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H. HAAS: Experimentelle Untersuchungen mit Hautreizstoffen. 187 H. HAAS (Bonn): Experimentelle Untersuchungen mit Hautreizstolfen. Die Hautreizstoffe SenfSl, Kantharidin, Terpentin61 und KrotonSl, sowie auch die Krotonsiiure bewirken etwa gleichlaufend mit dem Anstieg des Histamingehaltes eine Xnderung der Kapillarresistenz und Perme- abilit~t sowie einen Leukozytensturz. Die atmungs- und glykolyse- beeinflussenden Konzentrationen fallen nahezu mit den schmerzwirk- samen Grenzdosen an der menschlichen Schleimhaut zusammen. Beim SenfS1, Kantharidin und TerpentinS1 geht den atmungs- bzw. glykolyse- hemmenden Konzentrationen ein Anstieg der anaeroben Glykolyse voraus. Beim KrotonS1 und der Krotonsi~ure ist zus~tzlich und parallel zur Glykolysesteigerung eine Zunahme der Atmungsvorg/~nge nachweisbar. Demgegeniiber bewirken Histamin und Dionin, die in den oberen wirksamen Grenzkonzentrationen an der menschlichen Haut vorwiegend juckreizend wirken, nur eine Abnahme der Kapillarresistenz. Der Leukozytensturz bleibt aus. Beim Veratrin sind praktisch nur nervSse Reizempfindungen nachweisbar. Die Beeinflussung der Kapillarfunk- tion ist minimal. Die atmungs- und glykolysehemmenden Konzentra- tionen liegen bei diesen Stoffen weir unterhalb den schmerzwirksamen Dosen. Beim Subtimat und Arsen treten dagegen die subjektiven Reiz- erscheinungen erst weir unterhalb des Dosierungsbereiches auf, bei dem diese StoffeAtmung und Glykolyse beeinflussen. Bei beiden Substanzen ist die anaerobe Glykolyse in einem Konzentrationsbereich gesteigert, wo die Atmung schon unter der Norm liegt. Die Gef~Be werden selbst beim Arsen relativ wenig beeinfluBt. Es ist demnach offenbar nicht gleichgfiltig, ob die Apphkation des Arsens vom Gefii$raum aus oder extravasal erfolgt. Der Histamingehalt der Haut ist unveriindert. Dies gilt auch ffir die Milch- und Ameisens~ure. Die Kapillarreaktion ist bei der S~ureeinwirkung im wesentlichen auf die Umgebung des Appli- kationsbezirkes beschr~nkt. Atmung und anaerobe Glykolyse werden wiederum etwa yon den gleichen Konzentrationen gest6rt, bei denen die ersten Reizerscheinungen am Auge sich subjektiv bemerkbar machen. Bei der Ameisens~ure geht der Hemmung yon Atmung und Glykolyse ein Anstieg der aeroben und anaeroben Umsetzungen voraus. Methodik. Bestimmung der Kapillarresistenz am Menschen bei Anwendung eines gleichm~fligen Unterdrucks yon 200 mm ttg. Messung der Kapillarpermeabilitiit an der Ratte mittels Trypanblauausscheidung an der 'behande]ten:Rtickenhaut nach intraperitonealer Injektion des Farbstoffes. Bestimmung des Leukozytengehaltes in der Fingerbeere beim Menschen und im Sehwanzvenenblut der Ratte. Messung der Atmung und der anaeroben Glykolyse an der Mi~useleber naeh der Methode yon WARBURG. Ermittelung der Reizwirkung am Nerven

Experimentelle Untersuchungen mit Hautreizstoffen

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Page 1: Experimentelle Untersuchungen mit Hautreizstoffen

H. HAAS: Experimentelle Untersuchungen mit Hautreizstoffen. 187

H. HAAS (Bonn): Experimentelle Untersuchungen mit Hautreizstolfen.

Die Hautreizstoffe SenfSl, Kantharidin, Terpentin61 und KrotonSl, sowie auch die Krotonsiiure bewirken etwa gleichlaufend mit dem Anstieg des Histamingehaltes eine Xnderung der Kapillarresistenz und Perme- abilit~t sowie einen Leukozytensturz. Die atmungs- und glykolyse- beeinflussenden Konzentrationen fallen nahezu mit den schmerzwirk- samen Grenzdosen an der menschlichen Schleimhaut zusammen. Beim SenfS1, Kantharidin und TerpentinS1 geht den atmungs- bzw. glykolyse- hemmenden Konzentrationen ein Anstieg der anaeroben Glykolyse voraus. Beim KrotonS1 und der Krotonsi~ure ist zus~tzlich und parallel zur Glykolysesteigerung eine Zunahme der Atmungsvorg/~nge nachweisbar.

Demgegeniiber bewirken Histamin und Dionin, die in den oberen wirksamen Grenzkonzentrationen an der menschlichen Haut vorwiegend juckreizend wirken, nur eine Abnahme der Kapillarresistenz. Der Leukozytensturz bleibt aus. Beim Veratrin sind praktisch nur nervSse Reizempfindungen nachweisbar. Die Beeinflussung der Kapillarfunk- tion ist minimal. Die atmungs- und glykolysehemmenden Konzentra- tionen liegen bei diesen Stoffen weir unterhalb den schmerzwirksamen Dosen.

Beim Subtimat und Arsen treten dagegen die subjektiven Reiz- erscheinungen erst weir unterhalb des Dosierungsbereiches auf, bei dem diese StoffeAtmung und Glykolyse beeinflussen. Bei beiden Substanzen ist die anaerobe Glykolyse in einem Konzentrationsbereich gesteigert, wo die Atmung schon unter der Norm liegt. Die Gef~Be werden selbst beim Arsen relativ wenig beeinfluBt. E s ist demnach offenbar nicht gleichgfiltig, ob die Apphkation des Arsens vom Gefii$raum aus oder extravasal erfolgt. Der Histamingehalt der Haut ist unveriindert. Dies gilt auch ffir die Milch- und Ameisens~ure. Die Kapillarreaktion ist bei der S~ureeinwirkung im wesentlichen auf die Umgebung des Appli- kationsbezirkes beschr~nkt. Atmung und anaerobe Glykolyse werden wiederum etwa yon den gleichen Konzentrationen gest6rt, bei denen die ersten Reizerscheinungen am Auge sich subjektiv bemerkbar machen. Bei der Ameisens~ure geht der Hemmung yon Atmung und Glykolyse ein Anstieg der aeroben und anaeroben Umsetzungen voraus.

Methodik. Bestimmung der Kapillarresistenz am Menschen bei Anwendung eines gleichm~fligen Unterdrucks yon 200 mm ttg. Messung der Kapillarpermeabilitiit an der Rat te mittels Trypanblauausscheidung an der 'behande]ten:Rtickenhaut nach intraperitonealer Injektion des Farbstoffes. Bestimmung des Leukozytengehaltes in der Fingerbeere beim Menschen und im Sehwanzvenenblut der Ratte. Messung der Atmung und der anaeroben Glykolyse an der Mi~useleber naeh der Methode yon WARBURG. Ermittelung der Reizwirkung am Nerven

Page 2: Experimentelle Untersuchungen mit Hautreizstoffen

188 H. HAAS: Beeinflussung des Juckreizes durch Antistin und Aludrin.

durch Austes tung der oberen wirksamen Grenzkonzentra t ion an der Schleimhaut des Auges.

Diskussion. FL]~CKE:NSTEIN betont, dab in voller L'bereinstimmung mit dem Vortragenden Beziehungen zwischen Entzfindung und Hemmung des Kohlen- hydratstoffwechsels bestehen gema~ eigenen Feststellungen fiber die Beein- flussung des Stoffwechsels durch entzfindungserregende Allylverbindungen sowie durch ungesattigte Verbindungen und durch zahlreiehe halogen- und amen- haltige Entztindungsgifte. Es sind dies primare Gifte ffir die desmolytischen Prozesse, die auch in ttefesuspensionen noch in millionenfacher Verdfinnung hemmend auf die aeroben und anaeroben Umsetzungen wirken. Das Fehlen einer stoffwechselhemmenden Wirkung des Histamins in entziindungswirksamen Konzentrationen wird bestatigt.

K1ESE bezeichnet es als auffallend, dab die Steigerung der anaeroben Glykolyse ohne Steigerung des Sauerstoffverbrauchs einhergeht. Er halt eine spezielle Stoffwechselwirkung ffir wahrscheinlich, da allgemeine Schadigungsreaktionen zur Steigerung beider Vorgange fiihren.

Eine Steigerung des Sauerstoffverbrauehs als Folge einer Seh~digung ist, so betont HEaKEN, an ausreichende Glykogenreserven gebunden. Bei der hiermit verbundenen aeroben Glykoly~ muff man zwischen Glykogenolyse und Glykolyse unterscheiden (Trennung m6glich dutch Einwirkung yon Oxalat bzw. Fluorid). Es sei richtiger, die zweite Form der Glykolyse als charakteristisch ffir echten Sehadigungsstoffwechsel zu bezeichnen, bei dem das Gewebe die Fahigkeit zur Glykogensynthese verliert. Eine ErhShung der aeroben Glykolyse ist dagegen nach DIRSC~rERL nicht immer auf eine Gewebsschadigung zuriickzuffihren. Sexual- hormone steigern in minimalen Konzentrationen die aerobe Glykolyse, erst in hSheren Konzentrationen aueh die Atmung. Diese Veranderungen sind reversibel, weshalb es sich hierbei nieht um Gewebsschadigungen handeln kann.

HOLTZ (Rostock) halt es ffir mSglich, dal~ die aerobe Glykolyse dureh Frei- werden yon SH-Gruppen in der Haut unter dem EinfluB yon Hautreizen zustande kommt. Hinweis auf Steigerung der aeroben Garung durch Hefezellen bei Zusatz von Cystein.

H~uB~R bringt Hinweise auf die Untersuchungen yon JANCSO, die die Bedeutung des Histamins ffir die Phagocyt~se gezeigt haben. Ferner ist nach neueren ungarischen Befunden eine Scheidung der schmerzempfindliehen yon den tastempfindlichen Rezeptoren in der tIornhaut mSglich; nur die letzten bewirken den Lidschlag.

Zum Schlul3 noch ein Hinweis von RVMM]~L auf die Theorie yon BACQ iiber (lie Wirkungsweise yon Vesikantien.

H. HAAS (Bonn) : ~ber die Beeinilussung des Juckreizes durch Antist in und Aludrin. His tamin (1 : 1000), Dionin (1 : 1000), Morphin (1 : 100000) und

Koffein (1:100) erzeugen nach der Appl ikat ion auf die punktfSrmig verletzte H a u t Juckreiz, RStung und Quaddelbfldung. Ebenso bewirkt Acetylcholin bei gleicher Applikat ion in hohen Konzen t ra t ionen (1:5 und 1:20) leichtes Jucken. Bei der Berfihrung der Brennessel t r i t t zun/~chst ein brennender Schmerz auf, dem naehtr/~glich Jucken folgt. Ahnliche Reakt ionen 15st in Best~tigung der Befunde von EM~ELI~-