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DER SUPERSPORTWAGEN SLS AMG ELECTRIC DRIVE Mit dem SLS AMG Electric Drive setzt Mercedes-AMG nicht nur in der Elektromobilität neue Maßstäbe. Mit 552 kW (750 PS) und 1000 Nm ist er der stärkste jemals in Serie gefertigte Mercedes-Benz und gleichzeitig das weltweit schnellste elektrisch angetriebene Serienfahrzeug. Der Allradantrieb ermöglicht radindividuelles Torque Vectoring und bietet eine hohe fahrdynamische Agilität. TITELTHEMA ELEKTROMOBILITäT

Der Supersportwagen SLS AMG Electric Drive

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Page 1: Der Supersportwagen SLS AMG Electric Drive

Der SuperSportwagen SLS aMg eLectric DriveMit dem SLS AMG Electric Drive setzt Mercedes-AMG nicht nur in der Elektromobilität neue Maßstäbe.

Mit 552 kW (750 PS) und 1000 Nm ist er der stärkste jemals in Serie gefertigte Mercedes-Benz und

gleichzeitig das weltweit schnellste elektrisch angetriebene Serienfahrzeug. Der Allradantrieb ermöglicht

radindividuelles Torque Vectoring und bietet eine hohe fahrdynamische Agilität.

TiTelThema ELEkTroMoBiLiTäT

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moTivaTion für einen baTTerieelekTrischen anTriebssTrang

Mit dem SLS AMG entwickelte Mercedes-AMG 2009 den Nachfolger des legendären Flügeltürers. Die 420 kW des 6,3-l-V8- Frontmittelmotors und der Transaxle-Antrieb mit Siebengang-Doppelkupplungs-getriebe ermöglichen Fahrleistungen von 0 auf 100 km/h in 3,8 s.

Ziel war die Entwicklung eines Super-sportwagens mit alternativer Antriebs-variante, die der Performance des reinen Verbrennermodells möglichst nahe kommt. Vergleicht man hierbei konkur-rierende Systeme wie reine Kraftstoff-alternativen, Hybridantriebe in verschie-denen Ausprägungen, einen batterie-elektrischen Antrieb und Brennstoffzelle miteinander, so ist bei batterieelektrischen Antrieben derzeit ein klares Optimum zwischen Leistungsgewicht der Kompo-nenten, möglichen Performancedaten auf Fahrzeugniveau, Emissionsvorteilen und Entwicklungs- und Herstellkosten zu ver -zeichnen. In Kombination der Parameter ist ein Leistungsniveau analog reiner Verbrennungsmotoren nur mit Elektro-antrieb und Hochvoltbatterie darstellbar.

fahrzeugkonzepT

Durch die radnahe Anordnung von vier kompakten Permanentmagnet-Synchron-Elektromotoren werden ungefederte Mas -sen gegenüber Radnabenmotoren erheb-lich reduziert. Achsweise sind jeweils zwei E-Maschinen an ein Getriebe mon-tiert – diese sind an Vorder- und Hinter-achse bis auf die Parksperre identisch. Die einstufigen Übersetzungen arbeiten radindividuell, Differenzialfunktionen sind elektronisch geregelt. Mit dieser Lösung arbeiten alle E-Maschinen unab-hängig voneinander und eine echte rad-individuelle Drehmomentregelung wird möglich: die sogenannte AMG Torque Dynamics (ATD).

Bei der Auswahl und Entwicklung der Komponenten und des Fahrzeug-pack ages lag besonderes Augenmerk auf Gewicht, Gewichtsverteilung und Schwer-punktlage. Durch Materialleichtbau und integrierten Leichtbau wurden wesentli-che Gewichtspotenziale gehoben. In den Bauräumen des ehemaligen Transaxle-Antriebes wurden die E-Maschinen, die Getriebe und die Hochvoltbatterie tief unten im Fahrzeug positioniert, die Bat-terie liegt crashsicher im Mitteltunnel des Fahrzeugs. Das führte zu einer Ab-senkung des Schwerpunktes um mehr als 20 mm gegenüber dem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor und einer Gewichts-verteilung von vorn 47 % und hinten 53 %. Eine Übersicht der technischen Fahrzeugdaten zeigt ❶.

ausführung des rohbaus als inTegrierTer leichTbau

Die Rohbaustruktur des SLS AMG Coupé Electric Drive ist fester Bestandteil der „AMG Lightweight Performance“ ge -nannten Strategie. Die Batterie findet ihren Platz in einem Carbon-Monocoque, das wesentlicher Bestandteil und Rück-grat des Flügeltürers ist. Das Package des rein elektrischen Antriebs wurde bereits in der Rohbauentwicklung und der Kon-zeptphase des Fahrzeugs berücksichtigt und bietet optimale Voraussetzungen für die Integration des leistungsfähigen und lokal emissionsfreien Technologiepakets.

Um den Anforderungen aus dem Pack -age, insbesondere denen der Hochvolt-komponenten, gerecht zu werden, ist der Einsatz von Carbonverbundwerkstoffen als Leichtbaumaterial im Automobilbau

unabdingbar. Die Vorteile sind eine hohe Festigkeit, die extrem steife Strukturen in Bezug auf Torsion und Biegung er -möglicht, hervorragende Crashperfor-mance sowie geringes Gewicht. ❷ zeigt den Materialmix, der beim integrierten Leichtbau zum Einsatz kommt. Mithilfe einer industriell wirtschaftlich angelehn-ten Fertigung von Großserien orientierten Stückzahlen konnten etwa 20 % der hyb-riden Rohbaustruktur aus kohlefaserver-stärkten Kunststoffen realisiert werden. Auch die Faserverbundstoffe haben ihren Ursprung unter anderem in der Formel 1. Für die Konstruktion des Monocoques werden zielgerichtet die Vorteile von koh -lenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK) genutzt. Bei gleicher Stabilität sind Bauteile aus Carbon bis zu 50 % leichter als vergleichbare aus Stahl gefertigte Komponenten. Gegenüber Aluminium beträgt die Gewichtseinsparung etwa 30 % bei weitaus geringerer Materialstärke. Die Gewichtsvorteile durch das Batterie-Carbon-Monocoque unterstützen die Agilität des SLS AMG Coupé Electric Drive und ermöglichen in Kombination mit dem radselektiven Vierradantrieb ein dynamisches Fahren.

cfk-housing

Kernstück der Rohbaustruktur ist ein aus CFK gefertigter Mitteltunnel, der kons-truktiv in die Rohkarosserie aus Alumi-nium integriert und fest mit ihr verklebt ist. Das hochfeste und steife CFK-Bauteil sorgt für geringes Gewicht – und somit mehr Reichweite – und dient gleichzeitig als Monocoque-Gehäuse für die Batterie-module. Das Batterie-Carbon-Monocoque ist überdies als sogenannte „Zero Intru-sion Cell“ für höchste Anforderungen an Crashsicherheit ausgelegt. Es schützt die Batteriemodule im Inneren vor Verfor-mungen und Beschädigungen im Falle eines Crashs mit entsprechender dyna-mischer Einwirkung. Der Laminataufbau der CFK-Struktur wurde strukturgerecht auf die Belange der relevanten Crashlast-pfade ausgelegt und an das Batterie-Package im Mitteltunnel angepasst. Die Lastpfade für die Aufnahme von Kräften im Front- und Seitenaufprall zeigt ❸.

liThium-ionen-hochvolTbaTTerie

Die Hochvolt-(HV)-Batterie ist das Ergeb-nis der Entwicklungskooperation von

AuTorEN

Jan feusTelist Leiter Advanced Technologies bei

Mercedes-AMG in Affalterbach.

sTefan lang ist Entwicklungsprojektleiter Antrieb bei Mercedes-AMG in Affalterbach.

morris hand ist Entwicklungsprojektleiter Fahrzeug

bei Mercedes-AMG in Affalterbach.

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Mercedes-AMG und Mercedes AMG High Performance Powertrains in Brixworth (Großbritannien), wobei die Formel-1- Experten vom großen Know-how mit Kers-Hybrid profitierten. Die wichtigsten Daten der HV-Batterie im SLS AMG Electric Drive zeigt ❹ im Überblick.

Intelligentes Zell- und Modularrange-ment spart Gewicht, Bauraum und Kos-ten. Die HV-Batterie besteht aus drei Ein-zelbatterien, welche im Fahrzeug parallel an das HV-System angebunden werden. Jede dieser Einzelbatterien wird aus vier baugleichen HV-Batteriemodulen (zwölf im Fahrzeug) zusammengesetzt, deren Arrangement und Design trotz kosteneffi-zienter, hoher Gleichteilerate exakt für den zur Verfügung stehenden Bauraum optimiert wurden. Jedes dieser Module besteht aus einem Aluminiumgehäuse, welches 24 in Reihe geschaltete Lithium-Ionen-Zellcluster, eine Kühlungseinrich-tung sowie Zelltemperatur- und Zell-spannungsüberwachungselektronik be -inhaltet. Jedes Zellcluster ist wiederum aus drei Lithium-Ionen-Zellen zusammen-gesetzt, die parallel verschaltet sind, ❺. Die parallele Verschaltung der drei Lithium-Ionen-Zellen und die Reihen-schaltung der Clusterverbindung in den Modulen werden mittels einer Doppel-gabel mit jeweils drei Zellabgriffen in Z-Form in nur einem Bauteil kombiniert. Diese Konstruktion macht die Zellanord-nung in einem HV-Batteriemodul äußerst kompakt, gepaart mit der direkt kontak-tierenden Elektronik zur Zelltemperatur- und Zellspannungsüberwachung. Die Kontaktierung und die Halterung finden auch über die zuvor erwähnte Doppelga-bel statt, die die Höhe des HV-Batteriemo-duls auf ein Minimum reduzieren lässt.

Durch den Einsatz von Leichtbauwerk-stoffen und konsequenter Gewichtoptimie-❶ Übersicht über die technischen Fahrzeugdaten

e-maschinen

Typ Vier Permanentmagnet-Synchron-Elektromotoren

Höchstleistung [kW] 552 (4 x 138)

Nenndrehmoment [Nm] 1000 (4 x 250)

Max. Drehzahl [min] 13.000

krafTüberTragung

Antrieb Allradantrieb mit AMG Torque Dynamics

Getriebe Einstufig, an der Hinterachse mit Parksperre

fahrwerk

Vorderachse

Aluminium-raumlenkerachse in Pushrod-Technik,

Bremsmomentabstützung, Schraubenfedern,

Gasdruckstoßdämpfer, Stabilisator

Hinterachse

Aluminium-Doppelquerlenkerachse, Anfahr- und

Bremsmomentabstützung, Schraubenfedern,

Gasdruckstoßdämpfer, Stabilisator

Bremsanlage

keramik-Verbundscheibenbremsen rundum belüftet und

perforiert, elektrische Feststellbremse hinten, ABS,

Bremsassistent, ESP

LenkungZahnstangen-Servolenkung mit Parameterfunktion,

Lenkungsstoßdämpfer

Felgen vorn: 9,5 J x 19; hinten: 11 J x 20

reifen vorn: 265/35 r 19; hinten: 295/30 r 20

masse und gewichTe

radstand [mm] 2680

Spurweite vorne/hinten [mm] 1682/1651

Gesamtlänge [mm] 4638

Gesamtbreite [mm] 1939

Gesamthöhe [mm] 1262

Wendekreis [m] 13,4

Gewicht fahrfertig nach DiN [kg] 2095

fahrleisTungen und reichweiTe (nach vda-messmeThode, alle angaben vorläufig)

Beschleunigung 0-100 km/h [s] 3,9

Höchstgeschwindigkeit [km/h] 250 (elektronisch begrenzt)

reichweite NEFZ gesamt [km] 250

C02-Emissionen [g/km] 0

❷ Verschiedene Materialien fanden im SLS AMG Electric Drive Verwendung (Angaben in %)

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rungsmaßnahmen jedes einzelnen Bauteils innerhalb der HV-Batterie konnte ein spezi-fischer Energieinhalt von 109 Wh/kg erzielt werden. Selbst die Lithium-Ionen-Zelle wurde hier berücksichtigt: Durch vielzäh-lige Entwicklungs- und Validierungsschlei-fen unter anderem mit dem Entwicklungs-partner der Zellen konnten sowohl die Dimension als auch die elektrische Leis-tung, der Energieinhalt und die kalendari-sche sowie zyklische Alterung optimiert werden. Ein elektrischer Energiegehalt von 60 kWh, eine maximale elektrische Belas-tungsmöglichkeit von circa 600 kW und ein Gesamtgewicht von 548 kg sind Best-werte im HV-Batterie-Sektor.

Kühlen und Heizen der Lithium-Ionen-Batterie erfolgen durch einen eigens für die HV-Batterie vorgehaltenen Nieder-temperaturkreislauf. Dies erhöht die Ver-fügbarkeit des Fahrzeugs und trägt zur Langlebigkeit der Lithium-Ionen-Zellen bei. Für die Klimatisierung wird ein in der Automobilindustrie üblicher Wasser-Glykol-Mix als Kühlmedium verwendet, welcher die HV-Einzelbatterien individu-ell geregelt durchströmt. Die einzelnen HV-Batteriemodule innerhalb der HV-Einzelbatterien sind hydraulisch parallel durchströmt. Das gewährleistet, dass das Temperaturdelta innerhalb der Einzelbat-terien im niedrigen einstelligen Kelvin-bereich gehalten wird. Diese Verschal-tung verhindert nicht nur, dass die Zellen innerhalb der Einzelbatterien unterschied-lich stark altern, was maßgeblich durch Temperatur und Zyklisierung beeinflusst wird, sondern trägt auch zur nahezu vol-len Ausnutzung der gespeicherten Energie und Leistung bei. Das Kühlmedium wird je nach Anforderung durch einen außer-halb der HV-Batterie platzierten Kühler beziehungsweise HV-Zusatzheizer gekühlt

oder erwärmt. Beim Laden, aber auch bei zu kalter oder zu warmer Batterie ist ein Konditionierungsmodus imple-mentiert, sodass die HV-Batterie nahezu immer in ihrem optimalen Temperatur-bereich gehalten werden kann. Aus-schlaggebend war auch hier, die kalen-darische Alterung der Lithium-Ionen-Zelle positiv zu beeinflussen, also die Langlebigkeit der Zelle zu erhöhen.

Ein maßgeschneidertes Sicherheits-konzept sowie umfangreiche Tests auf Zell-, Modul-, Einzelbatterie- und Ge samtbatterieebene waren wichtige Vo raussetzung für die Implementierung des zuverlässigen Sicherheitssystems der Lithium-Ionen-Batterie: : Position der Lithium-Ionen-Batterie in

einem hochfesten Aluminiumgehäuse sowie zusätzlich in der Zero-Intrusion-Cell aus Carbon und damit Auslegung

für höchste Anforderungen der Crashsicherheit

: Integration einer Interlock-Schaltung zur Erkennung offener HV-Stecker

: Realisierung von HV-Abschaltung der Einzelbatterien mit darauf angepasster Schmelzsicherung, die bei Kurzschlüs-sen im HV-Batteriesystem eine Über-hitzung verhindert

: redundante Erfassung und Auswer-tung sicherheitskritischer Parameter wie Überhitzen, Über-/Unterspannung sowie Überstrom aller Einzelbatterien mit einem eigenen Batteriemanage-mentsystem, um bei Überschreiten der konservativ ausgelegten Grenzen die HV-Batterie vom HV-Netz zu trennen

: Integration einer permanenten Über-wachung des Hochvoltsystems auf Kurzschlüsse gegen Masse durch den Isolationswächter

❸ Lastpfade im Crashfall

❹ Technische Daten der Hochvoltbatterie

hochvolT-baTTerie

aufbauModulbauweise, zwölf Einzelmodule,

aufgeteilt in drei Batteriepacks

zellanzahl 864

zellTechnologie Li-ion

zellkapaziTäT 19 Ah

kühlmedium Wasser-Glykol für Heizen und kühlen

elekTrische leisTung, peak (10 s) [kw] 600

elekTrische leisTung, dauer [kw] 300

energieinhalT [kwh] 60

baTTeriespannung max./min. [v] 400/260

baTTeriespannung nominal [v] 350

baTTeriegewichT [kg] 548

spezifische energiedichTe [wh/kg] 109

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: Implementierung einer Abblaseinrich-tung im Falle eines Überdrucks im HV-Batteriesystem (zum Beispiel für den unwahrscheinlichen Fall einer defek-ten Zelle mit internem Kurzschluss).

das geTriebe im elekTrischen powerTrain

An der Vorder- und Hinterachse kommt jeweils eine neu entwickelte, identische Getriebeeinheit zum Einsatz. Diese besteht aus jeweils zwei Teilgetrieben, die in einem Gehäuse aus Aluminium-guss integriert sind, ❻. Differenziale zum Ausgleich von Drehzahlunterschie-den sind elektronisch realisiert. Auf-grund der E-Maschinen als Antriebs-quelle kann ebenfalls auf eine Drehrich-tungsumkehr zum Rückwärtsfahren im Getriebe verzichtet werden.

Die wesentlichen Schwerpunkte der Entwicklung waren: : Lebensdauer/Robustheit : Auslegung für hohe Schubmomente

(Rekuperation) : geringes Gewicht : hoher Wirkungsgrad und geringe

Schleppverluste : optimaler Ölhaushalt mit geringen

Füllmengen : optimale Getriebeakustik und

Spielreduzierung.Das nicht schaltbare Getriebe verfügt über zwei schräg verzahnte und akustisch optimierte Zahnradstufen (i1 = 2,94; i2 = 2,06) mit einer Gesamtübersetzung von iGes = 6,049, die für optimale Zug-kraft sorgen und zugleich eine Höchstge-schwindigkeit bis über 250 km/h ermög-

lichen. Das maximal zulässige Eingangs-drehmoment beträgt pro Teilgetriebe in Zug und Schub 250 Nm, die maximale Eingangsdrehzahl beträgt 13.000/min. Das durch den Elektromotor eingeleitete Drehmoment wird über eine montage-freundliche Antriebs- beziehungsweise Seitenwelle an das Rad übertragen. Die Eingangs- und Abtriebsseite sind mittels einer Steckverzahnung verbunden.

Die Schmierung im mit synthetischem Öl (<1 l) befüllten Getriebe erfolgt über eine integrierte mechanische Ölpumpe und gewährleistet so zuverlässig die Be -ölung der Bauteile wie Lager und Zahn-räder. Diese ist vor allem auch für den hochdynamischen Grenzbereich ausge-legt. Das Getriebe hat eine Lebensdauer-füllung. Dadurch konnten die Ölmenge und die Panschverluste reduziert werden, um den Wirkungsgrad weiter zu erhöhen. Aufgrund der geringen Verlustleistung und der dadurch kontrollierbaren Wärme-entwicklung gerade bei Extremfahrma-növern inklusive Rundstreckenbetrieb

konnte zudem auf eine aktive Kühlung sowie zusätzliche Kühlrippen am Gehäuse verzichtet werden.

Um das Fahrzeug jederzeit sicher abstellen zu können, ist in der hinteren Einheit eine Parksperrenmechanik integ-riert, welche über einen am Getriebe an -gebrachten Aktuator elektrisch betätigt wird und im Verbund mit der elektrischen Parkbremse allen Sicherheitsanforderun-gen entspricht. Das Gesamtgewicht einer Einheit beträgt lediglich 42 kg, die Bau-länge nur 400 mm.

sicherheiTskonzepT

Das Antriebssystem stellt wegen seiner vier Einzelradantriebe sicherheitstech-nisch höchste Anforderungen, da jedes Rad individuelle Momente stellen kann. Für eine sichere Fahrzeugdynamik stellen dabei die Mechanismen zur Vermeidung und Beherrschung von potenziellen Fehl-funktionen der Antriebseinheiten beson-dere Herausforderungen dar. Dies erfor-dert die Entwicklung von Fehler reaktio-nen, die ein symmetrisches Antriebs- und Bremsverhalten aufrechterhalten bezie-hungsweise rechtzeitig wiederherstellen. Dem Sicherheitskonzept liegt der Ende 2011 veröffentlichte Industriestandard ISO 26262 zugrunde, aus dem sich spe-zielle Anforderungen an die funktionale Sicherheit von elektronisch geregelten Funktionen in Pkw ableiten.

grundlage des sicherheiTskonzepTs

Zu Projektbeginn wurden in einer Ge fahren- und Risikoanalyse alle Fahr -situati o nen für den elektrischen Vierrad-antrieb geprüft und nach ISO-Kriterien bewertet. Als kritisch erwies sich ein ungewolltes einseitiges Brems- oder

❻ Getriebeschnittbild

❺ Aufbau des Batteriepacks

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Beschleunigungsmoment, was zu einer Einstufung die-ser Risiken in den höchsten Automotive Safety Integrity Level (ASIL) D führte.

umseTzung im fahrzeug

Im SLS werden einige Steuergeräte ein gesetzt, die in anderen achsgetriebenen Elekt rofahrzeugen im Daimler-Konzern zum Einsatz kommen sollen, und die nach dem dafür ausreichenden Level ASIL B entwickelt wur-den. Dafür wurde ein spezielles Redundanzkonzept entwickelt. Die beiden nachfolgend beschriebenen Bei-spiele wurden gemäß ISO 26262 umgesetzt.

Mit dem Central Powertrain Controller (CPC) erfolgt die kritische Berechnung der Einzelradmomente paral-lel auf zwei Steuergeräten mit diversitärem Code. Nur bei einer Übereinstimmung der Ergebnisse beider CPCs reagieren die Inverter und damit die Motoren, sonst erfolgt eine Abschaltung. ❼ zeigt das Systemschaubild des Antriebsstrangs in schematischer Übersicht. Außer-dem wird jeder Inverter von seinem Achs partner über-wacht. Bei einer erkannten Differenz von Soll- und Ist-Moment leitet der Achspartner eine Abschaltung ein, ❽.

radindividuelles Torque vecToring

In der Drive Unit (DRVU) befindet sich der elektroni-sche Drehschalter für die Auswahl der drei Fahrpro-gramme, mit deren Hilfe der Fahrer unterschiedliche

❼ Schematische Übersicht des Antriebsstrangs

❽ Achsweise Überwachung der Momentenverteilung

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Leistungsstufen der Elektromotoren ab -rufen kann. Unter den Tastern für Power und ESP on/off befinden sich die Taster für ATD und für das AMG-Setup. Durch das Bedienen der ATD-Taste kann zu -sätzlich der Fahrzustand hinsichtlich der momentenunterstützenden, rad indivi-duellen Ansteuerung beeinflusst werden. Die Rückmeldung zum aus gewählten Fahrprogramm sowie der Momenten-verteilung im Fahrzeug wird über das Anzeigekonzept im Instrumentcluster und der Headunit wiedergegeben, ❾.

funkTionsweise und erlebbarkeiT

ATD optimiert durch radindividuelle Ansteuerung der E-Motoren das fahr-dyna mische Verhalten des Fahrzeugs. Dieses zusätzliche Feature ist kontinuier-lich aktiv und erhöht durch eine intelli-gente Verteilung der Antriebsmomente auf die einzelnen Räder die Fahrzeug-stabilität und Fahrzeugagilität. Jedes Rad kann separat situationsintelligent elektrisch an getrieben und elektrisch gebremst werden, ❿. Dies ermöglicht eine dauerhafte Verbesserung von Fahr-dynamik, Fahrverhalten, Fahrsicherheit und Fahrkomfort. Das An triebs ko n zept im SLS AMG Electric Drive erlaubt über vier radindividuelle E-Motoren den maximal möglichen Freiheitsgrad und setzt so neue Maßstäbe in der Fahrdynamik.

Die Abstufung von ATD ist in drei Fahrprogrammen erlebbar: : Programmstufe C (Controlled Effi-

ciency): Das Fahrzeug ist leicht beherrschbar und untersteuernd

ausgelegt. Erst bei stark überzogener Lenkung wird zusätzlich zur ESP-Rege-lung mithilfe der Torque-Vectoring-Funktionalität ein fahrsicherer und stabilerer Fahr zustand hergestellt.

: Programmstufe S (Sport): Im Sport-Modus ist das Fahrzeug ausgewogen abgestimmt und weist ein nahezu neu-trales Fahrverhalten auf. Fahrdynamik-manöver mit schneller Durchfahrt wer-den aufgrund der Giermomentenunter-stützung beim Einlenken erlebbarer.

: Programmstufe S+ (Sport plus): In diesem Modus ist das Fahrzeug leicht übersteuernd ausgelegt, wodurch das Potenzial der radselektiven Momen-tenregelung am meisten zum Tragen kommt. Das Zusammenspiel von ESP- und ATD-Regelsystem unterstützt Fahrzustände im Grenzbereich.

fahrdynamische poTenziale

Die Potenziale des Einsatzes von ATD lassen sich wie folgt zusammenfassen: : Erhöhung der Gierdämpfung : Reduktion des Lenkaufwands und des

Lenkwinkelbedarfs : erhöhte Traktion : Minimierung der Anzahl von

ESP-Regeleingriffen.Mit ATD wird die Fahrsituation durch Verlagerung der Antriebs- und Brems-momente von Rad zu Rad angepasst, was das Ansprechverhalten beim Einlenken verbessert und die Über- und Untersteuer-tendenz verringert. Die Torque-Vector ing-Funktionalität erreicht so in jedem Fahr-zustand eine optimale Ausnutzung des Kraftschlusspotenzials zwischen Reifen und Fahrbahn.

Danke

Die Autoren bedanken sich bei Frank Walter,

Michael Klumbach, René-Christopher Wollmann,

Dominik Lange, Matthias Hey, Michael Himbert

und Rüdiger Kurz für ihre Unterstützung.

❾ Elemente von Bedienung und Anzeige

❿ Funktionsweise des Torque Vectoring

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