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Ekklesiologie und Ökumene Vorlesung WS 2003/04

Ekklesiologie und Ökumene Vorlesung WS 2003/04. Definitionen und Grundlegendes Ökumene wird im engeren Sinne als innerchristliche Ökumene verstanden

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Ekklesiologie und Ökumene

VorlesungWS

2003/04

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Definitionen und Grundlegendes Ökumene wird im engeren Sinne als

innerchristliche Ökumene verstanden. Ekklesiologie ist Grundlagentheorie der

Praktischen Theologie und gleichzeitig Bestandteil von Systematischer und praktischer Theologie.

Die Hauptunterschiede zwischen den Konfessionen sind Unterschiede in der Ekklesiologie.

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Karl von Hase: Polemik (1862) Karl von Hase: Handbuch

der protestantischen Polemik gegen die römisch-katholische Kirche. Leipzig 1862.

Der Hauptgegensatz zwischen römischer und protestantischer Kirche liegt in der Ekklesiologie.

Die römische Kirche hat Tendenz, sich mit der wahren Kirche zu identifizieren, während die protestantische die Differenz zum Ideal betont.

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Semesterprogramm I A. Bestandsaufnahme, Gegenwart,

Geschichte und Zukunft der Kirche

2 Thesen zur Einführung: - Zeitkritik und Resoucement durch die katholische Theologie der Gegenwart

„Kirche“ in der Welt von heute – eine Bestandsaufnahme

Stationen der Kirchenspaltung – Stationen der ökumenischen Bewegung

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Semesterprogramm II B. Ekklesiologie der offiziellen Dokumente

1. Nizäa (Nikaia) 2. Die lutherischen Bekenntnischriften 3. Reformierte und freikirchliche

Bekenntnisse 4. Die katholische Lehre nach dem 1. und

2. Vaticanum 5. Das ÖRK-Dokument: Nature and

Purpose of the Church

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Semesterprogramm III C. Die Kirche in der Bibel

D. Die Kirche in theologischen Entwürfen der Gegenwart

Tillich Moltmann Befreiungstheologie

E. Zusammenfassung und Konsequenzen

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1. bis 3. Treffen: 2 Hypothesen als Ziel

der Vorlesung

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Ausgangspunkt: Die Situation in den neuen Bundesländern

verlangt ein besonderes Nachdenken über die Kirche.

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Prozentzahlen der Protestanten in Ost- und Westdeutschland

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Aktuelle Gesamtzahlen für D (1997) Protestanten:

- Lutheraner 13,57 Mill. - Unierte 13,41 Mill. - Reformierte 0,41 Mill.

- Freikirchen (Methodisten, Baptisten, usw.) 1,9 Mill.

- Protestanten in Ostdeutschland (ca. 4 Mill. von 16 Mill. Einwohnern)

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Gesamtzahlen für D (1997) Katholiken: - Römisch-katholisch: 27,38 Mill. - Altkatholisch: 25.000 - Katholiken in Ostdeutschland: ca. 1 Mill.

Orthodoxe (Wohnbevölkerung): 0,85 Mill.

Juden: 54.000

Muslime (Wohnbevölkerung): 2,3 Mill.

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Entwicklung der katholischen Kirche in D

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Weitere Folgerungen Nach dem Ende der staatlichen Unterdrückung in

der DDR sind die Menschen nicht in die Kirchen eingetreten. Ja die Kirchen haben noch an Mitgliedern verloren.

Die katholische Kirche war wesentlich stabiler als die evangelischen Kirchen. Wegen dieser Stabilität (auch in NL und CH) ist sie inzwischen fast ebensogross wie die protestantischen Kirchen.

Beide Vorgänge stellen die Frage nach einer theologischen Bewertung.

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Folgerungen aus der Statistik: 1. Die Mitglieder einer christlichen Kirche sind in

Ostdeutschland eine Minderheit, die unter einem Drittel der Bevölkerung liegt.

Deutschland als ganzes ist aus einem Land, in dem fast alle Bewohner Kirchenmitglieder waren (1920: 97,6% Mitglieder einer christlichen Kirche) innerhalb von 80 Jahren zu einem „konfessionellen Drittelland“ geworden (wie die NL und viele Kantone der Schweiz): ca. 35,9% sind Protestanten (mit Freikirchen); ca. 33,4% sind Katholiken; ca. 27% der Bevölkerung sind konfessionslos.

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Erste Hypothese 1. Die protestantische Kirchen in der Zeit

der DDR hatten eine Linie gefunden, die trotz staatlichem Druck etwa ein Viertel der Bevölkerung motiviert hat, den Kirchen treu zu bleiben. In der gegenwärtigen kapitalistischen Situation fehlt eine Linie, durch die die protestantischen Kirchen trotz fehlendem Druck von außen ihre Mitglieder binden und neue (oder frühere) Mitglieder gewinnen könnte.

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Zweite Hypothese 2. Die katholische Kirche hat es

verstanden, bei ihren Mitgliedern einen stärkeren Sinn für die Kirche zu wecken. Dies ist möglicherweise auch in ihrer Theologie, genauer in ihrer Ekklesiologie, begründet. Es könnte sein, dass man von der katholischen Ekklesiologie etwas lernen kann, was uns fehlt.

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Erste Hypothese 1. Die protestantische Kirchen in der Zeit

der DDR hatten eine Linie gefunden, die trotz staatlichem Druck etwa ein Viertel der Bevölkerung motiviert hat, den Kirchen treu zu bleiben. In der gegenwärtigen kapitalistischen Situation fehlt eine Linie, durch die die protestantischen Kirchen ohne Druck von außen ihre Mitglieder binden und neue (oder frühere) Mitglieder gewinnen könnte.

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Text zur ersten Hypothese Karl Barth: Brief an einen Pfarrer in der

DDR (1958) Michael Welker: Kirche ohne Kurs? (1987)

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Karl Barths Brief an einen Pfarrer in der DDR (1958) Weiterführend: - Ostlöwe und Westlöwe - Konzentration auf das Wort Gottes - Gelassenheit gegenüber dem Atheismus Problematisch: - Loyalität und theologische Verklärung für

totalitären Staat - Gegen Öffentlichkeitsanspruch der Kirche

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Ekklesiologisches Defizit der evangelischen Theologie Kritik der „Heilsanstalt“ in der liberalen,

wie in der Dialektischen Theologie (Heussi, Bultmann, u.a.)

Extrembeispiel: Emil Brunner, Das Missverständnis der Kirche (Zürich/Stuttgart 1951)

Reiner Aktualismus des Wortes Gottes – Kein Sinn für die Institution

Dazu kritisch: Jean-Louis Leuba, Ereignis und Institution (rezipiert bei Pannenberg)

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EKD: Strukturbedingungen der Kirche auf längere Sicht Weiterführend: - Missionarische Kompetenz

Problematisch: - starke Beschränkung wissenschaftlicher

Ausbildung -Selbstwiderspruch, da Kirchaustritte der

„intellektuell Anspruchsvolleren“ zu beklagen sind.

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EKD-Studie: Christsein gestalten (1986) Hochrechnung: Bis 2030 haben die Evangelischen Kirchen in D

(West) nur noch 12 bis 13 Millionen Mitglieder Durch Bevölkerungsschwund und Kirchenaustritte

verlieren die Evangelischen Kirchen in D in 10 Jahren 3 Millionen Mitglieder.

Das Kirchensteueraufkommen wird auf ca. 45 % des Niveaus von 1980 absinken.

Die nötige Aufgabe von kirchlichen Diensten wird möglicherweise die Austrittswelle verstärken (negative Rückkopplungseffekte).

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EKD-Studie: Christsein gestalten (1986) Weiterführend: - Betonung der Rolle der

Traditionsvermittlung in den Familien Problematisch: - Hinnahme der Hochrechnung als

Schicksal, ohne Ursachenforschung und ohne Perspektiven, was anders zu machen wäre

- Kein theologisches Verständnis der Situation

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Michael Welker: Kirche ohne Kurs? (1987) Kritisiert alle diese Punkte, auch die Betonung der

Familie als Tradentin von Glaube. Eigene Vorschläge: - Interpretation der Situation des Menschen als

„eingefangen in Gesetzlichkeiten“ - Predigt der evangelischen Freiheit - Kirche als Öffentlichkeit eigener Art, die den

Medien durch größeren Realitätsbezug und zeitliche Dauer ihrer Themen überlegen ist.

- Notwendigkeit der ökumenischen Dimension

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EKD-Studie: Christsein gestalten (1986) Problematisch: - Hochschätzung der Volkskirche, weil sie

Distanznahme zum Glauben erlaubt („Institution der Freiheit“)

- Abwertung von Gemeindeaufbaukonzepten

- Interpretation der Kirchaustrittswelle als Folge autonomer Entscheidungsprozesse des nicht mehr traditional gebundenen Individuums

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Michael Welker: Kirche ohne Kurs? (1987) - Ausgehend von den Erwartungen an die Kirche in

„Christsein gestalten“: Verstärktes Engagement im Problem Arbeitslosigkeit; stärkere Unterstützung von Bürgerinitiativen; Frieden; Dritte Welt; Zeitnahere Verkündigung; bessere diakonische Betreuung

- Forderung einer Kirche als „polyzentrische, polykontextuelle Gemeindekirche“ (Leib Christi, Charismen)- Problematisch: Starke Relativierung des kirchlichen Amtes.

- Anerkennung des Unterschieds von Starken und Schwachen in der Gemeinde und gegenseitiger Takt (R 14)

- Konkreter Einsatz für die Armen („Erbarmensgesetz“). - Erziehungsziel: Starke Persönlichkeiten

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Konsequenzen: - Theologie treiben und Gottes Wort verkündigen ist

entscheidend für Kirche - Kritische theologische Interpretation des „Westlöwen“ und

seiner Gesetzlichkeiten und der Selbstgefährdungsdynamiken von Individualismus und technischem Fortschritt

- Vermittlung des Glaubens in den Familien und durch Traditionen verstärken

- Behauptung der Kirche als Öffentlichkeit gegenüber der massenmedial präparierten Wirklichkeit

- Gelassenheit gegenüber dem Atheismus - Frage nach missionarischer Kompetenz - Stärkere ökumenische Vernetzung

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2. Hypothese: 2. Die katholische Kirche hat es

verstanden, bei ihren Mitgliedern einen stärkeren Sinn für die Kirche zu wecken. Dies ist möglicherweise auch in ihrer Theologie, genauer in ihrer Ekklesiologie, begründet. Es könnte sein, dass man von der katholischen Ekklesiologie etwas lernen kann, was uns fehlt.

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Beiträge der katholischen Theologie Tradition einer Argumentation für die Kirche

(demonstratio catholica der Fundamentaltheologie) – Bsp. Jürgen Werbick: Den Glauben verantworten – Eine Fundamentaltheologie

Verständnis der Kirche als Institution des Heils – Bsp. Heribert Mühlen: Una mystica persona

Analyse des Teufelskreises des Individualismus – Bsp. Mysterium liberationis und die Communio-Ekklesiologie (2. Vat., Dennis Doyle)

Kirche als Weltkirche Spiritualität der Orden

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Traktate der katholischen Fundamentaltheologie Demonstratio religiosa – T. Religion T. Offenbarung : zw. D. religiosa und

christiana Demonstratio christiana – T. Heil Demonstratio catholica – T. Kirche

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Jürgen Werbick: Den Glauben verantworten. Freiburg 2000 Kirchenkritik : - Kirche als „Hure Babylon“ - Kirche als Antichrist: Verrat an der apokalyptischen

Botschaft Jesu und an der Nachfolge (Kierkegaard, Nietzsche)

- Grundsätzliche Frage, ob Kirche möglich sei. - Verweis auf das Volk Gottes auch in der Umgebung Jesu

und auf die Gegenwart des Reiches Gottes in sozial-geschichtlicher Gestalt

- Verweis auf historisch-soziologische Notwendigkeiten (Ausgrenzungen, Herrschaft, Institutionalisierung)

- Aber keine Rechtfertigung aller institutionell gewordenen Gestalten (Laien als bloße „Objekte“ des Heilshandelns)

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Heribert Mühlen: Una mystica persona (1964) Suche nach der ekklesiologischen Grundformel Synthese von Volk Gottes und Leib Christi –

Metapher Ratzinger LThK: Kirche ist „das Volk Gottes, das

vom Leibe Christi lebt und in der Eucharistiefeier selbst Leib Christi wird“

Bellarmin: „Ecclesiam unam tantum esse, non duas, et illam unam et veram esse coetum hominum eiusdem christianae fidei professione, et eorundem Sacramentorum communione colligatum, sub regimine legitimorum pastorum, ac praecipue unius Christi in terris Vicarii Romani Pontificis“ (De conciliis 3, 2)

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Heribert Mühlen: Una mystica persona (1964) Johann Adam Möhler: „So ist denn die sichtbare

Kirche der unter den Menschen in menschlicher Form fortwährend erscheinende, stets sich erneuernde, ewig sich verjüngende Sohn Gottes, die andauernde Fleischwerdung desselben, so wie denn auch die Gläubigen in der Hl.Schrift der Leib Christi genannt werden“ (Symbolik § 36)

„Die Gesamtheit der Gläubigen, die Kirche, die er (sc. Der Hl. Geist) gebildet, ist dadurch, dass er sie erfüllt, der unversiegliche, sich stets erneuernde und verjüngende Schatz des neuen Lebensprinzips“ (aaO)

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Karl von Hase: Polemik (1862) Gegen Adam Möhler Katholische Kirche

präsentiert sich als Zweiter Christus

Deshalb maßt sie sich göttliche Prädikate an.

Die Kirche steht immer Christus gegenüber

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Heribert Mühlen: Una mystica persona (1964) Ekklesiologische Grundformel: Die Kirche ist der Ort, an dem „eine Person (Hl. Geist) in

vielen Personen (Christus und uns)“ Gestalt wird. Die Salbung Christi mit dem Hl. Geist setzt sich in der

Kirche fort. Kirche als „corporate personality“, „Groß-Ich“ Keine naturhaftes Einfließen der Gnade, sondern „per solam

personalem actionem ipsius Christi“ (Thomas v. Aquin STh III a 8 q 5 ad1)

Öffnung für Ökumene: Unterscheidung Gott und Kirche trotz Zusammengehörigkeit betont.

Kein Rekurs auf rechtliche oder rechtlich-eucharistische Zusammenhänge

Dennoch Heilsgegenwart vom Hl. Geist her gedacht.

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Mysterium liberationis (1990) Konkrete geschichtliche Funktion der Kirche: als Zeichen

und Instrument der Befreiung der Armen im lateinamerikanischen Kontext

Theologische Lektüre der gesellschaftlichen Situation: das „gekreuzigte Volk der Armen“, Analogien zur Zeit Jesu, dependencia, gemeinschaftszerstörende Folgen des Individualismus als circulus vitiosus (M.Légaut)

„Entprivatisierung des Glaubens“ (J.B.Metz), Selbstwerdung in Gemeinschaft

Basisgemeinden Pfarrer als „organischer Intellektueller“: Sehen – Urteilen - Handeln Befreiung des Einzelnen zum Subjekt seiner Geschichte Kirche als „Sakramentum liberationis“

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Zwischenbilanz Werbick: Selbstrelativierung der Kirche

und dennoch Ort des neuen Lebens Mühlen: Kirche vom Hl. Geist her denken Befreiungstheologie: Kirche als geistliche

Communio/Koinonia – Leib Christi, ausgehend vom Abendmahl hinführend zur Diakonie (keine Trennung) und zu einem gesellschaftlichen Ort der Kirche: Heilwerden in der Geistgemeinschaft und Evangelisierung von Situationen der „Gottferne“.

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Wolfhart Pannenberg, ST III These: eine Einigung der Kirchen wäre auf

der Basis einer Communio-Ekklesiologie schon heute möglich !

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Karl von Hase: Polemik (1862) Schön wäre es. Aber

ich sehe keine Zukunft der Vereinigung der Kirchen in absehbarer Zeit.

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Dennis Doyle: Communion-Ecclesiology. Maryknoll 2000 Varianten der Communio-Ekklesiologie 1. Römisch: Weltweite, sichtbare, durch Ämter

organisierte Communio 2. Rahnerisch: Öffnung zur Welt als Sakrament 3. Balthasarisch:Einzigartigkeit der Kirche und der

ästhetische Charakter der Offenbarung 4. Befreiungstheologisch: Politische Folgen der

Communio 5. Kontextuell-theologische Variante 6. Ökumenische Variante: Reform der

katholischen Sicht

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Kirche als Weltkirche Evangelische Landeskirchen neigen zum

Provinzialismus In der katholischen Kirche gibt es

vielfachen weltweiten Austausch (Hilfswerken wie Adveniat, Aktivitäten der Orden, Reisen des Papstes usw.)

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Orden in der katholischen Kirche Viel größere Binnenpluralität in der

katholischen Kirche als in der evangelischen.

Besondere Spiritualität der Orden: Benediktiner: Regel, Ora et labora Franziskaner: Armut Dominikaner: Predigerorden Jesuiten: ignatianische Exerzitien;

Gelehrsamkeit, Gegenreformation Karmeliter u.a.: Schweigen, Meditation

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Konsequenzen aus 2. Hypothese Die evangelische Ekklesiologie kann vieles

von der katholischen lernen:

1. Kirchenkritik sollten Protestanten Ernst nehmen.

2. Bei allem Recht der Unterscheidung zwischen Gott und Kirche, ist die Kirche als Ort der Gegenwart des Heils und des Heiligen Geistes zu verstehen.

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Konsequenzen aus der 2. Hypothese 3. Die Befreiungstheologie ist ein Modell wie

Kirche eine Rolle in der Gesellschaft finden kann: Heilwerden in kleinen (Basis-)Gemeinschaften; von Eucharistie ausgehende Aktion (Diakonie, Evangelisierung, Mission).

4. Weltweite ökumenische Kontakte! 5. Gelebte Spiritualität ist essentiell für die

Kirche. Dabei ist eine Pluralität der Formen und die Freiheit zwischen sehr unterschiedlichen Formen zu wählen positiv zu sehen.

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Festzuhalten aus Teil 1: Ein theologisches Verständnis der Wirklichkeit, in

der wir leben, ist entscheidend für die Zukunft der Kirche.

Ein vertieftes theologisches Verständnis der Kirche ist notwendig.

Beides zusammen führt dahin, dass die Kirche besser ihren Ort und ihre Aufgaben in der Welt findet.

Zahlen und Statistiken sind untergeordnet gegenüber der Verkündigung und der Realisierung des Heils.