereits mit dem UVMG wur-de die Rechtsetzungsbefugnis der Unfallver-sicherungsträger eingeschränkt und an rest-riktive Voraussetzungen geknüpft.

� welche Zielsetzung das staatliche Regelwerk (z. B. technische Regeln des Arbeitsstätten - ausschusses und des Betriebssicherheits-

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der Richtlinie in ihrem Bereich zum Ausdruck. So haben sie dargelegt, dass viele Computer-Tomo-grafen (MRTs) nicht mehr betrieben werden kön-nen, wenn die Richtlinie mit dem dazugehörigen Grenzwertekonzept durch nationale Umsetzung rechtsverbindlich wird. Der aktuelle Richtlinien-vorschlag enthält nun eine Ausnahmeregelung für MRT-Geräte, die eine alternative, nicht an den Expositionsgrenzwerten orientierte Arbeits-schutzkonzeption für das medizinische Personal im Umgang mit MRTs vorsieht. Die BDA hat ihre Mitglieder um Anmerkungen und Einschätzungen zu dem Vorschlag gebeten und daraus folgende Kernforderungen abgeleitet:

� Der Richtlinienvorschlag muss im Hinblick auf eine einfache Umsetzung der erforderli-chen Arbeitsschutzmaßnahmen grundsätz-lich überarbeitet und gestrafft werden.

� Es muss vermieden werden, dass die Betrie-be, in denen Geräte eingesetzt werden, die elektromagnetische Felder erzeugen, selbst die damit verbundenen Gefährdungen durch komplizierte Messungen ermitteln müssen. Für die Gefährdungsbeurteilung müssen vielmehr Hersteller- und Literaturangaben ausreichen. Es muss klar aufgelistet wer-den, welche Anwendungen unbedenklich sind und daher keiner weiteren Betrachtung bedürfen.

� Im Schutzkonzept der Richtlinie muss zwin-gend das mit der Entfernung der Strah-lungsquelle zum Kopf und dem Rückenmark schnell abfallende Gesundheitsrisiko in ange-messener Weise berücksichtigt werden.

� Die weitreichenden Kennzeichnungsverpflich-tungen sind auf das erforderliche Minimum zu reduzieren.

Da die Beratungen im Europäischen Parla-ment erst Anfang November begonnen haben, ist das Ziel der polnischen Ratspräsidentschaft, die Richtlinie bis Ende des Jahres abzuschlie-ßen, voraussichtlich nicht mehr zu halten. Es bleibt abzuwarten, wie die dänische Regierung, die zum 1. Januar 2012 die Ratspräsidentschaft übernimmt, mit dem Richtlinienvorhaben weiter verfahren wird.

Die BDA hatte sich 2010 nachdrücklich für einen „weichen“ Übergang bei der Einführung der DGUV-Vorschrift 2 eingesetzt: Zum einen stand fest, dass eine betriebliche Umsetzung der Vor-schrift sehr kompliziert sein würde. Zum anderen war abzusehen, dass die Betriebe von den Berufs-genossenschaften – auch der späten Verabschie-dung der Vorschrift Ende 2010 geschuldet – nicht rechtzeitig und ausreichend über die Neuerungen der Vorschrift informiert worden waren. Die Natio-nale Arbeitsschutzkonferenz, deren Träger Bund, Länder und Unfallversicherungsträger sind, hatte deshalb auf Drängen der BDA beschlossen, dass die Aufsichtsdienste der Länder und Berufsge-nossenschaften die Betriebe 2011 in erster Linie bei der Einführung der DGUV-Vorschrift beraten und dass nicht die Ergreifung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen im Vordergrund steht.

Zudem hat sich gezeigt, dass es Branchen bzw. Unternehmen gibt, die durch die Neurege-lung stärker als nach der alten Unfallverhütungs-vorschrift belastet werden. Negative Auswirkun-gen der Neukonzeption lassen sich insbesondere im Hinblick auf die jetzt fehlenden Degressions-möglichkeiten ausmachen, d. h., große Unterneh-men müssen mehr betriebsärztliche und sicher-heitstechnische Betreuung einkaufen, als dies aufgrund der oftmals gleichartigen Tätigkeiten notwendig wäre. Die BDA wird sich weiter nach-drücklich dafür einsetzen, dass die neu gestaltete Regelbetreuung in der Summe nicht zu Mehrbe-lastungen der Betriebe führt. In der vorgesehenen Evaluation der Vorschrift wird die BDA darauf drin-gen, dass die Schwachstellen der Neuregelung eindeutig identifiziert und im Nachgang abgestellt werden.

Elektromagnetische Felder: EU­Richtlinienvorschlag vereinfachen

Die Europäische Kommission hat am 14. Juni 2011 einen Richtlinienvorschlag zum Schutz vor elektromagnetischen Feldern vorgelegt. Mit die-ser Initiative will die Kommission die bisherige Richtlinie 2004/40/EG ändern, deren Umsetzung aufgrund von Bedenken aus Wissenschaft und Praxis bis 2012 ausgesetzt wurde. Insbesondere Radiologenverbände brachten der Kommission gegenüber Bedenken hinsichtlich der Wirkung

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Debatte über „psychische Gesundheit“ versachlichen

Die Diskussion über psychische Erkrankungen und den steigenden Anteil dieser Erkrankungen als Frühverrentungsursache hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Im Blickpunkt stehen dabei immer wieder die Arbeitswelt und die Veränderungen, die es in diesem Bereich ge-geben hat. Behauptet wird, dass hier die zentra-len Ursachen für psychische Erkrankungen und die Zunahme entsprechender Diagnosen liegen. Diese einseitige Behauptung und Betrachtung ist jedoch schlichtweg falsch und wird einer sachli-chen Debatte über psychische Erkrankungen, ihre Vorbeugung und Heilung auch nicht gerecht. Richtig ist, dass dynamische gesellschaftliche Ent-wicklungen und die moderne Lebensweise starre und gewohnte Beziehungen in Frage stellen, was einerseits neue Freiheiten und Entscheidungsfrei-räume eröffnet, andererseits zu neuen psychoso-zialen Belastungen führen kann.

Ursachen für psychische Störungen kön-nen in der Person und ihrer Entwicklung, ihrem privaten Umfeld oder ihrer genetischen Prägung liegen, aber auch im Bezug zum Arbeitsverhält-nis stehen. Dies zeigt, dass das Problem sehr komplex ist und es nicht den Schuldigen oder die Lösung gibt. Die Behauptung, dass die Ar-beitswelt an allem schuld ist, lässt sich schon durch eine einzige Zahl widerlegen: Arbeitslose sind mehr als dreimal so häufig arbeitsunfähig aufgrund von psychischen Störungen als Be-schäftigte!

Den Betrieben ist die psychische Gesund-heit ihrer Beschäftigten ein wichtiges Anliegen, und zwar schon im eigenen Interesse. Denn psychisch erkrankte Mitarbeiter sind weniger leistungsfähig bzw. fallen ggf. sogar ganz aus. Auch wenn der Grund psychischer Erkrankun-gen meist außerhalb des beruflichen Umfelds liegt, fördern deshalb viele Unternehmen die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter und haben dafür passgenaue Strategien entwickelt. Die Gesundheitsprogramme umfassen präven-tive Maßnahmen, wie Zeit- und Selbstmanage-ment, Sensibilisierung von Führungskräften, Stärkung der individuellen Widerstandskraft und

Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Be-ruf und Familie. Hinzu kommen kurative Angebo-te, wie Beratungsangebote von Psychologen für Beschäftigte, aber auch Sozialberatung inklusive Schuldnerberatung, Suchtberatung oder Hilfen zur Konfliktbewältigung. Immer mehr Unterneh-men unterhalten hierzu eigene regionale Kom-petenznetzwerke mit Fachkliniken oder Psycho-therapeuten sowie Einrichtungen verschiedener Träger (z. B. Rentenversicherungsträger, Kran-kenkassen). Andere haben Mitarbeiter-Beratungs-programme, die sog. Employee Assistance Pro-grammes, aufgelegt.

Was für die betriebliche Gestaltung der Arbeitsaufgaben zur menschengerechten Ge-staltung der psychischen Belastung über das Arbeitsschutzgesetz bereits gefordert wird, ist ausreichend. Wie dies praxistauglich im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung erfolgen kann, wird u. a. derzeit im Rahmen der Gemeinsamen Deut-schen Arbeitsschutzstrategie erarbeitet.

Nicht vergessen werden darf, dass alle Ex-perten und Fachärzte die salutogenetische, stabi-lisierende und persönlichkeitsförderliche Wirkung von Arbeit bei psychischen Störungen deutlich hervorheben. Die Betriebe werden ihren Beitrag leisten, um psychisch Erkrankten zu helfen und sie ggf. wieder einzugliedern. Aber die Unterneh-men können nur Hilfestellung geben, denn das Thema „Psychische Störungen“ ist ein Puzzle mit vielen Ursachen und Faktoren und die Arbeitswelt ist nur ein Teil davon.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Psychische Gesundheit“

4. SGB­IV­Änderungsgesetz: Licht und Schatten

Der Bundestag hat Anfang Dezember 2011 das 4. SGB-IV-Änderungsgesetz beschlossen. Da-nach unterliegen künftig alle Teilnehmer an du-alen Studiengängen der Sozialversicherungs-pflicht. Die BDA hat in ihrer Stellungnahme und zahlreichen Gesprächen, u. a. mit dem feder-führenden Bundesarbeitsministerium und dem Bundestagsausschuss für Arbeit und Sozia-les, deutlich gemacht, dass eine Änderung des

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800

700

600

500

400

300

200

100

0

in Tagen

Psychische Erkrankungen: Arbeitslose deutlich stärker betroffen

Arbeitsunfähigkeit durch psychische Störungen 2009; Krankheitstage je 100 Beschäftigte

Arbeitnehmer (beschäftigte Pfl ichtmitglieder)

Arbeitslose(ALG-I-Empfänger)

153

524

678

406

115

197

Gesamt

Frauen

Männer

Quelle: BKK-Bundesverband, 2010

sozialversicherungsrechtlichen Status von dual Studierenden unterbleiben muss. Die jetzt vor-gesehene sozialversicherungsrechtliche Behand-lung würde die betroffenen Betriebe nicht nur mit zusätzlichen Kosten, sondern auch mit enormem Bürokratieaufwand belasten.

Zudem werden nach den jetzt beschlosse-nen Änderungen künftig die Arbeitslosen- und Rentenversicherung – und nicht mehr der Bund – die Rentenbeiträge für behinderte Menschen im Eingangs- und Berufsbildungsbereich von Werk-stätten tragen. In gemeinsamen Schreiben mit

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BDA-Arbeitskreises Lohnabzugsverfahren eine umfängliche Praxiskommentierung der Datensät-ze erstellt. Der BDA ist es zudem gelungen, für einige unter Umsetzungsgesichtspunkten proble-matische Vorgaben im Datensatz praxisgerechte Lösungen zu finden. Allerdings konnten die Spit-zenorganisationen der Sozialversicherung – ins-besondere aufgrund gesetzlicher Vorgaben – nicht alle Forderungen erfüllen. Die noch offenen Punk-te hat die BDA bereits mit dem Bundesarbeitsmi-nisterium erörtert.

Um den Umfang der zu meldenden Daten-sätze und damit den Meldeaufwand der Arbeitge-ber zu reduzieren, macht sich die BDA zudem seit langem und gemeinsam mit den Krankenkassen dafür stark, die Berechnung des Krankengelds erheblich zu vereinfachen. Die BDA wird in ih-ren diesbezüglichen Vereinfachungsbemühungen nicht nachlassen und weiter gegenüber Politik und Ministerien Änderungen einfordern.

Aus von ELENA darf nicht das Ende von Reformbemühungen sein

Mitte Juli 2011 hat die Bundesregierung darüber informiert, dass das ELENA-Verfahren schnellst-möglich eingestellt werden soll. Als Begründung wurde die fehlende flächendeckende Verbrei-tung der für das Verfahren notwendigen sog. qualifizierten elektronischen Signaturen (QES) genannt. Ende September beschloss der Bun-destag die Einstellung des ELENA-Verfahrens in zweiter und dritter Lesung und Anfang November hat auch der Bundesrat die entsprechenden Re-gelungen gebilligt.

Die ELENA-Kehrtwende der Bundesregie-rung bedeutet für die Betriebe, dass Investitionen und Arbeit umsonst waren. Die Wirtschaft bleibt auf über 100 Mio. € Kosten sitzen, und das für eine originär staatliche Aufgabe (Berechnung und Auskehrung von Sozialleistungen), für deren Übernahme es keinerlei Entschädigung gibt.

Leider hat die Bundesregierung – im Ge-gensatz zu den Arbeitgebern – ihre Hausaufga-ben nicht gemacht. Obwohl von Anfang an be-kannt war, dass der hohe Datenschutzstandard des ELENA-Verfahrens die Verbreitung der QES

dem DGB an die Bundesregierung und die Koa-litionsfraktionen hat die BDA die geplante Ent-lastung des Bundeshaushalts zu Lasten der So-zialversicherung bei den Rentenbeiträgen für in Werkstätten beschäftigte behinderte Menschen scharf kritisiert. Eindeutig gesamtgesellschaftli-che Aufgaben wie eine besondere rentenrechtli-che Absicherung für Behinderte dürfen nicht auf die Beitragszahler verlagert werden. Zumindest konnte eine rückwirkende Regelung hierzu abge-wendet werden. Damit ist es gelungen, eine Mehr-belastung der Renten- und Arbeitslosenversiche-rung i. H. v. über 500 Mio. € zu vermeiden.

Beschlossen wurden ebenfalls Regelungen zur Umsetzung einer optionalen elektronischen Betriebsprüfung. Hier hat die BDA die wichtige Klarstellung erreicht, dass diese elektronische Betriebsprüfung nur „im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber“ möglich ist, also allein auf freiwilliger Basis erfolgen kann.

Sehr zu begrüßen ist, dass – wie von der BDA gefordert – Freistellungen aus betrieblichen Arbeitszeitkonten erleichtert werden. Künftig bleibt auch bei einer Freistellung von bis zu drei Monaten das sozialversicherungsrechtliche Be-schäftigungsverhältnis erhalten, was das für die betriebliche Praxis enorm wichtige Instrument der Arbeitszeitkonten weiter stärkt.

Elektronisches „Datenaustausch­verfahren Entgeltersatzleistungen“ stetig vereinfachen

Am 1. Juli 2011 hat das elektronische „Daten-austauschverfahren Entgeltersatzleistungen“ das bisherige papierbezogene Kommunikationsver-fahren zwischen Arbeitgebern und Sozialversi-cherung abgelöst. Nach einer Phase der freiwilli-gen Teilnahme an dem Verfahren zur Berechnung von Krankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld und Mutterschaftsgeld erfolgte nunmehr der ver-pflichtende Umstieg von Papier auf Elektronik – sowohl für die Arbeitgeber als auch für die Sozi-alversicherung.

Um die Umsetzung in den Unternehmen zu vereinfachen, wurde im Vorfeld und un-ter Mitwirkung der BDA sowie Mitgliedern des

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196 Sozialversicherungsträgern fanden sog. Frie-denswahlen statt, d. h., die Wahlen erfolgten ohne Wahlhandlung und die vorgeschlagenen Bewer-ber galten mit Ablauf des Wahltags als gewählt. Bei den Wahlen mit Wahlhandlung lag die Wahl-beteiligung in diesem Jahr im gewichteten Durch-schnitt bei 30,0 % und damit leicht unter der Wahl-beteiligung bei der letzten Sozialwahl (30,8 %).

Die BDA hat die Sozialwahlen auf Arbeitge-berseite bei fünf Sozialversicherungsträgern vor-bereitet. Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Berufsgenossenschaft für Gesund-heitsdienst und Wohlfahrtspflege, der Verwal-tungsberufsgenossenschaft und der Berufsgenos-senschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe ist die BDA Listenträger und hat dementsprechend mit den Mitgliedsverbänden die Sitzverteilung für die nächste Amtsperiode abgestimmt, die erfor-derlichen Dokumente zusammengestellt und die Listen eingereicht. Bei der Techniker Krankenkas-se hat die BDA erstmals – gemeinsam mit dem ZDH und der Zahntechnikerinnung – eine Liste für den Verwaltungsrat zusammengestellt.

Durch Fusionen mit Betriebskrankenkas-sen und Innungskrankenkassen sind zwischen-zeitlich drei von sechs Ersatzkassen paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern selbst ver-waltet. Auch im Verband der Ersatzkassen sind nach den Sozialwahlen 2011 die Arbeitgeber in der Mitgliederversammlung und im Gesamtvor-stand tätig.

Die BDA wirkt auch selbst aktiv für die Arbeit-geber in der Selbstverwaltung mit: in der gesetz-lichen Rentenversicherung durch Herrn Gunkel als alternierenden Vorsitzenden des Bundesvor-stands der Deutschen Rentenversicherung Bund, in der gesetzlichen Krankenversicherung durch Herrn Dr. Hansen als alternierenden Vorsitzenden des GKV-Spitzenverbands und durch Frau Osing als Mitglied des Vorstands der Deutschen Gesetz-lichen Unfallversicherung und der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft.

voraussetzt, hat sie es trotz aller Warnungen ver-säumt, die Verbreitung der Signatur rechtzeitig zu gewährleisten.

Jetzt gilt es zu vermeiden, dass einfach nur zum früheren Rechtszustand zurückgekehrt wird und die Betriebe damit weiterhin millionenfach papierbezogene Entgeltbescheinigungen für ihre Beschäftigten ausstellen müssen. Zudem müssen die heutigen, unnötig bürokratischen und nicht aufeinander abgestimmten Meldeverfahren zwi-schen Arbeitgebern und öffentlicher Verwaltung endlich auf den Prüfstand gestellt und angepasst werden.

Bei beiden Forderungen der BDA ist die Bun-desregierung offenbar gewillt, auf die Arbeitgeber zuzugehen. So hat das Bundeskabinett Ende September das Bundesarbeitsministerium mit der Durchführung des Projekts „Optimiertes Melde-verfahren in der sozialen Sicherung“ beauftragt. Alle Meldeverfahren in der Sozialversicherung sollen auf Optimierungs- und Vereinfachungs-potenzial hin überprüft werden. Damit greift die Bundesregierung eine zentrale BDA-Forderung auf. Die BDA hatte bereits im letzten Jahr ein entsprechendes Papier zur (IT-)Zukunft in den Ar-beitgebermeldeverfahren vorgelegt (www.arbeit - geber. de > Themen > Soziale Sicherung > Bei-trags- und Melderecht), welches zusammen mit Unternehmen und Verbänden erarbeitet worden war. Die BDA wird das Projekt beim Bundesar-beitsministerium eng begleiten und die Erfahrun-gen und Anregungen der Unternehmen einbrin-gen.

Sozialwahlen 2011 erfolgreich durchgeführt

In diesem Jahr haben zum elften Mal die Sozi-alwahlen in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung stattgefunden. Insgesamt wurden bei 206 Versicherungsträgern die Mitglieder der Selbstverwaltung gewählt. Die Trägerzahl von 340 im Jahr 2005 hat sich damit stark verringert. Dies liegt vor allem an dem anhaltenden Konzentrationsprozess in der gesetzlichen Krankenversicherung, aber auch an den Organisationsreformen in der ge-setzlichen Renten- und Unfallversicherung. Bei

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Frauenquote Jugendarbeitslosigkeit Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Arbeitszeitgesetz

Streiks BundesarbeitsgerichtBundesfamilienministerium Europäische BetriebsrätePseudonymisierungKoalitionsfreiheit Berichts- und Meldepflichten Rechtsprechung ArbeitszeitrichtlinieArbeitnehmerdatenschutz

Korruption Rechtssicherheit Höchstarbeitszeit Familienpflegezeit Mitbestimmungsgesetz 1976 Compliance

WertguthabenSelbstverpflichtung Beruf und Pflege Berichts- und Meldepflichten

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Europa-GmbHKorruptionBundesfamilienministerium Urlaubsansprüche

UrlaubsansprücheJugendarbeitslosigkeit Arbeitskampf Europäische BetriebsräteTarifeinheitBundesarbeitsgericht Frauen in Führungspositionen Arbeitsvertrag

Betriebsübergang Streiks Europäischer Gerichtshof für MenschenrechtePseudonymisierung

Selbstverpflichtung ArbeitsvertragTarifordnungRechtsprechung Wertguthaben Mitbestimmungsgesetz 1976

SpartengewerkschaftBürokratieabbau Familienpflegezeit Arbeitnehmerdatenschutz

ArbeitskampfRechtssicherheit ArbeitszeitgesetzAllgemeines GleichbehandlungsgesetzArbeitszeitrichtlinie TarifordnungKoalitionsfreiheit Befristungsrecht Compliance

Arbeitsrecht Befristungsrecht Whistleblowing HöchstarbeitszeitPseudonymisierung

Bürokratieabbau Beruf und Pflege Whistleblowing Spartengewerkschaft BetriebsübergangEuGH

EuGH Frauen in FührungspositionenArbeitsrecht Frauenquote ArbeitszeitrichtlinieEuropa-GmbHCompliance

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Die Tarifeinheit ist Voraussetzung für eine funktionsfähige Tarifauto­nomie

Die Rechtsprechungsänderung des Bundesarbeits-gerichts (BAG) zur Tarifeinheit vom 7. Juli 2010 hat tiefgreifende Konsequenzen für die Tarifautono-mie und zeigte schon 2011 erste negative Aus-wirkungen. Mehrere neue Spartenorganisationen haben sich formiert. Erste tarifeinheitswidrige Streiks 2010 und 2011 bei den Privatbahnen des Personennahverkehrs belegen schneller als er-wartet die Fehlentwicklungen, zu denen ein Tarif-recht ohne Tarifeinheit führt. Die BDA fordert den Gesetzgeber mit Nachdruck auf, diese Entwick-lungen nicht tatenlos hinzunehmen und endlich eine mehrfach zugesagte gesetzliche Regelung in Angriff zu nehmen.

Die Tarifeinheit unterstützt die Ordnung des Arbeitslebens

Das deutsche System der Flächen- und Bran-chentarifverträge ist auf die Tarifeinheit angewie-sen. Ohne die Tarifeinheit ist der Flächentarifver-trag, den die Sozialpartner in den letzten Jahren nachhaltig modernisiert und insbesondere durch Öffnungsklauseln flexibler gestaltet haben, im Kern gefährdet.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen wis-sen, woran sie sind und was für sie gilt. Dies si-chert die Tarifeinheit. Treffen in einem Betrieb mehrere Tarifverträge aufeinander, die sich in ihrem persönlichen, sachlichen oder fachlichen Geltungsbereich überschneiden, muss sich ein Tarifvertrag durchsetzen. Das gilt im Fall der Tarif-konkurrenz, es gilt ebenso im Fall der Tarifplura-lität. Für Arbeitnehmer, die dasselbe tun und de-ren Arbeitsabläufe aufeinander abgestimmt sind, muss im Betrieb im Ergebnis eine Regelung gel-ten, die das Zusammenarbeiten unterstützt und Friktionen verhindert. Die Tarifeinheit stellt dies sicher.

Die Bedeutung der Tarifeinheit erschöpft sich nicht in dieser Ordnungsfunktion, sie ist ebenso unerlässlich für die Sicherung der Friedensfunk-tion des Tarifvertragssystems. Setzt sich bei

konkurrierenden Tarifverträgen ein Tarifvertrag durch, ist der Arbeitskampf um einen weiteren, sich mit diesem durchsetzenden Tarifvertrag überschneidenden Tarifvertrag unverhältnismä-ßig. Ein Arbeitskampf für einen Tarifvertrag, der niemals zur Anwendung kommen kann, also nur des Organisationsinteresses wegen geführt wird, ist von der Koalitionsfreiheit nicht geschützt.

Eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit muss diese beiden Elemente der Tarifautonomie, die Ordnungsfunktion der Arbeitsbeziehungen und die Friedensfunktion des Tarifvertragssys-tems als einer durchgreifenden Friedensordnung, sichern. Dies kann durch eine klarstellende Er-gänzung des Tarifvertragsgesetzes geschehen, wie sie BDA und DGB ursprünglich gemeinsam vorgeschlagen haben.

Der Vorschlag sichert die Friedens­ordnung des Tarifvertragssystems

Nach dem Vorschlag sollte das Tarifvertragsge-setz durch zwei schlanke Regelungen ergänzt werden.

� Bei sich überschneidenden, konkurrieren-den Tarifverträgen soll derjenige Vorrang haben, an den die meisten Gewerkschafts-mitglieder im Betrieb gebunden sind. Schon bisher ist dieses Repräsentativitätsprinzip von der Rechtsprechung dann angewendet worden, wenn mehrere Tarifverträge sich in ihrem Geltungsbereich überschnitten haben und das zur Ermittlung des vorrangigen Tarif-vertrags als primäres Kriterium angewen-dete Spezialitätsprinzip kein befriedigendes Ergebnis gebracht hat.

� Ergänzt wird diese Klarstellungs- und Ord-nungsfunktion durch eine gesetzliche Rege-lung der Friedenspflicht, wie sie seit jeher von der Rechtsprechung anerkannt ist. Während der Laufzeit eines Tarifvertrags, der für den Betrieb und die in ihm beschäftigten Arbeit-nehmer nach den Grundsätzen der Tarifein-heit maßgeblich ist, gilt Friedenspflicht für alle Tarifverträge und Tarifforderungen. Nach Ablauf der Friedenspflicht des repräsentati-veren Tarifvertrags kann jede Gewerkschaft

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ihre Forderungen geltend machen und ggf. um diese Ziele auch einen Arbeitskampf füh-ren.

Wie bisher bedeutet dieser Vorschlag kein Monopol für bestimmte Tarifvertragsparteien. Er schafft vielmehr Rechtsklarheit für den Fall einer Kollision unterschiedlicher Tarifverträge. Tarifein-heit hat nie bedeutet und wird auch künftig nicht bedeuten, dass Monopole für Tarifverhandlungen geschaffen werden. Es wird auch in Zukunft un-terschiedliche Gewerkschaften geben und es wird Konkurrenz und Wettbewerb zwischen Gewerk-schaften geben. Es soll lediglich sichergestellt sein, dass entsprechend bisherigen Grundsätzen Klarheit darüber besteht, welcher Tarifvertrag an-gewendet wird, und dass während der Laufzeit des vorrangigen Tarifvertrags Friedenspflicht be-steht.

Der Regelungsvorschlag zur Tarifeinheit steht einer vereinbarten Tarifpluralität ebenfalls nicht entgegen. Wenn Tarifverträge sich in ih-rem Anwendungsbereich nicht überschneiden, können beide Tarifverträge im Betrieb angewen-det werden. Einvernehmlich können mit unter-schiedlichen Gewerkschaften für unterschiedliche Arbeitnehmergruppen Tarifverträge vereinbart werden. Die Rechtslage für solch eine verein-barte Tarifpluralität bleibt völlig unverändert. Das gilt auch für die Bildung von Tarifgemeinschaften verschiedener Gewerkschaften, die unverändert möglich sind. Der Vorschlag verhindert allein, dass die Tarifautonomie durch eine Vielzahl sich überschneidender Tarifverträge beliebig zerlegt werden kann.

Der Vorschlag verhindert damit, dass Arbeit-geber und Arbeitnehmer jederzeit damit rechnen müssen, Arbeitskämpfen einzelner Spartenorga-nisationen ausgesetzt zu werden. Solche Spar-tenarbeitskämpfe tragen den Streik in die Betrie-be hinein, aus denen ihn das höchst erfolgreiche System des deutschen Branchen- und Flächenta-rifvertrags gerade heraushalten soll.

Über 50 Jahre hat dies die Tarifeinheit ver-hindert. Ohne sie wäre das bestehende System einer tariflichen Friedensordnung, wie sie der Branchentarifvertrag verkörpert, nicht möglich. Diese Friedensordnung führt im Ergebnis dazu,

dass Tarifverhandlungen mit unterschiedlichen Gewerkschaften und daraus resultierende et-waige Arbeitskämpfe synchronisiert werden. Die Kooperation unterschiedlicher Tarifakteure wird durch die Tarifeinheit gestützt und durch ihre ge-setzliche Regelung zunehmen.

Vorschlag für gesetzliche Rege­lung sichert Koalitionsfreiheit

Da es arbeits- oder tarifrechtliche Gründe gegen die Tarifeinheit nicht gibt, hat sich die Diskussion über eine gesetzliche Regelung immer stärker auf das Verfassungsrecht verlagert. Auch dabei zeigt sich: Die gegen die Tarifeinheit erhobenen verfas-sungsrechtlichen Bedenken sind unbegründet.

Das hat zuletzt auch ein umfangreiches Gut-achten von Herrn Prof. Papier, das mittlerweile in der Zeitschrift für Arbeitsrecht (ZfA) erschienen ist, nachdrücklich bestätigt. Der ehemalige Präsi-dent des Bundesverfassungsgerichts kommt vor dem Hintergrund seiner intensiven Auseinander-setzung mit der Entwicklung der Rechtsprechung dieses Verfassungsorgans zu Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie über viele Jahrzehnte zu dem Ergebnis, dass die vorgeschlagene gesetz-liche Regelung der Tarifeinheit kein Eingriff in die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG ist. Der Vorschlag beschränkt sich vielmehr auf deren Ausgestaltung und ist damit als Beitrag für die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie in vollem Umfang durch das Grundgesetz gedeckt.

Dem Gesetzgeber kommt ein großer Ent-scheidungsspielraum zu, wie er das Tarifver-tragssystem funktionsfähig halten will. Mit einer entsprechenden gesetzlichen Regelung füllt er diesen Entscheidungsspielraum in verfassungs-mäßiger Weise aus. Keine Spartengewerkschaft wird in ihrer Existenz in Frage gestellt werden. Sämtliche großen Spartenorganisationen haben sich in der Zeit der Rechtsprechung des BAG zur Tarifeinheit gebildet.

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nebeneinander – und es ist unklar, welcher Tarif-vertrag für wen gilt. Wie von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft für die Privatbahnen an-gekündigt, besteht darüber hinaus die große Ge-fahr, dass im Anschluss an den Abschluss mit der Spartengewerkschaft die Mehrheitsgewerkschaft Nachforderungen stellt, weil sie ihre Mitglieder benachteiligt sieht. Das kann eine Spirale aufein-anderfolgender Streiks und Arbeitskämpfe mit al-len negativen Konsequenzen für die Betriebe und Kunden auslösen.

Die GDL geht diesen Weg schon das zweite Mal. Bereits im Herbst 2010 hatte sie die baye-rischen kommunalen Verkehrsbetriebe bestreikt, um nach Tarifvereinbarungen mit der Mehrheits-gewerkschaft Sonderabschlüsse für die U-Bahn-, Straßenbahn- und Busführer in Bayern zu erzwin-gen. Hierbei hat sie einen ergänzenden Tarifver-trag erstreikt, obwohl auch in den Unternehmen der kommunalen Verkehrsbetriebe bereits ein Ta-rifvertrag für alle Arbeitnehmer gegolten hat.

Dieses Verhalten untergräbt die friedenstif-tende Wirkung des Branchentarifvertrags und trägt den Arbeitskampf für einzelne Berufsgrup-pen mitten in die Unternehmen hinein. Hat mit diesem Verhalten erst einmal eine Gewerkschaft Erfolg, werden sich weitere Gewerkschaften bil-den, die versuchen, den erfolgreich agierenden Spartengewerkschaften nachzueifern.

Ein besonders nachdrückliches Beispiel für die Gründung einer solchen neuen Spartenorga-nisation ist die Deutsche Feuerwehrgewerkschaft, die sich am 1. Mai 2011 gegründet hat und für die Gruppe der Feuerwehrleute eigenständige Ta-rifverträge anstrebt. Ohne Betriebsfeuerwehren können große Industrieanlagen schon aus feuer-polizeilichen Gründen nicht mehr betrieben wer-den. Das Streikverhalten bestehender Spartenge-werkschaften und die dadurch gesetzten Anreize für die Gründung neuer Spartenorganisationen zeigen den erheblichen Handlungsbedarf für den Gesetzgeber.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Tarifeinheit“

Tarifeinheitswidrige Streiks unter­graben erfolgreiche Tarifordnung

Die Gefahren für die Tarifautonomie unterstrei-chen nachdrücklich die beiden Arbeitskämpfe der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die diese seit Herbst des vergangenen Jahres bei den kommunalen Verkehrsbetrieben in Bayern geführt hat und seit dem Sommer dieses Jahres bei den Privatbahnen des öffentlichen Nahver-kehrs führt.

Die GDL nutzt mit diesen Streiks die Mög-lichkeiten aus, die sich ihr durch die Änderung der Rechtsprechung des BAG bieten. Sie überzieht die Privatbahnen mit Streiks, um für einen Teil der Belegschaften Sonderkonditionen zu erreichen, obwohl dort für alle Arbeitnehmer – also auch für die Lokomotivführer – ein Tarifvertrag mit der Mehrheitsgewerkschaft gilt.

Das Muster für solche Streiks ist immer das-selbe. Der Arbeitgeber oder der Arbeitgeberver-band bietet den beteiligten Gewerkschaften Ver-handlungen an. Teilweise kommt es – wie bei den Privatbahnen – nach langwierigen Verhandlun-gen zu einem Schlichtungsverfahren, zu dem die Spartengewerkschaft sogar ausdrücklich eingela-den wird. Diese Möglichkeit des Mitwirkens lehnt die Spartenorganisation aber von vorneherein ab oder sie zieht sich im Laufe der Verhandlungen – teilweise kurz vor deren Abschluss – zurück. Der Tarifvertrag wird dann nur von der Mehrheitsge-werkschaft und dem Arbeitgeber oder dem Arbeit-geberverband unterschrieben. Im Anschluss stellt die Spartengewerkschaft für die von ihr vertretene Klientel eine über die für die Mehrheit der Arbeit-nehmer geltenden Beschäftigungsbedingungen hinausgehende Tarifforderung, die sie mit einem Streik durchzusetzen versucht.

Da die Spartenorganisation trotz ihrer häu-fig geringen Gesamtmitgliederzahl aufgrund der Stellung ihrer Arbeitnehmer im Unternehmen ein hohes Druckpotenzial hat, wird der Arbeitgeber sehr genau abwägen müssen, ob er der Forde-rung aus wirtschaftlichen Gründen nachkommt. Kommt es zu einem solchen zweiten Abschluss, bestehen mehrere sich teilweise überschneiden-de Tarifverträge mit unterschiedlichen Laufzeiten

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht 51

Das wesentliche Gestaltungsinstrument im Arbeitsrecht ist der Arbeitsvertrag, modifiziert und weiterentwickelt durch kollektivrechtliche Vereinbarungen wie Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge. Zu Recht sehen die Formulierungs-vorschläge vor, diesen Vereinbarungen mehr Spielräume zu belassen. Passgenaue Regelun-gen zum Datenschutz, sei es auf betrieblicher, sei es auf individueller Grundlage, sind für die Praxis dieser schwierigen und nur von wenigen Arbeits-rechtswissenschaftlern vollständig durchdrun-genen Materie unerlässlich. Der Arbeitnehmer-datenschutz benötigt zwingend weiter gehende Erlaubnistatbestände, auf deren Grundlage jen-seits gesetzlicher Bestimmung Datenerhebung, -nutzung und -verarbeitung möglich sind.

Nach den nun diskutierten Vorschlägen sol-len Betriebsvereinbarungen und Einwilligungen als Ermächtigungsgrundlagen – neben tariflichen Bestimmungen – für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Beschäftigtendaten zu Recht in weitem Umfang bestehen bleiben. Da tarifliche Regelungen zum Datenschutz selten sind, blei-ben als Gestaltungsinstrumente faktisch die Be-triebsvereinbarungen und die arbeitsvertragliche oder später erteilte Einwilligung. Beide Instrumen-te werden durch die jetzt diskutierten Vorschläge nochmals als Ermächtigungsgrundlagen bestä-tigt.

Bekämpfung von Korruption und Kriminalität unterstützen

Arbeitgeber und Betriebe sind durch vielfältige gesetzliche Vorschriften zur Überprüfung der Ein-haltung von Gesetzen verpflichtet. Hierzu benö-tigen sie im Einzelfall auch Daten, die sie ohne Kenntnis des Beschäftigten erheben müssen. Die hierfür entscheidende Norm des Gesetz entwurfs bedarf der Anpassung an diese betrieblichen und gesetzlichen Anforderungen. Es ist richtig, dass Daten grundsätzlich beim Betroffenen direkt er-hoben werden. In der betrieblichen Praxis ist es jedoch so, dass auch Zufallsfunde, die ursprüng-lich nur Verstöße von geringerem Gewicht betref-fen, immer wieder Pflichtverstöße, auch schweren Umfangs, aufdecken helfen.

Arbeitnehmerdatenschutz – ein wichtiges Anliegen der Betriebe

Arbeitnehmerdatenschutz braucht rechtssiche-re Regelungen. Zu Recht haben sich die Ko- alitionspartner im Koalitionsvertrag das Ziel ge-setzt, die geltenden Regelungen des Bundes- datenschutzgesetzes zum Beschäftigtendaten-schutz durch praxisgerechte Regelungen für Arbeitnehmer und Bewerber zu ersetzen, die Ar-beitgebern eine verlässliche Grundlage z. B. für den Kampf gegen Korruption an die Hand geben. Der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetz-entwurf vom Sommer 2010 hat dieses Ziel aber verfehlt. Daher ist es sehr zu begrüßen, dass im federführenden Innenausschuss des Bundestags jetzt über Formulierungsvorschläge nachgedacht wird, die den Gesetzentwurf in wesentlichen Punkten nachbessern.

Der Arbeitnehmerdatenschutz regelt die da-tenschutzrechtlichen Beziehungen von Arbeitge-ber und Arbeitnehmer, er betrifft ebenso vielfältige betriebsverfassungsrechtliche Fragestellungen. Unstreitig ist der Datenschutz auch im öffentlichen Arbeitsschutzrecht verortet. Dies darf aber nicht dazu führen, die vielfältigen arbeitsvertragsbezo-genen Elemente dieses Rechtsgebiets zu wenig zu berücksichtigen. Die ambivalente Einordnung dieses komplexen Rechtsgebiets führt zu einer großen Zahl von Fragen, die nicht angemessen gelöst werden können, wenn ausschließlich der öffentlich-rechtliche Charakter des Datenschut-zes in den Vordergrund gestellt wird.

Nach der Struktur des Datenschutzes steht der Arbeitgeber als speichernde Stelle einer staatlichen Behörde in vielem gleich. Das ist nicht falsch. Im Beschäftigungsverhältnis treten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer allerdings nicht gegenüber wie der Polizeibeamte dem Falschpar-ker. Beide Partner des Arbeitsvertrags begegnen sich, anders als im Über- und Unterordnungsver-hältnis zwischen Staat und Bürger, auf derselben Ebene. Für beide sind daher rechtssichere und überschaubare Vorgaben zur Regelung ihrer Be-ziehung unverzichtbar, die für ergänzende Verein-barungen Raum schaffen.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht52

Die Voraussetzung für die Erhebung von Da-ten auch nach den Formulierungsvorschlägen ist demgegenüber, dass der Verdacht einer Straftat oder eine besonders schwere Pflichtverletzung vorliegt. Die Begründung spricht sogar von einer Pflichtverletzung, die eine Kündigung im Sin-ne des § 626 BGB – also eine außerordentliche Kündigung – rechtfertigen kann. Das ist zu eng; werden Regelverstöße erkennbar, muss der Ar-beitgeber, unabhängig von der Schwere der Ver-stöße, weitere Aufklärungsmaßnahmen ergreifen können. Zumindest aber muss klargestellt wer-den, dass Daten ohne Kenntnis des Beschäftig-ten auch dann erhoben werden dürfen, wenn der Arbeitgeber zur Überprüfung der Einhaltung von Rechtsvorschriften dazu verpflichtet ist und hier-für entsprechende Daten benötigt, wie dies z. B. nach dem Aktiengesetz der Fall ist.

Ebenso unverzichtbar ist für die Bekämpfung und Vermeidung von Korruption und Kriminalität häufig ein Datenabgleich. Zu Recht gestatten die Formulierungsvorschläge den Datenabgleich auch zur Verhinderung von Straftaten. Wegen der damit möglicherweise verbundenen Berührung des Persönlichkeitsrechts kann man erwägen, zur Vorbereitung der Aufdeckung oder Verhinderung von Straftaten, einem personalisierten Datenab-gleich einen pseudonymisierten Datenabgleich vorauszuschicken. Ein solcher pseudonymisierter Datenabgleich wahrt die Interessen und Rechte der Arbeitnehmer ausreichend und stellt keine übermäßigen Anforderungen an Arbeitgeber dar, effektiv Auffälligkeiten nachzugehen. Eine dem noch vorgeschaltete Anonymisierung würde dem-gegenüber keinen Mehrwert bringen, faktisch aber den Datenabgleich als Mittel der Tatverhin-derung und der Tataufklärung erheblich erschwe-ren. Daher sollte, wenn der Datenabgleich an eine vorgeschaltete Pseudonymisierung geknüpft wird, eine weitere Bürokratisierung durch eine vorgeschaltete Anonymisierung unbedingt unter-bleiben.

Die Aufklärung von Straftaten und Delikten durch eine gezielte nicht öffentlich gemachte Vi-deoüberwachung in für die Allgemeinheit nicht zu-gänglichen Bereichen eines Unternehmens muss möglich bleiben. Für diesen engen Bereich beste-hen schon heute klare und restriktive Regelun-gen, die nach der Rechtsprechung befolgt werden

müssen. Diese restriktiven Regelungen schützen die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer. Sie zu kodifizieren, wäre sinnvoll. Warum der Gesetz-geber den Weg geht, gezielte nicht öffentliche Video überwachung vollständig auszuschließen, ist daher nicht verständlich. Er muss dies über-denken und eine gezielte nicht öffentlich gemach-te Videoüberwachung zulassen.

Zu begrüßen ist, dass mit den Formulie-rungsvorschlägen der Versuch unternommen werden soll, das Verhältnis des Datenschutzes zum Telekommunikationsrecht klarzustellen. Der Arbeitgeber ist auch dann nicht vergleichbar mit großen internationalen Telekommunikationsanbie-tern, wenn er seinen Beschäftigten die Nutzung seiner Telekommunikationsanlagen ausnahms-weise auch zum privaten Gebrauch erlaubt, und kann daher schon sinnlogisch nicht Anbieter im Sinne des Telekommunikationsgesetzes (TKG) sein. Eine entsprechende Klarstellung wird schon lange in Literatur und Rechtsprechung gefordert. Auch Landesarbeitsgerichte gehen bereits heute davon aus, dass die Rolle als Diensteanbieter im Sinne von TKG und Tele mediengesetz nicht zur Position des Arbeitgebers passt. Daher sind die Klarstellung und Bestätigung dieser Rechtspre-chung besonders wichtig.

Datenschutz betriebspraktisch ausgestalten

Durch die betriebliche Praxis geboten sind eben-falls Regelungen, den Datenaustausch im Kon-zern und in Unternehmensverbänden zu erleich-tern. Eine solche Ergänzung des Datenschutzes bedeutet eine praxisgerechte Fortentwicklung. Der Datenaustausch zwischen verbundenen Un-ternehmen darf nicht so langwierig und bürokra-tisch erfolgen wie zwischen völlig unverbundenen Dritten.

Die Erwägungen des Innenausschusses gehen in die richtige Richtung, sie müssen wei-ter verbessert und für die betriebliche Praxis, für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit der Arbeit-nehmer und Arbeitgeber noch nachgearbeitet werden. Die Berichterstatter haben erste wichtige Schritte eingeleitet. Diese eingeleiteten Wege un-terstützt die BDA in vollem Umfang.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht 53

Datenschutz ist den Arbeitgebern ein ebenso wichtiges Anliegen wie die Sicherheit der Unter-nehmensdaten. Daher ist es widersprüchlich, zwi-schen Compliance, also der Einhaltung von Ge-setzen, auf der einen Seite und der Einhaltung von Datenschutzvorschriften auf der anderen Seite ei-nen Widerspruch zu konstruieren. Die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen gehört zur guten Unternehmensführung. Ebenso darf sich aber der Datenschutz nicht in Widerspruch zur Ein-haltung sonstiger gesetzlicher Vorschriften setzen. Er nimmt vielmehr Anteil an ihr und unterstützt sie.

Dies machen die Formulierungsvorschläge des Bundesinnenministeriums und die Anstrengungen der Berichterstatter der Koalitionsfraktionen weit besser deutlich als der ursprüngliche Gesetzent-wurf, auch wenn die jetzt auf dem Tisch liegenden Erwägungen in Fragen des Datenabgleichs, der Datenerhebung im Beschäftigungsverhältnis und der Videokontrolle an verschiedenen Stellen wei-terer Nachbesserung bedürfen.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Arbeitnehmerdatenschutz“

Der Fall Heinisch – Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unverständlich

Die Klägerin war als Altenpflegerin beschäftigt. Sie hat gegenüber ihrer Arbeitgeberin Mängel bei der Pfle-ge geltend gemacht. Nachdem es zu keiner Einigung hinsichtlich der Bewertung dieser Mängel gekom-men war, erstattete die Klägerin Strafanzeige wegen besonders schweren Betrugs. Das Verfahren wurde eingestellt. Die Klägerin wiederholte diesen Vorwurf und verteilte mit ver.di Flugblätter. Dadurch erfuhr die Arbeitgeberin von der Strafanzeige und kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos. Da die Klägerin keine belastbaren Tatsachen für ihre Vorwürfe vortragen konnte, war die Kündigung wirksam.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sieht in der Entscheidung des Landesarbeits-gerichts eine Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung. Er hat der Klägerin einen Schadens-ersatzanspruch zugesprochen, da im Pflegebereich – so das einzige Argument des EGMR – ein hohes Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestehe. Der EGMR hat dabei die bisherige Rechtsprechung und die geltende Rechtslage in Deutschland grundsätzlich gebilligt. Er hat den Grundsatz des Vorrangs eines innerbetrieblichen Klärungsversuchs bekräftigt und auch die Möglichkeit von Sanktionen für eine missbräuchliche oder leichtfertige Anzeige bestätigt. Diese Sanktionsmöglichkeit ist unverzichtbar, da Anzeigen mit dem Willen, dem eigenen Arbeitgeber zu schaden oder sich an diesem zu rächen, nicht nur den Achtungsanspruch des Arbeitgebers beschädigen, sie greifen vielfach auch tief in die Rechte von Kollegen im Unternehmen ein. Es ist eine Frage des Respekts und der Achtung gerade auch von Mitarbeitern untereinander, dass betriebliche Regelungen eingehalten werden und zuerst eine innerbe-triebliche Klärung gesucht wird.

Die Entscheidung des EGMR vom 21. Juli 2011 ist somit kein Freibrief für Whistleblower; sie ist vielmehr als Einzelfallentscheidung anzusehen. Auch künftig gilt: Haltlose Anschuldigungen sind nicht zulässig. Eine missbräuchliche oder leichtfertige Benachrichtigung von Dritten ist nicht ohne weiteres möglich.

Die Bundesregierung hat ihre Möglichkeit zur Einlegung einer Rechtsbeschwerde bei der Großen Kam-mer des EGMR zu Unrecht nicht genutzt.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht54

Whistleblowing – neue Gesetze überflüssig

Vielfach wird im Kontext des Arbeitnehmerdaten-schutzes eine Regelung zum sog. Whistleblowing diskutiert. Als Whistleblower versteht man im Ar-beitsrecht einen Hinweisgeber, der Dritte über tat-sächliche oder angebliche Missstände informiert, von denen er an seinem Arbeitsplatz erfährt.

Unzweifelhaft berührt solches Whistle blowing die Daten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Es aber alleine in den Kontext zum Datenschutz zu stellen, greift zu kurz. Vor allem wird durch diesen künstlichen Kontext verschleiert, dass es längst in verschiedenen Gesetzen, wie z. B. dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder dem Ar-beitsplatzschutzgesetz, entsprechende gesetzli-che Vorschriften gibt. Darüber hinaus gilt das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) schon seit vielen Jahren enthaltene Maßregelungsverbot. Kein Ar-beitnehmer darf von seinem Arbeitgeber gemaß-regelt werden, weil er seine Rechte in gesetzmä-ßiger Form wahrnimmt.

Der Arbeitnehmer darf also schon heute gut-gläubig tatsächliche Fehlentwicklungen im Unter-nehmen anzeigen, und, soweit z. B. hochrangige Rechtsgüter betroffen sind, dies auch unmittel-bar und ohne Einhaltung des innerbetrieblichen Beschwerdewegs gegenüber staatlichen Stel-len. Er darf ein solches Beschwerderecht – auch dies ist gesichert und richtig – aber nicht dazu missbrauchen, seinen Arbeitgeber zu belasten, ohne tatsächlich die Rechtsordnung wahren zu wollen. Ziel von Whistleblowing muss immer die Bewahrung der Rechtsordnung sein. Das Motiv, dem Arbeitgeber oder anderen Arbeitnehmern zu schaden, darf nicht durch gesetzliche Regelungen privilegiert werden.

Die Beweislast hierfür trägt der Arbeitneh-mer. Diese Beweislastverteilung ist angemessen und muss gesichert bleiben. Alles andere liefe darauf hinaus, dem Arbeitgeber den Entlastungs-beweis aufzuerlegen. Dies widerspricht rechts-staatlichen Grundsätzen. Die Beweislast für häu-fig schwerwiegende Anschuldigungen trägt der Anschuldigende, nicht derjenige, der beschul-digt wird. Kann der Arbeitnehmer daher nicht

darlegen, dass seine Beschuldigungen den Tat-sachen entsprechen und dass er diese auch im Bewusstsein abgebeben hat, die Rechtsordnung zu bewahren und nicht Dritte zu schädigen, gibt es keinen guten Glauben in die Rechtmäßigkeit des eigenen Tuns.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > argumente > „Whistleblowing“

Frauenquote – Selbstverpflich­tung macht gesetzliche Regelun­gen überflüssig

Eine Steigerung des Anteils von Frauen in Füh-rungspositionen ist unverzichtbar. Dies wird auch in der Selbstverpflichtung der Dax-30-Unterneh-men vom 17. Oktober 2011 auf der Basis der gemeinsamen Erklärung zu Frauen in Führungs-positionen vom 30. März nochmals deutlich. Die BDA begrüßt, dass die Unternehmen sich zu ei-nem verbindlichen Fahrplan für mehr Frauen in Führungspositionen entschieden haben. Der An-teil von Frauen in Leitungsfunktionen wird in den nächsten Jahren – dies zeigen die Entwicklungen der vergangenen Jahre – deutlich an Breite und Tiefe gewinnen. Bei den Dax-30-Unternehmen wurden bereits 2011 bei den Nachwahlen der frei gewordenen Stellen in den Aufsichtsräten mehr als 40 % von Frauen eingenommen.

Diese Steigerung des Frauenanteils in Auf-sichtsräten darf nicht durch gesetzliche Rege-lungen mit bürokratischen neuen Berichts- und Meldepflichten überfrachtet werden. Aufsichtsräte können für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren in ihr Amt gewählt werden. Daher sind Berichts-pflichten im Jahresrhythmus nicht sinnvoll. Ein fünfjähriger Betrachtungszeitraum ist auch des-wegen unverzichtbar, weil ein erfahrener und qualifizierter Aufsichtsrat nicht allein deswegen ausgetauscht werden darf, weil er das „falsche Geschlecht“ hat. Voraussetzung für eine signifi-kante Steigerung des Frauenanteils in Aufsichts-räten muss sein, dass es sich um eine echte Neu-besetzung eines Postens handelt.

Der vom Bundesfamilienministerium vorge-legte vorläufige Arbeitsentwurf, der bisher weder mit der Leitung des Hauses noch mit anderen

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht 55

20,1 14,2 11,1 9,4 9,6 19,5

Jedes fünfte Familienunternehmen hat eine Chefi n

Ein Unternehmen gilt als Familienunternehmen, wenn sich mindestens 50 % des stimmberechtigten Kapitals im Eigentum einer natürlichen

Person oder einer oder mehrerer verwandter Familien befi nden und wenn diese Person bzw. Personen auch die Geschäfte führen oder einen

kontrollierenden Einfl uss auf die Geschäftsführung ausüben. Mit rd. 3 Mio. Betrieben sind Familienunternehmen die dominierende Wirtschafts-

form in Deutschland, wobei hier auch umsatzsteuerpfl ichtige Einzelunternehmen mitgezählt werden. In frauengeführten Familienunterneh-

men hat eine Frau – oder mehrere – die maßgebliche Führungsposition inne und besitzt innerhalb der aktiven Gesellschafter den größten

Eigentums anteil.

Stand: 2006

Quellen: Institut für Mittelstandsforschung Bonn, 2010; IW Köln, 2011

Anteil an allen Familienunternehmen

Frauengeführte Familienunternehmen

543.241 27.731 3.014 1.839 307 576.132

in %

weniger als 1 1 bis 5 5 bis 10 10 bis 50 50 und mehr Insgesamt Umsatz in Mio. €

Ministerien abgestimmt ist, erfüllt diese Voraus-setzungen noch nicht, auch wenn er keine starre gesetzliche Frauenquote vorsieht. Er bezieht viel-mehr sogar Gesellschaften mit beschränkter Haf-tung mit ein, die keinen Zugang zum Aktienmarkt suchen. Er bedarf daher einer umfassenden Überarbeitung und ist in der vorliegenden Form in keiner Weise geeignet, Grundlage für ein Gesetz oder auch nur einen Gesetzentwurf der Bundes-regierung zu sein.

Das hat auch die für das Gesellschaftsrecht zuständige Bundesjustizministerin nochmals klar unterstrichen; es bedarf keiner gesetzlichen Re-gelung für mehr Frauen in Aufsichtsräten. Eine solche Regelung darf sich schon gar nicht auf die Geschlechterquote im Vorstand beziehen.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht56

gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die nicht einseitig auf Betriebe und Arbeitsplätze verlagert werden darf. Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Familienpflegezeit hätte diese einseitige Belas-tung verstärkt. Es erhöht daher die betriebliche Flexibilität und erweitert die Gestaltungsoptionen für pflegende Arbeitnehmer, dass dieser verhin-dert werden konnte.

Auch wenn das Gesetz primär als Leistungs-gesetz ausgestaltet worden ist, belastet es Ar-beitsplätze mit zusätzlicher Bürokratie und dehnt das Beschäftigungshindernis Kündigungsschutz noch aus, indem ein Sonderkündigungsschutz geschaffen wird. Der Arbeitgeber trägt darüber hinaus die wirtschaftlichen Risiken der Familien-pflegezeit dann allein, wenn er das Arbeitsverhält-nis aus betrieblichen oder persönlichen Gründen kündigen muss. Das ist systematisch falsch und muss bei einer zukünftigen Revision des Geset-zes geändert werden.

Nach der Verabschiedung des Gesetzes durch den Deutschen Bundestag am 20. Okto-ber 2011 konnte eine erneute Verschärfung des Gesetzes vor der Abstimmung des Bundesrats am 25. November 2011 verhindert werden. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales hatte empfohlen, den Vermittlungsausschuss an-zurufen. Die Mehrheit seiner Mitglieder hatte für

Familienpflege – Betriebe leisten bereits in vielfältiger Weise Unterstützung

Das Familienpflegezeitgesetz wird am 1. Januar 2012 in Kraft treten. Das Gesetz sieht vor, dass der Beschäftigte über einen Zeitraum von höchs-tens zwei Jahren seine Arbeitszeit auf bis zu 15 Wochenstunden verringern kann, wenn er ei-nen pflegebedürftigen nahen Angehörigen pflegt. Während dieser Zeit bekommt er die Hälfte der Differenz zwischen seinem bisherigen und sei-nem reduzierten monatlichen Entgelt als Aufsto-ckungsleistung. Nach Beendigung der Pflege-phase kehrt der Arbeitnehmer wieder zu seiner ursprünglichen Arbeitszeit zurück und erhält dann seinen um die monatliche Rückzahlungsrate ge-minderten Anteil des Gehalts, bis das zusätzliche Gehalt zurückgeflossen ist. Gegen das Risiko des Todes sowie der Erwerbs- und Berufsunfähigkeit hat der Beschäftigte eine Familienpflegezeitversi-cherung abzuschließen.

Während des Gesetzgebungsverfahrens hat die BDA wiederholt deutlich gemacht, dass vor dem Hintergrund einer schrumpfenden Erwerbs-bevölkerung, eines zunehmenden Fachkräfte-mangels und der damit einhergehenden Belas-tung der Sozialversicherungssysteme Pflege eine

Betriebe unterstützen Vereinbarkeit von Beruf und Pflege

Etwa 2,4 Mio. Menschen sind pflegebedürftig. Bis 2030 wird vom Statistischen Bundesamt ein Anstieg der Zahl der Pflegefälle auf 3,0 bis 3,4 Mio. prognostiziert. Unternehmen haben auf diese Entwicklung reagiert und entlasten die Mitarbeiter in Pflegesituationen bereits heute durch verschiedene personalpo-litische Maßnahmen. Im Fokus stehen insbesondere Instrumente der flexiblen Arbeitsorganisation und Arbeitszeitgestaltung. Hier besteht ein besonderer Bedarf seitens der Beschäftigten, die nach Eintritt einer Pflegesituation ihren beruflichen Alltag mit Pflegeverantwortung reorganisieren müssen. Als hilf-reich haben sich in der Praxis auch Serviceangebote erwiesen, die den Beschäftigten mit Pflegever­antwortung bei fachlichen und organisatorischen Fragestellungen unterstützen. Informationshinweise zu internen und externen Ansprechpartnern (z. B. Pflegeeinrichtungen, Altenhilfen oder Krankenkassen) entlasten den Beschäftigten zusätzlich.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht 57

Immer mehr Pfl egebedürftige

Anzahl Pfl egebedürftige

Modellrechnung, Stand Ende 2010

Quellen: IW Köln, Statistisches Bundesamt, 2011

in Mio.

5

4

3

22005 2010

2,1

2,4

2,9

3,4

3,9

4,5

2020 2030 2040 2050

Pflegezeitgesetzes zur Aufstockung des Arbeits-entgelts während der Pflegezeit nicht zukunftsfä-hig ist. Sie ist mit einem großen wirtschaftlichen Risiko für Arbeitgeber und Arbeitnehmer und dar-über hinaus für den Arbeitgeber mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden.

Um die Details der Gesetzesänderung praktikabel darzulegen, hat die BDA einen Leitfaden zu dem neuen Gesetz erstellt.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Beruf und Pflege

einen einklagbaren Anspruch votiert. Diese Emp-fehlung, die sich an ursprünglichen interministeri-ellen Entwürfen orientierte, hätte einen deutlichen Rückschritt bedeutet. Sie fand keine Mehrheit im Plenum des Bundesrats.

Die BDA wird weiter für notwendige Kor-rekturen im Familienpflegezeitgesetz eintre-ten. Bereits im Vorfeld hatten wir gemeinsam mit dem DGB ein Positionspapier verfasst, das nochmals den gesamtgesellschaftlichen Auftrag für die Pflege insbesondere älterer Menschen in den Vordergrund stellt. Darüber hinaus beto-nen BDA und DGB, dass die Konstruktion des

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht58

klargestellt und vor dem Hintergrund der dem Ge-richt möglichen Interpretation des Begriffs „zuvor“ auf der Grundlage des im bürgerlichen Recht gel-tenden Verjährungsrechts von drei Jahren diesen Zeitraum auf drei Jahre festgelegt. Das BAG hat damit den ihm im Spannungsverhältnis zwischen europäischem und nationalem Recht eröffneten Auslegungsspielraum sinnvoll ausgeschöpft.

Der Gesetzgeber kann aber auch vor dem Hintergrund des europäischen Rechts viel mehr für den Arbeitsmarkt tun. So lässt der Europäi-sche Gerichtshof (EuGH) bereits einen Zeitraum von drei Monaten ausreichen, um dem Arbeitneh-mer den Abschluss mehrerer befristeter Arbeits-verhältnisse ohne Sachgrund in Folge zu ermögli-chen. Dies entspricht in etwa der Rechtslage, wie sie vor 2001 in Deutschland gegolten hat, nach der ein Vorbeschäftigungsverbot von vier Mona-ten gesetzlich geregelt gewesen ist.

Entsprechend der Vereinbarung im Koaliti-onsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP muss daher das Recht der befristeten Arbeitsverhältnis-se so ausgestaltet werden, dass die sachgrundlo-se Befristung nach einer Wartezeit von einem Jahr auch dann möglich wird, wenn mit demselben Ar-beitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis be-standen hat. Diese Vereinbarung schöpft zwar die Handlungsmöglichkeiten bei Weitem nicht aus, die auf der Grundlage der Befristungsrichtlinie für den deutschen Gesetzgeber bestehen. Der Ge-setzgeber würde damit aber einen Teil seines Ent-scheidungsermessens nutzen und den Einsatz befristeter Arbeitsbeziehungen z. B. zur Bekämp-fung von Arbeitslosigkeit erleichtern. Es kann daher – anders als im Beschluss der CDU auf ihrem Parteitag im November festgestellt – nicht nur darum gehen, ausreichende gesetzliche Mög-lichkeiten für befristete Beschäftigung zu erhalten. Diese sind gerade nicht ausreichend, sondern sie müssen ausgebaut werden. Die dafür notwendige Rechtsklarheit und Rechtssicherheit kann nur der Gesetzgeber sicherstellen. Das BAG hat seinen Auslegungsspielraum weitgehend ausgeschöpft. Die Umsetzung des Koalitionsvertrags ist daher vor dem Hintergrund, dass nach europäischen Vorgaben mehr möglich wäre und bis 2000 in Deutschland auch flexiblere Regelungen gegolten haben, ein erster Schritt, der bald angegangen werden sollte.

Befristungsrecht modernisieren – Beschäftigung unterstützen

Befristete Arbeitsverhältnisse sind ein unverzicht-barer Jobmotor des deutschen Arbeitsmarkts. Die Möglichkeit, Befristungen zu vereinbaren, auch wenn für deren Vereinbarung ein Sachgrund nicht vorhanden ist, wurde gerade mit dem Ziel einge-führt, Beschäftigung zu fördern und Arbeitslosig-keit abzubauen. Diesen Auftrag hat das Instrument erfolgreich erfüllt. Befristete Arbeitsverhältnisse bieten insbesondere für Arbeitssuchende einen Weg für einen Erst- oder Wiedereinstieg in Ar-beit. Daher sind Befristungen gerade für jüngere Menschen unverzichtbar. Die positive Entwick-lung zeigt sich auch an der besonders niedrigen Quote beschäftigungsloser junger Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zu anderen Mitgliedsstaaten in der Europäischen Union. Die Bundesrepublik erreicht hier immer wieder einen Spitzenplatz unter den ersten Natio-nen. Der dauerhafte Effekt für den Arbeitsmarkt ist bemerkenswert. Mehr als jedes zweite befristete Arbeitsverhältnis wird in ein unbefristetes umge-wandelt. Dies belegt nachdrücklich die Chancen, die dieses Arbeitsmarktinstrument für Berufsein-steiger und Arbeitslose bietet.

Sehr zu begrüßen und ein vor dem Hinter-grund einer verfehlten rechtspolitischen Diskus-sion mutiger und wichtiger Schritt zur Beschäfti-gungsförderung ist daher die Entscheidung des BAG vom Frühjahr 2011, nach der das von einigen Stimmen in der Literatur und der Rechtsprechung einiger Instanzgerichte als lebenslanges Beschäf-tigungsverbot ausgelegte sog. Ersteinstellungser-fordernis für befristete Arbeitsverhältnisse zeitlich begrenzt werden muss. Der Gesetzeswortlaut ist nicht eindeutig. Er verbietet aufgrund einer Ände-rung der Gesetzeslage, die im Jahr 2001 in Kraft gesetzt wurde, den Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses dann, wenn „zu-vor“ bereits ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber als Vertragspartner bestanden hat.

Der unbestimmte Begriff „zuvor“ wurde da-bei von Stimmen in der Literatur und teilweise in der Rechtsprechung so verstanden, als hätte der Gesetzgeber formuliert, „jemals zuvor“. Das ist aber gerade nicht der Fall. Das BAG hat dies nun

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht 59

Befristungsmöglichkeit in Deutschland verhindert hoheJugend arbeitslosigkeit Arbeitslosenquote der unter 25­Jährigen in Europa (Auswahl)

Quelle: Eurostat, 2011

April 2010

April 2011

23,7

10 in %

21,0

22,6

19,1

12,9

10,6

26,8

40,9

23,6

28,7

15,6

27,8

13,6

9,0

8,8

23,3

22,1

33,5

27,9

17,4

12,7

7,9

31,3

44,2

20,3

28,5

16,1

26,7

10,8

6,9

8,7

25,3

27,4

35,6

BE

BG

CZ

DK

DE

IE

ES

FR

IT

LU

HU

MT

NL

AT

PL

PT

SK

0 20 30 40 50 60

Page 60: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht60

ausgeklammert werden, für die Betriebe erhalten bleibt. Arbeitszeitkonten, mit denen schwankende Arbeitszeiten ausgeglichen werden können, sind heute in kaum einem Betrieb mehr wegzudenken. Sie haben – zusammen mit Kurzarbeit – vielfach geholfen, gerade in der Finanzkrise Beschäftigung zu erhalten und den Abbau von Arbeitsplätzen zu verhindern. Ohne diese Arbeitszeitflexibilität ist eine große Zahl von Arbeitsplätzen gerade auch im industriell-gewerblichen Bereich gefährdet.

Mit unserer Positionierung zur Vorbereitung des Erfahrungsberichts der Bundesregierung ha-ben wir weitere problematische Regelungen im Gesetz, aber auch in der Auslegung des Geset-zes durch die Spitzenverbände der Sozialversi-cherung aufgegriffen.

Mit einem wesentlichen Kritikpunkt hatten wir bereits unmittelbar nach Abgabe unserer Stel-lungnahme Erfolg. Die Bundesregierung hat das 4. SGB-IV-Änderungsgesetz genutzt, um eine fehlerhafte Interpretation von § 7 Abs. 1a Satz 1 SGB IV durch die Spitzenverbände der Sozialver-sicherungsträger zu revidieren. Danach sollte bei einer entgeltlichen Freistellung für einen Zeitraum von mehr als einem Monat, die nicht aus einem Wertguthaben erfolgte, die sozialversicherungs-pflichtige Beschäftigung (nach einem Monat) enden (sog. Ein-Monats-Grenze). Diese Ausle-gung, die in der betrieblichen Praxis verschiede-ner Branchen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor erhebliche Probleme stellte, war rechtlich unzu-treffend und zog sozialpolitisch problematische Folgen nach sich. In dem vom Bundestag Anfang Dezember 2011 beschlossenen Gesetz wird die Frist auf drei Monate angehoben. Dies bietet eine praktikable Möglichkeit für die Lösung der damit aufgeworfenen Probleme.

Über das Problem mit der Ein-Monats-Gren-ze hinaus gibt es weiteren Klarstellungsbedarf in den für Wertguthaben geltenden Vorschriften des SGB IV. So muss z. B. sichergestellt werden, dass der Arbeitgeberanteil am Sozialversiche-rungsbeitrag nicht als Teil des Wertguthabens eingeordnet wird. Zumindest muss der Arbeit-geberanteil auf die beim Anwachsen des Wert-guthabens geltende Beitragsbemessungsgren-ze beschränkt werden. Die derzeitig geltende Interpretation von § 7d Abs. 1 SGB IV durch die

Eine weitere effektive Maßnahme, um Ar-beitslosigkeit zu vermeiden, stellt die Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten der sachgrundlosen Befristung dar. Hierzu muss der sinnvolle Ansatz bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen mit äl-teren Arbeitnehmern im Teilzeit- und Befristungs-gesetz weiterentwickelt werden. Danach kann ein befristetes Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitneh-mer, der das 52. Lebensjahr vollendet hat, ohne sachlichen Grund dann abgeschlossen werden, wenn der Arbeitnehmer unmittelbar vorher min-destens vier Monate beschäftigungslos gewesen ist. Dieses Erfordernis einer bereits bestehenden Beschäftigungslosigkeit ist kontraproduktiv, weil es erst den Eintritt eines Zustands erfordert, der eigentlich bekämpft werden soll. Sinnvoll wäre eine Regelung, wonach drohende Arbeitslosig-keit ausreicht, um eine sachgrundlose Befristung einzugehen. So kann Arbeitslosigkeit vermieden werden. Verstärkt werden kann diese Wirkung noch, wenn die Regelung unabhängig vom Alter des Arbeitnehmers gilt.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Befristungen“

Arbeitszeitflexibilität erhalten – Arbeitszeitkonten stärken

Die Bundesregierung ist gem. § 7g SGB IV ver-pflichtet, dem Bundestag bis zum 31. März 2012 über die Auswirkungen des Gesetzes zur Verbes-serung der Rahmenbedingungen für die Absiche-rung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Än-derung anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 (kurz: Flexi-II-Gesetz) zu berichten und ggf. Vor-schläge für eine Weiterentwicklung des Insolvenz-schutzes zu machen. Hierzu wurde die BDA um eine Einschätzung gebeten, welche Erfahrungen die Praxis mit den Änderungen durch Flexi II ge-macht hat.

Die BDA hat diese Gelegenheit erneut dazu genutzt, die zentrale Bedeutung flexibler Arbeits-zeiten für den Standort Deutschland zu betonen. Durch Flexi II ist nach einem langwierigen Ge-setzgebungsprozess sichergestellt worden, dass Arbeitszeitflexibilität auf der Grundlage sog. Flexi-konten, die zu Recht von den bürokratischen und schwer umsetzbaren Regelungen des Gesetzes

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht 61

andauernder Erkrankung gänzlich unbegrenzt ist, durch die Rechtsprechung bislang noch nicht ge-klärt.

Der EuGH hat nicht beachtet, dass Arbeit-nehmern, selbst wenn sie bereits über mehrere Jahre hinweg erkrankt sind, bislang nicht ge-kündigt wurde. Um die möglicherweise weitere Ansammlung von Urlaubsabgeltungsansprüchen und die sich daraus ergebenden erheblichen wirt-schaftlichen Belastungen zu vermeiden, werden Arbeitgeber gezwungen, diese Arbeitsverhältnis-se zu beenden.

Der EuGH hatte nun die Gelegenheit, in die-ser Sache eine für Arbeitnehmer und Arbeitgeber angemessene Lösung zu finden. Das Landesar-beitsgericht Hamm hat am 15. April 2010 dem EuGH die Frage vorgelegt, ob Urlaubsansprüche auch bei lang andauernder Erkrankung begrenzt sind (Rechtssache „KHS“). In seinem Urteil vom 22. November 2011 hat der EuGH klargestellt, dass eine zeitliche Begrenzung von Urlaubsan-sprüchen auch bei Langzeiterkrankten mit dem europäischen Recht vereinbar ist. Er hat dabei die in der Rechtssache „KHS“ geltende tarifver-tragliche Regelung zum Urlaub bei erkrankten Arbeitnehmern für zulässig erklärt. Diese sieht vor, dass ein Urlaubsanspruch erst 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres erlischt, wenn er aufgrund von Krankheit nicht genommen werden kann.

Bis der Gesetzgeber tätig wird, muss die Rechtsprechung die durch die Entscheidung des EuGH im Fall Schultz-Hoff/Stringer entstande-ne Regelungslücke durch Auslegung schließen. § 7 Abs. 3 BUrlG sollte jetzt dahingehend aus-gelegt werden, dass auch bei lang andauernder Krankheit der Urlaub auf 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres begrenzt ist. In jedem Fall ist es jedoch nach der Entscheidung des EuGH im Fall KHS rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) und damit unzulässig, wenn der Arbeitnehmer Ur-laub verlangt, der nach Anwendung der Frist von 15 Monaten verfallen wäre.

Die BDA hat seit der Rechtsprechungsände-rung durch den EuGH immer wieder deutlich ge-macht, dass mit dem Urteil eine Fehlentwicklung zum Nachteil von Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Sozialversicherungsträger führt im Ergebnis dazu, dass der Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme seines Wertguthabens entweder aus seinem Ar-beitsentgelt Arbeitgeberbeitragsanteile finanzieren muss oder durch die Zuteilung „nicht benötigter“ Arbeitgeberbeitragsanteile mehr Arbeitsentgelt er-hält, als ihm arbeitsvertraglich zusteht.

Insgesamt nimmt die Bedeutung von Wert-guthaben gerade auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Anstiegs des gesetzlichen Regelrenteneintrittsalters zu. Die komplexen und bürokratischen Regelungen schrecken Betriebe und Arbeitnehmer aber viel-fach ab, Wertguthaben einzuführen und gemein-sam zu nutzen. Besonders für mittelständische Unternehmen ist dieser Aufwand nicht zu bewäl-tigen.

Das geltende Konzept einer klaren Abgren-zung von Konten, die dazu bestimmt sind, betrieb-liche Auftragsschwankungen abzufedern, und Konten für Langfristfreistellungen muss daher un-bedingt erhalten bleiben. Die komplexen, in wei-ten Teilen nicht praxistauglichen, zumindest aber sehr bürokratischen Vorschriften zu Wertgutha-ben passen nicht auf Sachverhalte, in denen Ar-beitnehmer und Arbeitgeber kurzfristig reagieren müssen, um Flexibilität und damit Arbeitsplätze zu erhalten. Vor dem Hintergrund der bestehenden gesetzlichen Regelungen ist diese Trennung un-verzichtbar und an ihr muss ohne Abstriche fest-gehalten werden.

Urlaubsansprüche auch bei lang andauernder Erkrankung sach­gerecht gestalten

Mit der Entscheidung des EuGH in den verbun-denen Rechtssachen „Schultz-Hoff/Stringer“ am 20. Januar 2009 und ihm folgend des BAG am 24. März 2009 hat sich die Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen bei lang andauern-der Erkrankung grundlegend geändert. Demnach verfällt ein Urlaubsanspruch bei lang andauern-der Erkrankung nicht mehr, soweit der Arbeitneh-mer nicht die Gelegenheit hatte, tatsächlich von seinem Urlaubsanspruch Gebrauch zu machen. Dabei wurde aber insbesondere die wichtige Fol-gefrage, ob der Urlaubsanspruch auch bei lang

Page 62: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht62

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: so viel wie nie

Entgeltfortzahlung einschließlich des gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs; Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber; einschließlich

der gesetzlichen Unfallversicherung; 2009: vorläufi g; 2010: Schätzung; Ursprungsdaten: Bundesministerium für Arbeit und Soziales,

Deutsche Rentenversicherung Bund

Quelle: IW Köln, 2011

Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber

Bruttoentgelte

in Mrd. €

50

40

30

20

10

0

So viel gaben Unternehmen für die Fortzahlung von Löhnen und Gehältern im Krankheitsfall aus

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

26,8

30,6 30,3 29,9

32,9

29,326,3 26,5

29,6 31,331,8 30,6 31,1 30,7 30,5 29,9

31,233,3 34,2 35,1

23,3

26,6 26,325,8

28,4

25,222,5 22,5

25,326,7 27,1 26,1 26,1

25,8 25,3 25,326,6

28,5 29,0 29,73,5

4,0 4,04,1

4,5

4,13,8 4,0

4,44,6 4,6 4,5 5,0 5,0 4,9

4,64,6

4,85,1 5,4

zum 31. Dezember bzw. 31. März, wenn der Ar-beitnehmer nach lang andauernder Erkrankung genesen an den Arbeitsplatz zurückgekehrt ist. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer tatsäch-lich innerhalb dieser Zeiträume die Möglichkeit hatte, von seinem Urlaubsanspruch Gebrauch zu machen. Das BAG hat hier allerdings die Frage offengelassen, ob und ggf. in welcher Höhe sich bei lang andauernder Erkrankung Urlaubsansprü-che ansammeln können. In einem weiteren Urteil hat das BAG am 20. September 2011 die Klage einer Erbengemeinschaft abgewiesen, die den

in Gang gesetzt wurde. Sie hat ihre Mitglieder u. a. durch die Entwicklung eines Leitfadens und bei besonderen Einzelfragen unterstützt.

Das BAG hat sich inzwischen mit weiteren Folgefragen befasst. Es hat am 9. August 2011 entschieden, dass einzel- und tarifvertragliche Ausschlussfristen auch auf Urlaubsabgeltungs-ansprüche Anwendung finden. Ferner hat es klar-gestellt, dass Urlaubsansprüche, ggf. auch aus früheren Urlaubsjahren, nach den Regeln des aktuellen Urlaubsjahres verfallen können, d. h.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht 63

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: so viel wie nie

Entgeltfortzahlung einschließlich des gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs; Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber; einschließlich

der gesetzlichen Unfallversicherung; 2009: vorläufi g; 2010: Schätzung; Ursprungsdaten: Bundesministerium für Arbeit und Soziales,

Deutsche Rentenversicherung Bund

Quelle: IW Köln, 2011

Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber

Bruttoentgelte

in Mrd. €

50

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30

20

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So viel gaben Unternehmen für die Fortzahlung von Löhnen und Gehältern im Krankheitsfall aus

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

26,8

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29,6 31,331,8 30,6 31,1 30,7 30,5 29,9

31,233,3 34,2 35,1

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Rechtssicherheit beim Betriebs­übergang schaffen

Die Rechtsprechung zum Betriebsübergang (§ 613a BGB) ist in ständigem Fluss. Zuletzt be-schäftigten sich EuGH und BAG mit dem Fall „Kla-renberg“. Der EuGH hatte entschieden, dass für einen Betriebsübergang nicht erforderlich ist, dass eine selbstständige organisatorische Einheit beim Erwerber erhalten bleibt. Das BAG hat jetzt in die-ser Sache entschieden, dass es auf diese Frage überhaupt nicht ankommt, da Voraussetzung für einen Betriebsübergang ist, dass eine organisato-risch abgrenzbare wirtschaftliche Einheit vorliegt, die vom Erwerber übernommen werden kann. Dies sei aber bei „Klarenberg“ nicht der Fall. Der EuGH hat in der Rechtssache „Albron“ in einer Sonder-konstellation entschieden, dass auch bei Neuver-gabe des Auftrags an ein konzernexternes Unter-nehmen ein Betriebsübergang vorliegen kann.

Diese Beispiele zeigen, dass es kaum noch möglich ist, einen Betriebsübergang rechtssicher zu gestalten. Der Gesetzgeber sollte daher seine Möglichkeiten nutzen, um mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Im Rahmen des Betriebsübergangs sind Veräußerer bzw. Erwerber dazu verpflich-tet, die Arbeitnehmer des betroffenen Betriebs über den Betriebsübergang und dessen Folgen zu unterrichten. Der Arbeitnehmer kann dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung widersprechen. Diese Wider-spruchsfrist beginnt erst mit vollständiger Infor-mation des Arbeitnehmers. Im extremsten Fall widerspricht der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses erst Jahre später. Der Arbeit-geber muss dann beweisen können, dass er den Arbeitnehmer ausreichend informiert hat. Dazu muss er ggf. die entsprechenden Unterlagen und Informationen faktisch unbegrenzt aufbewahren. Dies bedeutet einen erheblichen bürokratischen Aufwand. Zudem führt es zu Rechtsunsicherheit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, weil keine der beiden Parteien sicher sagen kann, ob das Ar-beitsverhältnis auf den Erwerber endgültig über-gegangen ist. Die Rechtsprechung des BAG zur Verwirkung des Widerspruchsrechts hilft hier nicht weiter. Sie beendet die Rechtsunsicherheit nicht, sondern schafft nur neue.

vermeintlichen Urlaubsabgeltungsanspruch eines im bestehenden Arbeitsverhältnis verstorbenen Arbeitnehmers geltend gemacht hatte. Zur Begrün-dung führte das BAG u. a. an, dass mit dem Tod des Arbeitnehmers dessen Urlaubsanspruch erlö-schen und somit kein Urlaubsabgeltungsanspruch entstehen könne.

Im Rahmen der anstehenden Revision der Arbeitszeitrichtlinie setzt sich die BDA auf europä-ischer Ebene dafür ein, dass Urlaubsansprüche künftig auch bei lang andauernder Erkrankung pra-xisgerecht und dem Sinn und Zweck des Urlaubs entsprechend begrenzt werden können. Unserer Auffassung nach ist dafür – wie auch bisher im deutschen Recht – ein Übertragungszeitraum von drei Monaten ausreichend. Grundsätzlich muss aber der Urlaubsanspruch, um dem Arbeitnehmer im entsprechenden Kalenderjahr Erholung zu ver-schaffen, strikt an das Urlaubsjahr geknüpft sein.

Arbeitszeitgesetz – Autonomie von Arbeitnehmern und Arbeit­gebern stärken

Unabhängig von der geplanten Revision der Ar-beitszeitrichtlinie sollte auch auf nationaler Ebene eine Reform des Arbeitszeitgesetzes angestrebt werden. Deutschland selbst hat das nach der Ar-beitszeitrichtlinie mögliche Flexibilisierungspoten-zial nicht ausgeschöpft. Die Arbeitszeitrichtlinie sieht eine wöchentliche Höchstarbeitszeit vor. Sie ermöglicht damit Arbeitnehmern und Arbeitge-bern eine flexible und beschäftigungsfreundliche Arbeitszeitgestaltung. Der deutsche Gesetzgeber sollte dies zum Anlass nehmen, auch im Arbeits-zeitgesetz von einer täglichen auf eine wöchentli-che Höchstarbeitszeit umzustellen. Insbesondere Produktionsspitzen würden sich dadurch besser abbilden lassen.

Die BDA hat das Bundesarbeitsministerium auf diese Verbesserungsmöglichkeit im deutschen Arbeitszeitrecht mehrfach hingewiesen. Sie wird die Revision der Arbeitszeitrichtlinie auch dazu nutzen, um auf eine Reform des Arbeitszeitgeset-zes hinzuwirken.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Arbeitszeitgesetz

Page 64: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht64

entsprechende Vorkehrungen getroffen haben, so dass nicht automatisch eine komplette Neu-verhandlung erforderlich wird. Für Unternehmen mit bereits bestehenden EBR-Vereinbarungen gibt es keine allgemeine Verpflichtung zur Neu-verhandlung.

Die BDA hat gemeinsam mit Gesamtmetall und dem Bundesarbeitgeberverband Chemie eine ausführliche Broschüre zu den gesetzlichen Neu-erungen verfasst.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Europäische Betriebsräte“

Europa­GmbH weiter vorantreiben

Das vorläufige Scheitern der Einführung einer Europa-GmbH (Europäische Privatgesellschaft – EPG) zeigt einmal mehr die Inkompatibilitäten der Mitbestimmungssysteme in Europa auf. Die Wirtschaft hat sich für eine einheitliche Gesell-schaftsform als Alternative z. B. zur deutschen GmbH eingesetzt. So könnten Gesellschaften, auch Tochtergesellschaften von großen Unterneh-men, europaweit nach denselben Regeln gegrün-det werden. Kenntnisse des jeweiligen nationalen Gesellschaftsrechts wären dafür nicht erforder-lich. Dass in Deutschland ein solcher Bedarf an europäischen Gesellschaften besteht, hat der Er-folg der Europäischen Aktiengesellschaft gezeigt. Bei der Mitbestimmung zeigt sich aber immer wieder die Kluft zwischen dem deutschen System und den Systemen in allen anderen europäischen Staaten. Die BDA hat gemeinsam mit dem BDI und dem DIHK immer wieder betont, dass die Ein-führung der EPG nicht an dem grundsätzlichen Reformbedarf der Mitbestimmung scheitern darf. Eine Ausdehnung kommt aber ebenso wenig in Betracht.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Unternehmensmitbestimmung“ und „Europäische Privatgesellschaft“

Die BDA hat vielfach darauf hingewiesen, dass beim Betriebsübergangsrecht der Gesetz-geber dringend tätig werden muss. Bereits im Ge-setzgebungsverfahren 2002, mit dem das Wider-spruchsrecht gesetzlich festgeschrieben wurde, ist eine absolute Ausschlussfrist für das Wider-spruchsrecht diskutiert worden. Dieser Gedanke muss wieder aufgegriffen werden. Dabei ist eine Ausschlussfrist von drei Monaten ausreichend.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Betriebsübergang

Freiwillige Basis für Europäische Betriebsräte wurde erhalten

Am 18. Juni 2011 ist das neue Gesetz über Euro päische Betriebsräte (EBRG) in Kraft ge-treten. Damit wurden die durch die europäische Richtlinie im Jahr 2009 vorgegebenen Änderun-gen umgesetzt. Dabei wurde der erfolgreiche Grundsatz der EBR-Richtlinie, der Vorrang für unternehmens individuelle Lösungen, erhalten. Es ist ein Erfolg der BDA, dass durch die Überarbei-tung der EBR-Richtlinie keine neue Bürokratie in die Betriebe getragen wurde und der Spielraum für betriebliche Lösungen erhalten geblieben ist. Obwohl der Europäische Gewerkschaftsbund die Aufnahme eines Sozialen Dialogs über die Reform der Richtlinie verweigerte, gelang es im Verlauf des Gesetzgebungsprozesses in Brüssel, eine gemeinsame Stellungnahme der europäi-schen Sozialpartner zu dem Kommissionsvor-schlag zu erarbeiten, in der eine geringe Anzahl von Änderungen vorgeschlagen wurde.

Die Neufassung der Richtlinie ist so gestaltet worden, dass die Unternehmen und ihre Arbeit-nehmervertreter über praxistaugliche Rahmen- bedingungen verfügen. Auch zukünftig wird der Spielraum der Betriebe bei der Erarbeitung unter-nehmensindividueller Lösungen nicht durch neue bürokratische Auflagen unnötig eingeschränkt. Der Bestandsschutz für bereits abgeschlossene EBR-Vereinbarungen wird weitgehend gewähr-leistet. Es ist festgelegt, dass bestehende Ver-einbarungen auch bei Veränderungen der Un-ternehmensstruktur und Fusionen auf Basis der geltenden Vereinbarung weiterentwickelt werden können, wenn beide Seiten dies wünschen und

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht 65

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Antidiskriminierung“

Bürokratie konsequent abbauen

Gebiete, die in alle Rechtsbereiche hineinwirken, sind Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung. Der „leidige Papierkram“ ist für jedes Unterneh-men ein Gräuel. Den Unternehmen darf durch überflüssige Regelungen nicht die Luft zum Atmen genommen werden. Sie dürfen nicht gezwungen werden, Ressourcen, die sie für Investitionen ver-wenden könnten, für die Bewältigung bürokrati-scher Belastungen einzusetzen. Bürokratie muss daher konsequent auf das absolut notwendige Maß begrenzt bleiben.

Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass mit dem Nationalen Normenkontrollrat (NKR) – dessen Einrichtung einer langjährigen Forderung der Wirtschaft entspricht – der deutsche Büro-kratie-TÜV weiter gestärkt wurde. Nunmehr wird nicht nur die Belastung durch Informationspflich-ten gemessen, sondern der gesamte Erfüllungs-aufwand. Dieser umfasst den gesamten mess-baren Zeitaufwand und die Kosten, die durch die Befolgung einer bundesrechtlichen Vorschrift für Bürgerinnen und Bürger der Wirtschaft sowie der öffentlichen Verwaltung entstehen. Dadurch wird es möglich, künftig die Kostenfolgen eines Geset-zes noch umfassender und transparenter abzu-schätzen.

Seit der Einrichtung des NKR sind Erfolge im Bürokratieabbau deutlich sichtbar. Die Zahlen zeigen aber, dass das von der Bundesregierung gesetzte Ziel verfehlt wird. 2006 wurde eine bü-rokratische Belastung für die Unternehmen durch Informationspflichten von rd. 50 Mrd. € gemessen. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2011 25 % bzw. 12,5 Mrd. € der gemessenen Belastungen abzubauen. Das bislang erreich-te Entlastungsvolumen wird von der Bundesre-gierung mit 10,9 Mrd. € angegeben. Damit hat die Bundesregierung eine deutlich zu hohe Zahl angesetzt. Sie nimmt auch solche Entlastungs-maßnahmen auf, die lediglich vom Kabinett be-schlossen, aber noch gar nicht bei den Unterneh-men angekommen sind. Die aktuelle Entwicklung zeigt zudem, dass die Bundesregierung sogar gravierende Rückschritte beim Bürokratieabbau

Fünf Jahre Allgemeines Gleich­behandlungsgesetz – Rückblick ernüchternd

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz belas-tet die deutsche Wirtschaft nach wie vor mit Büro-kratie und hohen Kosten. Hinzu kommen erhebli-che Rechtsunsicherheiten durch Ungenauigkeiten des Gesetzes, die auch nach einer Vielzahl ergan-gener Entscheidungen bis heute nicht abschlie-ßend geklärt werden konnten. Zusätzliche Rechts-unsicherheiten bringen die Urteile des EuGH mit sich. Die EuGH-Rechtsprechung ist häufig unklar und inkompatibel mit der Rechtsprechung nationa-ler Gerichte. Dies setzt sich leider in verschiede-nen Urteilen des BAG fort. Vor dem Hintergrund der eingetretenen Rechtsunsicherheit, der extre-men Kostenbelastung sowie einer nicht vorher-sehbaren und Rechtsunsicherheit fördernden Rechtsprechung setzt sich die BDA daher dafür ein, dass die diskutierte Ausweitung der Antidiskri-minierungsrichtlinien verhindert wird. Die Bundes-regierung muss an ihrem berechtigten Widerstand gegen eine weitere Richtlinie festhalten. Auch die zuletzt eingestellten von der Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland betriebenen Ver-tragsverletzungsverfahren zeigen, dass die erho-bene Behauptung einer mangelhaften Umsetzung der bereits bestehenden Antidiskriminierungsricht-linien durch die deutschen Gesetze falsch ist.

Vielfalt und Bekämpfung von Diskriminie-rung sind wichtige gesellschaftspolitische Ziele. In den Betrieben in Deutschland ist beides eine Selbstverständlichkeit. Die BDA wehrt sich aber gegen unsachgemäße Stimmungsmache und Verbreitung von Zerrbildern ohne Fakten, wie sie in der vergangenen Zeit, insbesondere von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, betrieben wurden. Unter dem Stichwort „Jugenddiskriminie-rung“ werden erfolgreiche Beschäftigungschan-cen diskreditiert, obwohl Deutschland innerhalb der EU die drittniedrigste Jugendarbeitslosigkeits-quote hat. In keinem anderen EU-Land ist der Unterschied zwischen der Jugendarbeitslosigkeit und der allgemeinen Arbeitslosigkeit so gering wie in Deutschland. Das liegt neben dem guten System dualer Berufsausbildung mit daran, dass Unternehmen den Berufseinstieg auch zunächst befristet ermöglichen.

Page 66: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht66

Bürokratie­TÜV erweist sich als wirkungsvolles Instrument

Stand: 18. Mai 2011

Quellen: Nationaler Normenkontrollrat, IW Köln, 2011

Zahl der Regelungen, die der Nationale Normenkontrollrat seit 2006 im Auftrag der Ministerien erhalten hat, um sie auf Vereinfachung der Informationspfl ichten zu überprüfen

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 332

Finanzen 276

Wirtschaft und Technologie 215

Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 202

Arbeit und Soziales 163

Inneres 156

Justiz 108

Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 103

Gesundheit 91

Verteidigung 25

Familie, Senioren, Frauen und Jugend 25

Bildung und Forschung 23

Auswärtiges Amt 21

Bundeskanzleramt 10

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 6

Insgesamt 1.756

Page 67: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Arbeitsrecht 67

Bürokratie­TÜV erweist sich als wirkungsvolles Instrument

Stand: 18. Mai 2011

Quellen: Nationaler Normenkontrollrat, IW Köln, 2011

Zahl der Regelungen, die der Nationale Normenkontrollrat seit 2006 im Auftrag der Ministerien erhalten hat, um sie auf Vereinfachung der Informationspfl ichten zu überprüfen

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 332

Finanzen 276

Wirtschaft und Technologie 215

Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 202

Arbeit und Soziales 163

Inneres 156

Justiz 108

Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 103

Gesundheit 91

Verteidigung 25

Familie, Senioren, Frauen und Jugend 25

Bildung und Forschung 23

Auswärtiges Amt 21

Bundeskanzleramt 10

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 6

Insgesamt 1.756

Pfändungsschutzkonto: Neue Regelung zur Zwangsvoll­streckung tritt in Kraft

Zum 1. Juli 2010 wurde der Kontopfändungs-schutz reformiert. Ein Kontoinhaber kann von sei-ner Bank oder Sparkasse verlangen, dass sein Girokonto als Pfändungsschutzkonto (P-Konto) geführt wird. Das P-Konto bietet einen automati-schen Basispfändungsschutz in Höhe des Pfän-dungsfreibetrags unabhängig von der Art der Einkünfte, so dass auch für Selbstständige ein Pfändungsschutz für ihr Kontoguthaben besteht. Der Freibetrag kann erhöht werden, wenn der Kontoinhaber anderen Personen Unterhalt ge-währt oder für Dritte bestimmte Sozialleistungen entgegennimmt. Für den Nachweis der Angaben aus der Lohnsteuerkarte kann der Arbeitgeber auf die Gehaltsabrechnung verweisen, für die eine Richtigkeitsgewähr besteht. Durch intensi-ve Bemühungen konnte verhindert werden, dass bürokratische Belastungen der Arbeitgeber, die durch Erstellung gesonderter Bescheinigungen oder die Berechnung des Pfändungsfreibetrags für die Bank entstanden wären, im Gesetz ver-ankert werden. Das P-Konto kann einen Beitrag dazu leisten, unnötige Belastungen von Arbeit-gebern und Arbeitnehmern zu reduzieren. Bisher dominiert in vielen Fällen der Gläubigerbefristung der „quellennahe“ Pfändungs- und Überweisungs-beschluss gegenüber dem Arbeitgeber. Die damit verbundenen Kosten können sich durch die neu-en Regelungen zur Kontenpfändung verringern. Der bisherige Kontopfändungsschutz entfällt zum 31. Dezember 2011.

macht. Beispiel dafür ist nicht nur die Einstellung des ELENA-Verfahrens, in das die deutschen Unternehmen einen dreistelligen Millionenbetrag investiert hatten, sondern auch das geplante Ar-beitnehmerdatenschutzgesetz, mit dem neue bü-rokratische Hürden aufgebaut werden.

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens des Gesetzes zur Optimierung der Geldwäsche-prävention hat die BDA deutlich gemacht, dass der ursprüngliche Gesetzentwurf eine nicht erfor-derliche Überregulierung und überflüssige Büro-kratie darstellt. Zunächst war eine Ausweitung des Kreises der zur Bestellung eines Geldwäschebe-auftragten Verpflichteten vorgesehen (u. a. für nahezu alle Personen, die gewerblich mit Gütern handeln). Mit Erfolg hat die BDA darauf hingewie-sen, dass eine solche pauschale Verpflichtung nicht erforderlich ist, um Geldwäsche zu verhin-dern, sondern allenfalls eine Anordnung bei einem begründeten Einzelfall. Der Aufbau neuer Bürokra-tie konnte somit auch durch das Engagement der BDA verhindert werden.

Die BDA hat die drohende Zielverfehlung der Bundesregierung beim Bürokratieabbau zum An-lass genommen, ihren umfassenden Forderungs-katalog mit über 50 Vereinfachungsvorschlägen zum Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht zu aktua-lisieren und der Bundesregierung zukommen zu lassen. Sie weist auch stetig darauf hin, dass die Bundesregierung beim Bürokratieabbau bereits in der Anfangsphase entscheidende strukturelle Fehler gemacht hat, indem sie das Arbeits- und Sozialrecht nicht in die Bestandsmessung mit ein-bezogen hat. Gerade in diesem Bereich existieren zahlreiche Informationspflichten z. B. gegenüber dem Betriebsrat, die vereinfacht werden könnten. Die BDA wird sich weiterhin für eine deutliche Ent-bürokratisierung einsetzen, um den Wirtschafts-standort Deutschland attraktiver zu machen.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Bürokratieabbau

Page 68: Geschäftsbericht 2011

Überstundenzuschlag Equal Pay BranchenmindestlöhneAllgemeinverbindlicherklärungen

Arbeitnehmer-EntsendegesetzArbeitszeitvolumen Branchenspezifische LohnpolitikDifferenzierungsklauseln Lohnabschlüsse

Arbeitnehmer-Entsendegesetz Lohnuntergrenze SonderzahlungenTarifpolitikLohnabschlüsse

SonderleistungenBranchenspezifische Lohnpolitik VerhandlungsergebnisseTarifautonomie

GewerkschaftFlexibilisierungsmöglichkeitenAllgemeinverbindlicherklärungen Verantwortungspartnerschaft

BranchenkonjunkturDifferenzierungsklauseln ZeitarbeitsrichtlinieTarifvertragsgesetz Verantwortungspartnerschaft

Differenziertheit Equal Pay TarifrundenBranchenmindestlöhneVerantwortungspartnerschaft

Differenziertheit VerhandlungsergebnisseTarifpartnerTarifpolitik TarifautonomieZeitarbeit

Equal Pay BranchenkonjunkturSonderleistungen

Zeitarbeitsrichtlinie Verhandlungsergebnisse

Zeitarbeit

Entgeltanhebung

Gewerkschaft LohnuntergrenzeTarifrunden TarifpartnerLohnabschlüsseEntgeltanhebung

Branchenkonjunktur Flexibilisierungsmöglichkeiten TarifvertragsgesetzEntgeltanhebung

Überstundenzuschlag LohnuntergrenzeBranchenmindestlöhneTarifpartner Tarifvertragsgesetz Betriebsvereinbarung

SonderleistungenArbeitszeitvolumenFlexibilisierungsmöglichkeiten Sonderzahlungen

Tarifjahr 2011

Betriebsvereinbarung

ArbeitszeitvolumenUrlaubsgeldEinmalzahlung LaufzeitTariflandschaft Betriebsvereinbarung

DifferenziertheitEinmalzahlung LaufzeitTariflandschaftSonderzahlungenTarifjahr 2011

Tarifautonomie

MindestlohnArbeitnehmer-EntsendegesetzUrlaubsgeld UrlaubsgeldBranchenspezifische LohnpolitikTarifrunden Tarifpolitik

Urlaubsgeld

Page 69: Geschäftsbericht 2011

Arbeitnehmer-EntsendegesetzVerantwortungspartnerschaft

Verantwortungspartnerschaft

Zeitarbeit

Lohnuntergrenze

Sonderleistungen

DifferenziertheitTarifjahr 2011

Page 70: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik70

Tarifjahr 2011 – zwischen Aufschwung und unsicheren Erwartungen

Das Tarifjahr 2011 stand in der Wechselwirkung eines bereits 2010 begonnenen sehr erfreuli-chen Wirtschaftsaufschwungs auf der einen und unsicherer Erwartungen über das weitere wirt-schaftliche Wachstum auf der anderen Seite. Letzteres wurde hervorgerufen durch zahlreiche Risiken, die insbesondere ab der zweiten Jah-reshälfte immer deutlicher wurden. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass die Ta-rifpartner auch in den kommenden Tarifrunden an ihrem äußerst verantwortungsvollen Handeln festhalten.

Trotz überzogener Tariflohnforderungen, mit denen die Gewerkschaften, nicht zuletzt beein-flusst durch entsprechende Äußerungen aus Tei-len der Politik, in die Tarifrunden gestartet sind – die Bandbreite der Forderungen lag überwiegend zwischen 5 % und 6 %, in der chemischen Indus-trie sogar bei 7 % –, standen am Ende differen-zierte, produktivitätsorientierte und oftmals auch flexible Lohnabschlüsse.

Die Differenziertheit der Tariflandschaft wird in der Bandbreite der in den diesjährigen Tarifrun-den für 2011 vereinbarten Entgeltsteigerungen deutlich. Die Lohnanhebungen liegen insgesamt in einer Spanne zwischen 1,5 % bis 4,1 %, mehr-heitlich zwischen 2 % und 3 %. Damit tragen die Abschlüsse den sehr unterschiedlichen Bran-chensituationen Rechnung, die mit wachsender Globalisierung neben der Wirtschaftslage im Inland zunehmend vom konjunkturellen Umfeld ausländischer Kunden, Wettbewerber und Pro-duktionsstandorte abhängig sind. Während die chemische Industrie Entgeltsteigerungen um 4,1 % verkraften kann, sind bei den Zeitungs-verlagen vor dem Hintergrund völlig anderer Wirtschaftsbedingungen Erhöhungen um 1,5 % angemessen.

Die differenzierten Tarifabschlüsse bewei-sen, dass die Zeiten der Geleitzüge in der Tarif-politik endgültig vorbei sind. Eine Orientierung der Verhandlungsergebnisse eines Tarifjahres an dem ersten großen Tarifabschluss, die es

jahrzehntelang häufig gegeben hat, wird den un-terschiedlichen Notwendigkeiten der Branchen und Betriebe heute nicht mehr gerecht.

Aber nicht nur die Branchenkonjunkturen sind äußerst unterschiedlich. Auch innerhalb einzelner Branchen können die Situationen der Unterneh-men und Betriebe sehr voneinander abweichen. Dem tragen zahlreiche Flexibilisierungsmöglich-keiten innerhalb der Branchen Rechnung, die in diesem Jahr vor allem für den Entgeltbereich vereinbart wurden. Sie bieten den Betrieben die notwendigen Spielräume, um die Belastungen an ihre betriebsspezifische Situation anzupassen. So sehen z. B. die Tarifvereinbarungen in der Textil- und Bekleidungsindustrie, der chemischen Industrie, in Regionen der kunststoffverarbeiten-den Industrie, der Kautschukindustrie und der papiererzeugenden Industrie vor, dass Betriebe je nach wirtschaftlicher Situation Tariflohnanhe-bungen bzw. Einmalzahlungen verschieben oder kürzen können. Aber Flexibilität ist keine Einbahn-straße: Der Tarifabschluss der chemischen Indus-trie belegt, dass Anhebungen bei entsprechender wirtschaftlicher Lage auch vorziehbar sind.

Die Vereinbarung von Einmalzahlungen in Kombination mit Nullmonaten vor Einsatz einer tabellarischen Entgeltanhebung war für die Tarif-vertragsparteien auch in diesem Jahr wieder ein häufig genutztes Instrument, um die dauerhafte Belastung der Betriebe zu mindern. Planungs-sicherheit bieten zudem die mehrheitlich langen Laufzeiten. Meist betragen diese über 20 Monate, teilweise sogar 36 Monate.

Eine branchenspezifische Lohnpolitik sichert die Beteiligung der Arbeitnehmer am Erfolg. Es gilt der Grundsatz: Wenn es den Unternehmen gut geht, geht es auch den Arbeitnehmern gut. Dies beweisen die aktuellen Zahlen zur Lohnent-wicklung in Deutschland. Laut Statistischem Bun-desamt sind die Bruttostundenlöhne und -gehälter im zweiten Quartal 2011 gegenüber dem Vorquar-tal um 4,1 % – im verarbeitenden Gewerbe sogar um 7,3 % – gestiegen. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung prognostiziert für 2011 eine durch-schnittliche Bruttolohnentwicklung von 4,6 %. Da-rin schlagen sich auch die vereinbarten Tariflohn-erhöhungen nieder. Hinzu kommen der mit der

Page 71: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik 71

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1.2, 2. Q. 2011

Wirtschaft insgesamt

Verarbeitendes Gewerbe

10

8

6

4

2

0

–2

–4

–6

Veränderung gegenüber Vorjahr in %

Arbeitnehmer werden am Aufschwung beteiligt

Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter

2006 2007 2008 2009 2010 1. Q. 2011 2. Q. 2011

–0,4

0,8

2,4

1,4

2,62,3

1,7

–3,6

2,1

4,4

3,2

5,7

4,1

7,3

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik72

Konjunkturlage deutlich. Auch der neueste inter-nationale Arbeitskostenvergleich des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) zeigt, dass trotz der maßvollen Lohnentwicklung der Vergan-genheit das Arbeitskostenniveau des verarbei-tenden Gewerbes in Deutschland noch immer fast 25 % über dem Durchschnitt der anderen Industrienationen liegt.

Den Auftakt in der diesjährigen Tarifrunde machte die Deutsche Bahn AG. Nachdem zu-nächst Mitte Januar gemeinsam mit den sechs größten Wettbewerbern (den sog. G6) und der aus der Verkehrsgewerkschaft GDBA (Gewerk-schaft Deutscher Bundesbahnbeamten und An-wärter) und Transnet entstandenen Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens die Verständigung auf einen Branchentarifvertrag für den regionalen Schienen- und Personenverkehr erzielt worden war, konnte am 25. Januar 2011 ein Tarifabschluss für die Unternehmen der Deutsche Bahn AG er-zielt werden. Dieser sieht bei einer Laufzeit von 29 Monaten für die ersten sieben Monate statt ei-ner tabellarischen Entgeltanhebung zunächst eine Einmalzahlung von 500 € vor, gefolgt von Lohn-anhebungen um 1,8 % zum 1. März 2011 und um 2 % zum 1. Januar 2012. Ein vergleichbarer Abschluss war Mitte April auch mit der Gewerk-schaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) möglich – allerdings erst, nachdem diese auch die Deut-sche Bahn AG wegen der Forderung nach einem Bundes-Rahmen-Lokomotivführertarifvertrag für Lokführer im Nah-, Fern- und Güterverkehr auf dem Niveau der Deutsche Bahn AG bestreikt hat-te. Fortgesetzt wurde die Auseinandersetzung mit tarifeinheitswidrigen Streiks bei den Wettbewer-bern der Deutsche Bahn AG.

In der privaten Entsorgungswirtschaft einig-ten sich die Tarifpartner am 1. Februar 2011 nach neun Monaten Verhandlung auf einen Abschluss mit 20 Monaten Laufzeit. Für die ersten acht Mo-nate ist eine Einmalzahlung i. H. v. 350 € vorge-sehen. Zum 1. Januar 2011 wurden die Entgelte um 2 % angehoben. Bereits im August 2010 hat-ten sich die Tarifpartner einschließlich der Verei-nigung der kommunalen Arbeitgeberverbände auf eine Erhöhung des Mindestlohns auf 8,24 € verständigt. Seit dem 1. November 2011 liegt der Mindestlohn bei 8,33 €.

deutlich besseren Auslastung der Betriebe ver-bundene Anstieg des Arbeitszeitvolumens sowie Sonderzahlungen und Überstundenzuschläge.

Die konjunkturelle Entwicklung in Deutsch-land wird jedoch zunehmend durch die Schul-den- und Vertrauenskrise im Euroraum belastet. So rechnen die führenden Wirtschaftsforschungs-institute zwar nicht mit einer Rezession für Deutschland. Sie befürchten jedoch, dass sich die Unsicherheiten und die verschlechterten interna-tionalen Rahmenbedingungen in der Produktion niederschlagen werden.

Der Kurs einer differenzierten und produk-tivitätsorientierten Tariflohnpolitik muss in den kommenden Tarifrunden fortgesetzt werden, um den Betrieben auch in konjunkturell unsicheren Zeiten gerecht werden zu können und damit die positiven Entwicklungen am Arbeitsmarkt nicht zu gefährden.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Tarifpolitik

Tarifrunde 2011 – differenzierte, branchenkonforme Tarifland­schaft

Die produktivitätsorientierte Lohnentwicklung der letzten Jahre hat maßgeblich dazu beigetra-gen, dass Deutschland die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/2009 besser gemeistert hat als viele andere europä-ische Staaten. Aber auch nach dem unerwartet schnell folgenden Aufschwung, der bereits 2010 begonnen hat, haben die Tarifpartner Verant-wortungsbewusstsein bewiesen. Sie haben ne-ben mehrheitlich langen Laufzeiten von bis zu 36 Monaten der jeweiligen Branchenkonjunktur angemessene und für die Betriebe passgenaue Tarifergebnisse vereinbart. Diese sehen nicht nur unterschiedliche Tariflohnanhebungen vor, sondern vielfach Flexibilisierungsmöglichkeiten, die den Betrieben je nach wirtschaftlicher Lage die Möglichkeit bieten, Tarifleistungen zu senken oder zu verschieben, aber auch zu erhöhen oder vorzuziehen. Dass diese Differenzierung und Fle-xibilisierung der Tarifabschlüsse auch für die Zu-kunft wichtig sind, wird nicht nur in der aktuellen

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik 73

Tarifabschlüsse 2011 – differenziert, branchenkonform und fl exibel

TarifbereichLaufzeit

Eckpunkte Tarifabschluss

Deutsche Bahn AG(Aug. 2010 bis Dez. 2012)

500 € Einmalzahlung, 1,8 % ab Mrz. 2011, 2,0 % ab Jan. 2012

Entsorgungswirtschaft(Mai 2010 bis Dez. 2011)

350 € Einmalzahlung, 2,0 % ab Jan. 2011

Textil- und Bekleidungsindustrie, West(Mrz. 2011 bis Okt. 2012)

2 Nullmonate Mrz. bis Apr. 2011, 250 € Einmalzahlung (kann aus wirtschaftlichen Gründen gekürzt, gestrichen oder bis Sep. 2011 verschoben werden), 3,6 % ab Okt. 2011 (kann aus wirtschaftlichen Gründen um bis zu 1,5 % bis Apr. 2012 abgesenkt oder um bis zu 7 Monate vorgezogen werden)

Öffentlicher Dienst, Länder (ohne Hessen u. Berlin)(Jan. 2011 bis Dez. 2012)

360 € Einmalzahlung, 1,5 % ab Apr. 2011, 1,9 % plus 17 € Sockelbetrag ab Jan. 2012

Feinkeramische Industrie, Ost(Jan. 2011 bis Sep. 2012)

3 Nullmonate Jan. bis Mrz. 2011, 3,0 % ab Apr. 2011, 1,2 % ab Apr. 2012

Textil- und Bekleidungsindustrie, Ost(Apr. 2011 bis Mrz. 2013)

2 Nullmonate Apr. bis Mai 2011, 2,5 % ab Jun. 2011, 2,3 % ab Apr. 2012

Deutsche Telekom AG + Servicegesellschaften(Jan. 2011 bis Jan. 2012)

3 Nullmonate Jan. bis Mrz. 2011, 3,15 % (mind. 75 €) ab Apr. 2011Servicegesellschaften: 2,0 % ab Jan. 2011, 3,15 % ab Apr. 2011

Chemische Industrie(Mrz., Apr., Mai 2011 bis Mai, Jun., Jul. 2012)

1 Nullmonat, 4,1 % ab Apr. 2011, regional angepasst (kann aus wirtschaftlichen Gründen um bis zu 2 Monate verschoben oder um 1 Monat vorgezogen werden)

Baugewerbe(Apr. 2011 bis Mrz. 2013)

West: 1 Nullmonat Apr. 2011, 3,0 % ab Mai 2011, 2,3 % ab Jun. 2012Ost: 2 Nullmonate Apr. bis Mai 2011, 3,4 % ab Jun. 2011, 2,9 % ab Aug. 2012

Süßwarenindustrie(Apr. 2011 bis Apr. 2013)

1 Nullmonat Apr. 2011, 3,0 % ab Mai 2011, 2,8 % ab Mai 2012

Groß- und Außenhandel(Apr. 2011 bis Mrz. 2013, regional angepasst)

1 Nullmonat, 3,0 % ab Mai 2011, 2,4 % ab Mai 2012

Einzelhandel(Apr. 2011 bis Mrz. 2013, regional angepasst)

2 Nullmonate Apr. bis Mai 2011, 3,0 % ab Jun. 2011, 2,0 % ab Jun. 2012

Holz- und kunststoffverarbeitende Industrie(Jul. 2011 bis Dez. 2012, regional angepasst)

270 € bis 360 € Einmalzahlung (regional differenziert), 4,0 % ab Nov. 2011

Druckindustrie(Apr. 2011 bis Dez. 2013)

430 € Einmalzahlung, 2,0 % ab Aug. 2012

Versicherungswirtschaft, Innendienst(Apr. 2011 bis Mrz. 2013)

350 € Einmalzahlung, 3,0 % ab Sep. 2011, 2,2 % ab Okt. 2012

Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau(Sep. 2011 bis Okt. 2013)

1 Nullmonat Sep. 2011, 3,2 % ab Okt. 2011, 2,4 % (West), 2,9 % (Ost) ab Nov. 2012

Zeitungsverlage, Redakteure(Aug. 2010 bis Jul. 2013)

200 € Einmalzahlung, 1,5 % ab Mai 2012

Systemgastronomie(Dez. 2011 bis Nov. 2014)

West: 3,0 % ab Dez. 2011, 2,8 % ab Jun. 2013Ost: Der Absolutbetrag der Entgeltanhebung West wird dem jeweiligenStundenlohn hinzugerechnet.

Stahlindustrie, West(Nov. 2011 bis Feb. 2013)

1 Nullmonat Nov. 2011, 3,8 % ab Dez. 2011

Quelle: BDA-Tarifarchiv, 2011

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik74

Tarifjahr 2011/2012 – Kurs einer produktivitätsorientierten Lohnpolitik fortsetzen

Kündigungs­termine

Branche Tarifgebiete Beschäftigtein 1.000

Gewerkschaft

2011

Dezember Deutsche Post AGDeutsche Lufthansa AG – Boden + KabineDeutsche Lufthansa AG – KabineEnergieversorgung – AVEU-BereichFeinkeramische IndustrieKali- und SteinsalzindustrieKunststoffverarbeitende IndustrieVersicherungen (Vermittlerbetriebe)Entsorgungswirtschaft

West + OstWest + OstWest + OstOstWestWest + OstOstWest + OstWest + Ost

130501620259315020

ver.diver.diUFOIG BCEIG BCEIG BCEIG BCEver.diver.di

2012

Januar

Januar bis März

Saarländische StahlindustrieEnergieversorgungDeutsche Telekom AG –ServicegesellschaftenMetallhandwerk

WestVattenfall-BereichWest + Ost

West

1516100

15

IGMIG BCE/ver.di/IGMver.di

IGM

Februar GlasindustrieBankenÖffentlicher Dienst (Bund + Gemeinden)

OstWest + OstWest + Ost

112602.000

IG BCEver.diver.di/dbb-Tarifunion

März Metall- und ElektroindustrieZuckerindustrie

West + OstWest + Ost

3.3506

IGMNGG

April Kfz-Gewerbe West + Ost 280 IGM

MaiMai bis Juli

Volkswagen AGChemische Industrie

WestWest + Ost

100550

IGMIG BCE

Juni Zeitarbeit (AMP + BVD)Deutsche Bahn AG (Lokführer)

West + OstWest + Ost

40020

CGBGDL

Juli GenossenschaftsbankenDachdeckerhandwerk

West + OstWest + Ost

16660

DBV/DHVIG BAU

August Papier, Pappe und Kunststoffe verarbei-tende Industrie, Energieversorgung

WestTG BayernGWE-Bereich

90

8,5

ver.diver.diver.di/IG BCE

September EnergieversorgungFeinkeramische Industrie

Ba-WüOst 8

IG BCE/ver.di/IGMIG BAU

Oktober LandwirtschaftTextil- und BekleidungsindustrieEnergieversorgung

West + OstWestEWE-Gesellschaft

170130

IG BAUIGMver.di

Dezember ZigarettenindustrieWohnungs- und ImmobilienwirtschaftDeutsche Bahn AGSteinkohlebergbauÖffentlicher Dienst (Länder o. He u. Bln)Öffentlicher DienstHolz- und kunststoffverarb. Ind.Energieversorgung

WestWest + OstWest + OstWest + OstWest + OstHessenWest + OstTG Energie AVE

1070135297005517030

NGGIG BAU/ver.diEVGIG BCEver.di/dbb-Tarifunionver.di/dbb-TarifunionIGMver.di/IG BCE

Quelle: BDA-Tarifarchiv, 2011

Page 75: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik 75

landesbezirklicher Ebene Tarifverhandlungen zur Alterssicherheit im Rahmen des Altersteilzeitge-setzes geführt werden können.

Im Rahmen einer Schlichtung wurde am 25. März 2011 für die Deutsche Telekom AG und deren Servicegesellschaften ein Tarifergebnis mit folgenden Eckpunkten erzielt: Die 13-monatige Laufzeit beginnt mit drei Nullmonaten, gefolgt von einer Entgeltanhebung von 3,15 % zum 1. April dieses Jahres bzw. einer Mindestanhebung von 75 € monatlich. Die Beschäftigten der Servicege-sellschaften erhalten eine zusätzliche Entgeltan-hebung von 2 % zum 1. Januar 2011, da sie sich 2007 Entgeltabsenkungen und Arbeitszeitverlän-gerungen ohne Lohnausgleich gegenübersahen. Darüber hinaus erhalten sie drei individuelle Wei-terbildungstage.

Der Tarifabschluss in der chemischen Indus-trie am 31. März 2011 ist der besonders guten Konjunkturlage weiter Teile der Chemieindustrie geschuldet. Bei einer vergleichsweise kurzen Lauf-zeit von 15 Monaten sieht der Tarifabschluss nach einem Nullmonat eine Entgeltanhebung von 4,1 % vor. Diese kann durch freiwillige Betriebsvereinba-rung aus wirtschaftlichen Gründen um einen Monat vorgezogen oder um bis zu zwei Monate verscho-ben werden. Damit wird den unterschiedlichen Ertragslagen der Betriebe Rechnung getragen. Darüber hinaus wird das Ausbildungsprogramm START für benachteiligte Jugendliche zum „START PLUS-Programm“ ausgeweitet. So erhöht der Un-terstützungsverein der chemischen Industrie (UCI) die monatliche Förderung von bisher 205 € pro Teilnehmer auf künftig 430 €.

Mitte April dieses Jahres konnte im Bau-hauptgewerbe im Rahmen der Schlichtung ein Tarifergebnis erzielt werden. Bei einer 24-mo-natigen Laufzeit sieht der Abschluss für das Tarifgebiet West nach einem Nullmonat Entgelt-anhebungen von 3 % zum 1. Mai 2011 und von 2,3 % zum 1. Juni 2012 vor. Hinzu kommt eine befristete Komponente zur Alterssicherung von 0,3 % für 2012. Im Tarifgebiet Ost werden die Entgelte nach zwei Nullmonaten um 3,4 % zum 1. Juni 2011 und um 2,9 % zum 1. August 2012 angehoben. Insgesamt wird damit eine weitere Angleichung der Ost- an die Westlöhne erreicht. Die stärkere Anpassung des Mindestlohns in

Anfang Februar vereinbarte die Volkswa-gen AG bereits in der zweiten Verhandlungsrunde mit der IG Metall einen neuen Haustarifvertrag. Die 16-monatige Laufzeit begann mit einer Ein-malzahlung von 1 % des tariflichen Grundgehalts bzw. von mindestens 500 €. Zum 1. Mai dieses Jahres wurden die Tariflöhne um 3,2 % erhöht.

Bereits nach zwei Verhandlungsrunden schloss der Gesamtverband textil+mode mit der IG Metall Ende Februar eine Entgeltverein-barung für die Textil- und Bekleidungsindustrie West ab. Bei einer Laufzeit von 20 Monaten sieht der Tarifabschluss zwei Nullmonate, eine Ein-malzahlung von 250 € für den Zeitraum Mai bis September 2011 sowie eine tabellarische Ent-geltanhebung von 3,6 % ab Oktober 2011 vor. Sowohl die Einmalzahlung als auch die Entgelt-anhebung können aus wirtschaftlichen Gründen durch freiwillige Betriebsvereinbarung variabili-siert werden. So kann die Einmalzahlung gekürzt bzw. gestrichen oder bis 30. September 2011 verschoben werden. Die Entgeltanhebung kann um bis zu 1,5 % bis 30. April 2012 abgesenkt oder um bis zu sieben Monate vorgezogen wer-den. Des Weiteren haben sich die Tarifvertrags-parteien darauf geeinigt, Gespräche zur Bewäl-tigung des demografischen Wandels zu führen. Eine Koordinierungsgruppe soll zu diesem The-ma die Empfehlungen ausarbeiten.

Die Tarifgemeinschaft der Länder (ohne Ber-lin und Hessen) erzielte mit den Gewerkschaften ver.di, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Gewerkschaft der Polizei (GdP) und dbb beamtenbund und tarifunion Mitte März einen Ta-rifabschluss, der bei einer Laufzeit von 24 Mona-ten für die ersten drei Monate statt Tabellenanhe-bungen eine Einmalzahlung von 360 € vorsieht. Es folgen zwei Entgeltanhebungen von 1,5 % zum April 2011 und 1,9 % zum Januar 2012 zu-züglich eines Festbetrags von 17 €. Darüber hi-naus einigten sich die Tarifvertragsparteien, dass mit Beginn des Jahres 2012 der erste Schritt der Tarifeinigung vom 1. März 2009 umgesetzt wer-den soll, der die Bereinigung veralteter sowie die Eingruppierung früherer Vergütungsgruppen in die neuen 15 Entgeltgruppen des Tarifvertrags der Länder vorsieht. Nachdem der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit Ende letzten Jahres ausgelaufen war, wurde nun vereinbart, dass auf

Tarifjahr 2011/2012 – Kurs einer produktivitätsorientierten Lohnpolitik fortsetzen

Kündigungs­termine

Branche Tarifgebiete Beschäftigtein 1.000

Gewerkschaft

2011

Dezember Deutsche Post AGDeutsche Lufthansa AG – Boden + KabineDeutsche Lufthansa AG – KabineEnergieversorgung – AVEU-BereichFeinkeramische IndustrieKali- und SteinsalzindustrieKunststoffverarbeitende IndustrieVersicherungen (Vermittlerbetriebe)Entsorgungswirtschaft

West + OstWest + OstWest + OstOstWestWest + OstOstWest + OstWest + Ost

130501620259315020

ver.diver.diUFOIG BCEIG BCEIG BCEIG BCEver.diver.di

2012

Januar

Januar bis März

Saarländische StahlindustrieEnergieversorgungDeutsche Telekom AG –ServicegesellschaftenMetallhandwerk

WestVattenfall-BereichWest + Ost

West

1516100

15

IGMIG BCE/ver.di/IGMver.di

IGM

Februar GlasindustrieBankenÖffentlicher Dienst (Bund + Gemeinden)

OstWest + OstWest + Ost

112602.000

IG BCEver.diver.di/dbb-Tarifunion

März Metall- und ElektroindustrieZuckerindustrie

West + OstWest + Ost

3.3506

IGMNGG

April Kfz-Gewerbe West + Ost 280 IGM

MaiMai bis Juli

Volkswagen AGChemische Industrie

WestWest + Ost

100550

IGMIG BCE

Juni Zeitarbeit (AMP + BVD)Deutsche Bahn AG (Lokführer)

West + OstWest + Ost

40020

CGBGDL

Juli GenossenschaftsbankenDachdeckerhandwerk

West + OstWest + Ost

16660

DBV/DHVIG BAU

August Papier, Pappe und Kunststoffe verarbei-tende Industrie, Energieversorgung

WestTG BayernGWE-Bereich

90

8,5

ver.diver.diver.di/IG BCE

September EnergieversorgungFeinkeramische Industrie

Ba-WüOst 8

IG BCE/ver.di/IGMIG BAU

Oktober LandwirtschaftTextil- und BekleidungsindustrieEnergieversorgung

West + OstWestEWE-Gesellschaft

170130

IG BAUIGMver.di

Dezember ZigarettenindustrieWohnungs- und ImmobilienwirtschaftDeutsche Bahn AGSteinkohlebergbauÖffentlicher Dienst (Länder o. He u. Bln)Öffentlicher DienstHolz- und kunststoffverarb. Ind.Energieversorgung

WestWest + OstWest + OstWest + OstWest + OstHessenWest + OstTG Energie AVE

1070135297005517030

NGGIG BAU/ver.diEVGIG BCEver.di/dbb-Tarifunionver.di/dbb-TarifunionIGMver.di/IG BCE

Quelle: BDA-Tarifarchiv, 2011

Page 76: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik76

Gesundheitsschutz bleiben außerhalb der Ver-handlungen Gesprächsthema zwischen den Ta-rifpartnern.

Im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau wurde am 16. August 2011 ein Tarifabschluss er-zielt, der während der 26-monatigen Laufzeit zu-nächst einen Nullmonat vorsieht, gefolgt von ei-ner Entgeltanhebung um 3,2 % im Oktober 2011 sowie einer nach West und Ost differenzierten Lohnerhöhung im November 2012 um 2,4 % (West) bzw. 2,9 % (Ost). Die unterste Lohngruppe wurde individuell auf 8,70 € (West), 8,20 € (Ost) und 8,45 € (Berlin-West) erhöht.

Nach schwierigen und lang andauernden Tarifverhandlungen kamen die Tarifpartner der Zeitungsverleger am 18. August 2011 zu einem Ergebnis. Der neue Gehaltstarifvertrag, der Ein-malzahlungen von je 200 € im Oktober 2011 und Februar 2013 sowie eine Entgeltanhebung von 1,5 % zum Mai 2012 vorsieht, bietet mit einer Laufzeit von insgesamt drei Jahren den Unter-nehmen ein hohes Maß an Planungssicherheit. Zudem ermöglicht eine Öffnungsklausel im Man-teltarifvertrag bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch freiwillige Betriebsvereinbarung die Absen-kung der Jahresleistung oder des Urlaubsgelds auf bis zu 50 % des Monatsgehalts. Wenn dies nicht ausreicht, können mit Zustimmung der Ta-rifvertragsparteien die Jahresleistungen und/oder das Urlaubsgeld ganz oder teilweise entfallen.

Am 24. August 2011 kam es zu einer Eini-gung im Gebäudereinigerhandwerk. Der Tarif-abschluss sieht bei einer 22-monatigen Laufzeit für das Tarifgebiet West Entgeltanhebungen von 3,1 % zum Januar 2012 und 2,05 % zum Januar 2013 vor. Mit der Vereinbarung, die Löhne in Ost-deutschland in zwei Stufen auf dann 84 % des West-Lohns anzuheben, ist das Tarifergebnis der angestrebten West-Ost-Angleichung einen wichti-gen Schritt näher gekommen.

Der Systemgastronomie gelang Ende Sep-tember ein Tarifabschluss. Im Tarifgebiet West werden die Entgelte zum Dezember dieses Jah-res um 3 % und aller Tarifgruppen zum Juni 2013 um 2,8 % angehoben. Die erste Entgeltgrup-pe (West) wird für die 18-monatige Laufzeit der ersten Erhöhungsstufe eingefroren. Die Laufzeit

Ostdeutschland an den Mindestlohn I in West-deutschland ist zudem ein weiterer Schritt zu einem einheitlichen Tarifgebiet im Bauhauptge-werbe.

Für den Groß- und Außenhandel haben sich die Tarifvertragsparteien in Baden-Württemberg in der vierten Verhandlungsrunde am 20. Mai 2011 auf einen für die Branche richtungsweisenden Ta-rifabschluss verständigt. Nach einem Nullmonat werden die Entgelte zum 1. Mai 2011 um 3 % so-wie zum 1. Mai 2012 um 2,4 % erhöht. Der Tarif-vertrag hat eine Gesamtlaufzeit von 24 Monaten. In der Folge wurde dieses Ergebnis Grundlage für weitere Abschlüsse im Tarifgebiet des Groß- und Außenhandels.

In den Tarifgebieten des Einzelhandels wur-den im Juni und Juli Tarifergebnisse erzielt, die bei einer 24-monatigen Laufzeit nach zwei Nullmona-ten regional differenziert einsetzende Entgeltan-hebungen von 3 % in diesem und – nach einer Einmalzahlung von 50 € – 2 % im nächsten Jahr vorsehen. Die Abschlüsse orientieren sich dabei an dem Ergebnis, das am 10. Juni 2011 in Baden-Württemberg erzielt wurde. Je nach Tarifgebiet wurden zudem Änderungen im Manteltarifvertrag vorgenommen.

Einen der Situation der Branche geschul-deten äußerst maßvollen Tarifabschluss verein-barte Ende Juni der Bundesverband Druck und Medien mit ver.di für die Druckindustrie. Bei einer 33-monatigen Laufzeit erfolgt nach 16 Monaten eine tabellarische Entgeltanhebung um 2 % im August 2012. Zum September 2011 und Juli 2013 erhalten die Beschäftigten Einmalzahlungen von 280 € bzw. 150 €.

Am 21. Juli 2011 einigte sich der Arbeit-geberverband der Versicherungswirtschaft mit den Gewerkschaften ver.di, Gewerkschaft der Finanzdienstleister (DBV) und der „DHV – Die Berufsgewerkschaft“ für die Innendienstmitar-beiter auf ein Tarifergebnis mit einer 24-monati-gen Laufzeit. Die Beschäftigten erhalten im Au-gust 2011 eine Einmalzahlung von 350 €, bevor im September 2011 die Entgelte um 3 % und im Oktober 2012 um 2,2 % angehoben werden. Die von den Gewerkschaften geforderten Rege-lungen zur Beschäftigungssicherung und zum

Page 77: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik 77

Die im März 2012 beginnenden Tarifver-handlungen der Metall- und Elektroindustrie wer-fen ihre Schatten voraus. Auch hier gilt es, den Kurs einer verantwortungsvollen Lohnpolitik fort-zusetzen, insbesondere vor dem Hintergrund der unsicheren konjunkturellen Aussichten. Bereits jetzt Forderungen nach beträchtlichen Einkom-menssteigerungen anzukündigen, ist verfehlt. Wichtig ist, dass auch im kommenden Tarifjahr für die Betriebe wieder passgenaue Tarifergebnisse erzielt werden.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Tarifverhandlungen

Nein zum allgemeinen gesetz­lichen Mindestlohn

Die Diskussion über gesetzliche Mindestlöhne hat dazu geführt, dass sich die CDU auf ihrem Par-teitag in Leipzig für eine allgemeine Lohnunter-grenze für Bereiche ausgesprochen hat, in denen kein tarifvertraglich festgelegter Lohn existiert. Die Lohnuntergrenze soll durch eine Kommission der Tarifpartner festgelegt werden und sich an den für allgemeinverbindlich erklärten Lohnuntergrenzen orientieren. Damit verbunden ist die Absage an einen allgemeinen, flächendeckenden gesetzli-chen Mindestlohn. Für Bereiche, in denen es kei-ne tariflichen Mindestlöhne gibt, wurde 2009 unter CDU/CSU-Führung das Mindestarbeitsbedingun-gengesetz (MiArbG) novelliert. Einer gesetzlichen Neuregelung aufgrund des Parteitagsbeschlus-ses bedarf es damit nicht.

Die Versprechen, die die Befürworter eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns geben, sind nicht einzuhalten. Ein solcher gesetzlicher Mindestlohn wird Arbeitsplätze kosten und dabei insbesondere die Schwächsten am Arbeitsmarkt treffen. Gering Qualifizierten und Langzeitarbeits-losen werden wertvolle Chancen auf Einstieg in Arbeit geraubt. Damit einher ginge eine Be- und keine Entlastung der öffentlichen Kassen.

Ein Blick ins Ausland beweist: Alle Länder mit einem einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn ha-ben eine deutlich höhere Jugendarbeitslosigkeit als Deutschland. Auch in einem anderen Punkt müsste uns das Ausland ein warnendes Beispiel

beträgt 36 Monate. Zudem wird durch die Anhe-bung der Ostgehälter um die Absolutbeträge der prozentualen Erhöhung der Westgehälter anstel-le einer prozentualen Erhöhung der Ostgehälter eine weitere Angleichung der Ost- an die West-gehälter erreicht.

Einen Schritt zur Bewältigung des demo-grafischen Wandels ist die nordostdeutsche che-mische Industrie gegangen. Am 2. November schlossen die Tarifpartner einen Demografie-Tarif vertrag ab. Im Mittelpunkt steht ein 2013 ein-zurichtender betrieblicher Fonds, der jährlich mit 2,5 % der tariflichen Entgeltsumme des Vorjahres gespeist werden soll. Mit Hilfe dieser Demografie-Fonds sollen verschiedene Wege des gleitenden Übergangs in die Rente finanziert werden. Zur Gestaltung einer lebensphasengerechten betrieb-lichen Arbeitszeitentlastung können die Betriebs-parteien aus verschiedenen Gestaltungsmöglich-keiten wählen, wie z. B. altersgerechtes Arbeiten, tarifliche Pflegezeiten, tarifliche Erziehungszeiten, Langzeitkonten.

In der Stahlindustrie kam es am 22. Novem-ber zu einem neuen Tarifvertrag. Das Tarifergeb-nis sieht bei einer Laufzeit von 16 Monaten nach einem Nullmonat eine Tariflohnanhebung von 3,8 % vor. Des Weiteren wurde eine grundsätz-liche unbefristete Übernahme von Ausgebildeten vereinbart, von der nach Unterrichtung bzw. mit Zustimmung des Betriebsrats unter bestimmten Voraussetzungen abgewichen werden kann. Da-rüber hinaus wurden die Tarifverträge zum demo-grafischen Wandel sowie zur Altersteilzeit verlän-gert, Letzterer verbunden mit einer Aufstockung der zusätzlichen Beiträge zur Rentenversicherung von derzeit 90 % auf 100 %.

Den letzten größeren Tarifabschluss im Tarif-jahr 2011 erzielte die papiererzeugende Industrie am 6. Dezember. Für den ersten Monat des sich auf eineinhalb Jahre erstreckenden Tarifvertrags erhalten die Beschäftigten eine Einmalzahlung von 70 €, dessen Auszahlungszeitpunkt durch Betriebsvereinbarung bis spätestens März 2012 verschoben werden kann. Die Einkommensan-hebungen folgen zum Januar 2012 mit 3 % und 1,6 % ab Januar 2013.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik78

Mindestlohn: nicht ohne Risiko für die Staatskasse

Sofern mit der Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 € die Zahl der Arbeitsplätze zurückgeht, zahlt der Staat drauf.

in Mrd. € Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3

Erwerbseinkommen steigen um 19,2 17,1 15,6

Mehreinnahmen des Staats

Einkommensteuer 2,3 1,4 0,8

Sozialbeiträge 5,4 4,1 3,1

Einsparungen des Staats (+), Mehrausgaben (–)

Arbeitslosengeld und andere Transferleistungen 3,7 –1,0 –5,7

Mindereinnahmen des Staats

Unternehmensteuern –6,4 –5,4 –4,7

Gesamteffekt 5,0 –0,8 –6,6

Stand: 2009; Szenario 1: keine Beschäftigungseffekte; Szenario 2: negative Beschäftigungseffekte mit einem hohen Anteil an arbeitslosen gering-

fügig Beschäftigten (43 %); Szenario 3: negative Beschäftigungseffekte mit einem hohen Anteil an arbeitslosen Vollzeitbeschäftigten (20 %)

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2011

Allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn – Mehrbelastungen für den Staat

Eine aktuelle Studie des IW Köln zeigt, dass die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns zu großen Belastungen des Staats führen würde. Gegenteilige Behauptungen ignorieren die Tatsache, dass durch höhere Löhne auch höhere Lohnkosten verursacht werden, die zu Arbeitsplatzabbau und damit zu weiteren Belastungen der Sozialkassen führen.

Das IW Köln legte seiner Studie drei unterschiedliche Szenarien zugrunde. Das erste Szenario ohne Auswirkungen eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 € auf die Beschäftigung – was das IW Köln für unwahrscheinlich hält – ergab Mehreinnahmen des Staats von 5 Mrd. €. Wahrscheinlicher ist aus Sicht der Wissenschaftler jedoch das zweite Szenario, nach dem vor allem gering Qualifi zierte und geringfügig Beschäftigte von einem Arbeitsplatzabbau aufgrund zu hoher Lohnkosten betroffen wären. In diesem Fall würden die Einnahmen des Staats durch die Einkommensteuer nicht so stark steigen wie im ersten Szenario, allerdings würden staatliche Mehrausgaben von 1 Mrd. € an Arbeitslosengeld und anderen Transferleistungen anfallen sowie Mindereinnahmen an Unternehmensteuern von 5,4 Mrd. € drohen. Insgesamt hätten die Staatskassen damit ein Minus von 1 Mrd. € zu verzeichnen. Berücksichtigt man jedoch, dass bei einem Mindestlohn von 8,50 € auch fast ein Viertel aller Vollzeitbeschäftigten von Arbeitslosigkeit bedroht wären (Szenario 3), müsste der Staat aufgrund von Mehrausgaben für Transfer-zahlungen von insgesamt 5,7 Mrd. € und sinkender Unternehmensteuereinnahmen von 4,7 Mrd. € mit einem Finanzloch von 6,6 Mrd. € rechnen.

Page 79: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik 79

Ausländische Mindestlöhne kaum miteinander vergleichbar

Mindestlohn in % des Durchschnittslohns: Stand: 2010; Niederlande, Polen, Rumänien 2009; Frankreich 2008

Quellen: IW Köln; Mindestlöhne: WSI, 2011

Mindestlohn in % des Durchschnittslohns

Mindestlohn in € pro Stunde

47,5

46,3

45,9

44,1

42,8

40,4

39,7

38,8

38,2

36,8

36,6

35,6

35,3

33,4

33,3

32,1

5

4,32

9,00

10,16

8,74

2,92

4,28

1,85

1,61

6,91

8,58

1,82

1,73

3,89

1,82

0,93

5,47

SI

FR

LU

NL

PT

GR

PL

HU

UK

BE

SK

EE

ES

CZ

RO

US

0 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55

Mindestlohn: nicht ohne Risiko für die Staatskasse

Sofern mit der Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 € die Zahl der Arbeitsplätze zurückgeht, zahlt der Staat drauf.

in Mrd. € Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3

Erwerbseinkommen steigen um 19,2 17,1 15,6

Mehreinnahmen des Staats

Einkommensteuer 2,3 1,4 0,8

Sozialbeiträge 5,4 4,1 3,1

Einsparungen des Staats (+), Mehrausgaben (–)

Arbeitslosengeld und andere Transferleistungen 3,7 –1,0 –5,7

Mindereinnahmen des Staats

Unternehmensteuern –6,4 –5,4 –4,7

Gesamteffekt 5,0 –0,8 –6,6

Stand: 2009; Szenario 1: keine Beschäftigungseffekte; Szenario 2: negative Beschäftigungseffekte mit einem hohen Anteil an arbeitslosen gering-

fügig Beschäftigten (43 %); Szenario 3: negative Beschäftigungseffekte mit einem hohen Anteil an arbeitslosen Vollzeitbeschäftigten (20 %)

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2011

Allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn – Mehrbelastungen für den Staat

Eine aktuelle Studie des IW Köln zeigt, dass die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns zu großen Belastungen des Staats führen würde. Gegenteilige Behauptungen ignorieren die Tatsache, dass durch höhere Löhne auch höhere Lohnkosten verursacht werden, die zu Arbeitsplatzabbau und damit zu weiteren Belastungen der Sozialkassen führen.

Das IW Köln legte seiner Studie drei unterschiedliche Szenarien zugrunde. Das erste Szenario ohne Auswirkungen eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 € auf die Beschäftigung – was das IW Köln für unwahrscheinlich hält – ergab Mehreinnahmen des Staats von 5 Mrd. €. Wahrscheinlicher ist aus Sicht der Wissenschaftler jedoch das zweite Szenario, nach dem vor allem gering Qualifi zierte und geringfügig Beschäftigte von einem Arbeitsplatzabbau aufgrund zu hoher Lohnkosten betroffen wären. In diesem Fall würden die Einnahmen des Staats durch die Einkommensteuer nicht so stark steigen wie im ersten Szenario, allerdings würden staatliche Mehrausgaben von 1 Mrd. € an Arbeitslosengeld und anderen Transferleistungen anfallen sowie Mindereinnahmen an Unternehmensteuern von 5,4 Mrd. € drohen. Insgesamt hätten die Staatskassen damit ein Minus von 1 Mrd. € zu verzeichnen. Berücksichtigt man jedoch, dass bei einem Mindestlohn von 8,50 € auch fast ein Viertel aller Vollzeitbeschäftigten von Arbeitslosigkeit bedroht wären (Szenario 3), müsste der Staat aufgrund von Mehrausgaben für Transfer-zahlungen von insgesamt 5,7 Mrd. € und sinkender Unternehmensteuereinnahmen von 4,7 Mrd. € mit einem Finanzloch von 6,6 Mrd. € rechnen.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik80

Differenzierte Lösungen durch Branchenmindestlöhne

Der Weg differenzierter Branchenmindestlöhne über Allgemeinverbindlicherklärungen nach dem Tarifvertragsgesetz bzw. dem Arbeitnehmer-Ent-sendegesetz wurde 2011 fortgesetzt. Erstmals trat mit Wirkung ab dem 1. Juni 2011 ein bun-desweiter Mindestlohn für die Sicherheitsdienst-leistungen in Kraft, nachdem der Tarifausschuss im März einstimmig für den Antrag votiert hatte. Zuvor war nach entsprechenden Einwänden si-chergestellt worden, dass der Geltungsbereich des Tarifvertrags auf alle Sicherheitsdienstleistun-gen, einschließlich Geld- und Wertdienste, Siche-rungsdienste an Gleisanlagen sowie Flughafen-bewacher, ausgedehnt wurde.

Auf seiner Sitzung im August hat der Tarifaus-schuss einstimmig den Mindestlohnanträgen des Baugewerbes, der Abfallwirtschaft und der Berg-bauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken zu-gestimmt. Mit der Beteiligung des Tarifausschusses

sein: In keinem Land mit allgemeinem gesetzli-chem Mindestlohn spielt die Tarifautonomie eine so große Rolle, wie sie es in Deutschland zum Wohle aller tut. Jedes staatliche Lohndiktat ist ein Angriff auf die seit mehr als 60 Jahren bewährte und erfolgreiche Tarifautonomie.

Wir haben derzeit eine äußerst erfreuli-che Lage am Arbeitsmarkt: Die Unternehmen in Deutschland haben in den letzten beiden Jahren über 1 Mio. neue sozialversicherungspflichtige Ar-beitsplätze geschaffen. Bei der Erwerbstätigkeit bewegen wir uns mit mehr als 41 Mio. auf Re-kordniveau. Die Arbeitslosenzahl ist mit 2,7 Mio. so niedrig wie seit fast 20 Jahren nicht mehr. Die Politik gefährdet fahrlässig alle diese Erfolge, wenn sie nun auf allgemeine gesetzliche Mindest-löhne setzt.

Nähere Informationen unter www.arbeit-geber.de > Themen A–Z > Mindestlohn sowie kompakt > „Mindestlohn“ und argumente > „Min-destlohn – vom Ausland lernen“, „Tarifautono-mie – Säule der Sozialen Marktwirtschaft“

Vergabespezifischer Mindestlohn – allgemeiner Mindestlohn durch die Hintertür

Immer mehr Bundesländer verknüpfen die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Einhaltung von Tarifstan-dards durch die Auftragnehmer. Zwar kann durch das Vergaberecht aufgrund europarechtlicher Vorgaben nur die Einhaltung allgemeinverbindlicher Tarifstandards verlangt werden. Immer mehr Bundesländer folgen aber dem Beispiel Berlins, Tariftreueregelungen mit einem vergabespezifischen Mindestlohn zu verbinden. Für die Auftragsvergabe wird die Erklärung des Auftragnehmers verlangt, dass mindestens der staatlich festgesetzte Lohn gezahlt wird. Dieser beträgt z. B. in Berlin derzeit noch 7,50 €, soll aber auf 8,50 € erhöht werden, und in Bremen und Rheinland-Pfalz bereits 8,50 €. An den unterschiedlichen Höhen der vergabespezifischen Mindestlöhne wird zudem die politische Beliebigkeit eines gesetzlichen Mindestlohns plastisch. Verbunden wird die Verpflichtung zur Abgabe der entsprechenden Erklärung z. T. sogar mit einer sog. Nachunternehmerklausel, d. h. der Verpflichtung des Auftragnehmers, auch für die Einhaltung der Tariftreueregelungen bei ggf. an der Durchführung des öffentlichen Auftrags beteiligten Nach- und Subunternehmern Sorge zu tragen. Spätestens über diese Festlegung droht mit dem vergabe-spezifischen Mindestlohn faktisch zumindest im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe die Einführung eines bundesweiten allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik 81

Aktuelle bundesweite Branchenmindestlöhne sehr differenziert

Quelle: BDA-Tarifarchiv, 2011

West

Ost

2 in € pro Stunde

Abfallwirtschaft, inkl. Straßen-reinigung und Winterdienst

Bauhauptgewerbe ML I

Bauhauptgewerbe ML II

Bergbauspezialarbeiten aufSteinkohlebergwerken ML IBergbauspezialarbeiten aufSteinkohlebergwerken ML II

Dachdeckerhandwerk

Elektrohandwerk

Gebäudereiniger-handwerk ML I

Gebäudereiniger-handwerk ML II

Maler- und Lackierer-handwerk ML I

Maler- und Lackierer-handwerk ML II

Pfl egedienste (Altenpfl ege)

Wäschereidienstleistungenim Objektkundengeschäft

Sicherheitsdienstleistungen(regional differenziert)

0 4 6 8 10 12 14 16

von 6,53 ...... bis 8,60

8,33

11,05

13,40

11,53

12,81

10,80

9,80

8,55

11,33

9,75

11,75

8,75

7,80

8,33

10,00

11,53

12,81

10,80

8,65

7,00

8,88

9,75

11,75

7,75

6,75

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik82

Bedingungen feststellen, die eine solche Festset-zung gerechtfertigt hätten.

Nähere Informationen unter www.arbeit ge-ber.de > Themen A–Z > Arbeitnehmer-Entsende-gesetz und Allgemeinverbindlicherklärung sowie kompakt > „Allgemeinverbindlichkeiten von Tarif-verträgen“

Flexibilitäts- und Beschäftigungs­motor Zeitarbeit erhalten

Die großen arbeitsmarktpolitischen und wirt-schaftlichen Erfolge in Deutschland, an denen die Zeitarbeitsbranche einen beachtlichen Anteil hat, werden durch die anhaltende politische Diskussi-on über die Branche in den Hintergrund gedrängt. Dabei hatte die Zeitarbeit nicht nur Einfluss dar-auf, dass die deutsche Wirtschaft die Krise ver-gleichsweise glimpflich überstanden hat. Die Zeitarbeitsbranche hat auch maßgeblichen Anteil daran, dass die deutsche Wirtschaft nach der Krise wieder durchstarten und sich wachsende

auch bei diesen Folgeanträgen auf Erlass einer Mindestlohnverordnung trägt die Regierungskoa-lition ihrem Bekenntnis zur Tarifautonomie Rech-nung. Die Zustimmung zum Bau-Mindestlohn, der im Westen weiterhin zwischen einem Mindestlohn für Hilfskräfte und einem für Fachkräfte differen-ziert, erfolgte insbesondere mit Blick auf das von den Tarifvertragsparteien erklärte Ziel eines zu-künftig einzigen Mindestlohns. Zuletzt bekamen im Dezember der Verlängerungsantrag des Gebäude-reinigerhandwerks sowie der Vorschlag für eine Lohnuntergrenze in der Zeitarbeit grünes Licht im Tarifausschuss.

Keine die Festsetzung eines Branchenmin-destlohns rechtfertigenden sozialen Verwerfungen konnten für die Call-Center-Branche festgestellt werden. Für diese Branche hat die Gewerkschaft dbb beamtenbund und tarifunion im Novem-ber 2009 einen Antrag auf Festsetzung von Min-destentgelten nach dem MiArbG gestellt. Trotz umfassender Ermittlungen konnte der für die Ent-scheidung über das Ob von Mindestlöhnen nach dem MiArbG zuständige Hauptausschuss keine

Qualifizierte Differenzierungsklauseln bleiben unzulässig

Qualifizierte Differenzierungsklauseln (Bonusregelungen), die nicht oder anders gewerkschaftlich orga-nisierte Arbeitnehmer ausdrücklich von bestimmten Leistungen ausschließen bzw. dafür sorgen, dass die organisierten Arbeitnehmer auf jeden Fall mehr bekommen, bleiben unzulässig. Das Bundesarbeits-gericht (BAG) hat am 23. März 2011 entschieden, dass eine sog. Spannensicherungsklausel, wonach Leistungen des Arbeitgebers an nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer jeweils zwingend einen entsprechenden – zusätzlichen – Zahlungsanspruch für Gewerkschaftsmitglieder begründen, unzulässig ist. Eine solche Klausel überschreite die Tarifmacht der Koalition und schränke die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers unzulässig ein. Problematisch sind solche Klauseln zudem, weil sie zu einer Spaltung der Belegschaft führen und der Arbeitgeber zur gewerkschaftlichen Mitgliederwerbung instrumentalisiert wird.

Einfache Differenzierungsklauseln, die eine Übertragung der Sonderleistungen für Gewerkschaftsmitglie-der auf nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nicht verwehren, wurden vom BAG dagegen bereits 2009 für zulässig erklärt. Daran hält das BAG auch weiterhin fest.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik 83

sind. Sie belegen zugleich, dass auch die DGB-Gewerkschaften anerkennen, dass die gesetzli-che Equal-Pay-/Equal-Treatment-Regelung für die Praxis untauglich ist.

Für eine tarifautonome Lösung ist es von großer Bedeutung, dass mit der Fusion der bei-den der BDA angehörenden Arbeitgeberverbände Bundesverband Zeitarbeit und Arbeitgeberver-band Mittelständischer Personaldienstleister zum BAP im April 2011 ein schlagkräftiger Arbeitgeber-verband der Zeitarbeitsbranche entstanden ist.

Im Vermittlungsverfahren zur Neugestaltung der Grundsicherung für Arbeitslose hat sich die Regierungskoalition Anfang des Jahres darauf verständigt, dass der in Deutschland bereits fak-tisch flächendeckend geltende Mindestlohn der Zeitarbeit auch auf Zeitarbeitnehmer aus dem EU-Ausland erstreckt werden kann. Die BDA hatte die entsprechenden Bestrebungen der Zeitarbeits-branche unterstützt. Anderenfalls hätte die Ge-fahr einer erneuten Diskreditierung der Branche gedroht, die durch den Einsatz osteuropäischer Zeitarbeitnehmer vor dem Hintergrund der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit für die neuen EU-Mit-gliedsstaaten Mittel- und Osteuropas ab Mai 2011 entstanden wäre. Zum Ende des Jahres hat sich der Tarifausschuss mit dem Vorschlag auf Fest-setzung der Lohnuntergrenze befasst, so dass diese zum 1. Januar 2012 in Kraft treten kann.

Die Europäische Zeitarbeitsrichtlinie 2008/ 104/EG vom 19. November 2008 musste bis zum 5. Dezember 2011 in den einzelnen Ländern der EU in nationales Recht umgesetzt werden. Die vom deutschen Gesetzgeber vorgenommenen Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsge-setzes traten zum 1. Dezember 2011 in Kraft. Eine damit einhergehende Verunsicherung in der Praxis hat ihre Ursache vor allem darin, dass ein-zelne klarstellende Änderungen sogleich zum An-lass genommen wurden, diese als weiter gehende Einschränkung des Rechts der Zeitarbeit zu inter-pretieren. Dies gilt insbesondere für den in das Gesetz aufgenommenen Hinweis, dass bei er-laubnispflichtiger Zeitarbeit die Überlassung „vor-übergehend“ ist. Der vorübergehende Einsatz des Zeitarbeitnehmers im Einsatzbetrieb ist dem deut-schen System der Zeitarbeit jedoch immanent. Dies hängt mit der besonderen Ausgestaltung

Auftragseingänge sehr schnell in neuer Beschäf-tigung niederschlagen konnten. Einen Austausch von Stammbelegschaften durch Zeitarbeitneh-mer hat es dabei nicht gegeben. Das Gegenteil ist der Fall: Mit zunehmender Stabilisierung der Auftragslage haben die Unternehmen auf eige-ne Belegschaft gesetzt und zahlreiche Zeitar-beitnehmer wurden von den Einsatzbetrieben übernommen. Inzwischen kommt der Zeitar-beit eine immer größere Rolle zu, bestehende Beschäftigungs reserven auf dem deutschen Ar-beitsmarkt zu heben und so zur Fachkräftesiche-rung beizutragen.

Die Tarifpartner sind allerdings gefordert, mit Blick auf die zunehmende Diskussion über Equal Pay in der Zeitarbeit die bestehenden Tarifverträge weiterzuentwickeln. Arbeitgeberpräsident Prof. Dr. Hundt hat auf dem Deutschen Arbeitgebertag am 22. November den Gewerkschaften ausdrücklich das Angebot unterbreitet, bereits vor dem Ablauf der bis Oktober 2013 geltenden Tarifverträge der Zeitarbeit Verbesserungen für die Zeitarbeitneh-mer zu vereinbaren. Erste Gespräche haben da-rüber bereits insbesondere zwischen dem Bun-desverband der Personaldienstleister (BAP) und der IG Metall stattgefunden. Zwischen BAP und IG BCE konnte sogar eine erste Vereinbarung getroffen werden, die auf Basis des bestehenden Tarifvertrags der Zeitarbeit eine stufenweise An-gleichung an Equal Pay vorsieht.

Im Ergebnis werden die Tarifpartner der Zeitarbeit beweisen, dass sie eine Regelung zu Equal Pay praxisgerechter ausgestalten können, als es der Gesetzgeber kann. In sprichwörtlich letzter Minute konnte zu Beginn des Jahres eine im Vermittlungsverfahren zur Neugestaltung der Grundsicherung für Arbeitslose (Hartz IV) dro-hende Festlegung auf eine gesetzliche Auswei-tung des bestehenden Equal-Pay-Grundsatzes abgewendet werden. Das Einlenken der Politik erkennt die Tarifautonomie der Zeitarbeitsbran-che an. Ein gesetzlich zwingendes Equal Pay mit nur noch befristeter tarifvertraglicher Abwei-chungsmöglichkeit hätte dem Flexibilitäts- und Beschäftigungsmotor Zeitarbeit erheblich ge-schadet. Mit einer Vielzahl vergleichbarer unter-nehmensbezogener Regelungen haben die Tarif- und Sozialpartner bereits bewiesen, dass sie zu einer Lösung in Sachen Equal Pay in der Lage

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Tarifpolitik84

der Zeitarbeit in Deutschland zusammen. Der Arbeitsvertrag wird zwischen dem Zeitarbeitsun-ternehmen und dem Zeitarbeitnehmer geschlos-sen. Endet der Einsatz des Zeitarbeitnehmers im Einsatzbetrieb, endet nicht automatisch das Vertragsverhältnis zwischen dem Zeitarbeitneh-mer und seinem Arbeitgeber, dem Zeitarbeitsun-ternehmen. Hinsichtlich anderer Änderungen im Recht der Zeitarbeit ist vieles offen, so z. B. die nähere Ausgestaltung des Anspruchs auf Zugang des Zeitarbeitnehmers zu den Gemeinschaftsein-richtungen des Einsatzbetriebs.

Das BAG hat mit Beschluss vom 14. Dezem-ber 2010 gegenwartsbezogen festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaf-ten für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) nicht tariffähig ist. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Tariffähigkeit einer solchen Spitzenorganisation nur gegeben sei, wenn die sich zusammenschließenden Gewerk-schaften ihre Tariffähigkeit vollständig an diese vermitteln. Dies sah das Gericht bei der CGZP nicht als gegeben an. Zudem dürfe der Organi-sationsbereich einer Spitzenorganisation nicht über den ihrer Mitglieder hinausgehen. Trotz ein-deutigen Gegenwartsbezugs dieser Entscheidung gehen die Sozialversicherungsträger sowohl von einer Tarifunfähigkeit als auch der Unwirksamkeit der von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträ-ge auch für die Vergangenheit aus. Sie sehen betroffene Zeitarbeitsunternehmen in der Pflicht, Sozialversicherungsbeiträge auf die Lohndiffe-renz zwischen der tatsächlich gezahlten und dem gesetzlich geschuldeten Equal Pay nachzuzah-len. Aber auch Einsatzbetriebe würden wie selbst-schuldnerische Bürgen für diese Beiträge haften, wenn das jeweilige Zeitarbeitsunternehmen diese nicht zahlt. Bereits Ende 2010 wurden Zeitarbeits-unternehmen, bei denen von einer Anwendung der CGZP-Tarifverträge ausgegangen wurde, aufgefordert, von sich aus auf Grundlage ange-nommener Equal-Pay-Ansprüche Beiträge nach-zuzahlen.

Trotz bestehender Rechtsunsicherheit über die Ansprüche der Sozialversicherungsträger hat sich die Deutsche Rentenversicherung Bund am 23. Juni 2011 auf eine Handlungsanleitung für die Betriebsprüfungen verständigt. Sofern es nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem

Aufwand gelingt, die Differenz zwischen gezahl-tem Lohn und Equal Pay individuell für jeden Zeit-arbeitnehmer oder zumindest auf Basis von Ver-gleichsgruppen zu ermitteln, soll eine Pauschale von 24 % auf die Gesamtbruttolohnsumme fällig werden. Die Sozialversicherungsträger haben darüber hinaus deutlich gemacht, dass sie Stun-dungsersuchen berücksichtigen und Beitragsbe-scheide bei Widersprüchen zunächst nicht voll-ziehen wollen.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Zeitarbeit sowie > kompakt > „Zeit-arbeit“

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Tag der EhrenämtlerUnterrichtsqualität AusbildungsordnungenStarke Schulen

BewerbermangelEuropäischer BildungsraumDiplom SchuleWirtSchaft

KultusministerDeutscher QualifikationsrahmenBildung Bacheloringenieure

Nachwuchs4ING Kindertageseinrichtungen QualifikationfachkräftemangelHauptschulabschlussBildungspolitik www.wirtschaft-kirchentag.de ausbildungspakt

Jugendwohnen SchulenMigration.Qualifikation.Integrationhochschule

LehrkräfteAusbildungsförderungDuale Studiengänge Bildungsstandards

Deutscher Evangelischer Kirchentag Hochschulfinanzierung MiNtBetreuungsgeld

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung88

Qualität und Nachhaltigkeit der Bildungsreformen verbessern

Die Arbeitgeber setzen sich für das Ziel einer brei­ten und nachhaltigen Verbesserung der Leistung unseres Bildungssystems ein. Denn Bildung ist ein Standortfaktor ersten Ranges, eine wesent­liche Grundlage des Wohlstands und der sozialen Sicherheit unserer Gesellschaft und ein entschei­dender Faktor für die Chancen eines jeden, sich zu qualifizieren, die eigenen Potenziale zu entfal­ten und seine Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Der Bildungsbereich gehört zu den dynamischs­ten Segmenten unserer Gesellschaft. Gerade in den letzten zehn Jahren hat sich im Bildungswe­sen mehr verändert als in den Jahrzehnten zuvor und als in vielen anderen Bereichen. Der Wille der Politik zur Qualitätsverbesserung und die Be­reitschaft zu Reformen mit diesem Ziel sind vor­handen. Allerdings zeigt sich die Kehrseite dieser Entwicklung, wenn Reformen nicht zielführend gestaltet werden, ständig wieder selbst reformiert werden müssen und deshalb den Betroffenen eher als Ergebnis von Aktionismus als von wohl­überlegten Strategien erscheinen. Auch die Bil­dungspolitik muss sich daher die Frage nach ihrer Qualität und Qualitätsverbesserung gefallen las­sen. Viele innovative, aktive und hochwertige Bil­dungseinrichtungen arbeiten zielgerichtet und mit Erfolg, aber die eigentliche Herausforderung für die Politik ist es, weit über diese Leuchttürme hi­naus flächendeckend Qualität sicherzustellen: Es sind längst nicht in jeder Kindertageseinrichtung ausreichende und angemessene Bildungsange­bote sichergestellt. Schulen fühlen sich mit ihren wachsenden Aufgaben nicht selten alleingelas­sen und wenig unterstützt. Zu viele Jugendliche verlassen die Schulen ohne die für eine Ausbil­dung notwendigen Voraussetzungen. Viele Hoch­schulen sind durch hohe Studierendenzahlen bei gleichzeitiger Unterfinanzierung überfordert. Wir setzen auf ein Bildungssystem, in dem von den bildungspolitisch Verantwortlichen, auch über die Grenzen der Bundesländer hinweg, gemeinsam klare Ziele gesetzt und gemeinsam angegangen werden. Dazu gehören Kontinuität und Konsis­tenz ebenso wie Kooperation und Kritikfähigkeit. Erst so sind Reformen nachhaltig und können die gesteckten Ziele erreicht werden: Im Fokus steht die kontinuierliche und individuelle Förderung

jedes Kindes und Jugendlichen auf allen Stufen und in allen Bereichen. Dazu ist eine hochwerti­ge Qualifikation der Fach- und Lehrkräfte ebenso notwendig wie die Selbstständigkeit und Verant­wortlichkeit der Schulen und Hochschulen.

Mathematik, Informatik, Natur-wissenschaften, Technik (MINT): Nachwuchs sichern, Netzwerke stärken

Die MINT-Lücke, die Differenz zwischen offe­nen Stellen im MINT-Segment und der Zahl der Arbeitssuchenden mit einer entsprechenden Qualifikation, erreichte im November 2011 ei­nen Stand von 172.000 und liegt damit nur noch knapp unter dem Allzeithoch vom Oktober 2000 (180.900). Aus Sicht der Unternehmen ist der Fachkräftemangel ein Hauptrisiko für die wirt­schaftliche Entwicklung. Denn wenn Mitarbeiter fehlen, können Aufträge nicht angenommen wer­den und Projekte verzögern sich. Die Folge sind Wertschöpfungsverluste in Milliardenhöhe. Die große Bedeutung der MINT-Qualifikationen für den Wirtschaftsstandort Deutschland bestätigte auch das im Frühjahr 2011 erstmalig vorgeleg­te MINT-Reporting des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln). Danach stieg die Zahl der erwerbstätigen MINT-Akademiker zwischen 2000 und 2008 um knapp 0,5 Mio. auf 2,2 Mio. an. In den vergangenen Jahren ist zwar aufgrund einer insgesamt höheren Studierneigung und ei­ner Verringerung der Studienabbruch­ und Fach­wechselquote die Zahl der MINT-Hochschulab­solventen deutlich gestiegen, kaum Fortschritte wurden allerdings bei der angestrebten Steige­rung des Frauenanteils erreicht. Hier gilt es, spe­zielle Fördermaßnahmen für Mädchen im Bereich MINT wie z. B. den Girls’ Day und Mentoring-Pro­gramme weiter auszubauen.

Der Fachkräftemangel ist nicht nur für Deutschland, sondern für die europäische Wirt­schaft insgesamt eine Wachstumsbremse. Dies ist das Ergebnis eines im Mai 2011 von BUSINESS EUROPE vorgelegten Berichts. In Österreich berichten 77 % der Unternehmen von Schwierigkeiten bei der MINT-Stellenbesetzung, 28 % der Unternehmen in Belgien stellen auch

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung 89

200.000

160.000

120.000

80.000

40.000

0

MINT-Fachkräftelücke weiter stark gewachsen

Arbeitskräftelücke im MINT-Segment

Anzahl fehlende Fachkräfte

Quellen: IW Köln, Bundesagentur für Arbeit, 2011

MINT gesamt

Ingenieure

Datenverarbeitungsfachleute

Techniker

Mathematiker/Naturwissenschaftler

Okt.2000

Okt.2001

Okt.2002

Okt.2003

Okt.2004

Okt.2005

Okt.2006

Okt.2007

Okt.2008

Okt.2009

Okt.2010

Okt.2011

weniger geeignete Bewerber ein, um ihre Stellen überhaupt zu besetzen. Die Autoren empfehlen, Qualität und Quantität der MINT-Bildung in allen Bildungsinstitutionen deutlich anzuheben, den Austausch zwischen Bildungseinrichtungen und Unternehmen zu intensivieren und Zuwanderung bedarfs- und qualifikationsorientiert zu steuern.

Ziel der 2008 ins Leben gerufenen BDA/BDI-Initiative „MINT Zukunft schaffen“ ist es, die MINT-Aktivitäten der Unternehmen und Verbände besser sichtbar zu machen und Netzwerke für mehr und bessere MINT-Bildung in Schulen und Hochschulen

zu initiieren und zu stärken. Der MINT-Navigator unter www.mintzukunftschaffen.de bietet Zugriff auf aktuell mehr als 1.000 Einzelprojekte und -ini-tiativen. Fast 6.000 MINT-Botschafter vermitteln in Schulen und Hochschulen Interesse und Begeis-terung für MINT. Sie laden zu Betriebsbesichtigun-gen ein, stellen ihre beruflichen Tätigkeiten vor und engagieren sich als Mentoren für Schüler und Stu-dierende. Damit sind sie das menschliche Gesicht von „MINT Zukunft schaffen“. Innerhalb der MINT-Community bieten der MINT-Tag sowie die MINT-Botschafterkonferenz die Plattform für eine besse-re Vernetzung. Der MINT-Tag 2011 fand im April

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung90

Die deutsche Wirtschaft hat sich zum Ausbau der Kindertageseinrichtungen als erster Stufe des Bildungssystems bekannt. Mit dem Positionspapier „Frühkindliche Bildung voranbringen“ hat die BDA im Juli 2011 einen Acht-Punkte-Katalog vorgelegt:

1. Jedes Kind wird in den Kindertageseinrich­tungen umfassend und individuell gefördert. Ziel ist die frühe Entwicklung von Lebens­kompetenzen wie der Bildungsbefähigung des Kindes.

2. Jedes Kind wird begleitet, beobachtet und unterstützt. Förderung beginnt mit einer sys­tematischen Diagnose. Ein Portfolio doku­mentiert kontinuierlich die Entwicklungs­schritte des Kindes.

3. Jedes Kind hat das Recht zu lernen. Die Kultusminister tragen Verantwortung für die Kindertages­ als Bildungseinrichtungen der ersten Stufe. Es ist ihre Aufgabe, Bildungs­standards zu vereinbaren und flächende­ckend umzusetzen.

4. Jedes Kind entfaltet Basiskompetenzen. Bil­dungsstandards zielen vor allem auf sprach­liche Kommunikationsfähigkeit, den ersten Umgang mit mathematischen Größen und Verfahren sowie mit forschendem Experi­mentieren.

5. Jedes Kind braucht professionelle Unterstüt­zung. Das Qualifikationsprofil orientiert sich an den veränderten Anforderungen für Früh­pädagogen und ist in Aus­ und Fortbildung zügig umzusetzen. Bewertung und Bezah­lung der Arbeit sind anzupassen.

6. Jedes Kind braucht ausreichende und vielfäl­tige Betreuung. Die Qualität der Kindertages­einrichtung ist nicht von der Betreuungsrela­tion zu trennen. Mehr Frühpädagogen, auch mit vielfältigen Hintergründen, sind gefragt.

7. Jedes Kind profitiert frühzeitig von einer Kin­dertageseinrichtung. Ziel muss es sein, dass alle Kinder ihrem Bedarf entsprechend früh­zeitig die Kindertageseinrichtung besuchen. Qualitätssicherung hat Vorrang vor Kosten­freiheit.

im Deutschen Museum München statt. Unter dem Motto „Talentschmiede MINT“ zeigten junge Men­schen, wie sie auf ihrem individuellen Bildungs­weg MINT entdeckten und zu welchen Berufen sie dieser Weg führte. Gastgeber der MINT-Botschaf­terkonferenz 2011 mit dem Titel „Unternehmen machen MI(N)T“ war die Siemens AG. Die Veran­staltung im November in Berlin zeichnete mit dem Botschafterpreis herausragende Botschafteraktivi­täten aus und bot Möglichkeiten für einen intensi­ven Austausch zwischen den Botschaftern.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „MINT Zukunft schaffen“ sowie unter www.mintzukunftschaffen.de

Acht-Punkte-Katalog zur frühkindlichen Bildung

Die frühkindliche Bildung ist ein Thema von wach­sender Bedeutung, zu dem sich die Arbeitgeber – wie kaum ein anderer Partner der Bildungspolitik – bereits vielfach mit Vorschlägen und Forderungen geäußert haben.

Gute Bildungssysteme zeichnen sich allen Studien zufolge dadurch aus, dass die Förde­rung der Kinder weit vor der Schule beginnt. Der in Deutschland besonders enge Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg kann und muss durch eine frühe Förderung ent­koppelt werden. Dies ist inzwischen Konsens in der Bildungspolitik. Angesichts knapper Kassen und starker Anstrengungen zum Aufbau von Be­treuungs­ und Bildungskapazitäten für Kinder un­ter drei Jahren droht die qualitative Verbesserung der Tageseinrichtungen vernachlässigt zu wer­den. Kinder erfahren die so wichtige Förderung oft erst zu spät. Bildungspläne der Länder sind noch nicht umgesetzt, Bildungsangebote nicht in jeder Einrichtung sichergestellt.

Dabei fragen auch Eltern über Betreuung und Erziehung ihrer Kinder hinaus zunehmend nach mehr Qualität und Bildung. Die frühzeitige Förderung kann nur erfolgreich und nachhaltig gelingen, wenn Kindertagesstätte und Elternhaus eng und auf Augenhöhe zusammenwirken. Dies gilt insbesondere für die Sprachförderung, gerade bei Migrantenfamilien.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung 91

1. Finanzierung sichern

Die notwendige Verbesserung des Bildungs­standorts Deutschland muss dauerhaft finan­ziert werden. Investitionen in die Bildung sind effizienter und zielführender als die Steige­rung von Transferleistungen an die Eltern.

2. Eltern am Bildungsprozess beteiligen

Die öffentliche Bildung kann und soll die Familie nicht ersetzen, sie soll deren Rolle aber unterstützen.

3. Fundamentale Bedeutung der frühkindlichen Bildung

Der Ausbau der Bildungsanteile in den Kin­dertageseinrichtungen für Kinder im gesam­ten Vorschulbereich ist essenziell und muss sich auch in der Aus­ und Fortbildung von Erzieher/­innen niederschlagen. Die Koope­ration von Kindertageseinrichtung und Grund­schule ist auszubauen und in ländlichen Regionen die Zusammenführung in „Bildungs­häusern“ für Kinder von drei bis zehn Jahren zu prüfen.

4. Kommunale Bildungslandschaften ausbauen

Vor Ort ist das partnerschaftliche Miteinan­der von Schule, Kindertageseinrichtung, Kinder­ und Jugendhilfe, Kultureinrichtungen und dem Sport in kommunalen Bildungsland­schaften zu verstärken. Die Wirtschaft vor Ort beteiligt sich an diesen kommunalen Bil­dungslandschaften z. B. durch Praktika oder Schulkooperationen.

5. Selbstständigkeit der Schule stärken

Mehr Selbstständigkeit von Schulen ist ent­scheidend, um eigene Profile zu entwickeln, Handlungsfähigkeit zu gewinnen und geziel­ter auf die Bedürfnisse der Schüler eingehen zu können. Die Länder müssen den Schulen größere Gestaltungsspielräume bei der Pro­filbildung einräumen. Der Ausbau der Ganz­tagsschulen muss weiter vorangetrieben werden.

8. Jedes Kind braucht Qualität – je früher, desto besser. Statt Kindergeld und Kinderfreibetrag zu erhöhen oder ein Betreuungsgeld einzu­führen, sind Investitionen in die Bildungsein­richtungen zielführender.

Die Positionierung der BDA fand eine breite positive Resonanz in der Presse. Auch die Reak­tionen der zuständigen Ministerien der Bundes­länder, der Landtagsfraktionen und der Parteien waren von hohem Interesse und fast durchweg großer Zustimmung gekennzeichnet. Die Forde­rung nach einer Umsteuerung der Finanzströme von direkten Transfers zur Infrastruktur, um die Investitionen zielsicherer in die Bildung der Kinder zu lenken, fand breite Akzeptanz. Kritik kam von Bayerns Sozialministerin Haderthauer als Ver­fechterin des geplanten Betreuungsgelds, die der BDA zudem vorwarf, die Erziehungsverantwor­tung der Eltern „auszuhöhlen“ und zu „entwerten“, den Bildungsort Familie „komplett auszublenden“ und eine „schleichende Verstaatlichung der Erzie­hung“ zu propagieren. Dass Eltern für die Bildung ihrer Kinder eine entscheidende und unverzicht­bare Rolle spielen und nur gemeinsam mit ihnen Bildungserfolge zu erzielen sind, hatte die BDA im Positionspapier – wie im Antwortschreiben an die Ministerin – deutlich gemacht. Das Thema „Bil­dungs­ und Erziehungspartnerschaft von Eltern und Bildungseinrichtungen“ werden wir mit Auf­merksamkeit weiterverfolgen.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Frühkindliche Bildung“

Kommunen als Bildungsstandorte stärken

Die Kommunen gewinnen für die Bildungsquali­tät vor Ort weiter an Bedeutung: als Schulträger und Kindergartenträger, als Standorte für Betrie­be, als Koordinatoren von Bildungspartnerschaf­ten vor Ort und vor allem beim Übergang in die Ausbildung. Im Dezember präsentierten die BDA und der Deutsche Städte­ und Gemeindebund (DStGB) eine gemeinsame Stellungnahme zu den zentralen Herausforderungen der Bildungs­politik in Deutschland. Sie betonten übereinstim­mend:

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung92

14 festgelegten Kriterien. Im Juli 2011 wurden in Baden­Württemberg in enger Kooperation mit dem dortigen Landesarbeitgeberverband und SCHULE- WIRTSCHAFT Baden-Württemberg 31 Schulen ausgezeichnet. Im September folgten mit Aus­zeichnungen in Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie im November mit Bayern und Thüringen vier weitere Bundesländer. Der Prozess wird im Jahr 2012 fortgesetzt.

Checkliste für gelungene Berufs-orientierung auch für Schulen der Sekundarstufe II

Im letzten Jahr entwickelte die BA in Zusam­menarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULE WIRTSCHAFT die Checkliste „Gelunge­ne Berufsorientierung an Schulen der Sekundar­stufe I“. Mit dieser Checkliste wurde den Schulen ein Arbeitsmittel an die Hand gegeben, mit dem sie Projekte zur Berufsorientierung besser ein­schätzen können. Gleichzeitig ermöglicht dieses Arbeitsmittel den Lehrkräften einen übersichtli­chen und gut handhabbaren Zugang zu Aspekten der Qualitätssicherung ihres eigenen Berufsorien­tierungskonzepts.

Aufgrund der vielen positiven Rückmel­dungen haben die Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT und die BA ein vergleich­bares Arbeitsmittel nun auch für Schulen der Se­kundarstufe II konzipiert. Die Checkliste wurde von Fachberatern der Agenturen für Arbeit, Pä­dagogen, Ausbildungsleitern und Vertretern aus den Kultusministerien der Länder entwickelt und von Lehrkräften bundesweit erprobt. Über die Regionaldirektionen und örtlichen Arbeitsagentu­ren sowie über die Landesarbeitsgemeinschaf­ten SCHULEWIRTSCHAFT soll das Arbeitsmittel jeder Schule mit Sekundarstufe II zur Verfügung gestellt werden.

Beide Checklisten können von den Internetseiten der BA und SCHULEWIRTSCHAFT heruntergela­den werden:

� www.arbeitsagentur.de � www.schulewirtschaft.de

6. Informations- und Kommunikations-technologie in Schulen nutzen

Schüler müssen die modernen Informations- und Kommunikationstechniken beherrschen. Dazu gehört neben einer IT-Ausstattung der Schulen auch eine entsprechende Fortbil­dung der Lehrkräfte.

7. Übergang Schule – Ausbildung

Der Übergang von der Schule in die Ausbil­dung ist für zu viele Jugendliche nach wie vor problematisch. Sie brauchen gezieltere Unter­stützung und Begleitung und eine umfas­sende Berufsorientierung für eine bewusste Berufswahl. Förderangebote müssen mög­lichst praxisnah und passgenau zugeschnit­ten sein. Insgesamt muss eine regionale Koordinierung und Steuerung Transparenz schaffen und Anschlussfähigkeit sichern z. B. durch den Arbeitsmarktmonitor der Bundes­agentur für Arbeit (BA) als Kommunikations­plattform vor Ort.

MINT in Schulen verankern

Die nachhaltige Verbesserung der Qualität und Quantität des MINT-Unterrichts an Schulen ist ein wichtiges Anliegen der Arbeitgeber. Dazu ist es notwendig, dass viele Schulen einen Schwer­punkt auf die MINT-Bildung legen. Im Jahr 2011 startete die Auszeichnung von MINT-freundlichen Schulen durch „MINT Zukunft schaffen“ in Zu­sammenarbeit mit verschiedenen Landesarbeit­geberverbänden und bundesweiten Partnern wie z. B. der Telekom Stiftung und der Robert Bosch Stiftung. Ziel ist es, im MINT-Bereich engagierte Schulen zu würdigen, ihnen Unterstützung und Vernetzungsmöglichkeiten zu bieten. Die MINT-freundlichen Schulen sollen als solche für Schü­ler, Eltern und Unternehmen erkennbar sein. Die weit gestreute Markierung von MINT-freundlichen Schulen ist dabei ebenso wichtig wie die Aus­zeichnung und Förderung exzellenter Leuchtturm-Schulen, wie sie z. B. im Rahmen der Initiative MINT-EC erfolgt.

Die Bewertung der Schulbewerbungen und damit die Anerkennung und Auszeichnung als MINT-freundliche Schule richtet sich nach

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung 93

Auf Erfolgskurs: das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT in Zahlen (Stand: 2009)

SCHULEWIRTSCHAFT – bundesweit

15 Landesarbeitsgemeinschaften koordinieren die Arbeit auf Landesebene, die in der Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT zusammengeschlossen sind.

432 regionale Arbeitskreise bilden die lokale Basis der Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft.

22.365 ehrenamtliche Akteure aus Schule, Wirtschaft, Politik und anderen Institutionen arbeiten in den regionalen Arbeitskreisen.

51.514 Kontakte hatten die regionalen Arbeitskreise, Landesarbeitsgemeinschaften und die Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT zusammengenommen.

6.069 Veranstaltungen wurden mit 158.204 Teilnehmern im Netzwerk durchgeführt.

46 % der Veranstaltungsteilnehmer waren Schüler.

3.424 Mal wurde in den Medien über die Arbeit im Netzwerk berichtet.

SCHULEWIRTSCHAFT – vor Ort

4.139 Veranstaltungen führten die regionalen Arbeitskreise durch. Davon waren 44 % Betriebserkundungen.

97.109 Teilnehmer konnten die regionalen Arbeitskreise bei ihren Veranstaltungen begrüßen.

22.161 Kontakte bestanden zu Schulen, Unternehmen, Kindertagesstätten und weiteren Institutionen.

1.873 Mal wurde über die Arbeit der regionalen Arbeitskreise in den Medien berichtet.

Täglich insgesamt

11 Veranstaltungen der regionalen Arbeitskreise

5 Medienberichte über die regionale SCHULEWIRTSCHAFT-Arbeit

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung94

Aspekten: Wie sieht die Lebenswelt der Jugend­lichen aus? Wie können sie von Schule, Eltern und Unternehmen erreicht werden? Welche Funktion kann hierbei das Netzwerk SCHULE-WIRTSCHAFT übernehmen? Wie können wir Jugendliche mit unseren Aktivitäten erreichen? Prof. Dr. Hurrelmann, Leiter der Shell-Jugendstu­die, und Frau Dr. Borgstedt, Mitverfasserin der SINUS-Milieustudie U27 „Wie ticken Jugendli­che?“, beleuchteten das Thema aus wissenschaft­licher Sicht. Die Ergebnisse einer Schülerumfrage durch Schüler des JUNIOR-Ehemaligennetzwerks und eine Podiumsdiskussion rundeten den The­menschwerpunkt ab.

SCHULEWIRTSCHAFT-Jahres-tagung mit „Tag der Ehrenämtler“

Zum ersten Mal gab es im Rahmen der Jahres­tagung der Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULE-WIRTSCHAFT am 24. Oktober in Potsdam einen „Tag der Ehrenämtler“. Damit soll das Engage­ment der ehrenamtlichen Mitglieder der Bundes­arbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT ge­würdigt werden.

Unter dem Motto „Wie ticken Jugendliche heute?“ widmete sich der Thementag folgenden

Stiftung der Deutschen Wirtschaft stiftet Chancen

Mit dem neuen Leitsatz „Wir stiften Chancen!“ startete die Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) in das Jahr 2011. Der Slogan drückt die große Bandbreite der Stiftungsarbeit aus: Die Bildungspro­gramme der sdw richten sich an leistungsorientierte Schülerinnen und Schüler von der Hauptschule bis zum Gymnasium, an Auszubildende, Studierende und Promovierende. Hinter allem steht: Wichtig ist nicht, was junge Menschen bereits erreicht haben – wichtig ist, was sie in Zukunft zu leisten vermögen. 4.500 Programmteilnehmerinnen und -teilnehmer verzeichnete die Stiftung im Jahr 2011. Ihre indivi­duelle Gestaltungskraft für einen erfolgreichen Bildungs­ und Berufsweg zu stärken, ist gemeinsamer Nenner aller Programme.

Um ihre operative Arbeit noch bekannter zu machen und praktische Erfahrungen weiterzugeben, wandte sich die sdw im Februar 2011 erstmals mit einem bildungspolitischen Forum an die Öffentlichkeit. Über­schrieben war es mit dem hochaktuellen Thema „Herausforderung Bildungsgerechtigkeit – zum fairen Umgang mit dem Leistungsprinzip“. Hierzu hat die sdw auch einen Essayband herausgegeben, der bei der Stiftung unter www.sdw.org online bestellt werden kann. Für die Folgejahre sind weitere Veranstal­tungen ähnlichen Formats geplant.

Als neu eingerichtete Transferstelle unterstützt die sdw seit Juli 2011 das Projekt „Netzwerk SCHULE-WIRTSCHAFT Ostdeutschland“. Drei Ziele hat sich das Netzwerk auf die Fahnen geschrieben: den Jugendlichen in Ostdeutschland Berufsperspektiven in der eigenen Region aufzuzeigen, Jugendliche mit schwierigen Startchancen zu fördern und junge Menschen für MINT-Themen zu begeistern. Hierbei unterstützt die sdw die beteiligten Landesarbeitsgemeinschaften SCHULEWIRTSCHAFT und ihre regi­onalen Arbeitskreise in ihrem Engagement, die Kooperationen zwischen Wirtschaft und Schulen bzw. Hochschulen auszubauen.

Einen Generationswechsel gab es an der Spitze der sdw. Dr. Schnöring trat die Nachfolge von Herrn Brackmann als Generalsekretär an, der in den Ruhestand gegangen ist, aber im Stiftungsvorstand aktiv bleibt.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung 95

35.000

30.000

25.000

20.000

15.000

10.000

5.000

0

Stand: jeweils 30. September

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2011

Zunehmender Bewerbermangel auf dem Ausbildungsmarkt

Unbesetzte Ausbildungsstellen und unversorgte Bewerber

2009 2010 2011

Unbesetzte Ausbildungsstellen

Unversorgte Bewerber

17.255

15.679

19.605

12.255

29.689

11.550

gegenüber dem Vorjahr von 10,2 % ein Minus bei den gemeldeten Bewerbern von 2,5 % ge­genüber. Die Zahl der zum 30. September noch unvermittelt gemeldeten Bewerber ist weiter auf 11.600 gesunken, das sind nur rd. 2 % aller im Jahr 2011 gemeldeten Bewerber. Ihnen stehen noch deutlich mehr unbesetzte Ausbildungsplät­ze gegenüber (29.700). Dieses Lehrstellenplus hat sich damit gegenüber dem Vorjahr deutlich vergrößert (2010: +7.300; 2011: +18.100). Die Chancen für die Nachvermittlung sind dement­sprechend sehr gut.

Zunehmender Bewerbermangel auf dem Ausbildungsmarkt

Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt hat sich 2011 für die Ausbildungsbewerber weiter verbes­sert. Während ihre Chancen auf Ausbildung gut sind, haben die Ausbildungsbetriebe zunehmend Schwierigkeiten, geeignete Bewerber zu finden. Umso bemerkenswerter ist es, dass sie ihr Ausbil­dungsangebot 2011 noch weiter gesteigert haben. So steht laut der Statistik der BA dem Zuwachs bei den gemeldeten betrieblichen Ausbildungsplätzen

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Die Arbeitgeber bringen sich mit einem großen Engagement für Berufsorientierung, Berufsvor­bereitung und Ausbildung in den Pakt ein. Insbe­sondere gehört dazu der aktuelle Schwerpunkt des Netzwerks SCHULEWIRTSCHAFT bei der Berufsorientierung junger Menschen mit Migrati­onshintergrund.

Um auch künftig leistungsstarke Schulab­gänger für die duale Ausbildung zu gewinnen, wurde Anfang November zudem eine im Ausbil­dungspakt verabredete Kampagne unter dem Motto „Berufliche Bildung – praktisch unschlag­bar“ gestartet. Sie wird von Bundesbildungs- und Bundeswirtschaftsministerium finanziert und von der Wirtschaft begleitet. Sie illustriert die Stärken des dualen Systems, indem sie insbesondere über die vielfältigen und interessanten Berufe und die guten weiteren Entwicklungsmöglichkeiten z. B. durch Fortbildung informiert.

Nähere Informationen unter www.arbeit geber.de > kompakt > „Ausbildungspakt“ sowie unter www.arbeitgeber.de > argumente > „Wir bilden aus!“

Attraktivität der Ausbildung durch moderne Berufe sichern

Die Modernisierung von Ausbildungsordnungen, die den Standard jeder Ausbildung in anerkannten Berufen vorgeben, ist ein Kernbereich der BDA­Tätigkeit in der Berufsbildungspolitik. Die duale Ausbildung zeichnet sich durch ihre Betriebsnä­he aus. Betriebe sind Hauptverantwortliche in der Ausbildung und daher durch die Sozialpartner bei der Entwicklung bzw. Modernisierung der Aus­bildungsordnungen maßgeblich beteiligt. Sobald sich Berufsbilder verändern und neue Anforde­rungen im Arbeitsalltag entstehen, soll dies in der Ausbildung möglichst unmittelbar nachvollzogen werden. Durch regelmäßige Überprüfungen der Verordnungen auf ihre Aktualität wird gewährleis­tet, dass die Absolventen der dualen Ausbildung alle Voraussetzungen für einen direkten Berufs­einstieg mitbringen.

Mit Beginn des Ausbildungsjahres 2011 konn­ten wieder in 16 Berufen modernisierte Ausbil­dungen angeboten werden. Ein Schwerpunkt lag dabei diesmal auf der Druck­ und Medienbranche

Diese positiven Zahlen der BA werden auch von Daten zu den neu abgeschlossenen Ausbil­dungsverträgen bestätigt. Insgesamt wurden laut Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) bis Ende September 570.140 Ausbildungs­verträge abgeschlossen. Das ist ein Plus von 1,8 % gegenüber dem Vorjahr. Die betrieblichen Ausbildungsverträge haben sogar um 4 % zuge­nommen. Angesichts des bei der BA verzeichne­ten Bewerberrückgangs ist dieses Ergebnis sehr bemerkenswert.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Ausbildungsmarkt“

Ausbildungspakt zieht positive Zwischenbilanz

Der Lenkungsausschuss Ausbildungspakt hat auf seiner Sitzung am 7. November 2011 eine positive Zwischenbilanz für den Ausbildungsmarkt gezo­gen. Die Umsetzung der Zusagen der Wirtschaft aus dem Ausbildungspakt ist auf einem guten Weg: Bis Ende Oktober wurden 63.100 Ausbil­dungsplätze neu eingeworben (Zusage: 60.000), 38.100 Betriebe wurden neu für Ausbildung ge­wonnen (Zusage: 30.000) und 22.700 Plätze für Einstiegsqualifizierungen (EQ) von den Betrie­ben bereitgestellt, davon 3.710 Plätze für beson­ders förderungsbedürftige Jugendliche, sog. EQ-Plus-Plätze (Zusage: 40.000 EQ-Plätze, davon 10.000 EQ-Plus-Plätze). Die endgültige Bilanz für 2011 wird im Februar 2012 am Ende der Nachver­mittlung gezogen.

Angesichts der zunehmenden Schwierig ­ keiten der Betriebe bei der Besetzung von Aus­bildungsplätzen bestand Einigkeit, dass weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Ausbil­dungsreife und Berufsorientierung sowie zur Erschließung weiterer Potenziale, vor allem schwächerer Jugendlicher und junger Menschen mit Migrationshintergrund, erforderlich sind. Be­sonders wichtig sind dabei die Übergänge von der Schule in Ausbildung; Angebote müssen hier möglichst frühzeitig ansetzen sowie praxisnah, bedarfsgerecht und transparent gestaltet wer­den. Zudem sind Anstrengungen erforderlich, um das duale Ausbildungssystem auch für leis­tungsstärkere Schulabgänger attraktiv zu halten.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung 97

Mindestvorgaben der Ausbildung weitere Verfah­ren ausgebildet und als Zusatzqualifikation geprüft werden. Insgesamt überarbeitet wurden auch die Konstruktionsberufe. Die modernen Ausbildungen zum Technischen Produktdesigner und Techni­schen Systemplaner bieten nun durch ein überar­beitetes Angebot an Fachrichtungen differenzierte und flexible Ausbildungsmöglichkeiten.

sowie dem Konstruktionsbereich. Schon die ge­änderte Berufsbezeichnung in der Druck­ und Medienbranche macht deutlich, dass sich die Be­rufsbilder teilweise gravierend verändert haben. So heißt der ehemalige „Drucker“ nun „Medien­technologe Druck“. Um den verschiedenen Druck­verfahren, mit denen Betriebe umgehen müssen, Rechnung zu tragen, können zusätzlich zu den

Modernisierung der Ausbildungsberufe fortgesetzt

Neu geordnet wurden die Berufe:

Augenoptiker/­in, Bootsbauer/­in, Buchbinder/­in, Buchhändler/­in, Fachkraft für Lederverarbei­tung (zweijährig, ehemals Schuh- und Lederwarenstepper/-in), Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice (Überführung der Erprobungsverordnung), Mediengestalter/-in Flexografie (ehemals Flexograf/ -in), Medientechnologe/-technologin Druck (ehemals Drucker/-in), Medientechnologe/-tech­nologin Siebdruck (ehemals Siebdrucker/-in), Medientechnologe/-technologin Druckverarbeitung (neu), Packmitteltechnologe/-technologin, Technische(r) Produktdesigner/-in, Technische(r) Systemplaner/-in, Textilgestalter/-in im Handwerk, Tourismuskaufmann/ -frau (Kaufmann/-frau für Privat- und Geschäftsreisen; ehemals Reiseverkehrskaufmann/-frau), Schifffahrtskaufmann/-frau

Im weiteren Erarbeitungsverfahren für die Neuordnung zum 1. August 2012 befinden sich die Berufe:

Fachangestellte(r) für Arbeitsmarktdienstleistungen (öD), Pharmazeutisch-kaufmännische(r) Angestell -te(r), Schilder- und Lichtreklamehersteller/-in, Schornsteinfeger/-in, Verfahrensmechaniker/-in für Kunst­stoff­ und Kautschuktechnik

In der beruflichen Fortbildung wurden im Berichtsjahr folgende Verordnungen erlassen (nach § 53 BBiG/§ 42 HwO):

Betriebswirt/-in Handwerk, Fachagrarwirt/-in Klauenpflege, Fachwirt/-in im Gesundheits- und Sozial-wesen, Klauenpfleger/-in, Personaldienstleistungsfachwirt/-in, Sportfachwirt/-in

Im Neuordnungs- bzw. Erlassverfahren befinden sich die Fortbildungsverordnungen:

Fachberater/­in für Finanzdienstleistungen, Fachkaufmann/­frau für Büromanagement, Fachwirt/­in für Finanzberatung, Fachwirt/-in für Personenverkehr/Mobilitätsdienstleistungen, Fachwirt/-in Güterverkehr und Logistik, Fachwirt/-in im Gastgewerbe, Industriemeister/-in Schuhfertigung, Kraftverkehrsmeister/-in, Logistiker/-in, Meister/-in für Bild- und Tonproduktion, Polier/-in, Tourismusfachwirt/-in

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung98

In Vorbereitung ist die Neuordnung der Bü­roberufe (Bürokaufmann, Kaufmann für Büro­kommunikation). Nach Diskussionen, an denen die BDA intensiv beteiligt war, ist es gelungen, gemeinsam mit den Gewerkschaften ein Konzept für die Modernisierung dieser branchenübergrei­fenden Berufe vorzulegen. Dies sieht zukünftig die Ausbildung in einem einzigen Beruf vor, der auch die entsprechende Ausbildung im öffentli­chen Dienst umfasst. Wahlqualifikationseinheiten sollen den Betrieben eine den unterschiedlichen Anforderungen entsprechende Ausbildung er­möglichen.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Moderne Strukturen in der dualen Ausbildung“

Die Berufsschule der Zukunft: das Leitbild der Arbeitgeber

Der Erfolg des dualen Ausbildungssystems und seine Attraktivität basieren auf der Leistungsfähig­keit und Kooperation der beiden Lernorte Betrieb und Berufsschule. Dementsprechend kommt den Berufsschulen als Partnern der Betriebe in die­sem System eine große Bedeutung zu. Mit ih­rem neuen Leitbild richten die Arbeitgeber ihren Blick auf die Berufsschulen und legen dar, welche Rahmenbedingungen von der Politik geschaffen werden müssen und welche Handlungsfelder zu bearbeiten sind, damit Berufsschulen optimal auf­gestellt sind.

Aus Sicht der Arbeitgeber müssen die An­forderungen und Bedarfe der Praxis wichtigster Maßstab für die Arbeit der Berufsschulen und die Ausgestaltung des dualen Systems insgesamt sein. Die Berufsschulen sind leistungsstarke, attraktive und verlässliche Dienstleister, die ge­meinsam und auf gleicher Augenhöhe mit den Betrieben für eine hochwertige Ausbildung sor­gen. Eine enge Kooperation zwischen beiden ist essenziell.

Die zehn Handlungsfelder, die das Leitbild „Be­rufsschule der Zukunft“ beschreibt, sind:

1. Selbstständigkeit der Berufsschulen stärken2. Qualität umfassend sichern

3. Wettbewerb zwischen Berufsschulen ermöglichen

4. Berufsschulen modern und bedarfsgerecht ausstatten

5. Berufsschullehrernachwuchs sicherstellen und praxisgerecht qualifizieren

6. Flexibilität für Modernisierungen sicherstellen7. Unterrichtsqualität und individuelle Förde­

rung sicherstellen8. Leistungen der Auszubildenden transparen­

ter machen9. Lernortkooperation stärken10. Externe Kooperationen ausbauen

Mehr Flexibilität in der Ausbildungsförderung

Angesichts der für Bewerber günstigen Situation auf dem Ausbildungsmarkt ist es besonders wich­tig, Förderinstrumente noch gezielter auf die Un­terstützung schwächerer Jugendlicher zu fokussie­ren. Dabei muss eine größtmögliche Praxis- und Betriebsnähe sichergestellt werden, da so die bes­ten Chancen auf Beschäftigung eröffnet werden. Sehr zu begrüßen ist, dass entsprechende Schritte im Rahmen der aktuellen SGB-III-Reform („Ge­setz zur Verbesserung der Eingliederungschan­cen am Arbeitsmarkt“) unternommen wurden. So bleiben die EQ – nach scharfer Kritik der BDA an der ursprünglichen Absicht, die betrieblichen EQ zugunsten eines trägergestützten Instruments auf­zugeben – in ihrer bisherigen Form erhalten. Auch eine zwischenzeitlich geplante Befristung der EQ konnte letztendlich abgewendet werden. Dies ist sehr zu begrüßen, denn die EQ ist eine erfolgrei­che Brücke in Ausbildung, die dauerhaft erhalten bleiben muss, um schwächere Jugendliche auch zukünftig an Ausbildung heranführen zu können.

Darüber hinaus wurde mit dem Gesetz der Forderung der BDA gefolgt, die Begrenzung von betrieblichen Praxisphasen bei Berufsvorberei­tungsmaßnahmen (BVB) und außerbetrieblicher Ausbildung (BaE) aufzuheben. Die Dauer dieser Phasen kann nun je nach Bedarf und Möglichkeiten gestaltet werden. Dies garantiert mehr Betriebsnä­he und damit größere Chancen auf eine reguläre Ausbildung oder Beschäftigung. Mehr Flexibilität ermöglicht auch die Abschaffung der Pflicht, vor einer BaE immer eine BVB durchzuführen.

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allgemeinbildende schulische Ausbildung, dass Absolventen des dualen Systems aber mindes­tens gleichwertige Kompetenzen erwerben. Dies erlangt nicht zuletzt im Hinblick auf den europäi­schen Vergleich von Qualifikationen eine erhebli­che Bedeutung.

Die BDA setzt sich gemeinsam mit den üb­rigen Spitzenorganisationen der Wirtschaft, den Gewerkschaften, den beteiligten Bundesminis­terien und der Wirtschaftsministerkonferenz da­für ein, dass drei­ und dreieinhalbjährige Ausbil­dungsberufe auf einem Niveau mit dem Abitur eingeordnet werden. Die BDA tritt darüber hinaus dafür ein, dass mit dieser erstmaligen Einordnung abweichende Zuordnungen von Ausbildungsbe­rufen für die Zukunft keinesfalls ausgeschlos­sen sind. Vielmehr muss bei der Gestaltung von kompetenzbasierten Ausbildungsordnungen in jedem Einzelfall auf der Grundlage der DQR-Be­schreibungen geprüft werden, welches Niveau die Qualifikation erreicht. Ein starres System, das die Entwicklung zukünftiger Ausbildungsordnungen auf wenige Niveaus des DQR beschränkt, wäre hingegen kontraproduktiv und würde den Mehr­wert des DQR gefährden. Denn die Akzeptanz der Unternehmen kann nicht mehr gewährleistet werden, wenn aufgrund formaler Erwägungen Zu­ordnungen getroffen werden, die von erfahrenen Praktikern nicht nachvollziehbar sind.

Vielfalt der europäischen Berufs-bildungssysteme beachten

In den letzten Jahren wurden auf europäischer Ebene mehrere Instrumente entwickelt, die eine bessere Vergleichbarkeit der Berufsbildung in Europa zum Ziel haben – angefangen beim Eu­ropäischen Qualifikationsrahmen (EQR) über das Europäische Leistungspunktesystem für die Aus­ und Weiterbildung (ECVET) bis hin zum Referenz­rahmen für Qualitätssicherung in der beruflichen Bildung (EQARF). Auch wenn alle Instrumente be­rechtigte Ziele verfolgen und deshalb von den Sozi­alpartnern größtenteils unterstützt wurden, besteht die Gefahr, dass die Anzahl und die Komplexität der verschiedenen Instrumente dazu führen, dass deren Nutzen nicht bei der Berufsbildungspraxis ankommt bzw. nicht als solcher erkannt wird.

Eine bessere, wenn auch noch nicht aus­reichende Finanzierungsgrundlage schafft die SGB- III-Reform für das Jugendwohnen. Träger von Jugendwohnheimen können nun wieder durch Darlehen und Zuschüsse für den Aufbau, die Erweiterung, den Umbau und die Ausstattung von Wohnheimen gefördert werden. Darüber hin­aus werden die Entgelte für die sozialpädagogi­sche Begleitung für Auszubildende unter 18 Jah­ren in Wohnheimen übernommen, wenn diese Kosten nicht von Dritten erstattet werden. Richtig und wichtig wäre allerdings gewesen, dies auch bei volljährigen Auszubildenden vorzusehen, da auch bei ihnen die Begleitung oft einen erhebli­chen Beitrag dazu leistet, Ausbildungsabbrüche zu vermeiden.

Umsetzung des Deutschen Quali-fikationsrahmens zukunftsoffen gestalten

Die langjährige Entwicklung des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) zeigt, dass ein bil­dungsbereichsübergreifender Dialog immer noch nicht selbstverständlich ist. Dennoch waren die mühsamen Diskussionen insofern erfolgreich, als der DQR im Ergebnis alle Voraussetzungen ge­schaffen hat, um Qualifikationen des deutschen Bildungssystems untereinander vergleichbar zu machen. Die Kompetenzbeschreibungen des DQR ermöglichen eine lernortunabhängige Beur­teilung von Qualifikationen und ihre Einordnung auf den Niveaus des Qualifikationsrahmens. Die Diskussionen über die Zuordnung von Qualifika­tionen zeigen jedoch, dass die Möglichkeiten des DQR nicht in vollem Umfang genutzt werden. Bei der Zuordnung dominieren teilweise Kriterien, die sich nicht an Lernergebnissen orientieren, son­dern überkommene Strukturen abbilden.

Dies zeigt sich insbesondere bei der Frage der Einordnung der Hochschulreife in den DQR. Die Bestrebungen der KMK, den höchsten all­gemeinbildenden Schulabschluss auf einem hö­heren Niveau einzustufen als die meisten dua­len Ausbildungsberufe, lassen sich nicht auf der Basis der Beschreibungen des DQR begründen. Vielmehr bietet der DQR die einmalige Gelegen­heit, deutlich zu machen, dass eine berufliche Ausbildung zwar andersartig qualifiziert als eine

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung100

den Weg gebracht. Sie decken eine breite Palette von Branchen, Zielsetzungen und Maßnahmen ab. Am häufigsten beinhalten die Projekte den Aufbau von Personalentwicklungsstrukturen in Betrieben und die Durchführung von konkreten Qualifizierungsmaßnahmen. Von größerer Be­deutung sind zudem Maßnahmen zur Motivation bestimmter Zielgruppen, zum Aufbau vernetzter Strukturen sowie zur Ermittlung des branchenspe­zifischen Qualifizierungsbedarfs.

Interessierte sollten sich zwecks Antragsbera­tung an die Regiestelle „weiter bilden“ wenden. Im Internet stehen verschiedene Leitfäden für die An­tragstellung zur Verfügung. Projektanträge müssen zu einem bestimmten Stichtag bei der Regiestelle eingereicht werden. Die noch ausstehenden Abga­betermine für Anträge sind der 31. Dezember 2011 sowie der 31. März 2012. Anträge mit einer För­dersumme unter 100.000 € können laufend bei der Regiestelle eingereicht werden. Projekte können bis maximal 31. Dezember 2014 laufen.

Nähere Informationen unter www.initiative-weiter-bilden.de

Bachelor etabliert sich auf dem Arbeitsmarkt

Mehr als 80 % der Studiengänge in Deutsch­land sind inzwischen auf die neuen Abschlüs­se Bachelor und Master umgestellt. Rund drei Viertel der Studienanfänger immatrikulieren sich in einem Bachelorstudiengang. Auch unter den Absolventen machen die Bachelors bereits ein Drittel aus.

Alle Studien ergeben: Den Bachelorabsol­venten gelingt der Berufseinstieg gut. Nur ein minimaler Anteil ist ohne Erwerbstätigkeit. Die Zufriedenheit mit der beruflichen Situation ist für alle Abschlussgruppen hoch, wobei fach­ und hochschulartspezifisch Bachelorabsolventen z. T. deutlich zufriedener sind als die Absolventen des traditionellen Systems. Die Suche nach dem ers­ten Arbeitsplatz nach dem Hochschulabschluss dauert bei Diplomabsolventen durchschnittlich 2,9 Monate, Bachelorabsolventen suchen im Mit­tel nur drei Tage länger.

Insbesondere im Hinblick auf die Qualitäts­sicherung muss berücksichtigt werden, dass in Europa verschiedene Berufsbildungssysteme be­stehen, die unterschiedliche Anforderungen an Qualitätssicherung stellen, und dass eine Har­monisierung weder sinnvoll noch beabsichtigt ist. Einheitliche Vorgaben sind daher wenig zweck­dienlich. Die BDA setzt sich als Vertreter der Ar­beitgeber im Europäischen Netzwerk für Quali­tätssicherung in der beruflichen Bildung dafür ein, dass gemeinsame Grundsätze und Kriterien und in erster Linie ein gemeinsames Verständnis über das Ziel einer Berufsbildung entwickelt werden, dass gleichzeitig aber die Unterschiede der Sys­teme angemessen berücksichtigt werden. Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Instrumen­te müssen so offen und flexibel sein, dass sie in jedem Kontext umgesetzt werden können.

Die EU­Kommission wird sich in Zukunft ver­stärkt dem Thema „Ausbildung von Ausbildern“ widmen. Die BDA fordert, dass an der Entwick­lung entsprechender Empfehlungen Vertreter von ausbildenden Betrieben aktiv beteiligt werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Emp­fehlungen die Realität in den Betrieben abbilden und berücksichtigen.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen > Bildung > Europäischer Bildungsraum

ESF-Sozialpartnerprogramm „wei-ter bilden“ auf erfolgreichem Kurs

Die Sozialpartner unternehmen seit jeher vielfältige Initiativen zur Stärkung der Weiterbildung. Zur Un­terstützung solcher Initiativen hatte das Bundesar­beitsministerium gemeinsam mit der BDA und dem DGB die Förderrichtlinie „weiter bilden“ erarbeitet, die seit April 2009 in Kraft ist. Gefördert werden Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedin­gungen für betriebliche Weiterbildung (z. B. Bera­tungsstrukturen, Bedarfsermittlungen) sowie Wei­terbildungsmaßnahmen in Betrieben. Grundlage für die Förderung ist eine Vereinbarung der jeweils zuständigen Sozialpartner zur Weiterbildung.

Nach über zwei Jahren Laufzeit des Pro­gramms kann eine positive Zwischenbilanz gezo­gen werden. Bisher wurden gut 100 Projekte auf

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung 101

Bachelor kommt in den Unternehmen an

Beschäftigung von Akademikern nach Abschlussart; Unternehmen in %

Gesamt Branche Mitarbeitergrößenklasse

Industrie Dienstleistungen 1–49 50–249 ab 250

Bachelor 26,0 18,7 28,4 25,0 35,6 68,8

Master 14,7 9,5 16,4 14,1 18,2 50,3

Diplom 94,8 96,2 94,3 94,8 93,3 97,0

Nur Unternehmen berücksichtigt, die Akademiker beschäftigen

Quelle: Studie des Stifterverbands „Mit dem Bachelor in den Beruf“, 2011

bessere Vermittlung sozialer und kommunikativer Kompetenzen und längere Praxisphasen. Daher muss die Umsetzung der im Bologna-Prozess vereinbarten Ziele, insbesondere die Verbesse­rung der Beschäftigungsfähigkeit der Absolven­ten, weiter vorangetrieben werden. Insgesamt aber hat sich der Bachelor allen Unkenrufen zum Trotz geräuschlos und gut auf dem Arbeitsmarkt etabliert. Die Unternehmen bieten den Absolven­ten attraktive berufliche Einstiegs- und Entwick­lungsmöglichkeiten. Nicht Abschlüsse, sondern die erworbenen Kompetenzen entscheiden über die Arbeitsmarktperspektiven von Akademikern.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > argumente > „Bachelor kommt in den Unterneh­men an“

Bereits 25 % der kleinen, 36 % der mittleren und 69 % der Großunternehmen beschäftigen Ba­chelorabsolventen. Wer sich nach dem Studium für den direkten Berufseintritt entscheidet, übt ein Jahr nach dem Abschluss im Allgemeinen eine reguläre ausbildungsadäquate Erwerbstätigkeit aus. Bachelorabsolventen starten meist auf den gleichen Positionen wie andere Hochschulab­solventen und erzielen vergleichbare Gehälter. Grundsätzlich können die Bachelorabsolventen alle Führungspositionen erreichen.

Wie für die herkömmlichen Studiengänge se­hen die Personalverantwortlichen auch bei den Ba­chelorstudiengängen Verbesserungsbedarf hin ­ sichtlich des Praxisbezugs. Die Unternehmen wünschen sich praxisorientierte Lehrinhalte, eine

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung102

ausgebildeten Bacheloringenieuren des Maschi­nenbaus, der Verfahrenstechnik und der Elektro­technik exemplarisch beschreibt und Einsatzfel­der in Unternehmen nennt. Bacheloringenieure zeichnen sich demnach durch ein breites techni­sches Grundverständnis, Problemlösungsfähig­keit und Lernfähigkeit aus und finden vor allem in den immer wichtiger werdenden Tätigkeiten an der Schnittstelle zwischen Produkt, Dienst­leistung und Kunde Beschäftigung, wo neben der technischen Kompetenz ausgeprägte Schlüssel­kompetenzen gefragt sind. Dass die übergroße Mehrheit der Bacheloringenieure ihre beruflichen Tätigkeitsfelder als ausbildungsadäquat erlebt, belegt eindrücklich, dass mit den gestuften Stu­dienabschlüssen ein gutes Matching zwischen dem Kompetenzprofil der Absolventen und den Anforderungen des Arbeitsmarkts möglich ist und die Unternehmen den Absolventen attraktive Be­schäftigungsmöglichkeiten bieten.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Bologna-Prozess

Keine Rückkehr zu alten Titeln

Seit eh und je ist die Qualitätsmarke der ingenieur­wissenschaftlichen Ausbildung in Deutschland der „deutsche Ingenieur“. „Engineering made in Ger­many“ ist weit über die Grenzen hinaus bekannt und nachgefragt. Durch den Bologna-Prozess profitiert der Wissenschaftsstandort Deutschland zusätzlich von der internationalen Vergleichbar­keit und Lesbarkeit der neuen Abschlüsse Bache­lor und Master. Die BDA ist sich mit der großen Mehrheit der Hochschulen und Studierendenver­bände einig, dass für eine Rückkehr zu den alten Diplomtiteln im Rahmen der neuen Studienstruk­tur kein Anlass besteht. Vielmehr sind Diplom­abschlüsse mit der gestuften Bachelor­Master­Struktur unvereinbar, entsprechen nicht dem von den Ländern einstimmig vereinbarten Strukturrah­men und würden zu Verwirrung bei Absolventen und Arbeitgebern führen.

Ein von der BDA in Auftrag gegebenes Rechts­gutachten belegt eindeutig, dass eine Wiederein­führung von Diplomtiteln als Abschlussbezeich­nungen für Bachelor­ bzw. Masterstudiengänge in einzelnen Bundesländern fatale Konsequenzen insbesondere für die Absolventen hätte. Solche

Ingenieurwissenschaftliche Ausbildung verbessern

Mit Blick auf den MINT-Fachkräftemangel in Deutschland sind die Qualität ingenieurwissen­schaftlicher Studiengänge und die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit von Bacheloringenieuren von herausragender Bedeutung für die deutsche Wirtschaft. Die BDA führt daher einen intensiven Dialog mit den Technischen Universitäten und technisch ausgerichteten Fachhochschulen, um die Anforderungen der Wirtschaft an die Absol­venten und die Erwartungen an ein hochwertiges Studium deutlich zu machen, sich über erfolgrei­che Konzepte auszutauschen und gemeinsame Forderungen an die Politik zu formulieren.

Als ein Ergebnis dieses Dialogs haben BDA, BDI und die Fakultätentage der Ingenieurwissen­schaften und Informatik an Universitäten (4ING) im Februar 2011 eine gemeinsame Erklärung zur Umsetzung des Bologna-Prozesses in den Ingenieurwissenschaften verabschiedet. Die in 4ING zusammengeschlossenen Fakultäten re­präsentieren rd. 2.500 Professoren, 15.000 Mit­arbeiter und 130.000 Studierende. Nach gemein­samer Auffassung müssen Studiengänge in den Ingenieur wissenschaften auf Bachelor- wie auch Masterniveau die Anforderungen des Arbeits­markts konsequent berücksichtigen und zur Be­schäftigungsfähigkeit der Absolventen führen. Die neuen Abschlüsse Bachelor und Master sind in ih­rem Renommee weiter zu stärken. Die Hochschu­len benötigen Freiraum für Profilbildung und Flexi-bilität bei der Planung ihrer Studienkapazitäten und bei der Entwicklung innovativer Studienfor­men. Sie streben eine bestmögliche Ausbildung für alle, Durchlässigkeit und die Vereinbarkeit von Studium, Familie und Beruf an.

Derzeit starten etwa drei von zehn ingenieur­wissenschaftlich ausgebildeten Bachelorabsol­venten der Universitäten direkt ins Berufsleben. Allerdings tun sich nach wie vor viele Technische Universitäten schwer, den Bachelorabschluss als arbeitsmarktrelevant anzuerkennen und die Studienprogramme entsprechend zu gestalten. Im Mai 2011 hat die BDA ein Positionspapier vorgelegt, in dem sie das von der Wirtschaft er­wartete Kompetenzprofil von forschungsorientiert

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung 103

50

45

40

35

30

in %

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2011

Immer mehr junge Menschen nehmen ein Studium auf

Studienanfängerquote des jeweiligen Altersjahrgangs

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

31,3

33,5

36,137,1

38,9

37,1 37,035,7

37,1

40,3

43,3

46,0

Studiengänge mit Diplomabschluss erfüllen nicht die bundesweiten Qualitätsstandards und können daher nicht akkreditiert werden. Mangels Akkredi­tierung und aufgrund der Missverständlichkeit des Diplomgrads müssen Absolventen mit Problemen bei der Aufnahme in den öffentlichen Dienst ande­rer Länder oder des Bundes sowie bei der Zulas­sung zur Promotion an europäischen Hochschulen rechnen. Auch die meisten Unternehmen haben sich mittlerweile auf die neuen Abschlüsse Bache­lor und Master eingestellt.

Eine Rückkehr zum Diplom würde sich als gefährliche Sackgasse erweisen. Die BDA setzt sich daher dafür ein, dass Hochschulen und Po­litik die notwendigen Verbesserungen bei der Umsetzung der Bologna­Reform auf den Weg bringen und den Reformprozess nicht durch un­nötige Debatten über Abschlussbezeichnungen blockieren.

Hochschulen weiter internationalisieren

Die Wirtschaft benötigt mehr denn je hervorra­gende Fachkräfte. Ausländische Studierende sind hierfür ein wertvolles Potenzial: hoch qualifiziert, interessiert an Land und Kultur und oft bereits weitgehend integriert in die Gesellschaft. Dieses Potenzial wird bisher allerdings kaum genutzt. 180.000 Bildungsausländer studieren hierzulande, über 25.000 machen jährlich ihren Abschluss – aber nur wenige tausend bleiben danach in Deutschland.

Die BDA macht sich dafür stark, dass aus­ländischen Absolventen deutscher Hochschu­len eine dauerhafte Bleibeperspektive eröffnet wird, wenn sie eine adäquate Beschäftigung ge­funden haben. Um deutlich mehr ausländische

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung104

vor. Es erfolgte jedoch ein Anstieg um 183.000. In der Fortführung sieht der Hochschulpakt II (2011–2015) nach wie vor eine Steigerung der Stu­dienanfängerzahlen um 275.000 vor, obwohl be­reits jetzt davon ausgegangen werden kann, dass diese Zahl weit überschritten wird. Mit Beginn des Studienjahres 2011/2012 strömten 515.800 Stu­dienanfänger an die Hochschulen – 16 % mehr als im Vorjahr. Grund dafür sind vor allem die doppelten Abitur-Jahrgänge: 60.000 zusätzliche Abiturienten schlossen dieses Jahr in Bayern und Niedersachsen die Schule ab, im nächsten Jahr kommen 30.000 aus Baden-Württemberg und Berlin hinzu. 2013 folgt Nordrhein-Westfalen mit zusätzlich 60.000 Abiturienten. Angesichts des schon heute spürbaren Fachkräftemangels und der demografischen Entwicklung haben BDA, BDI und die Hochschulrektorenkonferenz an Hoch­schulen und Politik appelliert, diese Situation als Chance wahrzunehmen. Dies setzt voraus, aus­reichend Studienplätze bereitzustellen und ange­messene Studienbedingungen zu sichern. Bund und Länder sind daher aufgefordert, das Finanz­volumen für den Hochschulpakt II kurzfristig zu erhöhen. Das Centrum für Hochschulentwicklung hat berechnet, dass bis zum Jahr 2015, einen anhaltend hohen Übergang von Schule in Hoch­schule vorausgesetzt, bis zu 500.000 zusätzliche Studienanfänger an die Hochschulen strömen werden. Damit fehlt eine Finanzierung für mehr als 200.000 Studienanfänger.

Die bereits vollzogene bzw. beschlossene Abschaffung von Studienbeiträgen in Baden­Württemberg, Hessen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland in diesem und in den vergangenen Jahren verschlechtert die fi­nanzielle Situation der Hochschulen noch wei­ter. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Länder entsprechende Kompensations­zahlungen aus den Landeshaushalten dauerhaft vornehmen und die zukünftige Steigerung der Studierendenzahlen bei der Kalkulation berück­sichtigen werden. Selbst bei einer vollständigen Kompensation der durch eine Abschaffung von Studiengebühren wegfallenden Einnahmen wür­den die über finanzielle Effekte hinausgehenden Steuerungswirkungen der Gebühren nicht mehr wirksam werden. Die Wirtschaft spricht sich daher für Studienbeiträge (wie sie noch in Bayern und Niedersachsen erhoben werden) und damit für

Hochschulabsolventen in Deutschland zu halten als bisher, bedarf es darüber hinaus noch wei­terer Schritte. Schon die Hochschulen müssen für die Möglichkeit eines dauerhaften Verbleibs in Deutschland sensibilisieren, dafür werben und den Übergang in eine anschließende Beschäfti­gung durch Zusammenarbeit mit der Wirtschaft erleichtern. Die überwältigende Mehrzahl der ausländischen Studierenden wünscht sich Be­rufs­ und Karriereorientierung durch die Hoch­schule und studienbezogene Arbeitserfahrung in Deutschland. Es bedarf hierfür einer stärkeren Einbeziehung des wirtschaftlichen Um felds in die Internationalisierungsstrategien der Hoch­schulen.

Auch deutsche Studierende profitieren von einer Internationalisierung der Hochschulen. Un­ternehmen benötigen vermehrt Fachkräfte mit ausgeprägten interkulturellen Kompetenzen und Fremdsprachenkenntnissen. Auslandsaufenthalte tragen maßgeblich zu deren Entwicklung bei und werden von Arbeitgebern daher hoch geschätzt. Mehr Studienphasen oder Praktika im Ausland sind ein zentrales Ziel des Bologna-Prozesses und sollen durch die neue Studienstruktur unter­stützt werden. Hochschulen sind dann besonders erfolgreich bei ihrer Internationalisierung, wenn sie Curricula flexibel gestalten, Studierende zu Auslandsaufenthalten ermutigen und im Ausland erbrachte Studienleistungen fair und angemessen anerkennen. Unternehmen leisten einen wich­tigen Beitrag zur Internationalisierung des Stu­diums, indem sie internationale Bezüge auch in studienbegleitende Praktika integrieren und den Stellenwert internationaler Erfahrungen für die Berufswelt deutlich machen.

Mehr Studierende als je zuvor: Hochschulfinanzierung sichern

Deutschland hat in den vergangenen Jahren ei­nen deutlichen Akademisierungsschub erlebt. Während 1999 nur rd. 31 % eines Altersjahrgangs ein Studium aufnahmen, waren es 2010 bereits 46 %. Diese erfreuliche Entwicklung wird aller­dings durch die unzureichende Finanzierung der neuen Studienplätze konterkariert. Der Hoch­schulpakt I (2007–2010) sah eine Steigerung der Studienanfängerzahlen um insgesamt 91.000

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung 105

Deutsche Hochschulen im internationalen Vergleich unterfi nanziert

Anteil der Ausgaben für Hochschulen am Bruttoinlandsprodukt

Quelle: OECD, 2011

öffentlich

privat

insgesamt

2,7

2,5

1,7

1,5

1,5

1,5

1,4

1,4

1,3

1,2

1,2

1,0

0,5 in %

US

CA

DK

NL

OECD

JP

FR

RU

AT

DE

ES

IT

0 1 1,5 2 2,5 3 3,5

1,7

1,0

0,1

0,4

0,5

1,0

0,2

0,5

0,2

0,2

0,2

1,0

1,5

1,6

1,1

1,0

0,5

1,2

0,9

1,2

1,0

1,0

0,8

0,1

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung106

eine angemessene Beteiligung der Studierenden an den Kosten des Studiums aus. Studienbeiträge sind sozialverträglich gestaltet worden. Stipendi­en wie insbesondere das in diesem Jahr einge­führte Deutschland­Stipendium unterstützen die Studienfinanzierung. Damit wird niemand, der für ein Hochschulstudium qualifiziert und motiviert ist, aus finanziellen Gründen davon ausgeschlossen. Durch Studienbeiträge konnten zahlreiche Maß­nahmen zur Verbesserung von Studium und Leh­re an den Hochschulen finanziert und damit ein Beitrag zur Senkung der Abbruchquoten geleis­tet werden. Die Erhebung von Studienbeiträgen sollte in der Entscheidungsmacht der jeweiligen Hochschule liegen.

Nähere Informationen unter www.arbeit-geber.de > kompakt > „Hochschulfinanzierung“ sowie unter www.arbeitgeber.de > argumente > „Studiengebühren zeigen Wirkung“

Erfolgsmodell duale Studiengänge

Duale Studiengänge sind bei Studierenden, Hoch­schulen, Berufsakademien und Unternehmen au­ßerordentlich beliebt. In Deutschland sind derzeit über 60.000 Studierende in mehr als 900 dualen Studiengängen eingeschrieben. Über 26.000 Un­ternehmen nehmen hieran teil. Die Tendenz ist steigend: Seit 2005 nahm das Angebot an dua­len Studiengängen um über 70 % zu. Allein 2011 stieg die Teilnehmerzahl in dualen Studiengängen um gut 20 %. Auch die Zahl der beteiligten Unter­nehmen wächst kontinuierlich.

Mit dem Angebot einer kombinierten be­rufspraktischen Ausbildung mit einem Studium an einer Hochschule oder einer Berufsakademie gewinnen viele Unternehmen qualifizierte Nach­wuchskräfte und machen sie bereits während des Studiums mit den betrieblichen Arbeitsab­läufen vertraut. Duale Studiengänge sind daher für Unternehmen ein wichtiges Instrument der frühzeitigen Fachkräftesicherung für anspruchs­volle Zielpositionen. Um gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen den Einstieg in das duale Studium zu erleichtern, erarbeitet die BDA gemeinsam mit dem Stifterverband eine Handreichung, die Ende 2011 erscheinen wird. Sie enthält allgemeine Informationen zum dualen Studium, einen Leitfaden für die Zusammenarbeit mit Hochschulen sowie Hinweise zu den arbeits­rechtlichen Besonderheiten bei der Beschäfti­gung dual Studierender.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Bildung 107

1.000

900

800

700

600

500

400

Anzahl der Studiengänge

Quelle: www.ausbildungplus.de, 2011

Duale Studiengänge bei Unternehmen und Studierenden immer beliebter

2005 2006 2007 2008 2009 2010

776

70.000

60.000

50.000

40.000

30.000

20.000

10.000

in Tsd.

Studierende

Angebote von Unternehmen

545

608

666687

712

2011

929

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www.csrgermany.de EU-PräsidentschaftDeutscher Nachhaltigkeitskodex

BUSINESSEUROPE Flexicurity-Mitteilung

Saisonarbeitnehmer BUSINESSEUROPEFinanzrahmen 2014–2020

Europäischer Gewerkschaftsbund G20 – B20 – L20

OECD-Leitsätze„Euro Plus Pakt“ Entsendung von DrittstaatsangehörigenEuropäischer Gewerkschaftsbund EIOPAEuropa & Internationales

Pensionsfondsrichtlinie Flexicurity-Mitteilung Lissabon-Strategie

EU-2020-StrategieLissabon-StrategieEU-Präsidentschaft EIOPA Schuldenkrise

Corporate Social ResponsibilitySix Pack

Maastricht II EU-2020-Strategie Six Pack

Internationaler ArbeitgeberverbandG20 – B20 – L20 Haushaltsdisziplin

Maastricht II Corporate Social Responsibility Binnenmarktakte

Maastricht II BUSINESSEUROPEEntsendung von Drittstaatsangehörigen SchuldenkriseBinnenmarktakte

Pensionsfondsrichtlinie Binnenmarktakte

MutterschutzrichtlinieGemeinsame Währung des EU-Wirtschaftsraums HaushaltsdisziplinStabilitätspakt

Mutterschutzrichtlinie EIOPA Entsendung von DrittstaatsangehörigenEuropa & Internationales Sozialer DialogSaisonarbeitnehmerTrilogverhandlungenOECD-Leitsätze „Euro Plus Pakt“ SchuldenbremseSozialer Dialog

Internationaler ArbeitgeberverbandEuroraum

Saisonarbeitnehmer Deutscher NachhaltigkeitskodexFlexicurity-Mitteilung HaushaltsdisziplinEuroraum

Trilogverhandlungen Deutscher Nachhaltigkeitskodex Finanzrahmen 2014–2020 EU-Präsidentschaft 2011

Europäischer Gewerkschaftsbund„Euro Plus Pakt“ G20 – B20 – L20Stabilitätspakt EU-Präsidentschaft 2011

Maastricht II Schuldenbremse Mitgliedsstaaten der EU

www.csrgermany.de Gemeinsame Währung des EU-WirtschaftsraumsEuroraum Mitgliedsstaaten der EU

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Europa & Internationales110

Europäische Union vor ihrer größten Bewährungsprobe

Noch nie in der Geschichte der EU gab es ein Jahr wie dieses. Das ganze Ausmaß der Schul-denkrise hat die EU mit immer neuen und noch dramatischeren Hiobsbotschaften überrollt. Wie-derholt standen die politischen Akteure vor einer komplett neuen Situation, auf die reagiert werden musste. Allerdings: Diese Schuldenkrise ist nicht quasi schicksalhaft über Nacht gekommen, sie ist Ergebnis notorischen, hemmungslosen Schul-denmachens in den Mitgliedsstaaten der EU und wurde durch die Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 und die daraufhin aufgelegten Konjunktur-programme erheblich beschleunigt. Nun hat sie schonungslos zutage gefördert, was schon lange bekannt war. Erstens: Die Regeln für das Funkti-onieren der Europäischen Wirtschafts- und Wäh-rungsunion reichen nicht aus, der Stabilitätspakt bedarf einer wirksamen Verschärfung mit Sankti-onsmechanismen bei Nichteinhaltung. Und zwei-tens: Die baldige Rückkehr zu ausgeglichenen Haushalten und dann der konsequente Abbau der Verschuldung in den EU-Mitgliedsstaaten sind un-erlässlich. Im analytischen Rückblick muss dabei klar sein: Versagt haben die Staaten, nicht zuletzt auch Deutschland und Frankreich, die den Stabi-litätspakt wiederholt gebrochen und die Regeln aufgeweicht haben.

Einen wichtigen Beitrag zur Überwindung der Krise und Fortentwicklung der EU hat die BDA im Sommer dieses Jahres vorgelegt: Arbeit-geberpräsident Prof. Dr. Hundt hat im August den Fünf-Punkte-Plan für Maastricht II präsentiert, mit dem nächsten großen Schritt zur Vertiefung der Integration. Wer an einer europäischen Währung teilhat, muss auch bereit sein, nationale Souve-ränität zu übertragen und ein höheres Maß an Vergemeinschaftung durch die europäische Po-litik zulassen. Dazu gehört z. B. eine stärkere Koordinierung der nationalen Wirtschafts- und Finanzpolitik, wie sie jetzt im Rahmen des „Six Pack“ beschlossen wurde. Und dazu gehört ein Stabilitätspakt „mit Zähnen“, der bei Verstößen automatisch zu Sanktionen führt.

Dass es gelungen ist, nun weitgehend einen solchen Automatismus zu verankern, ist ein gro-ßer Erfolg und zeigt, dass derzeit ein grundsätz-licher Prozess der Umorientierung in der Europa-politik stattfindet.

Wie tiefgreifend dieses Umdenken ist, haben die Staats- und Regierungschefs auf dem Euro-päischen Rat am 8./9. Dezember 2011 deutlich gemacht. Mit ihren Beschlüssen haben sie klare Weichen für den nächsten Integrationsschritt hin zu einer Fiskalunion gestellt. Die jüngsten Be-schlüsse aus Brüssel enthalten z. B. die – auch von der BDA – lange geforderte Selbstverpflich-tung zu nationalen Schuldenbremsen, die Kontrol-le der Einhaltung dieser Bremsen durch den Euro-päischen Gerichtshof (EuGH), die Festlegung auf ausgeglichene oder leicht positive Haushalte und die Begrenzung struktureller Defizite auf 0,5 % des Bruttoinlandsprodukts.

Zudem sind Defizitländer jetzt zu wachstums-fördernden Strukturreformen verpflichtet, deren Fortschritt von der Kommission überwacht wird. Ein weiterer Erfolg ist es, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) keine Banklizenz erhalten wird; dies wäre ein irreversibler Schritt in eine indirekte Staatsfinanzierung gewesen. Offen geblieben ist jedoch das Gesamtvolumen von Eu-ropäischer Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) und ESM in der Überlappungsphase.

Dennoch sind die Ergebnisse dieses letzten Gipfels von 2011 insgesamt ein bedeutender Fort-schritt, auch wenn die rechtliche Umsetzung noch viele Fragen aufwirft, nicht zuletzt die der Weiter-entwicklung der institutionellen demokratischen Legitimierung. Die BDA hat stets weitere Schrit-te zur Fiskalunion gefordert. So bedauerlich das freiwillige Zurückbleiben Großbritanniens auch ist, zeichnen sich jetzt doch Möglichkeiten zu wirksa-meren Mechanismen und effektiveren Entschei-dungsstrukturen ab. Zudem ist die europapoliti-sche Diskussion in Großbritannien dadurch belebt worden und nun in vollem Gange.

Angesichts dieser großen grundsätzlichen Themen ist die europäische Sozialpolitik in den Hintergrund getreten, verharrte deshalb aber nicht im Stillstand oder wurde gar nicht weiter

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Europa & Internationales 111

bearbeitet. Im Gegenteil, die Kommission hat zahlreiche Themen in Bearbeitung, die für die deutsche Wirtschaft von zentraler Bedeutung sind, sei es mit ihrem Weißbuch Pensionen, sei es bei der Zuwanderung, dem Arbeits- und Ge-sundheitsschutz oder der Corporate Social Res-ponsibility (CSR).

Bemerkenswert ist zudem, dass auch die internationale Sozialpolitik immens an Dynamik und an unmittelbarer Bedeutung für die Unter-nehmen gewinnt. Diese Entwicklung manifestiert sich z. B. in der fortschreitenden Institutionali-sierung des G20-Prozesses, bei dem nun B20 (Business), also die Wirtschaft, und L20 (Labour), die Gewerkschaften, als feste Bestandteile ein-gebunden sind. Zudem ist durch die Revision der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen ein Prozess in Gang gesetzt worden, der auch Länder wie China und Brasilien einbindet. Die Globalisierung wirkt somit zunehmend auch in in-ternationale sozialpolitische Prozesse hinein und betrifft die Unternehmen in ihren globalen Human-Resources-Strategien.

Makroökomische Überwachung muss sich an den Besten und nicht am Durchschnitt orientieren

Das unter dem Namen „Six Pack“ bekannte Ge-setzespaket trat am 13. Dezember 2011 in Kraft. Es besteht aus insgesamt sechs einzelnen Geset-zen (fünf Verordnungen und einer Richtlinie) und kann in zwei unterschiedliche Themenbereiche unterteilt werden. Vier Gesetze dienen der Ver-schärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, die zwei übrigen regeln das neue Instrument der makroökonomischen Überwachung.

Es geht bei diesem Gesetzespaket um die Zukunftsfähigkeit der gemeinsamen Währung und des EU-Wirtschaftsraums. Beides ist gera-de für Deutschland von vitalem Interesse. Über 60 % der deutschen Exporte gehen in die EU und über 40 % in den Euroraum. Zudem stärkt der grenzüberschreitende Austausch von Perso-nen, Gütern, Dienstleistungen und Ideen auch solide mittelständische Unternehmensstrukturen.

Six Pack: sechs neue Rechtsinstrumente für einen verschärften Stabilitäts- und WachstumspaktVerschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts

� Verordnung zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 über den Ausbau der haushaltspoliti-schen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken

� Verordnung zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit

� Verordnung über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet

� Richtlinie über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedsstaaten

Makroökonomische Überwachung

� Verordnung über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte

� Verordnung über Durchsetzungsmaßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomi-scher Un gleichgewichte im Euroraum

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Europa & Internationales112

daher den asymmetrischen Ansatz der Überwa-chung, bei dem Länder, deren gute Wettbewerbs-fähigkeit sich u. a. in einem Leistungsbilanzüber-schuss ausdrückt, nicht das Ziel von Sanktionen sein dürfen. Dieser Ansatz muss nun bei der kon-kreten Ausgestaltung der Überwachung durch die Festlegung entsprechender Schwellenwerte im „Scoreboard“ umgesetzt werden. Die BDA beglei-tet diesen Prozess mit hoher Priorität.

Zudem hat die BDA während der Trilogver-handlungen zwischen Kommission, Rat und EP erfolgreich darauf gedrungen, dass im Hinblick auf die Einbeziehung der Lohnentwicklung in die Indikatoren des Scoreboards als Grundlage der Überwachung die Tarifautonomie und die Unab-hängigkeit der Sozialpartner ausdrücklich im end-gültigen Verordnungstext verankert wurden.

Zielvorgaben der EU-2020-Strategie entschlossen umsetzen

Die im vergangenen Jahr verabschiedete EU-2020-Strategie spielt für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft die Schlüsselrolle. Das ambitionierte Ziel, bis 2020 eine Beschäfti-gungsquote i. H. v. 75 % zu erreichen, ist richtig. Aufgrund der alternden Gesellschaft muss das Arbeitskräftepotenzial in Zukunft sehr viel besser ausgeschöpft werden als bisher. Das Flexicurity-Konzept, das durch eine Optimierung des Zusam-menwirkens von aktiver Arbeitsmarktpolitik, Ar-beitsrecht, sozialer Sicherung und lebenslangem Lernen die Beschäftigungschancen maximiert, spielt für die Erreichung des Beschäftigungsziels eine Schlüsselrolle. Es ist daher erfreulich, dass dem Flexicurity-Konzept in der EU-2020-Strategie entsprechende Priorität eingeräumt wird. Jetzt geht es darum, dass die bereits 2007 vom Europä-ischen Rat beschlossenen Flexicurity-Grundsätze tatsächlich umgesetzt werden. Die EU-Kommissi-on hat angekündigt, im ersten Halbjahr 2012 eine neue Flexicurity-Mitteilung vorzulegen. Die BDA hat gemeinsam mit den Arbeitgeberverbänden der laufenden und kommenden EU-Präsident-schaftsländer Ungarn, Polen und Dänemark früh-zeitig Vorschläge erarbeitet, um die Debatte wie auch die Mitteilung selbst in die richtige Richtung zu lenken.

Hieraus wird ein wesentlicher Teil unseres wirt-schaftlichen Wohlstands, der Arbeitsplätze in den Unternehmen und damit letztlich auch der sozia-len Sicherheit gespeist. Dass es möglich ist, dass ein kleines Land wie Griechenland zum Tropfen wird, der das Fass zum Überlaufen bringt und den Bestand des ganzen Wirtschaftsraums gefährdet, hätte sich vor zehn Jahren niemand träumen las-sen. Umso mehr geht es darum, die Krisensitua-tion als Chance zu nutzen, die Geburtsfehler der Währungsunion entschlossen zu beseitigen und endlich neue und vor allem verbindliche Regeln zu schaffen, mit denen derartige Krisen in Zukunft vermieden werden können.

In diesem Sinne hat sich die BDA während der Verhandlungen zwischen Rat, EU-Kommissi-on und Europäischem Parlament (Trilog) öffentlich an die Seite des Europäischen Parlaments (EP) gestellt. Sie hat sich für die Einrichtung eines weitgehenden Automatismus bereits im präventi-ven Arm des Stabilitätspakts ausgesprochen und den Rat aufgefordert, hier den nun erforderlichen Mut aufzubringen, die notwendige Souveränitäts-verschmelzung auf Gemeinschaftsebene auf den Weg zu bringen. Zu oft wurden in der Vergangen-heit notwendige Entscheidungen der tagespoliti-schen Opportunität geopfert. Nachdem die Ver-handlungen schon beinahe als gescheitert galten, ist es buchstäblich in letzter Minute gelungen, einen Kompromiss zu erzielen, der dem notwen-digen Automatismus sehr nahe kommt und eine klare Verbesserung gegenüber den bisherigen Entscheidungsmechanismen darstellt.

Verbindliche Regeln zum Schuldenabbau sind ein wichtiger und notwendiger Schritt, nicht minder wichtig ist aber die Stärkung der Wettbe-werbsfähigkeit der einzelnen Länder und damit der Eurozone bzw. der EU insgesamt. Die Schul-dentragfähigkeit eines Landes steht in einem di-rekten Zusammenhang zu seiner Wettbewerbsfä-higkeit. Die BDA hat sich mehrfach öffentlich dafür starkgemacht, dass das zukünftige Instrument der makroökonomischen Überwachung dazu genutzt werden soll, die Wettbewerbsfähigkeit der EU ins-gesamt zu stärken. Dazu ist eine klare Orientie-rung an den wettbewerbsstarken Mitgliedsstaaten notwendig. Europa muss sich an den Besten und nicht am Durchschnitt orientieren, wenn es im glo-balen Wettbewerb bestehen will. Die BDA begrüßt

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Europa & Internationales 113

dabei entschlossen wahrnehmen, wenn die EU-2020-Strategie nicht ein zahnloser Papiertiger bleiben und genauso scheitern soll wie seinerzeit die Lissabon-Strategie.

Auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zielt auch der „Euro Plus Pakt“, der beim Früh-jahrsgipfel 2011 von den Staats- und Regierungs-chefs der Eurozone verabschiedet wurde. Die Inhalte des Pakts entsprechen den Forderungen der BDA: So wird z. B. ausdrücklich auf eine Schuldenbremse als Instrument zur Umsetzung der Haushaltsvorschriften verwiesen. Der An-gleichung der Rentensysteme an die demografi-sche Entwicklung soll besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Lohnbildungsregelungen ein-schließlich Indexierungsverfahren sollen überprüft werden, unter Wahrung der Zuständigkeit der Ta-rifpartner. Bei den Reformen der Arbeitsmärkte werden Flexicurity und die Reform der Bildungs-politik als entscheidende Politikfelder benannt. Die Entwicklung einer einheitlichen Bemessungs-grundlage bei der Körperschaftsteuer soll Trans-parenz beim Steuerwettbewerb schaffen.

Mit dem Pakt ist es gelungen, die Staats- und Regierungschefs mit einer Selbstverpflich-tung zu entscheidenden Reformschritten zu bin-den. Dieser Weg über eine intergouvernementale Vereinbarung war deshalb so wichtig, weil die meisten der im Pakt enthaltenen Maßnahmen bisher nicht in EU-Kompetenz, sondern in rein nationaler Zuständigkeit liegen. Zwischenzeitlich sind auch fast alle Nicht-Euro-Mitgliedsstaaten dem Pakt beigetreten. Insgesamt muss in der makroökonomischen Koordinierung mehr Druck auf tatsächliche Konvergenz erreicht werden, wofür allein intergouvernementale Zusammen-arbeit allerdings nicht ausreicht. Perspektivisch muss die Gemeinschaftskompetenz auch durch Vertragsanpassung mit einer Stärkung der Rolle der EU-Kommission ausgebaut werden.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > EU-2020-Strategie

Die EU-2020-Strategie wird von den Mit-gliedsstaaten mittels nationaler Reformprogram-me umgesetzt, die in diesem Jahr erstmals im Rahmen des neuen „Europäischen Semesters“ erstellt werden. In dieser sechsmonatigen Pha-se intensiver wirtschaftspolitischer Koordinierung zwischen der EU und den Mitgliedsstaaten über-mitteln sie ihre Reformprogramme inhaltlich abge-stimmt mit den Konvergenzprogrammen, die im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstums pakts zu erstellen sind. Rat und Kommission geben dazu länderspezifische Empfehlungen ab, die von den Mitgliedsstaaten innerhalb von 12–18 Monaten umgesetzt werden sollen.

Deutschland und die übrigen Mitgliedsstaa-ten haben ihre nationalen Reformprogramme zur Umsetzung der EU-2020-Ziele im April 2011 vorgelegt. Die BDA hat in ihrer Stellungnahme an das Bundeswirtschaftsministerium deutlich gemacht, dass Deutschland seine Wachstumspo-tenziale entschlossener ausbauen muss. Die im Rahmen der europäischen Wachstumsstrategie „Europa 2020“ formulierten Kernziele werden von der Bundesregierung im vorgelegten „Nationa-len Reformprogramm Deutschland 2011“ noch zu zaghaft verfolgt. Rat und Kommission haben in ihren Empfehlungen vom Juni 2011 zu Recht darauf hingewiesen, dass Deutschland seinen Ar-beitsmarkt durch Entlastung der Arbeit von Per-sonalzusatzkosten stärken sollte. Das kann dazu beitragen, die sog. stille Reserve, vor allem die vielen hoch qualifizierten, aber nicht erwerbstä-tigen Frauen, für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. Das ist gerade vor dem Hintergrund des Fachkräf-temangels wichtig. Die Umsetzung der Program-me und Empfehlungen wird dann im Laufe des kommenden Jahres mit Hilfe eines Verfahrens zur gegenseitigen Prüfung von der Kommission und den Mitgliedsstaaten überwacht. Die Kommission bewertet die Fortschritte auf EU-Ebene in ihrem nächsten Jahreswachstumsbericht Ende 2011 und die Fortschritte in den einzelnen Mitglieds-staaten in ihren nächsten länderspezifischen Empfehlungen im Juni 2012.

Die BDA hat sich seit langem dafür ein-gesetzt, dass die EU-Kommission die Reform-defizite der Mitgliedsstaaten sehr viel unge-schminkter aufzeigen muss, als sie das bisher getan hat. Die EU-Kommission muss ihre Rolle

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Europa & Internationales114

den Gesetzgebungsprozess zum MFR und wirkt darauf hin, dass die Stärkung der Wettbewerbsfä-higkeit und das Wirtschaftswachstum oberste Pri-orität bei der Ausgestaltung des MFR 2014–2020 erhalten.

Binnenmarktakte – Motor für Wachstum und Beschäftigung ankurbeln und nicht abwürgen

Die EU-Kommission hat im April 2011 die Mittei-lung „Binnenmarktakte: zwölf Hebel zur Förderung von Wachstum und Vertrauen“ vorgelegt. Diese Mitteilung ist das Ergebnis eines umfangreichen Konsultations- und Meinungsbildungsprozesses, den die BDA von Beginn an intensiv begleitet hat: angefangen beim Bericht des ehemaligen Binnen-markt- und Wettbewerbskommissars Mario Monti (Mai 2010) über die Mitteilung „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte“ (Oktober 2010) bis zu der sich daran anschließenden Konsultation der Öffentlichkeit und der anderen EU-Institutionen. Ausgehend von den Ergebnissen der Konsulta-tion identifiziert die EU-Kommission in der nun vorgelegten Mitteilung in zwölf Bereichen Maß-nahmen, die „als Hebel für die Förderung des Wachstums und für die Stärkung des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger“ fungieren sollen. Die EU-Kommission schlägt zu jedem dieser Bereiche eine Leitaktion sowie ergänzende Maßnahmen vor und verpflichtet sich, geeignete Vorschläge zu unterbreiten, die bis Ende 2012 – zum 20-jährigen Bestehen des Binnenmarkts – vom EP und vom Rat verabschiedet werden sollen.

Die BDA begrüßt, dass die EU-Kommission zur Neubelebung des Binnenmarkts besonde-ren Nachdruck auf Maßnahmen legen will, die Wachstum und Arbeitsplätze schaffen und Bür-gern und Unternehmen greifbare Ergebnisse brin-gen. In sozialpolitischer Hinsicht werden die vor-geschlagenen Maßnahmen diesen Ansprüchen jedoch nicht gerecht. Gerade die Vorschläge zur Portabilität von Betriebsrenten und zur Überprü-fung der Pensionsfondsrichtlinie, zur Mitteilungs-pflicht über CSR-Aktivitäten sowie zur Regelung des Verhältnisses von Grundfreiheiten und sozi-alen Grundrechten werden für den Binnenmarkt schädlich sein und damit gerade nicht zu mehr Wachstum und Beschäftigung beitragen.

EU-Haushalt darf bei Sparanstren-gungen nicht aus genommen werden

Die EU-Kommission hat am 29. Juni 2011 ihren Vorschlag für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2014–2020 veröffentlicht. Im Mittelpunkt des Vorschlags steht eine an solchen Prioritäten ausgerichtete EU-Ausgabenpolitik, die vor allem der Durchführung der Wachstumsstrategie „Euro-pa 2020“ und der Verwirklichung ihrer Ziele die-nen soll.

Was das Gesamtvolumen des EU-Haushalts betrifft, müssen die gleichen Anforderungen hin-sichtlich Sparanstrengungen gelten wie für die EU-Mitgliedsstaaten. Die BDA unterstützt deshalb die Bundesregierung, die bereits im Dezember 2010 zusammen mit den EU-Nettozahlerländern Frank-reich, Großbritannien, Finnland und den Nieder-landen in einem gemeinsamen Schreiben an die EU-Kommission appellierte, bei der Ausgestaltung des MFR 2014–2020 die nationalen Haushalte bei ihren Konsolidierungsanstrengungen durch einen sparsamen EU-Haushalt zu unterstützen.

Wenn die EU ihre in der Strategie „Europa 2020“ gesetzten Ziele ernsthaft angehen will, muss sie nicht nur ihre öffentlichen Ausgaben begren-zen, sondern auch die ihr zur Verfügung stehenden Mittel effizienter und zukunftsgerichteter als bisher verteilen. Die BDA begrüßt deshalb den Vorschlag der Kommission, die Investitionen im Bereich For-schung und Entwicklung zu erhöhen. Mit diesem Vorschlag sendet sie ein richtiges Signal an die EU-Mitgliedsstaaten und Unternehmen.

Der Vorschlag der Kommission für ein neues Eigenmittelsystem setzt leider ein völlig falsches Signal (Einnahmenaufwuchs statt Ausgabenre-duktion), das zu Recht in den Mitgliedsstaaten auf Unverständnis stößt.

Die Verhandlungen zum MFR sollen etwa 18 Monate andauern. Unter der polnischen Rats-präsidentschaft führen die EU-Mitgliedsstaaten, das EP und Fachexperten zurzeit erste Diskussio-nen zum Vorschlag der Kommission. Die BDA be-gleitet in enger Zusammenarbeit mit dem europä-ischen Arbeitgeberverband BUSINESSEUROPE

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EU-Kommission angekündigte Rechtsvorschrift ist auch nicht dazu geeignet, die praktische Um-setzung der Entsenderichtlinie zu verbessern. Selbstverständlich berührt die Entsenderichtlinie nicht das Recht, Tarifverträge auszuhandeln, ab-zuschließen und durchzusetzen sowie Arbeits-kampfmaßnahmen zu ergreifen. Der EuGH hat in den Rechtssachen „Viking“, „Laval“, „Rüffert“ und „Kommission gegen Luxemburg“ die Autono-mie der Mitgliedsstaaten bei der Rechtsetzung im Bereich der kollektiven Rechte anerkannt und ei-nen angemessenen Ausgleich zwischen der Aus-übung kollektiver Rechte und den Grundfreiheiten des Binnenmarkts vorgenommen.

Die mit „Transparenz“ bezeichnete neue Berichterstattungspflicht über CSR-Aktivitäten ist abzulehnen. Entgegen dem von allen beteiligten Gruppen gemeinsam im Europäischen Multistake-holder-Forum (EMSF) zu CSR beschlossenen freiwilligen Charakter von CSR will die EU-Kom-mission die Veröffentlichung sozialer und ökologi-scher Informationen von Unternehmen verbindlich regulieren.

Die Ausführungen der EU-Kommission zur Portabilität von Betriebsrenten implizieren, dass Betriebsrentenansprüche ein ernsthaftes Mobili-tätshindernis seien. Dabei gilt schon heute, dass

Zu einem sozialpolitisch besonders relevan-ten Thema – der Entsendung von Arbeitnehmern – ist es nicht zuletzt dank der intensiven Bemühun-gen von BUSINESSEUROPE und BDA gelungen, die endgültige Fassung der Binnenmarktakte zu verbessern. Die EU-Kommission wird sich darauf konzentrieren, die Umsetzung der Entsendericht-linie zu verbessern, statt die gesamte Entsende-richtlinie zu überarbeiten. Bei der angekündigten Vorschrift zum Verhältnis von Grundfreiheiten und sozialen Rechten konnte zumindest die Klarstel-lung erreicht werden, dass bei der Wahrnehmung kollektiver Rechte nicht nur nationale Rechtsvor-schriften und Praktiken, sondern auch das EU-Recht eingehalten werden muss.

Dennoch ist die Gefahr nicht gebannt, dass die sinnvolle und ausgewogene Rechtsprechung des EuGH in den Rechtssachen „Laval“ und „Vi-king“, die den Binnenmarkt stärkt, weitgehend ausgehebelt wird. Eine neue Vorschrift könnte letztlich darauf hinauslaufen, die Grundfreiheiten zu beschränken. Dies ist völlig kontraproduktiv, gefährdet ein solcher Ansatz doch gerade sozi-ale Errungenschaften. Denn sozialer Fortschritt realisiert sich nur auf Basis wirtschaftlichen Er-folgs. Niemand sollte daher soziale Grundrechte und Grundfreiheiten des Binnenmarkts gegen-einander auszuspielen versuchen. Die von der

Binnenmarktakte: zwölf Hebel zur Förderung von Wachstum und Vertrauen

� Finanzierungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen � Mobilität der Arbeitskräfte im Binnenmarkt � Rechte des geistigen Eigentums � Verbraucher als Akteure des Binnenmarkts � Dienstleistungen: Normung ausweiten � Energie-, Verkehrs- und elektronische Kommunikationsnetze � Digitaler Binnenmarkt � Soziales Unternehmertum � Steuern � Sozialer Zusammenhalt � Regulierungsumfeld der Unternehmen � Öffentliches Auftragswesen

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den Fällen Simap und Jaeger bzw. Schultz-Hoff/Stringer zu korrigieren, die im Ergebnis sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer nega-tive Folgen hatten und zu Rechtsunsicherheit geführt haben. Anderenfalls droht ein weiteres Scheitern der Richtlinienüberarbeitung. Die BDA verschließt sich nicht Sozialpartnergesprächen auf der Grundlage von Art. 154 AEUV. Über die Korrektur der EuGH-Rechtsprechung hinaus-gehende Verhandlungen, die auf eine umfas-sende Überarbeitung der Richtlinie abzielen, wären allerdings völlig unrealistisch und sind auch nicht durch das Verhandlungsmandat von BUSINESSEUROPE gedeckt. Der Rat der Prä-sidenten von BUSINESSEUROPE als oberstes Entscheidungsgremium von BUSINESSEUROPE hat im Juni 2011 nämlich ein Mandat angenom-men, das mögliche Verhandlungen der Sozialpart-ner eindeutig auf die Punkte Bereitschaftsdienst und bezahlter Jahresurlaub beschränkt.

Im Hinblick auf die äußerst umstrittene Re-gelung zur Abweichung von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit („Opt-out“) unterstützt die BDA den Ansatz der EU-Kommission. Es ist sinnvoller, die Notwendigkeit der Nutzung des „Opt-out“ durch eine Flexibilisierung der Richtlinie langfristig zu verringern, als die Debatte über eine Abschaffung des „Opt-out“ neu aufzurollen, die kaum zu einer Einigung im Rat führen würde. Dies haben die jah-relangen Diskussionen unter den Mitgliedsstaaten gerade zum „Opt-out“ hinreichend bewiesen.

Im Gegensatz zu BUSINESSEUROPE war der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) bis-her für eine umfassende Überarbeitung der Richt-linie eingetreten, die alle denkbaren Themen im Zusammenhang mit der Arbeitszeitrichtlinie ange-hen soll. Vor dem Hintergrund der unterschiedli-chen Positionen zum Gegenstand der Verhand-lungen hatte der EGB ursprünglich gefordert, vor Beginn der offiziellen Verhandlungen formelle Vorverhandlungen zu führen, um zu klären, ob die gemeinsame Basis für Sozialpartnerverhandlun-gen ausreichend groß sei. Diese Forderung hat BUSINESSEUROPE abgelehnt. Daraufhin hat der EGB ein Mandat an seine Mitglieder geschickt, das nach langwierigen internen Diskussionen im November 2011 angenommen worden ist. Aufbau-end auf diesem Mandat hat der EGB entschieden, mit den Arbeitgebern Sozialpartnerverhandlungen

Betriebsrentenansprüche völlig unabhängig vom Ende des Arbeitsverhältnisses fortbestehen. Zu-mindest in Deutschland gibt es keine einzige Rege-lung im Betriebsrentenrecht, die einen EU-weiten Arbeitsplatzwechsel gegenüber einem inländi-schen Arbeitsplatzwechsel erschweren würde. In Bezug auf die Überprüfung der Pensionsfonds-richtlinie muss sichergestellt sein, dass die Ei-genmittelvorgaben für Versicherungsunterneh-men aus der EU-Richtlinie zum Aufsichtsrecht für Lebensversicherungsunternehmen ( Solvency II) nicht auf die Einrichtungen der betrieblichen Al-tersvorsorge (bAV) übertragen werden.

Die BDA wird die sozialpolitisch relevanten Maßnahmen, die die EU-Kommission bis Ende 2012 umsetzen will, weiter intensiv begleiten und sich dafür einsetzen, dass die Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen dem von der EU-Kommis-sion vorgegebenen Ziel von mehr Wachstum und Arbeitsplätzen tatsächlich entspricht.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen > Europa/Internationales > Europäische Gesetzgebung: Arbeit und Soziales

Sozialpartner verhandeln über Überarbeitung der Arbeitszeit-richtlinie

Die EU-Kommission hatte Ende 2010 im Rah-men des zweistufigen Anhörungsverfahrens gem. Art. 154 AEUV die zweite Phase der Anhörung der Sozialpartner zur Überarbeitung der Arbeits-zeitrichtlinie eingeleitet. Dabei hatte die EU-Kom-mission die Sozialpartner über die grundsätzliche Frage einer eng oder einer weit gefassten Über-arbeitung konsultiert. Außerdem sollten die So-zialpartner der EU-Kommission mitteilen, ob sie beabsichtigen, gem. Art. 155 AEUV in Sozialpart-nerverhandlungen einzutreten.

Vor dem Hintergrund der jahrelangen er-folglosen politischen Bemühungen um eine Neu-fassung der Arbeitszeitrichtlinie erscheint es als das einzig realistische Vorgehen, einen pragma-tischen Ansatz zu verfolgen, der auf eine Überar-beitung der Richtlinie zum Bereitschaftsdienst und zum bezahlten Jahresurlaub begrenzt ist. Dabei geht es darum, die Entscheidungen des EuGH in

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Es ist als Erfolg der Arbeitgeber zu werten, dass die EU-Kommission nach den mehrfachen, unergiebigen Sozialpartnerkonsultationen der vergangenen Jahre nicht erneut eine Konsultati-on der Sozialpartner zu einem EU-Umstrukturie-rungsrahmen durchführen wird.

Das angekündigte Grünbuch soll nunmehr die Möglichkeit bieten, eine objektive Bestands-aufnahme zum Thema „Umstrukturierungen“ in Europa vorzunehmen. Aus Sicht der Arbeitgeber wird es darauf ankommen, dass die EU-Kommis-sion bei der Erarbeitung des Grünbuchs einen ausgewogenen Ansatz verfolgt, der berücksich-tigt, dass Umstrukturierungen ein notwendiger Prozess für Unternehmen sind, um ihre Wettbe-werbsfähigkeit sicherzustellen. Grundlage für das Grünbuch müssen die „Orientations for reference in managing change and its social consequen-ces“ sein, mit denen die Sozialpartner bereits im Jahr 2003 wichtige Leitlinien für Unternehmen und ihre Arbeitnehmer zum Thema „Umstrukturie-rungen“ erarbeitet hatten. Dabei kann es sinnvoll sein, aktuelle Beispiele von „best practices“ zum verantwortungsvollen Umgang mit Umstrukturie-rungen aufzuzeigen. Die BDA wird jeden Versuch strikt ablehnen, den Boden für die Einführung von europaweit einheitlichen Prinzipien zu Umstruk-turierungen zu bereiten. Solche Prinzipien wür-den der Vielfältigkeit von Umstrukturierungspro-zessen nicht gerecht.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen > Europa/Internationales > Europäische Gesetzgebung: Arbeit und Soziales

Konzerninterne Entsendung von Drittstaatsangehörigen praxis-gerecht ausgestalten

Nachdem die EU-Kommission im Juli 2010 einen Richtlinienvorschlag zur konzerninternen Entsen-dung von Drittstaatsangehörigen (Intra-Corpo-rate Transferees, ICTs) vorgelegt hatte, hat die BDA sich im vergangenen Jahr intensiv dafür ein-gesetzt, dass die Richtlinie für die Unternehmen einen echten Mehrwert beim unternehmensinter-nen Transfer von „Schlüsselpersonal“ aus Dritt-staaten bietet.

zu führen. Wie in Art. 154 AEUV vorgesehen haben die europäischen Sozialpartner die EU-Kommission in einem gemeinsamen Schreiben darüber informiert, dass sie im Dezember 2011 Verhandlungen über die Überarbeitung der Ar-beitszeitrichtlinie aufnehmen. Ziel der Verhandlun-gen ist es, eine Vereinbarung gem. Art. 155 AEUV abzuschließen, die durch einen Beschluss des Rats umgesetzt wird.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen > Europa/Internationales > Europäische Gesetzgebung: Arbeit und Soziales

EU-Umstrukturierungsinitiative: Kommission gibt Idee für erneute Konsultation der Sozialpartner auf

Ursprünglich hatte die EU-Kommission angekün-digt, die Sozialpartner 2011 zu einem europäi-schen Rahmen für die Antizipation von Umstruk-turierungen zu konsultieren. Interne Vorentwürfe zu dem entsprechenden Konsultationsdokument ließen erkennen, dass die EU-Kommission da-bei einen sehr unausgewogenen Ansatz verfolg-te. Nicht zuletzt auf Intervention von BDA und BUSINESSEUROPE hatte die EU-Kommission daraufhin angekündigt, die Vorentwürfe grundle-gend zu überarbeiten. Dazu hatte die EU-Kom-mission die ursprünglich bereits für Juli 2011 an-gekündigte Konsultation mehrfach verschoben.

Offensichtlich hat die entschiedene Kritik der Arbeitgeber an dem Konsultationsdokument Wirkung gezeigt: Die EU-Kommission hat nun entschieden, die Sozialpartner nicht zu konsultie-ren. Vielmehr wird die EU-Kommission 2012 ein „Grünbuch zur Umstrukturierung und wirtschaftli-chen Anpassung“ vorlegen. Dieses Grünbuch soll erfolgreiche Praktiken und Strategien im Bereich der Umstrukturierung und Anpassung an Ver-änderungen, mit denen Beschäftigung, Wachs-tum und Wettbewerbsfähigkeit gefördert werden sollen, aufzeigen. Berücksichtigt werden sollen darin aktuelle Arbeiten der EU-Kommission, der Sozialpartner, der Mitgliedsstaaten und anderer Beteiligter. Ziel des Grünbuchs soll es sein, die Lehren, die aus der Wirtschaftskrise in den Jah-ren 2009/2010 gezogen wurden, in der politischen Debatte angemessen zu berücksichtigen.

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Arbeitsmarktzugang zumindest für den antrags-bewilligenden Mitgliedsstaat vorgesehen ist. Die BDA setzt sich dafür ein, dass diese Regelung auch auf die anderen Mitgliedsstaaten, zu denen der ICT aufgrund seiner Genehmigung weiter-wandern kann, ausgedehnt wird.

Die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Weitersendung des ICT in weitere Mitgliedsstaa-ten ohne ein erneutes Antragsverfahren stellt aus Sicht der BDA einen zentralen Mehrwert der Richtlinie für die Unternehmen dar. Gerade an diesem Punkt gestalten sich aber insbesondere die Verhandlungen im Rat schwierig. Aus Angst vor einem Missbrauch dieser Regelung beharren viele Mitgliedsstaaten auf weitgehenden Kontroll-rechten, die das Verfahren nicht mehr praktikabel für die Unternehmen machen. Die BDA schlägt eine möglichst flexible Handhabung dieser Re-gelung vor und begegnet Bedenken hinsichtlich einer Missbrauchsgefahr für das nichtstationäre Gewerbe (Bausektor und verwandte Wirtschafts-zweige) mit dem Vorschlag einer Anwendungs-bereichsausnahme. Dieser ist von zahlreichen Abgeordneten im EP positiv aufgenommen wor-den, u. a. auch anlässlich eines Pressefrühstücks mit der Abgeordneten Nadja Hirsch (FDP) am 21. September 2011.

Die Richtlinie könnte nach derzeitigem Bera-tungsstand voraussichtlich im ersten Halbjahr 2012 verabschiedet werden.

Richtlinienvorschlag zu Saison-arbeitnehmern: Gestaltungsspiel-raum für Mitgliedsstaaten erhalten

Die EU-Kommission verfolgt mit ihrem im Juli 2010 vorgelegten Richtlinienvorschlag das Ziel, einheitliche Mindeststandards für die Einreise und den Aufenthalt von Saisonarbeitnehmern aus Drittstaaten festzulegen, Rechte für diese Per-sonengruppe festzuschreiben sowie Ausbeutung von Saisonarbeitskräften vorzubeugen.

Die BDA hatte den Richtlinienvorschlag im Grundsatz begrüßt, jedoch von Anfang an betont, dass bei der Ausgestaltung der Richtlinie sowohl den Bedürfnissen der Unternehmen aus ihrer Be-triebspraxis als auch denen der Mitgliedsstaaten

Die BDA begleitet die derzeitigen Beratun-gen im Rahmen der ersten Lesung im EP und Rat und unterstreicht dabei vor allem die Notwen-digkeit einer praxisgerechten Ausgestaltung der Richtlinie für die Unternehmen.

So sind insbesondere die dort aufgeführten Personengruppen (Führungs- und Fachkräfte, Trainees) viel zu eng definiert. So erfordert der Begriff der „Fachkraft“ im Richtlinienvorschlag sog. branchenspezifische Kenntnisse. Dies würde in der Konsequenz zu dem absurden Er-gebnis führen, dass ein IT-Experte nicht vom Automobilhersteller zum Programmieren einer Automationsanlage über die Richtlinie entsendet werden könnte, da er im Zweifel über keine Ex-pertenkenntnisse in der Automobilindustrie ver-fügt. Die BDA konnte durch intensive Gespräche mit dem EP und der Bundesregierung erreichen, dass auf Änderungen hingewirkt wird, die anstatt auf branchenspezifische Kenntnisse auf die für die Niederlassung wichtigen Kenntnisse abstel-len.

Auch die Frage, welche Unternehmen von der Richtlinie profitieren können, hat die BDA in die Diskussion gebracht. Die im Entwurf vorhan-dene Definition der Unternehmensgruppe ist zu eng. Danach würden nur solche Unternehmen einer Unternehmensgruppe zugerechnet werden, die aufgrund einer Mehrheitsanteilseignerschaft miteinander verbunden sind. Nicht erfasst sind dagegen durch rechtliche Verbindungen verbun-dene Unternehmen oder solche, die unter einer einheitlichen Leitung stehen. Die BDA hat hier einen Formulierungsvorschlag erarbeitet, der alle Konstellationen abdeckt und damit sicherstellt, dass alle deutschen Unternehmen in den Anwen-dungsbereich der Richtlinie einbezogen sind.

Weitere wichtige Punkte für ICTs, sich für einen mehrjährigen Einsatz im Ausland zu ent-scheiden, sind die Frage nach dem Recht auf Fa-milienzusammenführung und die Möglichkeit der Partner für einen Zugang zum Arbeitsmarkt. Der Richtlinienentwurf sieht zwar ein Recht auf Fami-lienzusammenführung vor, klammert aber gerade den Punkt des erleichterten Zugangs zum Arbeits-markt für Partner aus. Die Hauptgeschäftsführung der BDA konnte erreichen, dass in dem aktuellen im Rat diskutierten Entwurf nun ein erleichterter

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Nach aktuellem Beratungsstand könnte die Richt-linie bereits Anfang 2012 verabschiedet werden.

Grünbuch Pensionen – belastende Forderungen für die betriebliche Altersvorsorge in Deutschland

Die Kommission hat am 7. März 2011 die Ergeb-nisse der im Juli 2010 eingeleiteten Konsultation zum Grünbuch Pensionen veröffentlicht. Die BDA hat sich an der Konsultation beteiligt und sich in einer ausführlichen Stellungnahme zum Grün-buch positioniert. Insgesamt sind fast 1.700 Ant-worten von verschiedenen Institutionen und Inter-essenvertretern eingegangen.

Zu begrüßen ist zwar, dass im Ergebnis die Verantwortung für Pensionen und Renten vor-rangig bei den Mitgliedsstaaten und den Sozial-partnern gesehen wird. Auch wird die Anpassung der Rentensysteme an die verlängerte Lebens-erwartung richtigerweise als allgemein notwen-dig anerkannt. Kritisch ist allerdings vor allem die beabsichtigte Übertragung wesentlicher Teile von Solvency II auf Einrichtungen der bAV in der Pen-sionsfondsrichtlinie zu sehen, die das in Deutsch-land gewachsene und lang bewährte System der bAV in seinem Bestand gefährdet. Auch werden EU-weite einheitliche Regelungsstandards der bAV für erforderlich gehalten, was in Anbetracht der höchst unterschiedlichen Bedingungen der Alterssicherungssysteme in den Mitgliedsstaaten nicht sinnvoll ist und wofür auch gar kein Rege-lungsbedarf besteht. Für solche bürokratisch be-lastenden Forderungen für die bAV hat sich auch die Mehrheit des EP in seiner Stellungnahme zum Grünbuch Pensionen am 16. Februar 2011 aus-gesprochen. Die BDA hat in Gesprächen mit Ver-tretern der Kommission und mit europäischen Ab-geordneten immer wieder auf die Gefahren dieser Vorhaben und negativen Konsequenzen für die bAV in Deutschland hingewiesen.

Anknüpfend an das Grünbuch Pensionen arbeitet die Kommission jetzt an einem Weiß-buch, das – nachdem es eigentlich im Novem-ber 2011 veröffentlicht werden sollte – nun auf 2012 verschoben wurde. Offensichtlich konnten die Argumente der Wirtschaft auch innerhalb der Kommission zumindest einige überzeugen,

nach einer gewissen Flexibilität hinsichtlich der Bedürfnisse des nationalen Arbeitsmarkts genü-gend Rechnung getragen werden muss.

Hierzu gehört etwa die Definition der Sai-sonarbeitsbranchen. Der Richtlinienentwurf lässt in seiner ursprünglich vorgelegten Version hier zu viel Spielraum, Branchen in die Richtlinie einzu-beziehen, die in Wahrheit keine saisonabhängige Beschäftigung vorsehen. Ein Beispiel ist das nicht-stationäre Gewerbe (Bausektor und verwandte Wirtschaftszweige). Nach deutschem Recht ist es nicht als Saisonarbeitsbranche klassifiziert. Durch eine Einbeziehung in den Anwendungs-bereich der Richtlinie könnte hier eine gewisse Missbrauchsgefahr bestehen. Die BDA hat die am Gesetzgebungsprozess beteiligten Parteien hier-auf aufmerksam gemacht und konnte erreichen, dass in den aktuell vorliegenden Beratungstexten klargestellt wird, dass es den Mitgliedsstaaten anhand ihrer nationalen Regelungen und Praxis überlassen ist, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Branchen zu definieren.

Ein weiterer Punkt ist die durch den Richt-linien vorschlag vorgesehene verpflichtend maxi-male Höchstaufenthaltsdauer der Arbeitnehmer von sechs Monaten. Es ist klar, dass saisonale Beschäftigung sinngemäß keinen unbefristeten Aufenthalt bedeuten kann. Allerdings müssen hier die Interessen der unterschiedlichen Bran-chen genügend Berücksichtigung finden können. Hierzu brauchen die Mitgliedsstaaten einen ge-wissen Spielraum für die nationale Umsetzung der Richtlinie. Gerade im Zusammenspiel mit den zwei möglichen Berechnungszeiträumen zwölf Monate oder Kalenderjahr können sich hierdurch für einzelne Branchen in der Praxis Probleme ergeben. Die BDA setzt sich daher ak-tiv dafür ein, dass auf eine starre Regelung zur Höchstaufenthaltsdauer auf EU-Ebene verzich-tet wird und den Mitgliedsstaaten entsprechend Spielraum eingeräumt wird.

Die BDA hat sich bereits erfolgreich dafür eingesetzt, die mit der Richtlinie möglicherweise einhergehenden Belastungen für die Systeme der sozialen Sicherheit weitgehend zu vermeiden. So konnte erreicht werden, dass im aktuell im Rat diskutierten Entwurf ein weitgehender Ausschluss für Familienleistungen festgelegt wurde.

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Renteneintrittsalter: Deutschland im EU-Vergleich vorn

Gesetzliches Renteneintrittsalter in der EU

* Malta: Renteneintrittsalter für Personen geboren zwischen 1952 und 1955: 62; 1956 und 1958: 63; 1959 und 1961: 64; nach 1962: 65

** Finnland: fl exibles Renteneintrittsalter nach eigener Wahl (zwischen 62 und 68)

Quelle: BUSINESSEUROPE, 2011

Gesetzliches Renteneintrittsalter: Männer

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Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) beinhalten soll. Zudem steht zu befürchten, dass es durch die Verquickung der verschiedenen Rechtsakte zu ganz neuen Verpflichtungen für die Unterneh-men kommen könnte, so etwa für die psychische Belastung der Arbeitnehmer. Daher setzt sich die BDA bereits jetzt im Vorfeld der Vorlage eines Ent-wurfs aktiv dafür ein, dass durch das neue Richt-linienvorhaben die Pflichten und Belastungen der Unternehmen nicht ausgeweitet werden. Die von der Kommission geplante europäische horizonta-le, nicht nach Tätigkeiten differenzierende Rege-lung zum Schutz vor MSE lehnt die BDA in diesem Zusammenhang strikt ab und hat dies in allen vor-bereitenden Beratungen u. a. im Beratenden Aus-schuss für Arbeitsschutz bei der EU-Kommission deutlich gemacht.

Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme VO 883/2004: effektive Homebase-Regelung notwendig

Die Kommission hat am 20. Dezember 2010 einen Vorschlag für die Überarbeitung der Verordnungen zur Koordinierung der sozialen Sicherungssyste-me vorgelegt. Die Verordnungen regeln u. a. auch, welches Sozialversicherungsrecht auf Personen anwendbar ist, die in mehreren Mitgliedsstaaten beschäftigt sind. Dabei ist es gelungen, die Akteu-re im Rat zu überzeugen, dass für Flugpersonal zukünftig nur noch an die sog. Homebase ange-knüpft werden soll, um die einschlägige nationale Sozialversicherung zu ermitteln. Die EU-Kommis-sion hatte in ihrem Vorschlag dagegen zusätzlich an einer Tätigkeitsbemessungsgrenze festgehal-ten, welche in der Praxis für Unternehmen und Sozialversicherungen einen enormen Bürokratie-aufwand bedeuten würde. Die von der Kommissi-on vorgeschlagene Regelung wäre zudem anfällig für das Unterlaufen sozialversicherungsrechtlicher Standards. Im Rat wurden die dagegen erhobe-nen Einwände der BDA aufgenommen und die Weichen für eine entsprechende Anpassung der Verordnung gestellt.

Die Beratungen im EP hierzu wurden am 5. Dezember 2011 aufgenommen. Die BDA steht in engem Kontakt mit dem Berichterstatter Mi-lan Cabrnoch (Europäische Konservative und

so dass nun eine kommissionsinterne Einigung über die einzelnen Eckpunkte erreicht werden muss. Dem Vernehmen nach geht es um konkre-te legislative und nicht legislative Vorschläge, die auch die Einrichtungen der bAV betreffen. So soll aller Voraussicht nach eine EU-weite Regelung für Mindeststandards für die Wahrung und den Erwerb von bAV-Ansprüchen und die Einrichtung eines Aufzeichnungsdienstes von bAV-Anwart-schaften („tracking services“) vorgeschlagen werden.

Die BDA hat gegenüber der EU-Kommission deutlich gemacht, dass für eine EU-weite Rege-lung für Mindeststandards der bAV kein Bedarf besteht. Solche Regelungen sollten auch in Zu-kunft allein den Mitgliedsstaaten überlassen blei-ben, zumal eine Harmonisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die bAV angesichts der höchst unterschiedlichen Betriebsrentensysteme in der EU nahezu unmöglich ist. Jeder Harmoni-sierungsversuch birgt die Gefahr, dass damit – zu-mindest in einem Teil der Mitgliedsstaaten – die Betriebsrentensysteme verteuert und mit mehr Bürokratie belastet werden. Auch für einen EU-weiten Aufzeichnungsdienst („tracking service“) besteht aufgrund der vergleichsweise sehr weni-gen grenzüberschreitenden Fälle kein Bedarf. Ein EU-weiter Aufzeichnungsdienst würde zusätzliche Bürokratie verursachen. Soweit die Informations-lage für den Überblick über Betriebsrentenansprü-che verbesserungsbedürftig ist, sollte diese in den Mitgliedsstaaten geprüft werden.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Betriebliche Altersvorsorge

Europäische Vorschriften zum Arbeits- und Gesundheitsschutz betriebsgerecht ausgestalten

Voraussichtlich für das erste Halbjahr 2012 plant die EU-Kommission die Fusion der sog. Bild-schirmrichtlinie, der sog. Lastenhandhabungs-richtlinie sowie von Teilen der Vibrations- und Rahmenrichtlinie zu einer umfassenden Ergono-mierichtlinie. Dieses Richtlinienvorhaben ist von besonderer Bedeutung für die Unternehmen, weil es über die oben genannten Texte hinaus einen neuen Regelungsbereich zum Schutz vor

Renteneintrittsalter: Deutschland im EU-Vergleich vorn

Gesetzliches Renteneintrittsalter in der EU

* Malta: Renteneintrittsalter für Personen geboren zwischen 1952 und 1955: 62; 1956 und 1958: 63; 1959 und 1961: 64; nach 1962: 65

** Finnland: fl exibles Renteneintrittsalter nach eigener Wahl (zwischen 62 und 68)

Quelle: BUSINESSEUROPE, 2011

Gesetzliches Renteneintrittsalter: Männer

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Väter zunehmend diesen Elternurlaub in An-spruch nehmen: Seit 2008 ist die Anzahl von Vä-tern, die Elternzeit wahrnehmen, von rd. 3 % auf 25 % gestiegen.

Diese Kritikpunkte der BDA spiegeln die Bedenken vieler Mitgliedsstaaten über die feh-lende Berücksichtigung der vielfältigen Regelun-gen und die jeweiligen finanziellen Folgen der Ausweitung der Mutterschutzfrist wider. Allein für Deutschland würden sich im Falle einer Umset-zung der Forderungen des EP die Mehrkosten auf rd. 1,2 Mrd. € jährlich belaufen.

Es ist ein großer Erfolg, dass die viel zu weitreichende Forderung des EP nach einer Ausweitung der Mutterschutzfrist auf 20 Wochen bei voller Lohnfortzahlung von der Mehrheit der Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland – abge-lehnt wird. Auch in Beantwortung der mündlichen Anfrage des EP an den Rat zum Stand der Mut-terschutzrichtlinie vom August 2011 gab die polni-sche Ratspräsidentschaft den EP-Abgeordneten deutlich zu verstehen, dass es im Rat keine Be-reitschaft gebe, eine Einigung auf der Basis der völlig unrealistischen EP-Forderungen anzustre-ben.

In persönlichen Gesprächen hat die polni-sche Ratspräsidentschaft der BDA gegenüber zu erkennen gegeben, dass ihr die von vielen Mitgliedsstaaten geäußerten Bedenken bekannt seien. Sie hat daher, u. a. auf Anregung von BUSINESSEUROPE, angekündigt, zunächst die verschiedenen nationalen Regelungen und Pro-blemstellungen analysieren zu wollen. Beim Be-schäftigungsrat Anfang Dezember 2011 legte die polnische Ratspräsidentschaft einen Fortschritts-bericht zum Thema „Mutterschutz“ vor.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Mutterschutz-EU-Richtlinie

Reformisten – ECR, Tschechische Republik) und weiteren Abgeordneten des federführenden Be-schäftigungsausschusses.

Mutterschutzrichtlinie – Rat erteilt Forderungen des Europäischen Parlaments klare Absage

Der Vorschlag zur Revision der Mutterschutz-richtlinie, den die EU-Kommission Anfang Okto-ber 2008 vorgelegt hat und der seitdem in Rat und EP beraten wird, sieht eine Aktualisierung und Ausweitung der bestehenden EU-Rechts-vorschriften vor. Die EU-Kommission verfolgt mit der Revision das Ziel, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von schwangeren Arbeitneh-merinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeit-nehmerinnen zu verbessern. Das EP hatte in der ersten Lesung gefordert, die Mutterschutzfrist über die von der Kommission vorgeschlagene Ausweitung auf 18 Wochen hinaus auf 20 Wo-chen bei voller Lohnfortzahlung zu verlängern und zusätzlich zwei Wochen bezahlten Vater-schaftsurlaub einzuführen. Nun regt sich zuneh-mend Widerstand: Immer mehr Mitgliedsstaaten lehnen den Bericht des EP als Grundlage für die weiteren Beratungen zur Revision der Mutter-schutzrichtlinie ab.

Die BDA hat von Anfang an vehement die Position vertreten, dass die bestehende Regelung mit 14 Wochen Mutterschutz einen umfassenden Gesundheitsschutz von Müttern gewährleistet und keiner Änderung bedarf. Darüber hinaus wird das vom EP angestrebte Ziel einer besseren Verein-barkeit von Familie und Beruf hierzulande bereits durch die Elternzeit erfüllt. Hier liegt Deutschland an der Spitze und gehört zu den Ländern mit den großzügigsten Regelungen in der EU. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Dauer als auch in Bezug auf die Höhe der finanziellen Unterstützung der Familien.

Auch die Forderung des EP nach einem zweiwöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaub lehnt die BDA ab. In Deutschland haben Frauen und Männer durch die Elternzeit bereits heute das Recht auf einen im Gesamtumfang von bis zu 14 Monaten bezahlten Urlaub nach der Geburt ihres Kindes. Die Zahlen beweisen, dass auch

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Europa & Internationales 123

Gesetzliche Regelungen für Frauen in Führungspositionen nehmen europaweit zuFrauenquote in Europa

Land Geltungsbereich Ziele

Belgien Verwaltungsräte aller staatlichen und börsennotierten Unternehmen sowie die Nationallotterie

Mindestens ein Drittel der Mitglieder des Verwaltungsrats muss dem „unterre-präsentierten Geschlecht“ angehören (Gesetz fi ndet Anwendung ab der ersten Neubesetzung des Verwaltungsrats nach Inkrafttreten des Gesetzes im September 2011).

Frankreich Verwaltungsräte (im monistischen System) und Aufsichtsräte (im dualistischen Sys­tem) von börsen notierten Unternehmen

Quote von 40 % für beide Geschlechterab 1. Januar 2017

Italien Verwaltungsräte börsennotierter und staat-licher Unternehmen

Quote soll in zwei Schritten erreicht werden: Bei der ersten Neuwahl des Ver-waltungsrats (vrs. 2013) muss mindestens ein Fünftel der Mitglieder des Verwaltungs-rats dem „unterrepräsentierten Geschlecht“ angehören, bei der zweiten und dritten Neuwahl beträgt die Quote mindestens ein Drittel.

Norwegen Verwaltungsräte aller Aktiengesellschaften in Privat besitz mit einem Verwaltungsrat von über 10 Mitgliedern und aller staatli-chen und kommunalen Betriebe

Quote von mindestens 40 % für Frauen und Männer (ab Januar 2004 für alle staatlichen und kommunalen Betriebe und ab 2008 für Aktiengesellschaften in Privat­besitz verbindlich)

Spanien Verwaltungsräte von öffentlichen Unterneh-men und börsennotierten Firmen mit mehr als 250 Angestellten

Frauenquote von mindestens 40 %bis 2015

Quelle: BUSINESSEUROPE, Juli 2011

Frauenanteil in Aufsichtsräten durch freiwillige In-itiativen deutlich anzuheben. Sollte dies nicht der Fall sein, will Frau Reding prüfen, ob sie regulie-rend tätig wird. In diesem Zusammenhang hat sie das Selbstverpflichtungsschreiben „Women on the Board Pledge for Europe“ auf ihrer Homepage veröffentlicht, mit dessen Unterzeichnung sich die Unternehmen dazu verpflichten, den Frauen­anteil in Aufsichtsräten bis 2015 auf 30 % und bis 2020 auf 40 % anzuheben. Eine gesetzliche Quote ist der falsche Weg, um die Ursachen für den geringen Frauenanteil in Führungspositionen

Europäische Gleichstellungs­politik: Gesetzliche Frauenquoten sind falscher Weg

Entsprechend den im Zusammenhang mit der „Eu-ropäischen Gleichstellungsstrategie 2010–2015“ angekündigten Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern wird die Vizepräsidentin der Kommission Viviane Reding im März 2012 überprüfen, ob es den Unterneh-men bis zu diesem Zeitpunkt gelungen ist, den

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Sozialer Dialog: neues Arbeits-programm nach 2011 auf Beschäftigung ausrichten

Gegenwärtig werden die Verhandlungen für die Erarbeitung des nächsten Arbeitsprogramms des Sozialen Dialogs nach 2011 vorbereitet. Die Pri-oritäten des nächsten gemeinsamen Arbeitspro-gramms werden zwischen BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB verhandelt.

Die europäischen Arbeitgeber gestalten das Arbeitsprogramm proaktiv mit: BUSINESS-EUROPE hat mit den internen Überlegungen und Vorschlägen zum neuen Arbeitsprogramm begon-nen. Hierbei zeigte sich große Einigkeit darüber, dass das künftige Arbeitsprogramm Beschäfti-gung als Schlüsselthema haben soll, wofür sich die BDA starkgemacht hat. Erste Reaktionen von Seiten der Gewerkschaften waren positiv.

BUSINESSEUROPE wird sich in den Ver-handlungen mit den Gewerkschaften für Ar-beitsmarktreformen, die zu Beschäftigungs- und Produktivitätswachstum führen, einsetzen. Ziel ist, das Arbeitsprogramm insgesamt auf eine be-schränkte Zahl klarer Prioritäten zu begrenzen, um Raum für Reaktionen auf mögliche Initiativen der EU-Kommission zu lassen.

Zudem gilt es, auch bisher noch nicht durch-geführte bzw. nicht abgeschlossene Arbeiten des laufenden Arbeitsprogramms 2009–2011 zu Ende zu bringen. Dazu gehören:

� Wirtschaftsmigration, Mobilität und Integra-tion: Die positive Darstellung von Migration und Integrationspolitik am Arbeitsplatz ist hierbei Ziel der Arbeitgeber.

� Autonome Rahmenvereinbarung über integ-rative Arbeitsmärkte („inclusive labour mar-kets“): jährliche nationale Umsetzungsbe-richte bis 2014.

� Da die gemeinsamen Projekte des letzten Arbeitsprogramms zu Klimawandel und Flexicurity abgeschlossen sind, sollen neue Projekte als Teil des künftigen Arbeitspro-gramms in Betracht gezogen werden.

anzugehen. Die Unternehmen in Deutschland fördern schon seit langem gezielt Frauen durch eine Vielzahl von freiwilligen Initiativen und Wei-terbildungsmaßnahmen. Es ist die Aufgabe der Mitgliedsstaaten, Maßnahmen zu ergreifen, um diese Bemühungen zu unterstützen, z. B. die mangelhafte Infrastruktur für eine qualifizierte Kin-derbetreuung zu verbessern.

In einem persönlichen Gespräch zwischen BDA-Präsidiumsmitglied Frau Suckale, Vor-sitzende des BDA-EU-Ausschusses und Vor-standsmitglied der BASF SE, Frau Stachelhaus, Arbeitsdirektorin der E.ON AG, und EU-Kommis-sions-Vizepräsidentin Reding im Juli 2011 ge-lang es, Frau Reding von der Notwendigkeit zu überzeugen, das Thema branchendifferenziert anzugehen. Die Kommissarin zeigte sich von den freiwilligen Initiativen in Deutschland beein-druckt und äußerte großes Interesse daran, die konkreten Fortschritte in Deutschland seitens der EU-Kommission positiv zu begleiten. Frau Reding bestätigte ihre Position auch bei der Sitzung des BDA-Präsidiums in Brüssel im September 2011, bei welcher sie als Gastrednerin auftrat.

Darüber hinaus hat sich die BDA zusam-men mit dem BDI an der Konsultation zu dem am 5. April 2011 veröffentlichten Grünbuch „Europäi-scher Corporate Governance Rahmen“ beteiligt. Das Grünbuch, veröffentlicht von Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier, enthält eine Vielzahl von Themen der Corporate Governance, wie etwa zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats, und thematisiert auch hier die Geschlechterzu-sammensetzung. BDA und BDI haben in ihrer Stellungnahme die Einführung einer gesetzlichen Quotenregelung abgelehnt.

Gemeinsam mit BUSINESSEUROPE ist die BDA mit den europäischen Entscheidungsträgern im engsten Dialog, damit hier praxisorientierte Lösungen anstatt einer gesetzlichen Quote ge-funden werden und den Frauen der Zugang zu Führungspositionen erleichtert wird. Dem Ver-nehmen nach ist nun für 2012 eine Empfehlung zur Beteiligung von Frauen in Führungspositionen geplant – dies wäre zumindest ein Teilerfolg, weil damit von dem wesentlich schärferen Rechtsinst-rument einer Richtlinie abgesehen würde.

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Dabei haben zahlreiche Beispiele von trans-nationalen Unternehmensvereinbarungen, die Vertreter von Unternehmen und Arbeitnehmern in der Expertengruppe vorgestellt haben, klar ge-zeigt, dass kein Bedarf an einem europaweit ein-heitlichen Rahmen besteht. Dieser Befund wird auch durch die Seminarreihe des International Training Center der Internationalen Arbeitsorgani-sation (ITC-ILO) gestützt, das u. a. auf Initiative der BDA untersucht hat, aus welchen Gründen Unternehmen transnationale Unternehmensver-einbarungen abschließen bzw. sich gezielt da-gegen entscheiden. Daneben haben die von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen rechtlichen Gutachten gezeigt, dass im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Umsetzung von transna-tionalen Unternehmensvereinbarungen auf nati-onaler Ebene nach wie vor erhebliche rechtliche Probleme bestehen, für die es keine schlüssigen Lösungen gibt.

Vor diesem Hintergrund sehen die Arbeitge-ber keine Veranlassung, im Rahmen des Sozia-len Dialogs einen wie auch immer im Einzelnen ausgestalteten „Referenzrahmen“ zu entwickeln. Die Arbeitgeber haben gegenüber der EU-Kom-mission ausdrücklich unterstrichen, dass die Expertengruppe kein Gremium zur politischen Konsultation der europäischen Sozialpartner war und deshalb auch nicht als Legitimierung für zu-künftige politische Initiativen herangezogen wer-den kann. Auch wenn die EU-Kommission – wie angekündigt – den Entwurf für den Abschlussbe-richt und die Schlussfolgerungen grundlegend überarbeiten wird, steht zu befürchten, dass sie ihre Idee für einen „Referenzrahmen“ nicht völlig aufgeben wird. Angesichts der nicht vorhandenen Unterstützung der nationalen Regierungen ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass eine solche In-itiative realistische Chancen auf Verabschiedung im Rat hätte.

Corporate Social Responsibility: Kommission stellt Prinzip der Freiwilligkeit zur Disposition

Das freiwillige gesellschaftliche Engagement von Unternehmen hat die BDA weiterhin sehr be-schäftigt. Initiativen auf deutscher, europäischer und internationaler Ebene versuchen CSR zu

Die BDA wird sich mit BUSINESS EUROPE dafür einsetzen, dass das künftige Arbeits-programm für einen Zeitraum von drei Jahren (2012–2014) abgeschlossen wird. Es soll mög-lichst anlässlich des dreigliedrigen Sozialgipfels im Frühjahr 2012 vorgelegt werden.

Weitere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Europäischer Sozialer Dialog“

Transnationale Unternehmens-vereinbarungen: EU-Kommission hält an europäischem Referenz-rahmen fest

Die EU-Kommission hat 2008 – nicht zuletzt auf intensives Drängen der BDA und von BUSINESS-EUROPE – ihre ursprünglichen Überlegungen aufgegeben, aufbauend auf der von ihr in Auftrag gegebenen Studie von Prof. Ales einen optiona-len Rechtsrahmen für transnationale Kollektivver-einbarungen auf europäischer Ebene vorzulegen. Es hat sich damals gezeigt, dass ein solches ei-genständiges Rechtsinstrument angesichts der unterschiedlichen nationalen Traditionen der in-dustriellen Beziehungen nicht realisierbar ist und den Unternehmen darüber hinaus keinen Mehr-wert bringt. Trotzdem scheint die EU-Kommissi-on – fünf Jahre nach der intensiven Diskussion über die Ales-Studie aus dem Jahr 2006 – unbe-irrt an der Idee festzuhalten, einen europäischen „Referenzrahmen zu transnationalen Unterneh-mensvereinbarungen“ zu entwickeln. Die EU-Kommission versucht dabei offensichtlich auch, die europäischen Sozialpartner in die Verant-wortung für dieses aussichtslose Unterfangen zu nehmen.

Diesen Schluss lassen die gegenwärtigen Diskussionen in der Expertengruppe aus Vertre-tern nationaler Regierungen und der Sozialpart-ner zu, die die EU-Kommission 2009 eingesetzt hat, um die Entwicklung zu transnationalen Un-ternehmensvereinbarungen zu verfolgen und zum Erfahrungsaustausch beizutragen. Dieses Expertengremium, in dem auch die BDA vertreten ist, debattiert gegenwärtig den Entwurf eines Ab-schlussberichts, der auch Schlussfolgerungen für das weitere Vorgehen enthalten wird.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Europa & Internationales126

Auf europäischer Ebene gibt es gleich zwei Initiativen, die sich mit dem Thema befassen: Im Oktober hat der Vizepräsident der EU-Kommissi-on, Industriekommissar Tajani, eine Mitteilung zu CSR vorgelegt. Er hat dabei zwar Vorschläge, die die BDA ihm in einem gemeinsamen Gespräch mit dem italienischen Wirtschaftsverband Confindust-ria gemacht hatte, aufgegriffen: Einrichtung eines europäischen CSR-Preises, um die Anerkennung des CSR-Engagements von Unternehmen zu för-dern, sowie Unterstützung und Hilfestellung für Unternehmen und ihre CSR-Aktivitäten. Jedoch wird dieser richtige praxisbezogene Ansatz durch die Ankündigung einer CSR-Berichterstattungs-pflicht in der Mitteilung völlig konterkariert. Die Wirtschaft hat von Beginn an das Vorhaben der EU-Kommission abgelehnt, Unternehmen eine Berichterstattungspflicht über ihr gesellschaftli-ches Engagement aufzubürden. Die Kommission würde damit massiv in die Gestaltungsfreiheit von Unternehmen eingreifen. Deshalb haben die vier Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft auch sofort nach Vorlage dieser Mitteilung die EU-Kommission aufgefordert, den breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens zur Freiwilligkeit von CSR auch weiterhin zu respektieren und den bewährten Kurs der vergangenen zehn Jahre en-gagiert und konstruktiv fortzusetzen.

Auch die in der Mitteilung formulierte Erwar-tung der EU-Kommission, dass Unternehmen sich bis 2014 zur Umsetzung einer der internati-onalen Initiativen oder eines der internationalen Instrumente verpflichten, geht an der betriebli-chen Wirklichkeit vorbei: Nicht nur widerspricht dies gerade dem freiwilligen Charakter dieser Texte und Initiativen, sondern insbesondere für Mittelständler mögen keine der aufgeführten Initi-ativen und Instrumente wirklich hilfreich sein. Die EU-Kommission droht mit der Mitteilung, den von ihr selbst und dem europäischen sowie dem deut-schen CSR-Multistakeholder-Forum propagierten freiwilligen Ansatz zu CSR zu verlassen.

Die Arbeiten an einem Vorschlag für eine Berichterstattungspflicht werden dabei von dem Binnenmarktkommissar Michel Barnier als zwei-te EU-Initiative vorangetrieben. Mitte des Jahres wurde eine Expertengruppe eingerichtet, um Vor-schläge zu erarbeiten. Die Wirtschaft ist in der Gruppe durch den europäischen Arbeitgeber- und

regulieren, reglementieren und standardisieren sowie mit bürokratischen und unrealistischen An-forderungen zu überfrachten. Auf deutscher Ebe-ne hat der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) Mitte Oktober den Deutschen Nachhaltigkeitsko-dex (DNK) verabschiedet. Der DNK deckt die Be-reiche Strategie, Prozessmanagement, Umwelt und Gesellschaft (u. a. auch Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Beschäftigungsfähigkeit) ab. Unternehmen sollen, vergleichbar mit dem Deut-schen Corporate Governance Kodex, eine Ent-sprechenserklärung zu den Vorgaben des Kodex abgeben und gemäß den im Kodex aufgeführten Indikatoren regelmäßig berichten.

Die Arbeitgeber unterstützen selbstverständ-lich das wichtige Anliegen möglichst nachhalti-gen Wirtschaftens. Der DNK als neuer Kodex für die ganze Wirtschaft ist aber der falsche Weg. Wenn die großen börsennotierten Unternehmen gemeinsam mit den Finanzmarktinstitutionen ein Instrument zur Stärkung der Transparenz für sich selbst entwickeln, ist dies nachvollziehbar und legitim. Problematisch aber am DNK ist sein An-spruch, für alle Unternehmen gültig zu sein. Der DNK des RNE ist aufgrund seiner komplexen und bürokratischen Vorgaben für viele Unternehmen problematisch und nicht mittelstandstauglich. Darüber hinaus widerspricht der DNK dem Kon-sens aller beteiligten Gruppen im CSR-Forum der Bundesregierung: Gewerkschaften, Nichtre-gierungsorganisationen (NGOs), Unternehmen und Wirtschaftsverbände hatten im Juni 2010 den freiwilligen Charakter von CSR bestätigt und nach intensiven Diskussionen zur Frage der Vergleich-barkeit der Nachhaltigkeitsleistungen von Unter-nehmen darauf verzichtet, ein standardisiertes Instrument vorzuschlagen.

Im CSR-Arbeitskreis der BDA wurde das Vorhaben intensiv mit dem Geschäftsführer des RNE, Dr. Bachmann, diskutiert. Die BDA führ-te zahlreiche Gespräche mit der Leitung des RNE und kommentierte jeden der vier Entwür-fe schriftlich. Durch das intensive Engagement konnte erreicht werden, dass der RNE der Bun-desregierung empfiehlt, den DNK als freiwilliges Instrument umzusetzen.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Europa & Internationales 127

in die Leitsätze gerungen. Durch das persönliche Engagement von Prof. Rodenstock, Vizepräsi-dent der BDA und Vorstandsmitglied bei BIAC, der sich direkt an Bundeskanzlerin Dr. Merkel gewandt hatte, wurde eine entscheidende Wen-de erreicht. Der BDA ist es so gelungen, darauf hinzuwirken, dass die neuen Leitsätze zum Aus-druck bringen, dass die Unternehmen sich künftig auch bemühen, bei den Geschäftspartnern in der Zulieferkette für die Einhaltung der Maßstäbe zu werben, ohne aber für deren mögliches Fehlver-halten formal in Haftung genommen zu werden. Damit bringen die OECD-Leitsätze noch deutli-cher als bisher ihren Anspruch zum Ausdruck, auf globale Verbreitung angelegt zu sein. Nun kommt es darauf an, die weltweite Verbreitung voranzu-treiben. Insbesondere wirtschaftlich bedeutende Länder wie China, Indien, Russland oder Südafri-ka sollten für die Annahme der Leitsätze gewon-nen werden. Die OECD-Leitsätze bieten erstma-lig einen sehr konkreten und praktikablen Ansatz, Bedingungen für fairen globalen Wettbewerb zu befördern. Die BDA hat sich durch viele Gesprä-che, z. B. mit dem chinesischen Vizearbeitsminis-ter, stark für die Verbreitung der Leitsätze einge-setzt.

Weitere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen“

Unterstützung für Unternehmen: Leitfaden zu CSR und OECD- Leitsätzen

Eine zentrale Säule der Aktivitäten der BDA war die Unterstützung der Unternehmen bei ihrem En-gagement: Gemeinsam mit dem niederländischen Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband VNO-NCW hat die BDA einen Leitfaden zur Unterstützung der Unternehmen bei der Umsetzung der OECD-Leit-sätze erarbeitet. Darüber hinaus hat die BDA den CSR-Leitfaden der BDA komplett überarbeitet und aktualisiert sowie eine neue Handreichung für Un-ternehmen zum Thema „International Framework Agreements und Global Campaigning“ vorgelegt. Durch die Einrichtung eines Ad-hoc-Arbeitskrei-ses zu „International Framework Agreements und Global Campaigning“ hat die BDA zudem den direkten Erfahrungsaustausch zwischen

Wirtschaftsverband BUSINESSEUROPE ver-treten. Die BDA hatte bereits im April in einem gemeinsam mit Confindustria ausgerichteten Workshop in Brüssel das Thema „Berichterstat-tungspflicht“ intensiv mit Vertretern der EU-Kom-mission und des EP diskutiert und sich klar gegen jede Berichterstattungspflicht ausgesprochen. Rü-ckendeckung hat sie dabei vom EP erhalten, das im Rahmen der Diskussionen zum Falbr-Bericht eine CSR-Regulierung abgelehnt hat. Wörtlich sagte der Vizepräsident des Beschäftigungsaus-schusses des EP, Thomas Mann: „Das EP unter-streicht mit Nachdruck, dass auf der EU-Ebene keine Richtlinie zur Regelung der sozialen Verant-wortung der Unternehmen angenommen werden sollte.“ Die EU-Kommission will den Vorschlag für eine Berichterstattungspflicht im Frühjahr 2012 vorlegen. Die BDA ist sowohl in Berlin wie auch in Brüssel aktiv, um hier gegenzusteuern.

OECD-Leitsätze: durch Revision nun als globales Instrument angelegt

Einen großen Erfolg hat die BDA gemeinsam mit dem Wirtschaftsverband bei der OECD, BIAC, bei der Überarbeitung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen erreicht. Die OECD-Leitsätze enthalten anerkannte Grundsätze für verantwortliches unternehmerisches Verhalten bei Auslandsinvestitionen u. a. in den Bereichen Menschenrechte, Soziales, Umwelt, Antikorrup-tion und Verbraucher. Ihren besonderen Status erhalten die auf Freiwilligkeit basierenden OECD-Leitsätze dadurch, dass sich die Regierungen der OECD-Mitglieder zu ihrer Förderung verpflichtet und nationale Kontaktstellen zur Kontrolle der ein-gegangenen Verpflichtungen eingerichtet haben. Auch Nicht-OECD-Staaten, wie z. B. Brasilien, haben die OECD-Leitsätze übernommen.

In dem einjährigen Überarbeitungsprozess, der im Mai abgeschlossen wurde, drängten Ge-werkschaften, NGOs und auch einige OECD-Staaten darauf, die Leitsätze inhaltlich deutlich zu verschärfen, die Anwendungsbestimmungen über Auslandsinvestitionen hinaus voll auch auf die Zulieferketten auszudehnen und Sanktionen für die Unternehmen einzuführen. Bis zuletzt wurde insbesondere um die Aufnahme der Zulieferkette

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Europa & Internationales128

sich über ihre Erfahrungen austauschen kön-nen. Zudem bietet die BDA Unternehmen durch Broschüren und Leitfäden, Veranstaltungen und Seminare, die CSR-Webseite „CSR Germany“ (www.csrgermany.de), durch individuelle Bera-tung sowie über ihre internationalen Netzwerke Hilfestellung bei allen Fragen zu IFAs, Global Campaigning, internationalen Sozialstandards und CSR an. Das Global Industrial Relations Network (GIRN), auf Initiative der BDA vom In-ternationalen Arbeitgeberverband (International Organisation of Employers, IOE) als internationa-le Plattform zum Erfahrungsaustausch für multi-nationale Unternehmen gegründet, hat sich auf seiner Tagung im Oktober 2011 in Bonn ebenfalls mit den Themen „IFAs“ und „Global Campaign ing“ beschäftigt.

G20: soziale Fragen im Fokus

Auf internationaler Ebene wird die G20 zuneh-mend zu einem neuen globalen Governance-System. Dieser Prozess ist Ausdruck und Folge der immer stärker werdenden globalen Abhän-gigkeiten, die gerade während der Schulden-krise vieler Länder besonders deutlich wurden und die eine stärkere weltweite Koordinierung über die Finanzpolitik hinaus auch in der Wirt-schafts- und Sozialpolitik verlangen. 2011 hat die französische G20-Präsidentschaft diesem Pro-zess Rechnung getragen und mit der Bekämp-fung der Arbeitslosigkeit, der besseren Um- und Durchsetzung der grundlegenden Arbeits- und Sozialrechte sowie dem weltweiten Aufbau von Sozialschutzsystemen wichtige sozialpolitische Prioritäten gesetzt.

Die BDA ist in den Prozess sowohl direkt wie auch über die IOE und den Wirtschaftsverband bei der OECD (BIAC) eng eingebunden und hat u. a. in der Konsultation mit den G20-Arbeitsmi-nistern im September 2011 ihre Position in den Prozess direkt eingebracht. Arbeitgeberpräsident Prof. Dr. Hundt selbst nahm am B20-Gipfel im Vorfeld des Treffens der Staats- und Regierungs-chefs in Cannes teil.

Für die deutschen Arbeitgeber geht es dar-um, dass man sich auf internationaler Ebene auf Politikansätze verständigt, die Wachstum und Be-schäftigung fördern, die informelle Beschäftigung

Unternehmen weiter gefördert. Schließlich wurde das CSR-Internetportal der deutschen Wirtschaft „CSR Germany“ (www.csrgermany.de) neu ge-staltet. Seit dem Relaunch im Mai sind neben der BDA und dem BDI auch der DIHK und der ZDH Träger des Portals. Gemeinsam werden die Ver-bände auf der internationalen CSR-Konferenz der Bundesregierung am 15. und 16. Dezem-ber 2011 Flagge zeigen und mit einem eigenen Stand informieren sowie für ihr Anliegen werben, Unternehmen weiterhin die Möglichkeit zu geben, passgenau jeweils die besten CSR-Ansätze frei zu entwickeln und umzusetzen.

Unternehmen zunehmend globa-len Gewerkschaftskampagnen ausgesetzt

Der Prozess der Globalisierung hat nicht nur Unternehmensstrukturen grundlegend verändert, sondern auch zu einem Wandel bei der Gestal-tung der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen geführt. Unternehmen müssen mit Blick auf die Arbeitsbedingungen an allen globalen Standorten ihre Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen welt-weit ausrichten. Auch die Gewerkschaften vernet-zen sich zunehmend weltweit.

Ein wichtiges Instrument für die Arbeit der Gewerkschaften auf internationaler Ebene sind die sog. International Framework Agreements (IFAs). Diese internationalen Rahmenabkommen werden zwischen einem multinationalen Unternehmen und einer internationalen Branchengewerkschaft geschlossen und behandeln in der Regel Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, die Schaf-fung angemessener Arbeitsbedingungen sowie Grundsätze des Unternehmens im Bereich CSR. Parallel dazu greifen Gewerkschaften auf inter-nationaler Ebene auf aggressivere Techniken, wie die des Global Campaigning, zurück. Ver-stärkt werden Global Campaigns gegen einzelne multinationale Unternehmen durchgeführt. Auch deutsche Unternehmen sind davon zunehmend betroffen.

Die BDA hat vorbeugend schon einen Ad-hoc-Arbeitskreis zu IFAs und Global Campaign-ing eingerichtet, in dem über aktuelle Trends und Entwicklungen informiert wird und Unternehmen

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Europa & Internationales 129

Staats- und Regierungschefs, u. a. Dr. Merkel und Putin, besucht wurde. In ihrer Rede würdigte Bundeskanzlerin Dr. Merkel die deutsche Sozial-partnerschaft – insbesondere während der Krise. Deutschland habe gute Erfahrungen mit der Sozi-alpartnerschaft gemacht, sagte Merkel. „Die Lehre der Welt aus der Krise sollte sein, mehr in Sozial-partnerschaft auch in Zeiten des Aufschwungs zu investieren, um in Zeiten der Krise eine belastbare Partnerschaft zu haben“, so die Kanzlerin.

Die BDA ist in den Arbeiten der ILO sowohl als Vertretung der Arbeitgeber in der deutschen Delegation wie auch über die IOE aktiv beteiligt. Frau Hornung-Draus, Geschäftsführerin der BDA, wurde dabei auf der im Rahmen der IAK stattfin-denden Generalversammlung der IOE als deren Vizepräsidentin wiedergewählt. Sie wird für wei-tere drei Jahre die europäisch-zentralasiatische Region für die IOE vertreten.

Im Rahmen der IAK hat die BDA zudem den inzwischen traditionellen deutschen „Employers Lunch“ ausgerichtet. Arbeitsminister, Staatssekre-täre, Botschafter und Arbeitgeberkollegen aus aller Welt wurden vom Mitglied der Hauptgeschäftsfüh-rung der BDA Clever zum 60. „ Employers Lunch“ begrüßt. Seit der Wiederaufnahme Deutschlands in die ILO nach dem Zweiten Weltkrieg 1951 ist die BDA Gastgeberin dieser hochrangigen Veran-staltung während der IAK in Genf, die der globa-len Netzwerkbildung, Kontaktpflege und dem in-formellen Austausch über aktuelle sozialpolitische Themen dient. In seiner Rede konzentrierte sich Herr Clever insbesondere auf den Beitrag, den die überarbeiteten OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen für die Durchsetzung internationa-ler Arbeitsnormen und zur Herstellung fairer Wett-bewerbsbedingungen leisten können.

BDA übermittelt Erwartungen der deutschen Arbeitgeber an EU- Präsidentschaft 2011

Wie zu jeder neuen EU-Ratspräsidentschaft hat die BDA auch 2011 Gespräche mit hochran-gigen Vertretern der EU-Ratspräsidentschaft geführt. Zu diesem Zweck traf sich BDA-Haupt-geschäftsführungsmitglied Clever in Budapest und Warschau mit ungarischen und polnischen

zurückdrängen, die in vielen Ländern über 90 % beträgt, und die vor allem dazu beitragen, die ge-meinsamen Grundlagen für ein „level playing field“, also gleiche, faire Bedingungen, zu schaffen. Für deutsche Unternehmen ist es ein wichtiges Anlie-gen, weltweit unter fairen Wettbewerbsbedingun-gen zu operieren. Genau dafür braucht man aber ein gemeinsames Verständnis über grundlegende Regeln, Prinzipien und Werte. Kernforderungen der BDA diesbezüglich sind die bessere weltweite Um- und Durchsetzung der ILO-Kernarbeitsnor-men sowie die Übernahme der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen durch die wichti-gen Nicht-OECD-Mitgliedsländer, die diese Leit-sätze bisher noch nicht unterzeichnet haben.

Internationale Arbeitsorganisation: Bedeutung wächst kontinuierlich

Aufgrund der engen weltweiten wirtschaftlichen Verflechtungen einerseits und über ihre starke Be-teiligung am G20-Prozess hat die Bedeutung der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO) weiter zugenommen. Dies spiegelt sich in den sozialpolitischen Prio-ritäten der französischen G20-Präsidentschaft (Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, bessere Um- und Durchsetzung der grundlegenden Arbeits- und Sozialrechte sowie der weltweite Aufbau von Sozialschutzsystemen) wider, die die aktuellen Kernanliegen der ILO sind. Auf der Internationa-len Arbeitskonferenz (IAK) im nächsten Jahr wird in etwa eine Empfehlung zur weltweiten Stärkung sozialer Schutzsysteme erarbeitet werden. Dabei gelang es den Arbeitgebern, schon in diesem Jahr einige wichtige Pflöcke für die Diskussionen im nächsten Jahr einzuschlagen: Die Bekämpfung der informellen Beschäftigung ist die Grundlage für den Aufbau und die Finanzierung sozialer Si-cherungssysteme. Die Einbeziehung der Sozial-partner beim Aufbau und bei der Verwaltung der Sozialschutzsysteme ist essenziell. Die Sozial-schutzsysteme müssen nachhaltig eigenstaatlich finanzierbar sein. Einen „One-size-fits-all-Ansatz“ kann es beim Aufbau sozialer Schutzsysteme nicht geben.

Die ILO hat diesen Juni mit der 100. IAK ein wichtiges Jubiläum begangen, aufgrund dessen die diesjährige IAK von zahlreichen prominenten

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Europa & Internationales130

Regierungsvertretern, die im ersten bzw. zweiten Halbjahr 2011 die Präsidentschaft innehatten. Ziel der BDA-Präsidentschaftsreisen ist es, den For-derungen der deutschen Arbeitgeber gegenüber der jeweiligen Präsidentschaft Nachdruck zu ver-leihen. Gespräche mit der nachfolgenden däni-schen EU-Ratspräsidentschaft 2012 fanden am 13. Dezember statt.

Besuchsprogramme: BDA-Exper-tise bei zahlreichen ausländischen Delegationen hoch im Kurs

Auch in diesem Jahr waren wieder zahlreiche Delegationen aus der ganzen Welt zu Gast bei der BDA, darunter Gäste aus Asien, Amerika, Australien, West- und Osteuropa. Die Vertreter von Botschaften, Arbeitgeberverbänden, Ge-werkschaften, Universitäten, Unternehmen und internationalen Organisationen informierten sich über die Arbeit der BDA. Im Mittelpunkt der Ge-spräche standen die Art und Weise, wie die deut-sche Wirtschaft die Krise ohne große Verluste für den Arbeitsmarkt überwinden konnte, aber auch folgende Themen: europäische Wirtschaftspolitik, Soziale Marktwirtschaft, Sozialer Dialog, Tarifver-handlungen, Mitbestimmung, Arbeitsmarktpolitik, Arbeitnehmerfreizügigkeit, Migration, CSR und Bildungspolitik.

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Page 132: Geschäftsbericht 2011

Wirtschaftspolitische KoordinierungFrühwarnsystemExportüberschuss

ArbeitnehmerpauschbetragWeltkonjunkturStimmungsindikator Volkswirtschaft

Arbeitnehmerpauschbetrag StabilitätsmechanismusStimmungsindikator

Europäische Finanzmarktstabilitäts-FazilitätMitarbeiterkapitalbeteiligung Wirtschaftspolitische KoordinierungFinanzverwaltungWirtschaftswachstum Schulden- und VertrauenskriseKonjunkturentwicklung

Finanzmarktdaten ELStAM VolkswirtschaftKonjunkturentwicklung

Rekapitalisierung BürokratiekostenÖffentliche Schulden

Einkommensteuerfestsetzung Elektronische LohnsteuerabzugsmerkmaleELStAM Wirtschaftsentwicklung AufschwungStaatsfinanzenSchwellenländer Lohnsteuerbescheinigungen Privater KonsumHaushaltskonsolidierung

FrühwarnsystemHerbstgutachten StabilitätsmechanismusLohnsteuer Euro

Einkommensteuerfestsetzung

Frühwarnsystem Herbstgutachten

FinanzverwaltungLohnsteuer

StaatsfinanzenELStAM

Exportüberschuss ELStAM

Öffentliche Schulden

Schwellenländer Euro

Wirtschaftswachstum Euro

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StabilitätsmechanismusVolkswirtschaft

Stabilitätsmechanismus

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Volkswirtschaft134

4,5

3

1,5

0

–1,5

–3

–4,5

–6

Veränderung gegenüber Vorjahr in %

Quellen: Statistisches Bundesamt, 2011; *Prognose des Sachverständigenrats, 2011

Konjunktur schwächt sich ab

Bruttoinlandsprodukt 2006–2012 (preisbereinigt, verkettet)

2006

3,73,3

1,1

–5,1

3,7

3,0

0,9

2007 2008 2009 2010 2011* 2012*

Wirtschaftsentwicklung: Dynamik flacht ab

Immer mehr machen sich die abflauende Welt-konjunktur sowie die Schulden- und Vertrau-enskrise im Euroraum negativ in der deutschen Wirtschaft bemerkbar. Die schwierige Wirt-schaftslage wichtiger europäischer Handelspart-ner und die von ihnen eingeleitete Konsolidierung mit z. T. rigiden Sparmaßnahmen dämpfen die deutschen Ausfuhren. Die Wachstumsverlang-samung in Deutschland im Laufe des Jahres 2011 ist daher wenig überraschend. Der private Konsum wirkt weiter stützend, was vor allem der

günstigen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zu verdanken ist. Aufgrund der kräftigen Expansion zu Jahresbeginn dürfte das Wirtschaftswachstum im Gesamtjahr nahezu 3 % erreichen, rund zwei-einhalb Mal mehr als das Durchschnittswachstum der letzten zehn Jahre. Damit wächst Deutsch-land in diesem Jahr stärker als jede andere große europäische Volkswirtschaft und rund doppelt so schnell wie die Eurozone.

Zu Jahresbeginn 2011, als infolge der Na-tur- und Umweltkatastrophe in Japan Lieferket-ten zeitweise unterbrochen wurden, gaben die Vertrauensindikatoren weltweit nach. Ein regel-rechter Vertrauenseinbruch setzte im Juli ein, als

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Volkswirtschaft 135

160

145

130

115

100

85

Index 2005 = 100

Quellen: CPB, Den Haag; * Prognose des DIW Berlin, 2011

Welthandel nimmt weiter zu

Entwicklung des Welthandels

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011* 2012*

4,5

3

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0

–1,5

–3

–4,5

–6

Veränderung gegenüber Vorjahr in %

Quellen: Statistisches Bundesamt, 2011; *Prognose des Sachverständigenrats, 2011

Konjunktur schwächt sich ab

Bruttoinlandsprodukt 2006–2012 (preisbereinigt, verkettet)

2006

3,73,3

1,1

–5,1

3,7

3,0

0,9

2007 2008 2009 2010 2011* 2012*

zeitgleich in den USA die Obergrenze für öffent-liche Schulden angehoben und in der Europäi-schen Union um ein weiteres Hilfspaket für Grie-chenland sowie eine Reform des Rettungsfonds gerungen wurde. Die von der Politik präsentierten Ergebnisse wurden an den Märkten nicht als Lö-sung der Schuldenprobleme aufgefasst mit der Folge, dass sich der Vertrauensverlust fortsetzte. Ein weiterer Belastungsfaktor war und ist der kräf-tige Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise.

Anders als in den USA und Europa war die Nachfrage in den meisten Schwellenländern wei-ter hoch. Die dort einsetzende leichte konjunk-turelle Verlangsamung ist wirtschaftspolitisch

beabsichtigt und soll der Überhitzung der heimi-schen Volkswirtschaften entgegenwirken. Ange-sichts der insgesamt weiter günstigen wirtschaftli-chen Entwicklung in den Schwellenländern dürfte der Welthandel laut Herbstgutachten in diesem Jahr um 6 % und 2012 um 5 % zunehmen.

Nach dem schwungvollen Jahresauftakt hat sich die Dynamik der deutschen Wirtschaft deut-lich abgekühlt. Nach 1,3 % im ersten Quartal stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quar-tal 2011 nur noch um 0,3 %. Diese Diskrepanz beim Wachstum der beiden Quartale erklärt sich zum einen aus dem witterungsbedingten Produkti-onsrückgang Ende 2010. Der dadurch ausgelöste

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Volkswirtschaft136

108

106

104

102

100

98

96

94

92

Index 1. Q. 2008 = 100

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2010; eigene Berechnungen der BDA

Gesamtwirtschaft übertrifft Vorkrisenniveau

Gesamtwirtschaft: Produktion, Effektivverdienste und Beschäftigung

1. Q.2008

2. Q.2008

3. Q.2008

4. Q.2008

1. Q.2009

2. Q.2009

3. Q.2009

4. Q.2009

1. Q.2010

2. Q.2010

3. Q.2010

4. Q.2010

1. Q.2011

2. Q.2011

BIP, real, saisonbereinigt

Bruttolöhne und -gehälter monatlich je Arbeitnehmer, saisonbereinigt

Erwerbstätige, saisonbereinigt

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Volkswirtschaft 137

Konjunkturentwicklung: Chancen auf rasche Besserung

Die Risiken für die weltweite Konjunkturentwick-lung bleiben groß. Neben der weiterhin möglichen Zuspitzung der Schulden- und Vertrauenskrise im Euroraum besteht die Gefahr von Ansteckungsef-fekten in Teilbereichen des Finanzsystems. Nicht zu unterschätzen sind aber auch die Chancen auf ein rasches Anziehen der Konjunktur. Bislang deuten hauptsächlich Stimmungsindikatoren und Finanzmarktdaten auf eine Eintrübung der Kon-junktur hin. Die Stimmung der Verbraucher steht dem jedoch weiter entgegen: Bis vor kurzem hat sich das Konsumklima verbessert. Auch Daten aus der Realwirtschaft waren bis zuletzt überwie-gend gut. Hinzu kommt, dass die deutschen Un-ternehmen über ein attraktives Produktportfolio verfügen, das sie weltweit zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten können. Die Finanzierungsbe-dingungen bleiben günstig und eine Kreditklem-me besteht derzeit nicht. Gelingt es der Politik, einen glaubhaften Ausweg aus der Schuldenkrise zu beschreiten und Vertrauen zurückzugewinnen, besteht eine reelle Chance, dass die deutsche Wirtschaft schneller und kräftiger aus dem Kon-junkturtal herauskommt als zurzeit vermutet.

Wirtschaftspolitische Koordinie-rung in der Europäischen Union: an Bestleistungen orientieren

Die dramatischen Entwicklungen um die öffentli-chen Haushalte einiger Mitgliedsstaaten im Eu-roraum haben die Europäische Union auf ihre bislang größte Belastungsprobe gestellt. Hohe Haushaltsdefizite bilden jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Die eigentlichen Ursachen für das fehlende Vertrauen in die langfristige Tragfähig-keit der Staatsfinanzen dieser Länder liegen in strukturellen Fehlentwicklungen, geringer Wett-bewerbsfähigkeit sowie mangelnder Reformbe-reitschaft. Durch die Staatsschuldenkrise wurden Defizite und Schwächen der bisherigen wirt-schaftspolitischen Koordinierung in Europa of-fengelegt. Als Reaktion darauf gibt es sowohl auf internationaler als auch auf europäischer Ebene Bestrebungen, die bestehende wirtschaftspoliti-sche Koordinierung zu intensivieren. Im Rahmen

kräftige Nachholeffekt hatte zu Jahresbeginn 2011 einen steilen Produktionsanstieg zur Folge. Zum anderen haben Sonderfaktoren das Wachstum der Binnenwirtschaft im Frühjahr geschwächt. Zu den negativen Sonderfaktoren zählt auch der überstürzte Atomausstieg. Der sich abzeichnende Wandel vom Stromexportland zum Stromimport-land hat im zweiten Quartal bis zu 0,2 Prozent-punkte Wachstum gekostet. Der wirtschaftliche Aufschwung setzte sich im dritten Quartal zu-nächst fort. Nach einem kräftigen Anstieg der in-dustriellen Produktion in den Monaten Juli und August sank sie im September gegenüber dem Vormonat um 3 %. Im gleichen Monat brachen die Aufträge so stark ein wie seit drei Jahren nicht mehr. Der Hauptgrund dafür lag in der Zurückhal-tung der Kunden in den Euroländern. Bestellun-gen von dort fielen um 12 %, aus Deutschland um 3 % und aus dem Rest der Welt um 0,3 %. Insge-samt erreichte das dritte Quartal aber immer noch ein Wachstum von 0,5 %. Für das Schlussquar-tal zeichnen sich eine schwache Entwicklung der Industrieproduktion und ein Rückgang des BIP ab. Der Sachverständigenrat rechnet in seinem Jahresgutachten damit, dass die Ausrüstungs-investitionen im Jahr 2011 um 8,8 % gegenüber dem Vorjahr steigen. Die Exporte nehmen im Ver-gleich zu 2010 um 7,8 % zu und die Bauinvestiti-onen verzeichnen einen kräftigen Zuwachs i. H. v. 5,2 %. Der private Konsum, der seit dem Frühjahr des vergangenen Jahres kontinuierlich gestiegen war, ist im zweiten Quartal 2011 spürbar gesun-ken. Maßgeblich hierfür war der Rückgang der Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit und Vermögen. In der zweiten Jahreshälfte dürfte der private Konsum wieder anziehen und im Gesamt-jahr um 1,0 % steigen. Für das Jahresendquartal deutet sich eine leichte Abnahme der gesamtwirt-schaftlichen Aktivität an.

Die deutsche Wirtschaft hat zur Jahresmit-te 2011 wieder das Niveau von vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise erreicht. Die gro-ßen makroökonomischen Aggregate weisen in-zwischen Werte oberhalb des Vorkrisenniveaus vom ersten Quartal 2008 auf. Nahezu alle Wirt-schaftszweige konnten zu einem Zustand von vor Ausbruch der Krise zurückkehren. Die Kapazitäts-auslastung lag zuletzt mit 86,7 % in der Größen-ordnung des Gesamtjahres 2008.

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Index 1. Q. 2008 = 100

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2010; eigene Berechnungen der BDA

Gesamtwirtschaft übertrifft Vorkrisenniveau

Gesamtwirtschaft: Produktion, Effektivverdienste und Beschäftigung

1. Q.2008

2. Q.2008

3. Q.2008

4. Q.2008

1. Q.2009

2. Q.2009

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4. Q.2009

1. Q.2010

2. Q.2010

3. Q.2010

4. Q.2010

1. Q.2011

2. Q.2011

BIP, real, saisonbereinigt

Bruttolöhne und -gehälter monatlich je Arbeitnehmer, saisonbereinigt

Erwerbstätige, saisonbereinigt

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Volkswirtschaft138

Staatsfinanzen in Deutschland: 60%-Staatsschuldenobergrenze nicht aus den Augen verlieren

Die BDA sieht – trotz Kritik im Detail – in der von der Bundesregierung eingeleiteten Doppel-strategie zur Haushaltskonsolidierung, die auf Einsparungen und gleichzeitige Stärkung der Wachstumsdynamik setzt, einen richtigen An-satz. Mit dem mittelfristigen Haushaltsplan der Bundesregierung bis 2015 wird der Konsolidie-rungspfad konsequent fortgeführt. Dabei profitiert auch die öffentliche Hand von der bislang guten wie stabilen konjunkturellen Entwicklung – durch zusätzliche Steuereinnahmen. Bis 2015 plant die Bundesregierung die Nettokreditaufnahme (struk-turelle Verschuldung inklusive konjunkturell be-dingter Kreditaufnahme) auf 15 Mrd. € zu senken. Damit rückt die verfassungsrechtliche Vorgabe der Schuldenbremse mit einer strukturellen Neu-verschuldung des Bundes von maximal 0,35 % des BIP im Jahr 2016 in greifbare Nähe. Denn nach jüngsten Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln könnte dieses Ziel fast schon 2015 erreicht und 2016 gar um 4 Mrd. € unterschritten werden. Dies bedeutet keineswegs, dass die verfassungsrechtlich gebotenen Konso-lidierungsanstrengungen gelockert werden kön-nen. Denn die mittelfristige Finanzplanung und damit die Rückführungspläne des strukturellen Defizits sind unverändert mit Finanzierungsrisi-ken verbunden. So hat das Bundesfinanzministe-rium in den Jahren 2014 und 2015 die globalen Minderausgaben von jeweils fast 5 Mrd. € immer noch nicht ausfinanziert.

Gesamtwirtschaftlich kann allerdings nach Einschätzung der Bundesregierung bereits 2013 ein ausgeglichener Haushalt der öffentlichen Fi-nanzen erreicht werden. Vor diesem Hintergrund ist die vom Kabinett am 7. Dezember 2011 be-schlossene der Höhe nach begrenzte Steuer-entlastung i. H. v. rd. 6 Mrd. € vertretbar. Diese Steuerentlastung soll erreicht werden, indem der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer in zwei Stufen in den Jahren 2013 und 2014 um insge-samt 4,4 % von 8.004 auf 8.355 € und auch die anderen Tarifeckwerte prozentual in gleicher Höhe angehoben werden. Im Wesentlichen sind diese Entlastungsschritte schon deshalb erforderlich,

der makroökonomischen Überwachung der EU, aber auch auf Ebene der G20 sollen volkswirt-schaftliche Entwicklungen auf ihre Tragfähigkeit hin überprüft werden.

In der Europäischen Union ist ein Überwa-chungsverfahren mit Frühwarnsystem vorgese-hen. Für ausgewählte makroökonomische Indika-toren werden dazu Schwellenwerte bestimmt, die als Richtwerte für eine tragfähige außenwirtschaft-liche Position herangezogen werden. Verdichten sich in einer vertieften Länderanalyse Hinweise auf bestehende oder drohende Ungleichgewich-te, werden wirtschaftspolitische Empfehlungen ausgesprochen. Setzt ein Land die in einem Ak-tionsplan zusammengefassten Maßnahmen nicht um, können Strafzahlungen bis zu 0,1 % des BIP verhängt werden. Ziel dieses Verfahrens ist es, EU-Mitgliedsstaaten schneller auf Reformkurs zu bringen. Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn die EU-Mitglieder ihre Wirtschaftspolitik künftig besser aufeinander abstimmen, um Fehlentwick-lungen zu vermeiden. Subsidiarität und Eigen-verantwortung sind aber auch zukünftig strikt zu wahren. Wirtschaftspolitische Koordinierung darf keine Detailsteuerung von Einzelmaßnahmen der Mitgliedsstaaten durch EU-Vorgaben bedeuten. Falsch und gefährlich wäre es, mit diesem Instru-ment erfolgreiche EU-Länder zu bestrafen. Dies widerspricht nicht nur dem Wettbewerbs- und Leistungsprinzip, sondern schadet auch langfris-tig dem Wirtschaftsraum Europa. Das Ziel, zu den dynamischsten Regionen der Welt aufzuschlie-ßen, wird nicht erreicht, wenn Wettbewerb und Leistung durch Plan und Dirigismus abgelöst wer-den. Europa muss sich an Bestleistungen orien-tieren, nicht am Durchschnitt. Deutschlands – im Ausland bisweilen kritisierter – Leistungsbilanz-überschuss ist kein Hinweis auf eine Fehlentwick-lung und darf durch das Überwachungsverfahren auch nicht als ein solches diskreditiert werden. Zum einen nicht, weil die im internationalen Ver-gleich hohen deutschen Nettoersparnisse keine Zahlungsverpflichtungen ergeben, deren Nichter-füllung Risiken für andere Länder oder die Stabili-tät der Währungsunion birgt. Zum anderen darf es in Europa nicht so weit kommen, dass Länder, die sich aus wirtschaftlicher Vernunft heraus zurück-nehmen, investieren und Arbeitsplätze schaffen, für Fehlentwicklungen ihrer Nachbarn in Haftung genommen werden.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Volkswirtschaft 139

Veränderungen dringend notwendig. Denn in 12 der 17 Staaten der Eurozone übersteigt die Staatsschuldenquote die Maastrichter 60%-Ober-grenze, teils sogar sehr deutlich.

Der Eurogipfel Ende Oktober 2011 hat da-her richtigerweise nicht nur Strukturreformen für Wachstum und die Sicherstellung langfristig trag-fähiger Staatsfinanzen adressiert. Vielmehr ste-hen auf der politischen Agenda der kommenden Wochen und Monate auch der Ausbau der wirt-schafts- und haushaltspolitischen Koordination und Überwachung, die Verankerung von Schul-denbremsen in den nationalen Verfassungen und eine vertiefte Integration. Die immer mal wieder erhobene Forderung nach einer ungeordneten Insolvenz Griechenlands ist brandgefährlich. Das damit verbundene politische wie wirtschaft-liche Chaos in Griechenland würde zu nicht ab-sehbaren Ansteckungseffekten auf andere Euro-staaten und Finanzinstitute führen. Vielmehr ist der eingeschlagene Weg, Griechenland, Irland und Portugal an strenge Konditionen geknüpfte Hilfen über die Europäische Finanzmarktstabili-täts-Fazilität (EFSF) zu gewähren, politisch wie wirtschaftlich zielführend. Auch wenn durch die Ende September 2011 vom Bundestag beschlos-sene Erweiterung des Rettungsschirms allein die Schuldenkrise und die daraus entstandenen Prob-leme nicht gelöst werden können, so drohen doch ohne sie unkalkulierbare Folgen für die Europä-ische Union und die gemeinsame Währung. Mit der Erweiterung kann die EFSF bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorsorgliche Maßnahmen in Form der Bereitstellung einer Kreditlinie ergreifen, Kredite an Euro-Mitgliedsstaaten mit dem Zweck der Rekapitalisierung von Finanzinstituten ver-geben sowie Staatsanleihen kaufen. Das EFSF-Erweiterungsgesetz hält dabei ausdrücklich fest, dass diese Maßnahmen nur unter der Vorausset-zung der Vermeidung von Ansteckungsgefahren für die Eurozone erfolgen dürfen. Immerhin konn-te im Rahmen des eingeschlagenen Weges im Juli 2011 und im Oktober 2011 für Griechenland ein sanfter Schuldenschnitt durch eine freiwillige Gläubigerbeteiligung erreicht werden. Diese Form der Umschuldung vermeidet die unausweichlich negativen Konsequenzen einer ungeordneten In-solvenz, nicht allein für Griechenland selbst, son-dern auch für andere Staaten der Eurozone und den Finanzsektor.

um damit die verfassungsrechtliche Vorgabe der Steuerfreistellung des Existenzminimums zu ge-währleisten.

Deutlicher Handlungsbedarf besteht bei den öffentlichen Finanzen jedoch noch bei der Rück-führung der Schuldenstandsquote: Die Maastrich-ter Schuldenstandsquote ist von 65 % des BIP im Jahr 2007 auf über 80 % des BIP im Jahr 2010 gestiegen, wobei dies vor allem der Finanzmarkt-krise und den Abwicklungsgesellschaften, den Bad Banks, der Hypo Real Estate und der West-LB zuzurechnen ist. Allein die beiden Bad Banks sind nach Berechnungen des Bundesfinanzminis-teriums vom August 2011 für 9,5 Prozentpunkte der deutschen Staatsschulden verantwortlich; durch einen Buchungsfehler bei der Bad Bank der Hypo Real Estate ist dieser Wert allerdings um ca. 2,5 Prozentpunkte zu hoch ausgewiesen worden.

Für den Zeitraum 2011–2015 erwartet das Bundesfinanzministerium – aufgrund einer deut-lichen Verbesserung der Finanzierungssalden al-ler Gebietskörperschaften und eines unterstellten kräftigen BIP-Wachstums – eine Rückführung der Maastrichter Staatsschuldenquote auf 71 %. Dies erfordert gleichwohl eine konsequent auf Wachs-tum ausgerichtete Wirtschaftspolitik wie auch ein Fortführen der vorrangig ausgabenseitigen Kon-solidierungspolitik. Deutschland sollte zugleich entschlossen die Rückführung der Staatsschul-denquote auf die Maastrichter Obergrenze von 60 % des BIP in Angriff nehmen, so wie es der novellierte europäische Stabilitäts- und Wachs-tumspakt vorschreibt.

Staatsschuldenkrise in der Euro-zone – aber keine Krise des Euro

Die vergangenen zwölf Monate standen in Eu-ropa ganz im Zeichen der Staatsschuldenkrise und ihrer Bewältigung. Es handelt sich dabei nicht um eine Krise des Euro. Im Gegenteil, die gemeinsame europäische Währung ist im Innen- und Außenverhältnis stabil und erfolgreich. Der Euro erfreut sich als Reservewährung steigen-der Verbreitung und tritt zunehmend in Konkur-renz zum US-Dollar. Damit dies auch künftig so bleibt, sind allerdings in der Eurozone gravierende

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Volkswirtschaft140

Europäischer Stabilitätsmecha-nismus: zentrales Instrument für Gläubigerbeteiligung

Die bereits Mitte Dezember 2010 in Eckpunkten und dann Ende März 2011 von den EU-Staats- und Regierungschefs beschlossene Ergänzung des Lissabon-Vertrags zur Stabilisierung der Europäischen Währungsunion ist unverzichtbar: Diese Vertragsergänzung unterstreicht das ge-meinsame europäische Interesse an einem dau-erhaften „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ (ESM) unter strengen Bedingungen: als Ultima-Ratio-Maßnahme bei Einstimmigkeit in der Euro-zone und ausschließlich bei der Gefährdung der gesamten Eurozone. Die auf dem Dezember-Gip-fel beschlossene Ergänzung, dass eine 85%ige Zustimmung reicht, wenn es sich um einen von der EU-Kommission und der Europäischen Zen-tralbank als dringlich angesehenen Notfall han-delt, sollte tatsächlich nur in Ausnahmefällen An-wendung finden. Der auf Juli 2012 vorgezogene Ersatz der zeitlich befristeten EFSF durch diesen dauerhaften Präventionsmechanismus ESM ist zielführend und erforderlich für die Währungsuni-on. Zudem sind in dem ESM die zentralen Stell-schrauben für eine Privatgläubigerbeteiligung bzw. geordnete Staatsresolvenz bereits enthal-ten. Alles, was derzeit im Falle Griechenlands mühsam und langwierig auf dem Verhandlungs-wege zwischen Griechenland, den europäischen Institutionen und den Finanzinstitutionen geklärt werden muss, soll künftig im Prinzip mit Hilfe der „Collective Action Clause“ (d. h. Umschul-dungsklausel) – also in den künftigen Vertrags-bedingungen der öffentlichen Anleihen – im Falle fehlender Solvenz erreicht werden können. Der Vorteil solcher Umschuldungsklauseln – im Ver-gleich zu den derzeitigen Anstrengungen einer Privatgläubigerbeteiligung im Falle Griechen-lands – besteht darin, dass die privaten Investo-ren sich hierauf einstellen können und daher ihre Kreditvergabeentscheidung sehr viel überlegter als bisher fällen werden. Dies ist neben dem geschärften Stabilitäts- und Wachstumspakt ein zentrales Instrument, um der EU-Staatsschulden-krise wirksam Herr zu werden.

Mit der Oktober-Vereinbarung soll die grie-chische Gesamtverschuldung nachhaltig gesenkt werden – von 160 % des BIP auf 120 % bis 2020. Zugleich wurde vereinbart, dass die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds für Griechenland ein neues mehrjähriges Programm vorlegen werden, aus dem bis zu 100 Mrd. € be-reitgestellt werden können. Gleichzeitig sollen die in Griechenland durchzuführenden Refor-men stärker überwacht werden. Die Beschlüsse des Eurogipfels vom Oktober sind ein wichtiger Schritt zur langfristigen Stabilisierung der Wäh-rungsunion.

Mit verabredeter Bankenrekapitalisierung, EFSF-Optimierung durch Versicherungslösung (bei gleichzeitiger Aufgabe einer für die Zentral-unabhängigkeit schädlichen Banklizenz für die EFSF), Gläubigerbeteiligung und Stärkung der Haushaltsdisziplin sind die notwendigen Maß-nahmen adressiert und vor allem auch direkt mit einem zeitlichen Fahrplan verknüpft. Dies schafft wieder Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik, zumal Defizitsünder mit Einschnitten in ihre Souveränitätsrechte rechnen müssen. Un-verändert sind jedoch die Mitgliedsstaaten in der Pflicht, die dringend erforderliche Konsolidierung ihrer Staatsfinanzen wirksam umzusetzen. Dies wird zu Recht durch den von der Mehrheit der Mit-gliedsstaaten der Europäischen Union getrage-nen Beschluss auf dem Gipfel des Europäischen Rats im Dezember 2011 verstärkt eingefordert: Zu den bisherigen fiskalischen Regeln soll damit ein verbindlicher Haushaltspakt treten, in dessen Zentrum eine Schuldenbremse sowie ein automa-tischer Korrekturmechanismus stehen. Die kon-kreten Bestimmungen zu den neuen zwischenver-traglich geregelten Vorgaben sollen im März 2012 vorliegen. Dieser neue Pakt zu mehr Haushalts-disziplin ist ein wichtiges Signal der Europäischen Union, die ausgeuferten Staatsschulden konse-quent zurückzuführen. Ziel muss dabei bleiben, dass alle Euro-Mitgliedsstaaten ihre Staatsschul-denquote unter die Maastrichter 60%-Obergrenze bringen.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Volkswirtschaft 141

(Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich der Festlegung der regelmäßigen Arbeitsstätte, Indiz Arbeitsvertrag) gefordert. Ein möglicher Maßstab zur Prüfung des Vorliegens einer regelmäßigen Arbeitsstätte ist z. B. „ein typischerweise arbeits-tägliches Aufsuchen“. Eine derartige Regelung und Vereinfachung sollte sich nunmehr auch im Reformansatz des Bundesfinanzministeriums nie-derschlagen und im Mittelpunkt einer gesetzlichen Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts stehen. Insbesondere sollten auch die Kriterien zur Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte eindeutig gesetzlich definiert werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer benötigen künftig eine höhere Rechtssicherheit.

Deshalb ist ein Gesamtkonzept mit aussage-kräftigen, verständlichen gesetzlichen Regelun-gen dringend erforderlich, um Änderungen durch Rechtsprechung und Finanzverwaltung auf ein Minimum zu beschränken. Folgende Aspekte soll-ten dabei berücksichtigt werden:

� Jeder Arbeitnehmer sollte im steuerrecht-lichen Sinn künftig höchstens eine regel-mäßige Arbeitsstätte haben. Zudem sollten künftig nicht mehr am Ende eines Jahres die Reisekostenabrechnungen rückabgewi-ckelt werden müssen, falls sich unterjährig die Voraussetzungen für eine regelmäßige Arbeitsstätte ändern sollten.

� Die derzeitigen Regelungen zum steuerfreien Ersatz von Verpflegungsmehraufwendungen sollten ebenfalls vereinfacht werden. Hierzu sollte u. a. die Handhabung der Dreimonats-frist vereinfacht, auf die Prüfung von Abwe-senheitszeiten im Falle von Übernachtungen verzichtet, eine Option eines steuerfreien Jahrespauschbetrags – alternativ zur tage-weisen Erstattung von Verpflegungspau-schalen – eingeführt, die Besteuerung von Sachbezugswerten bei Mahlzeitengestellung anlässlich von Auswärtstätigkeiten verein-facht sowie die Möglichkeiten zur Pauschal-versteuerung ausgeweitet werden.

� Die Regelungen zur doppelten Haushalts-führung sollten zudem an die Bestimmungen zum steuerfreien Ersatz von Reisekosten bei Auswärtstätigkeiten angeglichen werden.

Steuerliches Reisekostenrecht vereinfachen

Die hohe Komplexität des steuerlichen Reisekos-tenrechts führt zu einem unverhältnismäßig ho-hen Aufwand der Arbeitgeber für Reisekostenab-rechnungen. Die BDA hat zusammen mit sieben anderen Spitzenverbänden der Wirtschaft gegen-über dem Bundesfinanzministerium die Initiative ergriffen und ihre zentralen Forderungen für eine durchgreifende Reform des steuerlichen Reise-kostenrechts eingebracht. Auf dieser Grundlage führte das Bundesfinanzministerium Mitte August einen Workshop durch, in dessen Mittelpunkt die Forderungen der Wirtschaft standen.

Dabei ist nochmals klar herausgestellt worden, dass eine spürbare Vereinfachung des Reisekostenrechts vor allem bedeutet, dass höchstens eine regelmäßige Arbeitsstätte je Ar-beitnehmer künftig bestehen muss. Zugleich soll-te bei einer Reform sichergestellt werden, dass die Änderungen bei den Unternehmen keine hö-heren Reisekostenausgaben oder eine Erhöhung der Sozialabgabenbelastung bewirken oder zu einer Schlechterstellung auswärts tätiger Perso-nen führen. Da auch die Abrechnungsprogramme angepasst werden müssen, hat sich die BDA vor allem auch dafür eingesetzt, dass neue Regelun-gen vor Inkrafttreten einem Praxistest im kleinen Rahmen unterzogen werden, damit Umstellungs-probleme möglichst frühzeitig erkannt und be-seitigt werden können. Spätestens bis Anfang 2012 wird die Finanzverwaltung einen Bericht mit Vorschlägen zur Reform des Reisekostenrechts vorlegen. Hierauf aufbauend wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2012 ein eigenes Gesetz vorgelegt werden.

Die zwischenzeitlich veröffentlichten Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Juni 2011 haben der Forderung nach einer Reform des Rei-sekostenrechts nochmals großen Nachdruck ver-liehen. Die Vorgaben des BFH zur regelmäßigen Arbeitsstätte unterstützen dabei die Forderungen der Wirtschaft nach höchstens einer regelmäßi-gen Arbeitsstätte je Arbeitnehmer. Bei der Bestim-mung des „Mittelpunkts der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers“ wird von der BDA ein primä-res Anknüpfen an die Zuordnung des Arbeitgebers

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Volkswirtschaft142

eingesetzt. Einige Softwarehäuser hatten das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 23. August 2010 zur Ausstellung der elektroni-schen Lohnsteuerbescheinigungen 2010 in Be-zug auf die korrekte Angabe der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für freiwillig Ver-sicherte anders verstanden, als es von der Fi-nanzverwaltung gemeint war. Dies hatte sich allerdings erst nach der Versendung der Be-scheinigungen durch die Arbeitgeber an ihre Be-schäftigten herausgestellt. Dabei war nicht die Lohnsteuerberechnung an sich falsch, sondern „nur“ der Ausweis der Kranken- und Pflegever-sicherungsbeiträge bei freiwillig versicherten Beschäftigten. Gegen die zwischenzeitlich an-gestrebte Belastung der Arbeitgeber, die Kor-rektur der fehlerhaften Bescheinigungen durch Neuausstellung vorzunehmen, hat sich die BDA in zahlreichen Gesprächen mit dem Bundes-finanzministerium, mit Bundestagsabgeordneten und mit der Geschäftsstelle Bürokratieabbau des Bundeskanzleramts ausgesprochen. Die BDA konnte erreichen, dass fehlerhaft erstellte Lohnsteuerbescheinigungen für das Jahr 2010, die sich bei einem Teil der freiwillig Kranken-/Pflegeversicherten ergeben hatten, automatisch im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung durch die Finanzverwaltung korrigiert werden. Hierbei wird im Rahmen der Einkommensteuer-veranlagung eine insoweit fehlerhafte Lohn-steuerbescheinigung durch die Finanzbehörde erkannt und die zutreffende Höhe der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge berücksichtigt. Damit konnte die aufwändige und teure Neuaus-stellung und Neuversendung einer aktualisierten Lohnsteuerbescheinigung 2010 durch die Arbeit-geber vermieden werden.

Lohnsteuerabzugsverfahren: BDA-Forderung nach frühzeitiger Information aufgegriffen

Die BDA begrüßt das neue elektronische, vollau-tomatisierte Lohnsteuerverfahren mit elektroni-schen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM), mit dem ab 2013 die papiergebundene Lohnsteuer-karte endgültig ersetzt werden soll. Dieses neue Verfahren entlastet sowohl Arbeitgeber als auch Finanzverwaltung. Ab Ende 2012 stehen für die Arbeitgeber die ELStAM ihrer Arbeitnehmer (u. a.

Die Bundesregierung hat nunmehr im De-zember 2011 im Kabinettsbeschluss zum weiteren Bürokratiekostenabbau zugesagt, eine Reform des steuerlichen Reisekostenrechts anzugehen.

Lohnsteuer: ungerechtfertigte Bürokratiekosten für Arbeitgeber verhindert

Die BDA hat die mit dem Entwurf eines Steuerver-einfachungsgesetzes 2011 beabsichtigte Entlas-tung von Bürgern und Unternehmen von unnötiger Bürokratie begrüßt – insbesondere auch die zum 1. Januar 2012 vorgesehene Anhebung des Ar-beitnehmerpauschbetrags von jährlich 920 € auf 1.000 €. Nachdrücklich hat sich die BDA jedoch in einem Schreiben an das Bundesfinanzministe-rium und in Gesprächen mit Abgeordneten gegen die in der ersten Januarhälfte 2011 intensiv von der Politik diskutierte Frage einer rückwirkenden Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags von 920 € auf 1.000 € zum 1. Januar 2011 ausgespro-chen. Da das Steuervereinfachungsgesetz erst im Laufe des Jahres 2011 in Kraft treten könnte, würde jede rückwirkende Anhebung zum 1. Ja-nuar 2011 die Lohn- und Gehaltsabrechnung un-verhältnismäßig mit Mehraufwand (bürokratische Rückrechnungen, Korrekturen von Meldungen, Neuausstellungen von Verdienstbescheinigungen etc.) belasten. Hinzu kämen Mehraufwendungen der Sozialleistungsträger für die Neuberechnung von nettolohnbezogenen Sozialleistungen (z. B. Arbeitslosengeld, Elterngeld). Dieser Aufwand steht in keinem Verhältnis zur Entlastung der Arbeitnehmer i. H. v. 300 Mio. € und stünde in diametralem Gegensatz zum richtigen Ziel, die Steuerpraxis zu vereinfachen und zu entbürokrati-sieren. Erfreulicherweise hat die Bundesregierung die Einwände der BDA berücksichtigt und im Kabi-nettsbeschluss auf eine rückwirkende, zeitanteili-ge Anhebung verzichtet. Stattdessen wird für 2011 im Rahmen einer Sonderregelung der gesamte Erhöhungsbetrag von 80 € in der Dezemberab-rechnung 2011 berücksichtigt. Ab 2012 wird dann der höhere Arbeitnehmer-Pauschbetrag wieder zeitanteilig auf die zwölf Monate verteilt.

Die BDA hat sich erfolgreich auch gegen die Inanspruchnahme der Arbeitgeber zur Korrektur fehlerhafter Lohnsteuerbescheinigungen 2010

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Volkswirtschaft 143

Darüber hinaus hat sich die BDA im Rahmen gesetzlicher Ergänzungen zur Flankierung des neuen elektronischen Lohnsteuerabzugsverfah-rens – die im sog. Beitreibungsrichtlinien-Umset-zungsgesetz enthalten sind – dafür eingesetzt, dass der den Unternehmen in Aussicht gestellte Mitteilungsservice über geänderte ELStAM ihrer Beschäftigten im ElsterOnline-Portal bereits zum Start des gesamten neuen vollautomatisierten elektronischen Lohnsteuerabzugsverfahrens zur Verfügung gestellt werden muss.

Mitarbeiterkapitalbeteiligung: keine Begünstigung zu Lasten der betrieblichen Altersvorsorge

Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine Ini-tiative zur Fortentwicklung der Mitarbeiterkapi-talbeteiligung ergriffen. Ziel soll dabei sein, den Anteil der Unternehmen, die die Mitarbeiterka-pitalbeteiligung nutzen, von derzeit 1 % deut-lich zu erhöhen. Die BDA hat im Rahmen eines vom Bundeswirtschaftsministerium durchgeführ-ten Workshops vor allem ihre kritische Position zur Ausweitung der steuerlichen und sozialver-sicherungsrechtlichen Förderung der Mitarbei-terkapitalbeteiligung bekräftigt, auch weil damit die Mitarbeiterkapitalbeteiligung gegenüber der betrieblichen Altersvorsorge bevorzugt würde. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte zuvor im Rahmen einer umfassenden Darstellung der aktuellen Ausgangslage bezüglich Verbreitung und rechtlicher Rahmenbedingungen zur Förde-rung als mögliches Hemmnis für eine stärkere Verbreitung die eingeschränkte Förderung bei der Entgeltumwandlung angeführt.

Fakt ist dagegen, dass bereits heute die Mit-arbeiterkapitalbeteiligung gegenüber der betriebli-chen Altersvorsorge bevorzugt wird, denn anders als Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge blei-ben Beiträge zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung im Rahmen der Fördergrenzen sowohl im Zeitpunkt der Einzahlung als auch bei der späteren Entnah-me steuerfrei. Eine zusätzliche Entlastung der Beiträge von der Sozialversicherung würde diese asymmetrische Behandlung weiter verschärfen. Da der privaten und damit auch der betrieblichen Altersvorsorge vor dem Hintergrund des demogra-fischen Wandels eine immer größere Bedeutung

Steuerklasse, Kinderfreibeträge, andere Freibe-träge) in der sog. Elster-Datenbank der Finanz-verwaltung zum elektronischen Abruf bereit. Der taggenaue Starttermin für den Abruf wird vom Bundesfinanzministerium noch bekannt gegeben. Der Zugriff der Arbeitgeber bzw. ihrer Dienstleister im Rahmen der Entgeltabrechnung erfolgt dann über das ElsterOnline-Portal. Eine Registrierung für dieses Portal besteht in der Regel bereits heu-te (entweder für den Arbeitgeber selbst oder für den beauftragten Dienstleister), da für die Über-mittlung der Lohnsteuerbescheinigungen dieses elektronische Verfahren schon gesetzlich vorge-schrieben ist.

Die BDA hat sich dafür eingesetzt, dass von der Finanzverwaltung umfassende Informatio-nen für die praktische Umsetzung bereitgestellt werden. Mittlerweile stehen diesbezügliche Infor-mationen u. a. im ElsterOnline-Portal zur Verfü-gung. Im September 2011 hatte die BDA zudem z. B. über den Informationsflyer des Bundesfi-nanzministeriums informiert, der auf zwei Seiten die wichtigsten Aspekte der elektronischen Lohn-steuerkarte und der ELStAM beschreibt, und eine Weitergabe an die Beschäftigten empfohlen.

Auch der BDA-Forderung, dass die Finanz-verwaltung – und nicht die Arbeitgeber – die not-wendige Erstinformation der Steuerpflichtigen über die beim Bundeszentralamt für Steuern hinterlegten ELStAM übernimmt, wurde entspro-chen. In der ersten Oktoberwoche hat die Finanz-verwaltung in allen Bundesländern begonnen, die Steuerpflichtigen über die ELStAM zu informieren. Die dabei zutage getretenen Fehler unterstrei-chen, dass es richtig war, dass nicht die Arbeit-geber, sondern die Finanzverwaltung selbst mit den Steuerpflichtigen abklärt, ob die hinterlegten ELStAM richtig erfasst sind. Nachdem sich Ende Oktober 2011 abzeichnete, dass der von der Fi-nanzverwaltung bereits den Steuerpflichtigen in den ELStAM-Informationsschreiben genannte Start des neuen Verfahrens zum 1. Januar 2012 aufgrund technischer Probleme seitens der Fi-nanzverwaltung nicht zu halten ist, hat sich die BDA für eine zeitnahe Information von Arbeitge-bern und Arbeitnehmern wie auch für praxistaug-liche Übergangsregelungen eingesetzt. Dies hat die Finanzverwaltung aufgegriffen.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Volkswirtschaft144

zukommt und sie neben der Teilnahme am Unter-nehmenserfolg zusätzlich biometrische Lebens-risiken absichert, wird sich die BDA auch künftig gegen Regelungen einsetzen, die die betriebliche Altersvorsorge mit ihren ohnehin viel strengeren Anforderungen im Verhältnis zur Mitarbeiterkapi-talbeteiligung weiter benachteiligen sollten. Durch die überwiegend von den Arbeitgebern mit jährli-chen Beträgen i. H. v. 33 Mrd. € finanzierte betrieb-liche Altersvorsorge, die arbeitnehmerfinanzierten Beiträge belaufen sich auf rd. 5,7 Mrd. €, leisten die Arbeitgeber bereits einen erheblichen Beitrag für ihre Beschäftigten. Angesichts der demografi-schen Entwicklung und des sinkenden Leistungs-niveaus in der gesetzlichen Rentenversicherung ist es wichtig, den bereits eingeschlagenen Weg der Förderung des Aufbaus der betrieblichen und privaten Altersvorsorge weiterzuverfolgen und nicht durch eine Ausweitung der öffentlich geför-derten Vermögensbildung zu konterkarieren.

Fakt ist zudem, dass die Mitarbeiterkapital-beteiligung zwar für viele, aber nicht für alle Unter-nehmen ein sinnvoller Weg ist. Denn auf einfache Weise lässt sich die Bereitstellung von echtem Eigenkapital nur durch Aktien und damit nur bei Aktiengesellschaften erreichen. Auch deshalb hat sich nach dem IAB-Betriebspanel mit 9 % der Unternehmen eine weitaus größere Anzahl von Unternehmen für die Mitarbeitererfolgsbeteiligung entschieden.

Kritisch ist auch die Forderung zu sehen, dass nicht nur die Beteiligung am eigenen Unternehmen, sondern auch Mitarbeiterbeteiligungen an anderen Unternehmen gefördert werden sollen. Mitarbeiter-kapitalbeteiligungen können nur dann die ihnen zu-geschriebenen positiven Wirkungen entfalten (u. a. Stärkung der Motivation und Identifikation der Mit-arbeiter, Förderung unternehmerischen Denkens und Handelns), wenn Arbeitnehmer durch ihre Investition eng mit ihrem Arbeitgeber verbunden werden. Diese Verbindung ist bereits durch die Zulassung von überbetrieblichen Mitarbeiterbetei-ligungsfonds aufgeweicht worden und würde durch geringere Mindestanforderungen weiter verringert werden. Da eine Entkoppelung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber zudem langfristig den Grundsatz der gegenseitigen Freiwilligkeit gefährden könnte, wird sich die BDA weiterhin gegen Bestrebungen in diese Richtung einsetzen.

Eine Möglichkeit, die Mitarbeiterbeteiligung zu stärken, ohne den Grundsatz der beidseitigen Freiwilligkeit zu verletzen, sieht die BDA in der stärkeren Differenzierung bei den zur Teilnahme berechtigten Mitarbeitern. Zurzeit muss ein för-derfähiger Mitarbeiterbeteiligungsplan allen Ar-beitnehmern offenstehen, die ein Jahr oder länger im Unternehmen beschäftigt sind, was sachlich begründete Unterscheidungsmöglichkeiten nach Arbeitnehmerstatus ausschließt. Zugleich begrüßt die BDA Überlegungen des Bundeswirtschaftsmi-nisteriums, durch eine breiter angelegte Informa-tionskampagne – nicht nur mit Persönlichkeiten aus der Politik, sondern auch mit Unternehmer-persönlichkeiten – den bereits erfolgreich in zahl-reichen Unternehmen umgesetzten Ansatz der Mitarbeiterkapitalbeteiligung zu stärken.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Mitarbeiterkapitalbeteiligung“

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Deutscher ArBeitGeBertAG im Zeichen Der eu-stAAtsschuL-Denkrise

Der Deutsche Arbeitgebertag am 22. November 2011 in Berlin stand in diesem Jahr stark unter dem Eindruck der europäischen Staatsschuldenkrise. Dieses Thema zog sich wie ein roter Faden durch meh-rere Reden, Foren und andere Wortbeiträge. Entsprechend groß war das Interesse an dieser Veran-staltung, die längst fester Bestandteil des politischen Eventkalenders in der deutschen Hauptstadt ist. Rund 1.500 Gäste aus dem In- und Ausland waren zu Gast, darunter 120 akkreditierte Medienvertreter. Livesendungen im Fernsehen und Hörfunk sowie Beiträge in allen überregionalen Tageszeitungen waren ein deutlicher Beleg für die Bedeutung der Veranstaltung. Wer nicht selbst vor Ort sein konnte, besaß die Möglichkeit, den kompletten Arbeitgebertag auf der Internetseite der BDA per Livestream zu verfolgen.

Besonderes Interesse fanden die Reden von Bundeskanzlerin Dr. Merkel, Arbeitgeberpräsident Prof. Dr. Hundt, EU-Vizepräsident Dr. Rehn und Bundesbankpräsident Dr. Weidmann. Aber auch die Auftritte von Bundeswirtschaftsminister Dr. Rösler, Bundesfinanzminister a. D. Steinbrück sowie vom Vorsitzen den von Bündnis 90/Die Grünen Özdemir und der Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe Hasselfeldt fanden viel Beachtung.

Auf breite Resonanz stießen außerdem die hochkarätig besetzten Podiumsdiskussionen, die sich mit der Staatsschuldenkrise, mit Bildungsfragen und der Alterssicherung beschäftigten. Abgerundet wurde der Deutsche Arbeitgebertag mit der traditionellen Verleihung des Deutschen Arbeitgeberpreises für Bildung in Kooperation mit der Deutschen Telekom und der Deutschen Bahn.

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DeutscherArBeitGeBerpreis für BiLDunG 2011 verLiehen

Die deutschen Arbeitgeber engagieren sich seit Jahrzehnten mit eigenen Konzepten für eine bessere Bil-dung in Deutschland. Der Deutsche Arbeitgeberpreis für Bildung spielt dabei eine herausragende Rolle. Im Jahr 2011 wurde er bereits zum zwölften Mal an vorbildliche Bildungseinrichtungen vergeben.

In erneuter Kooperation mit Deutscher Telekom und Deutscher Bahn stand der Preis in diesem Jahr unter dem Motto „Integration leben – Potenziale entfalten“. Die Expertenjury hatte hervorragende Konzepte ausgewählt, die junge Menschen mit Migrationshintergrund und die interkulturellen Kompetenzen aller Kinder und Jugendlichen gezielt fördern. Wie dies gelingen kann, zeigen die vier Preisträger:

Kategorie „Frühkindliche Bildung“:Städtische Tageseinrichtung für Kinder Daimlerstraße 103 c,Stuttgart, Baden-Württemberg

Kategorie „Schulische Bildung“:Philipp-Reis-Schule, Grund- und Hauptschule,Gelnhausen, Hessen

Kategorie „Berufliche Bildung“:Atelier La Silhouette, Junge Frauen und Beruf e. V.,München, Bayern

Kategorie „Hochschulische Bildung“:Europaeum, Ost-West-Zentrum der Universität Regensburg,Regensburg, Bayern

Nähere Informationen unter www.arbeitgeberpreis-fuer-bildung.de

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AktueLLe soZiAL poLitische frAGen Diskutieren, Den ZusAmmenhALt weiter stärken: Geschäftsführer-konferenZ 2011

Unterschiedliche Standpunkte diskutieren, mit Entscheidungsträgern der Politik ins Gespräch kommen, das eigene Netzwerk in den Arbeitgeberverbänden stärken und neue Kontakte knüpfen – die Geschäfts-führerkonferenz der BDA ist dazu seit Jahren ein wichtiges Forum. Die diesjährige Konferenz fand auf Einladung der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände am 14. und 15. Juni 2011 in Frankfurt am Main statt.

Der erste Konferenztag stand im Zeichen aktueller Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik. In seiner Eröffnungsrede nahm Ministerpräsident Bouffier Stellung zu den Herausforderungen, denen Deutschland insbesondere bei der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte gegenübersteht. Dass fiskalpolitische Disziplin in der Europäischen Union keine rein nationale Angelegenheit ist, wurde in der anschließenden Diskussion „Starkes Europa – stabiler Euro“ deutlich. Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion Bütikofer MdEP und der Europaabgeordnete Chatzimarkakis, Fraktion Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, tauschten ihre Standpunkte zur Zukunft der Währungsunion und zur Situation in Griechenland aus. Unter der Leitfrage „Sind Strukturveränderungen unerlässlich?“ diskutierten der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Spahn MdB und der Spre-cher der Arbeitsgruppe Gesundheit der SPD-Bundestagsfraktion Prof. Dr. Dr. Lauterbach MdB über eine demografiefeste Ausgestaltung und Finanzierung der Pflegeversicherung.

Eine Diskussion zur Zukunft der Arbeitgeberverbände bestimmte den zweiten, internen Konferenztag. Den Auftakt bildete ein Impulsreferat des ver.di-Vorsitzenden Bsirske. In seiner Rede gab er Antworten auf die Frage, wo die Arbeitgeberverbände aus gewerkschaftlicher Perspektive besser werden müssen. Die Hauptgeschäftsführerin von Gesamtmetall Sons erläuterte in ihrem Vortrag, wie sich die Sozial- und Tarifpartnerschaft weiterentwickeln kann und was die Attraktivität der Arbeitgeberverbände ausmacht. In der Rede von BDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Göhner kamen entscheidende Zukunftsfragen der Arbeitge-berverbände zur Sprache, die Anstoß gaben für eine lebendige Diskussion der Teilnehmer der Geschäfts-führerkonferenz mit den drei Rednern. Die Rede von Arbeitgeberpräsident Prof. Dr. Hundt zu aktuellen wirtschafts- und sozialpolitischen Themen bildete den Schlusspunkt der Geschäftsführerkonferenz.

Als ausgezeichneter Gastgeber zeigte sich die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände bei der Ausrichtung der Abendveranstaltung. Im Frankfurter Römer konnten sich die Konferenzteilnehmer an einem hessischen Spezialitätenbuffet stärken und ihren Meinungsaustausch vertiefen. Mit der Ge-schäftsführerkonferenz wurde auch in diesem Jahr deutlich: Der Zusammenhalt in der BDA-Familie ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg der gemeinsamen Arbeit.

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pArLAmentAri-scher ABenD – wirtschAft unD poLitik im Gespräch

Am 6. September 2011 trafen sich Vertreter aus Wirtschaft, Verbänden und Politik zum alljährlichen Aus-tausch im Haus der Deutschen Wirtschaft. Der Parlamentarische Abend von BDA, BDI und DIHK wurde in diesem Jahr federführend von der BDA organisiert und war wieder ein großer Erfolg mit rd. 1.000 Gästen. Arbeitgeberpräsident Prof. Dr. Hundt und EU-Kommissar Oettinger hielten die Grußworte.

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BDA-konGress BefAsste sich mit Zukunft Der printmeDien

Am 1. Februar 2011 veranstaltete die BDA im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin einen Medienkon-gress. Dieser stand unter der Überschrift: „Wirtschaftsberichterstattung im Zeitalter von Web 2.0 – haben die Printmedien ausgedient?“

Medien haben großen Einfluss auf den Zustand unserer Gesellschaft und eine besondere Verantwortung für die politische Kultur einer Demokratie. Strukturelle Umbrüche, technische Neuerungen, aber auch wirtschaftliche Entwicklungen verändern die Medienlandschaft nachhaltig. Vor diesem Hintergrund disku-tierten Vertreter aus Unternehmen und Medienschaffende über die Zukunft der Printmedien. Dabei gin-gen sie auch der Frage nach, was eine gute Wirtschaftsberichterstattung auszeichnet und wie qualitativ hochwertiger Journalismus in Zukunft bezahlt werden soll.

Zu den Referenten zählten ZDF-Intendant Prof. Schächter, der Vorstandsvorsitzende der METRO AG Dr. Cordes, der Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger Heinen sowie der Präsident der UVNord Wachholtz und WAZ-Geschäftsführer Nienhaus. Eröffnet wurde die Veranstaltung von Ar-beitgeberpräsident Prof. Dr. Hundt.

Ausschnitte des Kongresses sind in der Mediathek der BDA unter www.arbeitgeber.de oder direkt unter www.mediathek.arbeitgeber.de abrufbar.

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Seit PISA 2000 hat sich im Schulbereich viel getan. Die Bildungspolitik hat an Dynamik gewonnen, die Schülerleistungen wurden deutlich gesteigert. Welche Verbesserungen erreicht wurden, welche Fakto-ren dafür ausschlaggebend waren und wie die Entwicklung weitergehen muss, thematisierte die BDA mit einer schulpolitischen Tagung unter dem Titel „PISA 2000–2009: Bilanz der Reformen“ am Montag, 7. November 2011, im Haus der Deutschen Wirtschaft.

Leitmotiv der Tagung war die Frage nach der Kompetenzorientierung des Lernens und Lehrens. Sie ist für die Arbeitgeber besonders wichtig und Ziel vieler Reformen im Schulbereich. Es bestand Konsens unter den Experten, dass PISA die empirische Grundlage und daher unverzichtbarer Teil der neuen Schulpolitik ist, die sich durch ein Leistungs- und Evaluationssystem mit zentralen Prüfungen, Vergleichsarbeiten und Schulinspektionen auszeichnet. Lernbereitschaft und Bildungswille der Schüler sind gewachsen, mehr Lernzeit wurde durch den Ausbau der frühkindlichen Bildung, der Ganztagsschulen und besseres Un-terrichtsmanagement gewonnen. Vor einer weiteren Umsetzung der selbstständigen Schule schreckten die politischen Vertreter dagegen zurück. Leistungsverbesserungen insbesondere bei den schwächeren Schülern und Migrantenkindern wurden erzielt, reichen aber bei Weitem noch nicht aus. Dass die Lehrer-bildung entscheidend ist, aber an den Hochschulen sehr unterschiedlich gehandhabt wird und nur z. T. die Bildungsstandards mit ihrer Kompetenzorientierung widerspiegelt, wurde in der Diskussion mit den Experten aus Wissenschaft, Politik, Schule und Lehrerbildung ebenfalls deutlich. Die Erkenntnisse aus der Tagung wird die BDA in die politische Arbeit einbringen.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Schulpolitik“

„pisA 2000–2009: BiLAnZ Der reformen“ – reformkurs in Der schuLe fortsetZen

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Mit dem Berufswahl-SIEGEL werden Schulen mit besonderem Engagement für gute Berufsorientierung ausgezeichnet. Das Qualitätssiegel wurde vor zehn Jahren entwickelt und wird inzwischen in vielen Re-gionen in Deutschland in Kooperation mit dem jeweiligen Kultusministerium und mit vielen Partnern und Förderern auch aus der Wirtschaft erfolgreich umgesetzt. Mittlerweile sind zehn Bundesländer an dem Netzwerk beteiligt.

Die Bertelsmann Stiftung, die bisher für die Vernetzung der Regionen gesorgt hatte, übertrug im Dezem-ber 2010 die Koordination des Netzwerks Berufswahl-SIEGEL auf SCHULEWIRTSCHAFT. Im Juni 2011 wurde erstmals die jährliche Tagung des SIEGEL-Netzwerks auf Einladung der Bundesarbeitsgemein-schaft SCHULEWIRTSCHAFT in Berlin ausgerichtet. Dabei standen Fragen zu Qualitätsstandards, Eva-luierung des Siegels, Zukunftsszenarien, Umgang mit bestimmten Schulformen, mögliche Angebote für SIEGEL-Schulen sowie die Weiterentwicklung der Öffentlichkeitsarbeit im Vordergrund.

Ziel von SCHULEWIRTSCHAFT ist es, das Netzwerk Berufswahl-SIEGEL zu einem bundesweiten Netz-werk systematisch auszubauen und die SIEGEL-Standards zu bundesweiten Qualitätsstandards zur Be-rufsorientierung zu entwickeln. Gefördert wird das Projekt vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband und der Siemens AG.

Nähere Informationen unter www.berufswahl-siegel.de

SCHULEwirt-schAft koorDi-niert DAs netZ- werk Berufs-wAhL-sieGeL

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„Starke Schule – Deutschlands beste Schulen, die zur Ausbildungsreife führen“ wird gemeinsam von der BDA, der Hertie-Stiftung, der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Deutsche Bank Stiftung ausgerichtet und ist inzwischen der größte Schulwettbewerb in Deutschland. „Starke Schule“ will:

� hervorragende schulische Gesamtkonzepte auszeichnen � Schulen miteinander vernetzen � das Innovationspotenzial von Schulen fördern � Lehrkräfte zu ausgewählten Themen fortbilden

2011 fanden die Auswahl und Prämierung der Siegerschulen in allen 16 Bundesländern sowie auf Bun-desebene statt. Die Preisträger zeichnen sich durch systematische individuelle Förderung ihrer Schüler, erfolgreiche Berufsvorbereitung und hohe Übergangsquoten in Ausbildung aus. Höhepunkt war die fei-erliche Verleihung der Bundespreise durch Bundespräsident Wulff am 11. Mai 2011 in Schloss Bellevue. Drei Schulen erhielten Preise, sieben weitere Schulen Ehrungen. Der zweite Preis wurde von Arbeitge-berpräsident Prof. Dr. Hundt überreicht. An den Landesverleihungen waren die Landesarbeitgeberver-bände mit Laudationes oder Grußworten beteiligt.

Am Wettbewerb nahmen Hauptschulen, integrierte und teilintegrierte Schulformen und Förderschulen, die zum Hauptschulabschluss führen, teil. Alle Preisträgerschulen sind für mindestens vier Jahre in das Netzwerk „Starke Schule“ aufgenommen und werden zu verschiedenen Veranstaltungen und Fortbil-dungsangeboten eingeladen. Die Schulen können sich im Netzwerk austauschen, fortbilden und innova-tive Projekte finanzieren lassen. Größte Veranstaltung ist die jährliche Netzkonferenz aller Preisträger-schulen, die die BDA am 10. und 11. Mai 2011 ausrichtete.

„stArke schuLen“ AusZeichnen unD förDern

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In einer begleitenden wissenschaftlichen Evaluation durch die Universität Dortmund-Essen wurden zu-dem die Erfolgsfaktoren der Schulen ausgewertet. Diese Ergebnisse wurden auch in den BDA-Gremien diskutiert, um daraus bildungspolitische Schlussfolgerungen ziehen zu können.

Nähere Informationen unter www.starkeschule.ghst.de

Bundessieger im Wettbewerb „Starke Schule“

1. Platz: GTHS Hakemickeschule, Olpe, Nordrhein-Westfalen (15.000 €) 2. Platz: Grund- und Werkrealschule in der Taus, Backnang, Baden-Württemberg (10.000 €) 3. Platz: Erich Kästner Realschule plus, Ransbach-Baumbach, Rheinland-Pfalz (5.000 €) 4. Platz: Integrierte Ganztagsschule Kelsterbach, Hessen5. Platz: GTS 2001, Syke, Niedersachsen 6. Platz: Regionale Schule „Heinrich Heine“, Ostseebad Karlshagen, Mecklenburg-Vorpommern7. Platz: Volksschule Eching, Eching, Bayern 8. Platz: Staatliche Regelschule Stadtilm, Thüringen 9. Platz: Sekundarschule „A. Diesterweg“, Sandersdorf-Brehna, Sachsen-Anhalt10. Platz: Heinz-Brandt-Schule, BerlinSonderpreis „Stark durch Vielfalt“: Förderzentrum Herderschule, Weimar, Thüringen

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Die kulturelle Vielfalt am Arbeitsplatz sowie die globale Vernetzung nehmen weiter zu. In der Folge sind Strategien gefragt, die diese Entwicklungen in berufliche Chancen für Jugendliche umwandeln. Um junge Erwachsene mit Migrationshintergrund beim Einstieg in den Beruf zielführend unterstützen zu können, müssen herkunftsbedingte Faktoren bei der Berufsorientierung stärker berücksichtigt werden.

Mit dem Jahresschwerpunkt „Migration.Qualifikation.Integration“ greift SCHULEWIRTSCHAFT den As-pekt der interkulturellen Berufsorientierung auf und setzt Impulse für einen offenen bildungspolitischen Dialog. Effektive Vorschläge und Maßnahmen sollen gebündelt werden, um Bildungsungleichheit abzu-bauen und das gesellschaftliche Miteinander zu stärken. Auf Basis langjähriger Kooperation zwischen Schulen und Unternehmen sowie enger Kontakte zu den Ausbildungsverantwortlichen entwickelt, vermit-telt und gestaltet SCHULEWIRTSCHAFT praxiserprobte Angebote, von denen alle Beteiligten profitieren.

Den Auftakt bildete die Tagung „Migration.Qualifikation.Integration – kulturelle Vielfalt und berufliche Per-spektiven“ am 30. Mai 2011 in Berlin. Auf dem Podium diskutierten Staatsministerin Prof. Dr. Böhmer, Herr Burgbacher, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, BDA-Vizepräsi-dent Dr. Braun, Prof. Dr. Hüther, Direktor des IW Köln, Herr Becker, Mitglied des Vorstands der BA, sowie Herr Can, Geschäftsführer der ROFOBOX GmbH. Migrationsforscher Prof. Dr. Bade gab Orientierungs-hilfen in der aktuellen Debatte.

Um das Thema in den Regionen umzusetzen, erhalten die Arbeitskreise vor Ort eine Toolbox mit Materi-alien und Handreichungen. Flankiert wird das Jahresthema durch Aktivitäten und Projekte in den Landes-arbeitsgemeinschaften SCHULEWIRTSCHAFT.

Nähere Informationen unter www.arbeitgeber.de > kompakt > „Integration durch Bildung“ sowie unter www.schulewirtschaft.de

erfoLGreiche ZwischenBiLAnZ: SCHULEwirtschAft-JAhres-themA „miGrAtion.QuALifikA-tion.inteGrAtion“

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Seit über 60 Jahren ist der Deutsche Evangelische Kirchentag ein wichtiges Ereignis nicht nur für die Kirche, sondern für die ganze Gesellschaft. Beim diesjährigen Kirchentag vom 1. bis 5. Juni 2011 in Dresden war auch das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT mit Mitarbeitern der BDA und der Landesar-beitsgemeinschaften SCHULEWIRTSCHAFT in Ostdeutschland auf dem „Markt der Möglichkeiten“ beim Kirchentag vertreten. Großen Zulauf erhielt der Messestand nicht zuletzt durch ein Quiz mit Fragen rund um das Thema „Soziale Marktwirtschaft“.

Zum aktuellen SCHULEWIRTSCHAFT-Jahresthema „Migration.Qualifikation.Integration – kulturelle Viel-falt und berufliche Perspektiven“ fand am 4. Juni 2011 eine Marktplatzveranstaltung auf dem Messege-lände statt. Diakoniepräsident Stockmeier, Herr Clever, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der BDA, Herr Wiethaup, Vorsitzender Schule der Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT, und Frau Dr. Stange, bildungs- und kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, wirkten daran mit. Die Podiumsteilnehmer waren sich einig: Die Versäumnisse der Vergangenheit füh-ren heute zu enormen Herausforderungen für die Bildungs- und Sozialpolitik. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels müssen dringend Rahmenbedingungen verbessert werden, damit Jugendlichen mit Migrationshintergrund der Übergang in Ausbildung, Studium und Beruf besser gelingt.

Nähere Informationen unter www.wirtschaft-kirchentag.de

netZwerk SCHULE­wirtschAft Beim Deutschen evAnGeLischen kirchentAG in DresDen

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Die BDA hat die Frage, wie Wirtschaft und Hochschulen auf dem Feld der Internationalisierung stärker zusammenarbeiten können, in einer gemeinsamen Tagung mit dem BDI und dem Deutschen Akademi-schen Austauschdienst (DAAD) aufgegriffen. Unter dem Titel „Internationaler Arbeitsmarkt – Internatio-nale Hochschule“ kamen am 12. Mai 2011 etwa 100 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammen, um Beispiele guter Praxis auszutauschen und Konzepte einer vertieften Kooperation zu er-arbeiten.

internAtionALer ArBeitsmArkt – internAtionALe hochschuLen

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Die Walter-Raymond-Stiftung wurde 1959 von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbän-de als rechtlich unselbstständige Institution gegründet. Die Stiftung ist dem regen Gedankenaustausch zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik verpflichtet und steht allen gesellschaftlichen Themen of-fen gegenüber. Sie leistet einen Beitrag zu einer auf Freiheit, Eigenverantwortung und Solidarität beru-henden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Die Verantwortung für die Tätigkeit der Stiftung trägt der Vorstand. Sprecherin des Stiftungsvorstands ist die Vorstandsvorsitzende der Randstad Stiftung und Geschäftsführerin Corporate Affairs von Randstad Deutschland, Frau Franken.

Im Jahr 2011 wurde das Thema „Schuldenkrise und Governance der Europäischen Union: Legitimität, Funktionalität, Pluralität“ intensiv im Rahmen des Kolloquiums diskutiert. Den Auftakt gaben Vorträge von Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Di Fabio, vom Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesfi-nanzminister Kampeter MdB, vom Staatssekretär des Auswärtigen Amts Dr. Born, vom ersten stellvertre-tenden Vorsitzenden der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa Graf Lambsdorff MdEP und den Wissenschaftlern Prof. Dr. Münkler und Prof. Dr. Vaubel.

Geprägt war der Diskurs von der Eingangsfrage, mit welchen wirksamen Sicherungssystemen die Eu-ropäische Währungsunion nachgerüstet werden sollte, um das Funktionieren der Staatengemeinschaft zu flankieren und die ausgeuferten Staatsschulden wieder zurückzuführen. Angesprochen waren damit auch die Gründe für das bedrohliche Anwachsen der Staatsverschuldung und das Versagen des Stabili-täts- und Wachstumspakts. Intensiv diskutiert wurde auch die Frage nach den rechtlichen Grundlagen wie den Wirkungen der verschiedenen Rettungsmechanismen. Zudem wurde in Bezug auf die Europäische Union die „Finalitätsfrage“ aufgeworfen: Auf Dauer wird sich nicht vermeiden lassen, eine Entscheidung darüber zu fällen, ob der Integrationsprozess weiter vertieft und intensiviert wird oder nicht. Die Vorträge und Ergebnisse des Kolloquiums liegen im Band 51 der Großen Reihe der Walter-Raymond-Stiftung vor.

Das nächste Kolloquium der Stiftung findet im März 2012 unter dem Titel „Virtuelle Öffentlichkeiten, so-ziale Netzwerke, plebiszitäre Kampagnen – der Veränderungsdruck auf Politik und Gesellschaft“ statt. Inhaltlich soll den Fragen nachgegangen werden, welche Auswirkungen die neuen Medien auf Politik, Gesellschaft ausüben und inwieweit durch die neuen Medien das Bewusstsein der Bürger und ihr Han-deln beeinflusst werden und welche anderen Formen der gesellschaftlichen Teilhabe und der politischen Partizipation damit verbunden sind.

schuLDenkrise unD Gover-nAnce Der europäischen union

49. koLLoQuium Der wALter-rAymonD-stiftunG

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Internet und Social Media immer populärer

Wer sich möglichst schnell über die aktuellen Positionen der deutschen Arbeitgeber informieren möchte, besucht am besten die Homepage der BDA. Unter www.arbeitgeber.de finden interessierte Besucher hier nicht nur die neuesten Pressemitteilungen und ausführliche Hintergrundinformationen, sondern auch aktuelle Veranstaltungstipps und wichtige Links zu Partnern und Initiativen der BDA. Die Akzeptanz des BDA-Auftritts im Internet ist unumstritten: Auch im Jahr 2011 hat sich der kontinuierliche Anstieg der Nutzer zahlen seit dem Relaunch von 2008 deutlich fortgesetzt.

Besonderer Beliebtheit erfreut sich der Servicebereich: Hier kann der Nutzer nicht nur auf wichtige For-mulare und Checklisten zurückgreifen, sondern auch Fotos herunterladen und den BDA-Newsletter be-stellen.

Regen Zuspruch findet auch der elektronische Broschürenshop, der eine Vielzahl von Publikationen an-bietet, wie z. B. auch den aktuellen Geschäftsbericht. Dieser kann im Übrigen – wie auch alle anderen Broschüren – seit neuestem bequem online durchgeblättert werden.

Neben den klassischen Instrumenten der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nutzt die BDA natürlich auch die modernen Kommunikationswege wie Twitter oder Facebook, um die politischen Botschaften an den Mann und an die Frau zu bringen. Auch hier wächst die Zahl unserer „Freunde“ und „Follower“.

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Die Wirtschaft im Fernsehen – negativ, selektiv, wenig vielfältig

Der Gemeinschaftsausschuss der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft hat unter dem Vorsitz der BDA die Hamburg Media School (HMS) beauftragt, aktuelle Forschungsergebnisse zu der Frage zusammenzu-fassen, wie in den Medien über Wirtschaft und wirtschaftliche Entwicklungen berichtet wird. Gegenstand sollte die Wirtschaftsberichterstattung in allen TV-Formaten sein, also sowohl in Nachrichten- und Maga-zinsendungen als auch in Unterhaltungs- und Verbraucherprogrammen.

Aus den bisherigen Forschungsergebnissen zur Wirtschaftsberichterstattung und -darstellung im Fernse-hen konnten drei zentrale Erkenntnisse gewonnen werden:

� Die Wirtschaftsberichterstattung hat einen Hang zur negativen Darstellung. � Die Wirtschaftsberichterstattung konzentriert sich auf wenige Komponenten

(z. B. Arbeitslosenzahlen) und entkoppelt diese von komplexen Zusammenhängen. � Medien haben die Tendenz, gemeinsam und mit der gleichen kritischen Richtung zu berichten.

Darunter leidet die Vielfalt der dargestellten Meinungen und Perspektiven.

Nähere Informationen finden Sie unter www.arbeitgeber.de > Themen A–Z > Medien

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BDA­Mitgliedsverbände

52 Bundesfachverbände*

� Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e. V. � Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e. V. (Agv MoVe) � Arbeitgeberverband der Cigarettenindustrie � Arbeitgeberverband der Deutschen Immobilienwirtschaft e. V. � Arbeitgeberverband der Deutschen Kautschukindustrie (ADK) e. V. � Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland � Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes e. V. � Arbeitgeberverband Deutscher Eisenbahnen e. V. – Eisenbahnen, Berg- und Seilbahnen, Kraftverkehrsbetriebe – � Arbeitgeberverband Luftverkehr e. V. (AGVL) � Arbeitgeberverband Pflege e. V. � Arbeitgeberverband Postdienste e. V. � Arbeitgeberverband Stahl e. V. � Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuß e. V. � Arbeitsgemeinschaft Schuhe/Leder � BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V.

Wirtschafts- und Arbeitgeberverband � BdKEP Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e. V. � Bundesarbeitgeberverband Chemie e. V. � Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e. V. (BAP) � Bundesarbeitgeberverband Glas und Solar e. V. � Bundesverband Briefdienste e. V. � Bundesverband der Systemgastronomie BdS e. V. � Bundesverband der Zigarrenindustrie e. V. (BdZ) � Bundesverband Deutscher Dienstleistungsunternehmen e. V. � Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e. V. � Bundesverband Druck und Medien e. V. � Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. � Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e. V. � Bundesverband Keramische Industrie e. V. � DER MITTELSTANDSVERBUND ZGV � Deutscher Braunkohlen-Industrie-Verein e. V. � Deutscher Bühnenverein Bundesverband der Theater und Orchester � Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e. V. (DEHOGA) � DSSV e. V. Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen � GESAMTMETALL Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie e. V. � Gesamtverband der Deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände e. V. � Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie e. V. – Arbeitgeberverbund – � Gesamtverband Steinkohle e. V. (GVSt) � Handelsverband Deutschland – HDE Der Einzelhandel � Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. � Hauptverband der Deutschen Holzindustrie und Kunststoffe verarbeitenden Industrie und

verwandter Industrie- und Wirtschaftszweige e. V. � Hauptverband Papier- und Kunststoffverarbeitung (HPV) e. V. � Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft Steine und Erden � Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft Telekommunikation (ArgeTel) � Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft Verkehr (SAV) � Unternehmerverband Deutsches Handwerk (UDH) � Verband Deutscher Reeder e. V. � Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V. (VDZ) � Verein der Zuckerindustrie � Vereinigung der Arbeitgeberverbände der Deutschen Papierindustrie e. V. � Vereinigung der Arbeitgeberverbände energie- und versorgungswirtschaftlicher Unternehmungen (VAEU) � VKS - Verband der Kali- und Salzindustrie e. V. � Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e. V.

*Stand: 31. Dezember 2011

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Landesvereinigungen*

Arbeitgeber Baden-Württem-berg – Landesvereinigung Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände e. V.

Vereinigung derBayerischen Wirtschaft e. V.

UVNord – Vereinigungder Unternehmens-verbände in Hamburgund Schleswig-Holstein e. V.

Vereinigung derhessischenUnternehmer-verbände e. V.

Vereinigung derUnternehmensverbände fürMecklenburg-Vorpommern e. V.

UnternehmerverbändeNiedersachsen e. V.

unternehmer nrw – Landesvereinigung derUnternehmensverbändeNordrhein-Westfalen e. V.

LandesvereinigungUnternehmerverbändeRheinland-Pfalz (LVU)

Vereinigung der SächsischenWirtschaft e. V. (VSW)

Die Unternehmensverbändeim Lande Bremen e. V.

Vereinigung derSaarländischenUnternehmens-verbände e. V.

Verband der WirtschaftThüringens e. V.

Vereinigung derUnternehmensverbändein Berlin und Brandenburg e. V.

Arbeitgeber- undWirtschaftsverbändeSachsen-Anhalt e. V.

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Die BDA168

� Prof. Randolf Rodenstock Präsident Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft Geschäftsführender Gesellschafter Optische

Werke G. Rodenstock GmbH & Co. KG

� Elke Strathmann Vorstandsmitglied Continental AG

� Dr. h. c. Eggert Voscherau Präsident Bundesarbeitgeberverband Chemie Aufsichtsratsvorsitzender BASF SE

Präsidiumsmitglieder

� Dr. Frank Appel Vorstand Arbeitgeberverband Postdienste Vorstandsvorsitzender Deutsche Post AG

� Werner M. Bahlsen Präsident Unternehmerverbände

Niedersachsen Vorsitzender der Geschäftsführung

Bahlsen GmbH & Co. KG

� Dr. Bernhard Beck Vorsitzender Vereinigung der Arbeitgeber-

verbände energie- und versorgungswirt-schaftlicher Unternehmungen

Vorstandsmitglied EnBW Energie Baden-Württemberg AG

� Hans-Dieter Bremer Präsident Vereinigung der Unternehmens-

verbände für Mecklenburg-Vorpommern Geschäftsführer Beton-Service GmbH

� Wolfgang Brinkmann Vizepräsident Gesamtverband der

deutschen Textil- und Modeindustrie Geschäftsführender Gesellschafter

bugatti GmbH

� Dr. Jürgen Deilmann Ehrenmitglied im Präsidium der Bundesver-

einigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Gesellschafter Deilmann Montan GmbH

BDA­Präsidium**

Präsident

� Prof. Dr. Dieter Hundt Präsident Bundesvereinigung der

Deutschen Arbeitgeberverbände Aufsichtsratsvorsitzender Allgaier Werke GmbH

Ehrenpräsident

� Prof. Dr. Klaus Murmann Ehrenpräsident Bundesvereinigung der

Deutschen Arbeitgeberverbände vorm. Vorstandsvorsitzender Sauer-

Danfoss Inc.

Vizepräsidenten

� Dr. h. c. Josef Beutelmann Vorsitzender Arbeitgeberverband der

Versicherungsunternehmen in Deutschland Vorsitzender der Vorstände Barmenia

Versicherungen

� Dr. Gerhard F. Braun Präsident Landesvereinigung

Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz Geschäftsführender Gesellschafter

Karl Otto Braun GmbH & Co. KG

� Martin Kannegiesser Präsident GESAMTMETALL Gesamtverband

der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie

Geschäftsführender Gesellschafter Herbert Kannegiesser GmbH

� Otto Kentzler Präsident Zentralverband des

Deutschen Handwerks Geschäftsführender Gesellschafter

Kentzler GmbH & Co. KG

� Ingo Kramer Präsident Die Unternehmensverbände

im Lande Bremen Geschäftsführender Gesellschafter

Firmengruppe J. Heinr. Kramer

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BDA | Geschäftsbericht 2011 | Die BDA 169

� Dr. Rainer V. Dulger Vorstandsmitglied Arbeitgeber Baden-

Württemberg – Landesvereinigung Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände

Geschäftsführender Gesellschafter ProMinent Dosiertechnik GmbH

� Brigitte Ederer Vorstandsmitglied Siemens AG

� Martin Empl Präsident Gesamtverband der Deutschen

Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände

� Brigitte Faust Vorsitzende Arbeitgebervereinigung

Nahrung und Genuß HR Director Employee & Industrial Relations

Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG

� Bodo Finger Präsident Vereinigung der

Sächsischen Wirtschaft Geschäftsführender Gesellschafter

Chemnitzer Zahnradfabrik GmbH & Co. KG

� Heide Franken Vorstandssprecherin Walter-Raymond-Stiftung Geschäftsführerin Randstad Deutschland

GmbH & Co. KG

� Wolfgang Goebel Präsident Bundesverband

der Systemgastronomie Vorstandsmitglied McDonald’s

Deutschland Inc.

� Dr. Reinhard Göhner Hauptgeschäftsführer Bundesvereinigung

der Deutschen Arbeitgeberverbände

� Dr. Rüdiger Grube Vorstandsvorsitzender Deutsche Bahn AG

� Helmut Heinen Präsident Bundesverband

Deutscher Zeitungsverleger Geschäftsführer Heinen-Verlag GmbH

� Dr. Fritz-Heinz Himmelreich vorm. Hauptgeschäftsführer Bundesvereini-

gung der Deutschen Arbeitgeberverbände

� Ingrid Hofmann Vizepräsidentin Bundesarbeitgeberverband

der Personaldienstleister Geschäftsführende Gesellschafterin

I. K. Hofmann GmbH

� Burkhard Ischler Präsident Vereinigung der Unternehmens-

verbände in Berlin und Brandenburg Leiter Berliner Büro der Leitung Siemens AG

� Dr. Eckart John von Freyend Präsident Institut der deutschen Wirtschaft Köln Aufsichtsratsvorsitzender GSW Immobilien AG

� Arndt G. Kirchhoff Vorsitzender der Geschäftsführung

KIRCHHOFF Automotive GmbH

� Helmut F. Koch Vorsitzender Arbeitgeberverband Stahl Aufsichtsratsmitglied Mannesmannröhren-

Werke GmbH

� Dr. Walter Koch Ehrenmitglied im Präsidium Bundesvereini-

gung der Deutschen Arbeitgeberverbände Gesellschafter Dillinger Fabrik gelochter

Bleche GmbH

� Harald Krüger Vorstandsmitglied BMW AG

� Stefan H. Lauer Präsident Arbeitgeberverband Luftverkehr Vorsitzender Sozialpolitische Arbeits-

gemeinschaft Verkehr Vorstandsmitglied Deutsche Lufthansa AG

� Horst-Werner Maier-Hunke Präsident unternehmer nrw – Landes-

vereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen

Geschäftsführer DURABLE Hunke & Jochheim GmbH & Co. KG

Page 170: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Die BDA170

� Margret Suckale Vorstandsmitglied BASF SE

� Bernd Tönjes Präsident Gesamtverband Steinkohle Vorstandsvorsitzender RAG Aktiengesellschaft

� Uli Wachholtz Präsident UVNord – Vereinigung der

Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein

Geschäftsführer Karl Wachholtz Verlag GmbH & Co KG

� Prof. Dieter Weidemann Präsident Vereinigung der hessischen

Unternehmerverbände

� Wolfgang Zahn Präsident Verband der Wirtschaft Thüringens Geschäftsführer Robert Bosch Fahrzeug-

elektrik Eisenach GmbH

� Dr. Wilhelm von Moers Vizepräsident Bundesverband Großhandel,

Außenhandel, Dienstleistungen Geschäftsführer Handelshof

Management GmbH

� Dr. Arend Oetker Geschäftsführender Gesellschafter

Dr. Arend Oetker Holding GmbH & Co. KG

� Wilfried Porth Vorstandsmitglied Daimler AG Vorstandsvorsitzender Hanns Martin

Schleyer-Stiftung

� Dr. Wolfgang Pütz Vizepräsident Bundesverband

Druck und Medien Geschäftsführender Gesellschafter

J. F. Ziegler KG

� Josef Sanktjohanser Präsident Handelsverband Deutschland –

HDE Der Einzelhandel Vorstandsmitglied REWE-Zentral-AG

� Thomas Sattelberger Vorstandsmitglied Deutsche Telekom AG

� Andreas Schmieg Vizepräsident Hauptverband

der Deutschen Bauindustrie Vorstandsvorsitzender TORKRET AG

� Jürgen Schulte-Laggenbeck Vizepräsident Handelsverband Deutschland –

HDE Der Einzelhandel Vorstandsmitglied Otto (GmbH & Co. KG)

� Ulrich Sieber Vorsitzender Arbeitgeberverband

des privaten Bankgewerbes Vorstandsmitglied Commerzbank AG

� Dr. Heinrich Spies Präsident Hauptverband Papier- und

Kunststoffverarbeitung Geschäftsführender Gesellschafter

May + Spies GmbH

Page 171: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Die BDA 171

Vorsitzende der Ausschüsse**

� Dr. Gerhard F. Braun BDA/BDI-Fachausschuss

Bildung | Berufliche Bildung

� Hans-Dieter Bremer Ausschuss Arbeitssicherheit

� Prof. Dr. Michael Heise Ausschuss für Volkswirtschaft-

liche Fragen

� Klaus Hofer Ausschuss Betriebliche

Altersvorsorge

� Ingrid Hofmann Ausschuss Betriebliche

Personalpolitik

� Michael Klein Ausschuss Arbeitsmarktfragen

� Stefan H. Lauer Ausschuss Arbeitsrecht

� Dr. Wolfgang Pütz Ausschuss Lohn- und

Tarifpolitik

� Prof. Randolf Rodenstock Haushaltsausschuss

� Prof. Randolf Rodenstock Ausschuss Soziale Sicherung

� Margret Suckale Ausschuss Sozialpolitik

in der EU

BDA­Vorstand**

Neben den gewählten Mitgliedern des Präsidiums gehören folgende Damen und Herren dem Vorstand an:

� Prof. Thomas Bauer � Michael Behrendt � Dr. Rolf Bender � Oswald Bubel � Ulrich Alfred Büchner � Frank Dupré � Volker Enkerts � Ernst Fischer � August Forster � Florian Gerster � Rainer Göhner � Thomas Greiner � Klemens Gutmann � Jörg Hagmaier � Wilfried Hollmann � Olaf Junge � Franz-Bernd Köster � Thomas Kretschmann � Peter Kurth � Dr. Johannes F. Lambertz � Rainer J. Marschaus � Ulrich C. Nießen � Dr. Christoph E. Palmer � Eberhard Potempa � Jürgen Schitthelm � Karl-Heinz Schneider � Birgit Schwarze � Johannes Schwörer � Dr. Theo Spettmann � Norbert Steiner � Dr. Sven Vogt � Ulrich Weber � Dietmar Welslau � Michael Wenzel � Prof. Dr. Franz-Josef Wodopia

Gemeinsames Präsidium von BDA und BDI**Alternierende Vorsitzende

� Prof. Dr. Dieter Hundt � Prof. Dr. Hans-Peter Keitel

Weitere Mitglieder des Präsidiums

� Dr. h. c. Josef Beutelmann � Dr. Gerhard F. Braun � Dr. Klaus Engel � Ulrich Grillo � Dr. Heinrich Hiesinger � Martin Kannegiesser � Prof. Dieter Kempf � Otto Kentzler � Ingo Kramer � Dr. Thomas Lindner � Friedhelm Loh � Dr. Arend Oetker � Prof. Randolf Rodenstock � Elke Strathmann � Jürgen R. Thumann � Dr. h. c. Eggert Voscherau � Matthias Wissmann

** Stand: 1. Januar 2012

Page 172: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Die BDA172

In memoriam

Sie waren der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände in langjähriger Mitarbeit verbunden und hatten wesentlichen Anteil an der Gestaltung unternehmerischer Sozialpolitik.

wir gedenken ihrer.

� Hermann Habich Ehemaliger Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Chemie des Landes Hessen Ehrenpräsident der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände 7. Januar 2011

� Assessor Gert Nachtigal Ehemaliger Vorsitzender im Verwaltungsrat des AOK Bundesverbands, des Medizinischen Diens-

tes der Spitzenverbände der Krankenkassen und des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) Stellvertretender Abteilungsleiter der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber verbände 1. Februar 2011

� Dr. Adolf Freiherr Spies von Büllesheim Präsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gesamtverbands Steinkohle (GVSt) 12. Februar 2011

� Erich Sennebogen Ehrenpräsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft 21. März 2011

Page 173: Geschäftsbericht 2011

BDA | Geschäftsbericht 2011 | Die BDA 173

� Dr. Günther Meisterling Geschäftsführer Gesellschaft für Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik Geschäftsführer Bildungswerk der Wirtschaft Hamburg 19. April 2011

� Senator e. h. Helmut Eberspächer Ehemaliges Mitglied im Präsidium und Vorstand Bundesvereinigung der

Deutschen Arbeitgeberverbände Ehrenvorsitzender Landesvereinigung Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände 19. Juni 2011

� Erich Gerard Ehemaliges Mitglied im Präsidium und Vorstand Bundesvereinigung der

Deutschen Arbeitgeberverbände Ehrenpräsident der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg 4. September 2011

� Ulf Berger­Delhey Mitglied Gesprächskreis Arbeitsrecht Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände 14. Oktober 2011

Page 174: Geschäftsbericht 2011

Präsident

Prof. Dr. Dieter Hundt

sekretariatUlrike Kümpel-Moderaut -1004f -1005

Hauptgeschäftsführer

Dr. Reinhard Göhner

sekretariatUlrike Kümpel-ModerauMarina Reikowskit -1007/1006f -1005

[email protected]

Mitglied der Hauptgeschäftsführung

Alexander Gunkel** sekretariat Nadja Boborowski t -1008 f -1015

[email protected]

Verwaltung undVerbandsorganisation

AbteilungsleitungUlrich Hüttenbach**Martin Pulm

sekretariatJanet Wieckert -1100f -1105

[email protected]

kaufmännische AssistenzKatrin Altmann*

AdressverwaltungHanka KöppenManuel Schiller

Einkauf und ServicesSven [email protected]

BibliothekAnke Beyer-Stamm

serviceFrank HalupAstrid Leu

FinanzenMartin PulmGudrun HäntschSirpa OhmViola Riechefi [email protected]

Informations­ undKommunikationstechnikMartin BrüningThomas HyrbaczekChristian SeippHans-Jürgen [email protected]

PersonalAstrid ZippelKatrin [email protected]

Soziale Sicherung

AbteilungsleitungDr. Volker HansenSaskia Osing

sekretariatIngrid SchrammHeike Bozant -1600f -1605

[email protected]

referenten (m/w)Stefan HaussmannDr. Martin KrögerDominik NaumannAnne ScholzFlorian Swyter*

ArbeitswissenschaftNorbert Breutmann

sekretariatCarola Wünschet -1604f -1605

[email protected]

Volkswirtschaft |Finanzen | Steuern,Walter­Raymond­Stiftung

AbteilungsleitungOttheinrichFreiherr von WeitershausenDr. Oliver Perschau*

sekretariatCornelia Hentschelt -1950f -1955

[email protected]

referenten (m/w)Monika KerekesDr. Hans-Jürgen Völz

organisationKornelia Wendt

Institut für Sozial­ und Wirtschaftspolitische Ausbildungottheinrichfreiherr von weitershausen

sekretariatEllen Dumschatt -1954f -1955

[email protected]

Arbeitsrecht

AbteilungsleitungRoland WolfThomas Prinz*

sekretariatManuela HahnBeate MurtezaniSimone Scharft -1200f -1205

[email protected]

referenten (m/w)Nora BraunMartin EcksteinDr. Anita Schmitz-WitteRiccy Simon

redaktion sAeBarbara Braun

Lohn­ und Tarifpolitik

AbteilungsleitungRainer Huke*

sekretariatMarina FahrentholtzKatrin Franzt -1300f -1305

[email protected]

referenten (m/w)Andre MüllerNatalia Stolz

tarifarchivAstrid BohnMichaela Grebasch

organigramm

Page 175: Geschäftsbericht 2011

Präsident

Prof. Dr. Dieter Hundt

SekretariatUlrike Kümpel-ModerauT -1004F -1005

Hauptgeschäftsführer

Dr. Reinhard Göhner

SekretariatUlrike Kümpel-ModerauMarina ReikowskiT -1007/1006F -1005

[email protected]

Mitglied der Hauptgeschäftsführung

Alexander Gunkel** Sekretariat Nadja Boborowski T -1008 F -1015

[email protected]

Verwaltung undVerbandsorganisation

AbteilungsleitungUlrich Hüttenbach**Martin Pulm

SekretariatJanet WieckerT -1100F -1105

[email protected]

Kaufmännische AssistenzKatrin Altmann*

AdressverwaltungHanka KöppenManuel Schiller

Einkauf und ServicesSven [email protected]

BibliothekAnke Beyer-Stamm

ServiceFrank HalupAstrid Leu

FinanzenMartin PulmGudrun HäntschSirpa OhmViola Riechefi [email protected]

Informations- undKommunikationstechnikMartin BrüningThomas HyrbaczekChristian SeippHans-Jürgen [email protected]

PersonalAstrid ZippelKatrin [email protected]

Soziale Sicherung

AbteilungsleitungDr. Volker HansenSaskia Osing

SekretariatIngrid SchrammHeike BozanT -1600F -1605

[email protected]

Referenten (m/w)Stefan HaussmannDr. Martin KrögerDominik NaumannAnne ScholzFlorian Swyter*

ArbeitswissenschaftNorbert Breutmann

SekretariatCarola WünscheT -1604F -1605

[email protected]

Volkswirtschaft |Finanzen | Steuern,Walter-Raymond-Stiftung

AbteilungsleitungOttheinrichFreiherr von WeitershausenDr. Oliver Perschau*

SekretariatCornelia HentschelT -1950F -1955

[email protected]

Referenten (m/w)Monika KerekesDr. Hans-Jürgen Völz

OrganisationKornelia Wendt

Institut für Sozial- und Wirtschaftspolitische AusbildungOttheinrichFreiherr von Weitershausen

SekretariatEllen DumschatT -1954F -1955

[email protected]

Arbeitsrecht

AbteilungsleitungRoland WolfThomas Prinz*

SekretariatManuela HahnBeate MurtezaniSimone ScharfT -1200F -1205

[email protected]

Referenten (m/w)Nora BraunMartin EcksteinDr. Anita Schmitz-WitteRiccy Simon

Redaktion SAEBarbara Braun

Lohn- und Tarifpolitik

AbteilungsleitungRainer Huke*

SekretariatMarina FahrentholtzKatrin FranzT -1300F -1305

[email protected]

Referenten (m/w)Andre MüllerNatalia Stolz

TarifarchivAstrid BohnMichaela Grebasch

Organigramm Präsident

Prof. Dr. Dieter Hundt

SekretariatUlrike Kümpel-ModerauT -1004F -1005

Hauptgeschäftsführer

Dr. Reinhard Göhner

SekretariatUlrike Kümpel-ModerauMarina ReikowskiT -1007/1006F -1005

[email protected]

Mitglied der Hauptgeschäftsführung

Peter Clever Sekretariat Manuela Poniwaß T -1009 F -1015

[email protected]

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

AbteilungsleitungDr. Viktor Otto*Jörg Swane

SekretariatClaudia JungkowskiClaudia KurschatT -1800F -1805

[email protected]

Referenten (m/w)Arne FrankeFranziska Caroline Lerch

InternetAndreas Timm

Planung |Koordination |Grundsatzfragen

AbteilungsleitungChristina Ramb**Kristian Schalter

SekretariatKati HildebrandtT -1070F -1075

[email protected]

Referenten (m/w)Denis Suarsana

Büro des Präsidenten und des Hauptgeschäfts-führersKristian SchalterBenjamin Koller

SekretariatSabrina PaulT -1020F -1025

[email protected]

Arbeitsmarkt

AbteilungsleitungDr. Jürgen WuttkeAlexander Wilhelm*

SekretariatAndrea UngerMarion BlumauerT -1400F -1405

[email protected]

Referenten (m/w)Dr. Christian DorenkampTorsten PetrakDr. Anna RobraOliver Schmale

BetrieblichePersonalpolitikDr. Alexander BöhneJana Schimke

SekretariatMaria ScheibnerT -1410F -1405

[email protected]

Bildung |Berufl iche Bildung

AbteilungsleitungDr. Barbara DornDr. Donate Kluxen-PytaTanja Nackmayr

SekretariatKatja RaschAllmuth RudolfSevim ÜnalT -1500F -1505

[email protected]

Referenten (m/w)Henning DettleffPetra GießlerYvonne KohlmannSusanne Müller*Dr. Irene Seling

Europäische Unionund InternationaleSozialpolitik

Abteilungsleitung Renate Hornung-DrausAntje Gerstein*Matthias Thorns

SekretariatBianca Voyé*Marion HirteJanine SpolaczykEva StrykowskiT -1900F -1905

[email protected]

Referenten (m/w)Anton BauchJulia KauteFrauke KleinDr. Wiebke SiegeristStefan Sträßer

BDI/BDAThe German Business RepresentationAntje Gerstein*Brigitte De VitaAndrés Rojas del Río

OrganisationAstrid SchwarzT +32 2 792 10 50F +32 2 792 10 55

[email protected]

T +49 30 2033-0F +49 30 2033-2105

[email protected]

Stand: 31. Dezember 2011

** Qualitätsmanagementkoordinator* Qualitätsmanagementbeauftragte

Page 176: Geschäftsbericht 2011

176

BDA | Bundesvereinigung derDeutschen Arbeitgeberverbände

Mitglied von BUSINESSEUROPE

Hausadresse:Breite Straße 29 | 10178 Berlin

Briefadresse:11054 Berlin

T +49 30 2033-1070F +49 30 2033-1075

[email protected]

Redaktionsschluss: 19. Dezember 2011

Fotografie:Thomas Köhler, Thomas Imo | www.photothek.netTobias Koch | www.fotostudio-koch.deChristian Kruppa | www.christiankruppa.deMartin Joppen | www.martinjoppen.deAndreas Timm | www.arbeitgeber.de

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