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| HNO 1·98 38 U. Schröder 1 · M. Jungehülsing 1 · R. Fischbach 2 · B. Krug 2 1 Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (Direktor: Prof. Dr. E. Stennert), Universität zu Köln 2 Institut für radiologische Diagnostik (Direktor: Prof. Dr. K. Lackner), Universität zu Köln Die Kernspinsialographie Ein neues diagnostisches Verfahren zur Speicheldrüsengangdarstellung sondere deren frühe Veränderungen mit Rarefizierung des Gangsystems bei sonographisch noch unauffälliger Dar- stellung des Parenchyms. Wesentliche Nachteile der Sialographie liegen aber in der Notwendigkeit der Kontrastmit- telapplikation und den damit einherge- henden Komplikationen bzw. Kontrain- dikationen wie Gangverletzungen, Ent- zündungen und Allergien [2]. Während die sialographische Gang- darstellung in Verbindung mit der Com- putertomographie (CT) [5, 14] wegen fehlender Zusatzinformationen bei Strahlenexposition keine Akzeptanz fand, verspricht die kernspintomatogra- phische Darstellung des langsam flie- ßenden Speichels durch extrem lange Echozeiten in der stark T2-gewichteten Schicht der Kernspintomographie Vor- teile nicht zuletzt wegen der fehlenden Strahlenexposition und fehlenden Not- wendigkeit der KM-Applikation. Da bis- lang keine Erfahrungen in der klini- schen Anwendung vorliegen, wurden Patienten mit einer breiten Palette der Speicheldrüsenerkrankungen mittels Kernspinsialographie (MR-Sialographie) untersucht und ihre Ergebnisse mit de- nen der Sonographie und digitalen Sub- traktionssialographie verglichen. Material und Methoden Verwendet wurde ein 1,0-Tesla-Ganz- körperkernspintomograph (Gyroscan T10NT; Philips, Best, Niederlande). Mit einer Oberflächenspule (Durchmesser 7,5 cm) wurde bei zehn gesunden Pro- Die Kontrastmittel (KM-)darstellung des Speicheldrüsengangsystems galt lange Zeit als die einzige Möglichkeit, nicht gestaute Speichelgänge bildge- bend darzustellen. Die ursprünglich be- schriebene Methode der mit analogen Film-Folien-Kombinationen durchge- führten Sialographie wurde lange Zeit unverändert angewandt [9], bis sie durch Einführung der digitalen Aufnah- meverfahren [6] mit einer Verbesserung der Simultanabbildung zentraler und peripherer Gangabschnitte und durch Einführung der Subtraktionstechnik [7] mit Erhöhung des Kontrastes und Ver- ringerung der Expositionsdosis verbes- sert wurde. Die Anzahl der durchgeführten Si- alographien sank in den 70er und 80er Jahren kontinuierlich, da die bildgeben- de Diagnostik der raumfordernden und der durch Speichelsteine bedingten ent- zündlichen Erkrankungen des Speichel- drüsenparenchyms infolge der Weiter- entwicklung der sonographischen Ge- räte bereits in vielen Fällen durch diese abgedeckt ist [1, 3] und bei einer erwei- terten Fragestellung im Rahmen der Stufendiagnostik im nächsten Schritt meist die Kernspintomographie indi- ziert ist [15]. Eine wichtige Indikations- stellung bildet aber nach wie vor die große Gruppe der Sialadenitiden, insbe- Originalien HNO 1998 · 46:38–43 © Springer-Verlag 1998 Zusammenfassung Die Kernspinsialographie wird als Modifika- tion einer MR-Pulsfolge vorgestellt und ihre Speichelgangdarstellung mit der digitalen Subtraktionssialographie als Standard vergli- chen. Bei 10 gesunden Probanden und 15 symptomatischen Patienten mit Erkrankun- gen der Glandula parotis wurde eine stark T2- gewichtete Kernspintomographie (TR 3600, TE 800) angefertigt, so daß lediglich der in- traduktale, statische Speichel signalgebend zur Darstellung kam.Die untersuchten Pati- enten wiesen sowohl benigne als auch mali- gne Tumoren, Sialolithiasitiden, Sialadeniti- den, ein Heerfordt-Syndrom oder kongenita- le Ganganomalien auf. Der Stenon-Gang so- wie Gänge 1. Ordnung ließen sich in der Kernspinsialographie gut darstellen. In der Darstellung von Gängen 2. und 3. Ordnung war die MR-Sialographie der Subtraktions- sialographie als Standardmethode unterlegen. Die Kernspinsialographie erwies sich dage- gen in der Diagnostik erweiterter Gänge pro- ximal von kompletten Gangverschlüssen und der Darstellung von zystischen Speichelre- tentionen überlegen.Pathologische Befunde wie Gangektasien, Gangstrikturen, intraduk- tale Steine, tumorös bedingte Gangverlage- rungen oder Gangabbrüche konnten sowohl in der Kernspin- als auch in der Subtraktions- sialographie vergleichbar erhoben werden. Die Kernspinsialographie ist aufgrund der Darstellung pathologischer Befunde generell zur Beurteilung des Speichelgangsystems der Glandula parotis geeignet.Vorteile liegen in ihrer Nichtinvasivität,dem Fehlen einer Strahlenexposition und der funktionellen Darstellung des Speichelgangsystems. Des weiteren kann mit Hilfe der Kernspinsialogra- phie die oft publizierte, kernspintomographi- sche Darstellung des N.facialis differential- diagnostisch zu den Speichelgängen verifi- ziert, bzw. falsifiziert werden. Dr. U. Schröder Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Universität zu Köln, Joseph Stelzmann-Straße 9, D-50924 Köln& / f n - b l o c k : & b d y : Redaktion H.P.Zenner,Tübingen Schlüsselwörter Kernspinsialographie · Speicheldrüsengangsystem · Nicht-invasive Diagnostik · Speicheldrüsenerkrankungen

Die Kernspinsialographie Ein neues diagnostisches Verfahren zur Speicheldrüsengangdarstellung

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U. Schröder1 · M. Jungehülsing1 · R. Fischbach2 · B. Krug2

1 Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (Direktor: Prof.Dr.E.Stennert),Universität zu Köln2 Institut für radiologische Diagnostik (Direktor: Prof.Dr.K.Lackner), Universität zu Köln

Die KernspinsialographieEin neues diagnostisches Verfahren zurSpeicheldrüsengangdarstellung

sondere deren frühe Veränderungenmit Rarefizierung des Gangsystems beisonographisch noch unauffälliger Dar-stellung des Parenchyms. WesentlicheNachteile der Sialographie liegen aberin der Notwendigkeit der Kontrastmit-telapplikation und den damit einherge-henden Komplikationen bzw. Kontrain-dikationen wie Gangverletzungen, Ent-zündungen und Allergien [2].

Während die sialographische Gang-darstellung in Verbindung mit der Com-putertomographie (CT) [5, 14] wegenfehlender Zusatzinformationen beiStrahlenexposition keine Akzeptanzfand, verspricht die kernspintomatogra-phische Darstellung des langsam flie-ßenden Speichels durch extrem langeEchozeiten in der stark T2-gewichtetenSchicht der Kernspintomographie Vor-teile nicht zuletzt wegen der fehlendenStrahlenexposition und fehlenden Not-wendigkeit der KM-Applikation. Da bis-lang keine Erfahrungen in der klini-schen Anwendung vorliegen, wurdenPatienten mit einer breiten Palette derSpeicheldrüsenerkrankungen mittelsKernspinsialographie (MR-Sialographie)untersucht und ihre Ergebnisse mit de-nen der Sonographie und digitalen Sub-traktionssialographie verglichen.

Material und Methoden

Verwendet wurde ein 1,0-Tesla-Ganz-körperkernspintomograph (GyroscanT10NT; Philips, Best, Niederlande). Miteiner Oberflächenspule (Durchmesser7,5 cm) wurde bei zehn gesunden Pro-

Die Kontrastmittel (KM-)darstellungdes Speicheldrüsengangsystems galtlange Zeit als die einzige Möglichkeit,nicht gestaute Speichelgänge bildge-bend darzustellen. Die ursprünglich be-schriebene Methode der mit analogenFilm-Folien-Kombinationen durchge-führten Sialographie wurde lange Zeitunverändert angewandt [9], bis siedurch Einführung der digitalen Aufnah-meverfahren [6] mit einer Verbesserungder Simultanabbildung zentraler undperipherer Gangabschnitte und durchEinführung der Subtraktionstechnik [7]mit Erhöhung des Kontrastes und Ver-ringerung der Expositionsdosis verbes-sert wurde.

Die Anzahl der durchgeführten Si-alographien sank in den 70er und 80erJahren kontinuierlich, da die bildgeben-de Diagnostik der raumfordernden undder durch Speichelsteine bedingten ent-zündlichen Erkrankungen des Speichel-drüsenparenchyms infolge der Weiter-entwicklung der sonographischen Ge-räte bereits in vielen Fällen durch dieseabgedeckt ist [1, 3] und bei einer erwei-terten Fragestellung im Rahmen derStufendiagnostik im nächsten Schrittmeist die Kernspintomographie indi-ziert ist [15]. Eine wichtige Indikations-stellung bildet aber nach wie vor diegroße Gruppe der Sialadenitiden, insbe-

OriginalienHNO1998 · 46:38–43 © Springer-Verlag 1998

Zusammenfassung

Die Kernspinsialographie wird als Modifika-tion einer MR-Pulsfolge vorgestellt und ihreSpeichelgangdarstellung mit der digitalenSubtraktionssialographie als Standard vergli-chen.Bei 10 gesunden Probanden und 15symptomatischen Patienten mit Erkrankun-gen der Glandula parotis wurde eine stark T2-gewichtete Kernspintomographie (TR 3600,TE 800) angefertigt, so daß lediglich der in-traduktale, statische Speichel signalgebendzur Darstellung kam.Die untersuchten Pati-enten wiesen sowohl benigne als auch mali-gne Tumoren, Sialolithiasitiden, Sialadeniti-den, ein Heerfordt-Syndrom oder kongenita-le Ganganomalien auf.Der Stenon-Gang so-wie Gänge 1.Ordnung ließen sich in derKernspinsialographie gut darstellen. In derDarstellung von Gängen 2.und 3.Ordnungwar die MR-Sialographie der Subtraktions-sialographie als Standardmethode unterlegen.Die Kernspinsialographie erwies sich dage-gen in der Diagnostik erweiterter Gänge pro-ximal von kompletten Gangverschlüssen undder Darstellung von zystischen Speichelre-tentionen überlegen.Pathologische Befundewie Gangektasien, Gangstrikturen, intraduk-tale Steine, tumorös bedingte Gangverlage-rungen oder Gangabbrüche konnten sowohlin der Kernspin- als auch in der Subtraktions-sialographie vergleichbar erhoben werden.Die Kernspinsialographie ist aufgrund derDarstellung pathologischer Befunde generellzur Beurteilung des Speichelgangsystemsder Glandula parotis geeignet.Vorteile liegenin ihrer Nichtinvasivität, dem Fehlen einerStrahlenexposition und der funktionellenDarstellung des Speichelgangsystems.Desweiteren kann mit Hilfe der Kernspinsialogra-phie die oft publizierte, kernspintomographi-sche Darstellung des N.facialis differential-diagnostisch zu den Speichelgängen verifi-ziert, bzw.falsifiziert werden.

Dr. U. SchröderKlinik und Poliklinik fürHals-Nasen-Ohrenheilkunde, Universität zu Köln,Joseph Stelzmann-Straße 9, D-50924 Köln&/fn-block:&bdy:

RedaktionH.P. Zenner,Tübingen

Schlüsselwörter

Kernspinsialographie ·Speicheldrüsengangsystem · Nicht-invasiveDiagnostik · Speicheldrüsenerkrankungen

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Magnetic resonance sialography as anew diagnostic technique in parotidgland disease

Summary

The new technique of non-invasive magne-tic resonance (MR) sialography was eval-uated for normal and various pathologicconditions of the parotid gland.Ten volun-teers and 15 patients with various sympto-matic diseases of the parotid gland weretested in the present study.Diseases includedpleomorphic adenoma, cystadenolympho-ma, carcinoma ex pleomorphic adenoma,ductal carcinoma, adenoid cystic carcinoma,lymphoepithelial carcinoma, non-Hodgkin’slymphoma, sialolithiasis, sialadenitis, Heer-fordt’s syndrome and congenital duct ecta-sies. In addition to the usually performed T1and T2 cross-sectional sequences a heavilyweighted T2 sequence (TR 3600,TE 800) wasperformed and allowed depiction of a fluid-filled parotid duct. Results showed that themain parotid and primary branching ductswere depicted reliably in all normal casesand all patients, except one with sicca syn-drome. Pathological conditions such as ductdilatations, duct strictures, obstructing ductcalculus and irregular shapes and courses ofthe ductal system were demonstrable.WhileX-ray sialography obtained a higher resolu-tion, only MR sialography was able to depictdilated ducts proximal from a complete ob-struction, as well as all ductal cysts. Our fin-dings show that MR sialography can be ap-plied successfully to investigations of theparotid gland system.There have been nocontraindications or complications to datebecause MR sialography is non-invasive.Thetechnique will also allow the salivary ductsand lesions to be differentiated from thecourse of the facial nerve.

Key words

Magnetic resonance sialography · Salivarygland ductal system · Non-invasivediagnostic testing · Parotid gland pathology

häufigsten benignen Speicheldrüsentu-moren der Glandula parotis (pleomor-phes Adenom, Zystadenolymphom), so-wie je ein Patient mit einem Karzinomim pleomorphen Adenom, einem ade-noidzystischen Karzinom, einem primä-ren Speicheldrüsengangkarzinom, ei-nem lymphoepithelialen Karzinom, ei-nem Non-Hodgkin-Lymphom, einerSialolithiasis, einer Autoimmunerkran-kung der Glandula parotis (Heerfordt-Syndrom), einer kongenitalen Gangan-omalie, sowie 3 Patienten mit einer chro-nischen Sialadenitis untersucht.Alle Pati-enten hatten sich mit der Durchführungder Untersuchung einverstanden er-klärt. Die Diagnosen wurden zytolo-gisch und/oder histologisch verifiziert.

Ergebnisse

Probanden

Bei allen gesunden Probanden konnteder Stenon-Gang in der MR-Sialogra-phie als scharf abgrenzbare, signalge-bende, lineare Struktur in seinem ge-samten intra- und extraglanduläremVerlauf und 3–5 Gänge 1. Ordung ver-läßlich dargestellt werden (Abb. 1).Gänge 2. Ordnung ließen sich nur nochbei 4 Probanden darstellen. Bei 3 Pro-

banden mit asymptomatischer undauch anhand der klinischen Untersu-chung als unauffällig befundeter Glan-dula parotis und bei 15 Patienten miteiner symptomatischen Erkrankungder Ohrspeicheldrüse nach Anfertigungder üblichen T1- und T2-gewichtetenSchichten in 3D-Fast-Spinechotechnikeine stark T2-gewichtete Schicht inschräg-saggitaler Richtung auf Höhedes Stenon-Gangs gefahren. Vorausge-gangene Untersuchungen mit freiwilli-gen Probanden hatten unter Variationder Pulssequenzen gezeigt, daß mit ei-ner sehr langen Echozeit von 800 msund einer Relaxationszeit von 3600 msder statische, bzw. sehr langsam fließen-de, intraduktale Speichel signalreich zurDarstellung kommt, während die Signa-le des umgebenden Gewebes optimalunterdrückt sind. Die Schichtdicke lagzwischen 30 und 40 mm zur zweidi-mensionalen (2D-)Rekonstruktion.

Die Patienten wurden so ausge-wählt, daß eine umfassende Vielfaltder Speicheldrüsenerkrankungen, ins-besondere des Gangsystems, mit zu-nächst der MR-Sialographie und im An-schluß daran dann vergleichend sono-graphisch und mittels Subtraktionssialo-graphie [7] untersucht werden konnten.Es wurden jeweils 2 Patienten mit den

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Abb. 1 m Sialokernspintomogramm der linken Speicheldrüse bei einem 29jährigen Probanden.Neben der unauffälligen Darstellung des Ductus parotideus (Stenon) können Gänge 1. und 2. Ord-nung sicher identifiziert werden. Die Gänge sind glatt begrenzt, der Drüsenkörper von einemhomogenen Ganggeflecht durchzogen

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banden konnten auch akzessorischeGänge nachgewiesen werden.

Bildmorphologisch zeigte sich diedigitale Subtraktionssialographie derMR-Sialographie überlegen mit Dar-stellung der Gänge bis zur 4. Ordnung.Bei 2 der freiwilligen Probanden wurdeeine 2. Kernspinsialographie (MR-Sialo-graphie) nach einer Durstperiode von8 h angefertigt. Dabei zeigte sich einedeutliche Reduktion des signalgeben-den intraduktalen Speichels und eineanzahlmäßige Verringerung der zurDarstellung kommenden Gänge ersterOrdnung.

Patienten

Bei allen Patienten konnte der Stenon-Gang in guter Bildqualität dargestelltwerden. Nur bei einem Patienten mitSpeicheldrüsensarkoidose (Heerfordt-Syndrom) gelang die Darstellung derSpeicheldrüsenaufzweigungen 1. Ord-nung nicht. Sonst konnten bis zu 5 Gän-

Heerfordt-Syndrom

Allein bei der Patientin mit dem Heer-fordt-Syndrom und ausgeprägter Xero-stomie kamen keine Gänge 1. Ordnungzur Darstellung. Die Subtraktionssialo-graphie dagegen konnte bei dieser Pati-entin nicht nur Gänge 1. und 2. Ord-nung, sondern auch deren Pathologiemit zystischen Gangausziehungennachweisen.

Sialadenitis

Mit vor allem im Anfangsbereich derGänge diffus verteiltem Signal kam derSpeichel bei einer Patientin mit einerakuten Exazerbation einer chronischenSialadenitis zur Darstellung (Abb. 4).

Bei 2 von 3 Patienten mit chroni-scher Sialadenitis konnte eine Ganger-weiterung und -verplumpung mit derMR-Sialographie eindeutig nachgewie-sen werden, während der 3. Patient le-diglich eine geringgradige Dilatation

ge 1. Ordnung eindeutig identifiziertund beurteilt werden.

Speicheldrüsentumoren

Bei 3 der 7 Patienten mit verdrängendwachsenden Neoplasien konnte sowohlin der Subtraktions- als auch in derMR-Sialographie eine Gangverlagerungohne Gangabbrüche nachgewiesen wer-den.

Bei der Patientin mit dem primärduktalen Speicheldrüsenkarzinom ka-men mehrere Gangabbrüche und diffuswolkig im Parenchym endende Spei-chelansammlungen in der MR-Sialo-graphie gut zur Darstellung (Abb. 2).

Bei 3 Patienten kam die Signalge-bung des pleomorphen Adenoms bzw.Zystadenolymphoms auch in der MR-Sialographie zur Darstellung, so daß indiesem Bereich die peripheren Gängeinfolge der Signalüberlagerung erstnach Drehung der 3D-Betrachtungs-ebenen beurteilbar waren (Abb. 3).

2 3b

3a 4

Abb. 2 b Sialo-MR einer Patientinmit duktalem Speicheldrüsenkarzi-nom links: Gut erkennbar sind dieGangabbrüche und die wolkigenSpeichelansammlungen im Paren-chym (Pfeile)

Abb. 3 b a Sialo-MR eines Patientenmit Zystadenolymphom rechts undunauffälligem Gangsystem.b Sialo-MR aus a mit anderem Blick-winkel rekonstruiert

Abb. 4 b Sialo-MR einer Patientinmit einer akuten Exazerbation einerchronischen Sialadenitis rechts:Anstelle linearer Gangstrukturenstellt sich eine unregelmäßig diffusverteilte Signalgebung dar

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mit unregelmäßiger Konturierung imBereich des intraglandulären Verlaufsdes Stenon-Gangs und der Gänge 1.Ordnung zeigte. Die Subtraktionssialo-graphie zeigte auch hier eine besseremorphologische Darstellung der Gang-verplumpungen.

Der im Bereich der Papille sitzendeStein bei einem weiteren Patienten mitrezidivierender Sialadenitis konnte so-wohl in der MR- als auch in der Subtrak-tionssialographie als auch im Ultra-schall identifiziert werden (Abb. 5). Dain diesem Fall keine komplette Obstruk-tion vorlag, konnte das proximal des

zystische, mit Speichel gefüllte Gangab-schnürungen, von denen die größte(2 cm) in der Subtraktionssialographienicht erkennbar war (Abb. 6a), währendsie sich in der MR-Sialographie als un-mittelbar neben dem Stenon-Gang lie-gende und nach subkutan reichendekugelige Raumforderung scharf ab-grenzen ließ (Abb. 6b,c).

Diskussion

Die Sonographie ist in Verbindung mitder Feinnadelaspirationszytologie so-wohl in der Bildgebung der Speichel-drüsenerkrankungen, darunter vor al-lem der neoplastischen Veränderun-gen, als auch aber immer mehr beimNachweis von Speichelsteinen, auf-grund ihrer Verfügbarkeit, der fehlen-den Strahlenexposition und der relativgeringen Kosten bei hoher Bildauflö-sung und großer diagnostischer Treffsi-cherheit derzeit die wichtigste Methodeder Bildgebung [1,11]. Nur bei speziellenFragestellungen muß ein weiteres bild-

Steins gelegene, erweiterte Gangsystemsowohl in der MR- als auch in der Sub-traktionssialographie beurteilt werden.

Duktale Ektasie

Anders war es bei einem 14jährigemMädchen mit kongenitaler, beidseitsextremer Dilatation vor allem des Ste-non-Gangs, der ohne erkennbare Ob-struktion langstreckig einen Durch-messer von bis zu 1,2 cm erreichte. Zu-sätzlich bestanden mehrere, teils auchim Bereich des extraglandulären Ver-lauf des Stenon-Gangs liegende, große,

5 6a

6b 6c

Abb. 5 m Sialo-MR links mit papillennah sitzendem Stein als Aussparung des signalgebendenSpeichels erkennbar. Eine komplette Obstruktion liegt nicht vor. Gut sichtbar ist die vor dem Steingelegene Erweiterung des Gangsystems. Im oberen Anteil des Bildes kommt der Liquor im Bereichder Temporalhirnwindungen zur Darstellung (Pfeile)

Abb. 6a–c m 14jähriges Mädchen mit kongenitaler massiver Dilatation der großen Speichelgängerechts. a In der digitalen Subtraktionssialographie ist gut erkennbar die akzessorische Speicheldrüse(schmaler Pfeil); nicht erkennbar dagegen die Retentionszyste (breiter Pfeil). b In der Sialo-MR kommtder Hauptgang der akzessorischen Speicheldrüse (schmaler Pfeil) ebenso wie die zystische Speichel-retention (breiter Pfeil) zur Darstellung. c Nach Drehung der 3D-Betrachtungsrichtung in der Sialo-MR wird die subkutane Lokalisation der großen zystischen Retention erkennbar

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gebendes Verfahren zur Diagnostikhinzugezogen werden.

Zur Beurteilung von größeren ab-gegrenzten oder diffusen Parotistumo-ren ist die Kernspintomographie derCT bezüglich Noninvasivität, frei wähl-baren Schnittebenen und Weichteilkon-trast überlegen [13].

Die Sialographie als diagnostischeMethode zur Darstellung des Speichel-drüsengangsystems dagegen ist zuneh-mend seltener indiziert [12]. Ihr wich-tigstes Einsatzgebiet liegt in der Dar-stellung von weder röntgenologischnoch sonographisch nachweisbarenSteinen und in der Diagnostik von Si-aladenitiden, bei denen sich auch beiklinisch symptomatischen Patientenhäufig weder sonographisch noch kern-spintomographisch pathologische Be-funde des Parenchyms erheben lassen.In solchen Fällen bietet die Sialogra-phie mit der Kontrastierung der azinä-ren, zystischen Gangausziehungen un-ter dem Bild des „entlaubten Baums“neben der Sialoszintigraphie häufigbildmorphologisch den einzigen nach-weisbar pathologischen Befund.

Die Verwendung extrem langerEchozeiten in der stark T2-gewichtetenSequenz der Kernspintomographie bie-tet die Möglichkeit, durch die Signalge-bung des intraduktalen Speichels nichtinvasiv und ohne StrahlenexpositionSpeicheldrüsengangstrukturen darzu-stellen [8, 15]. Die Pulsrepetitions- undEchozeiten einer T2-gewichteten Spin-echosequenz wurden derart lang ausge-legt, daß bei der Signalauslesung das Si-gnal der Weichteilgewebe bereits prak-tisch entfällt, wohingegen seröse Flüs-sigkeiten wie Speichel noch über einRestsignal verfügen.

Der Kontrast zwischen signalar-mer bis signalfreier Umgebung und si-gnalreichem Speichel wurde zur Bildge-bung genutzt. Für die flüssigkeitsgefüll-ten Räume des Innenohrs wurde dieseMethode bereits 1989 von König [4], fürdie Speicheldrüsengangdarstellung 1996von Lomas [8] und Treumann [15] pu-bliziert, ohne daß die Methode bisherklinisch angewendet wurde. So liegenBerichte über die klinische Relevanzder MR-Sialographie bislang nicht vor.Nach von uns durchgeführten Modifi-kationen in der Bildakquisition verbes-serte sich die Bildqualität der MR-Sialographie so, daß wir einen erstenVergleich der Methode mit der für die

Darstellung des Parotisgangsystems re-levanten digitalen Subtraktionssialo-graphie [7, 10] an ausgewählten Erkran-kungen der Glandula parotis durchfüh-ren konnten. Wir konnten zeigen, daßpathologische Befunde wie Gangektasi-en, Gangstrikturen, intraduktale Steine,tumorös bedingte Gangverlagerungenoder Gangabbrüche in der MR-Sialo-graphie eindeutig nachweisbar sind.

Während die Subtraktionssialo-graphie als die Standardmethode bild-morphologisch bessere Resultate bot,erwies sich die Kernspinsialographie inder Diagnostik erweiterter Gänge pro-ximal von kompletten Gangverschlüs-sen und der Darstellung von zum Zeit-punkt der Untersuchung nicht mit demGangsystem kommunizierenden Zy-sten überlegen. Gänge 3. Ordnungkonnten in der MR-Sialographie nurbei einer Dilatation des Gangsystemsnachgewiesen werden. AkzessorischeHauptausführungsgänge waren gleichhäufig in der MR- und der Subtrakti-onssialographie erfaßt.

Die MR-Sialographie als nicht-in-vasives Verfahren kann vorteilhaft auchin der Diagnostik einer akuten infek-tiösen Sialadenitis eingesetzt werden,bei denen die KM-Applikation kontra-indiziert ist.

Ein für die geplante Operation zu-sätzlich attraktiver Aspekt liegt in derguten räumlichen Beurteilbarkeit derMR-Sialographie anhand der 2D-Bild-rekonstruktion aus unterschiedlichenBlickwinkeln – errechnet aus einem3D-Datensatz – (Abb. 6b,c), welches imRahmen der konventionellen Sialogra-phie nicht möglich ist.

Die Reduktion des signalgebendenSpeichels nach einer Durstperiode vonacht Stunden weist darauf hin, daß zumErzielen einer verläßlichen Aussage ei-ne ausreichende Hydrierung der Pati-enten vorliegen sollte. Unter dieser Vor-aussetzung könnte die funktionelleDarstellung des zum Zeitpunkt der Un-tersuchung vorliegenden Zustandes derSpeichelgänge gegenüber der passivenErweiterung der Gänge durch die teilsmit erheblichem Druck stattfindendeInjektion von KM bei bestimmten Fra-gestellungen von Vorteil sein. Bei derPatientin mit dem Sicca-Syndrom ließsich nur der Stenon-Gang darstellen. Eswird noch untersucht werden müssen,ob sich die Darstellung allein des Ste-non-Gangs in der MR-Sialographie

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durch das Fehlen des intraduktalenSpeichels oder durch dessen abnormeProteinzusammensetzung erklärt. Un-ter dem diagnostischen Aspekt erwiessich bei der Patientin mit dem Heer-fordt-Syndrom die Subtraktionssialo-graphie mit guter Darstellung auch derzystischen Gangausziehungen gegen-über der MR-Sialographie überlegen.

Während in der konventionellenSialographie Teile des sich kontrastie-renden Gangsystems durch knöcherneUnterkieferstrukturen überlagert wer-den können, wird bei der MR-Sialogra-phie vor allem bei den stark signalge-benden Zystadenolymphomen undpleomorphen Adenomen das Gangsy-stem infolge Überlagerung erst durchRotation der Bildebene möglich. Sokonnten bei dreien unserer Patientendie Gangstrukturen in unmittelbarerNähe der Raumforderungen in lateralerProjektion durch deren überlagerndeSignalgebung nicht abgegrenzt werden.Durch Rotation läßt sich das Gangsy-stem sicher darstellen, wie in Abb. 3, 6cgezeigt.

Eine in T1-Wichtung häufig als N.facialis gedeutete, echoarme, netzför-mige, intraparotideal gelegene Strukturwird letztlich durch Signalintensivie-rung in der überlangen T2-Wichtungeindeutig als Speichelgangsystem iden-tifiziert.

Schlußfolgerung

Die MR-Sialographie ist zur Beurteilungdes zentralen Speicheldrüsengangsys-tems mit Darstellung von Strikturen,Dilatationen, Ganganomalien, intraduk-talen Steinen, Gangabbrüchen undGangverlagerungen geeignet. Nachteilebestehen derzeit noch in der im Ver-gleich zur konventionellen Sialographieschlechteren Auflösung, infolge derersubtile Veränderungen wie Gangauszie-hungen im Rahmen einer beginnendenSialadenitis nicht sicher diagnostiziertwerden können.

Vorteile liegen in der dreidimen-sionalen Darstellungsmöglichkeit, derfehlenden Strahlenexposition und derfehlenden Notwendigkeit der KM-Ap-plikation. So kann bei jeder im Rahmender präoperativen Diagnostik durchge-führten Kernspintomographie eine si-alographische Zusatzfrequenz wichtigeund verläßliche Zusatzinformationenüber das Gangsystem geben.

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Eingegangen am 21. Februar 1997Angenommen am 23. September 1997

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Fazit für die Praxis

Die meisten Erkrankungen der Glandulaparotis können heute mit Hilfe der kosten-effizienten Sonographie und Punktionszy-tologie mit hoher Treffsicherheit diagno-stiziert werden. Die invasive konventionel-le Sialographie hat aber durchaus ihreBedeutung in der Diagnostik von chroni-schen Sialadenitiden und vermuteten Par-otisgangsystemerkrankungen. Die hier be-schriebene Sialokernspintomographie er-möglicht sowohl die Parotisparenchym-darstellung mit hoher Auflösung als auchdie nicht-invasive Parotisgangsystemdar-stellung in einem Untersuchungsdurch-gang. Zu ihrer Bewertung im Vergleich mitden etablierten bildgebenden Methodensind weitere Untersuchungen notwendig.

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Zu diesem Beitrag wird im folgendenHeft ein Editorial erscheinen.c I.F.