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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Lebertumoren unter Kontrazeptiva Die Diskussion um mögliche Nebenwirkungen der "Pille" wird seit Jah- ren sehr kontrovers geführt. Dabei steht außer Zweifel, daß neben vas- kulär-thromboembolischen Komplikationen die mit Östrogen- und An- drogen-Rezeptoren ausgestatteten stoffwechselaktiven Leberzellen Hauptort potentieller Schädigung werden können. Neben Normabwei- chungen biochemischer Kenngrößen und seltenen relativ harmlosen Nebenwirkungen (Pillen-Cholestase) werden seit Einführung dieser hormonellen Antikonzeption besonders nach mehrjähriger Anwendung immer häufiger Lebertumoren beobachtet, die zwar histologisch gutar- tig, jedoch wegen ihres Gefäßreichtums zur Ruptur (Leberruptur) mit lebensbedrohender Blutung führen können; selten wurden auch Um- wandlunaen in malicmes Wachstum (Heoatoblastom) beobachtet. Josef Eisenburg eit Einführung der oral anwendbaren kontrazep- tiven Steroide im Jahre 1958 (22) wurde wieder- holt und mit zunehmen- der Dauer der Anwendung immer häufiger sowohl über das Auftreten von Normabweichungen physiologi- scher laborchemischer Kenngrößen (zum Beispiel Transport-Proteine) als auch über Nebenwirkungen mit unterschiedlich schwerem Krank- heitswert berichtet (10). Neben viel- fach dosisabhängigen thromboembo- lischen, kardiovaskulären und ze- rebral-vaskulären Nebenwirkungen manifestiert sich ein Großteil solcher Schädigungen an der Leber bezie- hungsweise an den Funktionsab- läufen und Strukturelementen der pluripotenten Leberzellen als dem Hauptort der Biotransformation dieser chemischen Moleküle. Ne- ben Cholestase-Reaktionen („Pillen- Cholestase", ähnlich der genetisch fundierten, sehr seltenen Schwan- gerschafts-Cholestase), einer zumin- dest in der Frühphase der Pillenan- wendung erkennbaren Förderung der Gallensteinbildung (Cholesterin- steine), dem Auftreten von Gefäßlä- sionen (Peliosis) und den folge- schweren, mit hoher Letalität bela- steten, unter dem klinischen Bild des Budd-Chiary-Syndroms einherge- henden thrombotisch-obliterieren- den Lebervenenerkrankungen (En- dophlebitis hepatica obliterans) kommt es vor allem zu der Ausbil- dung umschriebener Lebertumoren. Da über die Pfortader die Leber ho- Interne Abteilung (Chefarzt: Prof. Dr. med. Josef Eisenburg) am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, München hen Spiegeln von Substanzen, die über den Magen-Darmtrakt resor- biert werden, ausgesetzt ist, ist die Leber auch höheren Ostrogenspie- geln der oral angewandten kontra- zeptiven Steroide ausgesetzt, als zum Beispiel andere Zielorgane, wie etwa der Uterus (Abbildung 1, Tabelle 1). Im Jahre 1972 berichteten E. Horvath et al. (15) und kurz darauf J. Baum et al. (3) erstmals über das Auftreten gutartiger Lebertumoren bei jungen Frauen, die über längere Zeit kontrazeptive Steroide einge- nommen hatten. 1977 konnte an drei umfangreichen klinischen Langzeit- Studien an großen Patientenzahlen eindeutig gezeigt werden, daß unter Anwendung oraler kontrazeptiver Steroide ein gesteigertes Risiko ei- ner Ausbildung benigner Leberzell- tumoren besteht, und zwar in Ab- hängigkeit von der Dauer der Hor- monmedikation und der Hormon- menge und Art (1, 20, 16). Epidemiologie und Beziehung zu kontrazeptiven Steroiden Vor der Anwendung kontrazep- tiver Steroide waren hepatozelluläre Adenome äußerst selten. So fand Edmondson im Sektionsgut des Los Angeles-Country Hospital während der Jahre 1918 bis 1954 unter 50 000 Sektionen nur zwei derartige Leber- tumoren (8). Seit den frühen 70er Jahren nahmen jedoch Mitteilungen über derartige Tumoren bei Frauen im geschlechtsreifen Alter, die über mehrere Jahre orale kontrazeptive Steroide angewandt hatten, laufend zu. Ähnliche Beobachtungen konn- ten wir im eigenen Laparoskopie- Krankengut machen (9). Obwohl solche Beobachtungen einer Assoziation — zumal bei der häufigen Anwendung der „Pille" und dem seltenen Auftreten dieser Kom- plikation — für sich allein nicht kritik- los als Beweis einer Entstehungsur- sache gelten können, sprechen doch zahlreiche Gegebenheiten für einen Ursachenzusammenhang. Literatur- berichte und eigene Langzeitbe- obachtungen über Verkleinerungen beziehungsweise Rückbildung nach Absetzen der „Pille", Rezidive nach operativer Entfernung bei anschlie- ßender weiterer Anwendung dieser Hormone oder ausbleibende Rezi- divbildung nach Absetzen der Medi- kation, die Häufung bei Verwendung von Pillen mit hohem Hormongehalt und der wiederholt belegte Zusam- menhang mit der Dauer der Pillen- einnahme sowie die wiederholt be- obachtete Größenzunahme solcher Tumoren während der Schwanger- schaft sind neben der Tatsache, daß 88, Heft 18, 2. Mai 1991 (45) A-1569 Dt. Ärztebl.

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Lebertumoren unter Kontrazeptiva

Die Diskussion um mögliche Nebenwirkungen der "Pille" wird seit Jah-ren sehr kontrovers geführt. Dabei steht außer Zweifel, daß neben vas-kulär-thromboembolischen Komplikationen die mit Östrogen- und An-drogen-Rezeptoren ausgestatteten stoffwechselaktiven Leberzellen Hauptort potentieller Schädigung werden können. Neben Normabwei-chungen biochemischer Kenngrößen und seltenen relativ harmlosen Nebenwirkungen (Pillen-Cholestase) werden seit Einführung dieser hormonellen Antikonzeption besonders nach mehrjähriger Anwendung immer häufiger Lebertumoren beobachtet, die zwar histologisch gutar-tig, jedoch wegen ihres Gefäßreichtums zur Ruptur (Leberruptur) mit lebensbedrohender Blutung führen können; selten wurden auch Um-wandlunaen in malicmes Wachstum (Heoatoblastom) beobachtet.

Josef Eisenburg

eit Einführung der oral anwendbaren kontrazep-tiven Steroide im Jahre 1958 (22) wurde wieder-holt und mit zunehmen-

der Dauer der Anwendung immer häufiger sowohl über das Auftreten von Normabweichungen physiologi-scher laborchemischer Kenngrößen (zum Beispiel Transport-Proteine) als auch über Nebenwirkungen mit unterschiedlich schwerem Krank-heitswert berichtet (10). Neben viel-fach dosisabhängigen thromboembo-lischen, kardiovaskulären und ze-rebral-vaskulären Nebenwirkungen manifestiert sich ein Großteil solcher Schädigungen an der Leber bezie-hungsweise an den Funktionsab-läufen und Strukturelementen der pluripotenten Leberzellen als dem Hauptort der Biotransformation dieser chemischen Moleküle. Ne-ben Cholestase-Reaktionen („Pillen-Cholestase", ähnlich der genetisch fundierten, sehr seltenen Schwan-gerschafts-Cholestase), einer zumin-dest in der Frühphase der Pillenan-wendung erkennbaren Förderung der Gallensteinbildung (Cholesterin-steine), dem Auftreten von Gefäßlä-sionen (Peliosis) und den folge-schweren, mit hoher Letalität bela-steten, unter dem klinischen Bild des Budd-Chiary-Syndroms einherge-henden thrombotisch-obliterieren-den Lebervenenerkrankungen (En-dophlebitis hepatica obliterans) kommt es vor allem zu der Ausbil-dung umschriebener Lebertumoren. Da über die Pfortader die Leber ho-

Interne Abteilung (Chefarzt: Prof. Dr. med. Josef Eisenburg) am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, München

hen Spiegeln von Substanzen, die über den Magen-Darmtrakt resor-biert werden, ausgesetzt ist, ist die Leber auch höheren Ostrogenspie-geln der oral angewandten kontra-zeptiven Steroide ausgesetzt, als zum Beispiel andere Zielorgane, wie etwa der Uterus (Abbildung 1, Tabelle 1).

Im Jahre 1972 berichteten E. Horvath et al. (15) und kurz darauf J. Baum et al. (3) erstmals über das Auftreten gutartiger Lebertumoren bei jungen Frauen, die über längere Zeit kontrazeptive Steroide einge-nommen hatten. 1977 konnte an drei umfangreichen klinischen Langzeit-Studien an großen Patientenzahlen eindeutig gezeigt werden, daß unter Anwendung oraler kontrazeptiver Steroide ein gesteigertes Risiko ei-ner Ausbildung benigner Leberzell-tumoren besteht, und zwar in Ab-hängigkeit von der Dauer der Hor-monmedikation und der Hormon-menge und Art (1, 20, 16).

Epidemiologie und Beziehung zu kontrazeptiven Steroiden

Vor der Anwendung kontrazep-tiver Steroide waren hepatozelluläre Adenome äußerst selten. So fand Edmondson im Sektionsgut des Los Angeles-Country Hospital während

der Jahre 1918 bis 1954 unter 50 000 Sektionen nur zwei derartige Leber-tumoren (8). Seit den frühen 70er Jahren nahmen jedoch Mitteilungen über derartige Tumoren bei Frauen im geschlechtsreifen Alter, die über mehrere Jahre orale kontrazeptive Steroide angewandt hatten, laufend zu. Ähnliche Beobachtungen konn-ten wir im eigenen Laparoskopie-Krankengut machen (9).

Obwohl solche Beobachtungen einer Assoziation — zumal bei der häufigen Anwendung der „Pille" und dem seltenen Auftreten dieser Kom-plikation — für sich allein nicht kritik-los als Beweis einer Entstehungsur-sache gelten können, sprechen doch zahlreiche Gegebenheiten für einen Ursachenzusammenhang. Literatur-berichte und eigene Langzeitbe-obachtungen über Verkleinerungen beziehungsweise Rückbildung nach Absetzen der „Pille", Rezidive nach operativer Entfernung bei anschlie-ßender weiterer Anwendung dieser Hormone oder ausbleibende Rezi-divbildung nach Absetzen der Medi-kation, die Häufung bei Verwendung von Pillen mit hohem Hormongehalt und der wiederholt belegte Zusam-menhang mit der Dauer der Pillen-einnahme sowie die wiederholt be-obachtete Größenzunahme solcher Tumoren während der Schwanger-schaft sind neben der Tatsache, daß

88, Heft 18, 2. Mai 1991 (45) A-1569 Dt. Ärztebl.

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solche Tumoren überwiegend wäh­rend der geschlechtsaktiven Lebens­phase aufzutreten pflegen, klinische Argumente für eine zumindest mit­verursachende Bedeutung der Ste­roide beim Zustandekommen hepa­tozellulärer Adenome.

Auch die Beobachtung von Le­bertumoren im Zusammenhang mit hormonproduzierenden Geschwül­sten endokriner Organe läßt einen unmittelbaren ursächlichen Zusam­menhang erkennen. Die kürzliche Beobachtung eines gleichzeitigen Auftretens von Leberzelladenom und FNH (fokale noduläre Hyper­plasie) bei östrogenbehandelten Pa­tientinnen sowie bei nichtbehandel­ten Patienten, bei denen im Gefolge endokrin aktiver Tumorbildungen (?um Beispiel Hodentumoren) hohe Ostrogen- und/oder Androgenspie­gel vorhanden sind, läßt, ähnlich wie die Beobachtung des Auftretens von Lebertumoren bei mit androgenen oder anabolen Steraiden behandel­ten Leistungssportlern diesen Hor­monen über eine bloße zufällige As­soziation hinaus die Bedeutung ei­nes Verursacherprinzips zuerkennen (12, 4).

Die Leber des Menschen ist ein hormonsensitives Organ. Die An­sprechbarkeit auf Hormone setzt das Vorhandensein von Rezeptoren vor­aus, das heißt von Proteinen, die die Hepatozyten auf zirkulierende Hor­monspiegel "ansprechbar" machen (25, 7, 2). Im Zytosol und in K.~rnen von Leberzellen finden sich Ostro-

Tabelle 1: Laborchemische Veränderungen unter ovulostatischer Antikonzeption

1. Vermehrung von Transportproteinen a) Coeruloplasmin b) Transferrin c) thyroxinbindendes Protein d) kortisolbindendes Protein e) aldosteronbindendes Protein

2. Vermehrung der Gerinnungsfaktoren VII-X Verminderung der Serum-Anti thrombin-III-Aktivität

3. Aktivitätssteigerung von LAP y-GT

selten SGOT SGPT

oder AP

4. Verminderung der Cholinesterase und des Albumins 5. Bromthalein-Retention 6. Anstieg der Phospholipide und Triglyzeride 7. Pathologische Glukosetoleranz

gen-Rezeptoren, das heißt östrogen­bindende Proteine von hoher Östro­genaffinität. Sexualhormon-Rezep­toren konnten auch in unterschiedli­chen benignen und malignen Leber­tumoren nachgewiesen werden, dar­unter vor allem bei FNH und Leber­zelladenomen, die unter oralen kon­trazeptiven Steraiden aufgetreten waren (18, 24, 28).

Innerhalb von Adenomen wer­den gelegentlich umschriebene Zell­atypien beobachtet, was die Frage nach maligner Entartung solcher pri­mär gutartigen gefäßreichen Ge-

websveränderungen aufwirft (19, 11, 14, 5). Zumindest ein tumorwachs­tumsfördernder Effekt synthetischer Östrogene muß auch aufgrund zahl­reicher tierexperimenteller Studien angenommen werden (27) . Alkohol­Abus~s scheint eine Vermehrung von Ostrogen-Rezeptoren im Zyto­sol von Leberzellen beim Menschen zu verursachen, was unter anderem auch als ein ursächlicher Faktor für das Zustandekommen der Femini­sierung beim alkoholgeschädigten männlichen Patienten angesehen wird (29, 30, 26, 23) und vielleicht auch die eigene Beobachtung einer Häufung von Leberzelladenomen bei Pillenanwendung und gleichzeiti­gem Alkohol-Abusus anders deuten läßt.

Abbildung I : Potentielle Nebenwirkungen hormoneller kontrazeptiver Steroide auf die Leber

Östrogene spielen auch bei der Leberzellregeneration eine entschei­dende Rolle. Tierexperimentell (Ratte) fand sich nach partieller He­patektomie bereits nach sechs Stun­den ein .. starker Anstieg (8fach) des Serum-Ostradiol-Spiegels, noch vor Einsetzen der DNA-Synthese. Die Hypothese, wonach die Östrogene bei der Ingangsetzung der Leberzell­regeneration von Bedeutung sind, wird gestützt durch den Nachweis der Östrogen-Rezeptor-Translokati­on zum nukleären Akzeptor-Ort vor Beginn der DNA-Synthese (17). C>

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Abbildung 2: Adenom am rechten Leber-lappen (11 Jahre Pilleneinnahme)

Abbildung 3: Großes, gestieltes Adenom an der Unterseite des rechten Leberlappens (13 Jahre Pilleneinnahme)

Abbildung 4: Laparoskopisches Bild einer fokal-nodulären Hyperplasie am linken Le-berlappen (8 Jahre Pilleneinnahme)

können zuweilen Kopfgröße errei-chen. Manchmal sind die Adenome gestielt (Abbildung 3). Elektronenop-tisch finden sich kaum Unterschiede zwischen Adenomzellen und norma-len Leberzellen.

Bei der fokalen nodulären Hy-perplasie (FNH) handelt es sich um unterschiedlich große, mehr rundli-che oder ovale, sehr gefäßreiche, umschriebene knotige, zum Teil der-be Tumorbildungen, die in einer sonst normalen Leber in der Regel sehr oberflächennah liegen und da-

Auch die Beobachtung des Auf-tretens eines Hepatoblastoms bei ei-nem Neugeborenen, dessen Mutter während der Schwangerschaft drei Monate lang kontrazeptive Steroide eingenommen hatte (18-Methyl-No-retisteron) sollte in Zukunft bei der ärztlichen Beratung von Frauen Be-rücksichtigung finden (21). Auch wenn man den Östrogenen keine di-rekte mutagene kanzerogene Wir-kung zuerkennt, so muß doch die Möglichkeit diskutiert werden, daß Östrogene ein Onkogen oder ein la-tentes Retrovirus beziehungsweise ein Hepatitis-Virus, das bereits in ein Leberzellgenom integriert ist, ak-tivieren (13, 6).

Pathologie der leberzellgeweblichen Veränderungen

Die Leberzelladenome sind zum Zeitpunkt der Diagnosestellung meist relativ große, sehr gefäßreiche Tumoren von gummiartiger Konsi-stenz und von hellerer roter Farbe als das umliegende, normale Leber-gewebe. Das Adenom ist gegenüber der normalen Leber deutlich abge-grenzt und wächst nie invasiv. Meist erreichen die Adenome, die in bei-den Leberlappen vorkommen kön-nen, die Leberoberfläche und sind daher bei der laparoskopischen Un-tersuchung gut erkennbar (Abbil-dung 2).

Das histologische Bild ist cha-rakterisiert durch einzellige Lagen reifer Leberzellen ohne die typische Organisation in Läppchen mit Por-talfeldern und Zentralvenen. Gallen-gänge fehlen. Charakteristisch ist ei-ne schaumige Struktur des Zytoplas-mas und ein relativ hoher Glykogen-gehalt der Epithelzellen bei unter-schiedlicher Kerngröße der Leber-zellen. Entzündliche Reaktionsvor-gänge, fibröse Vernarbungen oder Regenerationsphänomene fehlen ebenso wie die für das Leberzell-Karzinom typischen Kernatypien, Mitosen oder intrazytoplasmatische Galleproduktion. Alpha- 1 -Fetopro-tein läßt sich im Tumor nicht nach-weisen, ebenso keine intravasale Tu-morinvasion. Die Adenomknoten

her — ähnlich wie die Adenome —durch eine laparoskopische Untersu-chung sehr zuverlässig diagnostiziert werden können (Abbildungen 4 und 5). Sie sind von der Konsistenz her wesentlich derber als das umgebende normale Lebergewebe und von rot-brauner bis gelb-brauner Oberflä-chenfarbe. Am Schnittpräparat fällt vor allem die Knotenbildung auf mit Ausbildung breiter bindegewebiger Septen, die sich von einer zentralen sternförmigen Narbe aus gliedern. Feingeweblich ist der Tumor aus knotenförmig angeordneten, normal reifen Leberzellen aufgebaut, wobei die Leberzellplatten keinen Läpp-chenaufbau erkennen lassen, son-dern — analog Regeneratknoten — mehrlagig sind mit dazwischenlie-genden Kupfferzellen und unter-schiedlich breiten fibrösen Faserzü-geln, in denen sich proliferierte Gal-lenkapillare finden können und vor allem sehr dickwandige arterielle und venöse Gefäße mit zuweilen mu-koider Mediadegeneration.

Die Tumoren finden sich meist solitär, selten multipel, zwischen 1 bis 20 cm Größe, manchmal — ähn-lich wie Adenome — gestielt. Die ei-genartigen Gefäßveränderungen leg-ten die Vermutung nahe, daß primä-re Gefäßveränderungen im Sinne ei-ner Gefäßmißbildung mit arterio-ve-nösen Anastomosen und lokal beton-ter Wucherung aller am Aufbau der Leber beteiligten Strukturen eine Rolle spielen könnten (Abbildung 6).

Diagnose

Leberzelladenome und FNH-Tumoren werden nicht selten spät, wenn die Tumore bereits eine zum Teil beachtliche Größe erreicht ha-ben, erstdiagnostiziert. Die Smpto-matologie kann sehr unterschiedlich sein. Eine lange symptomlose Ent-stehungszeit ist die Regel. Gelegent-lich findet man bei Patienten rechts-seitige Oberbauchbeschwerden, die denen bei einer Cholezystitis ähnlich sein können. Wenn daher bei einer Patientin in geschlechtsreifem Alter mit akuten rechtsseitigen Ober-bauchbeschwerden eine Cholezysti-tis vermutet wird, sollte immer auch die Möglichkeit eines Leberzellade-

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Abbildung 5: FNH-Resektionspräparat

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noms oder einer fokalen nodulären Hyperplasie bedacht werden, beson-ders, wenn die biochemische Patho-logie mit der Einnahme von Ovulati-onshemmern vereinbar ist.

Zufallsentdeckungen durch Selbstuntersuchung („harter Leib") oder durch körperliche Untersu-chung anläßlich eines Arztbesuches aus anderer Ursache sind keine Sel-tenheit. Schmerzen in der Leber-gegend während oder nach einer Schwangerschaft beziehungsweise Entbindung können durch Einblu-tung in den Tumor verursacht sein. Bei zwei unserer 50 betreuten Pa-tientinnen fanden sich menstruati-onsabhängige Schmerzen in der Le-bergegend. Ein Hgb-Abfall kann er-ster Hinweis für eine solche Kompli-kation sein. Im Falle einer Ruptur bestehen Zeichen eines akuten Ab-domens mit Blutungsschock. Zuwei-len kündigt sich eine solche Ruptur bei protrahierter Blutung in den Tu-mor durch zunehmende rechtsseiti-ge Oberbauchschmerzen, manchmal mit Ausstrahlung in den Rücken oder in die rechte Schulter an. In an-deren Fällen kann infolge einer sol-chen Adenomruptur ein lebensbe-drohlicher Blutungsschock Erstsym-ptom des Tumors sein.

Bezüglich der klinischen Sym-ptomatik lassen sich - nach eigener Erfahrung an 50 Beobachtungen -ganz allgemein vier Gruppen unter-scheiden:

• Der Tumor wird durch die Patientin selbst oder durch den hin-zugezogenen Arzt zufällig oder an-läßlich einer Routineuntersuchung oder bei einer Laparotomie aus an-deren Gründen entdeckt. Seit häufi-gerer Anwendung der Sonographie werden solche „Pillen-Tumoren" häufiger als umschriebene Raumfor-derungen beziehungsweise „Fremd-gewebsinfiltrationen" diagnostiziert.

(1) Es bestehen klinische Sym-ptome einer Erkrankung der Gallen-wege oder der Leber wie Ober-bauchbeschwerden, Inappetenz, Er-brechen, Meteorismus. Meist wird bei solchen Frauen die Diagnose ei-ner Cholezystitis oder einer Chole-lithiasis gestellt. Koexistentes Vor-kommen von Gallensteinen kann die richtige Diagnose verschleiern. Cho-lezystitis oder Cholelithiasis sind

Abbildung 6: Histologie bei fokal-nodulärer Hyperplasie

Abbildung 7: FNH im CT-Bild mit Kontrast-mittel

hierbei die häufigsten Fehldiagno-sen. Die Anwendung der Sonogra-phie kann heute - im Gegensatz zu früher - manche fehlinduzierte La-parotomie verhindern helfen.

O Zeichen eines akuten Abdo-mens mit Schock infolge Tumorrup-tur mit lebensbedrohender intraab-domineller Blutung. Solche akute Tumorruptur wird nicht selten im Zusammenhang mit oder in unmit-telbarem Anschluß an eine Geburt beobachtet.

O Im Falle einer malignen Um-wandlung eines solchen tumorösen Prozesses finden sich die klassischen

Zeichen einer konsumierenden Er-krankung mit welchselndem Fieber, Schmerzen im rechten Oberbauch, Inappetenz und gelegentlich para-neoplastischen Symptomen.

Die klinisch-chemischen Leber-funktions- und Integritätsproben entsprechen den unter der Pillen-Anwendung typischen Normabwei-chungen und geben in der Regel kei-nerlei Hinweis auf eine Tumorent-wicklung (Tabelle 1). Wenn - wie es nicht selten der Fall ist - der Tumor längere Zeit nach Absetzen der Kon-trazeptiva erstmals manifest wird, sind derartige laborchemische Hin-weiszeichen ohnehin nicht mehr ge-geben. Bei 50 eigenen Partientinnen, die wir zum Teil über 20 Jahre ver-folgen konnten, war noch am ehe-sten eine isolierte geringfügige Erhö-hung der Gamma-GT als unspezifi-scher Hinweis auf einen Krankheits-prozeß an der Leber gegeben. Ami-notransferasen, aP, Cholinesterase, G1dH und Elektrophorese liegen -solange keine Komplikation einge-treten ist - im Normbereich. Auch Alpha-l-Fetoprotein und CEA blei-ben - solange keine maligne Entar-tung einsetzt - im Normbereich. Ein Anstieg des Alpha-l-Fetoproteins kann Hinweis auf eine maligne Ent-artung sein. In drei eigenen Beob-achtungen fanden wir innerhalb von sechs bis 24 Monaten zum Teil extre-me Erhöhungen des AFP, in einem Fall bis zu 250 000 IU/ml.

Die Diagnose kann am zuverläs-sigsten durch kombinierte Anwen-dung von Sonographie, Computerto-mographie einschließlich Kontrast-mittel-CT oder Angio-CT und durch die Laparoskopie gestellt werden. Die laparoskopische Untersuchung bietet die höchste Spezifität; sie er-laubt zuverlässig, das Adenom von der FNH zu unterscheiden, gestattet, Mehrfachbildungen zu lokalisieren, allfällige Verklebungen mit Umge-bungsstrukturen (selten) aufzuzei-gen und im Zweifelsfall auch durch (vorsichtige) gezielte Gewebsent-nahme eine histologische Diagnose zu stellen oder eine fokale maligne Umwandlung zu objektivieren. We-gen der sehr starken Vaskularisa-tion, vor allem der Adenome, ist ei-ne Gewebeprobeentnahme - wenn überhaupt - nur unter äußerster

A-1574 (50) Dt. Ärztebl. 88, Heft 18, 2. Mai 1991

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KRKH DER BARMHERZIGEN BRUEDER MUC

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Vorsicht und Sicht oder mit einer dünnen Entnahmenadel zu empfeh-len (Abbildungen 7, 8 und 9).

Komplikationen

Schwerwiegendste akute Kom-plikation des Leberzelladenoms ist die Ruptur. In einer Auswertung von 78 Erkrankungsfällen waren solche lebensbedrohenden Blutungen bei 25 Prozent der Patientinnen Erst-symptom gewesen. Neun Patientin-nen starben im akuten Blutungs-schock.

Im eigenen Krankengut (50 Pa-tientinnen) war in drei Fällen eine solche akute Ruptur mit lebensbe-drohliche Symptomatik aufgetreten. In zwei Fällen trat das Blutungser-eignis zehn beziehungsweise 14 Tage nach einer jeweils normalen Entbin-dung von einem gesunden Kind auf. Mutmaßlich war es während der Ge-burtswehen (Pressen) zu einer Ein-blutung in den Tumor mit fortdau-ernder Sickerblutung und — analog einer zweizeitigen Leber — bezie-hungsweise Milzruptur — schließlich zu dieser Ruptur gekommen Ganz allgemein besteht bei Adenomen we-gen der oft extremen Vaskularisation und der fehlenden Bindegewebskap-sel eine wesentlich größere Blu-tungs- und Rupturgefahr als bei den bindegewebsreichen fokal-nodulären Tumorbildungen.

Eine weitere — glücklicherweise sehr seltene — Komplikation stellt zweifellos die maligne Transformati-on dar. Im eigenen Krankengut war

bei drei Patientinnen unter unserer Beobachtung im Verlauf mehrerer Jahre aus einer vorher laparosko-pisch und histologisch gesicherten FNH ein hochmalignes Hepatobla-stom entstanden. Subjektiv besteht dabei ein zunehmendes Krankheits-gefühl mit Auftreten von Schmerzen oder Druckgefühl in der Leberge-gend, manchmal Fieber und Ge-wichtsabnahme. Auch eine Hämobi-lie wurde durch Blutung über die Gallenwege beobachtet. Laborche-misch waren eine Eisenmangelan-ämie sowie eine Leukozytose auffäl-lig. Im Falle einer solchen malignen Transformation kommt es in der Re-gel auch zum Anstieg der alkalischen Phosphatase, der LDH und der Gamma-GT. Diagnostisch mitent-scheidend war in jedem Fall die rasch zunehmende Erhöhung des Al-pha-l-Fetoproteins, in einem Fall über 250 000 IU/ml.

Prognose

Die Prognose der fokalen nodu-lären Hyperplasie und des Leberzell-adenoms ist, gesamthaft betrachtet, gut. Eine spontane Rückbildung oder Verkleinerung nach Absetzen der kontrazeptiven Medikation ist bei beiden Formationen selten be-schrieben. In jedem Fall ist bei sol-chen Läsionen die weitere Anwen-dung von Sexualhormonen und ana-bolen Steroiden kontraindiziert. Auch eine Schwangerschaft bedeutet infolge der gesteigerten Leberdurch-blutung ein Blutungsrisiko. Die Rup-

Abbildung 8: Sonographisches Bild der Le-ber bei FNH. Ca. 5,5 ein 0 messender FNH-Tumor im rechten Leberlappen, bis zur V. cava reichend

tur eines Leberzelladenoms in der Spätschwangerschaft, kurz vor dem errechneten Geburtstermin, wurde ebenso beschrieben wie eine Ruptur 14 Tage bis drei Wochen nach der Entbindung. Im Falle einer Blutung ist die Prognose äußerst ernst; sie ist weitgehend vom Zeitpunkt und der Güte der operativen Versorgung, das heißt aber auch von der Frühdiagno-se abhängig. Auch im Falle einer ma-lignen Transformation ist die Pro-gnose ohne Frühoperation infaust. Die vorgenannten drei von uns be-treuten Patientinnen mit maligner Entartung waren sechs bis 16 Mona-te nach Diagnosestellung und Ope-ration beziehungsweise Lebertrans-plantation am Tumorrezidiv oder an den Metastasen verstorben.

Behandlung

Obwohl Adenome und fokale noduläre Hyperplasie-Tumoren in der Regel komplikationslos bleiben und obgleich über Rückbildung sol-cher Tumoren nach Absetzen der kontrazeptiven Steroide berichtet wurde, leben die Patientinnen unter der ständigen Gefahr und Angst ei-ner Leberruptur mit Verblutung. Daneben muß auch die vorgenannte - wenn auch äußerst seltene - mali-gne Entartung bedacht werden.

Selbst bei klinisch symptomlosen Fällen scheint daher die operative

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Behandlung und Resektion des Tu-mors die Methode der Wahl zu sein, vorausgesetzt, die Lage des Tumors läßt dies gut zu. Bei solitären, klei-nen, oberflächlichen oder gar gestiel-ten Adenomen ist die Operation un-problematisch. Zuweilen ist eine Re-sektionsbehandlung eines oder meh-rerer anatomischer Segmente erfor-derlich.

Bei inoperablen malignen Tu-moren ist auch die Möglichkeit einer Embolisation im Verein mit der An-wendung von Zytostatika über einen implantierten Port zu erwägen. We-gen der Beobachtung von Größenzu-nahme solcher Tumoren oder von Ruptur unter beziehungsweise nach Schwangerschaft und Entbindung sollte eine Schwangerschaft unter al-len Umständen vermieden werden. Wichtig ist auch die Meidung weite-rer Kontrazeptiva, selbst wenn ein Adenom oder eine FNH reseziert worden war. Da bei der fokalen no-dulären Hpyerplasie Blutungen we-senlich seltener zu erwarten sind, ist hier die Indikation zum operativen Vorgehen wesentlich zurückhalten-der zu stellen. Schon aus diesen ge-nannten Unterschieden ist die Ab-grenzung dieser beiden histologisch gutartigen Tumoren voneinander wichtig. Selten kann eine operative Behandlung auch aufgrund der Grö-ße des Tumors mit Verdrängungser-scheinungen (in einem Fall über 2000 g) nötig werden.

Inwieweit es in Zukunft möglich sein wird, vor Anwendung oraler kontrazeptiver Steroide oder ande-rer Keimdrüsenhormone durch Un-tersuchung von Östrogen- bezie-hungsweise Androgen-Rezeptoren in Präparationen von Kernen oder Zytoplasma eine individuell beson-dere „Empfindlichkeit" zur Entwick-lung solcher Tumoren festzustellen und eventuell eine Vorhersage über ein mögliches Wirkprinzip von anti-androgenen Stoffen bei bereits vor-handenen Tumoren einzusetzen, bleibt abzuwarten. Vorerst sollten orale kontrazeptive Steroide eher kurzzeitig angewandt werden. Das Wissen um die Möglichkeit der Ent-wicklung solcher Tumoren bei Frau-en unter kontrazeptiven Steroiden, besonders die Häufung solcher Tu-moren nach mehrjähriger Anwen-

dung der Pille, sollte es jedem Arzt zur Pflicht werden lassen, solche Pa-tientinnen mindestens in halbjährli-chen Abständen zu untersuchen und bei entsprechendem Verdacht wei-terführende diagnostische Maßnah-men wie Sonographie oder Compu-tertomographie, einzusetzen. Viel-fach genügt es, die Patientinnen auf-zuklären und sie zur Selbstuntersu-chung anzuleiten. Für den Arzt ist es wichtig, an diese Möglichkeit zu den-ken und bei jungen Frauen mit rechtsseitigen Oberbauchbeschwer-

Abbildung 9: Gestielte FNH-Bildung, die sich aus der Unterseite des rechten Leber-lappens heraus entwickelt

den nicht nur an die Cholezystitis oder Cholezystolithiasis beziehungs-weise ein irritables Kolon zu denken, sondern auch an die Möglichkeit ei-nes Leberzelladenoms oder einer fo-kalen nodulären Hyperplasie eventu-ell eines unter Steroid-Therapie grö-ßer gewordenen Hämangioms. Bei der Differentialdiagnose des akuten Abdomens sollte bei Frauen im ge-schlechtsreifen Alter auch an die Möglichkeit eines rupturierten Le-beradenoms gedacht werden, beson-ders, wenn ein solches lebensbedro-hendes Ereignis im Anschluß an eine Entbindung auftritt.

Die potentiellen Gefahren aus der Exposition gegen Östrogene sind nicht nur über die zunehmend häu-figere Langzeitanwendung solcher Hormone durch die oralen kontra-zeptiven Steroide gegeben, sondern auch über die Zufuhr solcher Östro-gene, die als wachstumsfördernde Stoffe bei der Tiermast über Fleisch und Fleischprodukte zugeführt wer-den. Die tumorinduzierende Wir-kung der Östrogene ist in Tierexperi-menten belegt, vor allem auch die

Wirkung als Promotor eines Tumor-wachstums im Verein mit anderen Karzinogenen, wie sie heute vielfäl-tig auf den Menschen einwirken.

Da inzwischen, wegen der be-kanntgewordenen Nebenwirkungen, die in den Präparaten der früheren Jahre relativ hohen Dosen der Östrogen-Komponenten der Anti-kontrazeptiva (0,1 bis 0,05 mg/die) reduziert wurden (0,05 bis 0,03 mg/ die), wird eine vergleichende Bewer-tung mit den derzeit gebräuchlichen Präparaten erschwert. Tendenzmä-ßig scheint sich — zumindest im klini-schen Alltag — die Zahl von an Pil-lentumoren erkrankten Partientin-nen während der letzten Jahre —wohl im Zusammenhang mit der re-duzierten Ostrogen- und der redu-zierten und modifizierten Gestagen-Komponente der Pille — zu verrin-gern.

Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonder-druck, anzufordern über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Josef Eisenburg Chefarzt der Internen Abteilung am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Romanstraße 93 W-8000 München 19

A-1578 (54) Dt. Ärztebl. 88, Heft 18, 2. Mai 1991