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9lcw <;3iiitfitt teilung FEUILLETON 251-065 Donnerstag, 28. Oktober 1999 Nr. 251 65 Lesezeichen Der gefüllte Raum «Zeitfäden»: Peter Brook legt seine Lebenserinnerungen vor Der einfühlsame Blick als Voraussetzung zur Regie: Peier Brook. (Bild Peter Peitsch) Wenn ein aussergewöhnlicher Mann des Thea- ters, der über seine angelsächsische Heimat weit hinaus kam, mit Anfang 70 seine Erinnerungen publiziert, kann es spannend werden. Was hat ihn geprägt? Wem ist er begegnet? Und wie hat er seine Ziele erreicht? Mit grosser Neugier öffnet man den Buchdeckel und hofft auf anregende Ge- danken über die Welt der Bühne, natürlich prä- gnant formuliert. Wenn es nach einigen Seiten heisst, der Autor wünsche sich ein Stück, das «durch die Zeit schneidet wie ein Messer durch einen Kuchen mit mehreren Schichten», wissen wir, hier schreibt einer, der ein Anliegen hat und es zu benenne n weiss. Wir bleiben dran. Das war vor knapp zehn Jahren, das Buch hiess «Zeitkur- ven» und war von Arthur Miller. «Zeitfäden» nennt Peter Brook, der britische Regisseur und Theaterleiter, der ein Jahrzehnt jünger ist als Miller, seine Autobiographie. Das gut illustrierte Buch stellt eine schöne Ergänzung zum Band des amerikanischen Dramatikers dar, weil es Theatermachen aus der Sicht des Inszenie- Das nächste Lesezeichen: Jürgen Beckers Roman «Aus der Geschichte der Trennungen» renden beschreibt. Dass Brook einmal Millers Einwanderer-Stück «Ein Blick von der Brücke» in Szene setzte, mag ob der Zeitgenossenschaft der beiden Künstler nicht überraschen. Und doch ist es für die Interessen des Briten nur wenig reprä- sentativ. Brook, der am 21. März 1925 (am ersten Frühlingstag des Jahres, wie er gern betont) als Sohn russischer Emigranten in London geboren wurde und früh Musikunterricht erhielt, hat sich nur bis Mitte der sechziger Jahre für «realisti- sches» Theater erwärmt. Von Oxford zu Shakespeare Mit typisch britischem Understatement be- schreibt Brook, der schon als Student inszenierte, seinen Weg von der Konvention zum Experi- ment. Sein Vater, ein Pharmahersteller, aus des- sen Familiennamen «Bruk» der Passbeamte in Dover «Brook» machte, hatte Sinn für Symme- trie. «Der eine Sohn ein Arzt, der andere ein Anwalt» war seine Devise. Und da Peters Bruder Alexis in Cambridge Medizin studierte, hatte FEUILLETON Booker Prize für J. \1. Coetzee Der südafrikanische Schriftsteller J. M. Coetzee ist - als erster Autor in der Geschichte des Booker Prize - zum zweitenmal Empfänger des bedeutenden britischen Literaturpreises. 65 Dottore Piccolo Lucio Dalla Er macht Filmmusik und Fernsehshows, er betreibt eine Galeri e und ein Plattenlabel. Trotzdem hat Lucio Dalla Zeit für ein neues Album gefunden. Auf «Ciao» über- zeugt er mit elf poetischen Canzoni. 66 Der Bücherwurm als Krimiheld Der weltabgewandte Buchhändler Isaac Inchbold gerät auf der Suche nach einem besonderen Werk in geheim- nisvolle Intrigen, die eingebettet sind in die religiösen und politischen Konflikte des 17. Jahrhunderts. 67 Fondons Bestseller von 1699 Die «Abenteuer des Telemach», von Fenelon geschrie- ben mit pädagogischen Absichten - er kümmerte sich um die Erziehung des Duc de Bourgogne -, verkleiden aufklärerische Gedanken in klassizistisches Gewand. 68 Radio- und Fernsehprogramme 73, 74 Peter in Oxford Jura auszuwählen. Dass es dann Französisch, Deutsch und Russisch wurde, tolerierte der Vater; und bald war der Sohn, der die Elite-Universität wegen extracurricularer Filmaktivitäten auch einmal kurzzeitig verlassen musste, Magister der Künste. Es kam zu Regie- arbeiten am Birminghamer Repertory Theatre, und bereits 1947 führte Brook in Stratford-upon- Avon «Romeo und Julia» sowie «Love's Labour's Lost» auf. In London folgten unter anderem «Die ehrbare Dirne» und «Die Brüder Karamasow». Von 1947 bis 1950 war Brook Produktionsleiter am König- lichen Opernhaus in Covent Garden, London, wo er zum Beispiel - mit Bühnenbildern Salvador Dalls - «Salome» von Richard Strauss heraus- brachte. In den fünfziger Jahren gehörte der Regisseur, der 1951 die Schauspielerin Natasha Parry heiratete, zum Jet-set der Kulturelite und pendelte zwischen New York und Paris. Und 1962 wurde er neben Peter Hall einer der Direk- toren der Royal Shakespeare Company in Strat- ford-upon-Avon, wo er 1964, im Jahr des 400. Geburtstags von Shakespeare, das Stück zeigte, das wie kein zweites menschliche Tragik und Komik verbindet: «King Lear». Bald darauf kam der Bruch. Brook gelingt es in seinem Band, dieses Gerüst von Namen, Zahlen und Daten mit Leben zu fül- len. Es spricht für das Taktgefühl des Autors, dass er ausklammern will, was manch langweiligerem Leben erst Glamour verlieh: die Beschreibung von persönlichen Beziehungen, privatem Ärger, Familienabenteuern; ferner Gunstbezeigungen und Indiskretionen. Gleichwohl gibt Brook nicht den Geheimniskrämer; seine Versuche mit hallu- zinogenen Drogen erwähnt er ebenso wie manche Ungerechtigkeit gegenüber seinen Mitarbeitern. All dies erfahren wir aber in einem Ton, der weder entschuldigen noch aufbauschen will. Dass sich der Jude Brook rückblickend als Aussenseiter darstellt, ist kein Haschen nach Sympathie, son- dern verwundert angesichts der Geschichte nicht. Und dass Brook besonders seine Arbeitsweise verdeutlichen möchte, freut den Theaterfreund. Theater ist Theater Diese Arbeitsweise ist vor allem durch eine enorme Lernbereitschaft geprägt. Mit vielen pro- minenten Künstlern, die Brook ein Stück weit be- gleiteten, setzt er sich intensiv auseinander. Seine Charakterisierungen dieser Personen, seien es Schauspieler wie Laurence Olivier und Jeanne Moreau oder Autoren wie Jean Genet und Ted Hughes, sind knapp und stimmig. Was Brook macht, misst er an Maximen, die nicht zuletzt aus Irrungen und Wirrungen abgeleitet sind. Er merkt: Darstellende Kunst ist Leben ohne die schlaffen Anteile; Theater ist Theater, keine Syn- these aus anderen Künsten; das Erlebnis wird grosser, wenn Darsteller und Publikum denselben Raum teilen; nicht Spannung bringt die Proben voran, sondern Vertrauen; und hinter Geschmack, künstlerischem Urteil sowie kulturellen Gewohn- heiten liegen bestimmte Proportionen und Bezie- hungen, die uns berühren, weil eine besondere Gefühlsqualität zu ihrem Wesen gehört. Brook, der sich immer wieder Film- und Opernprojekten zuwandte, wäre nicht einer der weltweit angesehensten Regisseure geworden, hätte er nicht seinen zunehmend unkonventionel- len Shakespeare-Inszenierungen 1970 die Grün- dung des Pariser Theaterforschungsinstituts Cen- tre International de Recherche Theatrale (CIRT) folgen lassen. Mit einer aus aller Welt zusammen- gewürfelten Truppe nahm Brook sich viel Zeit, seine liberalen Vorstellungen vom Theatermachen zu realisieren. Die Improvisation wurde zentral; eine eigene Theatersprache, die Möglichkeiten vorsemantischen Ausdrucks nutzt («Orghast»), erregte grosses Aufsehen; Inszenierungen wie «Mahabharata» (1985) und «Der Sturm» (1990) gingen auf Welttournee. Brook arbeitete in Iran, Afghanistan sowie Nigeria - und gerade bei der Beschreibung längerer Aufenthalte in exotischen Gefilden hätte mehr Farbe dem Buch gutgetan. So erweist sich Brook auch in seiner Autobio- graphie grösstenteils als der nüchterne Träumer, als der er etwa durc h seine programmatische Schrift «Der leere Raum» (1968, deutsch 1969) auffiel. Wie dort tritt er auch hier für längere Probezeiten im Theater ein - und bleibt Vor- schläge über deren ökonomische Abfederung auf breiter Ebene schuldig. Er offenbart sich nicht als das, was er gern sein möchte: Peter Brook ist kein Feind der Theorie. Er ist ein Mann, der sich zwi- schen den Kulturen und Künsten eingerichtet hat und darüber glänzend reflektiert. Und der die Darstellung der Zeitfäden eines erfüllten Lebens durc h eine unterbrochene Chronologie klug ver- sponnen hat. Nicht nur Arthur Miller wird das zu schätzen wissen. Thomas Leuchtenmüller Peter Brook: Zeitfiiden. Erinnerungen. Aus dem Englischen von Frank Heibert. Mit zahlreichen Schwarzweissphotos. S.-Fischer-Verlag, Frankfurt 1999. 320 S Fr. 41.-. Lorbeeren für J. M. Coetzees «Disgrace» Booker Prize erstmals an einen früheren Gewinner Kommt heute in England die beste erzähleri- sche Prosa von exterritorialen Schriftstellern, deren Wiege oder Vaterhaus in den einstigen Kolonien stand? Die Frage wurde schon oft ge- stellt und war auch wieder zu vernehmen, als sich der «Evening Standard» bereits Mitte September auf «vertrauliche Informationen» bezog und ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Vikram Seth und Salman Rushdie in der Endrunde um den Booker Prize voraussagte. Doch weder Seths noch Rushdies neuster Roman war dann unter den sechs von der Jury für den Preis vorgeschla- genen Büchern; und mit J. M. Coetzee wurde nun ein Kandidat ausgezeichnet, der zwar nicht als Favorit gehandelt worden war, in interessierten Kreisen aber als herausragendster Vertreter der südafrikanischen Literatur geschätzt wird. Dass der sogenannte «Hampstead dinner party»-Roman keine Aussichten haben würde, war wohl längst jedermann bewusst. Nicht aber, dass allgemein auch der historische Roman - für Grossbritanniens Verleger und Buchhändler eine ewige Zugnummer - wenig gefragt schien. Immerhin aber hatte die Booker- Jury dieses Jahr ihre Auswahl unter 129 von den Verlegern einge- reichten neuen Romanen zu treffen, unter denen, wie es der Vorsitzende, Gerald Kaufman, aus- drückte, mindestens zehn Titel von «bedeutender Statur» waren. Namen mit Gewicht Auf der Strecke blieben mit ihren neuen Roma- nen neben Rushdie und Seth auch Anita Brook- ner, Roddy Doyle und Barry Unsworth. Statt die- ser mehr oder minder etablierten Namen fand sich ein Neuling unter den mit je 1000 Pfund aus- gezeichneten Teilnehmern der Endrunde: der Schotte Andrew O' Hagan, der nach der packen- den Sozialstudie «The Missing», die den Schick- salen von vagabundierenden oder verschwunde- nen Jugendlichen nachgeht, mit «Our Fathers» seinen ersten Roman vorlegte. O' Hagan hatte allerdings namhafte Konkurrenz: mit J. M. Coet- zee einen früheren Gewinner des Booker- Prei- ses - der Autor hatte ihn 1983 für «The Life and Times of Michael K.» erhalten -, und mit Anita Desai eine nunmehr bereits dreimalige End- rundenteilnehmerin. Coetzee gewann die Aus- zeichnung für seinen neuen Roman, «Disgrace», welcher sich - anhand der Geschichte eines Uni- versitätsdozenten, der nach der Affäre mit einer Studentin zum Rückzug aufs Land gezwungen ist und dort mit seiner Tochter von Einbrechern heimgesucht und misshandelt wird - mit dem Erbe der Gewalt in Südafrika auseinandersetzt; allerdings in der für Coetzee spezifischen Weise, die stets die politische Dimension weit transzen- diert. Desai trat mit «Fasting, Feasting» an , wel- ches den Kontrast zwischen zwei Haushalten in Indien und in Massachusetts schildert. Weiter waren der Ire Colm Töibin und die Ägypterin Ahdaf Soueif auf der Shortlist, der erstere mit «The Blackwater Lightship», der Ge- schichte dreier Frauen und eines sterbenden Aids- Kranken, die letztere mit der «The Map of Love» betitelten Chronik zweier durch Generationen ge- trennter Liebespaare. Der Sechste im Bund war schliesslich ein weiteres Schwergewicht: Michael Frayn, der, obschon vor allem als Dramatiker be- kannt, jetzt mit «Headlong» - der Intrige um einen Philosophen, der ein Gemälde als das Werk Bruegels zu erkennen glaubt und dieses dem Be- sitzer abluchsen will - bereits seinen neunten Roman geschrieben hat. Interessanterweise war dieses Jahr in den Wochen vor der Preisverleihung die übliche Kon- troverse in den Medien ausgeblieben; aber dass dies, wie es Eingeweihte wissen wollten, auf man- gelnde Qualität der auf die Shortlist gesetzten Titel zurückzuführen sei, stellte Gerald Kaufman in Abrede - von Coetzees «Disgrace» war Kauf- man gar derart angetan, dass er den Autor als «nobelpreisverdächtig» bezeichnete. Über man- gelnde Anerkennung kann sich Coetzee jedenfalls nicht beklagen: Statt am 25. Oktober in London am üblichen, mit der Preisverleihung verbunde- Joachim Sartorius In den ägyptischen Filmen Turbane jede Menge, und Augen zu zweit, wie die Mädchen in den Strassen, von Kühl umschnürt, schwarz, am schwärze- sten. «Bewahre dir die zwei ewigen Lichter in der Tiefe deiner schwarzen Augen», sagt schmachtend der Held. Wir verstehen nichts, gar nichts, nur dass er sie einlädt zu den Wegen entlang des Nils, unter die Kühle der Zweige, und dass eine schöne Frau mehr ist als ihre langen Brüste, mehr als ihr Garten, den er gleich bewässert und nicht kann. «Ich bin und werde sein, und niemand gibt es, der mir den Schleier wegreissen konnte.» So viel Zurückhaltung, feierlich und beklem- mend, erhöht noch durch das alte Zelluloid. Eine schleiergleiche Ahnung huscht über Sonnenbrillen, Rückkehr in die Kind- heit, in Kinderspiele vor dem Spiegel, es gebe nichts Schöneres als dieses Laken, dieses Haar, dieses epileptische Kindermädchen, das sich auszieht vor dem stillen Betrachter und auf ihren Schoss eine rote Katze setzt. Dann essen wir Datteln und Trauben, strahlend. Ein Zeremoniell. Diese Filme sind ein Fest. Vor dem Abspann legt der Held die Lippen in ihr schwärzestes Haar. Das ist alles. nen Abendessen teilzunehmen, war der Schrift- steller und Literaturprofessor zu einer Vorlesung nach Chicago gereist. Zwar scheint im Vergleich mit dem auf 100 000 Pfund angesetzten IMPAC Award oder schon dem mit 30 000 Pfund dotierten Orange Prize der Booker Prize mit seinen 20 000 Pfund so begeh- renswert gar nicht mehr zu sein. Doch mit der Preisvergabe ist die Rechnung noch nicht abge- schlossen: als beispielsweise 1993 Roddy Doyles Roman «Paddy Clarke Ha Ha Ha» mit dem Boo- ker prämiert wurde, verkauften sich nächsten Tages schon in der ersten halben Stunde nach der Öffnung der Buchläden 27 000 Exemplare. Und ohne den Booker Prize hätten sich wohl von Arundhati Roys «The God of Small Things» allein in Grossbritannien auch nicht stolze 300 000 Exemplare absetzen lassen. Was bedeu- tet: durch den Booker-Preis kommt die gute eng- lische Literatur nach wie vor ins Gespräch und findet den Weg in die Hände der Leser. Selbstzweifel Allerdings kann, wie es der im Jahr 1991 aus- gezeichnete Ben Okri darstellt, die Verleihung des Preises auch Selbstzweifel zur Folge haben. Noch keiner, so argumentierte Okri im vergangenen September, habe den Booker ein zweites Mal ge- wonnen - also müsse man eben mit der Einsicht leben, dass einem ein aussergewöhnlich gutes Buch nur äusserst selten gelinge. J. M. Coetzee, jetzt als erster ein zweimaliger Gewinner, darf diese Worte Okris als ein grosses Kompliment werten. Aber bereits werden in Lon- dons literarischen Kreisen auch Stimmen laut, die fragen, ob Coetzee nun wirklich besser sei als andere frühere Booker-Gewinner - oder auch jene zahlreichen anderen Autoren, die nach der Endrunde nur (wie Anita Desai nun schon drei- mal) mit einem «Trostpreis» dagestanden haben. Georges Waser Silberbögen über der Seine Auszeichnung für die Passerelle Solferino Es ist die wohl schlankste und eleganteste Brücke in Paris: Die Passerelle Solferino, die der Ingenieur und Architekt Marc Mimram zwischen dem Tuilerien-Park und der unmittelbaren Um- gebung des Musee d'Orsay gebaut hat, besteht aus zwei übereinanderliegenden, verschieden stark gekrümmten Bögen ohne Mittelpfeiler, die in der Mitte der Seine zusammentreffen. Der Uferbereich beidseits des Flusses ist zweistufig: Direkt am Wasser führt eine Promenade entlang, einige Meter höher liegt eine Strasse mit angren- zenden Gehwegen. Souverän verbindet Mimram die beiden oberen Ebenen durch den flacheren, die tiefer gelegenen Promenaden durch den stär- ker gekrümmten Bogen. Die lichte Brücke, die hauptsächlich aus Holz und Stahl besteht, hat 80 Millionen Francs gekostet und soll gegen Ende des Jahres eingeweiht werden. Schon jetzt ist ihr einer der wichtigsten französischen Architektur- preise verliehen worden, die «equerre d'argent». In der Preisjury sass unter anderen auch der letzt- jährige Preisträger, Rem Koolhaas, der sich jüngst aus der vorletzten Runde des Wettbewerbs für das in der Nähe des Eiffelturms zu errichtende Musee des arts et des civilisations zurückgezogen hat. Nach der Fertigstellung des Louvre- Museums, der Renovierun g der Tuilerien und dem Bau der Passerelle Solferino steht als nächstes Projekt im Herzen der «Ville lumiere» die Rehabilitierung der Place de la Concorde an. Sollten der Polizei- präfekt, die Stadt Paris und das Kulturministe- rium zu einer Einigung gelangen, konnte der Platz ab 2005 weitgehend autofrei werden. Marc Zitzmann Neue Zürcher Zeitung vom 28.10.1999

FEUILLETON 251-065 Donnerstag, OktoberErinnerungen_1... · 2017. 3. 8. · 9lcw

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9lcw <;3iiitfitt teilung FEUILLETON 251-065Donnerstag, 28. Oktober 1999 Nr. 251 65

Lesezeichen

Der gefüllte Raum«Zeitfäden»: Peter Brook legt seine Lebenserinnerungen vor

Der einfühlsame Blick als Voraussetzung zur Regie: Peier Brook. (Bild Peter Peitsch)

Wenn ein aussergewöhnlicher Mann des Thea-ters, der über seine angelsächsische Heimat weithinaus kam, mit Anfang 70 seine Erinnerungenpubliziert, kann es spannend werden. Was hat ihngeprägt? Wem ist er begegnet? Und wie hat erseine Ziele erreicht? Mit grosser Neugier öffnetman den Buchdeckel und hofft auf anregende Ge-danken über die Welt der Bühne, natürlich prä-gnant formuliert. Wenn es nach einigen Seitenheisst, der Autor wünsche sich ein Stück, das«durch die Zeit schneidet wie ein Messer durcheinen Kuchen mit mehreren Schichten», wissenwir, hier schreibt einer, der ein Anliegen hat undes zu benennen weiss. Wir bleiben dran. Das warvor knapp zehn Jahren, das Buch hiess «Zeitkur-ven» und war von Arthur Miller.

«Zeitfäden» nennt Peter Brook, der britischeRegisseur und Theaterleiter, der ein Jahrzehntjünger ist als Miller, seine Autobiographie. Dasgut illustrierte Buch stellt eine schöne Ergänzung

zum Band des amerikanischen Dramatikers dar,weil es Theatermachen aus der Sicht des Inszenie-

Das nächste Lesezeichen:Jürgen Beckers Roman

«Aus der Geschichte der Trennungen»

renden beschreibt. Dass Brook einmal MillersEinwanderer-Stück «Ein Blick von der Brücke» inSzene setzte, mag ob der Zeitgenossenschaft derbeiden Künstler nicht überraschen. Und doch istes für die Interessen des Briten nur wenig reprä-

sentativ. Brook, der am 21. März 1925 (am erstenFrühlingstag des Jahres, wie er gern betont) alsSohn russischer Emigranten in London geboren

wurde und früh Musikunterricht erhielt, hat sichnur bis Mitte der sechziger Jahre für «realisti-sches» Theater erwärmt.

Von Oxford zu Shakespeare

Mit typisch britischem Understatement be-schreibt Brook, der schon als Student inszenierte,

seinen Weg von der Konvention zum Experi-

ment. Sein Vater, ein Pharmahersteller, aus des-sen Familiennamen «Bruk» der Passbeamte inDover «Brook» machte, hatte Sinn für Symme-

trie. «Der eine Sohn ein Arzt, der andere einAnwalt» war seine Devise. Und da Peters BruderAlexis in Cambridge Medizin studierte, hatte

FEUILLETONBooker Prize für J. \1. CoetzeeDer südafrikanische Schriftsteller J. M. Coetzee ist - als

erster Autor in der Geschichte des Booker Prize - zumzweitenmal Empfänger des bedeutenden britischenLiteraturpreises. 65

Dottore Piccolo Lucio DallaEr macht Filmmusik und Fernsehshows, er betreibt eineGaler ie und ein Plattenlabel. Trotzdem hat Lucio DallaZeit für ein neues Album gefunden. Auf «Ciao» über-zeugt er mit elf poetischen Canzoni. 66

Der Bücherwurm als KrimiheldDer weltabgewandte Buchhändler Isaac Inchbold gerät

auf der Suche nach einem besonderen Werk in geheim-

nisvolle Intrigen, die eingebettet sind in die religiösen

und politischen Konflikte des 17. Jahrhunderts. 67

Fondons Bestseller von 1699Die «Abenteuer des Telemach», von Fenelon geschrie-

ben mit pädagogischen Absichten - er kümmerte sichum die Erziehung des Duc de Bourgogne -, verkleidenaufklärerische Gedanken in klassizistisches Gewand. 68

Radio- und Fernsehprogramme 73, 74

Peter in Oxford Jura auszuwählen. Dass es dannFranzösisch, Deutsch und Russisch wurde,tolerierte der Vater; und bald war der Sohn, derdie Elite-Universität wegen extracurricularerFilmaktivitäten auch einmal kurzzeitig verlassenmusste, Magister der Künste. Es kam zu Regie-

arbeiten am Birminghamer Repertory Theatre,und bereits 1947 führte Brook in Stratford-upon-Avon «Romeo und Julia» sowie «Love's Labour'sLost» auf.

In London folgten unter anderem «Die ehrbareDirne» und «Die Brüder Karamasow». Von 1947bis 1950 war Brook Produktionsleiter am König-

lichen Opernhaus in Covent Garden, London, woer zum Beispiel - mit Bühnenbildern SalvadorDalls - «Salome» von Richard Strauss heraus-brachte. In den fünfziger Jahren gehörte derRegisseur, der 1951 die Schauspielerin NatashaParry heiratete, zum Jet-set der Kulturelite undpendelte zwischen New York und Paris. Und1962 wurde er neben Peter Hall einer der Direk-toren der Royal Shakespeare Company in Strat-ford-upon-Avon, wo er 1964, im Jahr des400. Geburtstags von Shakespeare, das Stückzeigte, das wie kein zweites menschliche Tragik

und Komik verbindet: «King Lear». Bald daraufkam der Bruch.

Brook gelingt es in seinem Band, dieses Gerüstvon Namen, Zahlen und Daten mit Leben zu fül-len. Es spricht für das Taktgefühl des Autors, dasser ausklammern will, was manch langweiligerem

Leben erst Glamour verlieh: die Beschreibung

von persönlichen Beziehungen, privatem Ärger,Familienabenteuern; ferner Gunstbezeigungen

und Indiskretionen. Gleichwohl gibt Brook nichtden Geheimniskrämer; seine Versuche mit hallu-zinogenen Drogen erwähnt er ebenso wie mancheUngerechtigkeit gegenüber seinen Mitarbeitern.All dies erfahren wir aber in einem Ton, derweder entschuldigen noch aufbauschen will. Dasssich der Jude Brook rückblickend als Aussenseiterdarstellt, ist kein Haschen nach Sympathie, son-dern verwundert angesichts der Geschichte nicht.Und dass Brook besonders seine Arbeitsweiseverdeutlichen möchte, freut den Theaterfreund.

Theater ist TheaterDiese Arbeitsweise ist vor allem durch eine

enorme Lernbereitschaft geprägt. Mit vielen pro-minenten Künstlern, die Brook ein Stück weit be-gleiteten, setzt er sich intensiv auseinander. SeineCharakterisierungen dieser Personen, seien esSchauspieler wie Laurence Olivier und JeanneMoreau oder Autoren wie Jean Genet und TedHughes, sind knapp und stimmig. Was Brookmacht, misst er an Maximen, die nicht zuletzt ausIrrungen und Wirrungen abgeleitet sind. Ermerkt: Darstellende Kunst ist Leben ohne dieschlaffen Anteile; Theater ist Theater, keine Syn-

these aus anderen Künsten; das Erlebnis wirdgrosser, wenn Darsteller und Publikum denselbenRaum teilen; nicht Spannung bringt die Probenvoran, sondern Vertrauen; und hinter Geschmack,künstlerischem Urteil sowie kulturellen Gewohn-heiten liegen bestimmte Proportionen und Bezie-hungen, die uns berühren, weil eine besondereGefühlsqualität zu ihrem Wesen gehört.

Brook, der sich immer wieder Film- undOpernprojekten zuwandte, wäre nicht einer derweltweit angesehensten Regisseure geworden,

hätte er nicht seinen zunehmend unkonventionel-len Shakespeare-Inszenierungen 1970 die Grün-dung des Pariser Theaterforschungsinstituts Cen-tre International de Recherche Theatrale (CIRT)folgen lassen. Mit einer aus aller Welt zusammen-gewürfelten Truppe nahm Brook sich viel Zeit,seine liberalen Vorstellungen vom Theatermachenzu realisieren. Die Improvisation wurde zentral;eine eigene Theatersprache, die Möglichkeiten

vorsemantischen Ausdrucks nutzt («Orghast»),erregte grosses Aufsehen; Inszenierungen wie«Mahabharata» (1985) und «Der Sturm» (1990)gingen auf Welttournee. Brook arbeitete in Iran,Afghanistan sowie Nigeria - und gerade bei derBeschreibung längerer Aufenthalte in exotischenGefilden hätte mehr Farbe dem Buch gutgetan.

So erweist sich Brook auch in seiner Autobio-graphie grösstenteils als der nüchterne Träumer,als der er etwa d u r ch seine programmatische

Schrift «Der leere Raum» (1968, deutsch 1969)

auffiel. Wie dort tritt er auch hier für längere

Probezeiten im Theater ein - und bleibt Vor-schläge über deren ökonomische Abfederung aufbreiter Ebene schuldig. Er offenbart sich nicht alsdas, was er gern sein möchte: Peter Brook ist keinFeind der Theorie. Er ist ein Mann, der sich zwi-schen den Kulturen und Künsten eingerichtet hatund darüber glänzend reflektiert. Und der dieDarstellung der Zeitfäden eines erfüllten Lebensd u r ch eine unterbrochene Chronologie klug ver-sponnen hat. Nicht nur Arthur Miller wird das zuschätzen wissen. Thomas Leuchtenmüller

Peter Brook: Zeitfiiden. Erinnerungen. Aus dem Englischen

von Frank Heibert. Mit zahlreichen Schwarzweissphotos.S.-Fischer-Verlag, Frankfurt 1999. 320 S Fr. 41.-.

Lorbeeren für J. M. Coetzees «Disgrace»

Booker Prize erstmals an einen früheren GewinnerKommt heute in England die beste erzähleri-

sche Prosa von exterritorialen Schriftstellern,deren Wiege oder Vaterhaus in den einstigen

Kolonien stand? Die Frage wurde schon oft ge-

stellt und war auch wieder zu vernehmen, als sichder «Evening Standard» bereits Mitte September

auf «vertrauliche Informationen» bezog und einKopf-an-Kopf-Rennen zwischen Vikram Sethund Salman Rushdie in der Endrunde um denBooker Prize voraussagte. Doch weder Sethsnoch Rushdies neuster Roman war dann unterden sechs von der Jury für den Preis vorgeschla-genen Büchern; und mit J. M. Coetzee wurde nunein Kandidat ausgezeichnet, der zwar nicht alsFavorit gehandelt worden war, in interessiertenKreisen aber als herausragendster Vertreter dersüdafrikanischen Literatur geschätzt wird.

Dass der sogenannte «Hampstead dinnerparty»-Roman keine Aussichten haben würde,war wohl längst jedermann bewusst. Nicht aber,

dass allgemein auch der historische Roman - fürGrossbritanniens Verleger und Buchhändler eineewige Zugnummer - wenig gefragt schien.Immerhin aber hatte die Booker-Jury dieses Jahrihre Auswahl unter 129 von den Verlegern einge-

reichten neuen Romanen zu treffen, unter denen,

wie es der Vorsitzende, Gerald Kaufman, aus-drückte, mindestens zehn Titel von «bedeutenderStatur» waren.

Namen mit Gewicht

Auf der Strecke blieben mit ihren neuen Roma-nen neben Rushdie und Seth auch Anita Brook-ner, Roddy Doyle und Barry Unsworth. Statt die-ser mehr oder minder etablierten Namen fandsich ein Neuling unter den mit je 1000 Pfund aus-gezeichneten Teilnehmern der Endrunde: derSchotte Andrew O' Hagan, der nach der packen-

den Sozialstudie «The Missing», die den Schick-salen von vagabundierenden oder verschwunde-nen Jugendlichen nachgeht, mit «Our Fathers»seinen ersten Roman vorlegte. O' Hagan hatteallerdings namhafte Konkurrenz: mit J. M. Coet-

zee einen früheren Gewinner des Booker- Prei-ses - der Autor hatte ihn 1983 für «The Life andTimes of Michael K.» erhalten -, und mit AnitaDesai eine nunmehr bereits dreimalige End-rundenteilnehmerin. Coetzee gewann die Aus-zeichnung für seinen neuen Roman, «Disgrace»,

welcher sich - anhand der Geschichte eines Uni-versitätsdozenten, der nach der Affäre mit einerStudentin zum Rückzug aufs Land gezwungen istund dort mit seiner Tochter von Einbrechernheimgesucht und misshandelt wird - mit demErbe der Gewalt in Südafrika auseinandersetzt;allerdings in der für Coetzee spezifischen Weise,die stets die politische Dimension weit transzen-diert. Desai trat mit «Fasting, Feasting» a n, wel-ches den Kontrast zwischen zwei Haushalten inIndien und in Massachusetts schildert.

Weiter waren der Ire Colm Töibin und dieÄgypterin Ahdaf Soueif auf der Shortlist, dererstere mit «The Blackwater Lightship», der Ge-schichte dreier Frauen und eines sterbenden Aids-Kranken, die letztere mit der «The Map of Love»betitelten Chronik zweier durch Generationen ge-trennter Liebespaare. Der Sechste im Bund warschliesslich ein weiteres Schwergewicht: MichaelFrayn, der, obschon vor allem als Dramatiker be-kannt, jetzt mit «Headlong» - der Intrige umeinen Philosophen, der ein Gemälde als das WerkBruegels zu erkennen glaubt und dieses dem Be-sitzer abluchsen will - bereits seinen neuntenRoman geschrieben hat.

Interessanterweise war dieses Jahr in denWochen vor der Preisverleihung die übliche Kon-troverse in den Medien ausgeblieben; aber dassdies, wie es Eingeweihte wissen wollten, auf man-gelnde Qualität der auf die Shortlist gesetzten

Titel zurückzuführen sei, stellte Gerald Kaufmanin Abrede - von Coetzees «Disgrace» war Kauf-man gar derart angetan, dass er den Autor als«nobelpreisverdächtig» bezeichnete. Über man-gelnde Anerkennung kann sich Coetzee jedenfallsnicht beklagen: Statt am 25. Oktober in Londonam üblichen, mit der Preisverleihung verbunde-

Joachim Sartorius

In denägyptischen Filmen

Turbane jede Menge, und Augen

zu zweit, wie die Mädchen in den Strassen,von Kühl umschnürt, schwarz, am schwärze-

sten.«Bewahre dir die zwei ewigen Lichterin der Tiefe deiner schwarzen Augen»,sagt schmachtend der Held. Wir verstehennichts, gar nichts, nur dass er sie einlädtzu den Wegen entlang des Nils, unter die

Kühleder Zweige, und dass eine schöne Frau mehr

istals ihre langen Brüste, mehr als ihr Garten,den er gleich bewässert und nicht kann.«Ich bin und werde sein, und niemand gibt

es,

der mir den Schleier wegreissen konnte.»So viel Zurückhaltung, feierlich und beklem-

mend,erhöht noch durch das alte Zelluloid.Eine schleiergleiche Ahnung huschtüber Sonnenbrillen, Rückkehr in die Kind-

heit,in Kinderspiele vor dem Spiegel, es gebe

nichts Schöneres als dieses Laken, diesesHaar,

dieses epileptische Kindermädchen, das sichauszieht vor dem stillen Betrachter undauf ihren Schoss eine rote Katze setzt. Dannessen wir Datteln und Trauben, strahlend.Ein Zeremoniell. Diese Filme sind ein Fest.

Vor dem Abspann legt der Held die Lippenin ihr schwärzestes Haar. Das ist alles.

nen Abendessen teilzunehmen, war der Schrift-steller und Literaturprofessor zu einer Vorlesung

nach Chicago gereist.

Zwar scheint im Vergleich mit dem auf 100 000Pfund angesetzten IMPAC Award oder schondem mit 30 000 Pfund dotierten Orange Prize derBooker Prize mit seinen 20 000 Pfund so begeh-

renswert gar nicht mehr zu sein. Doch mit derPreisvergabe ist die Rechnung noch nicht abge-

schlossen: als beispielsweise 1993 Roddy Doyles

Roman «Paddy Clarke Ha Ha Ha» mit dem Boo-ker prämiert wurde, verkauften sich nächstenTages schon in der ersten halben Stunde nach derÖffnung der Buchläden 27 000 Exemplare. Undohne den Booker Prize hätten sich wohl vonArundhati Roys «The God of Small Things»

allein in Grossbritannien auch nicht stolze300 000 Exemplare absetzen lassen. Was bedeu-tet: durch den Booker-Preis kommt die gute eng-

lische Literatur nach wie vor ins Gespräch undfindet den Weg in die Hände der Leser.

SelbstzweifelAllerdings kann, wie es der im Jahr 1991 aus-

gezeichnete Ben Okri darstellt, die Verleihung desPreises auch Selbstzweifel zur Folge haben. Nochkeiner, so argumentierte Okri im vergangenenSeptember, habe den Booker ein zweites Mal ge-

wonnen - also müsse man eben mit der Einsichtleben, dass einem ein aussergewöhnlich gutes

Buch nur äusserst selten gelinge.

J. M. Coetzee, jetzt als erster ein zweimaligerGewinner, darf diese Worte Okris als ein grossesKompliment werten. Aber bereits werden in Lon-dons literarischen Kreisen auch Stimmen laut, diefragen, ob Coetzee nun wirklich besser sei alsandere frühere Booker-Gewinner - oder auchjene zahlreichen anderen Autoren, die nach derEndrunde nur (wie Anita Desai nun schon drei-mal) mit einem «Trostpreis» dagestanden haben.

Georges Waser

Silberbögen über der SeineAuszeichnung für die Passerelle Solferino

Es ist die wohl schlankste und eleganteste

Brücke in Paris: Die Passerelle Solferino, die derIngenieur und Architekt Marc Mimram zwischendem Tuilerien-Park und der unmittelbaren Um-gebung des Musee d'Orsay gebaut hat, bestehtaus zwei übereinanderliegenden, verschiedenstark gekrümmten Bögen ohne Mittelpfeiler, diein der Mitte der Seine zusammentreffen. DerUferbereich beidseits des Flusses ist zweistufig:

Direkt am Wasser führt eine Promenade entlang,einige Meter höher liegt eine Strasse mit angren-

zenden Gehwegen. Souverän verbindet Mimramdie beiden oberen Ebenen durch den flacheren,die tiefer gelegenen Promenaden durch den stär-ker gekrümmten Bogen. Die lichte Brücke, diehauptsächlich aus Holz und Stahl besteht, hat 80Millionen Francs gekostet und soll gegen Endedes Jahres eingeweiht werden. Schon jetzt ist ihreiner der wichtigsten französischen Architektur-preise verliehen worden, die «equerre d'argent».

In der Preisjury sass unter anderen auch der letzt-jährige Preisträger, Rem Koolhaas, der sich jüngst

aus der vorletzten Runde des Wettbewerbs für dasin der Nähe des Eiffelturms zu errichtende Museedes arts et des civilisations zurückgezogen hat.Nach der Fertigstellung des Louvre- Museums,der Renovierung der Tuilerien und dem Bau derPasserelle Solferino steht als nächstes Projekt imHerzen der «Ville lumiere» die Rehabilitierungder Place de la Concorde an. Sollten der Polizei-präfekt, die Stadt Paris und das Kulturministe-rium zu einer Einigung gelangen, konnte derPlatz ab 2005 weitgehend autofrei werden.

Marc Zitzmann

Neue Zürcher Zeitung vom 28.10.1999