Die Etablierung Der Gitarre Im Österreichischen Unterrichtswesen

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  • 7/25/2019 Die Etablierung Der Gitarre Im sterreichischen Unterrichtswesen

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    UNIVERSITT MOZARTEUM SALZBURG

    ABTEILUNG FR MUSIKPDAGOGIK INNSBRUCK

    Die Etablierung der Gitarre

    im sterreichischen Unterrichtswesen

    Diplomarbeit

    zur Erlangung des Grades Mag. art.

    Eingereicht von: Romana Hauser BA

    Studium: A1, A2

    Eingereicht bei: Dr. Stefan Hackl

    Innsbruck, im Mai 2011

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    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort...................................................................................................................... 4

    Einleitung .................................................................................................................. 5

    Die allgemeine Situation der Gitarre in sterreich................................................ 6

    Die Gitarre im 19. Jahrhundert....................................................................................................6

    Die Gitarre am Beginn des 20. Jahrhunderts ............................................................................8

    Die sterreichischen Gitarrenschulen im 20. Jahrhundert......................................................12

    Die Situation des Gitarrenunterrichts................................................................... 14

    Wien......................................................................................................................... 19

    Die Anfnge des Gitarrenunterrichts ........................................................................................19

    Die Gitarrenausbildung in der Zwischenkriegszeit ..................................................................26

    Die Gitarrenausbildung in der Zeit des Nationalsozialismus ..................................................34

    Die Gitarrenausbildung in der Nachkriegszeit .........................................................................35

    Gitarrenunterricht an den Musiklehranstalten der Stadt Wien ...............................................39

    Salzburg .................................................................................................................. 42

    Steiermark............................................................................................................... 44

    Die Anfnge des Gitarrenunterrichts ........................................................................................44

    Die Gitarrenausbildung in der Zeit des Nationalsozialismus ..................................................47

    Die Gitarrenausbildung in der Nachkriegszeit .........................................................................51

    Krnten.................................................................................................................... 58

    Die Anfnge des Gitarrenunterrichts ........................................................................................58

    Die Gitarrenausbildung in der Zeit des Nationalsozialismus ..................................................59

    Die Gitarrenausbildung in der Nachkriegszeit .........................................................................61

    Tirol.......................................................................................................................... 67

    Die Anfnge des Gitarrenunterrichts und die Zeit des Nationalsozialismus .........................67

    Die Gitarrenausbildung in der Nachkriegszeit .........................................................................68

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    Obersterreich........................................................................................................ 70

    Die Anfnge des Gitarrenunterrichts und die Zeit des Nationalsozialismus .........................70

    Die Gitarrenausbildung in der Nachkriegszeit .........................................................................72

    Burgenland.............................................................................................................. 74

    70er Jahre...................................................................................................................................74

    Vorarlberg ............................................................................................................... 76

    70er Jahre...................................................................................................................................76

    Gitarrenlehrplne.................................................................................................... 78

    Resmee.................................................................................................................103

    Quellenverzeichnis................................................................................................105

    Ehrenwrtliche Erklrung.....................................................................................120

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    Vorwort

    Diese Arbeit bildet den Abschluss meines Lehramtsstudiums.

    Um ein Studium zu absolvieren, braucht es nicht nur eigene Tatkraft, sondern auchUntersttzung durch Familie und Freunde. An dieser Stelle ist es mir ein Anliegen,

    den allergrten Dank meinen Eltern Waltraud und Franz Hauser auszusprechen

    durch sie habe ich zur Musik gefunden. Sie haben mir immer das Gefhl gegeben,

    alles schaffen zu knnen, und waren mir whrend meiner Ausbildung in mentaler und

    finanzieller Hinsicht immer eine wichtige Sttze.

    Bedanken mchte ich mich auch bei meinem Gitarrenlehrer und Betreuer dieser

    Arbeit: Stefan Hackl. Im Laufe meines Studiums ist er eine wichtige Bezugspersonfr mich geworden. Er war es, der mir den Sinn fr Musik bewusst machte, mich fr

    Konzerte und Wettbewerbe vorbereitete.

    Fr diese Arbeit waren Forschungen in Archiven und Bibliotheken notwendig. Ich

    mchte mich an dieser Stelle bei Helga Kaudel, Leiterin des KUG-Archivs, sowie

    Ursula Ruff fr die Einsicht in das KUG-Archiv und die Betreuung vor Ort bedanken.

    Danke sagen mchte ich auch zur Sekretrin Ingeborg Jakitsch fr die

    Kopierarbeiten. Groer Dank gilt Lynne Heller, Leiterin des MDW-Archivs, sowie

    Erwin Strouhal fr die Betreuung im MDW-Archiv und Ingrid Rapf. Dank gilt auch

    Wolfgang Benedikt am Krntner Landeskonservatorium und Paul Duncan am

    Johann-Joseph-Fux-Konservatorium. beraus bedanken mchte ich mich bei

    Wolfgang Jungwirth fr die Einsicht in sein Privatarchiv. Dank gilt auch Johannes

    Lackinger an der Anton Bruckner Privatuniversitt und Gerhard Fend am

    Vorarlberger Landeskonservatorium.

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    Einleitung

    Die vorliegende Diplomarbeit hat die Etablierung der Gitarre in der hheren

    Ausbildung (Konservatorien, Akademien, Musikhochschulen, Universitten) zumSchwerpunkt. Daneben wird die Situation der Gitarre in anderen Institutionen wie den

    Musikschulen, Lehrerbildungsanstalten und Volksbildungshusern beleuchtet. Status

    und Bezeichnung der Ausbildungssttten erfuhren im Laufe ihrer Entwicklung hufig

    nderungen. Damit es zu keinen Missverstndnissen kommt, ist jedem Bundesland

    ein historischer Abriss der jeweiligen Institution vorausgestellt. Es wird den Fragen

    nachgegangen, seit wann Gitarre an heutigen Konservatorien und Musikuniversitten

    unterrichtet wird, wer in deren Anfngen Unterricht erteilte und welcheUnterrichtsmaterialien verwendet wurden. Zur Beantwortung dieser Fragen waren

    Forschungsarbeiten in Archiven und Bibliotheken einzelner Bundeslnder

    sterreichs notwendig. Literatur fr Gitarre, Festschriften, Berichte, Studienfhrer,

    Biografien, Autobiografien, Auszge aus Personalakten und viele andere Quellen

    fhrten zur Beantwortung der ersten beiden Fragen. Die dritte Frage betreffend die

    Unterrichtsliteratur in den Anfngen des Gitarrenunterrichts in der hheren

    Ausbildung soll mittels Lehrplnen sie stellen allerdings eine Raritt dar

    erschlossen werden. Weiters soll ein Vergleich der vorhandenen Lehrplne

    Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen den einzelnen Bundeslndern

    aufzeigen.

    Zu Beginn der Recherche wurden E-Mails an die Bibliothekare bzw. Archivare aller

    Konservatorien und Musikhochschulen ausgesandt. In dieser Diplomarbeit sind nun

    alle Konservatorien und Musikuniversitten erfasst, in denen Forschungen zu diesem

    Thema in Archiven und Bibliotheken mglich waren.

    Um fr tiefgreifendes Verstndnis zu sorgen, wird in den ersten Kapiteln die Situation

    der Gitarre hinsichtlich ihrer Stellung in sterreich im 19. bzw. beginnenden 20.

    Jahrhundert dargestellt. Weiters wird ein Blick auf die allgemeine Unterrichtssituation

    dieser Zeit geworfen und es werden die vorhandenen Gitarrenschulen angefhrt.

    Anschlieend folgt die Auseinandersetzung mit der Gitarre in der hheren

    Ausbildung.

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    Die allgemeine Situation der Gitarre in sterreich

    Die Gitarre im 19. Jahrhundert

    Um 1800 erfuhr die Gitarre in einigen europischen Lndern enorme Popularitt.

    Schnell kristallisierten sich drei Zentren heraus, in denen das Gitarrenspiel

    besonders gut Fu fasste. Diese waren Wien, Paris und London (vgl. Ragossnig,

    2003, S. 84). Wichtige Hinweise ber die ersten Wurzeln der Gitarre in sterreich

    gibt Stefan Hackl im Vorwort der kommentierten und neu herausgegebenen Schule

    Versuch einer vollstndigen methodischen Anleitung zum Guitare-Spielen von Simon

    Molitor und R. Klinger. Die Geschichte der sterreichischen Gitarrenschulen des 19.

    Jh. wird hier nach dem Vorwort der Neuausgabe des Versuchs von Molitor und

    Klinger zusammengefasst (vgl. Hackl, 2008, S. IV-VIII):

    Louis Wolf zhlte zusammen mit Leonard de Call und Franz Tandler zu den ersten

    bedeutenden sterreichischen Gitarristen. Gradmesser fr die Beliebtheit der Gitarre

    ist die Anzahl der Publikationen: Allein in der Zeit von 1800 bis 1830 wurden an die

    zweitausend Gitarrenhefte in Wien gedruckt (vgl. Hackl, 2008, S. IVf.).

    Lag die Pflege der Gitarristik vor 1800 in den Hnden der gehobenen Gesellschaft,

    so fand die Gitarre nun in alle Bevlkerungsschichten Eingang (vgl. Ragossnig,

    2003, S. 85). Kulturgeschichtlich entspricht diese Blte der Gitarre in der erstenHlfte des 19. Jahrhunderts der Zeit des Biedermeier. Geselligkeit im Freundeskreis

    wurde angestrebt, familire Huslichkeit und die damit verbundene Hausmusik

    wurden gepflegt (vgl. Rainer, 2003, S. 194) ideale Voraussetzungen fr die

    Etablierung der Gitarre.

    Das Instrument konnte solistisch gespielt werden, wurde aber auch in

    kammermusikalischen Besetzungen mit anderen Instrumenten oder begleitend zum

    Gesang eingesetzt (vgl. Ragossnig, 1998, S. 85f.).Das damalige sterreich konnte eine Flle namhafter Gitarristen vorweisen wie z.B.

    Leonard von Call (1767-1815), Wenzeslaus (Wenzel) Matiegka (1773-1830), Anton

    Diabelli (1781-1858) und J. K. (Caspar Joseph) Mertz (1808-1856) (vgl. Ragossnig,

    1998, S. 85).

    Um 1802 wurden die ersten deutschsprachigen Gitarrenschulen verffentlicht. Die

    Etablierung der sechsaitigen Gitarre in Wien begann mit der Verffentlichung

    Leopold Neuhausers Le Fondament avec Plusieurs Pices pour la Guitarre seule um

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    1800 bzw. 1801, einer kurzen Spielanleitung fr dieses Instrument, versehen mit

    Arpeggien und leichten Spielstcken. Auch Johann Traeg kndigte 1801 eine

    Gitarrenschule an diese ist allerdings verschollen. 1804 widmete Guiseppe Rotondi

    dArailza den verehrten Damen Wiens die Gitarrenschule Neue Grndliche

    Anweisung zur Erlernung der Guitarre mit sechs Saiten und lie diese in Wien

    drucken. Hier weitere italienische Verfasser, die ihre Werke in Wien in Druck gaben:

    Vincenzo Gelli, Mathie Bevilacqua und Bartolomeo Bortolazzi. Auch der Deutsche

    J. H. C. Bornhardt lie die dritte Auflage seiner Schule Anweisung die Guitarre zu

    spielen und nebst einigen Uibungen und Handstcken auch einer Anleitung selbige

    bequem zu stimmen in Wien publizieren. Die 1811 verffentlichte Schule von Anton

    Graeffer weist auf Umbruchstimmung in der Spieltechnik hin. Im Jahre 1812 hatte die

    Gitarrenpdagogik mit der Verffentlichung der Lehrwerke von Giuliani, Molitor und

    Spina (Anfangsgrnde fr die Guitarre mit Deutsch und Italienischem Texte/Primi

    Elementi per la Chitarra Composti secondo il Metodo di Mauro Giuliani dal suo

    Discepulo Antonio Spina) in Wien schlielich einen ersten Hhepunkt (vgl. Hackl,

    2008, S. Vff.).

    Molitors und Klingers Versuch einer vollstndigen methodischen Anleitung zum

    Guitare-Spielen wurde in einem Faksimile-Nachdruck der Ausgabe von 1812 im Jahr

    2008 von Stefan Hackl kommentiert und neu herausgegeben. Diese herausragende,

    umfangreiche und einzigartige sterreichische Schule ist zweibndig, bestehend aus

    einem Theorie- und einem Notenteil.

    Erst ab der Verffentlichung eines Lehrwerks von Franz Bathioli um 1825 wurden in

    Wien wieder neu Schulen gedruckt: die Lehrwerke von Franz Seegner, Franz Pfeiffer

    und August Swoboda. Bathioli schrieb unter anderem auch eine Flageolett-Schule,

    was fr die damalige Zeit einzigartig war. Neben den oben genannten Lehrwerken

    wurden auch zahlreiche bungsstcke in Wien verffentlicht. Eine genaue Auflistungist bei Stefan Hackl im Band I der kommentierten und neu herausgegebenen Schule

    Versuch einer vollstndigen methodischen Anleitung zum Guitare-Spielen von Simon

    Molitor und R. Klinger zu finden. Mit den Schulen von Johann Padowetz und J. K.

    Mertz wurden die letzten Schulen in Wien gedruckt (vgl. Hackl, 2008, S. VIIf.).

    Erst am Ende des 19. Jahrhunderts wurden wieder Schulen sterreichischer

    Gitarristen publiziert. Johann Decker-Schenks Guitarre-Schule erschien bei

    Zimmermann in Frankfurt/Petersburg, Alois Gtz Neue theoretisch-praktische

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    Reform Guitarre-Schule mit besonderer Bercksichtigung des Selbst-Unterrichts und

    des Accordspiele verfasst und dem Leipziger-Guitarren-Club freundschaftlichst

    gewidmet bei Andr in Offenbach (vgl. Huber, 1995, S. 206ff.).

    Die Gitarre am Beginn des 20. Jahrhunderts

    Der Beginn des 20. Jahrhunderts brachte eine neue ra des Gitarrenspiels mit sich.

    Die Gitarre wurde unter anderem als wichtigstes Instrument der

    Wandervogelbewegung, die ihre offizielle Grndung 1901 in Berlin-Steglitz feierte,

    weit verbreitet. Der Laute bzw. Gitarre, auch Zupfgeige genannt, wurden damals

    zahlreiche Schulen gewidmet (vgl. Pffgen, 2002, S. 194). Die Gitarre wurde in der

    Wandervogelbewegung hauptschlich als Begleitinstrument verwendet (Hckner,

    1927, S. 15, S. 26ff. zit. n. Goeke, 1994, S. 31).

    In den Schulen, die in dieser Zeit entstanden sind und fr schnelles Erlernen des

    Begleitspiels konzipiert waren, wurden die Akkorde, neben der traditionellen

    Notation, hufig bildhaft abgedruckt (vgl. Goeke, 1994, S. 33).

    Einer der wichtigsten Drucke des Wandervogels war Der Zupfgeigenhansl. Dieses

    Liederbuch fand derartigen Anklang, dass es in mehreren Auflagen gedruckt werden

    musste und millionenfach verkauft wurde (vgl. Pffgen, 2002, S. 194). Goekebeschreibt Scherrers Kurzgefasste, volkstmliche Lauten- und Gitarre-Schule als

    das Lehrwerk des Wandervogels schlechthin (vgl. Goeke, 1994, S. 31).

    Neben der Wandervogelbewegung, die zur Massenverbreitung des Instruments

    fhrte, bestand auch ein gitarristischer Zirkel, dem sowohl Laien als auch

    angesehene Gitarristen angehrten. Unter den Mitgliedern beider Gruppierungen

    (Wandervogelbewegung, Gitarrenzirkel) waren sowohl Lehrer als auch Schler

    vertreten (vgl. Goeke, 1994, S. 24).Der Internationale Gitarristen-Verband wurde 1899 in Mnchen gegrndet (vgl.

    Pffgen, 2002, S. 194). Wichtige Mitglieder dieses Zirkels, der einige Jahre spter in

    Gitarristische Vereinigung umbenannt wurde, waren unter anderem Heinrich

    Scherrer, Heinrich Albert, Eduard Bayer, Alois Gtz, Karl (Carl) Henze, Markus

    (Marcus) Schwerdhfer, H. R. Weinhppel sowie Reinhold Vorpahl, Robert Kothe,

    Adolph Meyer, Theodor und Hans Ritter. Reinhold Vorpahl, Robert Kothe, Adolph

    Meyer, Theodor und Hans Ritter sind zwar nicht in der Mitgliederliste von 1901

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    verzeichnet, ihre Verbundenheit zum Zirkel ist aber nicht abzustreiten (vgl. Goeke,

    1994, 24f.). Alois Gtz, 1832 in Ischl geboren und 1905 in Innsbruck gestorben

    spielte Gitarre und Bratsche und war zudem ein guter Snger (vgl. Kll, 1994a, S. 6)

    Das solistische Spiel am Beginn des 20. Jahrhunderts stellte eine Seltenheit dar und

    wurde hauptschlich von gitarristischen Vereinigungen getragen (vgl. Goeke, 1994,

    S. 73). Goeke beschreibt die Art des Gitarrenspiels am Ende des 19. bzw. zu Beginn

    des 20. Jahrhunderts in seiner Dissertation Die Unterweisung im Gitarrespiel in

    Deutschland vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1932 folgendermaen:

    Der Gitarrenunterricht wurde in gleicher Weise berwiegend von endogenen

    Entwicklungen im deutschsprachigen Raum bestimmt. Diese knpften an das

    Bestehende, d.h. die Pflege des Gitarrenspiels in der zweiten Hlfte des 19.

    Jahrhunderts an; das Erlernen des Instruments wurde primr von der Grifftype

    und dem Begleitspiel dominiert. (Goeke, 1994, S. 24).

    Kompetente Gitarrenlehrer waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts auerhalb des

    Gitarrenzirkels eine Seltenheit. Als Grund dafr nennt Goeke unter anderem eine

    fehlende fundierte Ausbildung fr Gitarrenlehrer. Der Mangel an Gitarrenlehrern und

    die Ansicht, dass das Instrument ohnehin ohne Lehrer erlernt werden knne, fhrten

    dazu, dass in der 2. Hlfte des 19. Jahrhunderts sowie im 20. Jahrhundert eine Flle

    von Schulen fr den Selbstunterricht, zur Selbsterlernung oder zum Erlernen ohne

    Lehrer gedruckt wurden (vgl. Goeke, 1994, S. 37f.). Goeke schreibt diesem Zusatz

    zur Eigeninitiative allerdings keine allgemeine Gltigkeit zu. Er formuliert:

    Deutlich abzugrenzen sind Schulen fr den Selbstunterricht von solchen ohne

    diesen Zusatz aber nicht, denn sie folgen in ihrem methodischen Aufbau den

    Prinzipien, die in der Regel in allen Lehrwerken dieses Zeitraums zu finden

    sind. Sie bieten eine rudimentre Einfhrung in die allgemeine Musiklehre,

    stellen nach kurzen Anschlagsbungen Griffe in den Vordergrund derUnterweisung und nutzen diese in Liedbegleitungen. Bisweilen sind sie um

    bungen zum Sologitarrenspiel erweitert. (Goeke, 1994, S. 38f.).

    Im Gegensatz dazu gab es Lehrwerke, die sich von gngigen Begleitschulen

    absetzten und neue technische Anforderung an den Instrumentalisten stellten, wie

    z.B. der vierteilige Lehrgang (1916) von Heinrich Albert (vgl. Goeke, 1994, S. 29).

    Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges gab es einige Neuerungen in der Gitarristik.

    Neue Vereine wie z.B. der Musikpdagogische Verband der deutschen und

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    sterreichischen Gitarre- und Lautenlehrer sowie der Bund deutscher Gitarren- und

    Lautenspieler wurden gegrndet und brachten sowohl Reformen im solistischen

    Spiel als auch im Unterrichtswesen mit sich (vgl. Goeke, 1994, S. 76). Dazu schreibt

    Olaf Goeke:

    Die Grndung des Musikpdagogischen Verbandes der Gitarre- und

    Lautenlehrer und -lehrerinnen trug den besonderen Anliegen der sich in ihrer

    wirtschaftlichen Situation bedroht fhlenden Gitarrenlehrerschaft Rechnung.

    Schon bald nach der Grndung des Bundes deutscher Gitarren- und

    Lautenspieler wurden in der Gitarre Lauten- und Gitarrenlehrer gebeten, ihre

    Adresse fr die Grndung eines Pdagogischen Verbandes der Zentrale und

    Auskunftsstelle fr Lauten- und Gitarrespieler mitzuteilen. (o. Autor: Bund

    deutscher Lauten- und Gitarrespieler. Bundesnachrichten. In: Die Gitarre.

    1919, Heft 2, S. 40 zit. n. Goeke, 1994, S. 80f.). Seine Grndung diente von

    Beginn an den Zielen, eine Interessenvertretung zu schaffen und

    Mglichkeiten der Existenzsicherung einer hauptberuflichen

    Gitarrenlehrerschaft, einer aus der Sicht der Initiatoren notwendigen

    institutionalisierten Ausbildung und der Aufwertung des Berufes

    Gitarrenlehrer auszuloten. Zeitweilig erhielt der Musikpdagogische Verband

    der deutschen und sterreichischen Gitarre- und Lautenlehrer sogar ein

    kleines Verbandsorgan, den Gitarrenlehrer, der als Beilage zur Gitarre

    erschien. Dieser Versuch wurde jedoch bald wieder zugunsten einer Rubrik

    Mitteilungen des Musikpdagogischen Verbandes der deutschen und

    sterreichischen Gitarre- und Lautenlehrer in der Gitarre eingestellt. (Goeke,

    1994, S. 80f.).

    Ab 1919 wurden vermehrt Artikel zum Thema Gitarrenunterricht in Fachzeitschriften

    verffentlicht. Vorerst schienen diese eher oberflchlich zu sein. Die Artikelthematisierten beispielsweise Rahmenbedingungen fr guten Unterricht, vertieften

    sich jedoch in pdagogischer und didaktischer Hinsicht erste einige Jahre spter (vgl.

    Goeke, 1994, S. 106).

    Was das Solospiel betrifft, wurde ihm immer mehr Bedeutung beigemessen. Literatur

    aus Epochen wie der Renaissance, des Barock oder der Klassik wurden nun

    hufiger gespielt und gedruckt (vgl. Goeke, 1994, S. 76). Tendenzen eines

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    bevorzugten einstimmigen Spiels als Kontrast zum Akkordischen machten sich

    bemerkbar (vgl. Goeke, 1994, S. 94). Goeke schreibt dazu:

    Im Vordergrund steht nun die Einstimmigkeit, die im weiteren Unterricht im

    Zusammenspiel oder auf einem Instrument zur Mehrstimmigkeit erweitert wird.

    Im Fall der organisierten Gitarristik ist die Betonung neuer Lerninhalte auch

    durch das Wirken spanischer Virtuosen in Deutschland geprgt. Deren neue

    Spieltechniken fhrten zu neuen Zielsetzungen und neuen methodischen

    Konzepten im Anfangsunterricht sowie zur Abkehr vom Akkordieren. (Goeke,

    1994, S. 94).

    Auch Schulen klassischer Komponisten wurden in der Zwischenkriegszeit bearbeitet

    und neu verffentlicht (vgl. Goeke, 1994, S. 81).

    Ab 1919 konzertierten immer mehr spanische Gitarristen im deutschsprachigen

    Raum. Mit den spanischen Konzertgitarristen etablierte sich auch ihre spanische

    Spieltechnik, welche auf Francisco Tarrega zurckgeht (vgl. Goeke, 1994, S. 97).

    Goeke definiert diese neue Spielart folgendermaen:

    Tarregas Gitarrentechnik war bereits durch viele Merkmale einer modernen

    Spieltechnik geprgt. Seine Schler setzten den kleinen Finger der rechten

    Hand nicht mehr auf die Resonanzdecke auf, die Spielhaltung bercksichtige

    die von Carcassi beschriebenen drei Haltepunkte, der Daumen der linken

    Hand wurde ausschlielich hinter dem Gitarrenhals aufgesetzt, der Barrgriff

    anstelle des Daumengriffs genutzt und die Saiten angelegt anschlagen. Von

    einer Tarrega-Schule im eigentlichen Sinn kann jedoch nicht gesprochen

    werden, da Tarrega nie ein geschlossenes Unterrichtswerk schuf. Wenn in

    den zwanziger und dreiiger Jahren von der Tarrega-Technik oder der

    Methode Tarrega gesprochen wurde, so bezog sich dies zumeist auf die

    Beschreibung der Technik der von Tarrega ausgebildeten oder beeinflutenGitarristen bzw. auf von ihnen zusammengestellten Sammlungen. Doch waren

    sich auch Tarregas Schler nicht immer einig. Es fanden sich unter ihnen z.B.

    sowohl Verfechter des Kuppenspiels (so z.B. Pujol) als auch Vertreter des

    Nagelspiels (so z.B. Llobet). Besprechungen der Tarrega-Technik in den

    zwanziger und dreiiger Jahren weisen so durchaus Unterschiede auf.

    (Goeke, 1994, S. 97).

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    Seit der Zeit der Weimarer Republik war das Erlernen der Gitarre mittels Grifftypen

    verpnt. Vielmehr wurde die Einstimmigkeit als idealer Einstieg fr den Unterricht

    propagiert und die Gitarre somit als Melodieinstrument betrachtet. Es ist jedoch

    festzustellen, dass die Schulen der zwanziger und dreiiger Jahre hufig immer noch

    Grifftypen verwendeten (vgl. Goeke, 1994, S. 110). Allmhlich kndigten sich jedoch

    nderungen an, wie Goeke schreibt und verweist in einer Funote unter anderem

    auf die Lehrwerke von Erwin Schaller und Karl Scheit (vgl. Goeke 1994, S. 112):

    () andererseits zeigte die fachdidaktische Diskussion erste Auswirkungen

    auf die Konzeptionen einiger Lehrwerke, die wiederum spter entstandene

    Schulen prgten. (). (Goeke, 1994, S. 112).

    Zwischen 1919 und 1932 wurde viel Literatur verffentlicht. Hinsichtlich der

    Verwendung der Literatur im Unterricht konnten zwei Tendenzen festgestellt werden.

    Einerseits wurde Lautenmusik aus der Renaissance und dem Barock gespielt,

    andererseits wurde mit der Verwendung der Literatur des 19. Jahrhunderts das

    Virtuosentum in den Unterricht integriert (vgl. Goeke, 1994, S. 112).

    Die sterreichischen Gitarrenschulen im 20. Jahrhundert

    Die folgenden Daten entstammen einem Kapitel aus Stefan Hackls neuester

    Verffentlichung Die Gitarre in sterreich (vgl. Hackl, 2011, S. 141-147):

    Am Beginn des 20. Jahrhunderts gab es neben den zahlreichen Verffentlichungen

    von Begleitschulen Neuausgaben von Lehrwerken klassischer Meister wie Carulli,

    Carcassi und Aguado. Schulen des spten 19. Jahrhunderts, beispielweise von Alois

    Gtz oder Johann Decker-Schenk, wurden ebenfalls neu aufgelegt. Besonders weite

    Verbreitung fanden die Lehrwerke von Heinrich Albert und Heinrich Scherrer.

    1908 wurde mit der Schule von Alois Wanjek die erste sterreichische Schule des

    20. Jahrhunderts publiziert. Diese Schule legt das Hauptaugenmerk auf das

    Begleitspiel, enthlt aber auch bungen fr das Solospiel. 1916 wurde Josef Zuths

    Das knstlerische Gitarrenspiel Pdagogische Studien verffentlicht. Dieses

    Lehrwerk spart die Begleitung vollkommen aus.

    Erwin Mahrholdt verfasste 1926 einen Artikel zur Tarrega-Technik. Auch Jakob

    Ortner versuchte in seiner Kurzgefassten Gitarreschule spanische Elemente zu

    integrieren. In Zusammenarbeit mit Jakob Ortner verfasste Gustav Moil 1933 dasA

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    B C des Gitarre-Spiels, konzipiert fr die Kandidaten der Lehrerbildungsanstalten,

    wie aus dem Vorwort seiner Schule hervorgeht.

    Weitere Schulen aus der der ersten Hlfte des 20. Jahrhunderts stammen von Otto

    Zykan, Josef Bacher und Robert Treml. Groen Anklang fand das fnfbndige

    Lehrwerk von Schaller-Scheit. Dieses Lehrwerk basierte auf einem vllig neuen

    methodischen Konzept. Der Beginn des Gitarrenspiels sollte einstimmig erfolgen und

    Schritt fr Schritt zur Mehrstimmigkeit bergehen. Diese Methodik fand derartigen

    Anklang, dass sie heute noch als Gerst vieler Gitarrenschulen verwendet wird.

    Neben den Lehrwerken entstanden auch technische Studien. So verfasste Luise

    Walker 1947 Das tgliche Training. Kurz darauf (1953) wurde Karl Scheits Lehr- und

    Spielbuch fr Gitarre verffentlicht. Es folgten das Lehrwerk von Karl Frienegg und

    das pdagogische Handbuch Der Weg zur Gitarre von Robert Brojer.

    Heute sind besonders die Lehrwerke von Michael Langer und Ferdinand Neges in

    sterreich bekannt und weit verbreitet. Eine umfangreiche Darlegung aller wichtigen

    Gitarrenschulen sterreichs ist in Stefan Hackls neuester Publikation Die Gitarre in

    sterreich zu finden (vgl. Hackl, 2011, S. 141-147). Eine Besonderheit stellt Michael

    Langers und Robert Wolffs Hyperguitar, eine multimediale Gitarrenschule auf CD-

    ROM dar. Nach beliebiger Reihenfolge knnen einzelne Stcke gelernt werden. Als

    Lernbehelf dienen Videos, Audio- und Notendateien, Fotos, Grafiken und Texte (vgl.

    Homepage Musica. Online im WWW unter URL:

    http://www.musica.at/software/lern/hyperg.htm 18/05/11).

    http://www.musica.at/software/lern/hyperg.htmhttp://www.musica.at/software/lern/hyperg.htm
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    Die Situation des Gitarrenunterrichts

    Da es um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert an Gitarrenlehrern mangelte,

    musste das Gitarrenspiel vielfach im Selbststudium mit den entsprechendenGitarrenschulen erlernt werden. Zwar gab es gitarristische Zirkel, in denen Unterricht

    vermittelt wurde, auerhalb dieser Verbnde war guter Privatunterricht allerdings

    eine Seltenheit (vgl. Goeke, 1994, S. 37f.).

    1924 wurde Jakob Ortner an der Musikakademie in Wien eine Professur fr das

    Fach Gitarre zugesprochen (vgl. Personalakt Ortner, MDW, Archiv).

    Es ist bemerkenswert, da Wien die erste Stadt war, die der aufstrebenden

    Konzertgitarre auch offiziell und vom Organisatorischen her Rechnung trug.Weder in Spanien noch in Paris fand die Gitarre Einzug in die

    Musikhochschulen bzw. vergleichbare Institutionen. () Zum ersten Mal

    tauchte hier die Gitarre im Lehrplan einer Musikakademie auf und erstmals,

    das war das besondere, nicht dozierend, sondern spielend gelehrt. (Schobel,

    1992, S. 27f.).

    Erst viel spter wurden dann regelmig Professuren fr Gitarre vergeben. 1952

    wurde Scheit zum Professor und 1969 zum ordentlichen Hochschulprofessor

    ernannt (vgl. Karl Scheit, MDW, Archiv).

    Aufgrund ihrer knstlerischen und pdagogischen Arbeit wurde Luise Walker 1965

    zum Professor und zwei Jahre spter (1967) zum Hochschulprofessor ernannt (vgl.

    Walker, 1989, S. 183).

    Um die Jahrhundertwende wurden zur Hebung des geistigen Niveaus der breiten

    Bevlkerung und zur Erffnung des universitren Wesens im kleinen Rahmen

    Volksbildungsvereine gegrndet und Volkshochschulen errichtet (vgl. Homepage der

    Knowledgebase Erwachsenenbildung. Online im WWW unter URL

    http://www.adulteducation.at/de/historiografie/institutionen/264/ 26/04/11).

    Die Grndung der Urania in Wien geht beispielsweise auf das Jahr 1897 zurck. Als

    Vorbild galt die Urania in Berlin (vgl. Homepage der Wiener Urania. Online im WWW

    unter URL: http://www.vhs.at/vhsurania.html 26/04/11). Josef Zuth, Jakob Ortner und

    Otto Schindler unterrichteten beispielsweise an der Urania in Wien (vgl. Hackl, 2011,

    S. 138).

    http://www.adulteducation.at/de/historiografie/institutionen/264/http://www.vhs.at/vhsurania.htmlhttp://www.vhs.at/vhsurania.htmlhttp://www.adulteducation.at/de/historiografie/institutionen/264/
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    Ein weiteres Volksbildungshaus stellte das Apolloneum in Wien dar. Anhand von

    Vorankndigungen in der Monatsschrift Die Gitarre lsst sich rckschlieen, dass in

    dieser Institution ebenfalls Gitarrenunterricht angeboten wurde. Karl Koletschka und

    seine Assistentin Franzi Wild wurden beispielsweise in einer Ausgabe der

    Monatsschrift Die Gitarre aus dem Jahr 1920 als Dozenten genannt (Mitteilung der

    gitarristischen Zentralstelle Wien. In: Die Gitarre. Monatsschrift zur Pflege des Gitarre

    und Lautenspiels. Schwarz-Reiflingen, Erwin (Hrsg.). Jahrgang 2, Heft 3, Berlin

    1920, S. 28 zit. n. Kreuzberger, 1996, S. 34f.).

    Mit der Errichtung des Konservatoriums fr volkstmliche Pflege 1919 (vgl. Mller,

    1994, S. 125) und des Volkskonservatoriums 1926 (vgl. Mller, 1994, S. 78) wurden

    musikspezifische Institutionen auch fr die Arbeiterschicht zugnglich.

    Eveline Mller misst Wien in ihrer Dissertation Die Musiklehranstalten der Stadt

    Wien und ihre Vorlufer in der ersten Hlfte des 20.Jahrhunderts eine Vorreiterrolle

    bei:

    Besonders das Volkskonservatorium und Konservatorium fr volkstmliche

    Musikpflege boten als die ersten Musikschulen sterreichs mit geregeltem

    Unterrichtsbetrieb fr die Arbeiterschicht auch dieser finanziell schlecht

    gestellten Gruppe der Gesellschaft damit die Mglichkeit, eine

    hochqualifizierte theoretische und praktische musikalische Ausbildung zu

    erhalten. Denn hier, und vor allem am Neuen Wiener Konservatorium lehrten

    viele bekannte und anerkannte Persnlichkeiten des Musiklebens, teilweise

    sogar unentgeltlich und aus reinem Idealismus, und ebenso besuchten einige

    berhmte Musiker eine dieser Anstalten einst als Schler. (Mller, 1994, S.

    1).

    Am Wiener Volkskonservatorium wurde auch Gitarre unterrichtet. Zum Fcherkanon

    schreibt Mller Folgendes:() Das waren alle Fcher, in denen man die Staatsprfung ablegen konnte

    (von Klavier ber Orchesterinstrumente und Gesang bis Theorie), weiteres

    theoretische Fcher wie Harmonielehre, Kontrapunkt, Instrumentation,

    Musikgeschichte, Formenlehre und Komposition, daneben gab es noch

    Ergnzungsfcher wie Sprechtechnik, aber auch Volksinstrumentenkurse fr

    Mandoline, Zither, Harmonika und (die damals noch als Volksinstrument

    bezeichnete) Gitarre. (vgl. Festschrift WVK zit. n. Mller, 1994, S. 86).

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    Mit Beginn des Nationalsozialismus wurden das Volkskonservatorium, das

    Konservatorium fr volkstmliche Pflege sowie das Neue Wiener Konservatorium

    vereint und als Musikschule der Stadt Wien bezeichnet (vgl. Mller, 1994, S. 1). Mit

    der Erffnung der Musikschule im Frhjahr 1938 war auch geplant, Musikschulen fr

    Jugend und Volk zu errichten (vgl. Amtsblatt der Stadt Wien, Nr. 41, 7. Oktober

    1938, S. 5 zit. n. Mller, 1994, S. 159). Zur Grndungsidee dieser Musikschulen in

    den unterschiedlichen Bezirken Wiens schreibt Mller Folgendes:

    Die Idee der Musikschulen fr Jugend und Volk wurde 1938 nach einer

    Vereinbarung zwischen dem Reichserziehungsministerium und der

    Reichsjugendfhrung durchgesetzt, da es fr viele Kinder und Jugendliche

    jenseits der Schulpflicht keine Mglichkeit gab, ein Instrument zu lernen. Das

    Instrumentalspiel derjenigen Kinder, die den Musikeinheiten der HJ nicht

    angehrten wurde zwar gefrdert, doch waren dabei finanzielle und

    organisatorische Grenzen gesetzt. Hier sah also die Reichsjugendfhrung

    eine Aufgabe, es bedurfte einer Institution, die eine geregelte

    fachmusikalische Ausbildung garantierte und gleichzeitig eine Gewhr bot,

    da dies im Sinne der Reichsjugendfhrung geschah, welche diese groe

    Aufgabe jedoch nicht allein bewltigen konnte. Auch das

    Reichserziehungsministerium berlegte, wie musikalisch begabte Kinder

    gefrdert werden konnten, die sich Privatunterricht nicht leisten konnten oder

    fr ihre Ausbildung der Schulunterricht nicht ausreichend war, und so wurden

    die Musikschulen fr Jugend und Volk ins Leben gerufen. (Gnther, 1976, S.

    60 zit. n. Mller, 1994, S. 159).

    Das Ende des Krieges brachte die Auflsung dieser Musikschule mit sich. Die

    Musikschule wurde in Konservatorium der Stadt Wien und die Volks- und

    Jugendmusikschulen in Musikschulen der Stadt Wien umbenannt (JahresberichtMS, S. 43 zit. n. Mller, 1994, S. 224). Das Konservatorium der Stadt Wien, die

    Musikschulen der Stadt Wien und die Kindersingschulen wurden von nun an

    Musiklehranstalten der Stadt Wien genannt (Jahresbericht MS, S. 44 zit. n. Mller,

    1994, S. 224).

    Unterricht an Musikschulen gibt es schon relativ lange. Vorerst meist in privater

    Form, von Privatpersonen oder Vereinen getragen (vgl. Hackl, 2011, S. 137). Die

    Musikschule Kaiser bot mit Jakob Ortner als Gitarrenlehrer als erste

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    Privatmusikschule Gitarrenunterricht an (vgl. Hackl, 2011, S. 138). Spter wurden

    Musikschulen bis zur Grndung der Musikschulwerke hauptschlich von

    Gemeinden, Gemeindeverbnden oder Vereinen betrieben, wie am Beispiel von

    Vorarlberg zu erkennen ist. Untersttzung von Bund und Land fand nur in geringem

    Ma statt (vgl. Herburger, 1979, S. 103f.). Erst mit der Grndung der

    Musikschulwerke sollten die Musikschulen grere Untersttzung durch das Land

    erfahren, wie beispielweise an der Finanzierungsstatistik des Tiroler

    Musikschulwerks zu erkennen ist (vgl. Homepage des Tiroler Musikschulwerks.

    Online im WWW unter URL: http://www.tmsw.at/index.php?id=143 27/04/11). Die

    Grndung des Vorarlberger Musikschulwerks geht beispielsweise auf das Jahr 1986

    zurck (vgl. Homepage des Vorarlberger Musikschulwerks. Online im WWW unter

    URL: http://www.musikschulwerk-vorarlberg.at/Musikschulwerk/Geschichte.html

    27/04/11). In Tirol kam es zum Beispiel 1982 zur Grndung der Arbeitsgemeinschaft

    Tiroler Musikschulen (vgl. Homepage des Tiroler Musikschulwerks. Online im WWW

    unter URL: http://www.tmsw.at/index.php?id=145 27/04/11), 1992 wurde das

    Musikschulwesen des Tiroler Musikschulwerks gesetzlich geregelt (vgl. Homepage

    des Tiroler Musikschulwerks. Online im WWW unter URL:

    http://www.tmsw.at/index.php?id=144 27/04/11). Die Frchte der Zusammenarbeit

    der einzelnen Musikschulwerke lassen sich auf der Homepage der KOMU

    (Konferenz der sterreichischen Musikschulwerke) einsehen. So wurden

    beispielsweise allgemeine und fachspezifische Lehrplne der einzelnen Lehrfcher

    erstellt (vgl. Homepage der KOMU. Lehrplan, Online im WWW unter URL:

    http://www.komu.at/lehrplan/wegweiser.asp 27/04/11). Im Literaturteil lassen sich

    instrumentenspezifische Unterrichtsmaterialien fr alle Leistungsstufen am

    Instrument finden (vgl. Homepage der KOMU. Online im WWW unter URL:

    http://www.komu.at/lehrplan/literatursuche_instrumente_liste.asp?Instrument=Gitarre27/04/11).

    Die Gitarre fand auch in die Lehrerbildungsanstalten Eingang:

    () Es ist daher zu begren, da in der Neufassung der Lehrplne fr

    Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten vom 7. Juli 1932 das Gitarre-Spiel

    als verbindlicher Lehrgegenstand Aufnahme gefunden hat. Dadurch

    bernimmt die Gitarre bei der Heranbildung der knftigen Lehrer eine

    besondere Mission: Sie soll einerseits mithelfen, den werdenden Lehrer zu

    http://www.tmsw.at/index.php?id=143http://www.musikschulwerk-vorarlberg.at/Musikschulwerk/Geschichte.htmlhttp://www.tmsw.at/index.php?id=145http://www.tmsw.at/index.php?id=144http://www.komu.at/lehrplan/wegweiser.asphttp://www.komu.at/lehrplan/literatursuche_instrumente_liste.asp?Instrument=Gitarrehttp://www.komu.at/lehrplan/literatursuche_instrumente_liste.asp?Instrument=Gitarrehttp://www.komu.at/lehrplan/wegweiser.asphttp://www.tmsw.at/index.php?id=144http://www.tmsw.at/index.php?id=145http://www.musikschulwerk-vorarlberg.at/Musikschulwerk/Geschichte.htmlhttp://www.tmsw.at/index.php?id=143
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    ihrem Teil musikalisch zu erziehen, andererseits soll sie ihn mit unserem

    Volkslied und mit unserer Volksmusik berhaupt bekanntmachen, damit er

    wieder das in frhlichem Musizieren erworbene Musikgut an Kinder

    weiterleite! (Moil, 1933, Vorwort zu A B C des Gitarre-Spiels zit. n. Rimkus,

    1987, S. 106).

    Bevor sich Erwin Schaller an der Lehrerbildungsanstalt in Linz um eine Stelle

    bewarb, nahm er bei Scheit Gitarrenunterricht, da Gitarre dort als Pflichtfach

    erforderlich war (vgl. Partsch, 1994, S. 31).

    Auch in Ausbildungssttten fr Kindergartenpdagoginnen wurde bzw. wird die

    Gitarre immer noch in die Ausbildung eingeschlossen. Gustav Moil war unter

    anderem an einer derartigen Institution als Gitarrenlehrer ttig. Dies geht aus einem

    Dokument aus dem Staatsarchiv hervor:

    () 1924/26 Lehrer fr Gesang, Klavier und Gitarre am Kindergrtnerinnen-

    Seminar Wien-Meidling(). (Staatsarchiv Karton 5 137429).

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    Wien

    Die Anfnge des Gitarrenunterrichts

    Nach franzsischem Vorbild grndete die Gesellschaft der Musikfreunde Wien im

    Jahre 1819 ein Konservatorium in der Bundeshauptstadt. Der Wunsch nach einem

    Konservatorium entstammte einer Idee aus dem Jahre 1808, konnte allerdings

    aufgrund finanzieller Mngel erst mehr als ein Jahrzehnt spter realisiert werden.

    Bevor 1819 am Konservatorium Instrumentalunterricht erteilt wurde, hatte eine

    vierjhrige Singschule unter der Leitung von Antonio Salieri bestanden. Eine der

    Bedingungen zur Erffnung dieser Singanstalt war, dass auch Prparanden am

    Gesangsunterricht teilnehmen durften (vgl. Homepage der Universitt fr Musik unddarstellende Kunst Wien. Heller, Lynne: Geschichte. Online im WWW unter URL:

    http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte 31/12/10). 1828

    erhielten die Prparanden der Normalschule St. Anna Unterricht am Konservatorium

    und 1832 wurde fr die angehenden Lehrer sogar eine eigene

    Konservatoriumsklasse eingerichtet (vgl. Heller, 1997, S. 1).

    Die schlechte finanzielle Lage der Institution war jedoch ausschlaggebend dafr,

    dass das Konservatorium in der Zeit von 1848 bis 1851 vorbergehend geschlossenwurde. Erst 1851 konnte das Konservatorium durch Zuspruch finanzieller

    Untersttzung von Staat und Stadt aus seiner misslichen Lage gelangen der

    Unterrichtsbetrieb konnte wieder aufgenommen und sogar ausgebaut werden (vgl.

    Homepage der Universitt fr Musik und darstellende Kunst Wien. Heller, Lynne:

    Geschichte. Online im WWW unter URL:

    http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte 31/12/10). Lynne

    Heller, Archivarin des MDW-Archivs, schreibt in der Historie der Universitt fr Musik

    und darstellende Kunst Wien:

    1896 ereignete sich einer der groen Einschnitte in der Geschichte der

    musikpdagogischen Ausbildung in sterreich: am Konservatorium der

    Gesellschaft der Musikfreunde wurden Lehrerbildungskurse eingefhrt. Bereits

    1863 war eine eigene Prfungskommission unter der Mitwirkung der

    Gesellschaft der Musikfreunde errichtet worden mit dem Recht, staatliche

    Zeugnisse fr die Konzession zur Errichtung von Privat- Musiklehranstalten

    http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichtehttp://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichtehttp://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichtehttp://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte
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    und fr das Musiklehramt an ffentlichen Unterrichtsanstalten auszustellen.

    Die Reifeprfungszeugnisse der neu eingefhrten Lehrerbildungsanstalten

    wurden diesen der Staatsprfung fr Musik gleichgestellt. () Gerade im

    Hinblick auf die Lehrerbildungskurse war ab 1896 zunehmend Druck auf den

    Staat entstanden, seine Verantwortung fr die Ausbildung auszuweiten. Mit

    Entschlieung des Kaisers wurde das Konservatorium mit 1. Jnner 1909 als

    k.k. Akademie fr Musik und darstellende Kunst verstaatlicht. (Homepage der

    Universitt fr Musik und darstellende Kunst. Heller, Lynne: Geschichte.

    Online im WWW unter URL:

    http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte 31/12/10).

    Dem ersten Jahresbericht der k.k. Akademie ist zu entnehmen, dass im Studienjahr

    1909/10 Richard Batka als ordentlicher Lehrer in den Lehrkrper aufgenommen

    wurde, um die Fcher Geschichte der Oper und Geschichte der Laute und Gitarre

    zu unterrichten (vgl. Jahresbericht der K.K. Akademie fr Musik und darstellende

    Kunst fr das Schuljahr 1909/1910, S. 28). Damit ist Wien die erste Stadt

    sterreichs, die das Instrument ins institutionell gebundene Unterrichtswesen

    einfhrte. Es ist festzustellen, dass die Fachbezeichnungen der Kurse Batkas

    variieren. In einem Ansuchen, in dem sich die Akademie an das Bundesministerium

    wendet und die Berufung Batkas an die Akademie fordert, wird das Fach

    beispielsweise als Geschichte der Laute (Gitarre) und Lautenspiel deklariert (vgl.

    Personalakt Batka, MDW, Archiv). Batkas Vortrge wurden 1914 aufgelassen, wie

    einem Protokoll der k.k. Akademie zu entnehmen ist (vgl. Personalakt Batka, MDW,

    Archiv). Unter Batkas ersten Schlern befanden sich unter anderem Richard Schmid

    und Josef Zuth, wie aus dem Schlerregister des Jahresberichts hervorgeht. (vgl.

    Jahresbericht der K.K. Akademie fr Musik und darstellende Kunst fr das Schuljahr

    1909/1910, S. 105, S. 127). Zu Josef Zuth schreibt Esther Schobel in ihrerDiplomarbeit Wiener Gitarristik versus spanische Gitarre, dass er 1914 als Lehrer

    am Wiener Konservatorium ttig war und dann an anderen Institutionen unterrichtete

    (vgl. Schobel, 1992, S. 17). Er war darber hinaus ein bedeutender

    Musikwissenschaftler, dessen Dissertation Simon Molitor und die Wiener Gitarristik

    um 1800 (Wien 1920) und sein Handbuch der Laute und Gitarre (Wien, 1926)

    heute noch als unverzichtbare Werke zur Geschichte der Gitarre angesehen werden.

    http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichtehttp://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte
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    Weiters ist Zuth als Herausgeber der Zeitschrift fr Gitarre (1920-1926) und Autor

    zahlreicher Artikel wichtig (Hackl 2011, 174 f.)

    Renate Kreuzberger nennt Josef Zuth und Adolph Koczirz (einem weiteren wichtigen

    Musikwissenschaftler) als die bedeutendsten Schler Batkas (vgl. Kreuzberger,

    1996, S. 32). Schmid und Zuth widmete Richard Batka seine 1912 verffentlichte

    Gitarrenschule Vorschule des modernen Lauten- und Gitarrenspiels. Die

    Gitarrenschule ist im Archiv des Landeskonservatoriums Graz zu finden. Im Vorwort

    schreibt Batka:

    Die vorliegende Anleitung zum Spielen der Laute und Gitarre soll nicht die

    Zahl der vielen vorhanden Unterrichtswerke fr diese Instrumente zwecklos

    vermehren, sondern eine noch vorhandene Lcke ausfllen. Sehr hufig

    gelangen Anfragen an mich nach welcher Schule man sich an Orten, wo es

    keine Lehrer gibt, durch Selbstunterricht einige Fertigkeiten fr den

    Hausgebrauch aneignen knne, und fast immer stellte sichs heraus, da

    nicht nur die populren kleinen Leitfaden von Mayer usw., sondern auch die

    bekannten groen Schulen (Carulli, Scherrer usw.) ohne die ergnzende

    Unterweisung eines Lehrers sich fr Laien wenig eignen. Und gerade die

    Dilettanten stellen zum Kreis der Lauten- und Gitarrenfreunde immer doch das

    strkste Kontingent.

    Aber keineswegs dem Selbstunterrichte allein soll diese Vor-Schule dienen,

    sondern sie ist auch als erster Lehrbehelf fr meine Kurse im Lauten- und

    Gitarrenspiel gedacht. Auch hier strebt die Mehrzahl der Schler keineswegs

    eine virtuose Ausbildung fr das Solospiel an, sondern vor allem die Fertigkeit,

    sich mittelst der Stammakkorde zum Gesange volkstmlicher Lieder,

    womglich ohne Noten, zu begleiten. Dieses Ziel wird an der Hand der

    vorhandenen Schulen auf ziemlich umstndliche und zeitraubende Weiseerreicht. Ich ging deshalb auf die ungeschriebene, nur praktisch berlieferte

    Methode der alten Gitarrenlehrer zurck, die auf den einzelnen Akkordgriffen

    sich aufbaut, und fhrte die Schler bis zu jener Stufe, wo gewhnlich leider

    die Meisten aufzuhren beginnen, und wo die Auslese der Wenigen anfngt,

    die weiter streben und denen man dann getrost Scherrer und Carulli ich

    verwende beide nebeneinander in die Hand geben kann. Die Vorteile dieses

    Lehrganges sind psychologisch leicht einzusehen. Da der Schler, auch mit

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    den primitivsten musikalischen Vorkenntnissen, schon in der zweiten oder

    dritten Lektion in den Stand gesetzt wird, ein einfaches Liedchen zu begleiten,

    hebt sein Selbstvertrauen und stachelt seinen Lerneifer. Man gewinnt ihn dann

    auch leichter fr das strenge, systematische Studium der Schulen.

    Ziemlich allgemein ist die Erfahrung, da die meisten Anfnger des

    Lautenspiels eine recht enge und wahllose Kenntnis der volkstmlichen

    Liederliteratur mit in den Unterricht bringen. Ich habe es daher fr zweckmig

    befunden, diesen Leitfaden durch eine kleine, auf dieser Stufe brauchbare

    Auslese von Liedern und Spielstcken zu ergnzen und einige Literatur zur

    weiteren Fortbildung anzugeben.

    Die Pflege des Lauten- und Gitarrenspiels gerade im Volke halte ich fr eine

    sehr wichtige Kulturangelegenheit und erwarte mir eine Belebung der

    Volksmusik, des Volksliedes von ihrem Durchgreifen. Als ein bescheidener

    Beitrag, uns diesem Ziele nher zu bringen, mge auch diese kleine

    Verffentlichung eine freundliche Begutachtung finden.

    Wien, im Sommer 1912. Richard Batka. (Batka, 1912, Vorwort).

    Einleitend verliert Batka einige Worte ber die Laute und die Gitarre. Allgemeines wie

    z.B. die Beschaffung des Instrumentes, die Bestandteile und die Pflege dessen

    werden besprochen und die wichtigsten Aspekte zur Haltung, zur Tonbildung, zum

    Stimmen, zum Anschlag (von Leersaiten und Akkorden) und zu den Tonleitern

    thematisiert. Im Kapitel Tonarten werden die gebruchlichsten Akkorde

    (Grundakkord, Subdominantakkord, Dominantseptakkord und die gngigsten

    Mollakkorde) fr das Gitarrenspiel angefhrt und im nchsten Abschnitt die

    grundlegenden Begleitmodelle im Zweier- und Dreiertakt gelehrt. Dies fhrt

    schlielich zum Begleiten einfacher Lieder mit Grundakkord und

    Dominantseptakkord. Mit der zunehmenden Anzahl an Akkorden steigt auch die Zahldiverser Begleitmodelle (z.B. Arpeggios in allen mglichen Ausfhrungen). Auch

    Modulationen, beispielsweise ber die Zwischendominate, werden angefhrt. Im

    Kapitel Das Solospiel richtet er einen Appell an alle Instrumentalisten, das Solospiel

    zu praktizieren. Es sei Mittel zur Erlangung einer guten Technik und eines sauberen

    Anschlags (vgl. Batka, 1912, S. 23). Das Kapitel Andere Anschlagsarten trgt zum

    besseren Verstndnis des Solospiels bei (vgl. Batka, 1912, S. 24). Es folgt eine

    Reihe bekannter Volkslieder, die der praktischen Festigung der Gitarrenbegleitung

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    dienen sollen. Auf den letzten vier Seiten der Schule sind Solostcke fr Gitarre

    abgedruckt, womglich um den Gitarristen das Solospiel schmackhaft zu machen

    und sie zu weiterem Solospiel anzuleiten (vgl. Batka, 1912, S. 49-52).

    Renate Kreuzberger vermutet in ihrer 1996 verfassten Diplomarbeit Jakob Ortner

    und die Anfnge des Gitarrenunterrichts an der Hochschule fr Musik und

    darstellende Kunst Wien, dass Batkas Kurse eher theoretisch orientiert waren. Sie

    schreibt:

    Da es sich dabei aber noch eher um theoretische Kurse in Form von

    Vortrgen handelte, und das knstlerische Lauten bzw. Gitarrespiel noch im

    Hintergrund stand, ist aus den Formulierungen der Hochschulakte aus dem

    Jahr 1909 zu entnehmen () (Kreuzberger, 1996, S. 28).

    Kreuzberger argumentiert in mehreren Schritten. Sie untermauert ihre These

    beispielsweise mit dem Ausdruck Vortrge, der fr die Kurse bezeichnend war, und

    weiters begrndet sie ihre Behauptung mit der Tatsache, dass Richard Batka ein

    renommierter Musikwissenschaftler war, der reges Interesse fr die Geschichte der

    Gitarre und der Laute zeigte (vgl. Kreuzberger, 1996, S. 28). Ein weiterer Beleg, der

    ebenfalls gegen den Praxisbezug spricht, ist ein Text von Josef Zuth zum Andenken

    Baktas in der Diplomarbeit von Renate Kreuzberger:

    Wer dorthin in der Absicht ging, regelmig Gitarrenunterricht zu erhalten,

    oder wer da glaubte, nach dem Abspielen eines Bravourstckes besonders

    gelobt zu werden, erlebte eine arge Enttuschung. Batkas Vortragsstunden

    waren poetisch-musikalische Unterhaltungen voll Geist und Gemt, wie sie

    nur er der knigliche Festgeber, bieten konnte. Und so folgten diejenigen, die

    da fhlten, da Batka ein schpferischer Geist war und kein Gitarrenlehrer,

    begeistert seinen Worten, und jenen hat Batka die knstlerische Richtung frs

    ganze Leben gegeben. (Zuth, Heft Aug. 1922, S.3 zit. n. Kreuzberger, 1996,S. 33).

    Die Annahme eines theoretischen Unterrichts mag zutreffend sein, im Vorwort der

    Vorschule des Modernen Lauten- und Gitarrenspiels lsst Richard Batka allerdings

    anklingen, dass die Schule auch als Lehrbehelf in seinen Kursen fr Lauten- und

    Gitarrenspiel verwendet wurde. Handelt es sich hierbei um einen Hinweis auf

    Praxisbezug? In den Kursen wurde sowohl einfache Liedbegleitung gelernt als auch

    Melodiespiel praktiziert, wie dem Vorwort (siehe oben) zu entnehmen ist (vgl. Batka,

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    1912, Vorwort). Batkas Vorschule des Lauten- und Gitarrenspiels wurde 1919 von

    Josef Zuth berarbeitet (Zuth, 1926, S. 30 zit. n. Kreuzberger, 1996, S. 29). Josef

    Zuth gab auch Kurse an der Wiener Urania, einem Haus fr Volksbildung, wie einer

    Mitteilung der gitarristischen Zentralstelle Wien in der Zeitschrift Die Gitarre

    (Jahrgang 2, Heft 3) aus dem Jahr 1920 zu entnehmen ist. Seine Tochter Liesel

    assistierte ihm dabei. Der Bericht enthlt weiters die Information, dass auch im

    Volksbildungshaus Apolloneum gitarristische Lehrkurse von Karl Koletschka mit der

    Assistenz Franzi Wilds begannen. Auch Meldungen universitrer Art fanden Eingang

    in die Monatsschrift. So wurde bekannt gegeben, dass Frieda Burghardt und Richard

    Schmid am Neuen Wiener Konservatorium ttig waren. Sie unterrichteten

    neuzeitliche und historische Gitarre- und Lautenmusik (Mitteilung der gitarristischen

    Zentralstelle Wien. In: Schwarz-Reiflingen, Erwin (Hrsg.): Die Gitarre. Monatsschrift

    zur Pflege des Gitarre und Lautenspiels. Berlin, 1920, Jahrgang 2, Heft 3, S. 28 zit.

    n. Kreuzberger, 1996, S. 34f.). ber Jakob Ortner, der bereits 1915/16

    Gitarrenunterricht am Blinden-Erziehungsinstitut in Wien erteilte (Bartosch, Josef:

    Blinde Musiker. In: Ortner, Jakob (Hrsg.): sterreichische Gitarrenzeitschrift. Wien,

    1928, Heft III/IV, S. 75 zit. n. Kreuzberger, 1996, S. 34), ist Folgendes vermerkt:

    Gitarremeister Jakob Ortner fhrt an der Staatlichen Musikakademie

    Instrumentalkurse fr Gitarre und neuzeitliche Laute in Anfnger,

    Vorgeschrittenen und Ausbildungsklassen. (Mitteilung der gitarristischen

    Zentralstelle Wien. In: Schwarz-Reiflingen, Erwin (Hrsg.): Die Gitarre.

    Monatsschrift zur Pflege des Gitarre und Lautenspiels. Berlin, 1920, Jahrgang

    2, Heft 3, S. 28 zit. n. Kreuzberger, 1996, S. 35.)

    Aus einem Schreiben des Bundesministeriums an die Direktion der Akademie fr

    Musik und darstellende Kunst geht hervor, dass Jakob Ortner 1922 vertragsmiger

    Lehrer wurde:Die Einfhrung des knstlerischen Guitarrespiele und zwar in drei

    Vorbildungsjahrgngen und drei Ausbildungsjahrgngen an der Akademie fr

    Musik und darstellende Kunst vom Beginn des Schuljahres 1922/23 an unter

    den im obzitierten Berichte angefhrten Modalitten wird genehmigt.

    (Personalakt Ortner, MDW, Archiv).

    Am 4.5.1924 wurde ihm der Professorentitel zugesprochen (vgl. Personalakt Ortner,

    MDW, Archiv).

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    Ortner erhielt vom Tiroler Alois Gtz (1823-1905) Unterricht. Alois Gtz verfasste

    eine Gitarrenschule mit dem Titel Neue theoretisch-praktische Reform-Guitarre-

    Schule (vgl. Hackl, 1993, S. 208). Gtz stellte Ortner am 27. 12. 1899 folgendes

    Zeugnis aus:

    Zeugniss

    Es ist mir eine besondere Genugtung bezeugen zu knnen, dass der

    musikalisch frhbegabte Jakob Josef Ortner, bei mir mehrere Jahre hindurch

    grndliche knstlerische Studien im Lautenspiel oder auch Guitarrspiel u. bes.

    in der Kunst des Lautenspiels Satzes gepflogen hat. Mit groer Freude habe

    ich an diesem meinem Lieblingsschler ein echtes, reiches Talent das sich in

    ganz ausergewhnlichen vielseitigen Anlagen fr die musikalische Kunst

    geuert hat, wahrgenommen. Die Art, wie Jakob Ortner, dank der Harmonie,

    der Kunstmittel wie sie ihm in einer Reifetechnik und in vielen im kraftvollen

    Spiel und in seinen Wirkungen vorzglichen Lauten zu Gebote stehen, das

    Instrument behandelt, kndigt eine eigenartige Musikernatur an, die den

    idealsten Aufgaben der Kunst gewachsen ist, und in einer Zeit, in welcher die

    Kunst des Lautenspiels einer neuen Kulturblte entgegensieht, zu den

    schnsten Hoffnungen berechtigt.

    Kaiserlicher Rat Alois Gtz m.p.

    Innsbruck am 27.12.1899. (Personalakt Ortner, MDW, Archiv).

    Mit diesen lobenden Worten hatte Gtz recht. War es doch Ortner, der seinen

    Schlern wie Luise Walker, Karl Scheit, Hermann Leeb, Josef Klima und Walter

    Endstorfer das Fundament fr eine gitarristische Karriere legte. Neben der

    Unterrichtsttigkeit an der Akademie war Ortner von 1926 bis 1929 Herausgeber der

    sterreichischen Gitarrezeitschrift (vgl. Hackl, 1993, S. 208). In den Jahren von

    1912 bis 1916 war Ortner als Lautenspieler am Hofoperntheater engagiert (vgl.Personalakt Ortner, MDW, Archiv). In seiner Zeit in Tirol spielte er auch an der Exl-

    Bhne, wie Hackl schreibt (vgl. Hackl, 1993, S. 208).

    Am 24. Juni 1916 erhielt Ortner ein Frequentationszeugnis, welches ihm besttigen

    sollte, dass er von 1910 bis 1912 den Kurs ber Geschichte der Gitarre und Laute

    (verbunden mit Unterweisung im Gitarrespiel)besucht hat (vgl. Personalakt Ortner,

    MDW, Archiv). Weiters ist hinzugefgt:

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    Herr Ortner absolvierte seine Studien mit ausgezeichnetem Erfolge, wobei er

    eine virtuose Technik und eine knstlerische Beherrschung dieses

    Instrumentes bewiesen hat. (Personalakt Ortner, MDW, Archiv).

    Die Gitarrenausbildung in der Zwischenkriegszeit

    Um 1924 verstrkten sich die Kontroversen um die Staatsprfung. Lynne Heller

    schreibt dazu:

    1924 verstrkten sich die Unstimmigkeiten zwischen der

    Staatsprfungskommission und den Professoren der Akademie, die sich

    rgerten, da der Abschlu der Lehrerbildungskurse nicht wie vor 1919

    automatisch die Lehrberechtigung mit sich brachte. (Heller, 1997, S. 17).In der Zeit zwischen 1919 und 1928 wurden auch Stimmen laut, die die prekre

    Situation der Privatmusikerzieher beklagten. Es gab genug Instrumentalschler, die

    von Privatmusikerziehern ausgebildet wurden, es fehlte jedoch an

    Ausbildungsmglichkeiten fr Privatmusikerzieher. Heller meint dazu:

    Problematisch war sehr wohl die Situation der Privatmusiklehrer, da es weder

    eine ffentliche Anstalt gab, an der sie ihre Ausbildung erhalten konnten, noch

    eine einheitliche Prfung fr die einzelnen Instrumente. Zwar wurde die

    Staatsprfung inzwischen auch und sogar berwiegend fr

    Privatmusikerzieher durchgefhrt (fr Kandidaten ohne Reifezeugnis einer

    Mittelschule), doch war sie nur in den Fchern Gesang, Violine, Klavier und

    Orgel mglich. Musiklehrer anderer Fcher muten entweder bei einzelnen

    Schulbehrden Prfungen ablegen (die aber nur das betreffende Bundesland

    galten), oder alljhrlich neu um eine Dispens von der formalen

    Lehrbefhigung ansuchen. (Heller, 1997, S. 22).

    1928 kam die Idee zur Errichtung eines Musikpdagogischen Seminars mit einem

    viersemestrigen Lehrgang auf, die schlussendlich 1929 realisiert werden konnte (vgl.

    Homepage der Universitt fr Musik und darstellende Kunst. Heller, Lynne:

    Geschichte. Online im WWW unter URL:

    http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte 31/12/10). Mit dieser

    Neuerung sollten sich auch einige der oben genannten Probleme lsen. So hatten

    nun auch Privatmusikerzieher die Mglichkeit, eine fundierte pdagogische

    http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichtehttp://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte
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    Ausbildung durch das neu eingerichtete Seminar zu erhalten. Die knstlerische

    Ausbildung blieb weiterhin Aufgabe der Akademie. Ein wichtiger Aspekt, den das

    Seminar mit sich brachte, war die Erweiterung des instrumentalen Fcherangebots.

    War es fr Schulmusiker lange Zeit nur mglich, z.B. Violine, Gesang, Orgel oder

    Klavier als Fcher zu belegen, so konnten nun auch Gitarre oder Cello gewhlt

    werden. Im Februar 1929 erschien zur Erffnung des Musikpdagogischen Seminars

    folgender Text in der Presse:

    An der Akademie fr Musik und darstellende Kunst in Wien wird vom 2.

    Semester des laufenden Schuljahres an ein Musikpdagogisches Seminar

    eingerichtet. Hiedurch soll die Ausbildung von Musiklehrern, und zwar sowohl

    fr den Unterricht an Schulen wie fr den privaten Einzelunterricht, eine

    durchgreifende Neugestaltung erhalten. Zu der knstlerischen Ausbildung, die

    durch die Absolvierung der Akademie in einem Hauptfach erlangt wird, tritt

    eine planmssige didaktische Schulung hinzu. Die Aufnahme in das Seminar

    setzt die erfolgreiche Zurcklegung wenigstens des 4. Jahrganges der

    Akademie voraus. Der Lehrgang des Seminars umfasst dann vier Semester

    und kann gleichzeitig mit dem 5. Jahrgang und 6. Jahrgang der Akademie

    absolviert werden. Bewerber fr die Aufnahme in das Semester, die den 4.

    Jahrgang der Akademie nicht zurckgelegt haben, mssen eine gleichwertige

    Ausbildung durch eine Aufnahmeprfung nachweisen. Im Mittelpunkt des

    Lehrganges wird die musikpdagogische Ausbildung stehen, die fr jeden

    Schler des Seminars Didaktik des Schulmusikunterrichtes, des

    musiktheoretischen Unterrichtes und die Didaktik eines Spezialfaches

    umfasst, als letztere sind vorlufig Gesang, Klavier, Orgel, Violine, Cello und

    Gitarre in Aussicht genommen. (AHMdK 2.563/29 zit. n. Heller, 1997, S. 24f.).

    Als Fachlehrer fr Didaktik, Methodik, Unterrichtsliteratur und Unterrichtspraxis inGitarre wurde mit der Errichtung des Musikpdagogischen Seminars 1928 Jakob

    Ortner ernannt. Dies geht aus einem Schreiben Ortners hervor (vgl. Personalakt

    Ortner, MDW, Archiv).

    Die didaktischen Konzeptionen dieser Unterrichtsfcher liegen im Staatsarchiv auf.

    Einem Bericht der Akademie aus dem Jahr 1929 ber die Durchfhrung des ersten

    Jahrganges im zweiten Semester des Schuljahres 1928/29 sind Entwrfe fr eine

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    ausfhrlichere Fassung der Lehrplne und fr ein Prfungsstatut beigelegt. Hier die

    wichtigsten Auszge aus dem Bericht:

    () Recht gut eingelebt hat sich die Arbeit in der Fachgruppe Didaktik,

    Methodik und Unterrichtsliteratur des Hauptfaches, wo 4 Kurse fr Gesang,

    Klavier, Violine, Gitarre abgehalten wurden. Die hierfr erforderlichen

    Versuchsschler konnten mhelos auf Grund einer Umfrage der Direktion der

    Lehrerbildungsanstalt und Lehrerinnenbildungsanstalt Hegelgasse 12 und 14

    gewonnen werden. Aus den sich meldenden Schlern dieser Anstalt wurden

    auf Grund einer Begutachtung durch die Fachvortragenden die geeigneten

    ausgewhlt und zwar fr Gesang 8, fr Klavier 4, fr Violine 8 und fr Gitarre

    22. Diese letztere Zahl ist etwas zu hoch, wenngleich bercksichtigt werden

    muss, dass dieser Unterricht eine grssere Zahl von Schlern vertrgt und

    erfahrungsgemss (wie sich auch tatschlich zeigte) mehrere bald nach

    Beginn des Unterrichts abfallen. Um aber einen ausreichenden Unterricht fr

    alle Aufgenommenen weiterhin zu sichern, werden eventuell fr das Schuljahr

    1929/30 fr dieses Fach keine weiteren Versuchsschler aufgenommen und

    die Vorhandenen auf die beiden Kurse aufgeteilt werden. (Staatsarchiv

    Karton 5 3654529).

    Die groe Beteiligung der Lehrpraxisschler aus den Lehrerbildungsanstalten legt

    die Vermutung nahe, dass die Gitarre ein beliebtes Begleitinstrument im

    Musikunterricht war. Sie konnte jederorts (im Klassenzimmer oder im Freien) gespielt

    werden und war im preislichen Vergleich mit Klavier oder Violine verhltnismig

    gnstig. Diese Punkte nennt Stefan Hackl auch im Zusammenhang mit der

    Etablierung der Gitarre um 1800 und verweist dabei auf Eintrge von Gustav

    Schilling, Fritz Buek und Simon Molitor (vgl. Hackl, 2008, S. V).

    Die Lehrplne betreffend ist in den Dokumenten des Staatsarchivs folgender Eintragzu finden:

    Dem Berichte beigegeben sind Entwrfe fr eine ausfhrlichere Fassung der

    Lehrplne und fr ein Prfungsstatut (Beilagen Serie I 1 bis 6, Serie II 1 bis 6).

    Hiezu wird bemerkt, dass es sich in allen Fllen um Vorschlge und Entwrfe

    handelt, und dass eine gleichmssige Fassung aller Bestimmungen einer

    neuerlichen Umarbeitung vorbehalten werden muss, die erst nach der

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    Bestimmung der beherrschenden Grundstze durch das Bundesministerium

    erfolgen kann. (Staatsarchiv Karton 5 3654529).

    Das Fach Didaktik, Methodik und Unterrichtsliteratur des Gitarreunterrichtes

    erstreckte sich ber vier Semester. Im ersten Semester dieses Kurses sollte die

    Technik fr Elementarschler besprochen werden. Die Vermittlung einer richtigen

    Haltung und von Anschlagstechniken standen im ersten Semester im Vordergrund.

    Mit dem Wissen um den Inhalt dieses Semesters lsst sich der Unterricht der

    damaligen Zeit rekonstruieren. Das zweite Semester im Fach Didaktik, Methodik

    und Unterrichtsliteratur des Gitarreunterrichtes sollte einer Vertiefung der Spielarten

    dienen. Das dritte Semester widmete sich einer kritischen Auseinandersetzung mit

    Gitarrenschulen und Notenausgaben. Im vierten Semester wurden die

    Lehrpraxisschler exemplarisch unterrichtet.

    Im Folgenden ist der Lehrplan fr die Lehrveranstaltung Didaktik, Methodik und

    Unterrichtsliteratur des Gitarreunterrichtes abgedruckt:

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    5.) Didaktik, Methodik und Unterrichtsliteratur des Gitarreunterrichtes.

    I. Semester: Elementarunterricht fr Gitarrespiel.

    Richtige Haltung des Instrumentes, Haltung des Krpers, der Fsse, der

    linken Hand (Aufsatz der Finger auf die Bnde und der rechten Hand)

    Anschlag der Seiten. Der Fingersatz fr die linke Hand auf Grund der

    Tonleitern und Akkorde, die verschiedenen Anschlagsarten der rechten Hand

    (Wechselschlag, Tremolo, Akkorde, Pizzikato, Rasgado).

    II. Semester: Die verschiedenen Spielarten der linken Hand (Bindungen,

    Portamento, Vibrato). Haupt- und Nebenlagen (Lagenwechsel). Barrespiel.

    Flagiolett (natrliches und knstlerisches) Ornamentik.

    III. Semester: Besprechung des Lehrplanes von der Elementarstufe bis zur

    hchsten Ausbildung. Vergleich verschiedener Methoden: Deutsche Schule

    (Ortner, Moissl) Spanische Schule (Tarrega, Segovia, Slobet, Pujol).

    Italienische Schule: (Giuliani, Carcassi, Legnani). Vergleich guter und

    schlechter Aufgaben; selbstndige Verbesserung letzterer.

    IV. Semester: Dieses soll im Wesentlichen der praktischen Arbeit gewidmet

    sein: Unterweisung der Versuchsschler zunchst unter Leitung des

    Professors und allmhlich ohne diesen. (Beilagen Serie I, zum Lehrplan,

    Staatsarchiv Karton 5 3654529).

    Hier das Prfungsstatut fr das Fach Didaktik, Methodik und Unterrichtsliteratur des

    Gitarreunterrichtes:

    5.) Didaktik, Methodik und Unterrichtsliteratur des Gitarreunterrichtes.

    a. Schriftliche Prfung: Es ist ein unbezeichnetes Werk mit genauem logischen

    Fingersatz fr linke und rechte Hand, sowie Lage eventuell knstliches und

    natrliches Flageolett anzugeben.

    b. Mndliche Prfung: Kenntnis der allgemeinen Gitarre- sowie der historischenLautenliteratur (Kammer- und Solomusik) Der Kandidat soll auch nachweisen,

    dass er in seinem Unterricht der individuellen musikalischen und technischen

    Veranlagung des Schlers gerecht werden kann und dass er ein kritisches

    Urteil ber den methodischen Aufbau der verschiedenen Schulen besitzt.

    (Beilagen Serie II, zum Prfungsstatut, Staatsarchiv Karton 5 3654529).

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    Im Studienjahr 1930/1931 kam es zu einer Umgestaltung des Musikpdagogischen

    Seminars eine Trennung zwischen Schulmusikern und Privatmusiklehrern fand

    statt. Aufgrund der Separation wurden auch Aufnahme- und Abschlussbedingungen

    auf die jeweilige Gruppe abgestimmt. Bei Heller ist Folgendes vermerkt:

    Als Aufnahmeerfordernis fr den Lehrgang I (Schulmusiker) sollte das

    Reifezeugnis der Akademie in Gesang mit einer zustzlichen

    Gesangsausbildung gelten. () Fr den Lehrgang II (Privatmusikerzieher)

    wurde das Reifezeugnis der Akademie im entsprechenden Hauptfach

    gefordert. (Heller, 1997, S. 30).

    Die Lehrbefhigung konnte ab 1930 nur mehr durch eine Prfung am

    Musikpdagogischen Seminar, sowie an einer gleichwertigen Institution mit

    ffentlichkeitsrecht erteilt werden. Im Sonderfall hatten Externisten die Mglichkeit,

    die Prfung vor einer Kommission, die aus Dozenten des Musikpdagogischen

    Seminars zusammengestellt wurde, abzulegen (vgl. Heller, 1997, S. 30). Ab 1931

    konnte die Lehrbefhigungsprfung sowohl durch das Seminar als auch durch die

    Staatsprfung erlangt werden. Hier wurde die Kommission vom Bundesministerium

    gestellt (vgl. Heller, 1997, S. 41). Ein weiterer nennenswerter Aspekt ist, dass die

    Staatsprfung nur in den Fchern Violine, Gesang, Klavier und Orgel abgelegt

    werden konnte. Andere Instrumentalisten hatten Reifeprfungen an Akademien

    vorzuweisen, um Unterricht erteilen zu drfen. Konnte keine Reifeprfung

    nachgewiesen werden, musste jedes Jahr um einen Befhigungsnachweis

    angesucht werden (vgl. Heller, 1997, S. 41f.). Im Seminar waren hingegen neben

    Violine, Gesang, Klavier und Orgel auch Gitarre und Cello als Hauptfach zugelassen.

    Folglich fhrte ein Studienabschluss in Gitarre und Cello zur Lehrbefhigung (vgl.

    Heller, 1997, S. 41). Allerdings wurde darauf verwiesen, dass die Lehrbefhigung fr

    diese beiden Instrumente, die in diesem Fall an eine Absolvierung des Studiums derSchulmusik gebunden war, kein Muss darstellte. Fr die Zulassung zum Unterrichten

    reichte eine Reifeprfung im jeweiligen Instrument vllig aus (vgl. Heller, 1997, S.

    42). Der folgende Textausschnitt besttigt das:

    Auch bei Fchern wie Cello und Gitarre, bei denen bereits seit 1930 eine

    pdagogische Prfung am Musikpdagogischen Seminar bestand, betrachtete

    man diese hchstens als Mglichkeit, nicht aber als Verpflichtung.

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    Man kann jedoch unmglich von jedem Gitarre- oder Cellolehrer, der an einer

    privaten Musikschule wirkt, die Absolvierung an der Abteilung fr Kirchen- und

    Schulmusik verlangen. Dies wre eine ausgesprochene Hrte gegenber den

    Vertretern dieser Fcher im Vergleich zu den Klavierlehrern. Es besteht

    derzeit auch keine gesetzliche Vorschrift, dass ein an einer privaten

    Musikschule wirkender Gitarre- oder Cellolehrer die Abschlussprfung der

    Abteilung bestanden haben muss. (StA/AVA Unterricht 15/2910 11.593/34

    zit. n. Heller, 1997, S. 42f.).

    Seit dem Sommersemester des Studienjahres 1930/31 unterrichtete Gustav Moil

    das Nebenfach Gitarre am Musikpdagogischen Seminar, wie aus einem

    Zusatzvertrag hervorgeht (vgl. Personalakt Moil, MDW, Archiv). Moil war bis 1938

    am Musikpdagogischen Seminar ttig.

    Mit Beginn des Studienjahres 1931/32 wurde das Hauptfach Gitarre aufgelassen und

    in einen Kurs umgewandelt. 1933 wurde Gitarre allerdings wieder als Hauptfach

    gefhrt. Dies geht aus einem Schreiben der Staatsakademie hervor (vgl. Personalakt

    Ortner, MDW, Archiv).

    Die Schulmusiker wurden 1933 mit den Kirchenmusikern in der Abteilung Kirchen-

    und Schulmusik vereint. Diese Abteilung umfasste insgesamt drei Lehrgnge: den

    Lehrgang fr Kirchenmusik, den Lehrgang fr Schulmusik und den Lehrgang fr

    Musiklehrer in Einzelfchern wie z.B. Gitarre (vgl. Heller, 1997, S. 39). 1933 kam Karl

    Scheit an die Akademie, um Didaktik, Methodik und Unterrichtsliteratur des

    Gitarrenunterrichts sowie Unterrichtspraxis in Gitarre an der Abteilung fr Kirchen-

    und Schulmusik zu lehren. Im Jnner 1938 wurde ihm auch das Hauptfach Gitarre

    zugeteilt, jedoch legte er noch im Oktober desselben Jahres seinen Lehrauftrag

    zurck und wechselte zur Musikschule der Stadt Wien (vgl. Karl Scheit, MDW,Archiv). In Karl Scheit. Ein Portrt von Erich Wolfgang Partsch ist dazu folgender

    Eintrag zu finden:

    Kurz vor Kriegsausbruch es war 1938 erhielt Scheit ein Angebot des

    Direktors der Musikschule (Konservatorium) der Stadt Wien, Othmar

    Steinbauer. Er sollte dort eine Gitarrenklasse nach seinen pdagogischen

    Ideen aufbauen. Dieses Angebot bedeutete gleichzeitig eine finanzielle

    gnstigere Position. Scheits positive Entscheidung zog allerdings den Abgang

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    von der Musikakademie nach sich, da deren Rektor Franz Schtz keine

    Konkurrenz duldete. (Partsch, 1994, S. 34).

    Scheit kehrte 1942 an die damals als Reichshochschule bezeichnete Akademie

    zurck, wurde allerdings kurze Zeit spter zum Wehrdienst einberufen. Trotz seiner

    militrischen Verwendung unterrichtete er 1944 an der Abteilung Musikpdagogik.

    1945 war er ebenfalls an dieser Abteilung ttig. Scheit lehrte in den Folgejahren

    unter anderem diese Fcher: Gitarre (Hauptfach und Nebenfach), Didaktik und

    Methodik des Gitarrenunterrichtes (Hauptfach), Seminar fr Alte Musik (Nebenfach),

    Spielgemeinschaft (Nebenfach) und Hauptfach Methodik und Unterrichtspraxis der

    Gitarre. 1952 wurde Scheit zum Professor und 1969 zum ordentlichen

    Hochschulprofessor ernannt (vgl. Karl Scheit, MDW, Archiv).

    Esther Schobel erwhnt in ihrer Diplomarbeit, dass von 1923/24 bis 1937/38

    Gitarrenkurse im Rahmen Volkstmlicher Akademiekurse an der Akademie

    abgehalten wurden. 1924 wurde dieser Kurs in zwei Schwerpunkte geteilt. Eine

    Richtung strebte die spanische Gitarrentechnik an, die andere beschftigte sich mit

    Liedbegleitung. Dort unterrichtete Jakob Ortner und spter auch Karl Scheit (vgl.

    Schobel, 1992, S. 28f.).

    Zu Scheits Unterrichtsttigkeiten ist bei Partsch folgender Eintrag zu finden:

    Das wchentliche Arbeitspensum war ausgiebig: Unterricht an der Akademie,

    in der Bundeserziehungsanstalt und im Rahmen der Volksbildung; berdies

    die notwendige Vorbereitungsarbeit fr Konzerte, Beschftigung mit

    Tabulaturen

    Weiters initiierte er ebenso wie Sthr Abendkurse an der

    Musikakademie, die sich als Fortbildungsmglichkeit fr Laien verstanden. Im

    Rahmen von sogenannten Hrstunden besuchte er allgemeinbildende

    hhere Schulen, um das Instrument auch dort bekannt zu machen.

    In einem Schultyp wurde die Gitarre auf seine Anregung hin sogar verankert.

    Der Ansto dazu ergab sich nach einem der Konzerte mit Mertin. Der

    damalige Unterrichtsminister Emmerich Czermak, der unter den Zuhrern

    gesessen war, lud Scheit daraufhin zu einem Gesprch ein. Dabei kam der

    Gedanke auf, da die Gitarre eigentlich fr den Unterricht an

    Lehrerbildungsanstalten geeigneter wre als die Geige. Vor allem die von

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    Scheit herausgestrichene duale Stellung (sowohl Melodie- als auch

    Akkordspiel) war ein triftiges Argument fr den Bildungspolitiker. Er

    veranstaltete ein Treffen mit Musiklehrern und Vertretern aus den

    einschlgigen Schulen, bei dem Scheit die Verwendungsmglichkeiten

    praktisch demonstrierte. Zunchst konnte man wirklich nicht von freundlichen

    Reaktionen sprechen; Im Gegenteil, das Mitrauen und die ablehnende

    Haltung der Gitarre gegenber waren offenkundig. Es war einige Zeit

    notwendig, bis der neue Vorschlag doch akzeptiert und die Gitarre als

    Alternativfach zu Geige ministeriell eingefhrt werden konnte. (Pratsch, 1994,

    S. 28).

    Die steigende Verwendung der Gitarre in den Lehrerbildungsanstalten rief nach

    geeigneter Literatur. Diesem Ruf folgte Karl Scheit und erstellte eine komprimierte

    Form der fnfbndigen Schule mit kleinen Zustzen, wie der Liedbegleitung, die

    damals wie heute fr den Unterrichtsalltag unabdingbar erschien bzw. erscheint (vgl.

    Partsch, 1994, S. 61).

    Die Gitarrenausbildung in der Zeit des Nationalsozialismus

    Wie aus dem Standesnachweis Ortners hervorgeht, wurde Ortner 1940 aus demDienst enthoben (vgl. Personalakt Ortner, MDW, Archiv). An seine Stelle trat Luise

    Walker. Im November desselben Jahres bernahm sie vier Schler mit Hauptfach

    Gitarre und einige Schler aus dem Musikpdagogischen Seminar rege

    Aufbauarbeit sollte beginnen (vgl. Walker, 1989, S. 178). Aufgrund ihrer

    knstlerischen und pdagogischen Arbeit wurde sie 1965 zum Professor und zwei

    Jahre spter (1967) zum Hochschulprofessor ernannt (vgl. Walker, 1989, S. 183).

    In der Zeit des Nationalsozialismus erfolgte unter Schtz die Trennung der AbteilungKirchen- und Schulmusik und die Abteilung Schulmusik wurde in die Musikschule der

    Stadt Wien bersiedelt (vgl. Homepage der Universitt fr Musik und darstellende

    Kunst Wien. Heller, Lynne: Geschichte. Online im WWW unter URL:

    http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte 31/12/10). Heller

    schreibt dazu:

    Die Abteilung fr Kirchen- und Schulmusik wurde getrennt, wobei die

    Abteilung fr Kirchenmusik, die an der Akademie verblieb, um evangelische

    http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichtehttp://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte
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    Kirchenmusik und Kirchenmusik der griechischen Riten ergnzt wurde. Die

    Ausbildung der Musikerzieher (Schulmusiker und Musiklehrer) verlegte man

    an die soeben gegrndete Musikschule der Stadt Wien, da der Leiter der

    Akademie Pdagogen verachtete. (Homepage der Universitt fr Musik und

    darstellende Kunst Wien. Heller, Lynne: Geschichte. Online im WWW unter

    URL: http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte

    31/12/10).

    Aus der Festschrift Zur Geschichte der Abteilung Musikpdagogik:

    In staatlichem Auftrag, der angeblich auf eine Vereinbarung zwischen dem

    Gauleiter Brckel und dem Kulturabteilungsleiter Blaschke zurckging,

    bernahm die Musikschule der Stadt Wien 1939 die Seminare fr Musik- und

    Privatmusiklehrer und damit auch die fachliche Verantwortung fr die

    Schulmusiklehramtsprfung (Lehramtsprfung des Provisorischen

    Prfungsamtes). () Im Juni 1941 teilte das Reichserziehungsministerium

    mit, da die Schulmusikausbildung wieder der Staatsakademie bertragen

    werden msse. (Heller, 1997, S. 46).

    Somit wurde 1941 die Musikerziehung im Zuge der Erhebung der Akademie zur

    Reichshochschule wieder eingegliedert (vgl. Homepage der Universitt fr Musik und

    darstellende Kunst Wien. Heller, Lynne: Geschichte. Online im WWW unter URL:

    http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte 31/12/10).

    Die Gitarrenausbildung in der Nachkriegszeit

    1945 wurde abermals der Versuch gestartet, die Abteilungen Kirchenmusik und

    Schulmusik zusammenzulegen zwei Jahre spter, 1947, kam es allerdings wieder

    zur Trennung (vgl. Heller, 1997, S. 1).

    Nach Ende des Krieges wurde die Reichshochschule in Akademie umbenannt.

    1948 wurde das Kunstakademiegesetz, 1949 das Organisationsstatut einfhrt (vgl.

    Homepage der Universitt fr Musik und darstellende Kunst Wien. Heller, Lynne:

    Geschichte. Online im WWW unter URL:

    http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte 31/12/10). In der

    Nachkriegszeit sollte ein Unterrichtsstatut verfasst werden mit dem Ziel, Studien- und

    Prfungsordnung, Disziplinar-, Studiengebhren- und Schulordnung dingfest zu

    http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichtehttp://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichtehttp://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichtehttp://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichtehttp://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichtehttp://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte
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    machen und die Studiengnge der einzelnen Lehrfcher durch Lehrplne zu

    definieren. Allerdings blieb dieses Unterrichtsstatut nur ein Provisorium, wie Bhm in

    seinem Beitrag in der Festschrift der Abteilung Musikpdagogik in Wien schreibt.

    Deshalb lassen sich die Inhalte des Unterrichtsstatuts aus der Akademiezeit nur

    schwer rekonstruieren (vgl. Bhm, 1997, S. 64). Umso bedeutender ist folgende

    Tatsache: Fr Gitarre ist eine Studien- und Prfungsordnung, vermutlich aus der

    Akademiezeit um 1954 stammend, im MDW-Archiv in Wien erhalten. Diese Studien-

    und Prfungsordnung wurde von Luise Walker und Karl Scheit berarbeitet. Im

    Folgenden ist die fertig berarbeitete Studien- und Prfungsordnung ([vermutlich]

    1954, S. 23f.) fr das Hauptfach Gitarre abgedruckt. Diese Prfungsordnung stammt

    aus dem MDW Archiv in Wien:

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    Abbildung 1: Studien- und Prfungsordnung, [vermutlich] 1954.

    Quelle: MDW, Archiv.

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    Abbildung 2: Studien- und Prfungsordnung, [vermutlich] 1954

    Quelle: MDW, Archiv.

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    Wie der Ordnung zu entnehmen ist, wird zwischen Kunstschlern und

    Kunsthochschlern unterschieden. Die Kunstakademie diente demzufolge der Mittel-

    und Hochschulbildung (vgl. Bhm, 1997, S. 63). 1970 wurde die Kunstakademie zur

    Kunsthochschule und 1998 schlielich zur Kunstuniversitt (vgl. Homepage der

    Universitt fr Musik und darstellende Kunst Wien. Heller, Lynne: Geschichte. Online

    im WWW unter URL: http://mdw.ac.at/index.php?pageid=31&Suchstring=geschichte

    31/12/10).

    Gitarrenunterricht an den Musiklehranstalten der Stadt Wien

    Nach dem Krieg wurden das Konservatorium der Stadt Wien, die Musikschulen der

    Stadt Wien und die Singschulen als Musiklehranstalten der Stadt Wien bezeichnet

    (Jahresbericht MS, S. 44 zit. n. Mller, 1994, S. 224). Ein Blick auf den Fcherkanon

    der Musikschulen in der Nachkriegszeit um 1946/47 zeigt eine geringe Anzahl an

    mglichen erlernbaren Instrumenten. Gesang, Klavier, Violine, Viola, Violoncello,

    Blockflte, Gitarre, Zither, Mandoline, Handharmonika und Harmonielehre konnten

    damals als Hauptfcher belegt werden (vgl. Mitteilungen der Musiklehranstalten der

    Stadt Wien, Schuljahr 1946-1947, S. 29ff.). Aus einer Mitteilung von 1948/49 geht

    hervor, dass der Unterricht in Gitarre, Mandoline sowie weiteren

    Volksmusikinstrumenten nur mehr in der Musikschule der Stadt Wien zur Pflege

    volkstmlicher Musik im 5. Bezirk abgehalten wurde. Der Unterricht fr eine hhere

    Ausbildung im Hauptfach Gitarre blieb weiterhin am Konservatorium der Stadt Wien

    (Mitteilungen MLA von 1948/49, S. 4 zit. n. Mller, 1994, S. 252). Dem

    Organisationsstatut der Musiklehranstalten von 1950 kann entnommen werden, dass

    Gitarre nicht nur als Fachklasse am Konservatorium gefhrt wurde, sondern auch als

    Unterrichtsfach im Seminar der Singschullehrer vorgesehen war. Die Gitarre fand

    allerdings keinen Eingang in das Volksmusikseminar. Hier wurden nur Lehrer frAkkordeon, Mandoline und Zither ausgebildet (Organisationsstatut von 1950 aus

    dem Schulakt MLA, Zl. III-7591/1948 zit. n. Mller, 1994, S. 256f.).

    Zwei wichtige Gitarristen und Pdagogen, die an den Musiklehranstalten ttig waren,

    sind Robert Brojer und Otto Zykan. Robert Brojer spielte seit seiner frhen Kindheit

    Gitarre. Sein Vater, ein Musikliebhaber erhielt an der Wiener Urania bei Karl Prusik

    Gitarrenunterricht, wohin ihn Robert Brojer stets begleitete. Das Schicksal des

    Krieges traf auch Robert Brojer, als er 1940 zum Militrdienst eingezogen wurde.

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    Nach seiner Rckkehr studierte er bei Karl Scheit Gitarre. Kurze Zeit spter erhielt er

    auch im Fach Violine die Lehrbefhigung. Bemerkenswert scheint auch die

    Tatsache, dass er zusammen mit seiner Frau 1951 eine Musikschule in

    Klosterneuburg errichtete. Auf Empfehlung Scheits erhielt Brojer ab 1953 eine

    Lehrerstelle an den Musiklehranstalten der Stadt Wien. 1961 konnte er eine

    Gitarrenklasse am Konservatorium der Stadt Wien bernehmen. Unter seinen

    zahlreichen Publikationen befindet sich das 1973 erschienene Buch Der Weg zur

    Gitarre Technik und Methode. Es stellt eine Zusammenfassung seines Wissens

    langjhriger Unterrichtttigkeit dar (vgl. Hackl, 2011, S. 184f.). In diesem Handbuch

    befindet sich auch ein Lehrplan, der im Kapitel Gitarrenlehrplne nher besprochen

    wird.

    Bevor Otto Zykan mit dem Gitarrenspiel begann, hatte ihm seine Mutter

    Klavierunterricht erteilt. Ersten Unterricht auf der Gitarre erhielt er am Neuen Wiener

    Konservatorium. Danach folgte Unterricht bei Ortner und spter bei Walker. In der

    Zeit von 1945-1967 war er selbst als Lehrer an den Musiklehranstalten in Wien ttig.

    Auch er tat sich durch zahlreiche Publikationen hervor. Zykan schrieb Lehrwerke und

    Solostcke fr Gitarre, komponierte aber auch Stcke fr Gitarre in Kombination mit

    anderen Instrumenten. Weiters engagierte sich Otto Zykan im Bund der Gitarristen

    sterreichs (vgl. Hackl, 2011, S. 186f.).

    Wie bereits erklrt, wurden das Neue Wiener Ko