15
Alphabetisierung und Bildung Informationen zur Durchführung einer Fortbildung für Kursleitende Food Literacy im Alphabetisierungskurs Lesen und Schreiben schmackhaft machen

Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

  • Upload
    lamliem

  • View
    214

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

Alphabetisierungund Bildung

Informationen zur Durchführung einer Fortbildung für Kursleitende

Food Literacy imAlphabetisierungskursLesen und Schreiben schmackhaft machen

Page 2: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

I N H A LT 3

Das dieser Veröffentlichung zugrunde -liegende Vorhaben wurde mit Mitteln desBundesministeriums für Bildung und Forschung unter den Förderkennzeichen01AB0743-01 und 01AB074305 gefördert.Die Verantwortung für den Inhalt dieserVeröffentlichung liegt bei den Autoren.(S. BNBest-BMBF 98, 6.4)

Autorinnen: Maike Groeneveld, Matilde Grünhage- Monetti, Marion Klinger, Ines Wilhelmi

Projektleitung des Verbundprojekts Alphabetisierung und Bildung, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz2011

© bei den Autoren/-innen

Gestaltung und Druck: Georg Bungartenwww.grafik-bungarten.de

2 I M P R E S S U M

Vorwort 4

I. Einsatz von Food Literacy im Alphakurs: Begriffe und Argumente 7

Was bedeutet Food Literacy? 8

Exkurs: Funktionaler Analphabetimus 9

Warum ist Food Literacy für Lernende im Alphakurs sinnvoll? 11

Warum ist eine Fortbildung für Kursleitende nötig? 14

II. Durchführung einer Fortbildung zu Food Literacy im Alphakurs 16

Organisation und Rahmenbedingungen 17

Fortbildungsgestaltung 19

Anhang

Literatur 25

Links 26

Autorinnen 27

Abbildungsverzeichnis 27

Page 3: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

V O R W O R T 5 4 F O O D L I T E R A C Y I M A L P H A B E T I S I E R U N G S K U R S

Vorwort

Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum einThema ist so alltagsnah, genussvoll und mitindividuellen Vorlieben und Erinnerungenverbunden. Ernährung steht in engem Zu-sammenhang mit persönlichen, politischenund ökonomischen Themen, aber auch mitLebensfreude und Geselligkeit. Es verbindetMenschen unterschiedlicher Herkunft undschafft eine persönliche Atmosphäre. Gleich -zeitig ist auch dieser Lebensbereich mit An-forderungen im Bereich der Grundbildungverbunden, sei es beim Lesen von Rezepten,dem Schreiben eines Einkaufszettels oderdem Ausrechnen von Zutatenmengen.

Food Literacy & Alphabetisierung

Der Einsatz des sogenannten Food-Literacy-Konzepts im Alphabetisierungs- und Grund -bildungskurs (kurz Alphakurs) ermöglichtes, das Thema Essen und Trinken zur Ge-staltung handlungsorientierter und niedrig-schwelliger Lernprozesse zu nutzen. EineFortbildung zu Food Literacy im Alphakursverdeutlicht Kursleitenden, wie das ThemaEssen und Trinken systematisch und zielge-richtet über einen längeren Zeitraum in denUnterricht eingebunden und als Rahmen fürLese- und Schreibübungen verwendet wer-den kann. Hierbei können auch erfahreneKursleitende neue Facetten und Einsatz-möglichkeiten des Themas entdecken undsein Potenzial für unterschiedliche Zielset-zungen kennenlernen.

Begriffsentstehung

Der Begriff Food Literacy entstand in eineminternationalen Kooperationsprojekt desSOCRATES-GRUNDTVIG-Programms1 undmeint die Fähigkeit, »den Ernährungsalltagselbstbestimmt, verantwortungsbewusst undgenussvoll zu gestalten.«2 Nach Projekt endewurde das Food-Literacy-Konzept in Deutsc h -land vom aid infodienst mit Unterstützungdes Deutschen Instituts für Erwachsenen-bildung (DIE) weitergeführt.Das internationale Food-Literacy-Projektverfolgte zwei Ziele: zum einen sollte FoodLiteracy als neue Schlüsselkompetenz inder Erwachsenenbildung etabliert werden.3

Zum anderen sollte Food Literacy aber auchals Querschnittsthema für die unterschied-lichsten Lernanlässe genutzt werden. Hier-bei soll das Thema Essen und Trinken alsRahmen dienen, um Gruppenprozesse inder Erwachsenenbildung positiv zu gestal-ten und die jeweiligen Lernziele des Bil-dungsangebotes zu erreichen. Der aid info-dienst entwickelte hierfür ein Food-Li t e racy-Handbuch4 mit Übungen für die Er-wachsenenbildung.

1 vgl. Müller / Groeneveld 2010, S. 102 ebd., S. 53 ebd., S. 104 ebd.

Projekt »Alphabetisierung und Bildung« (AlBi)

Im Rahmen des Projekts »Alphabetisierungund Bildung« wurde Food Literacy in Zu-sammenarbeit mit dem Hessischen Volks-hochschulverband (hvv) als Querschnitts-thema im Alphakurs umgesetzt. Hierzuwurden die Übungen des Handbuchs auf ihrekonkreten Umsetzungs möglichkeiten in ei-nem Alphakurs der vhs Frankfurt erprobtund ein Fortbildungs konzept für Kurslei-tende entwickelt. Sowohl die Erprobung imUnterricht als auch die Rückmeldungen derFortbildungsteilneh men den bestätigten dasPotential von Food Literacy im Alphabetisie-rungsunterricht.

Diese Broschüre

In der vorliegenden Broschüre wird interes-sierten Programmverantwortlichen der Erwachsenenbildung ein Überblick überVorteile und Einsatzmöglichkeiten von FoodLiteracy im Alphakurs gegeben sowie derNutzen einer Food-Literacy-Fortbildung fürKursleitende dieses Arbeitsfeldes verdeut-licht (Teil 1). Zudem erhalten Programmver-antwortliche konkrete Informationen undEmpfehlungen für die Organisation und denAufbau einer solchen Food-Literacy-Fort -bildung (Teil 2).

Page 4: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

7 6 F O O D L I T E R A C Y I M A L P H A B E T I S I E R U N G S K U R S

I . Einsatz von Food Literacy im Alphakurs: Begriffe und Argumente

Page 5: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

E I N S AT Z V O N F O O D L I T E R A C Y 9 8 F O O D L I T E R A C Y I M A L P H A B E T I S I E R U N G S K U R S

Was bedeutet Food Literacy?

Der Begriff verbindet – mit seinen zwei Kom-ponenten »Food« und »Literacy« – das ThemaEssen und Trinken mit Kompetenzbildung.

Literacy

Unter »Literacy« oder »Literalität« wurdeursprünglich die Beherrschung von Lesenund Schreiben verstanden. In den letztenJahren ist das Bedeutungsfeld erheblich er -weitert worden. Literacy meint nicht nur dierein technische Beherrschung des Lesensund Schreibens, sondern die Fähigkeit,Symbolsysteme in allen Lebensbereichenfür die eigenen Ziele und die eigene Ent-wicklung einsetzen zu können.5 Im Zentrumsteht somit die eigene Handlungs fähigkeitim Umgang mit Symbolsystemen und Infor-mationen. Literalität ist ein Set von Fähig-keiten, das eine Bewältigung alltäglicherAnforderungen und damit die Teilhabe ander Gesellschaft ermöglicht.6

Anforderungen

Die Anforderungen an Literalität sind in dermodernen globalisierten Gesellschaft ge-stiegen, so dass von Literalitäten (im Plural)gesprochen werden kann: Aufgrund des Fort-schritts der Informations- und Medientech-nologie haben sich neue kommunikativePraktiken entwickelt. Über die tradierten

Formen des Lesens und Schreibens hinauskommunizieren Menschen über iPods, Wi-kis, Blogs und SMS, aber auch mit Hilfe vonDiagrammen, Statistiken, etc. sowie zuneh-mend in mehreren Sprachen. Die Themen-bereiche, die zur Bewältigung des Alltagsnotwendig sind, sind vielfältiger und kom-plexer geworden. So bleibt es jedem Einzel-nen selbst überlassen, aus der Überfülle an Informationen »Sinn zu machen« und Inhalte zu erschließen, die man zur Alltags-bewältigung (als Verbraucher, Patient etc.)benötigt.

Food Literacy

Literacy wird – bezogen auf dieses an wen -dungsbezogene Verständnis – metaphorischzur Bezeichnung grundlegender Fähigkei-ten verwendet. In der Verbindung mit demKulturthema Essen meint Food Literacy da-her (analog zu Begriffen wie z.B. Health Literacy) die »Fähigkeit, den Ernährungsall-tag selbstbestimmt, ver antwortungs bewu s stund genussvoll zu gestalten«.7

Exkurs: FunktionalerAnalphabetismus

Zielgruppe

Im Rahmen des AlBi-Projekts wurde dasFood-Literacy-Konzept auf die Alphabeti-sierungsarbeit mit Erwachsenen übertra-gen. Zielgruppe für die ausgewählten Food-Literacy-Übungen sind daher funktionaleAnalphabeten, das heißt Menschen, derenLese-, Schreib- und Rechenkompetenzentrotz Schulbesuchs nicht ausreichen, umden gesellschaftlichen Anforderungen ge-recht zu werden. Dies bedeutet, »dass einePerson zwar einzelne Sätze lesen oderschreiben kann, nicht jedoch zusammen-hängend – auch – kürzere Texte.«8 Nach denErhebungen der leo.- Level-One Studie 2011betrifft dies 7,5 Mio. Menschen in Deutsch-land.9 Hiervon haben 4,4 Mio. Deutsch alsErstsprache und 3,1 Mio. eine andere Erst-sprache.10

Ursachen

Auch wenn die Ursachen des Analphabetis-mus bisher noch nicht umfassend, sonderneher punktuell erforscht sind, deutet einigesdarauf hin, dass meist mehrere Faktorenzusammenkommen, die Erwachsene zu An-alphabeten werden lassen. Dies können familiäre Hintergründe (z.B. wirtschaftlicheArmut, Bildungsferne der Eltern, inner -familiäre Probleme) oder auch schulischeFaktoren sowie gesundheitliche Beein-trächtigungen sein (z.B. Seh- oder Hörein-schränkungen).

Oft wird berichtet, dass die negativen Lern-erfahrungen der Schuljahre im Erwachse-nenleben durch Diskriminierung und Min-derwertschätzung von Menschen mit Lese-und Schreibproblemen sowie durch die Ta-buisierung dieses Themas noch weiter ver-stärkt werden. Besonders schambesetztscheint das Thema bei Menschen zu sein,die Deutsch als Erstsprache sprechen undin Deutschland zur Schule gegangen sind.Als Folge vermeiden Betroffene häufig alleSchreib- und Leseanlässe. Aus Scham oderAngst verschweigen sie ihre Lese- undSchreibschwierigkeiten im Berufs- und Privatleben und verlernen dadurch noch diewenigen Kompetenzen, die sie in der Schul-zeit erworben haben.

5 OECD 2000, S. x6 vgl. Schlegel-Matthies 2005, S. 51;

vgl. Lonsdale / McCurry 20047 Müller / Groeneveld 2010, S. 5

8 Grotlüschen / Riekmann 2011, S. 49 ebd., S. 510 ebd., S. 41

Page 6: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

Warum ist Food Literacyfür Lernende in Alpha-kursen sinnvoll?

Food Literacy bietet im Alphakurs zahlreicheAnsatzpunkte, um auf die speziellen Be-dürfnisse der Lernenden einzugehen.

Bisherige Erfahrungen haben gezeigt, dasssich das Thema Essen und Trinken beson-ders gut dazu eignet, ein angenehmes Kurs-klima zu schaffen und zwar überall da, woMenschen zusammentreffen – gleich auswelcher Kultur, welcher sozialen Schichtund welchen Alters.11 Food-Literacy-Übun-gen liefern zahlreiche Gesprächsanlässeund helfen auf diese Weise bei der Überwin-dung kultureller und sozialer Unterschiede.Durch das Thema Essen lässt sich die Lern-freude durch genussvolle und gesellige Un-terrichtselemente erhöhen.

Essen und Trinken ist zudem ein mit Emo-tionen verbundenes Thema. Erfahrungen,die mit Essen verbunden sind, werden imlimbischen System gespeichert, einer Funk-tionseinheit des Gehirns, die primär derVerarbeitung von Emotionen dient. Es kön-nen dabei positive Emotionen aktiviert wer-den, die das Lernen begünstigen.12

E I N S AT Z V O N F O O D L I T E R A C Y 11 10 F O O D L I T E R A C Y I M A L P H A B E T I S I E R U N G S K U R S

Herausforderungen für die Weiterbildung

Kursleitende haben neben der Vermittlungvon Lese- und Schreibkenntnissen die wich-tige Aufgabe, funktionalen Analphabeten den(Wieder-)Einstieg in das Lernen möglichstniedrigschwellig zu ermöglichen. Die Hem-mungen der Betroffenen, einen Kurs zu be-suchen, sind aufgrund negativer Vorerfah-rungen (z.B. negative Schulerlebnisse, dieErfahrung von Scheitern und Spott in Ver-bindung mit Lese- und Schreibsituationen)sehr groß und verlangen einen Unterricht,der diese Ängste auffängt. Die bisherigenErfahrungen des Scheiterns oder Nicht-Könnens (in Kombination mit negativen Reaktionen des Umfelds) führen teilweisezu Versagensängsten und sehr geringemSelbstwertgefühl.

Menschen mit geringen Lese- und Schreib-kenntnissen haben häufig auch Schwierig-keiten mit anderen Fähigkeiten, die mit demSchriftspracherwerb verbunden sind. Beidiesen sogenannten »präliteralen Fähigkei-ten« handelt es sich beispielsweise um dieGrob- und Feinmotorik (z.B. Stifthalten, derUmgang mit einer Schere oder Augenmoto-rik) sowie räumliches und zeitliches Vor-stellungsvermögen.

Hilfreich ist daher ein Unterricht, der denLernenden durch schulferne Methoden undeinladende Atmosphäre den Einstieg in dasLernen erleichtert, präliterale Kompetenzenfördert und die Vermittlung von Erfolgs -erlebnissen ermöglicht.

Im Folgenden wird dargestellt, wie dieseZiele mit Hilfe des Food-Literacy-Konzeptserreicht werden können.

Abbau von Hemmungen und Ängsten

Food Literacy ermöglicht den Lernenden einen neuen Zugang zum Lesen und Schrei -ben, der mit Übungen zum Schmecken, Se-hen, Fühlen und Hören alle Sinne ansprichtund den Einstieg ins Lernen erleichtert. DerUmweg über ein alltagsnahes Thema erleichtert es den Lernenden, sich (nocheinmal) auf das Lesen und Schreiben einzu-lassen. Indem der Lese- und Schreiberwerbin das Thema Essen und Trinken eingebettetwird, können gerade zu Kursbeginn Ängsteabgebaut und auch unsichere Teilnehmendefür das Kursgeschehen interessiert werden.

Die Beschäftigung mit Ernährung führt (oftauf Initiative der Lernenden selbst) schnellzur Verknüpfung mit aktuellen gesellschaft-lichen, politischen, wirtschaftlichen oderauch persönlichen Themen und sorgt da-durch für einen lebendigen und diskussio n s - reichen Unterricht. So lernen die Kursteil-nehmenden nicht nur neue Wörter, sondernauch einen persönlichen Lebensbereich deranderen Lernenden kennen. Food Literacyfördert auf diese Weise eine lernfreundlicheKursatmosphäre.

Rollenwechsel

Durch abwechslungsreiche Food-Literacy-Übungen können die Kursteilnehmendeneigene (über das Lesen und Schreiben hin -ausgehende) Interessen und Kenntnisse

11 vgl. Müller / Grünhage-Monetti 2008, S. 48;vgl. Müller / Groeneveld 2010, S. 11–15

12 Illeris 2003

Page 7: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

E I N S AT Z V O N F O O D L I T E R A C Y 13 12 F O O D L I T E R A C Y I M A L P H A B E T I S I E R U N G S K U R S

gen umgesetzt werden. So kann jeder ent-sprechend seiner Ziele und Fähigkeiten ler-nen und gefördert werden.

Für das Thema Gesundheit sensibilisieren

Als positiver Nebeneffekt kann Food Literacyim Alphakurs helfen, für das Thema Essenzu sensibilisieren, indem das eigene Ess-verhalten »ohne erhobenen Zeigefinger«thematisiert wird. Auf diesem Wege kanneine weitere Beschäftigung mit dem Be-reich Ernährung (in speziellen ernährungs-wissenschaftlichen Angeboten) angeregtwerden. Dies ist sinnvoll, da in der heutigenGesellschaft die Anforderungen im Essall-tag stetig wachsen (z.B. zunehmendes Warenangebot, neue Lebensmitteltechnolo-gien), die individuellen Ernährungskompe-tenzen jedoch sinken.14 Auf diese Weisekönnen auch Lernende mit wenig Weiterbil-dungsinteresse mit Hilfe von Food Literacyim Alphakurs motiviert werden, weiterfüh-rende Angebote im Gesundheitsbereich zunutzen.

Fazit

Food Literacy eignet sich somit zur Ver-knüpfung unterschiedlicher Kompetenzen,Interessen und Lernbedürfnisse und er-möglicht einen abwechslungsreichen, akti-ven und teilnehmerorientierten Unterricht.

Food Literacy fördert schriftsprachliche undpräliterale Fähigkeiten sowie das selbstän-dige Arbeiten, das Einbringen eigener Ideensowie den Austausch innerhalb der Gruppe.Zudem werden die Teilnehmenden für dasThema Essen und Trinken sensibi lisiert undzu einer weiteren Beschäftigung mit diesemThemenbereich angeregt.

Im Überblick lassen sich folgende Ziele vonFood Literacy im Alphabetisierungskursnennen:› Verbesserung der Lese-, Schreib- und

Rechenkenntnisse sowie der präliteralenFähigkeiten

› Thematisierung von Preisen und Mengen-angaben (Preisvergleich)

› Sensibilisierung für das Thema Essen undTrinken

› Bewusstmachung der eigenen Einstellungzum Kochen, Essen oder zu bestimmtenGerichten

› Kennenlernen der Vielfalt an Lebens -mitteln, Gerichten und Zubereitungs -techniken

› Einbezug verbundener Themen (z.B. Ein-fluss der Werbung und anderer äußererBedingungen auf das eigene Essverhalten)

› Reflexion des eigenen Ess- und Einkaufs-verhaltens

› Erfolgserlebnisse/ Stärkung des Selbst-wertgefühls

› Einsatz der Übungen zur Aktivierung undFörderung der Gruppendynamik

› Steigerung der Lernmotivation › Verbesserung der Kursatmosphäre› Ergebnisse »zum Anfassen« und

Vorzeigen

zum Thema Essen und Trinken in den Unterricht einbringen. Auch Lernende, dienoch am Anfang der Alphabetisierung ste-hen, können auf diese Weise im Unterrichtzu ExpertInnen werden und ihr Wissen anandere Lernende weitergeben (z.B. im Be-reich Kochen). Diese Kompetenzorientierungerhöht die Lernfreude, erleichtert die aktiveTeilnahme am Kursgeschehen und stärktdas Selbstwertgefühl. Am Ende einer Lern-einheit können eigene Produkte entstehenund in der Gruppe vorgestellt werden. Dieskann dabei helfen, Teilnehmenden die Angstvor der Präsentation von Selbstgeschriebe-nem und Selbstgestaltetem zu nehmen.Durch die Erfolgserlebnisse bei der Herstel-lung und Präsentation eigener »Produkte«wächst die Motivation, weiter zu lernen, zuschreiben und zu lesen.

Alltagsbezug

Food Literacy liefert dem Alphabetisie-rungsunterricht somit einen direkten undkonkreten Alltagsbezug und verdeutlichtden Sinn des Gelernten. Die direkte Ver-wertbarkeit der Unterrichtsinhalte erhöhtdie Lernmotivation. Im Rahmen der Lese-und Schreibübungen zum Thema Ernäh-rung lernen die Kursteilnehmenden, neueund für den Alltag wichtige Wörter zu lesenund zu schreiben. Sie erfahren direkt, welche Erleichterung der erweiterte Wort-schatz im Alltag darstellt (z.B. beim Einkau-fen oder beim Lesen und Verstehen der Zu-tatenlisten und Zubereitungsempfehlungenauf Lebensmittelverpackungen). Auch die

Verknüpfung mit Exkursionen bietet sich an(z.B. einem gemeinsamen Besuch eines Su-permarkts, einer Markthalle oder einer Bä-ckerei). Lernen ist auf diese Weise eng mitsozialer Teilhabe verbunden, die nach aktu-ellen Forschungsergebnissen wichtige Vo-raussetzung für eine erfolg reiche Alphabe-tisierung ist.13

Binnendifferenzierung

Da Heterogenität eine häufige und wichtigeHerausforderung in Alphakursen ist, mussder Unterricht unterschiedlichen Bedürf-nissen und Interessen gerecht werden. Teil-nehmende haben unterschiedliche Kompe-tenzen im Lesen und Schreiben und sind imLernprozess unterschiedlich erfahren undselbständig. Das Thema Ernährung eignetsich für binnen differenzierten Unterricht.Zum einen können mit Hilfe unterschied -licher Lernzugänge (z.B. über Hören, Fühlen,Schmecken) verschiedene Lerntypen ange-sprochen werden. Zum anderen können dieLernenden die gleichen Inhalte sehr diffe-renziert auf unterschiedlichen Niveaustufenbearbeiten und im Rahmen der vorhande-nen Zeit zu unterschiedlichen Ergebnissenkommen. Durch die Varianz der Übungenkann ein breites Spektrum von präliteralenFähigkeiten bis hin zu Rechtschreibübun-

13 vgl. Projekt SYLBE 14 Hayn / Empacher / Halbes 2005

Page 8: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

Evaluationsergebnisse

Im Rahmen des AlBi-Projekts wurde eineFood-Literacy-Fortbildung für Kursleitendeentwickelt, durchgeführt und evaluiert.15 DieEvaluationsergebnisse zeigten eine sehr po-sitive Resonanz der Kursleitenden auf dasKonzept.

So gaben alle Befragten an, Food Literacyfür ein geeignetes Konzept für den Alphabe-tisierungs- und Grundbildungsunterricht zuhalten. Als Begründung nannten die Befragten die Bedeutung des Themas fürden Alltag, die Möglichkeit zur Sensibilisie-rung der Lernenden für das Thema Essenund Trinken, die Anwendungsmöglichkeitenfür verschiedene Zielgruppen, die vielen

E I N S AT Z V O N F O O D L I T E R A C Y 15 14 F O O D L I T E R A C Y I M A L P H A B E T I S I E R U N G S K U R S

Warum ist eine Fortbildung für Kurs leitende nötig?

Die Notwendigkeit einer Food-Literacy-Fortbildung für Kursleitende ergibt sich auf-grund mehrerer Faktoren. Zum einen ist dasFood-Literacy-Konzept erklärungsbedürftig.Zum anderen ist eine Darstellung seinerEignung für die Zielgruppe der funktionalenAnalphabeten sinnvoll. Darüber hinaus sollteKursleitenden verdeutlicht werden, dassFood Literacy nicht mit Ernährungserziehungbzw. -beratung gleichzusetzen ist. Wichtigist damit verbunden auch eine Reflexion derRolle der/s Kursleitenden.

Ein innovatives Konzept

Da Essen und Trinken sehr alltägliche The-men sind, wird ihr innovativer Gehalt für Al-phabetisierungsangebote von erfahrenenKursleitenden teilweise zunächst unter-schätzt. Das Thema Essen und Trinken hatschon immer einen Platz in der Erwachse-nenbildung bzw. Alphabetisierungsarbeit undwurde von vielen Kursleitenden bereits ge-legentlich im Unterricht verwendet: vom ge-meinsamen Essen zu bestimmten Feierlich-keiten, wie Geburtstagen bzw. religiösenFesten bis hin zu Übungen zu landeskund -lichen Ernährungsthemen.

In den meisten Fällen handelt es sich hier-bei jedoch um punktuelle Aktivitäten, die demZusammenhalt der Gruppe bzw. spezifi-schen Einzelzielen dienen. Das Fernziel vonFood Literacy, nämlich die Fähigkeit zu för-dern, den Ernährungsalltag genussvoll,selbstbestimmt und verantwortungsbewusstzu gestalten, kann mit punktuellen undnicht zielgerichteten Aktivitäten nicht er-reicht werden. In den bisher durchgeführtenFood-Literacy-Fortbildungen des AlBi-Pro-jekts zeigte sich, dass auch erfahrene Kurs-leitende das Potential des Themas nichtausgeschöpft hatten, von dem Facetten-reichtum von Food Literacy überrascht waren und neue Anregungen für ihren Un-terricht mitnehmen konnten.

Eine Fortbildung zu Food Literacy im Alpha-kurs möchte die Möglichkeiten der Syste-matisierung des Themas Essen und Trinkenim Alphakurs aufzeigen:

› Wie kann das Thema Essen und Trinkenüber einen längeren Zeitraum und für dieUmsetzung verschiedener Unterrichts-ziele eingesetzt werden?

› Welche pädagogischen Feinziele könnenmit Food Literacy gefördert werden undwelche Übungen und Methoden stehen da-für zur Verfügung?

› Wie kann über die pädagogischen Ziele hi-naus das Bewusstsein der Lernenden fürdas eigene Ess- und Einkaufsverhalten ge-fördert werden?

Möglichkeiten für den Unterricht, die Teil-nehmerorientierung und die verbindende undunverfängliche Wirkung sowie den lust -vollen und ansprechenden Charakter desThemas Essen und Trinken.

Auch zu den einzelnen Veranstaltungs -faktoren kamen positive Rückmeldungenvon den Fortbildungsteilnehmenden (sieheTabelle). Die Referentinnen und Inhaltewurden von allen Befragten sogar mit derHöchstwertung »sehr gut« beurteilt.

Insgesamt zeigte sich somit ein sehr großesInteresse der teilnehmenden Kursleitendenam Thema Food Literacy, sowie eine posi-tive Resonanz bezüglich der Relevanz dieserthemenbezogenen Fortbildung für die Un-terrichtspraxis.

15 Weitere Informationen zur Gesamtevaluation: [email protected]

Rahmenbedingungen*

Referent/innen

Inhalte

Veranstaltung insgesamt

14%43%43%

0%0%

100%

0%0%

100%

0%43%

57%

neutralpositivsehr positiv

Page 9: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

D U R C H F Ü H R U N G E I N E R F O R T B I L D U N G 17 16 F O O D L I T E R A C Y I M A L P H A B E T I S I E R U N G S K U R S

Organisation und Rahmenbedingungen

Auf Grundlage der Evaluationsergebnisseund der Erfahrungen der Food-Literacy-Ar-beitsgruppe im Rahmen des AlBi-Projektslassen sich folgende Empfehlungen für zu-künftige Fortbildungen aussprechen.

Zur Zielgruppe

Bei Fortbildungen gilt: je homogener die Se-minargruppe, umso homogener auch dieTeilnehmendeninteressen. Wünschenswertist daher eine Gruppe mit Kursleitenden miteinem einheitlichen Tätigkeitsfeld. Vor allemdie Vermischung der Tätigkeitsfelder Alpha-betisierung und Sprachunterricht (z.B.Deutsch als Fremdsprache) kann innerhalbder Seminargruppe zu Teilnehmendengrup-pierungen mit unterschiedlichen Lernzielenund -interessen führen.

Gelingt diese Eingrenzung auf ein Tätigkeits -feld, tritt auch die Notwendigkeit einer ein-heitlichen Lernendenzielgruppe (d.h. Ler-nende mit deutscher bzw. anderer Erst -sprache) in den Hintergrund. Solange es umAlphabetisierung (und nicht um Sprachunt e r -richt) geht, sind die Interessen und Bedarfeder Kursleitenden vergleichbar.

In der Weiterbildungspraxis ist die Umset-zung einer engen Zielgruppe zwar wün-schenswert, jedoch nicht immer möglich.Die berufliche Situation der Kursleitendenin Alphakursen beeinflusst die Gewinnungvon Fortbildungsteilnehmenden. Zum einensind noch immer relativ wenig Kursleitendeim Bereich der Alphabetisierung (vor allemmit Lernenden deutscher Erstsprache) tätig.Zum anderen besteht bei dieser Zielgruppeaufgrund ihrer Honorartätigkeit häufig nureine begrenzte Möglichkeit zur Teilnahmean Fortbildungen. Es kann daher sein, dasseine (inhaltlich wünschenswerte) enge Ziel-gruppe aufgrund zu geringer Teilnehmen-denzahlen aufgegeben werden muss.

Ist eine Fokussierung auf ein homogenesTätigkeitsfeld bzw. eine homogene Lernen-denzielgruppe daher nicht im gewünschtenUmfang möglich, sollte die Differenzierungder unterschiedlichen Lernziele bzw. Ler-nendenzielgruppen in der Seminarplanungberücksichtigt werden. Das im Rahmen desAlBi-Projekts entstandene Fortbildungskon -zept wurde zwar für die Alphabetisierungs-arbeit (mit Lernenden unterschiedlicherErstsprache) entwickelt, kann jedoch flexibelauf Kursleitende im Bereich Sprachunterrichtausgeweitet werden. In diesem Fall sollte imSeminarverlauf jedoch auf die deutliche Unterscheidung der unterschiedlichen Ein-satzfelder der Food-Literacy-Übungen ge-achtet werden.

I I . Durchführung einer Fortbildung zu Food Literacy im Alphakurs

Page 10: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

D U R C H F Ü H R U N G E I N E R F O R T B I L D U N G 19 18 F O O D L I T E R A C Y I M A L P H A B E T I S I E R U N G S K U R S

Moderation

Ein DozentInnenteam mit Expertisen ausErnährungswissenschaft und Alphabetisie-rung hat sich als sehr erfolgreich erwiesenund ist im Sinne der Fortbildungsqualitättrotz Mehrkosten zu empfehlen. Die Mög-lichkeit, sowohl Fragen zu konkreten The-men der Kursgestaltung als auch zu ernäh-rungswissenschaftlichen Themen an eineExpertIn aus der Praxis stellen zu können,ist wichtiges Kriterium für die Qualität derFortbildung. Die Evaluation der schon durch -geführten Fortbildung zeigte, dass auch diebefragten Fortbildungsteilnehmenden dasTeam-Teaching als wichtig empfanden. Hierwurde die Zusammensetzung des Dozentin-nen-Teams mehrfach positiv erwähnt.

Fortbildungsgestaltung

Fortbildungsziele

Ziel der Fortbildung ist es, den Innovations-gehalt des Food-Literacy-Konzepts zu ver-deutlichen, seine systematische Umsetzungim Alphabetisierungsunterricht zu ermög -lichen und die eigene Rolle als Kursleitungzu reflektieren. Durch die Fortbildung solldas didaktische Repertoire der Kursleiten-den erweitert werden, indem sie den Food-Literacy-Ansatz und Übungen aus dem Hand -buch in ihre Unterrichtspraxis integrierenund neue Zielsetzungen und Umsetzungs-möglichkeiten von themenbezogenen Übun-gen kennenlernen. Hierbei soll die profes-sionelle Reflexivität bezüglich der Anpas-sung von Materialien an die Bedürfnisse derZielgruppe(n) sowie die eigene Kreativitätgefördert werden. Zugleich werden dieKursleitenden selbst für das Thema Essenund Trinken sensibilisiert und angeregt, ihreigenes Essverhalten zu reflektieren bzw.bewusster wahrzunehmen.

Die Fortbildung möchte somit einen Beitragzur Professionalisierung des lehrendenPersonals in Alphabetisierungs- und Grund -bildungskursen leisten.

Veranstaltungsdauer

Die Erfahrungen aus der Durchführung einereintägigen Fortbildung sowie einer zweitä-gigen Fortbildung im Rahmen des AlBi-Pro-jekts bestätigten eindeutig die Vorteile einerzweitägigen Veranstaltung. Die Evaluationdieser Durchführungen zeigte eine deutlichhöhere Zufriedenheit der Befragten mit derSeminarkonzeption der zweitägigen Fortbil-dung. Während bei der eintägigen Fortbil-dung von den Befragten ein starker Wunschnach Erhöhung des Praxisanteils rück -gemeldet wurde, bestand in der zweitägigenFortbildung (mit einem zweiten Tag in Formeines praktischen Workshops) hohe Zufrie-denheit mit dem Praxisanteil. Eine zwei -tägige Fortbildung mit einem »Praxistag«ist daher zu empfehlen.

Feinziele auf unterschiedlichen Ebenen

› TN lernen das Konzept von Food Literacykennen und setzen es in Verbindung zu denBedürfnissen ihrer KursteilnehmerInnen

› TN erkennen den Themenkomplex »Essenund Trinken« als einen für ihre Kursteil-nehmerInnen relevanten sozialen Kontext,der nachvollziehbare und nachhaltige An-lässe für das Erlernen schriftsprachlicherKompetenzen und das Einüben sozialerPraktiken bietet

› TN lernen Konzeption und Aufbau desHandbuchs mit den Übungen für die Kurs-praxis in der Erwachsenenbildung kennen

› TN erproben und reflektieren ausgewählteÜbungen, die mit unterschiedlichen Ziel-setzungen in Alphabetisierung- und Grund -bildungskursen eingesetzt werden kön-nen, z.B. zum Erweitern des Wortschatzes,Schulen des logischen Denkens, Rechnenmit dem Dreisatz, zur Förderung der Krea-tivität etc.

› TN überprüfen die Umsetzbarkeit der er-probten Übungen für die eigene Praxis

› TN sichten weitere Übungen und identifi-zieren didaktische Ziele für spezifischeZielgruppen

Page 11: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

Modulübersicht

Modul 1 Kennenlernen

Modul 2 Hinführung Alphabetisierung

Modul 3 Selbsterprobung (4 Stationen)

Modul 4 Food Literacy und Alphabetisierung

Modul 5 Arbeiten mit dem Food-Literacy-Handbuch

Modul 6 Entwickeln eigener Food-Literacy-Unterrichtseinheiten

Modul 7 Einführung gesundheitsfördernde Ernährung (optional)

Modul 8 Rolle der Kursleitung

Modul 9 Evaluation

D U R C H F Ü H R U N G E I N E R F O R T B I L D U N G 21 20 F O O D L I T E R A C Y I M A L P H A B E T I S I E R U N G S K U R S

Methodik und Didaktik

Die Fortbildung sollte in didaktischer Hin-sicht vorbildlich sein, d.h. nach den didak-tisch-methodischen Prinzipien gestaltetwerden, die sie vermitteln will. Das betrifftz.B. den Aufbau der Veranstaltung, die Me-thodenvielfalt sowie die Aktivierung der Teil -nehmenden. Die Fortbildung soll zwar dieLernsituation im Unterricht widerspiegeln,aber gleichzeitig den Bedarfen und Interes-sen der Fortbildungsteilnehmenden (d.h.Kursleitenden) Rechnung tragen. MancheÜbungen, die von den Kursleitenden erprobtund anschließend für ihre Anwendung imAlphakurs reflektiert werden, können daherleicht abgewandelt bzw. mit anderen Mate-rialien durchgeführt werden, um die Kurs-leitenden auch in ihrer Rolle als Fortbil-dungsteilnehmende zu involvieren.

Das Selbsterfahren von Aktivitäten, die fürden Einsatz im eigenen Unterricht tauglichsind, ist zwar eine Grundkomponente jederpraxisorientierten Fortbildung, sichert abernicht unbedingt Nachhaltigkeit. Daher spieltdie didaktisch-methodische Reflexion nachdem Selbsterleben der Übungen eine fun-damentale Rolle, nach dem Motto »lear ningby doing and reflecting«. Die teilnehmendenKursleitenden erfahren die Food-Literacy-Übungen zunächst durch eigenes Aus -probieren aus ihrer eigenen Perspektive, re-flektieren dann aber neben dem eigenenErleben der Übungen vor allem auch dieMöglichkeiten der Umsetzung und Binnen-differenzierung für den Alphakurs. DieseReflexion ist grundlegend und daher veran-staltungsbegleitend notwendig. Das heißt,

im Idealfall wird jede durchgeführte Übungdoppelt reflektiert: Aus Sicht der Kursleiten-den als Fortbildungsteilnehmende (Teilneh-mendenperspektive) sowie im Hinblick aufihr Potential für spezifische Zielgruppen imAlphakurs (Kursleitendenperspektive). DieGestaltung der didaktisch-methodischen Re -flexion hängt von der Erfahrung und Profes-sionalität der Teilnehmenden ab.

Aufbau der Fortbildung

Der modulare Aufbau der Fortbildung kannan die konkreten Gegebenheiten angepasstwerden. Bei den Modulen handelt es sichum Themenblöcke, die im Rahmen der imAlBi-Projekt durchgeführten Fortbildungumgesetzt wurden und auf Grundlage die-ser Erfahrungen empfohlen werden können.Das optionale Modul 7 kann je nach Bedarfder Teilnehmenden durchgeführt oder weg-gelassen werden. Nicht in der Liste enthal-ten sind die Food-Literacy-Übungen, die imLaufe des Seminars sowohl zur Fortbildungs -gestaltung (z.B. zur Aktivierung nach derPause) als auch zum Kennenlernen neuerÜbungen mit den Teilnehmenden durchge-führt wurden. Der Umfang und die Kombi-nation der Module richten sich nach der zurVerfügung stehenden Zeit, der Teilnehmen-denanzahl und ihrem Vorwissen.

Die folgende Tabelle gibt einen Überblicküber Lernziele und Inhalte der einzelnenModule.

Page 12: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

D U R C H F Ü H R U N G E I N E R F O R T B I L D U N G 23 22 F O O D L I T E R A C Y I M A L P H A B E T I S I E R U N G S K U R S

Inhalte› Interview in Partner -

arbeit (Name, beruf -liche Tätigkeit, Ziel-gruppe der beruflichenTätigkeit, persönlicheFragen zum Thema Essen)

› Präsentation im Plenum

› Input zu funktionalemAnalphabetismus und zum Förder - bedarf funktionaler Analphabeten

› Eigenes Erproben vonvier verschiedenenFood-Literacy-Übungen

› Reflexionseinheit

Modul 1 Kennenlernen

2 HinführungAlphabetisierung

3 Selbsterprobung(4 Stationen)

LernzieleTeilnehmendenperspektive› Kennenlernen der Gruppe › Aktivierung› thematischer EinstiegKursleitendenperspektive› Kennenlernen einer Food-Literacy-

Übung zum Einstieg› Reflexion der Möglichkeiten ihrer

Anwendung und Binnendifferenzierungim Alphakurs

› Einüben der Adaption der Übung imAlphakurs

› Schaffen eines gemeinsamen Wissens -standes zum Thema Analphabetismusund Alphabetisierung

› Kenntnis des spezifischen Förder -bedarfs der Zielgruppe und der damitverbundenen Anforderungen an Übun-gen etwas aufzuschreiben

Teilnehmendenperspektive› Aktivierung› Reflexion: Eigene Wahrnehmung der

Übung› Bewusstwerdung der Komplexität des

Themas EssenKursleitendenperspektive› Kennenlernen einer möglichst breiten

Auswahl unterschiedlicher Food-Lite-racy-Übungen

› Reflexion: Eignung der Übung für denAlphakurs, Umsetzung und Binnen -differenzierung

Inhalte› Begriffsklärung:

Literacy, Literalitäten› Food Literacy:

Definition, Projekt und Bildungsziele

› Diskussion des Bezugszur Alphabetisierung

› Quiz zum Handbuch› Diskussion zur Über-

tragung der Übungenauf den Alphakurs

› eigene Unterrichts -einheit entwickeln

› eigene Lernziele defi-nieren

› passende Übungenauswählen oder bestehende Übungenanpassen

Modul 4 Food Literacy und

Alphabetisierung

5 Arbeiten mit demFood-Literacy-Handbuch

6 Entwickeln eigener Food- Literacy-Unterrichtsein-heiten

LernzieleKursleitendenperspektive› Kennenlernen der Begriffe »Literalität«

bzw. »Literalitäten«› Kennenlernen des Begriffs und der

Hintergründe des Projekts »Food Lite-racy« sowie dessen Bildungszielen

› Relevanz von Food Literacy für die Alphabetisierungsarbeit erkennen

Kursleitendenperspektive› Kennenlernen des Food-Literacy-

Handbuchs als Informationsquelle › Auseinandersetzung mit der Gliede-

rung des Handbuchs sowie der Beschreibung der Übungen

› Kennenlernen des Spektrums anÜbungen

› Bewusstwerdung der Notwendigkeitder Anpassung der Übungen an denAlphakurs

Kursleitendenperspektive› Umsetzung der Fortbildungsinhalte in

die eigene Praxis unterstützen› Förderung der Fähigkeit, vorhandene

Materialien für eigene Zielgruppen zuadaptieren

› Förderung der Fähigkeit zielgerichtetund systematisch umfangreiche Unterrichtseinheiten zu planen (Ziel-setzungen definieren; in konkretenUmsetzungsschritten planen; klein-schrittige Planung)

Page 13: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

A N H A N G 25

Literatur

› Döbert, Marion / Hubertus, Peter (2000)Ihr Kreuz ist die Schrift. Analphabetismusund Alphabetisierung in Deutschland.Bundesverband Alphabetisierung e.V.(Hrsg.). Online verfügbar unter: http://www.alpha-betisierung.de/fileadmin/files/Dateien/Downloads_Texte/IhrKreuz-gesamt.pdf(Stand: Nov. 2011)

› Grotlüschen, Anke / Riekmann, Wiebke(2011) Leo. – Level-One Studie. Kurz -bericht, Hamburg.

› Hayn, Doris / Empacher, Claudia / Halbes,Silja (2005): Trends und Entwicklungenvon Ernährung im Alltag. Ergebnisse einerLiteraturrecherche. Institut für sozial-ökonomische Forschung, Frankfurt.Online verfügbar: www.isoe.de/reloa-disoe.htm?personal/dhpers.htm

› Illeris, Knud (2003) Towards a contempo-rary and comprehensive theory of learning.In: International Journal of Lifelong Education, H. 4, S. 396–406.

› Lonsdale, Michele / McCurry, Doug (2004)Literacy in the New Millennium. Adelaide,NCVER.Online verfügbar:http://www.ncver.edu.au/research/proj/nr2L02.pdf (Stand: Nov. 2011)

› Müller, Claudia / Grünhage-Monetti, Ma-tilde (2008) Food Literacy – Selbstbestim-mung und Entscheidungskompetenz im

24 F O O D L I T E R A C Y I M A L P H A B E T I S I E R U N G S K U R S

Ernährungsalltag fördern. In: DEAE(Hrsg.) Forum Erwachsenenbildung, 3 / 2008, S. 48–51.

› Müller, Claudia / Groeneveld, Maike (2010)Food Literacy. Handbuch mit Übungen. aidSpecial, aid infodienst (Hrsg.).

› Müller, Claudia / Groeneveld, Maike / Büning-Fesel, Margret (2007) KulinarischeKompetenz entwickeln. Food Literacy alsQuerschnittsaufgabe für die Erwachsen e n -bildung. In: DIE Zeitschrift für Erwachse-nenbildung 3/2007, S. 46-48.

› Organisation for Economic Cooperationand Development Statistics Canada (Hrsg.)(2000) Literacy in the information age. Final report of the international adult literacy survey, S. x.Online verfügbar: http://www.oecd.org/da-taoecd/24/21/39437980.pdf (Stand: Nov.2011)

› Schlegel-Matthies, Kirsten (2005): Ernäh-rungs- und Verbraucherbildung in der Reform. In: Verbraucherzentrale Bundes-verband e. V. (Hg.): »PISA« in der Ver -braucherbildung. Sind wir alle Konsum-Analphabeten? Schriftenreihe desVer braucherzentrale Bundesverbandeszur Verbraucherpolitik, Bd. 3, S. 49–54.

› Sylbe Projekt (2011) ProjektbereicheLernberatung und Lernforschung.Online verfügbar:http://www.sylbe.de/docs/Projekt%20SYLBE_Poster%20A0.pdf, (Stand Nov. 2011)

Inhalte› Empfehlungen für die

Lebensmittelauswahl› Vorstellen der Grund-

prinzipien einer gesundheitsförderndenErnährung

› Rolle des Kursleitenden› Anregungen für die Vor-

bereitung auf möglicheProbleme, die im Alpha-kurs durch das ThemaErnährung auftreten/sichtbar werden können

› Quellen zum eigenen In-formieren und Weiter-geben

› Inhalte der Veranstal-tung bewerten und konstruktive Kritik zumAusdruck bringen

Modul 7 Einführung

gesundheits -fördernde Ernährung (optional)

8 Rolle der Kursleitung

9 Evaluation

LernzieleTeilnehmendenperspektive› Orientierungshilfe für die eigene

LebensmittelauswahlKursleitendenperspektive› Kennenlernen von Orientierungshilfen

für die Lebensmittelauswahl› Erhalt von Hintergrund-informationen

über vollwertige Ernährung nach denRegeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung

› Kennenlernen von Quellen für »verläss-liche« weiterführende Informationen

Kursleitendenperspektive› Rollenklärung› Sicherheit im Umgang mit Fragen

von Lernenden zum Thema gesundeErnährung

› Sicherheit gewinnen, wenn im Kursvon den Teilnehmenden »problema -tische« Themen (z.B. Essstörungen) angesprochen werden

› Kennenlernen weiterführender Angebote zur Beratung und Informa-tion zum Thema Ernährung

› Kennenlernen »verlässlicher« Informationsquellen

Kursleitendenperspektive› Möglichkeiten der Evaluation kennen-

lernen› Reflexion der Veranstaltung› Reflexion der Bedeutung der Inhalte

für die eigene Tätigkeit und Person

Page 14: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

A N H A N G 27

Autorinnen

Dr. Maike GroeneveldErnährungswissenschaftliche Beratung,[email protected]

Dott. Matilde Grünhage-MonettiDeutsches Institut für Erwachsenenbildung(DIE)[email protected]

Marion KlingerProjekt »Alphabetisierung und Bildung«Johannes Gutenberg-Universität [email protected]

Ines WilhelmiDipl. Sprachmittlerin Russisch-Polnisch,Kursleiterin vhs [email protected]

Abbildungsverzeichnis

Titel© RainerSturm / PIXELIO

Seite 7I. Der Einsatz von Food Literacy im Alpha-kurs: Begriffe und ArgumenteGewürzdosen © RainerSturm / PIXELIOLebensmittelregal © Kunstart.net/ PIXELIOGewürze © H-J Sengemann / PIXELIOTafel © RainerSturm / PIXELIO

Seite 16II. Durchführung einer Fortbildung zu Food LIteracy im AlphakursKassenzettel © Alexander Klaus / PIXELIOEinkaufszettel © Schemmi / PIXELIOGemüse © BettinaF / PIXELIOÄpfel © Karl-Heinz Laube / PIXELIO

26 F O O D L I T E R A C Y I M A L P H A B E T I S I E R U N G S K U R S

Links

› www.food-literacy.deInformationen zum Food-Literacy-Konzept

› www.aid.deaid infodienst

› www.albi-projekt.deInformationen zum AlBi-Projekt

› http://hvv.vhs-bildung.de/albi-alphabetisierung-und-bildungInformationen zur Food-Literacy-Fortbildung

Page 15: Food Literacy im Alphabetisierungskurs - kursportal.info · 4 FOOD LITERACY IM ALPHABETISIERUNGSKURS VORWORT 5 Vorwort Essen und Trinken betrifft jeden. Kaum ein Thema ist so alltagsnah,

Die Verbundpartner im Projekt Alphabetisierung und Bildung (AlBi)