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Nadine Deusing Die Reaktionen der Bevölkerung auf die Judenverfolgungen in der Reichspogromnacht 1 EINLEITUNG Die Reichspogromnacht – zum ersten und einzigen Mal in der Geschichte des Dritten Reiches wurden alle Deutschen öffentlich und gleichzeitig mit der antise- mitischen Gewalt konfrontiert. Wie reagierte die Bevölkerung auf die brutalen Ausschreitungen, die sich direkt vor ihren Augen abspielten? War sie einverstan- den mit dem Vorgehen der Nationalsozialisten gegen die Juden? Unterstützte sie – wie von Goebbels im Sinne des spontanen Volkszorns propagiert – die Gewaltta- ten? Wie verhielten sich die Deutschen tatsächlich? Wie stellen die verschiedenen Quellen die Stimmungen im Volk dar? Und welche Rolle spielt bei alldem Goeb- bels’ immer massiver werdende antisemitische Propaganda? Um eine Antwort auf die Fragen zu finden, werden Lageberichte von Verwal- tungsbehörden, die Berichte der Exil-SPD, Gerichtsakten und Tagebuchaufzeich- nungen zur Aufklärung herangezogen. Die Quellen betreffen Einzelbeispiele, meistens aus dem Raum Bamberg, lassen sich jedoch zumindest mit Einschrän- kungen exemplarisch für die Gesamtsituation in Deutschland lesen. 1 Die Lagebe- richte der Verwaltungsbehörden und die der NSDAP-Verbände stammen zum größten Teil aus der Quellensammlung »Bayern in der NS-Zeit«. Die Polizeibe- richte sind Originale, die sich – zusammen mit den Unterlagen der Staatsanwalt- schaft aus der Nachkriegszeit – im Staatsarchiv Bamberg befinden. Die Deutsch- land-Berichte der Exil-SPD sind von Klaus Behnken herausgegeben worden. Die herangezogenen Tagebuchaufzeichnungen stammen von unterschiedlichen Privat- personen jüdischer und nicht-jüdischer Abstammung. Die Presseberichte sind den beiden Bamberger Tageszeitungen entnommen – können aber – aufgrund der Gleichschaltung der Presse im gesamten Reich – ebenso exemplarisch für andere Städte gelten. 2 QUELLEN Die NS-Staatsführung hatte großes Interesse zu erfahren, welche Reaktionen die Bevölkerung auf staatlich angewandte Maßnahmen der Partei – unter anderem auf das Vorgehen gegen die Juden – zeigte. 2 Aus diesem Grund waren im ganzen Reich Polizisten, Bürgermeister, Landräte, Regierungspräsidenten und auch Funk- tionäre der NSDAP und ihrer Gliederungen verpflichtet, höheren Stellen Lagebe- richt zu erstatten. 3 Von den periodischen Lage- und Stimmungsberichten bayeri- scher Bezirksämter und den Gendarmerie-Berichten existiert nicht eine einzige vergleichbar geschlossene Überlieferung wie für den Kreis Ebermannstadt. 4 Dieser Quellenfundus ermöglichte die Untersuchung der öffentlichen Reaktionen auf die Nadine Deusing arbeitet derzeit in der Pressestelle der Stadt Coburg Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte • Band 10 • 2008 Urheberrechtlich geschütztes Material. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in elektronischen Systemen. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2008

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Nadine Deusing Die Reaktionen der Bevölkerung auf die Judenverfolgungen in der Reichspogromnacht

1 EINLEITUNG Die Reichspogromnacht – zum ersten und einzigen Mal in der Geschichte des Dritten Reiches wurden alle Deutschen öffentlich und gleichzeitig mit der antise-mitischen Gewalt konfrontiert. Wie reagierte die Bevölkerung auf die brutalen Ausschreitungen, die sich direkt vor ihren Augen abspielten? War sie einverstan-den mit dem Vorgehen der Nationalsozialisten gegen die Juden? Unterstützte sie – wie von Goebbels im Sinne des spontanen Volkszorns propagiert – die Gewaltta-ten? Wie verhielten sich die Deutschen tatsächlich? Wie stellen die verschiedenen Quellen die Stimmungen im Volk dar? Und welche Rolle spielt bei alldem Goeb-bels’ immer massiver werdende antisemitische Propaganda?

Um eine Antwort auf die Fragen zu finden, werden Lageberichte von Verwal-tungsbehörden, die Berichte der Exil-SPD, Gerichtsakten und Tagebuchaufzeich-nungen zur Aufklärung herangezogen. Die Quellen betreffen Einzelbeispiele, meistens aus dem Raum Bamberg, lassen sich jedoch zumindest mit Einschrän-kungen exemplarisch für die Gesamtsituation in Deutschland lesen.1 Die Lagebe-richte der Verwaltungsbehörden und die der NSDAP-Verbände stammen zum größten Teil aus der Quellensammlung »Bayern in der NS-Zeit«. Die Polizeibe-richte sind Originale, die sich – zusammen mit den Unterlagen der Staatsanwalt-schaft aus der Nachkriegszeit – im Staatsarchiv Bamberg befinden. Die Deutsch-land-Berichte der Exil-SPD sind von Klaus Behnken herausgegeben worden. Die herangezogenen Tagebuchaufzeichnungen stammen von unterschiedlichen Privat-personen jüdischer und nicht-jüdischer Abstammung. Die Presseberichte sind den beiden Bamberger Tageszeitungen entnommen – können aber – aufgrund der Gleichschaltung der Presse im gesamten Reich – ebenso exemplarisch für andere Städte gelten.

2 QUELLEN Die NS-Staatsführung hatte großes Interesse zu erfahren, welche Reaktionen die Bevölkerung auf staatlich angewandte Maßnahmen der Partei – unter anderem auf das Vorgehen gegen die Juden – zeigte.2 Aus diesem Grund waren im ganzen Reich Polizisten, Bürgermeister, Landräte, Regierungspräsidenten und auch Funk-tionäre der NSDAP und ihrer Gliederungen verpflichtet, höheren Stellen Lagebe-richt zu erstatten.3 Von den periodischen Lage- und Stimmungsberichten bayeri-scher Bezirksämter und den Gendarmerie-Berichten existiert nicht eine einzige vergleichbar geschlossene Überlieferung wie für den Kreis Ebermannstadt.4 Dieser Quellenfundus ermöglichte die Untersuchung der öffentlichen Reaktionen auf die

Nadine Deusing arbeitet derzeit in der Pressestelle der Stadt Coburg

Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte • Band 10 • 2008 Urheberrechtlich geschütztes Material. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in elektronischen Systemen. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2008

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Reichspogromnacht. Zu beachten dabei ist allerdings, dass der Inhalt der Berichte oft »von dem engen Horizont und der subjektiven Einschätzung des Berichterstat-ters«5 abhängig war und davon, was der Verfasser für mitteilungswürdig ansah. Die Berichte stammten aus der Feder je eines Beobachters – allein deshalb können sie nicht als repräsentativ gelten.6 Immer kann sich hinter der dargestellten Volks-meinung die Meinung des Berichterstatters verbergen. Allenfalls wurde ver-schleierte Kritik laut, die aus Sicht der Vorgesetzten akzeptabel erschien.7 Regie-rungspräsidenten, Polizisten und die Funktionäre der Partei waren darauf bedacht, Scheinlegitimation durch behauptete Übereinstimmung von Führung und Volk zu erzeugen.8 Ihre Verfasser waren »als Teile des Herrschaftsapparates« auch für »gute Stimmung« zuständig.9 Hatten sie Negatives zu berichten, bekannten sie sich indirekt als mit-schuldig. Die Berichterstatter waren also oftmals selbst einge-schüchtert und wollten sich mit Regimekritik, so weit es ging, zurückhalten. Lieber schrieben sie Halbwahrheiten nieder, die in vielen Fällen auch dadurch zustande kamen, dass besonders systemtreue Berichterstatter den vorgesetzten Stellen Posi-tives aus dem eigenen Zuständigkeitsbereich berichten wollten.10 Trotzdem stellen die Lageberichte eine wertvolle Quelle dar; sie besitzen bei kritischer Abwägung einen hohen Aussagewert.11

Eine Vergleichsmöglichkeit bieten die Deutschlandberichte der SPD (Sopade), die den Gegenpol zu den amtlichen Lageberichten darstellen. Sie erschienen zwi-schen April 1934 und April 1940 und berichteten sehr detailliert über Stimmungen und Verhaltensweisen der deutschen Bevölkerung.12 Sympathisanten der Sozia-listischen Partei erstellten heimlich mehrere zehntausend Berichte, Briefe und andere Schrift-Dokumente, die sie anschließend aus Deutschland herausschmug-gelten. Im Zentralbüro der Partei, zunächst in Prag, später in Paris, wurden sie gesammelt und herausgegeben. Ihre Rezipienten waren Menschen im sozialisti-schen Untergrund Deutschlands sowie Staatsmänner, Geheimdienste und Journa-listen im Ausland.13

Quellenkritisch muss bedacht werden, dass sie zur Publikation vorgesehen waren. Die Sopade versuchte, »eine sich authentisch gebende, das heißt direkt aus Deutschland kommende Alternative zu den NS-Nachrichtendiensten und zur Be-richterstattung der internationalen Presse aus Deutschland aufzubauen«.14 So wurde den Deutschland-Berichten Einseitigkeit und Verzerrung vorgeworfen, persönliche Unwahrhaftigkeit aber nie.15 Zudem enthalten die Berichte eine Fülle an Einzelheiten über die Situation im Reich und liefern somit ein umfassendes Bild von der Stimmung des Volkes.16 Aus diesen Gründen gelten sie heute als wichtige, häufig zu Unrecht unterschätzte Quelle.17

Eine weitere wichtige Quelle zur Untersuchung der Reaktionen der Bevölkerung auf die Judenpogrome 1938 sind Strafprozessakten. Nach 1945 erfolgte angesichts der ungeheuerlichen Verbrechen eine strenge gerichtliche Ahndung der Kristall-nachtdelikte.18 In vielen Orten kam es zu Verhandlungen, in denen Täter und ver-schiedene Zeugen zu den Pogromen Stellung nehmen mussten.19 So auch in Bam-berg. Hier findet sich noch heute eine Synagogenprozessakte, aus der sich der Tathergang rekonstruieren lässt. Allerdings brachte die Justiz den Worten der Zeu-gen kein großes Vertrauen entgegen. Bei den Ergänzungen der Aussagen überwo-

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gen die Vermutungen des Gerichts, dass die Befragten bestrebt gewesen seien, sich selbst so gut es ging, aus der Sache herauszuhalten und unbeteiligt dazustehen.20

Eine besondere Stellung nimmt die Presseberichterstattung rund um die Bege-benheiten im Zusammenhang mit der Pogromnacht ein. Eine objektive Darstellung der Ereignisse kann hier nicht erwartet werden: Es gibt keine Zweifel darüber, »daß die Presse ein Instrument in der Hand der Partei und des Staates war, das in jeder Hinsicht der Verbreitung der offiziellen Politik und ihrer ideologischen Grundlage zu dienen hatte«.21 Die Zeitungen, ihre Herausgeber und die Journalis-ten waren ständiger Überwachung ausgesetzt.22 Die beiden Bamberger Zeitungen, die 1938 erschienen, bildeten hier keine Ausnahme: weder das vor 1933 zentrums-nahe, inzwischen aber nationalsozialistisch gleichgeschaltete ›Bamberger Volks-blatt‹ und auch nicht das nationalsozialistische ›Bayerische Ostmark/Bamberger Tagblatt‹.23 Auch ihre Ausrichtung erfolgte täglich in der so genannten Pres-sekonferenz des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda – »hier wurden die publizistischen Instrumente eingestimmt und der Ton angegeben«.24 Die Journalisten wussten, dass eine Nichtbeachtung der Anweisungen, die im Lauf der Jahre immer strenger wurden, schlimme Folgen wie Geld- oder Gefängnisstra-fen beziehungsweise Berufsverbot haben konnte.25

Unumgängliches Quellenmaterial sind private Aufzeichnungen. Sie jedoch blie-ben auf das enge Lebens- und Arbeitsumfeld ihrer Verfasser beschränkt, da Briefe und Tagebücher nur von den Vorkommnissen in einem Ort, in einer Stadt oder sogar nur aus der Nachbarschaft erzählten. Einzelne Hilfeleistungen dürfen nicht verallgemeinert werden. Doch in der Fülle der Aufzeichnungen und wiederum im Vergleich mit anderen Quellen stößt der Leser auf einen wahren Kern – dann nämlich, wenn sich bestimmte Verhaltensweisen und Meinungsäußerungen der Deutschen untereinander weitgehend decken.

3 DAS ATTENTAT AUF ERNST VOM RATH: PRESSEKAMPAGNE UND

REAKTIONEN DER BEVÖLKERUNG Auftakt der Ereignisse rund um die Reichspogromnacht war das Attentat Herschel Grünspans auf den Legationssekretär Ernst vom Rath am 7. November in der deut-schen Botschaft in Paris. Das Attentat kam den Nationalsozialisten wie gerufen.26 Sie setzten sofort eine Pressekampagne in Gang. Gleich nach dem Attentat er-reichte die Journalisten die kurze Meldung, »in Paris ist der Legationssekretaer der deutschen Botschaft vom Rath durch einen aus Hannover stammenden Juden an-geschossen worden. Hierueber kommt DNB-Meldung.«27

Die Zeitungen im Deutschen Reich hielten sich an die Anweisungen des Reichs-propagandaministeriums.28 Auch die Titelseiten der Bamberger Zeitungen füllten am 8. November 1938 Schlagzeilen über das Attentat. »Wieder hat ein Jude ge-schossen«29 lautete die Überschrift des Leitartikels im ›Bamberger Volksblatt‹. Die Schlagzeile im ›Bamberger Tagblatt‹ war etwas neutraler: »Jüdischer Mordan-schlag in der Pariser Botschaft«30 lautet hier die Dachzeile, »Schüsse auf deutschen Diplomaten«31 die Überschrift. Bei den Unterzeilen verhielt es sich ähnlich: Wäh-rend das ›Tagblatt‹ an dieser Stelle von der schweren Verletzung des Legations-sekretärs und von der Verhaftung des Täters berichtet,32 brachte das ›Volksblatt‹

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bereits das angebliche Tatmotiv, »um die Rassegenossen zu rächen«,33 ins Spiel. Beide Zeitungen behaupteten – noch ehe die polizeilichen Untersuchungen in Frankreich beendet waren – anweisungsgemäß, dass das Attentat auf Ernst vom Rath nicht das Werk eines einzelnen Juden sei, sondern dass es sich um eine Ver-schwörung des gesamten Weltjudentums handle.34 In Wahrheit waren die Behaup-tungen absurd. Helmut Heiber kam zu dem Ergebnis, dass als Mordmotiv ein Vor-kommnis aus der Familiengeschichte des Attentäters am wahrscheinlichsten sei. Grünspan selbst benannte es bei seiner Festnahme als Anlass.35

Die Begleitumstände und auch das Alter Grünspans – er war zur Tatzeit erst 17 Jahre alt – verschwiegen die Zeitungen. Stattdessen sollten die Journalisten darauf hinweisen, »dass das Attentat des Juden die schwersten Folgen fuer die Juden in Deutschland haben muss, und zwar auch fuer die auslaendischen Juden in Deutschland«.36 Entsprechend bereiteten die Bamberger Zeitungen das Volk vor. Das ›Tagblatt‹ schrieb auf seiner Titelseite:

»Deutschland wird nicht tatenlos zusehen, wie seine Angehörigen außer-halb der Reichsgrenzen jüdischem Terror ausgesetzt sind. Jeder jüdische Angriff auf Deutsche wird nicht nur für den Angreifer selbst – der sich im Auslande vielleicht in Sicherheit glaubt – sondern auch für seine Rassenge-nossen in Deutschland nicht ohne Folgen sein. Ungestraft kann das Blut deutscher Menschen nicht vergossen werden.«37

Das ›Bamberger Volksblatt‹ stand dem in nichts nach.38 Das Pariser Attentat passte vollkommen in das NS-Konzept. Die NSDAP nutzte es zu propagandisti-schen Zwecken, wo es nur ging.39 Noch Tage nach dem Vorfall drehten sich die Anweisungen des Propagandaministeriums beinahe ausschließlich um den An-schlag. Noch einmal erschien die Tat im ›Bamberger Volksblatt‹ auf Seite eins. Direkt darunter folgte passend dazu ein Bericht zur Durchführung einer allgemei-nen Entwaffnung Berliner Juden.40 Auf der anderen Seite wurde Ernst vom Rath zum politischen Märtyrer erhoben,41 indem Hitler ihn auf dem Krankenbett »we-gen seines tapferen Verhaltens«42 zum Gesandtschaftsrat erster Klasse ernannte. Selbstverständlich sollten die Zeitungen laut Anordnung vom 9. November am nächsten Tag ausführlich darüber berichten.43 Dass Ernst vom Rath weder Nazi, noch »Exponent des Systems und seiner judenfeindlichen Politik« war,44 wurde der Öffentlichkeit verschwiegen.

Allerdings dürfte auch die Einheitlichkeit der Presseberichterstattung negative Wirkungen gezeitigt haben, wie ausgerechnet ein geheimer Lagebericht des SS-Sicherheitsdienstes ansprach.45 Auch die Bürger einer kleineren Stadt wie Bam-berg, in der es zwei Zeitungen gab, dürften auf die einheitliche Berichterstattung aufmerksam geworden sein. Manchem müsste gerade wegen des auffälligen »Pro-pagandagetöses« Zweifel am Wahrheitsgehalt der Berichte gekommen sein.46 Entsprechend hält Wolfgang Benz es sogar für möglich, dass viele Leute das At-tentat für NS-organisiert hielten.47 Derartige Vermutungen dürften allerdings nur in Einzelfällen geäußert worden sein, da sich die Bevölkerung grundsätzlich über das Attentat sehr entsetzt zeigte.

Am Nachmittag des 9. Novembers 1938 verstarb Ernst vom Rath.48 Am Folgetag – also bereits einen Tag nach den schweren Ausschreitungen gegen die Juden –

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informierten die beiden Bamberger Zeitungen die Leser erneut auf Seite eins. In gewohnt scharfer Manier schrieb das ›Bamberger Volksblatt‹.49 Erneut war die Rede von einem Auftrag und einem Auftraggeber. Einmal mehr wurde die Ver-schwörung des gesamten Judentums betont. Sowohl das ›Volksblatt‹ als auch das ›Tagblatt‹ erinnerten an eine ganze Reihe jüdischer Mordüberfälle aus der Vergan-genheit.50

Den Nationalsozialisten war klar, dass die Masse auf ein derartiges Attentat mit Entsetzen reagieren würde. Tatsächlich belegen viele Lageberichte, dass das Ver-brechen in Paris unter der allgemeinen Bevölkerung für helle Aufregung sorgte. In einem Polizeibericht, den die Stadtpolizei Bamberg an den Stadtkommissar am 26. November 1938 verfasste, heißt es:

»Der Mordanschlag in der Deutschen Botschaft in Paris am 7. November 1938 auf den Legationsrat Dr. vom Rath, hat auch in Bamberg als dies be-kannt wurde grösste Erregung und Erbitterung hervorgerufen. Überall in den Strassen der Stadt sah man Gruppen der Bevölkerung zusammenstehen, die das Ereignis lebhaft besprachen. Als in den Abendstunden des 9.11.38 der Tod des Herrn vom Rath bekannt wurde, hörte man allseits Drohungen gegen die Juden ausstossen.«51

Fragwürdig ist, wer die dargestellten Gruppen der Bevölkerung waren. Der Be-richterstatter lässt offen, ob es sich um Parteimitglieder handelte oder um Nach-barn, die das Geschehene miteinander besprachen. Offen bleibt auch der genaue Inhalt der Gespräche.

In einem Lagebericht der Gendarmerie-Station Waischenfeld an die Gendarme-rie-Inspektion des Bezirksamtes Ebermannstadt heißt es »über die Ermordung des H. Gesandschaftsrats vom Rath waren alle Schichten der Bevölkerung entrüstet«52 und der Regierungspräsident von Niederbayern und der Oberpfalz schreibt in sei-nem Monatsbericht »Die jüdische Mordtat an dem deutschen Gesandtschaftsrat in Paris löste in allen Kreisen der Bevölkerung helle Empörung aus«.53 Da sich sämt-liche Berichterstatter in dieser Hinsicht einig waren, scheint der Mord tatsächlich für Aufruhr in der Bevölkerung gesorgt zu haben.54

So konnten die Berichterstatter die Erzürnung des Volkes über den Mordan-schlag als etwas Positives im Sinne des Regimes berichten – sozusagen als Gegen-pol zu den Protestaktionen gegen die Juden, die, wie noch zu zeigen sein wird, bei den Menschen nicht auf Zustimmung stießen. Berichtet man jedoch erst etwas Gutes (in diesem Falle die allgemeine Entrüstung über einen Mord) fällt es erfah-rungsgemäß leichter, auch etwas Schlechtes (die Tatsache, dass die Massen nicht vollends hinter den Ausschreitungen standen) berichten zu müssen. Dass die So-pade an keiner Stelle ihrer »Tatsachenberichte«55 auf die Entrüstung der Deutschen über das Attentat eingingen, bestätigt das indirekt. Da die Sopade die ablehnende Haltung der Bevölkerung zu den Ausschreitungen in der Reichspogromnacht wohlwollend darstellte, hätte es kaum ins rechte Bild gepasst, über ein von dem Pariser Vorfall aufgebrachtes Volk zu schreiben.

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4 VORAUSSETZUNG, BEFEHL UND BEGINN DES POGROMS Die Pressedarstellungen über das Attentat und den Tod vom Raths schufen die Voraussetzungen für die Ausschreitungen. »Die Hetzparolen der Nazipresse wurden von der Partei verstanden.«56 Bereits am 9. November berichtete das ›Bamberger Volksblatt‹ auf der Titelseite von »Demonstrationen gegen die jüdi-sche Mordtat«:

»Als Antwort auf die Provokation von Paris, die feige jüdische Mordtat, ist es in Kurhessen zu erheblichen spontanen Demonstrationen der Bevölke-rung gegen die Juden gekommen.«57

In identischem Wortlaut veröffentlichte das ›Bamberger Tagblatt‹ – allerdings erst auf Seite fünf – dieselbe Meldung.58 Den Rezipienten wurde auf diese Art schon vor dem Tod Ernst vom Raths suggeriert, wie auf die Pariser Vorfälle zu reagieren sei. Die Zeitungsleser konnten sich schon vorab ein Bild von den ge-wünschten Folgen des Attentats machen. Möglicherweise verfolgte die Nachricht den Zweck, die Hemmschwelle herabzusetzen, zugleich an den Gemeinschaftssinn der Deutschen zu appellieren und zur Nachahmung aufzufordern. Die Zeitungsbe-richte verschwiegen, dass sich die Ausschreitungen in Kurhessen – wie Hermann Graml feststellte – ausschließlich in Gemeinden ereigneten, »in denen die Orts-gruppe der NSDAP oder die lokale SA-Einheit seit Jahren von besonders radikalen Antisemiten geführt wurden«.59

Das Pariser Attentat geschah aus Sicht der Nazis genau zum richtigen Zeitpunkt: Volk und Partei schienen versöhnt aufgrund der außenpolitischen Erfolge des friedlichen Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich und des so genannten »Münchener Abkommens«, das die Zerschlagung der Tschechoslowakei einlei-tete.60 Auch hätte der Tod Ernst vom Raths für die Staatsobrigkeit an keinem bes-seren Datum eintreten können als am 9. November: Der Gesandtschaftsrat verstarb genau an dem Tag, an dem sich zum 15. Mal die Jahresfeier des Hitler-Putsches jährte.61 Dass Hitler hinter den Pogromen steckte und dass er über jedes Detail bezüglich der Ausschreitungen Bescheid gewusst haben muss, zeigen Einträge in dem so genannten Tagebuch seines Propagandaministers, in dem es deutlich heißt, der Führer habe »bestimmt« und Goebbels überlege zusammen mit dem Führer die nunmehrigen Maßnahmen.62 Am 11. November 1938 notierte der Minister außer-dem: »In der Osteria erstatte ich dem Führer Bericht. [...] Seine Ansichten sind ganz radikal und aggressiv. [...] Der Führer will zu sehr scharfen Maßnahmen gegen die Juden schreiten.«63 Aber vor den Parteigenossen und vor der Öffentlich-keit übernahm Goebbels die Federführung. Seine Rede wurde von den Parteige-nossen wohl in eindeutiger Weise als Appell zum sofortigen Handeln verstanden.64 »Die Parteiführer haben daraufhin im Laufe des Abends fernmündlich entspre-chende Weisungen an die Gauleitungen gegeben, die sie ihrerseits an die Kreislei-tungen weitergaben.«65

Auch in Bamberg fand am Abend des 9. November die übliche Parteikundge-bung statt. Anwesend waren »die Mitglieder der nationalsozialistischen Bewegung und ihrer Gliederungen«.66 Von anderen parteilosen Besuchern war nicht die Rede. Im Zentralsaal hielt der Kreisleiter eine Rede. Wie er selber zugab und wie sich

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auch aus besagtem Artikel herauslesen lässt, befasste sich diese inhaltlich in der Hauptsache mit dem Pariser Attentat und dem Tod des Opfers:

»Besonders als er den Juden Bambergs den wohlgemeinten Rat gab, mög-lichst bald aus der Stadt und dem Kreisgebiet zu verschwinden, weil es an-gesichts des empörenden Mordes an Gesandtschaftsrat v. Rath schwer sei, die weitere Verantwortung für die Sicherheit zu übernehmen, brandete stürmischer Beifall der Versammelten auf. Ein einziger Blutstropfen eines Deutschen, so betonte der Kreisleiter, ist uns mehr wert als die gesamte Ju-denschaft der Welt!«67

Bei seiner Zeugenaussage am 9.4.1948 leugnete der Kreisleiter den Inhalt seiner Rede nicht. Er gab sie lediglich in abgeschwächter Form wieder.68 Ein Leugnen wäre für den ehemaligen Oberbürgermeister und Kreisleiter auch zwecklos gewe-sen. Der übrige Wahrheitsgehalt seiner Zeugenaussage, die er nach dem Krieg – vorgeführt aus dem Internierten- und Arbeitslager Regensburg – ablegen musste, dürfte dagegen fraglich sein. Der Kreisleiter beteuerte, von keiner Parteidienst-stelle über die Aktion gegen die Juden verständigt worden zu sein. Im Gegenteil: Er sei selbst anlässlich der Ausschreitungen außer sich gewesen. Er habe eine heillose Wut in sich verspürt und gemerkt, dass gegen die Juden eine größere Ak-tion in Gange sein müsse. Erst durch das Radio habe er später von der Großaktion im ganzen Reich erfahren.69

Im Gerichtsprotokoll, das den genauen Tathergang mit Hilfe verschiedener Zeu-genaussagen rekonstruierte, benannten die Zeugen namentlich den Kreisleiter als Hauptinitiator. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass sich nach der Kundgebung der Kreis der Parteigenossen noch einmal verkleinert hatte: Nur die namentlich genannten Bamberger Partei- und Gliederungsführer fanden sich im Anschluss an die öffentliche Veranstaltung in der Gastsstätte Messerschmitt zusammen. Dorthin wurde wohl auch der Aktionsbefehl übermittelt,70 so dass nicht einmal die Mehr-heit der Parteimitglieder davon erfuhr, geschweige denn alle Bamberger. »All-mählich füllte sich der Raum immer mehr. Es kamen politische Leiter, SA-Leute, NSKK-Leute und Zivilisten, vorwiegend Angehörige der sogenannten alten Par-teigarde.«71 Für die Ausschreitungen im Landkreis Bamberg wurden eigens Kom-mandos zusammengestellt, »die die Zerstörungs- und Anzündebefehle im Kraft-wagen den örtlichen Amtsträgern überbringen und bei der Durchführung mitwir-ken sollten«.72 Bestätigt wurde dies von verschiedenen örtlichen Amtsträgern, die aussagten, ihnen sei der Befehl von den Wageninsassen überbracht worden, die örtlichen Synagogen anzuzünden.73 Glaubhaft dürfte dieser Vorgang sein, weil etliche örtliche Amtsträger in den Dörfern, Gemeinden und Städten des Landkrei-ses Bamberg nach der Urteilsabschrift allesamt übereinstimmende Aussagen ge-macht haben. Es handelte sich also – zumindest zu Beginn – um ein von der Partei initiiertes Pogrom.74 Die Wortwahl des Zeitungsartikels, welcher am 11. Novem-ber 1938 im ›Bamberger Tagblatt‹ veröffentlicht wurde, es hätten sich im ganzen Reich »spontane judenfeindliche Kundgebungen entwickelt«,75 und auch die Dar-stellung im ›Bamberger Volksblatt‹, es habe sich auch in Bamberg die »berechtigte und seit langer Zeit aufgespeicherte Empörung der Bevölkerung gegen das jüdi-sche Element in spontanen Aktionen«76 Luft gemacht, erscheinen daher haltlos. In

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einigen Fällen sollen sich selbst die Bürgermeister der Orte geweigert haben, sich an den Ausschreitungen zu beteiligen. Zumeist wurde als Grund für die Missbilli-gung die Brandgefahr genannt, Mitleid mit den Juden spielte also keine Rolle.77

5 DER POGROM 5.1 Das Volk am Tatort: Mittäter, Zuschauer, Plünderer, Helfer Die Ausschreitungen in der Reichspogromnacht spielten sich direkt vor den Augen der Bevölkerung ab. »Erstmals waren alle Deutschen persönlich mit der antisemiti-schen Gewalt konfrontiert worden.«78 Ließen sich die Mitbürger von den Nazis mitreißen und als Mittäter zur Gewalt anstiften? Im Bamberger Polizeibericht vom 11. November 1938 heißt es:

»Die Erbitterung der erregten Volksmenge war derart gross, dass die im jü-dischen Besitz befindliche Gaststätte und Umschichtungsheim »Weisse Taube« vollkommen zerstört wurde. [...] Da sich noch mitten in der Nacht einige Juden, trotz der Erregung der erbitterten Menge, provozierend auf der Strasse zeigten, wurden die in Bamberg befindlichen männlichen Juden einstweilen in Polizeigewahrsam genommen.«79

Über die Ausschreitungen gegen Kommerzienrat Lessing, den Vorsteher der jü-dischen Kultusgemeinde,80 steht im Gesamt- und Abschlussbericht der Stadtpolizei Bamberg an die Geheime Staatspolizeistelle Nürnberg vom 26. November 1938, »Lessing hatte sich während des Brandes in die Synagoge begeben wollen und wurde von der anwesenden Volksmenge verprügelt«.81 Beide Quellen berichten, dass das Volk aktiv an den Ausschreitungen teilnahm. Aber da beide Berichte dem Stadtkommissar vorgelegt werden mussten, dürfte der Verfasser seine Worte vor-sichtig und überlegt gewählt haben. In der Gerichtsakte heißt es, Lessing sei über-wiegend von Uniformierten in schwerster Weise misshandelt worden.82 Nachdem Lessing sich schwer verwundet in sein Haus geschleppt habe, sei eine »Menge von Menschen, in der Hauptsache Uniformierte, aber auch einige Zivilisten« einge-drungen.83 Das deckt sich mit der Zeugenaussage der Köchin Lessings: »Ich öff-nete und es drang eine ganze Horde von Menschen hinein. Voran Zivilisten und hinter ihnen Uniformierte.«84 Vor allem von Zivilisten wurde auf Lessing ein-geschlagen.85 Ob die Zivilisten aber tatsächlich Nicht-Parteimitglieder waren, ist nicht sicher, da viele Parteigenossen in Zivil agierten, um die Organisiertheit der Aktion nicht sofort erkennen zu lassen.86

Es ist trotzdem möglich, dass sich Nicht-PG unter den Tätern befunden haben. In einer weiteren Zeugenaussage heißt es, dass an der Aktion zwei Brüder beteiligt gewesen wären, die in Bamberg als »grosse Raufbolde« bekannt gewesen sein sollen.87 Über die Situation in Bamberg am Tatort, heißt es im Urteil:

»Wie der Vorfall im Hause Lessing anzeigt und wie auch weitere Beweise ergeben, hatten sich inzwischen aus der großen Menschenmenge, die die Synagoge umgab, die dauernd neuen Zuzug erhielt, durch die stellenweise kaum durchzukommen war [...] einige größere oder kleinere miteinander in lockerer Verbindung stehende Menschenhaufen losgelöst, deren Kern uni-formierte und fanatisierte Parteileute bilden. Diese Haufen bewegten sich in den der Synagoge benachbarten Straßen, [...] drangen gewaltsam in jüdi-

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sche Wohnungen ein, zerrten die Juden auf die Straße hinaus und trieben sie unter Misshandlungen durch die Straßen.«88

Es ist also von einer immer größer werdenden Menschenmenge die Rede. Dem-nach waren de facto nicht nur Parteimitglieder auf den Straßen unterwegs, sondern auch andere Mitbürger. Es liegt nahe, dass der Lärm, den die Täter verursachten, rasch viele Anwohner – von der Neugierde getrieben – aus den Häusern lockte.89 Bisweilen wurden aus Zuschauern Mittäter.90 Manche nutzten die Gunst der Stunde, um private Rechnungen zu begleichen. Der Vorstand des Bezirksamts Ebermannstadt schrieb in seinem Lagebericht an den Regierungspräsidenten von Oberfranken und Mittelfranken:

»Andere eigennützige Bereicherungen kamen in der Form vor, dass Schuldner ihre jüdischen Gläubiger unter körperlicher Einwirkung zwan-gen, vorgeschriebene Quittungen über die angebliche Zahlung der Schulden zu unterzeichnen.«91

Im Großen und Ganzen dürfte es sich aber um Ausnahmen gehandelt haben. Die Zahl der Mittäter, die sich indessen aktiv an den Zerstörungen und an den Miss-handlungen gegen die Juden beteiligte, blieb wohl eher gering.92

Die Mehrheit der neugierigen Bevölkerung verhielt sich passiv. Sie agierte in erster Linie als Zuschauer. Dafür gibt es etliche Belege.93 Auch die Sopade-Be-richte meldeten, dass die Leute meist schwiegen, wenn sie vor den Opfern standen:

»Mit Ausnahme der abkommandierten SA-Burschen verhielten sich die Leute passiv. [...] Später kamen einige Neugierige, durch den Lärm Aufge-schreckte hinzu, die sich aber ganz passiv und still verhielten.«94

In seiner Aussage vom 27. Juni 1946 im Rahmen des Synagogenprozesses äu-ßerte sich ein Zeuge über die Situation vor der Bamberger Synagoge ähnlich:

»Zu der sogenannten Absperrung bemerke ich, dass es sich hier nicht um eine regelrechte Absperrung durch SA-Leute etwa Arm in Arm oder Hand in Hand gehalten hat, sondern dass sich eben ein Halbkreis gebildet hat, in dem vorne daran Uniformierte gestanden sind und dahinter eine Menge Zi-vilisten, durch die man sich aber durchdrängen und so in das Innere des Halbkreises begeben konnte.«95

Glaubt man der Aussage, dann standen die Zivilisten in einem Halbkreis hinter den Uniformierten. Von Aktivitäten seitens der Zuschauer ist nicht die Rede. Weitere Zeugenaussagen bestätigen deren Passivität.96 Ob das der Wahrheit ent-spricht, sei dahingestellt. Schon die Behauptung, man hätte nicht näher an die Synagoge herantreten können, da alles durch SA abgesperrt war, ist bei einem Vergleich mit der Aussage des oben genannten Zeugen, der von einer eher locke-ren Absperrung sprach, fraglich. Allerdings war der Zeuge nicht der einzige, der behauptete, nur mit den Nazis mitgezogen zu sein, um seine Neugier zu befriedi-gen.97 Auch in der Urteilsabschrift ist von Zuschauern die Rede:

»Die Leute aus der Nachbarschaft wurden durch das Motorengeräusch und durch den bei der Zerstörung verursachten Lärm aufmerksam und schauten teilweise zu. Später, nachdem die Bamberger schon weg waren, wurde die Zerstörung von örtlichen Kräften fortgeführt und beendet.«98

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86 Nadine Deusing

Vom Lärm getrieben liefen die Menschen auf die Straße, um sich ein Bild von den Vorkommnissen zu machen, die Menge der Zuschauer wurde immer größer. Bei Daniel Jonah Goldhagen stößt das auf Unverständnis.99 Für ihn zeugt das Mit-ansehen der Gewalttaten seitens der Bevölkerung vom Fehlen jeglichen Mitleids gegenüber den Opfern. Die Passivität der Deutschen deutet er als »stillschwei-gende Zustimmung«.100 Oberflächlich betrachtet, scheint es tatsächlich so: Die Bamberger sahen zu, wie ein Mann derart verprügelt wurde, dass er später seinen Verletzungen erlag.101 Das Publikum schwieg. Jedoch nicht zwangsläufig aus Gründen der Zustimmung:

»Die Furchtsamkeit besaß Quelle und Nährboden. Jene entsprang dem zu-meist unvollständigen, aber hinreichenden Wissen um die Grausamkeit, mit der die Gegner des faschistischen Regimes verfolgt, gejagt und gefangen-gehalten wurden. Dieser wurde durch weitverbreitetes Bewußtsein eigener Ohnmacht und den umsichgreifenden Unglauben gebildet, gegen diese Macht und ihre Apparate noch irgendetwas ausrichten zu können.«102

Dass es tatsächlich gefährlich war, auch Kritik an den Ausschreitungen und an der Behandlung der Juden zu äußern, belegen viele Quellen. In einem Bericht der Sopade aus Bayern heißt es:

»Den vertrauenswürdigen Parteigenossen der NSDAP wurde Anweisung gegeben, sich ohne Parteiabzeichen unter das Volk zu mischen und jeden sofort zur nächsten Polizeiwache zu bringen bzw. der diensthabenden SS abzuliefern, der sich auch nur in der geringsten Weise gegen die Judenak-tion abfällig äußerte. [...] im Volke bewirkte diese Aktion doch eine große Einschüchterung. [...] Man getraute sich nicht mehr, so offen zu sprechen. Allen wurde klar: Die Nazis haben die Macht zu allem.«103

Die Deutschen erscheinen hier nicht als Helden. Sie waren eingeschüchtert und getrauten sich nicht offen zu sprechen. Doch erscheint auch die Passage über die Parteigenossen, die in der Volksmenge versteckt nach Kritikern des Pogroms suchten, kaum glaubhaft. Woher wollte der Informant von den Spitzeln im Volk gewusst haben, wenn diese verdeckt agierten? Vielmehr scheint die Sopade nach Gründen für unterlassene Kritik und fehlendes Einschreiten gesucht zu haben.

Dass es jedoch tatsächlich einige (wenn auch nicht hunderte) Verhaftungen auf-grund kritischer Äußerungen im Volk gegeben hat, ist unumstritten. Man kann den Sopade-Berichten zwar vorwerfen, Einzelfälle besonders zu betonen, aber grund-falsch waren sie nicht. Das bestätigt auch ein Blick in die Lageberichte verschie-dener Regierungspräsidenten. Einige berichten ebenfalls von Verhaftungen man-cher »Arier« und beschreiben sehr anschaulich, was die Nationalsozialisten mit Menschen, die sich öffentlich mit den Juden solidarisierten, anstellten. So schreibt der Regierungspräsident von Ober- und Mittelfranken in seinem Monatsbericht vom 8.12.1938:

»Im Verlauf der Protestaktion gegen die Juden wurden in Wunsiedel auch zwei evangelische Geistliche und vier katholische Pfarrer, die als ›Juden-knechte‹ gelten, durch die empörte Volksmenge auf die Polizeiwache ver-bracht und dort vorübergehend festgehalten. In den Pfarrhäusern wurde eine Anzahl Fensterscheiben zertrümmert.«104

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Zu bedenken ist, dass der Regierungspräsident – im Gegensatz zu den Berichter-stattern der Sopade – vermutlich darauf aus war, aus Sicht der Nazis den Partei-spitzen Positives berichten zu können. Das könnte ihn veranlasst haben, das Ein-schreiten gegen »Querulanten« besonders herauszustellen.105

Aus welchen Gründen auch immer diese Angaben über die Verhaftung in den Monatsbericht mit aufgenommen wurden, sie decken sich mit denen der Sopade. Beide Quellen – Lageberichte und Berichte der Exil-SPD – stimmen in den Fakten, dass es tatsächlich Unmutsäußerungen und Verhaftungen von Kritikern gegeben hat, überein, wenngleich die Angaben aus ganz unterschiedlichen Gründen ge-macht wurden: Von den einen, um die Partei vom NS-radikalen Vorgehen in ihrem Bezirk zu überzeugen, von anderen, um die Zurückhaltung des Volkes zu rechtfer-tigen. Daniel Jonah Goldhagen hat demnach nicht ganz Recht, zu groß waren die Einschüchterung und Angst.106

Nicht immer blieb es beim Zuschauen. Häufig warfen die Täter Nahrungsmittel, Möbelstücke, Kleidung und andere Sachwerte auf die Straßen.107 Ein Zeuge be-richtet über Plünderungen:

»Von der Synagoge aus fuhr ich in die Vogelstraße zu Bayreuther. Dort stand bereits eine Menschenmenge [...] ich sah, wie verschiedene Gegen-stände auf die Straße geworfen wurde.108

Dabei ließen sich manche zu Plünderungen hinreißen.109 Ein Informant der Exil-SPD berichtet:

»Aus dem Verhalten der Leute war zu schließen, daß sie etwas mitgenom-men hatten.«110

Selbst die Berichterstatter der Sopade schreiben also von zahlreichen Plünderern unter den Volksgenossen.111 Oftmals waren es Frauen, die sich zum Raub der her-umliegenden Sachen hinreißen ließen.112 Eine Bambergerin sagte 1946 aus:

»Wir schlossen uns den laufenden Leuten an und kamen schliesslich an die Synagoge, welche stark rauchte. [...] Etwa in der Mitte der Fahrbahn stiess ich mit meinem Fuss an einen kleinen Gegenstand, der beim Hinstossen ei-nen hellen Ton von sich gab. Beim Nachschauen erblickte ich einen blin-kenden Gegenstand, welcher rund war und an seiner Vorderseite einen Ein-schnitt hatte. [...] Er sah aus wie eine Schelle am Pferdegeschirr. Ich hob dieses, da ich die Angewohnheit hatte, jede Stecknadel und jeden Hosen-knopf vom Boden aufzuheben. Dass dieser Gegenstand aus der Synagoge stammen könnte, habe ich mir nicht gedacht. [...] Ich habe den blinkenden Gegenstand aufgehoben und zu mir gesteckt. Ich habe ihn dann mit nach Hause genommen. Ich habe diesen Gegenstand später mit einigen abgebro-chenen Silberlöffelstielen zu einem Juwelier gebracht. Der Juwelier hat mir aus den Löffelstielen ein silbernes Armband angefertigt.«113

Dass die Zeugin nicht gewusst haben will, woher der Gegenstand stammte, ist unwahrscheinlich, zumal sie ihn umgehend zu einem Juwelier brachte, um ihn einschmelzen zu lassen und ihn so unkenntlich machte. Da er mit anderen Gegen-ständen verarbeitet wurde, beugte sie einer Rückgabe vor. Darüber hinaus gab es auch Plünderungen von Wohnhäusern. Die Gendarmerie-Station Burgwindheim berichtet beispielsweise, dass im Hause eines jüdischen Landwirts ein Einbruch-

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diebstahl verübt wurde, bei dem mehrere Haushaltsgegenstände wie Besteck, Strickwolle und eine Tischdecke mitgenommen wurden.114

Welche Ausmaße die Plünderungen nicht nur in NS-Kreisen angenommen haben mussten, zeigt ein Schreiben vom Chef der Sicherheitspolizei Heydrich an das Bezirksamt Bamberg vom 15.11.1938, in dem es heißt:

»Ich nehme Bezug auf meine hiesigen fernschriftlichen Anordnungen, dass gegen die im Zusammenhang mit der Protestaktion vorgekommenen Plün-derungen rücksichtslos einzuschreiten, die Täter festzustellen und festzu-nehmen und die Sachwerte sicherzustellen sind.«115

Den Mittätern, passiven Zuschauern und Plünderern standen auch Helfer gegen-über. Es gab durchaus vereinzelte Versuche, die Täter zu stoppen oder den Juden beizustehen.116 Manche Nachbarn alarmierten, sobald sie von den Ausschreitungen erfuhren, Polizei und Feuerwehr. Im Protokoll zu den Vorkommnissen in der Reichspogromnacht schilderte der Hauptwachtmeister der Gendarmerie-Station Hirschaid, er sei durch längeres Läuten an seiner Wohnung aufgeweckt worden und durch laute Zurufe verständigt worden, dass die Synagoge brenne.117 Auch der Regierungspräsident von Oberbayern berichtete davon, dass Gendarmeriebeamte »wegen eines Überfalls durch unbekannte Täter« zu Hilfe gerufen wurden.118 Feuerwehr und Polizei erschienen, ausrichten konnten sie jedoch nichts:

»Der Strahlrohrführer des ersten Löschzuges [...] versuchte gleichwohl ver-schiedene Male mit seinem Strahlrohr in das Innere der Synagoge hinein-zukommen. Er gelangte zunächst in den Vorraum der Herzog Max Straße, wurde aber dort von betrunkenen SA- und NSKK-Leuten mit geschwärzten Gesichtern, die mit Eisenprügeln Wache standen, auf die brutalste Weise auf die Straße hinausgeworfen. Ein anderer Versuch scheiterte auf ähnliche Weise.«119

Aufgrund der Fülle von Berichten, in denen verschiedene Hilfeleistungen be-schrieben werden, ist prinzipiell an ihrem Wahrheitsgehalt nicht zu zweifeln – in Einzelfällen allerdings durchaus, da sich die Beteiligten, insbesondere im Prozess nach dem Krieg, damit entlasteten. Glaubwürdig erscheinen die Hilfeleistungen jedoch dann, wenn sie von den Opfern selbst bezeugt wurden. Im Falle Lessing in Bamberg behauptete ein Mann, ihn habe, als er die Misshandlungen sah, die dem Kommerzienrat zuteil wurden, die Wut gepackt und er habe die Männer, die auf das wehrlose Opfer einschlugen, angeschrieen, »so dass sie von Lessing ablies-sen«.120 Bestätigt wurde das aktive Einschreiten des Mannes von zwei Zeugen, denen Lessing am Krankenbett persönlich von der Zivilcourage des Mitbürgers erzählt habe.121 Natürlich besteht auch hier die Möglichkeit abgesprochener Zeu-genaussagen. Andererseits lag Hilfe durchaus nahe.122 Auch sozialdemokratische Berichterstatter schilderten Hilfsmaßnahmen:

»In einem Fall z.B. kam die Frau des Blockwarts zu einem in ihrem Haus wohnenden Juden gelaufen und sagte ihm: »Nehmen Sie schnell Ihre Fami-lie und kommen Sie zu mir herunter, jetzt kommen sie zu uns ins Haus. Nehmen Sie Ihre wertvollen Sachen mit, die kann ich schon unterbringen.« Der Jude war darüber sehr verwundert und wollte zuerst nicht mitkommen. Die Frau nahm aber einfach die Kinder und führte sie weg, dann fing sie an,

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Kleider zusammenzutragen, und die Judenfamilie, die völlig kopflos war, ließ sich von ihr dirigieren.«123

Der Einzelfall wird – wie in den Sopade-Berichten üblich – übertrieben darge-stellt. Bis in alle Einzelheiten (angefangen vom genauen Wortlaut dessen, was die Frau zu den Juden sagte, bis hin zum Zusammentragen der Kleider) will der In-formant gewusst haben, was sich im Haus der jüdischen Familie abgespielt hat. Die jüdische Ärztin Hertha Nathorff bestätigt die Hilfsbereitschaft einiger Bürger indirekt, indem sie schreibt, sie habe ihren Mann gebeten, nicht nach Hause zu kommen, sondern bei Freunden zu schlafen, die versichert hätten, dass bei ihnen immer Platz sei.124 Wolfgang Benz meint, »solche Inseln von Menschlichkeit in einem Meer von Feindlichkeit dürfen vielleicht die Opfer des Pogroms überpro-portional beeindruckt haben«.125 Entsprechend werden sie in einzelnen Quellen detailliert geschildert. Frei erfunden waren sie vermutlich jedoch nicht, da gerade die jüdischen Opfer keinen Grund gehabt hätten, die Deutschen zu verteidigen.

5.2 Gründe für die Einstellung der Bevölkerung Erstaunlicherweise stimmen die verschiedenen Quellen darin überein, dass der Pogrom vom Volk größtenteils abgelehnt wurde. Auch aus unterschiedlichen Re-gionen wurden ähnliche Reaktionen gemeldet. Einige Informanten der Exil-SPD gaben offen zu, dass es auch Fälle der Zustimmung zu den Ausschreitungen gege-ben habe.126 Das war für diese Berichte eher untypisch. Es spricht umso mehr für den Wahrheitsgehalt anderer Aussagen, die Bevölkerung habe sich missbilligend zu den Ausschreitungen geäußert.127

Ein Vergleich mit dem Tagebucheintrag der Berliner Journalistin Ruth Andreas-Friedrich scheint die Erkenntnisse der Sopade zu bestätigen. Sie schreibt: »Ich mache mich auf, Volksstimmung zu erforschen. Wo ich hinkomme, finde ich im schlimmsten Fall Volksverstimmung.«128 Auch die Angaben im Tagebuch von Ulrich Hassell, der bis 1938 deutscher Botschafter in Rom war, decken sich da-mit.129 Sowohl die Berichterstatter der Sopade als auch Ruth Andreas-Friedrich und Ulrich Hassell waren jedoch Regime-Gegner. Darum verkehrten sie höchst-wahrscheinlich in erster Linie in anti-nationalsozialistisch eingestellten Kreisen und machten dort ihre Beobachtungen. Es ist deshalb notwendig, auch einen Blick in die Lageberichte zu werfen. So heißt es in einem Bericht des Hauptwachtmeis-ters der Gendarmerie-Station Hirschaid an das Bezirksamt Bamberg vom 14. November:

»Am Brandplatze waren nur einige Feuerwehrleute und mehrere SA Leute anwesend. Erst nach Abdämpfung des Feuers kamen auch einige Anwohner zum Brandplatze. [...] Nach der Meinung der Orteinwohner soll die Brand-legung in der Synagoge eine Gegenaktion gegen den jüdischen Mordüber-fall in Paris darstellen und wird als allgemein gerecht angesehen.«130

Der Verfasser weist hier darauf hin, dass lediglich SA-Leute am Tatort waren. Eine aufgebrachte Volksmenge wollte er nicht gesehen haben. Erst später seien einige Anwohner hinzugekommen. Dass diese sich bei den Anschlägen zurück-hielten, ergibt sich aus der Bemerkung, die Brandlegung sei nur »als allgemein ge-recht angesehen« worden. Es scheint, als habe der Verfasser die Einschränkung

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hinzugefügt, um dem Bezirksamt auch »Positives« berichten zu können. Goebbels Vermerk vom 10. November »Jetzt rast der Volkszorn«131 dürfte hingegen Wunschvorstellung gewesen sein. Der Volkszorn beschränkte sich auf eine ge-ringe Anzahl von Befürwortern, wie im Bericht der Gendarmeriestation Waischen-feld an die Gendarmerie-Inspektion des Bezirksamts Ebermannstadt, erwähnt:

»Die darauf einsetzende Zerstörung von jüdischen Gemeinden und Synago-gen wurde von einem Teil der Bevölkerung befürwortet, während der an-dere Teil dies missbilligte. Befürwortet wurde die Aktion gegen die Juden von den alten Kämpfern und den jüngeren Leuten, sie schon aus der Hit-lerjugend hervorgegangen sind.«132

Der Teil der Bevölkerung, der die Ausschreitungen befürwortete, bestand dem-nach wohl hauptsächlich aus Anhängern der Partei. Im Bericht der Gendarmerie-Station Heiligenstadt heißt es, die Bevölkerung habe sich dahin geäußert, »dass man gegen die älteren Juden nicht so hätte vorgehen sollen«.133 Es ist verständlich, dass die Berichterstatter kaum aussagen wollten, das Volk missbillige den Pogrom. Umso erstaunlicher ist, was der Polizist in Heiligenstadt berichtete. Auch hier findet sich eine Abschwächung der Aussage: Er reduziert die Missbilligung der Ausschreitungen auf die Gruppe der älteren Juden. Dass die Bürger – wenn sie Mitleid mit den Alten hatten – auch Gewalt gegen Kinder und Frauen nicht gut-hießen, darf aber vermutet werden.

Deutlich wird die Verschleierung der wahren Volksreaktionen auch im Wochen-bericht der Gendarmerie-Station Burgwindheim. Darin schreibt der Verfasser:

»Ein grosser Teil der Ortsbewohner von Aschbach nahm sichtlichen Anteil an den Vergeltungsmaßnahmen gegen die Juden, die durch die Ermordung eines Nationalsozialisten durch einen Juden im Ausland hervorgerufen worden sind.«134

Das ist zumindest zweideutig. Die Formulierung verrät nicht explizit, ob das Volk Anstoß an den Ausschreitungen nahm, gibt aber auch nichts Gegenteiliges bekannt. Interessant ist auch der Wochenbericht der Gendarmerie-Station Schess-litz vom 11.11.1938, in dem es heißt:

»Nach Bekanntwerden des Ablebens des durch jüdische Bubenhand nie-dergeschossenen deutschen Diplomaten vom Raht [!] wurden auch in Demmelsdorf sowie Zeckendorf, wo noch Juden wohnen, Vergeltungsak-tionen gegen die beiden Synagogen in der Nacht zum 10.11.38 vorgenom-men. Die Empörung gegen die Juden machte sich allgemein in der Bevölke-rung mehr oder weniger bemerkbar.«135

Die offiziellen Rechtfertigungen für Zerstörung und Gewalttaten dürften vielen nicht ausgereicht haben. Darum machte sich die Empörung gegen die Juden in der Reichspogromnacht auch nur mehr oder weniger bemerkbar – »mehr« vermutlich bei den Parteigenossen, »weniger« wohl bei der Allgemeinheit. Aber es gab auch andere Quellen, die von der absoluten Zustimmung der Massen hinsichtlich der Ausschreitungen berichteten. Diese stammten allerdings in erster Linie von Par-teimitgliedern. So hieß es im Monatsbericht der NSDAP-Kreispropagandaleitung Eichstätt (Gau Franken) vom 30.11.1938: »Bei der Judenaktion war das Volk restlos in der Hand der Partei.«136 Der Verfasser ging also von einem Konsens

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Die Reaktionen der Bevölkerung auf die Judenverfolgungen in der Reichspogromnacht 91

zwischen Volk und Partei aus. Ein weiterer NS-Lagebericht des NSLB, Kreis Traunstein, strafte die absolute Übereinstimmung zwischen Volk und Partei Lü-gen:

»Die Stimmung ist angesichts der friedlichen Angliederung des Sudeten-landes an das Reich gut und konnte auch durch die Aktion gegen die Juden im wesentlichen nicht getrübt werden. Die Bauern und Bürger, allen voran die Schwarzen, mitunter sogar ein Pg., geißelten die Gewaltanwendungen gegenüber dem ›auserwählten Volke‹. Das habe mit Kultur und Anstand nichts mehr zu tun.«137

Nach Meinung dieses Informanten konnte die Stimmung also nur im Wesentli-chen nicht getrübt werden. Schon im nächsten Satz muss der Berichterstatter ein-räumen, dass Bauern und Bürger nicht mit den Pogromen einverstanden waren. Zur Abmilderung – vermutlich um die Parteigenossen versöhnlich zu stimmen – fügt er als Beisatz hinzu, dass es sich bei den Kritikern allen voran um Schwarze, d.h. einerseits Kirchentreue, andererseits ehemalige Anhänger von Zentrum und BVP, gehandelt habe.

Ian Kershaws Feststellung, dass aus dem Berichtsmaterial deutlich hervorgehe, »daß die wilden Ausschreitungen und Zerstörungen von der überwiegenden Mehr-zahl selbst der Parteigenossen weitgehend verurteilt wurden«,138 ist wohl übertrie-ben. Die Mehrheit der Bevölkerung jedoch lehnte den Pogrom ab – zu diesem Schluss kommen nahezu alle Historiker. Anders Daniel Jonah Goldhagen.139 Mit Sicherheit waren auch viele Deutsche erschrocken über das Ausmaß der Gewalt.140 Wie David Bankier feststellt, blieb keiner unberührt von den Ausschreitungen.141 Auch Wolf-Arno Kropat kommt zu dem Schluss, dass »der Anblick brennender Gotteshäuser und die Spuren des Vandalismus, der sich an den jüdischen Ge-schäften und Wohnhäusern austobte,«,142 den Bürgern im Gedächtnis blieb.

Viele Quellen benannten als einen Hauptgrund für die Missbilligung die sinnlose Zerstörung von Sachwerten. So schrieb die Gendarmerie-Station Ebermannstadt:

»Von dem grössten Teil der Bevölkerung wurde dieses Vorgehen als die einzig richtige Antwort auf den Pariser Mord bezeichnet. Der andere Teil war wohl auch nicht gegen die ergriffenen Maßnahmen selbst, sondern mehr gegen das Demolieren. Dieser Teil steht auf dem Standpunkt, man hätte die Sachen nicht demolieren, sondern wegnehmen und einer sozialen Einrichtung zukommen lassen sollen.«143

Zur Abschwächung berichtet der Verfasser der Obrigkeit zunächst, dass ein Großteil des Volkes zufrieden sei und wendet so »geschmeidig die amtliche Sprachregelung«144 an. Er war demnach gewillt, der Partei Positives zu berichten. Lügen wollte er jedoch auch nicht, deshalb schob er die fehlende Notwendigkeit der Zerstörungen vor. Vorsichtshalber beteuerte er, dass die Bürger wohl nicht gegen die ergriffenen Maßnahmen selbst gewesen seien. Verräterisch ist das kleine Wort »wohl«. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich der Berichterstatter selbst nicht sicher war, ob dies der tatsächlichen Volksmeinung entsprach. Er verpackt die Kritik vorsichtig und formuliert sie »systemadäquat«.145 Es lag nahe, die Zerstö-rungen ins Zentrum der Kritik zu stellen, anstatt den Pogrom an sich.146

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Im Lagebericht der Gendarmerie-Station Muggendorf an das Bezirksamt Eber-mannstadt für den Monat November wurde ebenfalls die Zerstörung von Sach-werten angeprangert:

»Der andere Bevölkerungsteil aber und das ist der weitaus größte, ist der Anschauung, dass diese Zerstörungen nicht am Platze gewesen seien. Ob-wohl die sonstigen gegen die Juden getroffenen Maßnahmen gebilligt wer-den, wird doch hinsichtlich der Zerstörungen im überwiegenden Maße die Meinung vertreten, dass das vernichtete Gut erhalten und anderweitig zum Nutzen des Deutschen Volkes hätte verwendet werden sollen, da den Juden die Wegnahme genauso fühlbar gewesen wäre wie die Zerstörung.«147

Hohen Stellenwert genoss bei der Mehrheit der Deutschen die Rücksichtnahme auf Privateigentum.148 So schrieb die Gendarmerie-Station Waischenfeld an die Gendarmerie-Inspektion des Bezirksamts Ebermannstadt in einem Lagebericht, dass von der Mehrzahl der Bevölkerung kein Verständnis dafür aufgebracht wurde, dass man fremdes Eigentum zerstören dürfe.149 Natürlich konnte kein Be-richterstatter die Reaktion der Bevölkerung und die eigene Reaktion als grund-sätzlich gegen die Judenverfolgungen gerichtet darstellen. Deshalb kleidete man das Mitgefühl für die Opfer in Wendungen, die dem NS-Regime entsprachen.150

Kritik an den Pogromen äußerte sich auch, weil Ordnung, Recht und Anstand völlig ignoriert wurden – Tugenden, die normalerweise zu althergebrachten deut-schen Traditionen zählen.151 So wurden, glaubt man den Worten des Vorstands des Bezirksamts Ebermannstadt in seinem Bericht an den Regierungspräsidenten von Oberfranken und Mittelfranken, die Zerstörungen nicht nur wegen der Vernich-tung der Sachwerte abfällig beurteilt, »sondern auch deswegen, weil dadurch das Rechtsbewusstsein ins Schwanken geraten ist«.152 Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich beim Verfasser des Berichts um einen Polizeibeam-ten handelt:

»Vom Standpunkt des Polizeibeamten aus habe ich noch Folgendes beizu-fügen: Vergeltungsmaßnahmen gegen einzelne Volksgenossen, die sich an dem Volke versündigen, darf das Volk nur durch die hierzu berufenen Or-gane des Staates ausführen lassen. Das sind die Strafverfolgungs- und Strafgerichtsbehörden. […] Justitia fundamentum regnorum!«153

Der Verfasser sah offensichtlich seine berufliche Autorität untergraben, da die Partei über den Kopf der Polizei hinweg Pogrome initiierte, während der Aus-schreitungen den Polizeiapparat ausschaltete und damit dessen mindere Bedeutung demonstrierte. Sehr deutlich kommt hier die subjektive Sichtweise des Berichter-statters zum Ausdruck. Er scheint derart irritiert, dass er es sogar wagte, die Juden mit den übrigen Volksgenossen gleichzusetzen. Ob eine derartige Sicht der Dinge auch mit den Ansichten des Volkes übereinstimmte, muss fraglich bleiben. Aller-dings berichtete ein Polizeibeamter der Gendarmerie-Station Muggendorf an das Bezirksamt Ebermannstadt, dass wiederholt die Frage aufgeworfen worden sei, ob die an der Aktion beteiligten Personen auch der Bestrafung zugeführt würden.154 Auch hier mochte der Verfasser hinter seinem Bericht ein persönliches Interesse an der Strafverfolgung versteckt haben.

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Der Pogrom war ein »illegaler und unordentlicher Vorfall und deshalb absto-ßend für alle, die die Tradition eines Rechtsstaats schätzten – jenes Staates, in dem das Gesetz statt der Willkür herrscht«.155 Das dürfte kaum jemand für Gut gehei-ßen haben: Anstand und Kultur rangierten in der Regel eben höher als Antisemitis-mus.156

All das führt zu der Annahme, dass die Bevölkerung mit den gewalttätigen Aus-schreitungen auch deshalb nicht einverstanden war, weil sie das Gesetz missach-teten sowie jegliches Recht und jeglichen Anstand außer Kraft setzten. Das heißt aber nicht, dass die Bevölkerung auch ein »gesetzliches« Vorgehen missbilligt hätte. Mitleid mit den Opfern hätte also bei dieser Sichtweise der Dinge eine weit untergeordnete Rolle gespielt.

Viele Menschen waren mit den Pogromen auch deshalb nicht einverstanden, weil diese ihre eigenen ökonomischen Interessen berührten.157 Der Lagebericht der Gendarmerie-Station Hollfeld an das Bezirksamt Ebermannstadt für den November bestätigte:

»Bezüglich der im Monat November stattgefundenen Aktionen gegen die Juden wird berichtet, dass der Großteil der Bezirksbewohner die Maßnah-men der Regierung als gerecht betrachtet. Ein geringerer Teil, darunter hauptsächlich Landwirte, äußerten sich in der Weise, dass das Vorgehen gegen die Juden vielleicht doch zu scharf gewesen sei. Es sind dies haupt-sächlich solche, die bis in die letzte Zeit Handelsgeschäfte mit Juden abge-schlossen haben.«158

Der Berichterstatter nannte als Kritiker nur die Bauern.159 Daher müssten – ab-züglich der NSDAP-Mitglieder – beinahe fast alle im Ort Einwände gegen die Ausschreitungen gehabt haben. Der Lagebericht aus Königsfeld formulierte ähn-lich:

»Ein kleiner Teil der Bevölkerung, die seither Judenfreunde gewesen sind und Geschäfte mit diesen gemacht bezw. abgewickelt haben, sind mit den Maßnahmen über die Juden in den letzten Tagen nicht recht einverstanden. Ein großer Teil der Bauern von Poxdorf haben in den letzten Jahren, ja so-gar im Frühjahr und Sommer lfd. Jahres noch, sehr viel Geschäfte mit dem Juden Landenberger aus Scheßlitz gemacht.«160

Wiederum soll nur der kleine Teil, der Geschäfte mit Juden betrieb, die antijüdi-schen Maßnahmen missbilligt haben. Doch im nächsten Satz wurde eingeräumt, dass besagter kleiner Teil eigentlich der größere war, da ein »großer Teil der Bauern von Poxdorf« Geschäfte gemacht hätte. Im Gerichtsverfahren zum Synago-genbrand nach Kriegsende war ebenfalls von Geschäftsbeziehungen zu jüdischen Händlern die Rede:

»Ich habe bis zum Jahre 1939 mit Jüdischen Viehhändlern gehandelt und kann nur sagen, dass ich mit den Juden zufrieden war.«161

Mit der Behauptung, er habe mit Juden gehandelt und sei zufrieden gewesen, stand der Zeuge nicht alleine. Oberflächlich betrachtet klingt das Motive sehr ei-gennützig: Jeder wollte möglichst günstig Handel betreiben. Ob der Geschäfts-partner Jude war, spielte dabei keine Rolle. Diese Tatsache schließt menschliches

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Mitgefühl jedoch nicht aus, da man – gerade auf dem Land – seine Geschäftspart-ner in der Regel sehr gut gekannt haben dürfte.

Auch menschliches Mitleid zählte zu den Ursachen der Kritik.162 Hans Momm-sens Einschätzung, das Schicksal der jüdischen Bürger habe nur wenige geküm-mert, da 1938 bereits keine soziale Verbindung zwischen Juden und Nichtjuden mehr bestand,163 kann nach den vorigen Ausführungen nicht korrekt sein. So leisteten »Arier« durchaus den Juden während und nach den Pogromen Hilfe.164 Soziale Verbindungen waren mindestens aufgrund zahlreicher geschäftlicher oder nachbarschaftlicher Beziehungen vorhanden. Selbst die Inhalte einiger Lagebe-richte weisen eindeutig auf empfundenes Mitgefühl der Deutschen hin. So schreibt der Regierungspräsident von Niederbayern und der Oberpfalz: »Außerdem ließen die Vorkommnisse unnötigerweise in Stadt und Land Mitleid mit den Juden auf-kommen.«165 Das Wörtchen »unnötigerweise« ist indirekt als Vorwurf zu verste-hen, dass die Hass-Propaganda in ihren Wirkungen durch die Gewaltausschreitun-gen beeinträchtigt worden sei. Explizite Beispiele menschlichen Mitgefühls nannte auch der Monatsbericht des Regierungspräsidenten von Ober- und Mittelfranken:

»Der evangelische Pfarrer Friedrich Seggel in Mistelgau (Landkreis Bay-reuth) wurde am 28. Februar 1939 wegen des Vergehens gegen § 130 a TstGB bzw. § 2 des Gesetztes gegen heimtückische Angriffe auf Partei und Staat angezeigt. Seggel hatte am 16. November 1938 (Buß- und Bettag) bei seiner Predigt [...] die Juden in Schutz genommen. Dabei sagte er u.a.: Die in den vergangenen Tagen (8., 9., 10. November 1938) wegen der Ermor-dung des Botschaftsrates vom Rath gegen die Juden durchgeführten Empö-rungsaktionen seien vom christlichen Standpunkte aus in keiner Weise gut zu heißen, sondern zu verurteilen. Ein Christenmensch mache so etwas nicht, das seien Unmenschen gewesen.«166

Nicht zuletzt lehnten viele Menschen den Pogrom aus Furcht ab: »Erstmals verspürten Nichtjuden wirklich die Gefahr, daß sie die nächsten Opfer des Naziterrors sein könnten. Viele, die bisher von der Arisierung profitiert hatten, fühlten sich nicht mehr sicher, weil die neue Radikalisie-rung auch ihnen schaden könnte.«167

Die Verfasser der Sopade berichteten, dass viele Menschen sich die Frage ge-stellt hätten: »Heut sind es die Juden, wer wird es morgen sein?«168 Ein nachhalti-ges Echo hätten die antijüdischen Exzesse vor allem bei den Katholiken gefun-den.169 Auch der Vorstand des Bezirksamts Ebermannstadt äußerte sich in seinem Bericht ähnlich:

»Eine grundsätzlich derart eingestellte Stimmung gibt dann einen geeigne-ten Nährboden ab für Gerüchte, dass die Geistlichen und das Kirchenver-mögen die nächsten sein werden, denen es ähnlich ergehen wird wie den Juden und ihrem Besitz.«170

Allerdings berief sich der Berichterstatter nicht auf explizite Äußerungen der Bürger. Trotzdem waren seine Befunde offensichtlich nicht weit hergeholt, wie ein NSLB-Monatsbericht zeigt:

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»Nur einige Unentwegte wie Pfaffen und ihre nächsten Trabanten schütteln mißmutig den Kopf, vielleicht in der Befürchtung, es könnte auch ihnen dereinst eine solche Lektion zuteil werden.«171

Dass die Genannten tatsächlich v.a. aus Gründen der Angst, die nächsten zu sein, die Ausschreitungen missbilligten, sei dahingestellt. Wenn es jedoch stimmt, könnte das bedeuten, dass die Propaganda gegen die Juden bei ihnen keine allzu tief greifende Wirkung gezeigt hatte. Wären sie nämlich überzeugt gewesen, dass gegen die »mindere Rasse« der Juden vorgegangen werden müsse, hätten sie nicht zu fürchten brauchen, bald die nächsten zu sein. 6 MASSNAHMEN DES REGIMES NACH DEM POGROM Am Tag nach dem Pogrom gab das Propagandaministerium den Redaktionen fol-gende Anweisung:

»Im Anschluss an die heute und morgen ausgegebene DNB-Meldung koen-nen eigene Berichte gebracht werden. Hier und dort seien Fensterscheiben zertruemmert worden, Synagogen haetten sich selbst entzuendet oder seien sonstwie in Flammen aufgegangen. Die Berichte sollen [nicht] allzu gross aufgemacht werden, keine Schlagzeilen auf der ersten Seite. Vorlaeufig keine Bilder bringen. […] Ueber oertliche Vorgaenge koenne ausfuehrli-cher berichtet werden. Dies alles nur auf der zweiten oder dritten Seite. Wenn Kommentare fuer noetig befunden werden, so sollen sie nur kurz sein und etwa sagen, dass eine begreifliche Empoerung der Bevoelkerung eine spontane Antwort auf die Ermordung des Gesandtschaftsrates gegeben habe.«172

Das wahre Ausmaß der gewalttätigen Aktionen sollte verschleiert werden.173 Der Grund dafür liegt nahe: Die Nationalsozialisten wussten nur zu gut, dass das Volk die Ausschreitungen nicht billigte.174 Hätte das Volk voll und ganz hinter den Ausschreitungen gestanden und wäre das Regime davon ausgegangen, dass es kei-ne negativen Reaktionen geben werde, wäre die Anweisung nicht nötig gewesen.

Stattdessen erklärte Goebbels auf den Titelseiten der deutschen Zeitungen den Pogrom für beendet. In einem DNB-Rundruf am späten Nachmittag des 10. No-vember hieß es, der Aufruf des Reichsministers Dr. Goebbels müsse in der Presse auf der ersten Seite groß aufgemacht werden und zwar am besten in einem Kas-ten.175 Daran hielten sich wie üblich die gelenkten Zeitungen. Sowohl das ›Bam-berger Tagblatt‹ als auch das ›Bamberger Volksblatt‹ druckten auf ihren ersten Seite im identischen Wortlaut die Aufforderung ab, »von allen weiteren Demons-trationen und Aktionen gegen das Judentum, gleichgültig welcher Art, sofort abzu-sehen«.176 Die Meldung hatte zwei Funktionen: Zum einen die wörtliche, die Täter sollten sich als »gesamte Bevölkerung« angesprochen fühlen und die Gewaltaktio-nen einstellen. Zum anderen präsentierte sich Goebbels vor den Unbeteiligten als Herr des Verfahrens, der die Gewalttaten stoppen konnte.

Am 10.11.1938 erreichte auch die Polizeiverwaltung Bamberg ein geheimer Funkspruch aus Berlin, in dem es hieß:

»sobald von gauleitungen anweisung zur beendigung der aktionen vorliegt, dafür sorgen, dass zertrümmerte läden durch holzverkleidungen usw so ver-

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schlossen werden, dass zerstörung möglichst wenig sichtbar. hausbesitzer anweisen, gegebenenfalls arbeiten im auftrage der polizei ausführen lassen. trümmer von synagogen usw beschleunigt beseitigen lassen – der chef der ordnungspolizei, sonderbefehlsstab«177

Die Dringlichkeit des Geheimbefehls deutet darauf hin, dass es den Nazis ein Anliegen war, die Zerstörungen in den Städten so schnell es ging zu kaschieren. Besonders perfide war die »Verordnung zur Wiederherstellung des Straßenbildes bei jüdischen Gewerbebetrieben«, die den Opfern, deren Geschäfte oder Wohnun-gen zerstört worden waren, befahl, alle Schäden, die durch die Pogrome entstanden waren, auf eigene Kosten zu beseitigen.178 Des Weiteren wurden die Juden endgül-tig aus der Wirtschaft und aus dem sozialen Leben ausgeschlossen.179

Nach außen hin herrschten nun wieder Ruhe und Ordnung im Staat. Auch für die Zerstörung der Sachschäden hatte die Regierung eine Lösung gefunden. Durch die voranschreitende Arisierung jüdischer Geschäfte und Handelsbetriebe rückte auch der wirtschaftliche Aspekt in den Hintergrund: Bauern konnten ihre Geschäfte in Zukunft genauso gut mit »Ariern« abwickeln. Juden wurden nicht mehr gebraucht. Gerade von denjenigen, die von der Übernahme jüdischer Geschäfte profitierten, war Kritik jetzt nicht mehr zu erwarten. Entsprechend schrieb der Regierungsprä-sident von Niederbayern und der Oberpfalz in seinem Monatsbericht: »Die gegen das Judentum gerichteten gesetzlichen Maßnahmen fanden [...] vollstes Verständ-nis.«180 Ein Aufschrei der Bevölkerung blieb aus. Die Maßnahmen wurden nach und nach umgesetzt, so dass sie weniger auffielen als die konzentrierte Gewalt in der Pogromnacht.181

Unzufriedenheit mit den Aktionen gegen die Juden zeigte das Volk auf andere Weise. Aus Ebermannstadt war zu vernehmen:

»Wenn auch die im November 1938 durch die Vergeltungsmaßnahmen ge-gen die Juden ausgelöste Kritik inzwischen wieder abgeflaut ist, so gab doch der Weihnachtsmonat besonders den bäuerlichen Kreisen wiederum vielfach Anlaß zu ablehnenden Äußerungen über das Winterhilfswerk.«182

Natürlich könnten die Pogrome auch nur einen Vorwand geliefert haben, um dem Winterhilfswerk nichts spenden zu müssen. Doch war die alljährliche Sam-melaktion in der Bevölkerung bislang immer gut angekommen. Es ist deshalb auffällig, dass die Aktion ausgerechnet jetzt im ganzen Reich boykottiert wurde.183 Auch die Gendarmerie-Station Aufsess schreibt in ihrem Monatsbericht an das Bezirksamt Ebermannstadt, dass im Verhältnis zu den Vorjahren 1938 die Gaben weniger reichlich geflossen seien.184

Davon, dass allgemeine Unzufriedenheit im Hinblick auf die antijüdischen Maß-nahmen im Volk geherrscht haben muss, zeugen indirekt die zahlreichen Zeitungs-artikel in den Wochen nach der Pogromnacht, die erneut massiv gegen die Juden hetzten. Eine weitere antisemitische Propagandakampagne scheint nötig gewesen zu sein, um das Volk vom »verbrecherischen Judentum« zu überzeugen.185 In einer Presseanweisung vom 11. November 1938 an die Redaktionen hieß es:

»In einer Pressekonferenz der Vertreter auslaendischer Zeitungen in Berlin hat Minister Dr. Goebbels heute einen Vortrag gehalten, der in Kuerze auch ueber DNB kommen wird. Er [...] enthaelt also die Sprachregelung fuer die

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weitere Behandlung der Judenfrage. Dabei soll, wenn dazu geschrieben wird, an der Hand auslaendischer Pressestimmen und der Reden im Unter-haus das englische Vorgehen in Palaestina besonders eindeutig herausge-stellt werden, die Massnahmen gegen die Araber, Haeusersprengungen, Hinrichtungen, Verbannungen und lebenslaengliche Strafen. Es soll weiter – woertlich – in der Presse zum Ausdruck kommen, dass auch, wenn das Unterhaus Wert darauf lege, die Judenfrage in einer Aussprache zu eroer-tern, der deutsche Reichstag eine Debatte ueber die Greuel in Palaestina herbeifuehren koennte. Jeder kehre vor seiner Tuer.186

Entsprechend wies das ›Bamberger Volksblatt‹ am nächsten Tag auf der ersten Seite unter der Überschrift »Mischt sich das Unterhaus in die deutsche Juden-frage« auf die Diskriminierung von Minderheiten in anderen Ländern hin – allen voran auf die englische Judenpolitik in Palästina.187 Fast täglich beherrschten nun »Juden-Themen« die Bamberger Zeitungen. Am 12. November wurde im ›Bam-berger Tagblatt‹ zum Beispiel unter dem Titel »Juden sind Mörder!« auf über ei-nem Drittel der zweiten Seite auf historische Verbrechen jüdischer Täter hinge-wiesen.188

Eine weitere Anweisung des Propagandaministeriums vom 15. November schrieb vor, dass Verbrechen, die von Juden begangen werden, künftig größer als andere Verbrechensmeldungen herausgebracht werden sollten.189 Als weiteres Motiv der Kampagne sollte die Behauptung, der Antisemitismus befinde sich auch in anderen Ländern auf dem Vormarsch, betont werden.190 Am 17. November nannten beide Bamberger Blätter zahlreiche Länder, sie sich angeblich gegen »Ju-den-Zustrom« wehrten.191

Es ist offensichtlich, welchen Zweck die antijüdische Propaganda verfolgte: Die Maßnahmen gegen die jüdischen Mitbürger sollten als Normalität erscheinen, da andere Länder mit der Minderheit nicht anders umgingen.

7 SCHLUSSBETRACHTUNG Die Reaktionen der Bevölkerung auf die Judenverfolgungen in der Reichspogrom-nacht fielen aus Sicht der Nationalsozialisten nicht wie gewünscht aus. Dabei waren die Voraussetzungen gut: Das jüdische Attentat auf Ernst vom Rath kam zur rechten Zeit und wie gerufen: Außen- und innenpolitisch war es ruhig im Deut-schen Reich. Das Volk war weitgehend zufrieden. Es bot sich daher eine günstige Gelegenheit, das jüdische Feindbild im Volk weiter zu verschärfen, um die Juden endgültig aus dem wirtschaftlichen und dem sozialen Leben ausschalten zu kön-nen. Die Nazis setzten sofort die passende Pressekampagne in Gang: Diese sollte als Hilfsmittel dienen, um das Volk gegen die Juden aufzuhetzen. Zu diesem Zweck verschwiegen die Zeitungen wichtige Details über das Attentat, während sie andere – zum Teil auch Halbwahrheiten – groß in den Vordergrund, sprich auf ihre Titelseiten, brachten. So konnte das Volk die Leidensgeschichte des Opfers von Anfang bis Ende mitverfolgen und dürfte natürlich entsprechend auch großes Mitleid mit dem schuldlos Verwundeten verspürt haben, während auf der anderen Seite ein einzelner Jude zum Synonym für eine ganze Minderheit erklärt wurde, die mit angeblichen Mordkomplotten und Verschwörungen das Deutsche Reich

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und seine »arischen« Bürger bekämpfen wollte. Die für beide Darstellungen ent-sprechend angepasste Sprachwahl dürfte dem zunehmenden Mitleid des Volkes auf der einen Seite und dem Hass auf der anderen Seite förderlich gewesen sein. Es liegt in der Natur des Menschen, auf einen hinterhältigen Mordanschlag mit Entsetzen zu reagieren, Anteilnahme für ein schuldloses Opfer zu zeigen und eine sehr große Abneigung gegen den Täter, dessen Tatmotiv obendrein verschleiert bleibt, zu verspüren. Zahlreiche Quellen bestätigen das Entsetzen der Bevölkerung über das Pariser Attentat.

Viel mehr jedoch bewegten das Volk die anschließenden Gewaltmaßnahmen in der Reichspogromnacht. Deshalb nahmen viele Berichterstatter die Entrüstung der Bevölkerung auf das Attentat gerne zum Anlass, dem Regime wenigstens eine – aus Sicht der Nazis – positive Reaktion der Deutschen auf die angewandten politi-schen Maßnahmen berichten zu können. Als Goebbels den »Appell« oder vielmehr den Befehl zu den Pogromen gab (die »spontan entbrannte Volkswut« soll an die-ser Stelle in das Reich der Fabeln verbannt werden), waren es fast ausschließlich Parteigenossen, die dem Aufruf folgten. Das beweist der Umstand, dass am Abend des 9. Novembers überall öffentliche Parteiveranstaltungen zu Ehren des Jahrestag des Hitler-Putsches stattfanden, an denen beinahe ausschließlich Nazis teilnahmen und an die der Aufruf zum Pogrom erging. Das Volk blieb zunächst unbeteiligt. Die daraufhin erfolgten Ausschreitungen blieben aber den wenigsten Bürgern verborgen. Der Lärm, den die Täter verursachten, war nicht zu überhören. Die Bürger sahen aus den Fenstern oder eilten auf die Straßen, um mit eigenen Augen zu sehen, was dort vor sich ging. Andere verschlossen möglicherweise Fenster und Augen, um nichts mit den Ausschreitungen zu tun haben zu müssen. Mit Sicher-heit gab es Menschen, die sich den Nazis anschlossen und zu Mittätern wurden, sei es aus dem emotionalen Ausnahmezustand heraus, aus Gründen des Gruppen-zwangs, sei es, um persönliche Rache an Einzelpersonen zu verüben oder um un-terdrückter Aggression Luft zu machen. Viele ließen sich zu Plünderungen hinrei-ßen. Andere wiederum leisteten – unter Gefahr ihres eigenen Lebens – jüdischen Mitbürgern Hilfe. Die meisten sahen neugierig zu, einige beschämt weg.

Alles in allem war das Volk als Reaktion auf die Pogromnacht – und das belegen die Quellen einstimmig – zumeist eher kritisch: Sei es aufgrund der unnötigen Zerstörung wertvoller Sachwerte, aufgrund der Tatsache, dass auf einen Schlag wichtige deutsche Tugenden wie Ruhe, Recht und Ordnung im ganzen Staat keine Rolle mehr spielten, sei es, weil die Menschen durch die Diskriminierung ihrer jüdischen Handelspartner Angst um ihre geschäftliche Vorteile hatten, sei es, weil mit den öffentlichen Ausschreitungen die Hemmschwelle der Gewalt gesunken war und man nun fürchtete, aus welchen Anlässen auch immer, selbst der nächste zu sein, der von der Gewalt betroffen war, sei es aus Mitleid mit den Juden oder sei es aus allen Gründen zusammen. Am Tatort selbst wagte freilich niemand Ein-wände gegen die Gewalttaten. Die Bürger hatten Angst. Sie sahen sich einer Horde von Schlägern, teilweise sogar Mördern, gegenüberstehen – allesamt erwachsene, starke Männer, die noch dazu im Auftrage der Obrigkeit wüteten. Für die Bevölke-rung selbst kam der Übergriff unerwartet. Es gab keine Gruppendynamik, kein Einschreiten der Polizei und keinen Anführer, der einen Befehl zum Widerstand

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hätte erteilen können. Dies ist ein Grund für die Passivität und das Nicht-Ein-schreiten gegen die öffentlichen Gewalttaten, als Entschuldigung reicht es jedoch nicht aus. Wenn Mitbürger von wenigen Tätern vor den Augen zahlreicher Zu-schauer diskriminiert, misshandelt, bisweilen sogar zu Tode geprügelt werden, müsste dennoch bei jedem Einzelnen, erst Recht in einer ganzen Gruppe neugieri-ger Zuschauer, Zivilcourage vorhanden sein, die ein Einschreiten ermöglicht. Die Deutschen aber leisteten keinen aktiven Widerstand.

Rühmen konnten sich die Täter mit den Gewaltaktionen vor dem Volk nicht. Das wird anhand der Verschleierung in der Presse sehr deutlich. Die Nazis wollten den Pogrom schnell in Vergessenheit geraten lassen. Wie wenig das Volk zu die-sem Zeitpunkt tatsächlich vom Antisemitismus erfasst war, beweist auch die neue Pressekampagne Goebbels. Um die legalen Diskriminierungsmaßnahmen gegen die Juden zu rechtfertigen, rückte er das Judentum in immer schlechteres Licht und redete dem Volk ein, dass auch andere Länder antisemitisch eingestellt seien. All dies war nur nötig geworden, weil die Regierung ihr Volk nicht hinter sich wusste. Selbst auf die legale Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft reagierten die Deutschen nicht wie gewollt. Auch hier gab es Formen der Kritik. Allerdings emp-fand das Volk eine Diskriminierung auf dem Gesetzesweg weniger schrecklich als öffentlich zur Schau gestellte Gewalt. Darüber waren sich die Nazis nach den Reaktionen auf die Reichspogromnacht im Klaren geworden. Eine absolute Zu-stimmung der Bevölkerung zu den antisemitischen Maßnahmen war ihnen aller-dings nicht das Wichtigste. Wichtiger war ihnen passive Duldung und Schweigen. Das Wagnis öffentlicher Ausschreitungen gegen die Juden ging das Regime des Dritten Reich kein zweites Mal ein.

ANMERKUNGEN

1 Michael Wildt (Volksgemeinschaft als Selbstermächtigung. Gewalt gegen Juden in der

deutschen Provinz 1919 bis 1939. Hamburg: Hamburger Edition 2007, S. 301-351) kommt zu deutlich negativeren Urteilen. Der polnische Journalist Antoni Graf Sobański hielt in einer Reportage 1936 fest: »Dresden und Bamberg führten mir vor Augen, dass es trotz Gleichschaltung Unterschiede gibt. Durch diese Städte kann ein Ausländer den ganzen Tag lang gehen, ohne dass ihm das allheilige ›Heil Hitler!‹ ent-gegengebracht wird.« Antoni Graf Sobański: Nachrichten aus Berlin 1933-36. Aus dem Polnischen von Barbara Kulinska-Krautmann. Berlin: Parthas 2007, S. 178. Vgl. die Rezension zu beiden Bänden in diesem JbKG.

2 vgl. Wolf-Arno Kropat: Reichskristallnacht. Der Judenpogrom vom 7. bis 10. Novem-ber 1938 – Urheber, Täter, Hintergründe. Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen. Wiesbaden: Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen 1997 (= Schriften der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, Bd. 15), S. 155

3 vgl. Wolfgang Benz (Hg.): Die Juden in Deutschland 1933-1945. Leben unter natio-nalsozialistischer Herrschaft. München: C.H. Beck 1993, S. 535.

4 vgl. Martin Broszat/Elke Fröhlich/Falk Wiesemann (Hg.): Bayern in der NS-Zeit I. Soziale Lage und politisches Verhalten der Bevölkerung im Spiegel vertraulicher Be-richte. München: Oldenbourg 1977, S. 22.

5 Kropat (1977), S. 155 (wie Anm. 2).

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6 vgl. Peter Longerich: Davon haben wir nichts gewusst! Die Deutschen und die Ju-

denverfolgungen 1933-1945. Siedler: München 2006, S. 38f. 7 vgl. ebd. 8 vgl. Martin Broszat/Elke Fröhlich/Falk Wiesemann (Hg.): Bayern in der NS-Zeit II.

Herrschaft und Gesellschaft im Konflikt. München/Wien: Oldenbourg 1979, S. 329. 9 Longerich (2006), S. 42 (wie Anm. 6). 10 vgl. Kropat (1977), S. 163 (wie Anm. 2). 11 vgl. Marlies Steinert: Hitlers Krieg und die Deutschen. Stimmung und Haltung der

deutschen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg, Düsseldorf: Econ 1970, S. 40 u. 45. 12 Vgl. Kropat (1977), S. 156 (wie Anm. 2). 13 vgl. David Bankier: Die öffentliche Meinung im Hitler-Staat. Die »Endlösung« und die

Deutschen – eine Berichtigung. Berlin: Berlin Verlag 1994, S. 17. 14 Longerich (2006), S. 31 (wie Anm. 6). 15 vgl. Rudolf Stöber: Die erfolgverführte Nation. Deutschlands öffentliche Stimmung

1866 bis 1945, Stuttgart: Steiner 1998, S. 55. 16 vgl. Bankier (1994), S. 17 (wie Anm. 13). 17 vgl. ebd., S. 52. 18 vgl. Dieter Obst: Die »Reichskristallnacht« im Spiegel westdeutscher Nachkriegs-

prozeßakten und als Gegenstand der Strafverfolgung. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 44. Jg. 1993, S. 211.

19 vgl. Benz, Wolfgang: Erziehung zur Unmenschlichkeit. Der 9. November 1938. In: Johannes Willms (Hg.): Der 9. November. Fünf Essays zur deutschen Geschichte. München: Beck, S. 50.

20 vgl. Franz Fichtl: Bambergs Wirtschaft Judenfrei. Die Verdrängung der jüdischen Geschäftsleute in den Jahren 1933 bis 1939, Bamberg: Collibri-Verlag 1998, S. 172.

21 K. Ernest Bramsted: Goebbels und die nationalsozialistische Propaganda 1925-1945. Frankfurt am Main: Fischer 1971, S. 148.

22 vgl. ebd. 23 vgl. Norbert Frei: Nationalsozialistische Eroberung der Provinzpresse. Gleichschal-

tung, Selbstanpassung und Resistenz in Bayern 1980 (= Studien zur Zeitgeschichte, Bd. 17), München/Stuttgart: DVA, S. 251-321.

24 Wolfgang Benz: Der Rückfall in die Barbarei. Bericht über den Pogrom. In Walter H. Pehle (Hg.): Der Judenpogrom 1938. Von der »Reichskristallnacht« zum Völkermord. Frankfurt am Main: Fischer 1988, S. 15.

25 vgl. Bramsted (1971), S. 150-156 (wie Anm. 21). 26 vgl. Heinz Lauber: Judenpogrom: »Reichskristallnacht« November 1938 in Groß-

deutschland. Gerlingen: Bleicher 1981, S. 125. 27 Hans Bohrmann/Gabriele Toepser-Ziegert (Hg.): NS-Presseanweisungen der Vor-

kriegszeit. Edition und Dokumentation. Bd6/III: 1938. Quellentexte September bis De-zember. München: Saur 1999, S. 1047. ZSg. 102/13/9/30 (6).

28 vgl. Longerich (2006), S. 124 (wie Anm. 6). 29 ›Bamberger Volksblatt‹ vom 8.11.1938, S. 1 (»Wieder hat ein Jude geschossen«). 30 ›Bamberger Tagblatt‹ vom 8.11.1938, S. 1 (»Schüsse auf deutschen Diplomaten«). 31 ebd. 32 ebd. 33 ›Bamberger Volksblatt‹ vom 8.11.1938, S. 1 (»Wieder hat ein Jude geschossen«). 34 vgl. Kurt Pätzold/Irene Runge: »Kristallnacht«. Zum Pogrom 1938. Berlin: Dietz

Verlag 1988, S. 39.

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35 vgl. Helmut Heiber: Der Fall Grünspan. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 5. Jg.

1957, S. 135. 36 Bohrmann/Toepser-Ziegert (1999), S. 1050 (wie Anm. 27). ZSg. 102/13/10/75. 37 ›Bamberger Tagblatt‹ vom 8.11.1938, S. 1 (»Nach dem Beispiel David Frankfurters«). 38 ›Bamberger Volksblatt‹ vom 8.11.1938, S. 1 (»Ein Juden-Mord«). 39 vgl. Hans-Jörg Koch: Der 9. November in der deutschen Geschichte. 1918-1923-1938-

1989. Freiburg im Breisgau: Rombach 1998, S. 99f. 40 ›Bamberger Volksblatt‹ vom 9.11.1938, S. 1 (»Umfangreiche Waffenkunde bei Berli-

ner Juden«). 41 vgl. Koch (1998), S. 99 (wie Anm. 39). 42 Bohrmann/Toepser-Ziegert (1999), S. 1054 (wie Anm. 27). ZSg. 102/13/14/37 (1). 43 vgl. ebd. 44 Benz (1993), S. 505 (wie Anm. 3). 45 vgl. Heinz Boberach (Hg.): Meldungen aus dem Reich 1938-1945. Die geheimen La-

geberichte des Sicherheitsdienstes der SS. Herrsching: Pawlak Verlag 1984, Bd. 2, S. 152.

46 Benz (1993), S. 507 (wie Anm. 3). 47 vgl. ebd. 48 vgl. Heiber (1957), S. 135 (wie Anm. 35). 49 ›Bamberger Volksblatt‹ vom 10.11.1938, S. 1 (»Vom Rath seinen Wunden erlegen«). 50 vgl. ebd. sowie «Bamberger Tagblatt” vom 10.11.1938, S. 1 (»Deutsches Blut fordert

Sühne«). 51 Stadtpolizei Bamberg an die Geheime Staatspolizeistelle Nürnberg. Abschlussbericht

vom 26. November 1938 über die Protestaktion gegen die Juden im Stadtbezirk Bam-berg vom 9./10.11.38, in: BStA, K5, 3148.

52 Gendarmerie-Station Waischenfeld an die Gendarmerie-Inspektion des Bezirksamtes Ebermannstadt. Lagebericht vom 25. November 1938, in: BStA, K8, 9205 I.

53 Broszat/Fröhlich/Wiesemann (1977), S. 473 (wie Anm. 4). 54 vgl. Ian Kershaw: Popular Opinion and Political Dissent in the Third Reich. Bavaria

1933-1945. Oxford: Clarendon Press 1983, S. 262. 55 Hermann Graml: Reichskristallnacht. Antisemitismus und Judenverfolgung im Dritten

Reich. München: DTV 1988, S. 11f. Vgl. Klaus Behnken (Hg.): Deutschland-Bericht der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Sopade) (1934-1940), Frankfurt a.M.: Nettelbeck 1980, Bd. 5.

56 Horst Stuckmann: »Reichskristallnacht« – Beispiel faschistischer Rassenpolitik. In Max Oppenheimer/Horst Stuckmann/Rudi Schneider (Hg.): Als die Synagogen brann-ten. Zur Funktion des Antisemitismus gestern und heute. Frankfurt am Main: Röder-berg-Verlag 1978, S. 17.

57 ›Bamberger Volksblatt‹ vom 9.11.1938, S. 1 (»Umfangreiche Waffenfunde bei Berli-ner Juden«).

58 vgl. ›Bamberger Tagblatt‹ vom 9.11.1938, S. 5 (»Waffenfunde bei Berliner Juden«). 59 Graml (1988), S. 16 (wie Anm. 55). 60 vgl. Benz (1993), S. 542 (wie Anm. 3). 61 vgl. Fichtl (1998), S. 172 (wie Anm. 20). 62 Elke Fröhlich (Hg.): Die Tagebücher von Joseph Goebbels. München: Saur 1998, Bd.

6, S. 181. 63 ebd., S. 182. 64 vgl. Graml (1988), S. 19 (wie Anm. 55).

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102 Nadine Deusing

65 Beglaubigte Urteilsabschrift vom 14. Dezember 1946 des Strafverfahrens gegen sieben

Männer wegen Landfriedensbruch durch die Staatsanwaltschaft Bamberg vom 26. No-vember 1946, in: BStA, K 105, Nr. 642, BD I, Blatt 1-402.

66 ›Bamberger Tagblatt‹ vom 10. 11. 1938, S. 3 (»Gedenkfeier im Schatten eines neuen jüdischen Mordes«).

67 ebd. 68 Stadtrat Regensburg Kriminaluntersuchungsabteilung VIII, Zeugenaussage vom 9.

April 1948 des ehemaligen Oberbürgermeisters von Bamberg, in: BStA, K105, Nr. 642, BD I, Blatt 1-402.

69 vgl. ebd. 70 vgl. ebd. 71 ebd. 72 ebd. 73 vgl. Beglaubigte Urteilsabschrift vom 14. Dezember 1946 des Strafverfahrens gegen

sieben Männer wegen Landfriedensbruch durch die Staatsanwaltschaft Bamberg vom 26. November 1946, in: BStA, K 105, Nr. 642, BD I, Blatt 1-402.

74 vgl. Longerich (2006), S. 129 (wie Anm. 6). 75 ›Bamberger Tagblatt‹ vom 11.11.1938, S. 1 (»Juden erhalten ihre Antwort«). 76 ›Bamberger Volksblatt‹ vom 11.11.1938 (»Volksgericht gegen die Juden«). 77 vgl. Beglaubigte Urteilsabschrift vom 14. Dezember 1946 des Strafverfahrens gegen

sieben Männer wegen Landfriedensbruch durch die Staatsanwaltschaft Bamberg vom 26. November 1946, in: BStA, K 105, Nr. 642, BD I, Blatt 1-402.

78 Bankier (1994), S. 119 (wie Anm. 13). 79 Stadtpolizei Bamberg. Polizeibericht an den Stadtkommissar in Bamberg zur Vorlage,

Betreff: Demonstrationen gegen Juden, in: BStA, K5, 3148. 80 vgl. Beglaubigte Urteilsabschrift vom 14. Dezember 1946 des Strafverfahrens gegen

sieben Männer wegen Landfriedensbruch durch die Staatsanwaltschaft Bamberg vom 26. November 1946, in: BStA, K 105, Nr. 642, BD I, Blatt 1-402.

81 Stadtpolizei Bamberg an die Geheime Staatspolizeistelle Nürnberg, 26. November 1938, Betreff: Gesamt- und Abschlußbericht über die Protestaktion gegen die Juden im Stadtbezirk Bamberg v. 9./10.11.38, in: BStA, K5, 3148.

82 vgl. Beglaubigte Urteilsabschrift vom 14. Dezember 1946 des Strafverfahrens gegen sieben Männer wegen Landfriedensbruch durch die Staatsanwaltschaft Bamberg vom 26. November 1946, in: BStA, K 105, Nr. 642, BD I, Blatt 1-402.

83 ebd. 84 Staatsanwaltschaft Bamberg, Zeugenbericht vom 23.8.1945, in: BStA, K105, Nr. 642,

BD I, Blatt 1-402. 85 vgl. ebd. 86 vgl. Pätzold/Runge (1988), S. 61 (wie Anm. 34). Vgl. Staatsanwaltschaft Bamberg,

Zeugenbericht des Bamberger Verwaltungsdirektors, in: BStA, K105, Nr. 642 Bd I, Blatt 1-402.

87 Staatsanwaltschaft Bamberg, Zeugenbericht vom 18. August 1945, in: BStA, K 105, Nr. 642, Bd I, Blatt 1-402.

88 Beglaubigte Urteilsabschrift vom 14. Dezember 1946 des Strafverfahrens gegen sieben Männer wegen Landfriedensbruch durch die Staatsanwaltschaft Bamberg vom 26. No-vember 1946, in: BStA, K 105, Nr. 642, BD I, Blatt 1-402.

89 Staatsanwaltschaft Bamberg, Zeugenbericht vom 8.9.1947, in: BStA, K 105, Nr. 642, Bd I, Blatt 1-402.

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Die Reaktionen der Bevölkerung auf die Judenverfolgungen in der Reichspogromnacht 103

90 vgl. Kropat (1977), S. 158 (wie Anm. 2). 91 Vorstand des Bezirksamts Ebermannstadt an den Regierungspräsidenten von Oberfran-

ken und Mittelfranken. Lagebericht vom 2. Dezember 1938, in: BStA, K8, 9205 I, D 156.

92 vgl. Dieter Obst (1991): »Reichskristallnacht«. Ursachen und Verlauf des antisemiti-schen Pogroms vom November 1938. Frankfurt a.M.: Peter Lang, S. 354.

93 Vgl. Ruth Andreas-Friedrich: Der Schattenmann. Tagebuchaufzeichnungen 1938-1945. Frankfurt: Suhrkamp 1984, S.32f. Allerdings sind diese Tagebuchaufzeichnun-gen – wie viele andere, nachträglich publizierte – kritisch zu lesen.

94 vgl. Behnken (1980), S. 1192, vgl. S. 1201 (wie Anm. 55). 95 Staatsanwaltschaft Bamberg, Zeugenaussage vom 27. Juni 1946, in: BStA, K 105, Nr.

642, Bd I, Blatt 1-402. 96 Staatsanwaltschaft Bamberg, Zeugenaussage vom 23. August 1945, in: BStA, K 105,

Nr. 642, Bd I, Blatt 1-402. 97 Spruchkammer Forchheim, Zeugenaussage vom 19. Mai 1947, in: BStA, K 105, Nr.

642, Bd I, Blatt 1-402. 98 Beglaubigte Urteilsabschrift der Staatsanwaltschaft Bamberg vom 14. Dezember 1946,

in: BStA, K105, Nr. 642 Bd I, Blatt 1-402. 99 Daniel Jonah Goldhagen: Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche

und der Holocaust. Berlin: Siedler 1998, S. 515. 100 vgl. ebd. 101 Lauber (1981), S. 151 (wie Anm. 26). 102 Pätzold/Runge (1988), S. 81 (wie Anm. 34). 103 Behnken (1980), S. 1205-1207, vgl. S. 1197; vgl S. 1210 (wie Anm. 55). 104 Broszat/Fröhlich/Wiesemann (1977), S. 473 (wie Anm. 4). 105 ebd., S. 474. 106 Ian Kershaw: Täter und Verweigerer. In: Herbert A. Strauss (Hg.): Lerntag über Ge-

walt gegen Juden: Die Novemberpogrome von 1938 in historischer Perspektive. Ber-lin: Technische Universität Berlin 1989, S. 44.

107 vgl. Kropat (1977), S. 159 (wie Anm. 2). 108 Spruchkammer Forchheim, Zeugenbericht vom 10. Mai 1947, in: BStA, K105, Nr. 642

Bd I, Blatt 1-402. 109 vgl. Obst (1993), S. 216 (wie Anm. 18). 110 Behnken (1980), S. 1194f. (wie Anm. 55). 111 ebd., S. 1199. 112 Wolfgang Benz: Applaus, Beteiligung, Missbilligung. Zum Verhalten des Publikums

in der »Reichskristallnacht«. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 22. Jg. 1974, S. 968.

113 Staatsanwaltschaft Bamberg, Zeugenaussage vom 20. Dezember 1948, in: BStA, K105, Nr. 642 Bd I, Blatt 1-402.

114 vgl. Gendarmerie-Station Burgwindheim. Auszug aus dem Wochenbericht vom 26.11.38, in: BStA, K5, 3148.

115 Blitzfernschreiben des Chefs der Sicherheitspolizei Heydrich SS-Gruppenführer an alle Stapol.- und Stapostellen. Betreff: Protestaktion gegen Juden (Plünderer, Plünde-rungsgut), in: BStA, K5, 3148.

116 vgl. Obst (1991), S. 353 (wie Anm. 92).

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104 Nadine Deusing

117 vgl. Gendarmerie-Station Hirschaid an den Oberstaatsanwalt beim Landgericht Bam-

berg, Bericht vom 10. November 1938. Betreff: Brand in der Synagoge in Hirschaid, in: BStA K5, 3148.

118 Broszat/Fröhlich/Wiesemann (1977), S. 476 (wie Anm. 4). 119 Beglaubigte Urteilsabschrift der Staatsanwaltschaft Bamberg vom 14. Dezember 1946,

in: BStA, K105, Nr. 642 Bd I, Blatt 1-402. 120 Abschrift einer Zeugenaussage vom 23. August 1945, in: BStA, K105, Nr. 642 Bd I,

Blatt 1-402. 121 Zeugenaussagen vom 18. August 1945 und vom 5. April 1946, in: BStA, K105, Nr.

642 Bd I, Blatt 1-402. 122 William Sheridan Allen: Die deutsche Öffentlichkeit und die »Reichskristallnacht« –

Konflikte zwischen Werthierarchie und Propaganda im Dritten Reich. In Detlev Peu-kert/Jürgen Reulecke: Die Reihen fast geschlossen. Beiträge zur Geschichte des All-tags unterm Nationalsozialismus. Wuppertal: Peter Hammer Verlag 1981, S. 403.

123 Behnken (1980), S. 1206 (wie Anm. 55). 124 Wolfgang Benz (Hg.): Das Tagebuch der Hertha Nathorff. Berlin – New York. Auf-

zeichnungen 1933 bis 1945. Frankfurt a.M.: Fischer 1989, S. 122. 125 Kershaw (1989), S.44 (wie Anm. 106). 126 Behnken (1980), S. 1208 (wie Anm. 55). 127 vgl. ebd. 128 Andreas-Friedrich (1984), S. 30 (wie Anm. 93). 129 Friedrich Freiherr Hiller von Gaertringen, (Hg.): Die Hassel-Tagebücher 1938-1944.

Ulrich von Hassell. Aufzeichnungen vom Andern Deutschland. Berlin: Siedler 1989, S. 63.

130 Gendarmerie-Station Hirschaid an das Bezirksamt Bamberg. Lagebericht vom 14. November 1938, in: BStA, K5, 3148.

131 Fröhlich (1998), S. 181 (wie Anm. 61). 132 Gendarmerie-Station Waischenfeld an die Gendarmerie-Inspektion des Bezirksamts

Ebermannstadt. Lagebericht vom 25. November 1938, in: BStA, K8, 9205 I, 2008. 133 Gendarmerie-Station Heiligenstadt an das Bezirksamt Ebermannstadt. Lagebericht

vom 25. November 1938, in: BStA, K8, 9205 I. 134 Gendarmerie-Station Burgwindheim, Auszug aus dem Wochenbericht vom 11.11.38,

in: BStA, K5, 3148. 135 Gendarmerie-Station Schesslitz. Auszug aus dem Wochenbericht vom 11.11.38, in:

BStA, K5, 3148. 136 Broszat/Fröhlich/Wiesemann (1977), S. 471 (wie Anm. 4). 137 ebd., S. 470. 138 Broszat/Fröhlich/Wiesemann (1979), S. 329 (wie Anm. 8). 139 Goldhagen (1996), S. 132 (wie Anm. 99). 140 vgl. Jürgen Zarusky: »Völlige Ausschaltung verwirklicht...«. November-Pogrom 1938:

Vorstufe zur »Endlösung der Judenfrage. In: Tribüne. Zeitschrift zum Verständnis des Judentums, 27. Jg. 1988, H. 107, S. 110.

141 Bankier (1994), S. 119 (wie Anm. 13). 142 Kropat (1977), S. 166 (wie Anm. 2). 143 Gendarmerie-Station Ebermannstadt an die Gendarmerieinspektion Ebermannstadt.

Lagebericht für November 1938, in: BStA, K8, 9205 I. 144 Benz (1988), S. 49 (wie Anm. 24).

Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte • Band 10 • 2008 Urheberrechtlich geschütztes Material. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in elektronischen Systemen. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2008

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Die Reaktionen der Bevölkerung auf die Judenverfolgungen in der Reichspogromnacht 105

145 Hans Mommsen/Dieter Obst: Die Reaktion der deutschen Bevölkerung auf die Verfol-

gung der Juden 1933-1943. In: Hans Mommsen/Susanne Willems (Hg.): Herrschafts-alltag im Dritten Reich. Studien und Texte Düsseldorf: Patmos 1988, S. 381. vgl. Obst (1993), S. 217 (wie Anm. 18).

146 vgl. Longerich (2006), S. 133 (wie Anm. 6). 147 Gendarmerie-Station Muggendorf an das Bezirksamt Ebermannstadt. Lagebericht für

November 1938, in: BStA, K8, 9205 I. 148 vgl. Benz (1993), S. 541 (wie Anm. 3). 149 vgl. Gendarmerie-Station Waischenfeld an die Gendarmerie-Inspektion des Bezirks-

amtes Ebermannstadt. Lagebericht vom 25. November 1938, in: BStA, K8, 9205 I. 150 vgl. Obst (1993), S. 217 (wie Anm. 18). 151 vgl. Allen (1981), S. 403 (wie Anm. 122). 152 Vorstand des Bezirksamts Ebermannstadt an den Regierungspräsidenten von Oberfran-

ken und Mittelfranken. Lagebericht vom 2. Dezember 1938, in: BStA, K8, 9205 I. 153 Vorstand des Bezirksamts Ebermannstadt an den Regierungspräsidenten von Oberfran-

ken und Mittelfranken. Lagebericht vom 2. Dezember 1938, in: BStA, K8, 9205 I. 154 Gendarmerie-Station Muggendorf an das Bezirksamt Ebermannstadt. Lagebericht für

Monat November vom 26. November 1938, in: BStA, K8, 9205 I. 155 Allen (1981), S. 403 (wie Anm. 122). 156 vgl. ebd, S. 405. 157 vgl. Mommsen/Obst (1988), S. 381 (wie Anm. 145). 158 Gendarmerie-Station Hollfeld an das Bezirksamt Ebermannstadt. Lagebericht vom 26.

November 1938 für den Monat November, in: BStA, K8, 9205 I. 159 vgl. Broszat/Fröhlich/Wiesemann (1977), S. 21 (wie Anm. 4). 160 Gendarmerie-Station Königsfeld an das Bezirksamt Ebermannstadt. Lagebericht vom

27. November 1938 für den Monat November, in: BStA, K8, 9205 I. 161 Amtsgericht Bamberg. Zeugenaussage vom 26.März 1946, in: BStA, K105, Nr. 642

Bd I, Blatt 1-402. 162 vgl. Obst (1993), S. 216 (wie Anm. 18). 163 vgl. Hans Mommsen: Die Funktion des Antisemitismus im »Dritten Reich«. Das Bei-

spiel des Novemberpogroms. In: Dirk Blasius/Dan Diner (Hg.): Zerbrochene Ge-schichte. Leben und Selbstverständnis der Juden in Deutschland. Frankfurt a.M.: Fi-scher 1991, S. 162.

164 vgl. Zarusky (1988), S. 110 (wie Anm. 140). 165 Broszat/Fröhlich/Wiesemann (1977), S. 473 (wie Anm. 4). 166 ebd., S. 479. 167 Bankier (1994), S. 119 (wie Anm. 13). 168 Behnken (1980), S. 1209 (wie Anm. 55). 169 ebd., S. 1209. 170 Vorstand des Bezirksamts Ebermannstadt an den Regierungspräsidenten von Oberfran-

ken und Mittelfranken. Lagebericht vom 2. Dezember 1938, in: BStA, K8, 9205 I, D 156.

171 Broszat/Fröhlich/Wiesemann (1977), S. 471 (wie Anm. 4). 172 Bohrmann/Toepser-Ziegert (1999), S. 1060f. (wie Anm. 27), ZSg. 102/13/18/22 (5). 173 vgl. Longerich (2006), S. 125 (wie Anm. 6). 174 Ebd., S. 128. 175 Bohrmann/Toepser-Ziegert (1999), S. 1061 (wie Anm. 27), ZSg. 102/13/19/47.

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106 Nadine Deusing

176 ›Bamberger Tagblatt‹ vom 11.11.1938, S. 1. (»Juden erhalten ihre Antwort«) sowie

›Bamberger Volksblatt‹ vom 11.11.1938, S. 1. (»Antwort an das Judentum auf Geset-zesweg«).

177 Geheimer Funkspruch des Polizeipräsidiums Nürnberg-Fürth aus Berlin an alle Poli-zeiverwaltungen, in: BStA, K5, 3148.

178 vgl. Uwe Dietrich Adam: Judenpolitik im Dritten Reich. Düsseldorf: Droste 1972, S. 209-211.

179 vgl. Bramsted (1971), S. 165f. (wie Anm. 21). 180 Broszat/Fröhlich/Wiesemann (1977), S. 473 (wie Anm. 4). 181 vgl. Obst (1991), S. 346 (wie Anm. 92). 182 Gendarmerie-Station Ebermannstadt an das Bezirksamt Ebermannstadt. Lagebericht

für den Monat Dezember, in: BStA, K8, 9205 I. 183 Stöber (1998), S. 208f. (wie Anm. 15). 184 vgl. Gendarmerie-Station Aufsess an das Bezirksamt Ebermannstadt. Lagebericht für

den Monat Dezember, in: BStA, K8, 9205 I. 185 vgl. Kropat (1977), S. 169f. (wie Anm. 2). 186 Bohrmann/Toepser-Ziegert (1999), S. 1065 (wie Anm. 27), ZSg. 102/13/20/69. 187 vgl. ›Bamberger Volksblatt‹ vom 12.11.1938, S.1 (»Mischt sich das Unterhaus in die

deutsche Judenfrage?«). 188 vgl. ›Bamberger Tagblatt‹ vom 12./13.11.1938, S. 2. (»Juden sind Mörder!«). 189 vgl. Bohrmann/Toepser-Ziegert (1999), S. 1076 (wie Anm. 27), S. 1076, ZSg.

102/13/33/37 (7). 190 Bohrmann/Toepser-Ziegert (1999), S. 1079 (wie Anm. 27), ZSg. 102/13/36-37. 191 vgl. ›Bamberger Volksblatt‹ vom 17.11.1938, S.1. (»Schaffen England und Frankreich

Juden-Asyle?«). Vgl. ›Bamberger Tagblatt‹ vom 17.11.1938, S. 2 (»Die antijüdische Front im Wachsen«).

Zusammenfassung Der Artikel schildert den November-Pogrom von 1938 in Bamberg und Umgebung. Ausge-wertet werden Zeitungsartikel, Berichte aus NS- und NS-gegnerischer Provenienz und die Strafprozessakten von 1946 über die Ereignisse im November 1938. Der Artikel zeigt, dass der Pogrom wohl organisiert war; die Bevölkerung verhielt sich zumeist passiv; diverse Indizien lassen auf eine ablehnende Haltung gegenüber den Gewaltexzessen schließen. Summary The pogrom of November 1938 is the most notorious attack on Jewish life, rights and prop-erty in peacetime Nazi Germany. The article describes the incident in Bamberg and the surrounding area. The Nazi propaganda, starting with the Grynszpan assassination, is docu-mented by quotes from Bamberg’s Press. Reports in public opinion surveys (of Nazi and Anti-Nazi provenience) give profound insight in the reactions of ordinary Germans. It was not as positive as the Nazi propaganda might have suggested. Korrespondenzanschrift Nadine Deusing, Coburgerstr. 62, 96486 Lautertal E-Mail: [email protected]

Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte • Band 10 • 2008 Urheberrechtlich geschütztes Material. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in elektronischen Systemen. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2008