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Blindtext 0 Blindtext 0 Ausgabe Februar 2010 Intensive Teilhabe am Arbeitsleben, S. 14 Interdisziplinäre Frühförderung, S. 16 Historische Aufarbeitung, S. 3 Impressum Durchblick, Leben und Arbeiten im Wittekindshof, Zeitschrift der Diakonischen Stiftung Wittekindshof Herausgeber: Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke, Theologischer Vorstand (v.i.S.d.P.) Redaktion: Klaus Schuhmacher Zur Kirche 2, 32549 Bad Oeynhausen Tel.: (0 57 34) 61-11 30 Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 12.05.2010 Fotos: Anke Marholdt (Titel, S. 1, S. 9, S. 10, S. 16, S. 17, S.19, S. 22, S. 23) Klaus Schuhmacher (S. 1, S. 12. S. 13, S. 14, S. 15, S. 20, S. 21, S. 23) Archiv Wittekindshof (S. 1, S. 3, S. 4, S. 5, S. 6, S. 7, S. 8, S. 9, S. 20) Privat (S. 15, S. 16) Westfalen-Blatt (S. 21) Texte: Die nicht namentlich gekennzeichneten Texte wurden erstellt von Anke Marholdt, Pressesprecherin, sowie Klaus Schuh- macher und Ella Buresch. Auswahl und Redaktion: Klaus Schuhmacher Satz und Layout: amadeo Marketing & Design Druck: Druckerei + Verlag, Kurt Eilbracht GmbH & Co. KG, Löhne Versand: Wittekindshofer Werkstätten, Bad Oeynhausen Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Alle Rechte vorbehal- ten. Nachdruck auch auszugsweise nur mit Genehmigung der Redaktion. Spendenkonto: Kto.: 12 22 00 BLZ: 494 900 70 Volksbank Bad Oeynhausen-Herford eG www.wittekindshof.de Leben und Arbeiten im Wittekindshof Durchblick Durchblick Leben und Arbeiten im Wittekindshof

Durchblick - Ausgabe 01/2010

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Mitarbeiterzeitschrift "Durchblick" - Ausgabe 1/2010

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Ausgabe Februar 2010

Intensive Teilhabe am Arbeitsleben, S. 14

Interdisziplinäre Frühförderung, S. 16

Historische Aufarbeitung, S. 3

ImpressumDurchblick, Leben und Arbeiten im Wittekindshof, Zeitschrift der Diakonischen Stiftung Wittekindshof

Herausgeber: Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke, Theologischer Vorstand (v.i.S.d.P.)

Redaktion: Klaus Schuhmacher Zur Kirche 2, 32549 Bad Oeynhausen Tel.: (0 57 34) 61-11 30 Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 12.05.2010

Fotos: Anke Marholdt (Titel, S. 1, S. 9, S. 10, S. 16, S. 17, S.19, S. 22, S. 23)Klaus Schuhmacher (S. 1, S. 12. S. 13, S. 14, S. 15, S. 20, S. 21, S. 23)Archiv Wittekindshof (S. 1, S. 3, S. 4, S. 5, S. 6, S. 7, S. 8, S. 9, S. 20)Privat (S. 15, S. 16)Westfalen-Blatt (S. 21)

Texte: Die nicht namentlich gekennzeichneten Texte wurden erstellt von Anke Marholdt, Pressesprecherin, sowie Klaus Schuh-macher und Ella Buresch. Auswahl und Redaktion: Klaus Schuhmacher

Satz und Layout: amadeo Marketing & Design

Druck: Druckerei + Verlag, Kurt Eilbracht GmbH & Co. KG, Löhne

Versand: Wittekindshofer Werkstätten, Bad Oeynhausen

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Alle Rechte vorbehal-ten. Nachdruck auch auszugsweise nur mit Genehmigung der Redaktion.

Spendenkonto:Kto.: 12 22 00BLZ: 494 900 70Volksbank Bad Oeynhausen-Herford eG

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Leben und Arbeiten im WittekindshofDurchblickDurchblickLeben und Arbeiten im Wittekindshof

Page 2: Durchblick - Ausgabe 01/2010

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Editorial / Inhalt

Liebe Leserin,Lieber Leser,in Vorüberlegungen und Dienstbesprechungen gewinnt schrittweise die Tatsache an Kontur, dass die Diakonische Stiftung Wittekindshof im Jahr 2012 seit 125 Jahren besteht. Das ist mit Sicherheit ein Datum zum Innehalten, wohl auch zum Feiern und zum mutigen Blick nach vorne. Aber auch das ist wichtig: wer Perspektiven entwickeln möchte, tut gut daran, die Vergangenheit zu kennen.

Dazu gehören durchaus auch die Anekdoten, die fast alle ‚länger gedienten’ Wittekindshofer Mitar-beitenden kennen. Sie erzählen von kleinen Siegen oder Niederlagen im Dienst oder im angrenzenden Privatleben, berichten von Bauernschläue und Einfallsreichtum angesichts des Verwaltens von Knappheit. Es sind in der Regel schöne Geschich-ten und die meisten von ihnen haben mindestens einen wahren Kern.

Aber es ist auch an der Zeit, die Wittekindshofer Geschichte aufzuschreiben und wissenschaftlich zu interpretieren. Jahrzehnte war die Zeit des Natio-nalsozialismus als Wittekindshofer Thema gänzlich unerforscht. Das war aber auch in anderen Einrich-tungen kaum anders! Und wenn jetzt Fragen nach den 50er bis 70er Jahren laut werden, so darf das kein Grund zum Mauern und zur Nachrichtensper-re sein! Einrichtungen wie die Diakonische Stiftung Wittekindshof waren und sind Teil von Gesellschaft und evangelischer Diakonie; daran müssen sie sich messen lassen – oder sie werden unglaubwürdig! Daran wird im Übrigen in fünfundzwanzig oder dreißig Jahren auch der Wittekindshof von heute gemessen werden.

Deshalb sollten alle Mitarbeitenden – auch wenn sie sich sonst nicht so sehr für Geschichte interes-sieren – die wissenschaftliche historische Aufar-beitung, die nun begonnen hat, mit Wohlwollen begleiten. Mehr Licht kann nicht schaden!

Ihr

Klaus Schuhmacher

Geschichte Wittekindshof

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Inhalt Seite

Das Projekt der Aufarbeitung der eigenen Geschichte im Wittekindshof 3-6

„Damals – vor 50 Jahren“ 7-9 Angemessenheit von Arbeit und Vergütung „Gerechter Lohn“ 10-11 Aufbaubildungsgänge gelten als Studienleistung 12

Mitarbeiterschaft und Diakonengemeinschaft diskutieren das „Handlungsleitende Bild“ 13

Intensive Teilhabe am Arbeitsleben 14-15

New York Marathon 15

Interdisziplinäre Frühförderung 16

Veranstaltungen 17

Spenden Sie doch, was Sie wollen! 18

Rahedener Andacht 19

Zum Tode von Franz Wieneke 19

Nachruf Erich Eltzner 20-22

Personalia 22-23

Das Projekt der Aufarbeitung der eigenen Geschichte im Wittekindshof

Die aktuelle Situation der Diako-nischen Stiftung Wittekindshof ist gekennzeichnet durch starke Ver-änderungen. Während über lange Jahre die meisten Angebote zentral auf einem großen Gründungsgelän-de in Volmerdingsen konzentriert waren, werden nun zunehmend zahlreiche Angebote in verschiede-nen Teilen Westfalens entwickelt.

Das Konzept einer klassisch ge-prägten Anstalt, die für Menschen mit Behinderung einen „Ort zum Leben“ bietet, war im Wittekinds-hof noch bis zur Jahrtausendwende maßgeblich. Erst seit etwa 2002 hat man systematisch eine Öffnung des vormals in sich relativ geschlosse-nen Systems Anstalt für das gesell-schaftliche Umfeld betrieben. Die Überlegungen über die zukünftige Entwicklung sind aktuell geprägt

durch einen breit angelegten Leit-bildprozess.

Das dabei bereits unter Beteiligung von 80 Prozent der Mitarbeitenden erarbeitete Handlungsleitende Bild folgt dem Leitwert: „Teilhabe in jedem Lebensalter“. Darüber wurde im „Durchblick“ schon ausführlich berichtet.

1. Die Ausgangssituation der historischen Aufarbeitung

Ausgangspunkt war also nicht zuletzt der Wunsch, die eigene Herkunft auf dem Hintergrund des laufenden Leitbild- und Strategie-prozesses zu klären. Die Initiative zur Erforschung der Vergangenheit ging dabei ohne Druck von außen vom Wittekindshof selbst aus.

Unter diesen Voraussetzungen wurde bereits im November 2008 Prof. Dr. Hans-Walter Schmuhl von der Universität Bielefeld angefragt, ob er eine historische Untersuchung der gesamten Wittekindshofer Geschichte seit 1887 durchführen könnte. Prof. Schmuhl sagte zu, dies in bereits bewährter Zusam-menarbeit mit Frau Dr. Ulrike Winkler vorzunehmen. Die Untersu-chung wird zum 125-jährigen Jubi-

läum der Stiftung an Trinitatis 2012 vorliegen. Sie soll jedoch im Gegen-satz zur 100-Jahres-Festschrift des Wittekindshofes von 1987 nicht als selbst produzierte Jubiläumsschrift, sondern als externe Aufarbeitung angelegt sein, bei der auch histo-risch-kritische wissenschaftliche Methoden angewendet werden.

Eine kritische Haltung der Forschen-den gegenüber der Stiftung wird dabei bewusst in Kauf genommen und ist sogar erwünscht. Natürlich findet dann aber für die Endfassung eine Abstimmung zwischen dem Wittekindshof und den externen Verfassern statt, aber nicht im Sinne einer Zensur, sondern einer guten Verständigung über die Darstellung der Ergebnisse der Untersuchung.

Bei der Arbeit im Projekt werden so-wohl schriftliche Quellen aus eige-nen und fremden Archiven als auch Darstellungen historischer Zeitzeu-gen, Bewohner wie Mitarbeitende, berücksichtigt. Mit den Zeitzeugen werden dabei Interviews geführt.

Ein wesentlicher Akzent für das Projekt wurde im Frühjahr 2009 durch die Initiative einer ehemali-gen Bewohnerin des Wittekindsho-fes aus den 50er und 60er Jahren

Wenn in einer Einrichtung ein klarer Kurs für die Zukunft bestimmt werden soll, dann ist es wichtig zu wissen, wo sie herkommt, was sie geprägt hat und wo sie heute steht. Anlässlich des anstehenden 125-jährigen Jubiläums der Diakoni-schen Stiftung Wittekindshof (DSW) wird es deshalb in den nächsten zwei Jah-ren eine Aufarbeitung der bisherigen Geschichte des Wittekindshofes geben.

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Zum Titelfoto

Matthias Paul, angestellt in der Löhner Land- bäckerei Krumme, ist sozusagen ein Pionier bei der Thematik „Verbesserte Teilhabe-Chancen“. Beim Aschermittwochsempfang 2009 wurde seine Erfolgs-geschichte näher erläutert. Die Wittekindshofer Bemühungen zur Öffnung der Arbeitswelt sind vielfältig und gelten auch Menschen mit schweren Behinderungen. Mehr dazu auf S. 14/15.

Page 3: Durchblick - Ausgabe 01/2010

gesetzt. Sie fühlte sich durch eine Wittekindshofer Traueranzeige für eine ehemalige Mitarbeitende sehr provoziert. Darin hieß es, dass die Liebe und das Engagement der Verstorbenen den Menschen mit Behinderungen gegolten habe. Des-halb wandte sich die ehemalige Be-wohnerin von Süddeutschland aus an die Presse in Bad Oeynhausen, um ausführlich zu schildern, was sie in dem Haus erlebt hatte, das unter der Mitleitung der besagten ehemaligen Mitarbeitenden stand. Dabei wurden erhebliche Vorwürfe von Misshandlungen geäußert und in mehreren Zeitungsartikeln pu-bliziert, z.B. unter der Überschrift: „Der Wittekindshof war die Hölle“ (als Zitat der Betroffenen).

Die genannte Bewohnerin wur-de daraufhin in den Prozess der historischen Aufarbeitung mit einbezogen. Es fanden Gespräche mit dem Vorstandssprecher des Wittekindshofes und Prof. Schmuhl statt. Vom Zuschnitt des gesamten historischen Projektes her wurde nun ein besonderer Akzent auf die 50er und 60er Jahre sowie die Gewaltfrage gelegt. Eine Vorstudie dazu wird durch Prof. Schmuhl und Dr. Winkler voraussichtlich noch in diesem Jahr entstehen und dann veröffentlicht werden. Sie wird zugleich einen Beitrag zu der aktuell in der Öffentlichkeit laufen-den breiten Diskussion über die so genannte Heimkindererziehung in den 50er und 60er Jahren liefern.

2. Zum gegenwärtiger Stand

Erste Interviews und Sichtungen der Akten durch Prof. Schmuhl und Dr. Winkler haben bereits stattge-funden. Die konzentrierte Arbeit im Archiv hat im Januar 2010 begon-

nen. Es gibt gewisse personelle Schwierigkeiten da Rainer Kregel, der Archivar des Wittekindshofes erkrankt ist und Michael Spehr, sein Vertreter, sich erst einarbeiten muss. Das Archiv ist relativ klein, aber gut sortiert. Pfarrer Klaus Weitkamp arbeitet wesentlich mit bei der Erschließung der Quellen.

Das Thema erzeugt insgesamt nicht nur extern, sondern auch inner-halb des Wittekindshofes großes Interesse. So wurden bereits in den Medien etliche Beiträge zu dem Vorhaben veröffentlicht. Dabei wurde die Bereitschaft, die eigene Geschichte offen aufzuarbeiten, durchaus positiv gewürdigt. Intern werden die am Prozess Beteiligten immer wieder durch aktuelle und ehemalige Bewohner/innen und Mitarbeitende angesprochen. Sie äußern den Wunsch, bei der histori-schen Forschung durch Erfahrungs-berichte mitwirken zu können.

Die Vorgänge in den Heimen für Kinder und Jugendliche in den 50er

und 60er Jahren werden zurzeit nicht nur im Wittekindshof, sondern auch an anderen Stellen untersucht. So gibt es in Berlin einen „Runden Tisch Heimerziehung“ der Bundes-regierung, an dem diese Fragen behandelt werden. Um die Arbeiten im Wittekindshof mit denen ande-rer Träger zu vernetzen, arbeitet der Vorstandssprecher des Witte-kindshofes in der vom Präsidenten des Diakonischen Werkes der EKD eingeladenen Begleitgruppe zum Runden Tisch mit.

Beim letzten Treffen wurden die bis-herigen Initiativen zur historischen Aufarbeitung dieser Zeit, die es bei den verschiedenen diakonischen Trägern aktuell gibt, gesammelt. Es wurde dabei deutlich, dass die spezielle Frage der historischen Vorgänge in den Heimen der Ju-gendhilfe, wie sie zurzeit öffentlich besonders intensiv diskutiert wird, nicht starr vom Bereich der Behin-dertenhilfe getrennt werden kann. In beiden Bereichen gab es einan-der entsprechende Entwicklungen,

und die Grenzen der Unterschei-dung behindert/nicht behindert für die betreffenden Klienten waren oft fließend.

Es gab zahlreiche Kinder und Jugendliche, die nach heutigem Erkenntnisstand eigentlich nicht (geistig) behindert waren, sondern eher als Sozialwaisen nach dem Zweiten Weltkrieg irgendwie ihren Weg in die Diakonische Stiftung Wittekindshof fanden. Einige von ihnen leben bis heute hier.

Aus den bisherigen Vorarbeiten im Wittekindshofer Geschichtsprojekt ergeben sich erste Einschätzungen zu diesem Thema, ohne damit den Untersuchungen von Prof. Schmuhl und Dr. Winkler vorgreifen zu wollen. Nach den bisherigen Eindrücken hat es in mehreren Häusern in den 1950er und 60er Jahren ausgesprochen schwierige Arbeitsbedingungen gegeben, die zum Teil auch zu problematischen Vorgängen geführt haben.

Die Arbeit war geprägt durch eine aus heutiger Sicht unangemessene Konzentration des Wohnens und Lebens von Menschen mit Behinde-rungen auf dem zentralen Anstalts-gelände und in einigen wenigen so genannten Außenstellen. Das zah-lenmäßige Verhältnis von Mitarbei-tenden zu unterstützten Menschen mit Behinderungen war ausgespro-chen niedrig. Es gab deutlich zu we-nig fachlich für die Behindertenhilfe ausgebildete Mitarbeitende. Diese Grundsituation führte regelmäßig zu Überlastungssituationen mit entsprechenden Folgen.

Diese äußerst schwierigen Rah-menbedingungen wurden von der damaligen Gesellschaft zumindest

gebilligt und genau in dieser Form auch finanziell gefördert. Grundan-satz der öffentlichen Behinderten-hilfe war offensichtlich eine Ausglie-derung der Menschen besonders mit geistiger oder mehrfacher Behinderung aus dem alltäglichen gesellschaftlichen Leben. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Men-schen mit Behinderung nun immer-hin mit den elementarsten Lebens-mitteln versorgt wurden, während sie noch wenige Jahre zuvor in der NS-Zeit in großem Umfang getötet oder dem Sterben überlassen wur-den. Insofern handelt es sich bei der Behindertenhilfe der 50er und 60er Jahre trotz aller problemati-schen Seiten auch um eine elemen-tare Leistung der Hilfe zum Leben, die zunächst einmal grundsätzlich gewürdigt werden sollte.

Unter den genannten schwierigen Grundbedingungen des Lebens und Arbeitens im Wittekindshof haben dann aber nicht nur Bewohner/in-nen, sondern auch damalige Mitar-beitende gelitten. Dabei hat es bei zahlreichen Menschen verletzende Erfahrungen gegeben. Die beteilig-

ten Personen haben sich zumeist darum bemüht, unter den aus heutiger Sicht zum guten Teil un-verantwortlichen Voraussetzungen in der konkreten Arbeit möglichst gute Lebens- und Arbeitsbedin-gungen herzustellen. Ob es Fälle gegeben hat, in denen Mitarbei-tende sich auch unter Einrechnung dieser schwierigen Gesamtsituation unangemessen, verantwortungslos und auch illegal verhalten haben, wird auf der Basis der historischen Untersuchungen zu prüfen sein. Dabei gilt in jedem Falle, dass aus Gründen des Datenschutzes keine auf einzelne Personen bezogenen Aussagen veröffentlicht werden.

3. Ausblick

Bei der bisherigen Beschäftigung mit dem Thema wurde deutlich, dass es sich in mehrfacher Hin-sicht um äußerst sensible Fragen handelt. Das betrifft erstens die persönlichen Lebensgeschichten der betroffenen Menschen, und zwar sowohl der Mitarbeitenden als auch der durch sie in den Einrichtungen unterstützten Personen. Hier gibt es

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Geschichte Wittekindshof Geschichte Wittekindshof

Verkaufsstelle in den 50er Jahren

Erntewagen am Marienheim in den 50er Jahren

Page 4: Durchblick - Ausgabe 01/2010

Früher, da war alles besser! So hört man das immer wieder. Darauf kann ich nur erwidern: Früher war vieles anders, jedoch nicht besser. Von diesem Anderssein möchte ich aus privater Erfahrung berichten:

Bundespräsident Horst Köhler nutz-te in seiner Ansprache anlässlich der Wiedereröffnung des Halberstädter Domschatzes am 13. April 2008 folgenden Satz:

ZUKUNFT BRAUCHT HERKUNFT

Getreu diesen Satz bedenkend, möchte ich heute in eine Zeit zurückblicken, die nur wenige im Wittekindshof Arbeitende und Lebende aus eigener Anschauung und Erleben noch kennen.

Wir leben heute in einer Zeit, in der die Veränderungen ein so rasantes Tempo angenommen haben, dass selbst jüngere Menschen Schwie-rigkeiten haben, diese nachzuvoll-ziehen. Mein Beitrag wird nicht historisch vollkommen sein, sondern ist eine persönliche Rückschau.

Am 1. Oktober 1958 kam ich zum Wittekindshof. Das ist nun über 50 Jahre her. Ich hatte schon eine gewisse Erfahrung im Umgang mit Menschen, kam ich doch gerade von Treysa im Nordhessischen, dem Ort, an dem das Hessische Brüder-haus und die Anstalten Hephata zu Hause sind. (Hier hat sich die Namensgebung verändert.) Treysa hatte einen kleinstädtischen Charak-ter, der sich auch auf die Anstalten Hephata auswirkte.

Der Wittekindshof hatte dagegen eine dörfliche Struktur. Er war und ist ein Teil Volmerdingsens. Land-schaftlich gesehen gab es also keine Enge, sondern die Wohnbereiche waren in das landwirtschaftlich geprägte Umfeld eingebettet. Diese landwirtschaftliche Prägung machte die Häuser weitgehend autark.

Die Hausväter, die den Wohnberei-chen vorstanden, hatten z. T. noch Beamtenstatus. Viele der damals im Erziehungs- und Pflegedienst beschäftigten Brüder hatten ihre Ausbildung ausgangs der 20er Jahre gemacht oder waren in der Zeit nach 1949 ausgebildet worden, bzw. noch in der Ausbildung. Die meisten Brüder waren verheiratet und hatten Familie. Das war nicht immer so, denn erst Ende der 20er Jahre wurde das Verbot aufgeho-ben, dass nur unverheiratete Brüder hier arbeiten durften und damit eine dauerhafte Stellung im Pflege- und Erziehungsdienst erhielten. Wer vor der Aufhebung heiraten

wollte, versuchte eine Stelle als Heizer zu bekommen. Wenn das nicht klappte, musste er sich eine neue Aufgabe suchen. Etliche habe ich kennen gelernt, die nach der Aufhebung des Verbotes zum Wit-tekindshof zurückgekehrt waren.

Die Finanzierung der Arbeit im Wittekindshof beruhte noch immer im Wesentlichen auf der Basis der Brüningschen Notverordnungen aus dem Jahre 1932. Diese Notver-ordnungen betrafen alle Bereiche des öffentlichen Dienstes. Erst im Oktober 1962 wurde durch die ers-te Bundesministerin für Gesundheit ein neues Tarifsystem geschaffen...

Mein monatliches Nettoeinkommen betrug 1958 bei freier Wohnung und Verpflegung 142 DM. Das wa-ren 112 DM mehr als ich in Treysa erhalten hatte.

Die Ausbildung fand nicht ganz-jährig statt, so wie wir das heute kennen, sondern nur in den Winter-

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Geschichte Wittekindshof Geschichte Wittekindshof

„Damals – vor 50 Jahren“viele traumatische Erlebnisse aufzu-arbeiten. Die historische Forschung kann ein erster Schritt dazu sein. So zeigen die Erfahrungen aus den bisherigen Gesprächen, dass allein schon das Gefühl des Wahr- und Ernstgenommenwerdens für die Betroffenen wohltuend und hilf-reich ist. Es wird hier darum gehen müssen, möglichst frühzeitig und aus eigener Initiative auf diese Men-schen zuzugehen und mit ihnen über diese Fragen ins Gespräch zu kommen. Dann kann hoffentlich ein offener Dialog entstehen, der mög-lichst wenig durch eine nicht zuletzt von Medien geschürte Polemik und entsprechende Reaktionen in der Öffentlichkeit belastet ist.

Ein zweiter sensibler Punkt ist, dass die genannten Probleme nicht nur in der Stiftung Wittekindshof auftauchten, sondern auch in weiteren Einrichtungen der Jugend-hilfe und auch der Behindertenhilfe. So wird in den nächsten Wochen ein Buch über die Geschichte eines Hauses der Volmarsteiner Anstalten erscheinen, das ebenfalls von Prof. Schmuhl und Dr. Winkler verfasst wurde und die damaligen dortigen Verhältnisse darstellt. Es handelt sich damit, wie ich oben schon andeutete, um ein gesamtgesell-schaftliches Problem der deutschen Nachkriegszeit.

Der dritte und entscheidende Punkt muss deshalb die unbedingte Verpflichtung zu einer guten Wei-terentwicklung unserer Eingliede-rungshilfe und auch unserer Gesell-schaft sein. Der wesentliche Effekt solcher historischen Aufarbeitungen muss darin bestehen, Konsequen-zen für die aktuelle Verbesserung der Unterstützung von Menschen mit Behinderung sowie Kindern und

Jugendlichen zu ziehen. Deshalb sollte die historische Aufarbeitung dieser Fragen nicht für sich statt-finden, sondern in Verbindung mit Überlegungen über zukünftige Konzepte, Leitbilder und Strategien stehen. Zusätzlich muss es uns auch um die aktive Veränderung unserer Gesellschaft insgesamt auf dem Hintergrund der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung gehen.

Orientierungspunkt ist dabei nicht nur der Gedanke der Inklusion, also der vollen Einbeziehung von Menschen mit Behinderung in das gesellschaftliche Leben, wie sie jedenfalls in der englischen Fassung der UN-Konvention ausgedrückt ist. Zielpunkt wäre für mich darüber hinausgehend die von Prof. Schmuhl in einem Vortrag so ge-nannte Vorstellung der „Vielfalt als Normalfall“. Das entspricht meines Erachtens der grundlegenden Einsicht des Christentums, wie sie in den frühen Texten des Neuen Testa-mentes wiedergegeben sind: Dass nämlich die christliche Gemeinde als Gemeinschaft gleichberechtigter Menschen unabhängig von ihren Eigenschaften zu verstehen ist, die alle in gleicher Weise von Gott geliebt sind. Daraus ergibt sich gewissermaßen natürlicherweise eine Vielfalt der Gemeinschaft als Normalfall.

Deshalb werden in den frühen christlichen Bibeltexten die damals in der Gesellschaft ausgegrenzten Personengruppen sehr bewusst in die christliche Gemeinschaft auf-genommen und mit allen Rechten (und Pflichten) ausgestattet.

So werden z.B. im Römerbrief in Kap. 16,1-7 die drei Frauen Phöbe,

Priska und Junia als Führungsper-sönlichkeiten in der Gemeinde dargestellt. Im Philemonbrief bittet Paulus den Philemon, seinen Skla-ven und Glaubensbruder Onesimus frei zu lassen. Und die Apostelge-schichte erzählt in Kap. 8, 26-39, dass mit dem Eunuchen aus Äthio-pien der erste Christ nichtjüdischer Herkunft ein Körperbehinderter war. Wahrscheinlich hatte sogar der Apostel Paulus selbst eine Behinde-rung.

Solche christlich begründete „Viel-falt als Normalfall“ zu verfolgen, sollte deshalb auch Kerngedanke unseres heutigen diakonischen Handelns sein. Es geht darum, eine diakonische Arbeit und eine Gesell-schaft mit zu gestalten, in der nie-mand aufgrund seiner Eigenschaf-ten und Fähigkeiten ausgegrenzt und benachteiligt wird, so dass in unseren menschlichen Gemein-schaften eine Vielfalt als Normalfall entstehen kann.

Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke, Vorstandssprecher

Mahlzeit mit Unterstützung in der Friedenshöhe der 50er Jahre

Gartenarbeit am Gronauer Annaheim in den 60er Jahre

Page 5: Durchblick - Ausgabe 01/2010

werden. Im immer größer werden-den Personalgefüge und der sich vollziehenden Mobilität der Mitar-beitenden wurde alles anonymer und Begegnungen fanden immer stärker auf begrenztem Raume statt.

Die Ausbildung fand stets im Roten Saal des Hauses Bethanien statt. Der Raum hieß so, weil ihn eine rote Tapete zierte. In dem Raum

stand ein langer ovaler Tisch, an dem wir und die dem Fach ent-sprechende Lehrkraft Platz hatten. Bis auf wenige Ausnahmen waren die Auszubildenden schon älteren Semesters, also gestandene Leute. Dennoch war es Usus, dass wir zur Begrüßung aufstanden, wenn die Lehrkraft eintrat.

Es gab keine differenzierten Aus-bildungsgänge, sondern es wurde alles parallel unterrichtet. So gab es am Ende innerhalb weniger Tage 2 Abschlussprüfungen. Zunächst die der Pflegerischen Ausbildung, dann folgte die Diakonenprüfung. Auf diesem Zeugnis fand sich auch die Zensur des Faches: „Heilpädagogi-sche Fragen“ wieder.

Also Heilpädagogik, Krankenpflege und theologische Ausbildung wur-den als Gesamtausbildung betrach-tet und so den Mitarbeitern mit auf den Weg gegeben. Das heißt: Es

wurde für weibliche Pflegekräfte schon damals eine Ausbildung an-geboten, jedoch waren sie von der Diakonenausbildung noch ausge-schlossen.

Ich hatte schon einmal gesagt, dass die Wohnbereiche eigentlich sehr autark wirtschafteten. Zu dieser Bewirtschaftung gehörte auch die Tatsache, dass zu Ostern in den Dörfern, welche unter den Hausel-tenbereichen aufgeteilt waren, Eier gesammelt wurden. Und im Herbst wurden auf diese Weise Kartoffeln erbeten. Diese Sammlungen entlas-teten die Kosten für Verpflegung enorm.

Diese Aufzeichnungen geben kein abgerundetes Bild wieder, sondern sind nur blitzlichtartige Momentauf-nahmen dieser Zeit.

Günter Seele

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Geschichte Wittekindshof Geschichte Wittekindshof

halbjahren. Ein Kursus begann und wurde zu Ende geführt, ehe ein Folgekursus starten konnte. 1959 beendete der bei meiner Ankunft laufende Kurs seine Ausbildung, und ich hatte das Glück, den im Herbst 1959 beginnenden Kurs zu besuchen.

Grund für die schnelle Aufnahme in den Kurs war die Tatsache, dass ich im Hess. Brüderhaus bereits das Diakonische Mittelklasseexamen bestanden hatte und ich für die ers-ten beiden Winterhalbjahre von der

Diakonenausbildung befreit wurde. Nur die krankenpflegerischen Fächer und das der Heilpädagogi-schen Fragen musste ich besuchen. Dies war sehr zur Freude meines Hausvaters.

Ausbildungstage waren der Diens-tag, Donnerstag und Freitag sowie der Mittwochvormittag. Montags und samstags war man im Dienst.

Wenn ich nicht sage: Gruppen-dienst, dann hat dies seine Be-rechtigung. Viele, der anfallenden Arbeiten wurden nämlich außer-häusig getan. Dazu zählten die Gartenarbeit, der Transportdienst und anderes mehr. Ich war von Anbeginn dem Hausvaterbereich

Friedenshöhe zugeordnet worden. Dort habe ich auch gefrühstückt und mein Mittagessen eingenom-men. Wie in der Kirche, so hatte man auch zu den Essenszeiten seinen festen Platz. Männlein und Weiblein waren strikt getrennt. An dem einen Tisch residierte die Haus-mutter, am anderen der Hausvater. Der arme Spätdienst musste 115 Männer zur Ruhe ermahnen, sonst ging die Schiebetür auf...

Auch solche Situationen sind erleb-te Geschichte und infolgedessen

bin ich froh, dass es diese Säle zum Einnehmen der Mahlzeiten nicht mehr gibt. Trotzdem möchte ich die Friedenshöher Zeit, die sich sowohl hier wie auch im Sachsenkreuz abspielte, nicht missen. Sie endete im Mai 1961.

Eigentlich sollte mit dem 1. Juni 1961 meine Tätigkeit in Gronau beginnen. Doch ich wollte mich während meines Urlaubs, der zu diesem Zeitpunkt geplant war, verloben. Mein, bzw. unser erster Brüderpfarrer wollte, dass ich meine Arbeit pünktlich in Gronau auf-nahm. Doch ich hatte in Pfarrer H. Louis einen Verbündeten, der mir dann zu einem Aufschub verhalf.

Am 20. Juni 1961 begann meine Gronauer Zeit, die Mitte September 1961 endete. Im nun abgerissenen Johannes-Falk-Heim traf ich ehe-malige Friedenshöher Jungen und Männer wieder. Auch damals war Umzug schon ein fester Begriff.

Bevor ich weiter schreibe, darf ich nach meiner Meinung die Höhe-punkte eines Kalenderjahres nicht außer Acht lassen. Gleich im Januar gab es einen Winterabend für die hier lebenden Familien. Er wurde im Haus Morgenstern gefeiert. Die Zahl der im Wittekindshof lebenden Familien war ja sehr groß und man lebte auf engem Raum.

Um Pfingsten herum fuhren die er-wachsenen Bewohner zu ihren An-gehörigen auf Urlaub. Mit Bussen, die nach Hamm, Dortmund oder Herne führten, ging es geschlossen auf die Reise. Ungefähr zur gleichen Zeit wurden die Betriebsausflüge organisiert. Man war einen vollen Tag unterwegs zu den unterschied-lichsten Zielen.

Eine weitere soziale Errungenschaft war der Wohnwagen. Später waren es zwei, drei, die z. T. im Harz und an Nord- und Ostsee aufgestellt wurden. Der Mitarbeiterausschuss war für Transport und Belegung zuständig.

Wenn auch das Leitungsgremium sehr hierarchisch aufgebaut war, so war doch eine väterliche Nähe spürbar. Ein jeder grüßte jeden. Es war noch Zeit für persönliche Begegnungen. Und auch das kam vor: Wenn dem Einen oder Anderen ein Vergehen vorgeworfen wurde und es stellte sich heraus, dass die Anschuldigung falsch war, so war es für den Vorgesetzten klar: eine Entschuldigung muss geleistet

Dank an Günter Seele

Mit Ablauf des Jahres 2009 ist Diakon Günter Seele auf eigenen Wunsch aus der aktiven Gremienarbeit in der Evangelischen Kirchengemeinde Volmerdingsen-Wittekindshof ausgeschieden. Seit 1996 hat er in der Gemeindevertretung der damaligen Anstaltskirchengemeinde Witte-kindshof die kirchliche Arbeit wesentlich mitgeprägt. Dabei hat er auch seine Erfahrung als jahrzehntelanger Mitarbeiter des Wittekindshofes voll eingebracht. Besonders im Prozess der Vereinigung der beiden Kirchengemeinden Volmerdingsen und Wittekindshof seit 2007 trug er durch sein ausgleichendes Wesen und seine detaillierten historischen und organisatorischen Kenntnisse zum Gelingen dieser Fusion entscheidend bei. Einen kleinen Eindruck seiner reichhaltigen Kenntnisse der Entwick-lung des Wittekindshofes vermittelt der oben stehende, von ihm selbst verfasste Text.

Wir sind ihm für seine treuen Dienste in der Gemeinde und auch in der Stiftung sehr dankbar und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute und Gottes Segen.

Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke, Vorstandssprecher

Gartenarbeit an der Friedenshöhe in den 50er Jahren

Bewohnerinnen des Annaheimes in Gronau der 60er Jahre

Luftaufnahme des Wittekindshofes der 50er Jahre

Diakon Günter Seele

Page 6: Durchblick - Ausgabe 01/2010

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Personal & Recht Personal & Recht

Das Arbeitsverhältnis ist ein Aus-tauschverhältnis. Getauscht wird auf der Grundlage einer rechtlichen Basis (Arbeitsvertrag/Dienstver-trag), auf einer gemeinsamen Plattform (Betrieb/Einrichtung), die Arbeitsleistung der Mitarbeitenden gegen Geld und ggf. andere Ge-genleistungen des Arbeitgebers.

Dieser Eingang macht schon deutlich, dass wir das Thema sys-tematischer betrachten wollen, als es vielfach benutzte Schlagworte regelmäßig zulassen. Beispielhaft für diese Schlagworte sei hier eines genannt: „Gute Arbeit ist gutes Geld wert!“. Wer will dem schon widersprechen? Aber andererseits gefragt: Hilft dieses Wortplakat ei-gentlich weiter? Wann ist die Arbeit in diesem Sinne „gut“ und wann ist das Geld „gut“?

Es ist also möglichst zu klären, nach welchen Vergleichskriterien die richtige Vergütung zu finden ist. Dabei wollen wir, von bestimmten grundsätzlichen Erwägungen ein-mal abgesehen, nicht im volkswirt-schaftlichen Rahmen die Situation betrachten, sondern sehr konkret die Verhältnisse in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof.

Noch einmal also der Einsatz: Das, was der Mitarbeiter zum Tausch anbietet, ist seine Arbeit. Die Arbeit wird inhaltlich vereinbart, eine Betreuungskraft hat eine ande-re Aufgabe zu erfüllen, als eine Verwaltungskraft, eine Teamleitung ein anderes Aufgabenbündel zu bewältigen, als ein Basismitarbeiter.

Arbeit wird sodann zeitlich verein-bart und für eine Zeiteinheit ein Geldwert gefunden. Also: Der Ar-beitnehmer schuldet eine bestimm-te Arbeit eine bestimmte Zeit lang.

Dafür wird als Gegenleistung pro Zeiteinheit (Stunde, Woche, Monat) ein Geldbetrag berechnet, der na- türlich umrechenbar ist (bei uns z. B. vom Monatsentgelt auf ein Stun-denentgelt). Mathematisch zeigt sich da aber schon ein Problem; nicht alle Monate haben gleich viele Arbeitsstunden wegen der unter-schiedlichen Zahl der Arbeitstage. Die Umrechnung ergibt im Monat Februar – für den ja dann das glei-che Monatsentgelt gezahlt wird, als für den Monat Januar - ein höheres Stundenentgelt. Wir haben hier eine erste Unschärfe festzuhalten.

Dennoch gilt die eben skizzierte Festlegung weit überwiegend in Arbeitsverhältnissen und wird allgemein auch als vergleichbar ak-zeptiert. Wir wollen aber Folgendes nicht vergessen: Es gibt Branchen, in denen Akkordlöhne vereinbart werden, wo also nicht nur die Zeit, sondern auch die Menge des in einer Zeiteinheit hergestellten Pro-duktes die Berechnung der Gegen-leistung erbringt.

Damit wird eine zweite Erkenntnis deutlich: Ein Vergleich zwischen Leistungslohn und Stundenlohn ist nur schwerlich möglich.

Zurück aber zu den Verhältnissen in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof. Bestimmte Stunden

Angemessenheit von Arbeit und Vergütung: „Gerechter Lohn“

werden bei uns höher vergütet (nach 20:00 Uhr bzw. AVR 21:00 Uhr, am Samstag und Sonntag, am Feiertag) als andere Stunden. Das ist kein Gesetz, sondern tariflich geregelt. Oft gibt es in anderen Ar-beitsverhältnissen solche Aufschlä-ge nicht. Sie werden regelmäßig bei Vergleichen nicht berücksichtigt, machen bei unserer Bruttolohnsum-me aber schon 1,58 % aus.

Dann gibt es eine Jahressonderzah-lung; hier errechnen wir 6,73 % der Jahresbrutto-Lohnsumme. Solche Leistungen gibt es auch nicht in allen Arbeitsverhältnissen. Für ein Kind in einer Familie ergibt sich wei-terhin eine pauschale Mehrzahlung von 95,98 € (BAT) oder 90,57 € (AVR) pro Monat. Bei uns macht dies insgesamt 1.426.804,54 € im Jahr aus, was wiederum etwa 1,57 % der Gesamtbruttolohnsum-me des Wittekindshofes entspricht.

Schließlich sind noch die Zah-lungen des Wittekindshofes zur zusätzlichen Altersversorgung bei der KZVK zu berücksichtigen. 4 % regulär und 0,8 % im Jahr 2010 erstmalig (Sanierungsgeld) bezogen

auf den Arbeitnehmerbruttolohn werden dort hin überwiesen. Man sieht also: Vergleicht man nur den schlicht ausgerechneten Stunden- lohn bekommt man ein um 14,68 % falsches Vergleichsergebnis.

Hier habe ich nur die materiellen Gegenleistungen berücksichtigt, nicht solche immateriellen Gegen-leistungen (die natürlich auch in Geld umzurechnen sind wie z. B. zusätzliche freie Tage nach Tarif-vertrag oder auch die Fortbildungs-möglichkeiten unter Freistellung von sonstiger Arbeitsverpflichtung).

Grundsätzlich ist natürlich die Frage von Interesse, woran ich erkennen kann, ob eine Gegenleistung für meine Arbeitsleistung „gerecht“ ist. Dafür gibt es verschiedene Denkan-sätze:

1. Vergleich mit den Erlösen des Unternehmens

2. Vergleich mit den Vergütun-gen der Branche

3. Vergleich mit der Entwicklung des Bruttosozialproduktes

4. Vergleich mit der Geldentwer-tungsmarge

Jeder Vergleich hat seine eigenen Tücken. Häufig beantwortet er nicht die Frage, ob die Ausgangs-basis, von der die Veränderung zu einander ins Verhältnis gesetzt wird, richtig war (dies bei den Vari-anten 3 und 4). Aber auch bei der Variante 1 bleibt die grundlegende Frage zunächst unbeantwortet: Welcher Anteil an den Erlösen sol-len bzw. dürfen Arbeitnehmer über ihre Vergütung haben (bekanntes Bild dazu: Man darf die Kuh nicht schlachten, die man melken will).

Weil jedes Ableitungssystem in sich nachvollziehbar, keines aber ein insgesamt absolut und objektiv richtiges Ergebnis abbildet, vertraut man auf Verhandlungsergebnisse der Vertreter unterschiedlicher Inte-ressen. In Kirche und Diakonie sind dies Vertreter der Dienstnehmer und der Dienstgeber, auch wenn sie bezogen auf die Tätigkeit insge-samt beide Teile einer Dienstge-meinschaft sind. Sie sollen sich im-mer, bei aller Klarheit im Austausch unterschiedlicher Ansichten zu Regelungen des Austauschverhält-nisses, darüber bewusst sein, dass beide sich auf einen gemeinsamen Auftrag verpflichtet haben, z. B. nach den Grundsätzen des Evange-liums Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. Dies darf für keine Seite Verhandlungsargument sein, sondern muss besondere Verpflich-tung der aufrichtigen Suche nach gerechten Ergebnissen sein.

Zurück zu unseren Vergleichs- versuchen:

Seit 2005 bis Ende 2009 sind die Erlöse des Wittekindshofes um 16 % gestiegen.

Die Lebenshaltungskosten sind in dieser Zeit um 7,5 % gestiegen.

Die Branche hat mit BAT bzw. TVöD 8 % Steigerung erlebt.

Die Arbeitgeberbruttosumme je VB ist in dieser Zeit um 11,68 % gestiegen.

Diese Veränderungen sind sicher davon beeinflusst, dass wir

mehr Stellen mit fachspezi-fischen Herausforderungen geschaffen haben, die höher vergütet sind.

Leitungspositionen im Re-gelfall etwas oberhalb des Tarifes vergüten.

bereits am 01.07.09 die AVR-Tabellenentgelte nach 2015 angepasst haben. Dies ent-spricht einer Erhöhung um 8 %.

Möglich war uns dies durch gute Verhandlungsergebnisse mit den Kostenträgern einerseits und durch akkurate Wirtschaftsführung ande-rerseits. Beides wiederum ist nur möglich durch engagierte Leistun-gen der Mitarbeitenden.

Wir haben – davon bin ich über-zeugt – im Ganzen gesehen ein sehr gut austariertes Tauschverhält-nis entwickelt. Auf der Basis diako-niespezifischer Tarife, ergänzt um in der Regel mit der Mitarbeitervertre-tung gefundene besondere Rege-lungen für die Diakonische Stiftung Wittekindshof. Im Einzelfall mag es immer wieder eine Unzufriedenheit geben, die trotz Einsatzes aller zur Verfügung stehender Werkzeuge unvermeidbar ist. Dennoch kann niemand, der sich wirklich der Mühe einer konkreten Betrachtung und vergleichenden Bewertung unterzieht, dem Wittekindshof vorwerfen, Mitarbeitende würden nicht im Rahmen des gesellschaft-lich Möglichen an den Erlösen der Stiftung beteiligt. Jeder, so er Voll-zeit beschäftigt ist, kann von seiner Vergütung gut seinen Lebensun-terhalt bestreiten und erwirbt auch noch einen erheblichen Zusatzanteil für die Altersversorgung.

Martin Fels, Ressortleitung Personal & Recht

Martin Fels

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Ausbildung Leitbild

Künftig werden das Evangelische Berufskolleg Wittekindshof und die Bielefelder Fachhochschule der Diakonie (FHdD) noch enger zusam-menarbeiten. So werden Teile der beiden Wittekindshofer Ausbil-dungsgänge „Sozialmanagement“ und „Praxisbegleitung“ auf die Ba-chelor-Studiengänge „Management im Sozial- und Gesundheitswesen“ und „Mentoring“ angerechnet. Die Grundlage dafür bildet ein Koope-rationsvertrag der von Professor Dr. Martin Sauer, Rektor der FHdD, und Professor Dr. Starnitzke Ende letzten Jahres unterzeichnet wurde.

Wie der Wittekindshofer Vorstands-sprecher dazu mitteilte, soll mit dem Vertragswerk der Übergang von der Aus- und Fortbildung in ein Studium erleichtert und der kontinuierliche Austausch zwischen Praxis und Theorie gefördert wer-den. Dies sei notwendig „um die künftigen Herausforderungen im Sozialbereich zu meistern“, betont Professor Starnitzke.

„Die Bildungsgangsverantwortli-chen haben zusammen mit den jeweiligen Fachkollegen die vorhan-denen Aufbaubildungsgänge analy-siert, in einzelne Module aufgeteilt und so angepasst, dass sie den An-forderungen der Bachelor-Studien-gänge entsprechen“, erläutert Uwe Vogelpohl, Leiter des Evangelischen Berufskollegs Wittekindshof. Ange-hende Fach- und Führungskräfte, die einen der beiden berufsbeglei-tenden Aufbaubildungsgänge mit einer Mindestnote von 2,7 abschlie-ßen, können damit ihre Studien-

zeit um bis zu ein Jahr verkürzen. Außerdem werden sie vorrangig bei der Vergabe von Studienplätzen an der FHdD berücksichtigt.

Professor Sauer begrüßt die inten-sive Zusammenarbeit: „Bewerber vom Evangelischen Berufskolleg Wittekindshof sind bei uns beson-ders gern gesehen. Nach einer fun-dierten Ausbildung, haben sie sich in der Regel kontinuierlich fortgebil-det und oft über Jahre berufsprak-tische Bezüge gesammelt, die sie in die wissenschaftlichen Überlegun-gen im Studium einbringen kön-nen“. Der gegenseitige Austausch zwischen Forschung, Lehre und Be-rufspraxis soll auch auf die beiden Bildungseinrichtungen insgesamt ausgeweitet werden: „Wir haben mit der Fachhochschule der Diako-nie einen regelmäßigen Austausch über fachliche und wissenschaftli-che Entwicklungen festgelegt und werden weitere Kooperationsmög-lichkeiten prüfen“, so Studiendi-

Kooperation mit Fachhochschule Aufbaubildungsgänge gelten als Studienleistung

rektor Uwe Vogelpohl. Der Vertrag habe eine erste direkte Brücke zwischen der Wittekindshofer Aus-, Fort und Weiterbildung und der Hochschulbildung geschaffen. „Jetzt eröffnen sich mit den Bachelor-Stu-dienabschlüssen erweiterte Perspektiven für unsere Studierenden über die vorhandenen Ausbildungs-gänge hinaus“ freut sich Vogelpohl. Er sieht damit sein Bemühen bestätigt, am Evangelischen Berufskolleg Aufbaubildungsgänge zu

etablieren, um damit auch nach den Fachschulbildungsgängen und nach Abschluss der Diakonenausbildung weitere Entwicklungsmöglichkeiten anbieten zu können.

Auch Professor Starnitzke sieht die Zusammenarbeit auf verheißungs-vollem Weg: „Der Wittekindshof trägt seit ihrer Gründung vor etwa vier Jahren die Fachhochschule der Diakonie mit und ist inzwischen einer ihrer wichtigsten Gesellschaf-ter. Von Anfang an kooperieren wir gut miteinander. Dieser Vertrag ist ein weiterer Bestandteil unserer Zusammenarbeit, dem noch andere folgen werden.“ Seit Beginn des Jahres gehört der Wittekindshofer Vorstandssprecher auch dem Auf-sichtsrat der FHdD an.

Vertragsunterzeichnung mit Professor Dr. Martin Sauer (1.v.l.), Rektor FHdD, und Vorstandsprecher Professor Pfarrer Dr. Dierk Starnitzke (3.v.l.), dem Leiter des Berufskollegs Uwe Vogelpohl (1.v.r.) und den Witte-kindshofer Dozenten Gabriele Nagorny-Wittig und Dr. Frank Winter (hinten).

Die Befassung mit dem neuen ‚Handlungsleitenden Bild’ der Dia-konischen Stiftung Wittekindshof bildete den Mittelpunkt der Ver-handlungen sowohl im Rahmen der Mitarbeitersammlungen als auch beim diesjährigen Tag der Brüder- und Schwesternschaft. Vor beiden Auditorien entfaltete Vorstandsspre-cher Professor Dr. Starnitzke noch einmal den Prozess, der der Verab-schiedung dieses Grundsatzpapiers vorgeschaltet war und verwies auf die hohe Teilnahme auf Seiten der Mitarbeiterschaft bei den angebo-tenen Work-Shops. Die Teilnahme-quote von 80 Prozent wertete er als eine gute Basis für eine breite Akzeptanz des ‚Handlungsleitenden Bildes’ in der gesamten Mitarbei-terschaft. Alle Änderungswünsche seien verzeichnet worden und hätten für die Endfassung eine abschließende Berücksichtigung gefunden.

Die Erarbeitung eines Handlungs-leitenden Bildes sei aus mehreren Gründen zwingend notwendig ge-wesen: Zum einen, um angesichts des hohen Entwicklungstempos der Diakonischen Stiftung Wittekinds-hof verlässliche Orientierung zu er-halten; zweitens, um den Vorgaben aus der UN-Konvention auf institu-tioneller Ebene zu entsprechen und drittens, um vorhandenen Nachhol-bedarf auszugleichen: „Das Leitbild gibt die Richtung vor“, erläuterte der Vorstandssprecher und wies zu-gleich darauf hin, dass das vorgege-bene Tempo auch in den nächsten Jahren beibehalten werde.

Professor Starnitzke betonte, dass der Inhalt der Leitbilder zuvorderst an die gesamte aktive Mitarbeiter-schaft gerichtet sei, als verlässliche Unterstützung und Orientierung im Grundsätzlichen wie auch im Alltagshandeln. Wie Personalleiter Martin Fels und Ausbildungsleiter Michael Postzich in ergänzenden Ausführungen betonten, liefert das Handlungsleitende Bild keine Patentlösungen, biete aber eine gültige Grundlage bei der Lösung schwieriger Probleme. Aus diesem Grunde wolle man so genannte Richtbeispiele erarbeiten und in der Mitarbeiterschaft bekannt ma-chen, um die Handlungssicherheit zu stärken. Ein nach außen – an die Öffentlichkeit – gerichtetes Leitbild sei gegenwärtig in Arbeit und werde auch unter Beteiligung von Repräsentanten wichtiger ge-sellschaftlicher Gruppen erstellt.

„Der Leitbild-Prozess ist mit der Drucklegung und Veröffentlichung des Textes keineswegs abgeschlos-sen!“, hob Starnitzke hervor. Es müsse sich jetzt im Alltag bewäh-ren und ein fester Bestandteil im Bewusstsein aller Mitarbeitenden werden – auch derer, die ihre Arbeit neu im Wittekindshof aufnehmen. In dieser künftigen Perspektive wur-de der Vorstandssprecher sowohl bei den Mitarbeiterversammlungen als auch seitens der Brüder- und Schwesternschaft unterstützt. So rief Reinhard Scheer für die Mitar-beitervertretung dazu auf: „Lasst uns dieses Leitbild in der täglichen Arbeit umsetzen, lassen wir unser Handeln von diesem Bild leiten“.

Christian Schwennen, amtierender Ältester der Brüder- und Schwes-ternschaft, forderte verstärkte Bildungsangebote zu den Prämissen des Handlungsleitenden Bildes und dessen „spirituelle Begleitung“.

In der Aussprache wiesen Diskussi-onsteilnehmer auf die Bedeutung des christlichen Liebesbegriffes als Ausgangspunkt und Zentrum allen Bemühens in der Diakonischen Stif-tung Wittekindshof hin. Von daher hätten sie sich diesen Begriff auch im Mittelpunkt des Handlungslei-tenden Bildes gewünscht. Prof. Star-nitzke wies darauf hin, dass der ge-wählte Begriff der Teilhabe in keiner Konkurrenz dazu stehe: „Teilhabe ist ein zutiefst christlicher Begriff, der als Leitwert alle Lebensphasen umfasst – vom Allerkleinsten bis zum Sterbenden. Liebe gibt dabei die Kraft, Menschen Teilhabe zu eröffnen. Der Begriff der Teilhabe muss für uns dabei in den nächsten Jahren im Vordergrund stehen.“

Handlungsleitendes Bild vorgestellt Mitarbeiterschaft und Diakonengemeinschaft diskutieren

Professor Dr. Dierk Starnitzke

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zu ermöglichen. Ähnliches gilt in den Arbeitsintegrationszentren, wo einzelne Beschäftigte mit besonde-rem Unterstützungsbedarf in enger Abstimmung mit dem jeweiligen Wohnbereich auf selbständiges Arbeiten vorbereitet werden.

Langfristige Planung ist eine wichti-ge Voraussetzung, damit möglichst vielen Beschäftigten eine intensivere Teilhabe an der Arbeitswelt möglich wird. Es müssen Entscheidungen getroffen werden, die häufig lang-fristiger, spezieller Vorbereitungen bedürfen. Den Begriff der „Karriere-planung“ möchte Andreas Summe in diesem Zusammenhang gerne vermeiden und nennt es deshalb

Wittekindshofer Werkstätten Wittekindshofer Werkstätten/Sport

vieles bewirkt“, freut sich Andreas Summe über die Unterstützung.

Ca. 70 Personen werden derzeit in den Kreisen Minden-Lübbecke und Herford von Andreas Summe und einem von ihm angeleiteten Team unterstützt. In der West-Region um Gronau sind es noch einmal 26 Personen. Andrea Dingslake hat dort die Verantwortung für Integrationsassistenz inne. Die Verantwortlichen ‚vor Ort’ stimmen ihre Arbeit eng mit dem jeweiligen Integrationsfachdienst des Land-schaftsverbandes ab. Andreas Sum-me berichtet hier von einer sehr effizienten Zusammenarbeit zum Wohle jedes einzelnen Klienten. Auch zu Integrationsassistentinnen und –assistenten anderer Anbieter sei ein guter Kontakt vorhanden, man helfe einander, wenn dazu die Möglichkeit besteht.

Bis zum Jahresende 2010 haben die Wittekindshofer Integrationsassis-tenten noch Zeit, um die Vereinba-rungen zu erreichen, die seitens der Diakonischen Stiftung Wittekinds-hof mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe in einer ‚Individu-ellen Zielvereinbarung (IZV)’ fixiert wurden. Andreas Summe aber auch Reiner Breder, der für „Arbeit und Unterstützende Dienste“ der verantwortliche Ressortleiter ist, sind zuversichtlich, die eingegange-nen Verpflichtungen rechtzeitig zu erfüllen. Das Erreichen der Verein-barungen dürfe aber kein Nach-lassen der Bemühungen zur Folge haben, Menschen auch weiterhin die intensive Teilhabe am Arbeitsle-ben zu eröffnen.

Wichtig sind dafür auch die Übergangsgruppen: Hier werden Beschäftigte an ihren bisherigen Arbeitsplätzen besonders gefördert und gefordert, um sie auf weitere anspruchsvolle Aufgaben vorzube-reiten oder ihnen durch Praktika erste Eindrücke und Erfahrungen

„Beschäftigten aus den Wittekinds-hofer Werkstätten Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt zu ermögli-chen, ist nur ein Teil unserer Auf-gaben“, betont Andreas Summe, Leiter des Bereiches „Arbeit und berufliche Integration“. Wollte man die Bemühungen, die für sämtliche Wittekindshofer Werkstätten glei-chermaßen gelten, auf eine Formel bringen, müsste sie, so Summe, lauten: „Teilhabe am Arbeitsleben intensivieren, Entwicklungen vorbe-reiten und Karrieren begleiten.“

Die Dynamik und Vielschichtigkeit, die hinter den damit verbundenen Aktivitäten steckt, zeigt sich auch daran, dass einmal geprägte For-mulierungen rasch veralten können: „Der Begriff der ‚ausgelagerten Arbeitsplätze’ passt weder von der Begrifflichkeit noch vom Inhalt“, sagt Summe und erläutert: „Nie-mand wird ‚ausgelagert’! Die Be-

schäftigten, die einen anderen Ar-beitsplatz ausprobieren oder auch wirklich wechseln, blieben zum weit überwiegenden Teil Mitarbeitende der Wittekindshofer Werkstätten – mit allen Rechten und Pflichten.“ Zudem seien auch Arbeitsplätze innerhalb der Diakonischen Stiftung Wittekindshof und ihrer Strukturen von großer Bedeutung.

So sei die Arbeitsgruppe in der Wä-scherei der Diakonischen Stiftung ein erfolgreiches Beispiel: Derzeit sind dort 14 Personen – Tendenz steigend – beschäftigt und von den tariflich angestellten Mitarbeiten-den in hohem Maße akzeptiert. Andreas Summe betont, dass solche positiven Entwicklungen immer auch von der Bereitschaft der jeweiligen Leitungen und der Mitarbeiterschaft abhängen: „Hier haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wäscherei bereits

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Arbeit und berufliche Integration Intensive Teilhabe am Arbeitsleben

Eine Erfolgsgeschichte: 14 Personen haben neue Arbeitsfelder in der Wäscherei gefunden: Marie-Luise Streichardt (l.) wird in ihrer Arbeit durch Karin Knipping und Rüdiger Peters unterstützt und beraten. Burkhard Baaske (r.) sortiert Wäsche.

Uschi Kruck an der Nähmaschine: Es ist ihr Wunscharbeitsplatz

(v.l.) Norbert Heider, Uwe Heusinger, Andreas Neese, Werner Nauerth

Vier Brüder in New YorkAm ersten Sonntag im November trafen sich zig-Tausende von Läu-ferinnen und Läufern, um den 40. New York Marathon zu bestreiten. Rund 50.000 Sportler, etwa 2 Milli-onen Zuschauer waren diesmal mit dabei, als es galt die Strecke durch Staten Island, Brooklyn, Queens, die Bronx und Manhattan zu be-wältigen. Mit am Start waren vier Mitarbeiter aus der Diakonischen Stiftung Wittekindshof, die zu einer zehnköpfigen Delegation der TG Werste gehörten: Norbert Heider, Uwe Heusinger, Andreas Neese und Werner Nauerth.

„Am Ende waren wir schon etwas müde“, berichtete Uwe Heusinger, „aber es war ein tolles Erlebnis und wir freuten uns gemeinsam mit den anderen Läuferinnen und Läufern aus allen Nationen.“ Wenn Witte-kindshofer irgendwo an den Start gehen, dann hat das aber auch

„Berufswegeplanung“: „Dabei geht es nicht nur darum, dass wir etwas für die Beschäftigten überlegen und mit ihnen besprechen. Sie müssen auch selbst die Möglichkeit haben, ihre Wünsche zu erkennen, Pläne zu entwickeln und auf ihre Verwirk-lichung hin zu betrachten. Um dies systematisch zu fördern, wird es noch im ersten Halbjahr eine mehr-tägige Fortbildungsveranstaltung geben, bei der Beschäftigte und Integrationsfachleute gemeinsam über die individuellen beruflichen Entwicklungsperspektiven nachden-ken werden.“ Für viele der Beschäf-tigten soll es das erste Mal sein, dass sie auswärts eine Fortbildungs-veranstaltung besuchen werden.

immer eine geistliche Dimension. So fühlte sich der Wittekindshofer Athlet bei seinem langen Weg durch New York an Jesaja 40, Vers 31 erinnert: „Die auf den Herren harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“ Wie schon gesagt: Die Wittekindshofer haben allesamt nach 42,195 Kilometern ihr Ziel erreicht!

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Frühförderung Frühförderung/Termine

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Interdisziplinäre Frühförderung „Unter einem Dach, aus einer Hand!“

erhalten sie angemessene Hilfen und Beratung, um Behinderungen und Entwicklungsverzögerungen frühzeitig und bestmöglich begeg-nen zu können.

Beratungs- und Hilfeangebote nehmen grundsätzlich den ganzen Menschen und seine möglicher-weise vielschichtigen Bedarfe in den Blick. Die Organisation einzel-ner Hilfen und ihre Abstimmung untereinander sind Aufgabe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Interdisziplinären Frühförde-rung. Es wird sichergestellt, dass ein Kind die individuell erforderlichen Leistungen erhält: Heilpädagogi-sche, medizinisch-therapeutische und psychologische.

Eltern erfahren Entlastung – sie sind nicht länger gezwungen, womög-lich landauf, landab, Unterstüt-zungsmöglichkeiten ausfindig zu machen, ihre Wirkung zu erproben und unter Umständen eine Kosten-übernahme zu erstreiten.

Mitunter sind Eltern verunsichert, haben Fragen zu der Entwicklung, die sie bei ihrem Kind beobachten. Auch hier ist die Interdisziplinäre Frühförderung eine verlässliche Ansprechstation: schließlich haben die dortigen Fachleute die erfor-derliche Erfahrung, um gezielte Hinweise oder auch eine Entwar-nung geben zu können. Falls es erforderlich scheint, ist natürlich die fundierte Diagnose des Facharztes die unverzichtbare Basis für die nachfolgende Tätigkeit der Interdis-ziplinären Frühförderung. Die mit

den Behandlungen verbundenen Kosten werden grundsätzlich vom örtlichen Sozialhilfeträger und den Krankenkassen übernommen. Auch dabei beraten die Fachleute.

Seit dem April des letzten Jahres ist die Diakonische Stiftung Wittekinds-hof berechtigt, ihre Leistungen im Sinne der Interdisziplinären Früh-förderung den Familien im Kreis Minden-Lübbecke anzubieten: Aus etwa sechzig Anfragen und Kon-takten mit Eltern und ihren Kindern sind gegenwärtig umfangreichere Fördermaßnahmen – so genannte Komplexleistungen – für etwa 14 Kinder und deren Familien erwach-sen. Weitere acht Kinder erhalten derzeit spezielle heilpädagogische Förderung. Ein Teil dieser Angebote wird mobil erbracht: das bedeutet, dass die Leistungen direkt in der häuslichen Umgebung des Kindes angeboten werden. Neben ge-zielter Einzelförderung sind auch Angebote der Gruppenförderung vorgesehen.

Haben Sie weitere Fragen oder Anregungen oder wünschen Sie weitere Informationen, sprechen Sie bitte Frau Regina Detering oder Frau Malu Fels im Therapie-zentrum an.

Telefonkontakt (0 57 34) 61-2250.

Cederic bei der Sprachtherapie

Kahlil genießt die Zuwendung bei der Frühförderung.

Seit knapp einem Jahr gibt es auf dem Gründungsgelände der Diako-nischen Stiftung Wittekindshof eine Interdisziplinäre Frühförderung. Derzeit liegt ihr räumlicher Schwer-punkt im Therapiezentrum. Ab April wird in Espelkamp, in zentraler Lage in der Breslauer Straße 56, ein weiterer Standort eröffnet,

um die wohnortnahe Versorgung auch für den Norden des Kreises Minden-Lübbecke zu gewährleisten. Zielgruppe dieses Angebotes sind Kinder von der Geburt bis zum Beginn der Schulpflicht sowie ihre Eltern und Bezugspersonen. Auf der Basis verlässlicher Rechts- und Finanzierungsgrundlagen

Veranstaltungen

Freitag-Sonntag, 23.-25. April Internationales Motorrad- und Gespanntreffen rund um Schloss Benkhausen in Espelkamp Höhepunkt wird am Samstag, um 13 Uhr die große Ausfahrt zum Dümmer See sein.

Samstag, 24. April, 10 Uhr Jahresversammlung der Eltern, Angehörigen und gesetzlichen Betreuer Der Angehörigenbeirat lädt alle Interessierten in die Kapelle der Diako-nischen Stiftung Wittekindshof in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen ein.

Samstag, 24. April, nachmittags Frühlingsfest in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen Rund um den Dorfplatz des Witte-kindshofer Gründungsgeländes findet das Frühlingsfest mit Unterhaltungs-programm und leckeren Köstlichkeiten statt.

Freitag, 28. Mai Let’s Dance Zur zweiten integrativen Disko im Bürgerhaus Espelkamp sind alle Men-schen eingeladen, die Spaß an Musik und Tanz haben.

Sonntag, 30. Mai 123. Wittekindshofer Jahresfest Das diesjährige Wittekindshofer Jahresfest findet in alter Tradition auf dem Gründungsgelände in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen statt. Interessierte werden mit dem Fest-gottesdienst, Motorradrundfahrten, Vorstellung verschiedener Wittekinds-hofer Bereiche und der Festrede durch den Tag begleitet.

Samstag-Sonntag 3.-4. Juli 500 Jahre Benkhausen Das Jubiläum wird im Rahmen der Benkhausener Gartentage gefeiert. Gleichzeitig wird das LandArt Festival im Kreis Minden-Lübbecke eröffnet.

Weitere Infos finden Sie im Internet unter: www.wittekindshof.de

Team der Interdisziplinären Frühförderung (v.l): Alfonsina Piazza, Sabine Peters, Marie- Luise Könenkamp, Malu Fels, Dorothea Schulz, Manuela Stephan-Oke, Janine Heisig, Mossa Mehsin, Regina Detering

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Spenden

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Wohnbereiche/Nachruf

Lassen Sie mich diese ersten Be-trachtungen über die Wittekinds-hofer Spendenaktivitäten in diesem Jahr mit einem persönlichen Wort beginnen: Es ist mir ein Anliegen auch auf diesem Weg „Danke“ zu sagen. Danke für die vielen freund-lichen und ermutigenden Rück-meldungen, die wir hier im Blick auf das Projekt „Arbeit + Bildung = Chance!“ erhalten haben. Danke für zahlreiche Spenden, die einen wichtigen Beitrag zum Gelingen des Schulneubaues aber auch bei der Neugestaltung der Wittekindshofer Werkstatt an der Sonnenbrede bedeuten. Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass viele Unter-stützerinnen und Unterstützer der Wittekindshofer Anliegen der Einladung gefolgt sind, sich auch im Internet über unsere Vorhaben zu informieren.

Der „Chancenshop“ ist ein Expe-riment, aus dem wir lernen und Konsequenzen ziehen: Seit ganz kurzer Zeit haben wir diese Seiten überarbeitet und neu gestaltet. Mit diesem Relaunch – so der branchen-übliche Fachausdruck – laden wir zu einer noch intensiveren Kommu-nikation ein. Sie können uns sagen, was Ihnen besonders gefällt – und vielleicht auch, warum. Sie können uns nun ein Bild zur Verfügung stellen und sich als Unterstützerin oder Unterstützer des Projektes zu erkennen geben – wenn Sie das möchten. Und wir verpflichten uns, dass es im „Chancenshop“ bei vielfachem Zugriff nie langweilig wird, indem wir immer wieder neue Produkte vorstellen und dabei auch dem kleinen Spendergeldbeutel mit dem gehörigen Respekt be-

gegnen. Soll heißen: Sie müssen kein Vermögen einsetzen, um der Diakonischen Stiftung Wittekinds-hof wirksam zu helfen.

Erhöht wurde zudem der Informa-tionsgehalt im „Chancenshop“: so können Sie sich unmittelbar einen Überblick verschaffen, wie die einzelnen Schulräume ausgestattet und welche Einrichtungsgegen-stände und Therapieangebote aus Spendenmitteln angeschafft werden sollen. Auch hier gibt es Grund zur Dankbarkeit, haben sich doch bereits zwei Stiftungen dazu bereit erklärt, jeweils einen Fach-raum komplett auszustatten bzw. die dafür entstehenden Kosten zu übernehmen. Mehrere Unterneh-men haben zugesagt, sich an den Anschaffungskosten zu beteiligen. Dafür suchen wir auch weiterhin Unterstützer. Diakon Peter Dürr, der seit Jahresbeginn intensiv an der Kampagnenrealisierung „A+B=C“ mitarbeitet, berät dabei gerne.

Recht erfolgreich verlaufen auch die Aktionen, bei denen Bausteine für die Schule oder die Werkstatt zur Verfügung gestellt werden. Wir zei- gen die vorliegenden Bestellungen in der Galerie im „Chancenshop“.

Spenden Sie doch, was Sie wollen!

Dort können Sie sich mit Ihrer ganz individuellen Inschrift in die bunte Gruppe der Unterstützer einreihen und erhalten sofort einen treffen-den Eindruck davon, wie ‚Ihr Stein’ aussehen kann. Also – es lohnt sich auf jeden Fall (mal wieder?) unter www.chancenshop.de vorbeizu-schauen.

Derweil sich auf der Mäusewiese am Wittekindshofer Dorfplatz in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen noch der Schnee stapelt, planen wir schon das Frühjahr mit hof-fentlich angenehmeren Tempera-turen. Junge Leute aus Schulen, Kindergärten und Jugendgruppen sollen dann das Gelände bevöl-kern und ihre Geschicklichkeit am großen Käselochspiel erproben. Zur Erinnerung werden dann hölzerne Mäuse kreiert und auf der Wiese ausgestellt. Der Bewohnerbeirat wird die gelungensten Tierchen regelmäßig prämieren. Also freuen wir uns schon auf den Frühling und die bunte Mäusepracht. Wenn Sie mitmachen wollen: Sie sind herzlich eingeladen!

Es grüßt Sie freundlich

Maik Meid

Rahdener Andacht

Seit Anfang des Jahres sind die Türen der evangelischen Johannes-kirche in Rahden donnerstags ab 18 Uhr weit geöffnet. Bewohner und Mitarbeiter des Wittekinds-hofer Wohnhauses Aleida und die Kirchengemeinde laden gemeinsam zu einer halbstündigen „Andacht nach dem Glockenläuten“ ein. „Wir wollen den Alltag unterbrechen, uns manchmal vielleicht in einer un-gewohnten Form an die alten Texte der Bibel erinnern und im gemein-samen Singen und Beten auftan-ken“, erklärt Meike Griepenstroh, Mitarbeiterin im Haus Aleida.

Im Rahmen ihrer Ausbildung als Diakonin hat die Rahdenerin die „Andacht nach dem Glockenläu-ten“ im Gespräch mit den Gemein-depastoren und Kolleginnen und Kollegen aus dem Wittekindshof entwickelt. Die Begegnung zwi-schen Menschen mit und ohne Behinderung hat bei den Planungen zentrale Bedeutung. „Wir wollen die Andacht auch als Treffpunkt mit der übrigen Rahdener Bevölkerung nutzen“, kündigt Meike Griepen-stroh an, die sich freut, dass in den letzte Jahren schon viele Kontakte aufgebaut wurden, an die sie jetzt anknüpfen kann.

Die ersten „Andachten nach dem Glockenläuten“ haben Mitarbeiten-de und Bewohner aus dem Haus Aleida vorbereitet. In der Passi-onszeit werden die Pfarrer Stefan Thünemann und Hanns Meiners die Andachten gestalten.

Nach schwerer Krankheit verstarb am 16. Dezember 2009 der Rechts-anwalt und Notar Franz Wieneke. Er war lange Jahre zweiter Vor-sitzender des Wittekindshofer Angehörigenbeirates (ABR). In den letzten beiden Jahren hat er zudem als Schriftleiter den Angehörigen-brief verantwortet und bereicherte damit die Arbeit der Interessenver-tretung der Eltern, Angehörigen und gesetzlichen Betreuer. Geprägt durch vielseitiges Wissen gab er Hinweise und konkrete Hilfestellun-gen sowohl in seinen Beiträgen im Angehörigenbrief oder als auch bei den Jahrestagungen. Ein besonde-res Anliegen war ihm die Förderung des Ehrenamtes, um so die Frei-zeitgestaltung von Menschen mit Behinderung zu verbessern.

Durch seine regelmäßige Teilnahme an Angehörigentagungen im Rah-men des Bundesverbandes evange-lische Behindertenhilfe (BeB) hat er den ABR nach außen vertreten und den Austausch mit Angehörigen aus anderen Einrichtungen ge-pflegt. Gemeinsam mit dem ersten

Vorsitzenden Helmut Pohlmann führte er regelmäßig Gespräche mit dem Vorstand und mit Mitgliedern der Ressortleitungskonferenz der Diakonischen Stiftung Wittekinds-hof. Allseits geschätzt wurde sein zugewandter und von persönlicher Achtung geleiteter Umgang. Mit seiner fundierten, stets sachlichen Gesprächskultur, bewies er vielfach seine hohe Vermittlungsfähigkeit.

Für sein kontinuierliches ehrenamt-liches Engagement, auch anlässlich der Gründung des Angehörigen-beirates, wurde er 2007 mit dem Goldenen Kronenkreuz des Diako-nischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland geehrt. In der Begründung zur Verleihung des Kronenkreuzes betonten Vor-standssprecher Pfarrer Professor Dr. Dierk Starnitzke und Ressortleiter Uwe Thünemann, dass sich Franz Wieneke mit Nachdruck für die In-teressen und Rechte von Menschen mit Behinderung sowie für die Diakonische Stiftung Wittekindshof eingesetzt habe.

Das Engagement von Franz Wieneke war auf beeindruckende Weise von einer positiven Lebens-einstellung geprägt, an der er auch angesichts seiner schweren Erkran-kung festhielt und damit anderen Menschen Mut in schwierigen Lebensphasen vermittelte.

Franz Wieneke wurde am 22. De-zember 2009 in Geseke beigesetzt.

Zum Tode von Franz Wieneke

Franz Wieneke

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Nachruf Nachruf

in den letzten 20 Jahren gewe-sen. Sein Wirken ist dabei von der Zielstellung her zu verstehen, dass er die Unterstützung von Menschen mit Behinderung in unserem Lande und besonders in der Diakonie ver-bessern wollte. Dabei hat er auch konzeptionell bereits vor vielen Jahren in weit beachteten Reden Gedanken formuliert, die der da-maligen Arbeit der Behindertenhilfe die Richtung gewiesen haben.

Er brachte z.B. einen Begriff wie Selbstbestimmung konsequent in die Behindertenhilfe ein. So formulierte er in einem Vortrag auf einer Fachtagung in Berlin folgende Sätze: „Die Respektierung eines Menschen mit Behinderung als ein konkret Erlebender, selbstbestim-mender und selbstgestaltender Mensch ist die gute Voraussetzung für ein gutes Miteinander Behinder-ter und Nichtbehinderter. (…) Sie sollen so leben wie du und ich.“ In der Diakonischen Stiftung Witte-kindshof sind wir an vielen Stellen eigentlich erst heute soweit, diese Standards umzusetzen, die Erich Eltzner für die Behindertenhilfe schon vor etlichen Jahren eingefor-dert hat.

Als ich meinen Dienst im Wit-tekindshof vor gut drei Jahren begonnen habe, da habe ich recht bald erfahren, dass Bruder Eltzner schwer erkrankt ist. Wir trafen uns seitdem regelmäßig zum Geburts-tag und zu anderen festlichen

Anlässen. Da konnte ich ihn auch zu Hause besuchen und seine Familie näher kennen lernen. Immer haben wir dabei intensiv über die Gestaltung der diakonischen Arbeit im Allgemeinen und besonders im Wittekindshof debattiert und unse-re Positionen miteinander ausge-tauscht, die sich durchaus auch an bestimmten Stellen unterschieden haben.

Mit großer Disziplin, die ihm schon während seiner Berufstätigkeit zueigen war, hat Erich Eltzner bis zuletzt an der Arbeit und am Leben des Wittekindshofes teilgenommen. Wichtig war ihm die Gemeinschaft in der Brüder- und Schwestern-schaft, der er ja ebenfalls 18 Jahre vorgestanden hat. Er hat sich immer den Blick über den Tellerrand des Wittekindshofes erhalten. So blieb er bis zum Schluss Mitglied der Dia-koniegemeinschaft Stephanstift e.V. in Hannover. Er hat sich im Verband Evangelischer Diakonen-, Diakonin-nen- und Diakonatsgemeinschaften in Deutschland e.V. (VEDD) enga-giert und dabei die Weiterentwick-lung des Diakonates auf Bundes- und Europaebene gefördert.

Mit der Brüder- und Schwestern-schaft des Wittekindshofes und dem Pensionärsclub der ehemali-gen Mitarbeitenden hat er jedoch besonders intensiven Kontakt ge-pflegt. In der letzten Woche seines Lebens hat er all seine Kraft einge-setzt, um seine Zeit mit Mitgliedern

des Pensionärsclubs Wittekindshof zu teilen. Nach dem Ende dieser letzten gemeinsamen Reise ist er innerhalb weniger Stunden verstor-ben. Das war ein Lebensabschluss, wie er ihn sich gewünscht hat. Bis zum Schluss aktiv in der diakoni-schen Gemeinschaft.

Für manche mag es überraschend sein, dass er nun nach seinem Tod auf dem Friedhof des Witte-kindshofes begraben liegt. Aber die ihn näher kannten, wussten, wie wichtig ihm der Wittekindshof ist. Und deshalb ist es auch ganz authentisch und passend, dass er hier seine letzte Ruhestätte gefun-den hat.

Wir denken an Bruder Eltzner mit höchstem Respekt vor seiner be-deutenden Wirksamkeit für unsere Stiftung und die deutsche evangeli-sche Diakonie. Unser Mitgefühl gilt seiner Ehefrau Eva-Maria, den vier Kindern, den zehn Enkelkindern so-wie dem Urenkel und den anderen Familienangehörigen.

Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke, Vorstandssprecher

Am 12. Dezember 2009 ist der langjährige Vorsteher des Witte-kindshofes Pfarrer i. R. Erich Eltzner nach langer, schwerer Krankheit verstorben. Es ist kein Zufall, dass wir ihn nach dem Trauergottes-dienst in der Erlöserkirche neben dem Grab des Gründers des Wittekindshofes, Pfarrer Krekeler, bestattet haben. Denn Pfarrer Eltz-ner hat ohne Zweifel seinen Dienst in unmittelbarer Nachfolge der Anstaltsleiter verstanden, die vor ihm dem Wittekindshof vorgestan-den haben.

Pfarrer Erich Eltzner hat seine Arbeit für die Diakonische Stiftung Wittekindshof 1980 begonnen. Er hat sich seitdem eigentlich bis zum letzten Tage seines Lebens für die Diakonie, die Kirche und den Witte-kindshof engagiert. Während seiner Zeit als Vorsteher, die 1998 ende-te, hat er einerseits die Stiftung geleitet. Er hat andererseits durch sein sozialpolitisches Engagement für die Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft hinein gewirkt. Zweierlei war dabei für ihn beson-ders prägend: 1. seine unbedingte Fürsprache für Menschen mit Behinderung, wobei er unter ande-rem sehr klare ethische Positionen vertreten hat; 2. seine erfolgreichen Bemühungen, die Themen von

Menschen mit Behinderung in die Öffentlichkeit zu bringen. Deshalb hat er immer wieder die Brücke zwi-schen Politik und Diakonie gebaut. Die Besuche von Bundespräsident Richard von Weizsäcker, Bundes-kanzler Helmut Kohl und Minister-präsident Johannes Rau sind die besten Beispiele dafür.

Er ist aber nicht nur nach außen, sondern auch innerhalb von Kirche und Diakonie mit großem Enga-gement und Erfolg politisch tätig gewesen. Ab 1987 war er Vorsit-zender des bundesweiten Fachver-bandes der Diakonie zunächst im Bereich der Hilfen für Menschen mit geistiger und seelischer Behinde-rung. Nach der Wende hat er sich für die Fusion mit dem Ost-Verband und wenige Jahre später für den Zusammenschluss mit dem Körper-behindertenverband eingesetzt. Zum 100-jährigen Fachverbands-jubiläum, das im Wittekindshof in Anwesenheit von Bundeskanzler Helmut Kohl und Ministerpräsident Johannes Rau gefeiert wurde, wurde der Bundesverband evan-gelische Behindertenhilfe (BeB) als gemeinsame Stimme der Diakonie für Menschen mit Behinderung gegründet dessen erster Vorsit-zender Pfarrer Erich Eltzner war. Sein Nachfolger war Klaus-Dieter

Kottnik, der heute Präsident des Diakonischen Werkes der Evangeli-schen Kirche in Deutschland (EKD) ist und mit Erich Eltzner bis zuletzt guten Kontakt pflegte. Der nächste Nachfolger in diesem Amte Michael Conty war bei der Trauerfeier mit anderen Mitgliedern des Vorstan-des und der Geschäftsführung des BeB anwesend und hat dort die Verdienste von Erich Eltzner als “vielseitig engagierter Pfarrer” und “überzeugter und überzeugender Diakoniker” noch einmal in seiner Trauerrede gewürdigt.

Pfarrer Eltzner war auch nach dem offiziellen Ende seines Dienstes im Wittekindshof weiter in hohem Maße für die evangelische Diakonie in Deutschland tätig. Bis 2002 war er BeB-Vorsitzender, aber er hat sich auch anschließend als Ehrenvorsit-zender im und für den BeB und für Menschen mit Behinderung enga-giert. Bis zuletzt hat er regen Anteil an den Entwicklungen in Kirche und Diakonie genommen, hat viele Kontakte zu Entscheidungsträgern gepflegt und dabei auch immer wieder eine klare eigene Position bezogen.

So ist er ohne Zweifel eine der prägenden Persönlichkeiten der deutschen evangelischen Diakonie

Prägende Persönlichkeit der DiakoniePfarrer i. R. Erich Eltzner (29.08.1933 bis 12.12.2009)

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Nachruf/Personalia

Bei den Neuwahlen zum Rat der Diakonischen Brüder- und Schwes-ternschaft Wittekindshof wurden die Diakone Hartmut Wloka und Günter Weingarten in ihren Ämtern bestätigt. Neu in den Rat gewählt wurde Diakon Bernhard Höhr.

Seit Beginn letzten Jahres wer-den die Sportaktivitäten auf dem Wittekindshofer Gründungsgelände durch die „Therapeutischen Diens-te“ koordiniert und verantwortet. Deshalb haben Diakon Dieter Spier und Lothar Kassebaum die Struk-tur des vormaligen Freizeitwerkes verlassen und arbeiten nun im Rahmen der „Therapeutischen Dienste“.

Diakon Lars Gehrmann ist seit Mai 2009 Leiter des Sozialdienstes der Wittekindshofer Werkstätten sowie des Berufsbildungswerkes und zugleich Bereichsleiter des KIZ Volmerdingsen. Mit der dortigen Teamleitung wurde Diakonin Sabine Kötitz-Hielscher beauf-tragt, zudem koordiniert sie dort die Seniorenarbeit. Diakon Bernd Seiler (Reisen und Begegnung), die Heilerziehungspflegerin Karin Poad (Erwachsenenbildung) und die Diakonische Mitarbeiterin Edith Schafmeier (Kunst und Kreatives) koordinieren und begleiten die Angebote und Veranstaltungen im KIZ Volmerdingsen. Seit kurzem zählen auch Tanja Lander und Axel Fründ zum KIZ-Team.

Seit Jahresbeginn ist die Diakonin Monika Grimm mit der Leitung des Berufsbildungsbereiches in den Wittekindshofer Werkstätten in der Betriebsstätte Sonnenbrede

Personalia

Personalia

Verstorbene

In der Bewohnerschaft der Dia-konischen Stiftung Wittekindshof verstarben:

28.10.09 Helma Kuberka, Lazarusheim06.11.09 Hartmut Schmidt, Haus Wilm09.11.09 Dorothe Hilbing, Annaheim07.12.09 Friedhelm Kammradt, Werrehaus27.12.09 Inge Könemann, Martahaus27.12.09 Carola Sundermeier, Goldkreuz04.01.10 Lotte Müle, Marienheim

05.01.10 Horst-Dieter Feja, Wohnhaus Enger23.01.10 Horst Beher Marthahaus23.01.10 Ute Alexander Annaheim IV26.01.10 Paul Gräwe Weihestraße26.01.10 Ingeborg Rohde Elisabethheim30.01.10 Hans Walter Reese Bethanien31.01.10 Werner Kreimeier Bethanien03.02.10 Rudi Milde Weihestraße

Aus dem Kreis der Mitarbeiterschaft bzw. der ehemaligen Mitarbeiter verstarben: 12.12.09 Pastor Erich Eltzner, Leitung Wittekindshof23.12.09 Jutta Petzel, Verwaltung Wittekinds- hofer Werkstätten24.12.09 Wilhelm Aschermann, Weserland/Ravensberg06.01.10 Wilfried Scheer, Weserland/Ravensberg08.01.10 Joachim Geißler Bethanien

beauftragt. Zuletzt war die gebürtige Gronauerin sieben Jahre lang Team-leiterin in der Verbundgrup-pe München/

Nürnberg im Bad Oeynhausener Schülerdorf.

Der Diplom-Sozialpädagoge Klaus Daniel ist seit Mitte Januar 2010 Leiter des neu geschaffenen Geschäftsbereiches Hamm-Waren-dorf. Im Geschäftsbereich werden

vielfältige Wohn- und Beratungsan-gebote auch für Kinder und Jugendliche vorgehalten. Bislang sind dort rund 20 Mitarbeitende

beschäftigt. Die Arbeit soll in die-sem Jahr deutlich erweitert werden.

Hubert Hüppe ist seit Beginn des Jahres neuer Beauftragter der Bun-desregierung für die Belange behin-derter Menschen. Der langjährige behindertenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Deutschen Bun-destag löst Karin Evers-Meyer ab, die dieses Amt seit 2005 innehatte. Hüppe, der 2006 im Wittekindsho-fer Haus Aleida in Rahden zu Gast war, möchte die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in den Mittelpunkt seiner Bemühun-gen stellen.

Monika Grimm

Klaus Daniel

Erich Eltzner

“Ich bin traurig, dass Erich Eltzner nicht mehr unter uns ist, zu uns spricht, predigt und als Seelsorger, Sozialpolitiker, Wegbegleiter und Wegbereiter seinen ganz spezifi-schen Beitrag für den Bau einer gerechteren und menschlicheren Welt leistet.” Michael Conty, BeB-Vorsitzender

Pfarrer Erich Eltzner hat in zahl-reichen kirchlichen und diakoni-schen Gremien mitgearbeitet. Sein Einsatz galt Menschen mit Behinderung und der Versöhnung mit Israel. Einige Aufgaben und Funktionen:

Gemeindepfarrer und Jugendpfarrer im Kirchenkreis Hagen

Landesjugendpfarrer der Evangelischen Kirche von Westfalen

Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej)

Mitglied der Jugendkammer der Evangelischen Kirche in Deutschland

Vorsteher des Wittekindshofes und der Diakonischen Brüder- und Schwesternschaft Wittekindshof

Mitglied im Vorstand des Diakonischen Werkes Westfalen

Mitglied der Diakonischen Konferenz und des Diakonischen Rates

Vorsitzender des Kuratoriums der Diakonischen Akademie, Berlin

Mitglied Deutsch-Israelische Fachkommission der Bundesregierung

Vorsitzender und Ehrenvorsitzender des „Bundesverbandes evange-lischer Behindertenhilfe” (BeB) und seines Vorläufers; Pfarrer Eltzner hat sich nach der Wende für die Fusion des „Verbandes evangelischer Einrichtungen für geistig und seelisch Behinderte e.V.” (VEEGSB) mit dem Ost-Verband zum „Verband evangelischer Einrichtungen für Menschen mit geistiger und seelischer Behinderung e.V.” (VEEMB) eingesetzt und 1998 den Zusammenschluss mit dem Körperbehin-dertenverband, „Verband evangelischer Einrichtungen für die Rehabi-litation Behinderter e.V.” (VEERB) zum BeB herbeigeführt.

Pfarrer Erich Eltzner wurde 1993 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen, seit 1999 war er Träger des Verdienstkreuzes 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Bei der letzter Sitzung im Dezember 2009 waren im Kuratorium der Dia-konischen Stiftung einige satzungs-bedingte Wechsel zu verzeichnen: So schieden der Erste Beigeordnete der Stadt Gronau, Dr. Markus Büning, die ehemalige Schulleiterin des Bad Oeynhausener Immanu-el-Kant-Gymnasiums, Hannelore Ziegler-Bruns, der Ex-Landrat des Mühlenkreises, Wilhelm Krömer sowie Manfred Beste aus dem Gremium aus. Beste hatte im Kura-torium besonders die Interessen des Angehörigenbeirates vertreten. Neu hinzugekommen ist Lothar Klen-ner aus Beckum, der ebenfalls auf Empfehlung des Angehörigenbeira-tes in das Gremium gewählt wurde, dem weiterhin Pfarrer i.R. Sieghard Driftmann vorsitzen wird.

Wechsel im Kuratorium