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Charakterisierung der Mischung und Fällung bei kontinuierlichen sonochemischen Reaktoren unter besonderer Berücksichtigung der Reaktorform Von der Fakultät für Maschinenbau, Verfahrens- und Energietechnik der Technischen Universität Bergakademie Freiberg genehmigte DISSERTATION zur Erlangung des akademischen Grades Doktor-Ingenieur (Dr.-Ing.) vorgelegt von Dipl.-Ing. Birte Pohl geboren am 22.04.1983 in Dortmund Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Urs Peuker, Freiberg Prof. Dr.-Ing. Gunther Brenner, Clausthal-Zellerfeld Tag der Verleihung: 20.12.2012

Charakterisierung der Mischung und Fällung bei kontinuierlichen …tu-freiberg.de/sites/default/files/media/mvtat-12348/pdf/... · 2018. 4. 17. · Restschmelze durch Filterapparate,

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  • Charakterisierung der Mischung und Fällung bei

    kontinuierlichen sonochemischen Reaktoren unter

    besonderer Berücksichtigung der Reaktorform

    Von der Fakultät für Maschinenbau, Verfahrens- und

    Energietechnik der Technischen Universität Bergakademie Freiberg

    genehmigte

    DISSERTATION

    zur Erlangung des akademischen Grades

    Doktor-Ingenieur (Dr.-Ing.)

    vorgelegt

    von Dipl.-Ing. Birte Pohl

    geboren am 22.04.1983 in Dortmund

    Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Urs Peuker, Freiberg Prof. Dr.-Ing. Gunther Brenner, Clausthal-Zellerfeld

    Tag der Verleihung: 20.12.2012

  • Vorwort

    Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen meiner Tätigkeit als

    wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Chemische

    Verfahrenstechnik der Technischen Universität Clausthal sowie am

    Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik der

    Technischen Universität Bergakademie Freiberg. Die Arbeit wurde von

    der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von

    Guericke“ e.V. (AiF Nr. 15347 BG (AiF) finanziert. Die Ergebnisse sind

    ebenfalls im AiF - Abschlussbericht veröffentlicht worden.

    Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr.-Ing. Urs Peuker für die

    Betreuung der Arbeit sowie für seine Unterstützung, sein Vertrauen und

    den großzügig gewährten Freiraum, den er mir und meiner Arbeit stets

    entgegenbrachte.

    Für die sehr gute Kooperation in diesem Projekt danke ich Herrn

    Professor Dr.-Ing. Gunther Brenner vom Institut für Technische Mechanik

    der Technischen Universität Clausthal. Ihm danke ich ebenfalls für die

    Übernahme des Zweitgutachtens.

    Mehrere Studenten haben im Rahmen Ihrer Literaturarbeiten an diesem

    Projekt mitgewirkt, ihre Ergebnisse sind in diese Arbeit mit eingeflossen.

    Hier möchte ich insbesondere Andrea Frey, Claudia Kuwilsky, Marcel

    Laurinat und Sascha Rußig danken. Sascha Rußig gebührt besonderer

    Dank, da er mir in den letzten Jahren während seiner Zeit als

    wissenschaftliche Hilfskraft eine große Unterstützung war.

    Weiterhin möchte ich allen Mitarbeitern beider Institute danken, die zum

    Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Speziell möchte ich Herrn

    Thomas Zschoge, Herrn Thomas Hantusch und Frau Monika Teichmann

    danken.

    Jacqueline Erler danke ich für die kritische Durchsicht des Manuskriptes.

    Zu guter Letzt danke ich meinem Freund Hermann Kreyenschulte für sein

    Vertrauen, seine ständige Unterstützung und die Ermunterung, das Ziel

    weiter zu verfolgen.

    Birte Pohl, September 2012

  • I

    1. Einleitung .................................................................... 1

    2. Grundlagen ................................................................. 3

    2.1. Fällung................................................................................3 2.1.1. Abgrenzung Kristallisation - Fällung ...............................3 2.1.2. Triebkraft für den Stoffübergang bei der Fällung ............6 2.1.3. Teilprozesse der Feststoffbildung...................................9 2.1.4. Stabilisierung................................................................22

    2.2. Mischung ..........................................................................25 2.2.1. Mischskalen .................................................................25 2.2.2. Relevanz des Mikromischens für die ........................... Fällungsreaktion...........................................................26 2.2.3. Mikromischzeit .............................................................28

    2.3. Ultraschall.........................................................................29 2.3.1. Grundlagen des Ultraschalls ........................................29 2.3.2. Wirkmechanismen des Ultraschalls..............................31 2.3.3. Einflussfaktoren............................................................33 2.3.4. Einfluss von Ultraschall auf die Mikromischung............36 2.3.5. Einfluss von Ultraschall auf Kristallisations- ................... prozesse.......................................................................37 2.3.6. Theorie der numerischen Berechnungen zur ................. Akustik und Ultraschall .................................................39

    3. Material und Methoden ............................................. 43

    3.1. Analysemethoden .............................................................43 3.1.1. Dynamische Lichtstreuung (DLS) .................................43 3.1.2. Rasterelektronenmikroskopie (REM)............................44 3.1.3. Transmissionselektronenmikroskopie (TEM)................45 3.1.4. Röntgendiffraktometrie (XRD) ......................................45 3.1.5. Stickstoffadsorption nach Brunauer-Emmet- ................. Teller (BET)..................................................................46 3.1.6. Alternating Gradient Magnetometer (AGM) ..................46 3.1.7. Villermaux-Reaktion .....................................................47 3.1.8. Weissler-Reaktion ........................................................49

    3.2. Verwendete Stoffsysteme .................................................51 3.2.1. Bariumsulfat .................................................................51 3.2.2. Magnetit .......................................................................54

    3.3. Anlage ..............................................................................56 3.3.1. Konischer Reaktorraum................................................57 3.3.2. Reaktor nach dem Kavitationsfeld ................................58 3.3.3. Mischzelle ....................................................................59

  • II

    4. Versuchsdurchführung .............................................. 60

    5. Strömungen in den Reaktoren / Modellvorstellung ... 61

    6. Untersuchungen zur Einstellung ..................................

    optimaler Parameter.................................................. 65

    6.1. Optimierung der Volumenstromverhältnisse .....................65 6.2. Untersuchung des Eduktverhältnisses ..............................67 6.3. Untersuchung der Konzentration bei konstantem Überschuss an Bariumionen............................................................73

    7. Untersuchungen im konischen Reaktor .................... 76

    7.1. Analyse der Mikromischqualität ........................................76 7.2. Analyse der Kavitationsintensität ......................................80 7.3. Fällung..............................................................................82 7.4. Zusammenfassung konischer Reaktor..............................91

    8. Optimierte Reaktorform: Reaktor nach der

    Kavitationsfeldform.................................................... 92

    8.1. Analyse der Mikromischqualität ........................................92 8.2. Berechnung der Mikromischzeit........................................95 8.3. Analyse der Kavitationsintensität ......................................99 8.4. Fällung............................................................................102

    9. Partikelsystem Magnetit .......................................... 124

    9.1. Voruntersuchungen.........................................................124 9.2. Vergleich des konischen Reaktor mit dem ....................... Kavitationsfeldreaktor .....................................................125

    10. Mischzelle – Vorstufe Scale Up ....................... 130

    11. Zusammenfassung .......................................... 138

    12. Symbolverzeichnis........................................... 140

    13. Literaturverzeichnis.......................................... 144

    14. Anhang ............................................................ 162

    14.1. Kalibrierung des UV Detektors........................................162 14.2. Konstruktionszeichnungen der Reaktoren.......................163 14.3. Optimierung der Konzentration für die Villermaux- ............... Reaktion .........................................................................168

  • III

    14.4. Aufnahme des Schalldruckfeldes....................................171 14.5. Optimierung der Edukte für die Fällungsreaktionen ........173 14.6. Modifikation der Kavitationsfeldform ...............................174

    14.6.1. Einfluss des Einlasskapillarabstandes auf die ............. Bariumsulfatfällung...................................................175 14.6.2. Einfluss des Einlasskapillarabstandes auf die ............. Magnetitfällung.........................................................179 14.6.3. Einfluss der Auslasslänge auf die ............................. Bariumsulfatfällung...................................................182 14.6.4. Einfluss der Temperatur auf die ................................ Bariumsulfatfällung...................................................185

    14.7. Programme zur Berechnung der .................................... Keimbildung und des Kristallwachstums .........................190

  • 1

    1. Einleitung

    In den letzten Jahren hat die Bedeutung zur Herstellung von

    Nanopartikeln stark zugenommen [Bm06, La12, Pa03, Sc08b, Re05].

    Dabei ist es vor allem relevant neue Anwendungspotentiale zu

    erschließen. Auf die Anwendungen nehmen die Partikelgröße und die

    Morphologie einen entscheidenden Einfluss. Deshalb ist eine

    reproduzierbare Synthese der Partikeleigenschaften von großer

    Signifikanz. Nanopartikel, bei denen wenigstens eine Längenausdehnung

    unter 100 nm liegt, können als ein disperses System definiert werden.

    Aus dieser Größe resultieren die besonderen Eigenschaften von

    Nanopartikeln. Sie finden Anwendung in Katalysatoren, Keramiken, in

    pharmazeutischen Wirkstoffen, Fotomaterialien oder Magnetbändern

    aber auch in Spezialchemikalien.

    Ein möglicher Prozess zur Herstellung von Nanopartikeln stellt die

    Fällung dar. Stand der Technik zur Herstellung von Nanopartikeln durch

    Fällung sind Rührkessel oder Hochdruck-T-Mischer. Diese sind jedoch

    hinsichtlich der Mischprozesse und dem Scale-Up limitiert.

    Der Übergang vom flüssigen in den festen Zustand wird in erster Linie

    von der Übersättigung und damit von der räumlichen

    Konzentrationsverteilung bestimmt. Eine Übersättigung entsteht erst

    durch das Mischen der Edukte. Deshalb ist eine möglichst ideale

    Durchmischung der Ionen im Reaktor anzustreben, um damit eine

    räumlich homogene Konzentrationsverteilung im betrachteten

    Reaktionsvolumen zu gewährleisten. Je schlechter die Durchmischung

    ist, desto stärkere örtlich unterschiedliche Keimbildungsraten und

    Kristallwachstumsgeschwindigkeiten und schlussendlich breitere

    Partikelgrößenverteilung sowie verschiedene Partikelmorphologien

    entstehen.

  • 2

    Durch Ultraschalleintrag in eine Flüssigkeit kann u.a. eine erhöhte

    Molekülbewegung im Fluid hervorgerufen werden und somit zu einer

    besseren Durchmischung der Flüssigkeit beitragen. Der zweite

    fundamentale Wirkmechanismus im Ultraschallfeld ist die akustische

    Kavitation. Durch den Blasenkollaps können Mikro-Jets entstehen, die die

    Durchmischung weiter verbessern können.

    Deshalb soll in dieser Arbeit untersucht werden, ob Durchflussreaktoren,

    bei denen die Durchmischung vor allem durch Ultraschall erzeugt wird,

    eine Alternative zu den zurzeit gebräuchlichen T-Mischern darstellen

    können.

    Hierzu sollen die Einflüsse der Prozessparameter Durchsatz und

    Ultraschalleintrag auf die Mikromischqualität, die Kavitationsintensität und

    auf die Produktqualität von gefälltem Bariumsulfat und Magnetit

    untersucht werden.

    Weiterhin soll die Reaktorgeometrie dahingegen optimiert werden, dass

    keine sekundären Strömungseffekte auftreten. Zudem soll die

    Durchmischung der Feedströme in der Kavitationszone erfolgen und eine

    kurze Verweilzeit in der Mischzone eingehalten werden. Zusätzlich wird

    die Mikromischzeit unter der Annahme einer laminaren bzw. einer

    turbulenten Strömung bestimmt. Darüber hinaus wird eine Möglichkeit für

    ein Scale-Up aufgezeigt.

  • 3

    2. Grundlagen

    2.1. Fällung

    2.1.1. Abgrenzung Kristallisation - Fällung

    Die Fällung und die Kristallisation sind zwei mögliche Prozesse zur

    Bildung von Feststoffen. Hierbei wird der gelöste Stoff, der in der

    flüssigen Phase vorliegt, in einen Feststoff überführt. Bei diesen

    Prozessen ist die Übersättigung die treibende Kraft. Ziel aller Systeme ist

    es den thermodynamisch stabilsten Zustand zu erreichen: Im Fall von

    übersättigten Systemen also den Gleichgewichts- oder

    Sättigungszustand. Hierfür sind zwei Prozesse maßgebend. Zum einen

    der Prozess der Keimbildung, bei dem neue feste Partikel gebildet

    werden. Als zweiter Prozess ist das Kristallwachstum zu nennen. In

    diesem Prozess wachsen die schon vorhandenen wachstumsfähigen

    Keime weiter an [Ho04, La11, Fr11, Ku11].

    Kristallisation

    Die Verdampfungs- und Kühlungskristallisation unterscheiden sich in der

    Art und Weise der Erzeugung der Übersättigung [Ho04, Li06a, Me90a].

    Bei der Verdampfungskristallisation findet durch das Verdampfen von

    Lösungsmitteln eine Aufkonzentrierung des auszukristallisierenden

    Stoffes bis über die Sättigungskonzentration statt. Bei der

    Kühlungskristallisation wird das System heruntergekühlt. So ist es

    möglich eine Übersättigung auch bei gleichbleibender Konzentration

    herzustellen [Kr01, Me90a]. Die Vakuumkristallisation ist die Kombination

    dieser beiden Kristallisationsarten. Die Verdampfung und die Kühlung

    des Systems finden simultan statt [Ho04, Me90a]. Die Verdampfungs-,

    Kühlungs- und Vakuumkristallisation zählen alle zum Hauptfeld der

    Lösungskristallisation. Diese ist vom Stofftransport dominiert. Mit der

    Lösungskristallisation ist es möglich Partikel mit einer bestimmten

  • 4

    Korngrößenverteilung herzustellen [Ho04]. Bei diesen Kristallisationen

    treten relativ geringe Übersättigungen von 1-1,5 auf, da die Löslichkeit

    der auszukristallisierenden Stoffe sehr groß ist (1 bis 10 mol/L) [Ma96,

    Me90a].

    Eine weitere Kristallisationsform ist die Schmelzkristallisation. Sie gehört

    zum Bereich der Kühlungskristallisation. Eine Komponente erfährt bei

    Erreichen der Erstarrungstemperatur des Gemisches eine

    Phasenänderung und geht vom flüssigen in den festen Zustand über. Im

    Gegensatz zur Lösungskristallisation findet die Abfuhr der Wärme über

    die kristalline Phase und nicht über die fluide Phase statt. Dieses

    Kristallisationsverfahren wird zur Trennung, Aufkonzentrierung und

    Reinigung von Stoffgemischen eingesetzt [Ba96]. Die Stofftrennung

    erfolgt in diesen Fällen allein auf der Basis unterschiedlicher

    Schmelzpunkte der im Gemisch vorhandenen Komponenten mit dem

    Ziel, eine möglichst reine Komponente zu erhalten [Ho04]. Dazu wird im

    ersten Schritt des Prozesses durch Abkühlung eine Kristallsuspension

    erzeugt. Daran schließt sich die Trennung des Feststoffes von der

    Restschmelze durch Filterapparate, Zentrifugen oder Waschkolonnen an

    [We91].[La11, Fr11, Ku11]

    Fällung

    Die Fällung ist ein Spezialfall der Kristallisation. Die Bildung von Partikeln

    findet in einem 3-Stufen Prozess statt [Ba99]. Zuerst muss eine Reaktion

    erfolgen, um die auszukristallisierende Komponente zu erzeugen [Kr01].

    Im weiteren Verlauf treten, wie auch bei der Kristallisation, die

    Keimbildung und das Kristallwachstum ein.

    Für die im ersten Schritt notwendige Reaktion können die Edukte

    kontinuierlich oder diskontinuierlich zugegeben werden [Kr01]. Das

    intensive Mischen dieser Edukte erzeugt die erforderliche Übersättigung

    des Systems [Ma96]. Im Gegensatz zur Kristallisation liegt bei der

    Fällung eine geringe Löslichkeit (z.B. 10-3 mol/L) der entstehenden

    Feststoffe vor und damit auch eine deutlich höhere Übersättigung (z.B.

    500 [Ma96]). Aufgrund der wesentlich höheren Geschwindigkeit bei

  • 5

    Fällungen im Vergleich zu Kristallisationsprozessen ist es schwieriger

    einzelne Teilprozesse zu untersuchen [Me90a, Sc98a].

    Um die Fällung exakt von der Kristallisation abgrenzen zu können, sind

    die Unterschiede beider Prozesse in Tabelle 1 verdeutlicht:

    Tabelle 1: Unterschiede zwischen Fällung und Kristallisation [Ka95]

    Charakteristika Fällung Kristallisation

    Übersättigung hoch (ca. 500) � erzeugt durch

    chemische Reaktionen

    niedrig (1 - 1,5) �erzeugt durch

    Temperatur- oder Konzentrationsveränderung

    Kristallbildung

    schnell � entscheidender Prozess: primäre,

    homogene Keimbildung

    langsam � entscheidender Prozess:

    Keimwachstum

    Kristallanzahl hoch niedrig Partikel-

    konzentration hoch niedrig

    Partikelgröße sehr klein: < 10 µm

    [Ho04] groß: > 100 µm

    [Ho04] Temperatur konstant variabel

    In Tabelle 1 wird deutlich, dass die Kristallisation bei kleinen

    Übersättigungen stattfindet und dadurch wenige große Kristalle gebildet

    werden. Bei der Fällung hingegen liegen hohe Übersättigungen und viele

    Keime vor. Deshalb stehen bei der Fällung im Vergleich zur Kristallisation

    für jeden einzelnen Keim weniger Ionen bzw. Atome zum Wachstum an

    den vorhandenen wachstumsfähigen Keimen zur Verfügung. Dadurch ist

    das Kristallwachstum eingeschränkt und es entstehen viele kleine

    Partikel [Ho04, Kr01, Me90a]. [La11, Fr11, Ku11]

  • 6

    2.1.2. Triebkraft für den Stoffübergang bei der

    Fällung

    Thermodynamische Systeme bestreben immer ein Minimum der Gibbs-

    Energie G zu erreichen (Gl. 1):

    Dieses ist die treibende Kraft für die Phasen des Fällungsprozesses

    (Keimbildung, Kristallwachstum), wie auch für die Agglomeration und

    Alterung der gefällten Produkte [Sc05].

    Allgemein gilt für die Gibbs-Energie eines Systems in differentieller

    Schreibweise (Gl. 2):

    i

    pT

    j

    i i

    dnn

    GSdTVdpdG

    ,1

    ∑=

    ∂+−= Gl. 2

    mit dem Volumen V, der Temperatur T, dem Druck p und den

    Stoffmengen n der Komponenten 1 bis j. S bezeichnet hierbei die

    Entropie. Bei Annahme einer konstanten Temperatur und einem

    konstanten Druck erhält man Gl. 3:

    i

    pT

    j

    i i

    dnn

    GdG

    ,1

    ∑=

    ∂= . Gl. 3

    Das chemische Potential µi (Gl. 4) ist definiert als die partielle Ableitung

    der Gibbs-Energie G nach der Stoffmenge ni :

    pTi

    in

    G

    ,

    ∂=µ . Gl. 4

    Gl. 4 eingesetzt in Gl. 3 ergibt Gl. 5:

    i

    j

    i

    idndG ∑=

    =1

    µ . Gl. 5

    Das chemische Potential µi gibt die Fähigkeit eines Stoffs i an, mit

    anderen Stoffen zu reagieren, Phasenumwandlungen einzugehen und

    sich durch Diffusion im Raum zu verteilen. Jede der drei genannten

    Aktionen (Reaktion, Phasenumwandlung und Diffusion) ist mit einer

    dG = 0. Gl. 1

  • 7

    Änderung des chemischen Potentials verbunden. Das chemische

    Potential weist nach der Aktion einen niedrigeren Wert auf als davor.

    Wenn das chemische Potential µ der beiden Phasen s (fest) und l

    (flüssig) für jede Komponente i identisch ist (Gl. 6), befindet es sich im

    stofflichen Gleichgewicht und es kann keine weitere Aktivität stattfinden: ∗== i

    l

    i

    s

    i µµµ . Gl. 6

    Bei einer ideal wässrigen Lösung mit einer so niedrigen Konzentration,

    dass sich die einzelnen Moleküle nicht behindern, verhält sich das

    System in vielen Eigenschaften wie ein ideales Gas. In diesem Fall lässt

    sich das chemische Potential µi dieser Komponente i in einer Phase als

    Summe des Potentials µi0 im Standardzustand und eines

    konzentrationsbezogenen Terms (Gl. 7) darstellen:

    iii cRT ln0 ⋅+= µµ . Gl. 7

    R ist hierbei die allgemeine Gaskonstante und T ist die absolute

    Temperatur. Bei realen Lösungen beeinflussen sich die einzelnen

    Moleküle jedoch gegenseitig. Mit zunehmender Konzentration kommt es

    zu immer größeren Abweichungen des in Gl. 7 beschriebenen idealen

    Verhaltens. Dieses Verhältnis von idealem zu realem Verhalten einer

    physikalischen Größe wird als Aktivität bezeichnet. Die Aktivität ai ist

    definiert als (Gl. 8):

    iiica ⋅= γ Gl. 8

    γi bezeichnet hierbei den Aktivitätskoeffizienten. In einer wässrigen

    Lösung eines Salzes AB (Gl. 9) BA zz BABA ⋅+⋅↔ −+−+ νννν Gl. 9

    sind immer nur positiv und negativ geladene Ionen vorhanden. Deshalb

    lässt sich lediglich das Produkt der Aktivitäten der An- und Kationen

    (Gl. 10) durch Messungen ermitteln:

    Die Größen ν+ und ν- symbolisieren die Stöchiometriekoeffizienten der

    Kat- bzw. der Anionen, zA und zB die Ladungszahlen der Kat- bzw. der

    Anionen.

    ABBAABaaaa =⋅=

    +

    +

    −+ + νννν . Gl. 10

  • 8

    Mit dieser mittleren Aktivität (Gl. 10) lässt sich Gl. 8 in Gl. 11 umformen:

    ( ) ( )−+−−++ +⋅⋅= ννννγ 1BAABABcca . Gl. 11

    Ein thermodynamisches System versucht immer das in Gl. 6

    beschriebene Gleichgewicht des chemischen Potentials zu erreichen. Bei

    der Fällung werden demzufolge solange Ionen in das Kristallgitter

    eingebaut, bis sich die Potentiale der festen und der gelösten Phase im

    Gleichgewicht befinden bzw. bis sich in der flüssigen Phase das

    Gleichgewichtspotential µi* (Gl. 6) eingestellt hat. Die durch die Fällung

    abgebaute Potentialdifferenz lässt sich durch Gl. 12 beschreiben:

    a

    AB

    ABii SRT

    a

    aRT lnln

    *

    * ⋅=⋅=− γγµµ . Gl. 12

    Die mittlere Aktivität im Gleichgewichtszustand aAB* wird auch als

    Löslichkeitsprodukt KL bezeichnet und setzt sich analog Gl. 10

    zusammen. Sa ist hierbei die aktivitätsbezogene Übersättigung. Sie ergibt

    sich zusammen mit Gl. 11 und Gl. 12 zu Gl. 13: ( )−+−

    +

    +

    +

    ⋅⋅=

    νννν

    γ

    1

    L

    BAABa

    K

    ccS . Gl. 13

    Für die konzentrationsbezogene Übersättigung Sc (Gl. 14) wird der

    Aktivitätskoeffizient γAB nicht berücksichtigt, ansonsten wird sie analog zu

    Gl. 13 bestimmt:

    ( )−+−−

    +

    +

    +

    ⋅=

    νννν

    1

    L

    BAc

    K

    ccS . Gl. 14

    Zur Bestimmung des Aktivitätskoeffizienten sind lediglich semiempirische

    Ansätze bekannt. Diese Ansätze basieren auf der Debye-Hückel-Theorie

    [De23]. Ein semiempirischer Ansatz ist in Gl. 15 dargestellt:

    )3,01

    1(log I

    IIzzA BADHAB ⋅−

    +⋅⋅−=γ .

    Gl. 15

  • 9

    Die darin enthaltenen Größen sind:

    ADH Debye-Hückel-Konstante des Lösungsmittels m3/mol

    zA, zB Ladungszahl des Kations A bzw. des Anions B -

    γAB Aktivitätskoeffizient -

    I Ionenstärke mol/m³

    Die Ionenstärke I ist nach Debye und Hückel [De23] definiert als (Gl. 16):

    ∑=

    ⋅⋅=j

    i

    ii zcI1

    2

    2

    1 . Gl. 16

    Bei der Berechnung muss berücksichtigt werden, dass die

    Konzentrationen aller gelösten Ionen in Gl. 16 eingehen, da auch

    fremdartige Ionen die Ionenstärke beeinflussen. [Ru11]

    2.1.3. Teilprozesse der Feststoffbildung

    Wie in Kap. 2.1.1 erwähnt zählen die Keimbildung und das

    Kristallwachstum sowohl bei den Kristallisations- als auch bei den

    Fällungsprozessen zu den Phasen des Prozesses der Feststoffbildung.

    Keimbildung

    Bei der Keimbildung treten Feststoffe auf, wenn die Keime

    thermodynamisch stabil sind, d.h. die kritische Keimgröße überschritten

    haben und deshalb wachsen können [Kr01]. Ansonsten lösen sie sich

    wieder auf [Jo06, Ka95, Kr01, Ly07].

  • 10

    Abbildung 1: Schematische Darstellung der Keimbildungsprozesse

    Wie in Abbildung 1 dargestellt wird die Keimbildung in die primäre und

    sekundäre Keimbildung unterteilt [Ho04, Ka95, Ly02, Mo11, Sc08]. Die

    primäre Keimbildung gliedert sich weiter in die homogene und

    heterogene primäre Keimbildung auf. Bei der primären homogenen

    Keimbildung entstehen die Keime durch im Inneren der Lösung zufällig

    entstandene Cluster. Die Cluster sind definiert als Gruppe von

    Kristallbausteinen in kristallartiger Anordnung [Ch03, Ka95, Me90a].

    Heterogene Keimbildung liegt vor, wenn fremde Feststoff- oder

    Staubpartikel in der Lösung zusätzlich vorliegen [Ho04, Kö99, Sc08].

    Diese Fremdpartikel erleichtern die primäre Keimbildung, da zusätzlich

    die Cluster an den Oberflächen der Fremdpartikel entstehen können.

    Sekundäre Keimbildung ist vorhanden, wenn Abriebvorgänge an bereits

    vorhandenen Kristallen stattfinden. Diese Kristallbruchstücke dienen als

    neue Keime [Ch03, Ho04, Ka95, Kö99, Me90a]. Wenn weder arteigene

    Kristalle noch Fremdpartikel im System existieren, kann nur die primäre

    homogene Keimbildung stattfinden [Kö99, Ly02, Sc08].

    Welcher Mechanismus vorliegt ist von der Übersättigung abhängig. Der

    Übergang von heterogener Keimbildung zu homogener Keimbildung liegt

    nach Mersmann [Me00a, Me00b], Schubert [Sc98b] und Nielsen [Ni61]

    bei 150. [Ru11, La11, Ku11, Fr11]

    primär

    sekundär

    homogen

    heterogen

    Keimbildung

  • 11

    Keimbildungstheorie

    Die klassische Keimbildungstheorie hat Ihren Ursprung in der

    Beschreibung von der Bildung von Nebeltröpfchen in der übersättigten

    Gasphase. Im Jahre 1926 haben Volmer und Weber einen exponentiellen

    Ansatz für die Keimbildungsrate bhom (Gl. 17) beschrieben [Vo26].

    K beschreibt einen Proportionalitätsfaktor, ∆GN die freie

    Keimbildungsenthalpie, kB die Boltzmann-Konstante und T die

    Keimbildungstemperatur.

    Auf diesem Ansatz (Gl. 17) beruhen die meisten Keimbildungstheorien.

    Farkas [Fa27], Becker und Döring [Be35] haben die von Volmer und

    Weber entwickelte Gleichung zu der heute bekannten klassischen

    Keimbildungstheorie weiterentwickelt [Il04]. Der Grundgedanke hinter

    diesem Ansatz ist die Bildung von Clustern (Partikelverbänden) in einer

    übersättigten Phase nur durch die Anlagerung von einzelnen Monomeren

    bzw. Ionen. Diese Anlagerung ist aufgrund der Übersättigung ebenfalls

    mit einer Änderung der Gibbs-Energie (freie Enthalpie) verbunden.

    Dabei sind zwei Vorgänge energetisch von Bedeutung: Zum einen die

    Änderung der freien Enthalpie zur Oberflächenbildung (erster Term). Der

    Verband aus Ionen muss sich gegenüber der umgebenden Phase

    abgrenzen. Demzufolge ist es notwendig, dass eine Grenzfläche entsteht

    und eine feste Phase ausgebildet wird. Diese Änderung ist endergon.

    Zum anderen die Änderung der freien Enthalpie bezogen auf die

    Volumenphase (zweiter Term). Diese freie Enthalpie ist exergon. Die

    resultierende freie Enthalpie berechnet sich nach Gl. 18:

    ( )aB

    m

    aB

    m

    NNN STk

    V

    x

    xSTkV

    VAG ln6ln

    3

    2 ν

    π

    σπνσ ⋅⋅−⋅⋅=⋅⋅−=∆ . Gl. 18

    ∆−⋅=

    Tk

    GKb

    B

    Nexphom . Gl. 17

  • 12

    Der erste Term beschreibt die freie Enthalpie, die aufgewendet werden

    muss, um die Grenzfläche des Keims AN zu bilden (∆Gσ), σ steht für die

    Grenzflächenenergie. Der zweite Term ergibt mit dem Volumen des

    kritischen Keims VN und des Monomers (BaSO4) Vm sowie der

    kinematischen Viskosität der flüssigen Phase ν die freie Enthalpie,

    welche durch die Bildung des Keims frei wird (∆GV). Da die beiden

    Größen ∆GV und ∆Gσ einen unterschiedlichen Verlauf mit zunehmendem

    Durchmesser des Kristalls aufweisen, durchläuft die freie

    Keimbildungsenthalpie ∆GN mit zunehmender Kristallgröße ein Maximum

    ∆GK.

    Abbildung 2: Graphische Darstellung der resultierenden freien Keimbildungsenthalpie ∆GN in Abhängigkeit von der Kristallgröße x [Ru11]

    Für die Keime gibt es eine kritische Keimgröße xk. Keime, die kleiner als

    diese kritische Keimgröße sind, zerfallen wieder. Keime, die größer als

    diese kritische Größe sind, wachsen weiter an. Der kritische Keimradius

    liegt im Maximum der resultierenden freien Keimbildungsenthalpie ∆GN

  • 13

    vor. Sie lässt sich durch Nullsetzen der ersten Ableitung der

    resultierenden freien Keimbildungsenthalpie ∆GN berechnen:

    0=∆

    dx

    Gd N . Gl. 19

    Diese aus Gl. 19 berechnete kritische Keimgröße xk (Gl. 20) wird in der

    klassischen Keimbildungstheorie als charakteristischer Durchmesser

    angewendet:

    aB

    mK

    STk

    Vx

    ln

    4

    ⋅⋅

    ⋅⋅=

    νσ . Gl. 20

    Die kritische freie Keimbildungsenthalpie ∆GK (Gl. 21) ergibt sich damit

    durch Einsetzen von xK in Gl. 18:

    ( ) ( )22

    2

    3

    ln3

    16

    a

    m

    B

    KS

    V

    TkG

    ⋅⋅⋅=∆

    νσ

    π .

    Gl. 21

    Der in der Berechnung zur Keimbildungsrate (Gl. 17) enthaltene

    Proportionalitätsfaktor K setzt sich aus einem Stoßfaktor s (Gl. 25,

    Gl. 26), der Oberfläche des kritischen Keims AN, dem Zeldovich-Faktor Z

    (Gl. 24) und der Monomerkonzentration n0 zusammen (Gl. 22):

    0nAsZK N ⋅⋅⋅= . Gl. 22

    So ergibt sich für die Keimbildungsrate nach Einsetzen des

    Proportionalitätsfaktors (Gl. 22) in Gl. 17 die Gl. 23:

    ∆−⋅⋅⋅⋅=

    Tk

    GnAsZb

    B

    N

    N exp0hom . Gl. 23

    In Gl. 23 gibt der exponentielle Teil multipliziert mit der

    Monomerkonzentration n0 die Anzahl der Keime, welche die kritische

    Größe erreicht haben an.

    Keime, die die kritische Keimgröße überschritten haben, werden aus der

    Keimgrößenverteilung gelöscht. Dieses berücksichtigt der Zeldovich-

    Faktor Z (Gl. 24) Dieser Faktor ist nach Zeldovich [Ze92] und Mersman

    [Me00a] wie in Gl. 24 beschrieben definiert:

  • 14

    N

    m

    B AV

    TkZ

    12 ⋅⋅⋅=

    σ . Gl. 24

    Zum einen beschreibt der Stoßfaktor s nach Heyer [He00] wie die Keime

    mit den Monomeren aufgrund der Brown’schen Molekularbewegung

    interagieren (Gl. 25). Zum anderen stellt der Stoßfaktor eine

    Wechselwirkungsrate dar mit der die Monomere auf die Keimoberfläche

    auftreffen (Gl. 26). Kind und Mersman [Ki83] entwickelten basierend auf

    der Arbeit von Nielsen [Ni64] einen Ansatz über die Häufigkeit, mit

    welcher die Monomere auf die Keimoberfläche auftreffen:

    4

    43

    04

    3BaSO

    Dns ⋅= . Gl. 25

    Dabei beschreibt DBaSO4 den Diffusionskoeffizienten von Bariumsulfat und

    n0 die Konzentration an Monomeren.

    Laut Schubert [Sc98b] ist aber dem Ansatz nach Heyer zur Berechnung

    des Stoßfaktors (Gl. 26), der die durch von Smoluchowski [vS17]

    beschriebene, gegenseitige Wechselwirkung basierend auf der

    Brownschen Molekularbewegung zwischen einem kritischen Cluster mit

    dem Durchmesser xk und den Monomeren mit dem Durchmesser dm,

    berücksichtigt, der Vorzug zu gewähren, da er im Vergleich zu dem

    Ansatz von Kind und Mersman (Gl. 25) bessere Ergebnisse hinsichtlich

    der Genauigkeit liefert:

    ( )mk

    mk

    BaSOdx

    dxDns

    +⋅=

    2

    0 44π . Gl. 26

    Die Konzentration an Monomeren n0 in Gl. 23 kann auch durch Gl. 27 wie

    folgt beschrieben werden:

    AaLNSKn ⋅⋅=0 . Gl. 27

    Hierbei bezeichnet NA die Avogadrokonstante. Damit erhält man

    zusammen mit Gl. 21, Gl. 23, Gl. 24 und Gl. 26 die Berechnung für die

    Keimbildungsrate bhom in partikelfreien Lösungen als Gl. 28:

  • 15

    ( )( )

    ⋅⋅

    ⋅−⋅⋅⋅⋅⋅=

    2

    23

    37

    homln3

    16exp

    2

    34

    a

    m

    b

    m

    b

    AaLBaSOS

    V

    TkV

    TkNSKDb

    ν

    σπσ . Gl. 28

    In Gl. 28 ist die Grenzflächenenergie σ (Gl. 29) von besonderer

    Bedeutung, da diese mit der dritten Potenz in den Exponenten des

    letzten Terms eingeht und eine experimentelle Ermittlung in der Regel

    ungenaue Ergebnisse liefert [Sö82].

    Mersman entwickelte eine empirische Gleichung für die Berechnung der

    Grenzflächenenergie zwischen Kristall und Lösung mit einer Abweichung

    von 7% gegenüber einem aus Keimbildungsraten berechneten Wert für

    die Bariumsulfatfällung [Me90b] (Gl. 29):

    ( )

    =

    =

    Li

    s

    i

    i

    As

    iBl

    i

    s

    i

    A

    s

    iBKMM

    NTk

    c

    cNcTk

    ρρσ ln414,0ln414,0

    32

    32 . Gl. 29

    Die verwendeten Größen sind hierbei:

    σ Grenzflächenenergie J/m2

    cis Konzentration der Komponente i in der festen

    Phase

    mol/m3

    cil Konzentration der Komponente i in der flüssigen

    Phase

    mol/m3

    NA Avogadrokonstante mol-1

    kB Boltzmann-Konstante J/K

    T absolute Temperatur K

    ρis Dichte der festen Phase kg/m3

    Mi Molmasse der Komponente i kg/mol

    KL Löslichkeitsprodukt mol2/L6

    Viele in diesem Modell verwendeten Parameter sind temperaturabhängig,

    deshalb liefert Gl. 28 nur bei 25 °C reproduzierbare Ergebnisse [Il04].

    Neben der klassischen Keimbildungstheorie sind in der Literatur viele

    empirischen und halbempirischen Ansätzen zur Beschreibung der

    Keimbildungsrate zu finden [Me00b, Sc98b, Ni64, Ni84, An94, Ki83,

  • 16

    Ku08a, Di91, Ni69, Ba95b, Ao99, Vi03, Ma02]. Die Parameter dieser

    Ansätze werden durch Fitting von experimentellen Daten gewonnen und

    sind deshalb in ihrer Gültigkeit auf einen gewissen Bereich beschränkt.

    Daher wird auf diese hier nicht näher eingegangen, sondern auf die

    entsprechende Literatur verwiesen. [Ru11]

    Kristallwachstum

    Das Kristallwachstum ist der zweite Teilprozess im

    Feststoffbildungsprozess. Dieser ist genauso wie die Keimbildung von

    der Übersättigung abhängig. Bei einer hohen Übersättigung wird diese

    sehr schnell wieder durch die Bildung von vielen Keimen abgebaut. Damit

    weisen die Primärpartikel nur eine geringe Größe auf. Bei geringen

    Übersättigungen hingegen entstehen weniger Keime und die

    Kristallwachstumsgeschwindigkeit überwiegt. Aus diesem Grunde

    entstehen größere Partikel. Die Kristallwachstumsrate RG ist als die

    zeitliche Änderung eines charakteristischen Durchmessers x eines

    Partikels definiert (Gl. 30):

    dt

    dxRG

    = . Gl. 30

    Das Kristallwachstum besteht aus zwei Teilschritten. Im ersten Schritt

    müssen hydratisierte Ionen aus der freien Lösung durch die Diffusions-

    und Adsorbtionsgrenzschicht bis an die Oberfläche des Kristalls

    diffundieren. Im zweiten Schritt erfolgt dann der Einbau in das

    Kristallgitter. Der langsamste Teilschritt bestimmt dabei die

    Wachstumsgeschwindigkeit. Somit kann das Kristallwachstum in

    einbaulimitiertes und diffusionslimitiertes Kristallwachstum unterteilt

    werden.

  • 17

    Abbildung 3: Schematisches Aktivitätsprofil in Abhängigkeit von der Entfernung von der Kristalloberfläche bei einbaulimitiertem und diffusionslimitiertem Kristallwachstum [Ku08a]

    In Abbildung 3 ist das Aktivitätsprofil für diffusions- und einbaulimitiertes

    Kristallwachstum in Abhängigkeit von der Entfernung der

    Kristalloberfläche dargestellt. Bei einbaulimitiertem Kristallwachstum ist

    der Einbau der Ionen in die Kristallstruktur der langsamste Schritt. Aus

    diesem Grunde ist die Aktivität und damit auch die Konzentration

    (vgl. Gl. 8, Gl. 10) nahe der Adsorptionsgrenzschicht in der gleichen

    Größenordnung wie in der freien Lösung. Erst in der

    Adsorptionsgrenzschicht findet ein starker Abfall der Konzentration auf

    die Gleichgewichtskonzentration, welche direkt an der Kristalloberfläche

    herrscht, statt ((1) in Abbildung 3). Im Gegensatz dazu liegt beim

    diffusionslimitierten Kristallwachstum der Konzentrationsgradient in der

    Diffusionsgrenzschicht ((2) in Abbildung 3). Der Grund hierfür ist, dass

    die Ionen schneller in das Kristallgitter eingebaut werden, als der

    Transport aus der freien Lösung an die Kristalloberfläche stattfindet.

  • 18

    Abbildung 4: Kristallwachstum an energetisch günstigen Stellen des Kristallgitters: Schraubenversetzungen und Stufenversetzungen mit 2 (Step Site) oder 3 (Kink Site) möglichen Nachbarbindungen [Di91]

    Bei niedrigen Übersättigungen (Sa≥1) findet die Anlagerung von Ionen nur

    an Gitterfehlern, Ecken und Kanten statt, d.h. nur an energetisch

    günstigen Stellen des Kristallgitters. Die Anlagerung kann in sieben

    Teilschritte gegliedert werden, wie in Abbildung 4 dargestellt:

    (i): Transport der Ionen aus der freien Lösung an die Kristalloberfläche

    (ii): Adsorption an der Kristalloberfläche

    (iii): Diffusion über die Kristalloberfläche

    (iv): Anlagerung an eine Versetzung

    (v): Diffusion entlang der Versetzung

    (vi): Einbau in die Versetzung

    (vii) Diffusion der Ionen aus der elektrochemischen Doppelschicht weg von der Kristalloberfläche

    Zur Beschreibung des Kristallwachstums existieren verschiedene Modelle

    (Tabelle 2).

  • 19

    Tabelle 2: Mechanismen des einbaulimitierten Kristallwachstums und deren Abhängigkeit von der Übersättigung, nach Nielsen [Ni84], Söhnel und Garside [Sö92]

    Art des Wachstums

    Mechanismus RN proportional zu

    Polynuklearer Mechanismus

    ( ) ( )

    −−

    a

    aaaS

    KonstSSS

    ln

    .expln1

    613267

    „Birth-and-Spread“-Modell

    aS

    Konst

    ln

    .exp

    Oberflächen- keimbildung

    Mono-nuklearer Mechanismus

    ( )21−aS

    Oberflächen-wachstum

    BCF-Modell ( )21−aS

    Das BCF-Modell, benannt nach seinen Erfindern Burton, Frank und

    Cabera [Bu51], beschreibt das Kristallwachstum an eindimensionalen

    Gitterfehlern bzw. Schraubenversetzungen. Dieses Modell beruht auf

    dem Oberflächenwachstum. Die gelösten Ionen lagern sich an diesen

    Gitterfehlern an. Dadurch wird auf der gesamten Kristalloberfläche eine

    neue Schicht von Ionen gebildet. Aus diesem Grunde verschwinden alle

    Versetzungen und es entstehen Partikel mit einer vollkommen glatten

    Kristalloberfläche. Dieses Modell findet bei sehr niedrigen

    Übersättigungen Anwendung.

    Die Oberflächenkeimbildung findet bei höheren Übersättigungen als beim

    BCF-Modell Anwendung. Die Oberflächenkeimbildung wird über drei

    verschiedene Modelle (mononuklearer Mechanismus, „Birth-and-Spread“-

    Modell, polynukleares Wachstum) in Abhängigkeit der Übersättigung

    unterteilt.

    Beim mononuklearen Mechanismus lagert sich ein Keim auf der

    Kristalloberfläche an. Dieser Keim wirkt dann als Versetzung, er breitet

    sich über die gesamte Kristalloberfläche aus. Erst danach lagert sich der

    nächste Keim an und der Vorgang beginnt erneut [Ni64]. Bei höheren

    Übersättigungen Sa findet das Birth-and-Spread Modell (B+S)

    Anwendung. Hierbei erfolgt die Oberflächenkeimbildung und die

    Ausbreitung gleichzeitig. Dies führt zu rauen Kristalloberflächen [Sc05].

    Bei noch höheren Übersättigungen wird das Modell des polynuklearen

    mit

    stei

    gend

    er

    Übe

    rsät

    tigun

    g

  • 20

    Wachstums (P+N) verwendet. Hierbei findet das Kristallwachstum nur

    noch ausschließlich durch Oberflächenkeimbildung statt. Bei diesem

    Modell verliert die Wachstumsrate der Oberflächenkeime im Vergleich zur

    Oberflächenkeimbildungsrate an Bedeutung [Ni84].

    In Abbildung 5 ist die Wachstumsgeschwindigkeit in Abhängigkeit der

    Übersättigung für die verschiedenen Kristallwachstumsarten dargestellt.

    Abbildung 5: Schematische Abhängigkeit der Art des Kristallwachstums von der Übersättigung. Gestrichelte Linien entsprechen den verschiedenen einbaulimitierten Wachstumsmechanismen. B+S = „birth-and-spread Modell, PN = polynuklearer Mechanismus [Ku08a]

    Angerhöfer [An94] gibt den Übergang von einbaulimitiertem Wachstum

    zu diffusionslimitiertem Wachstum bei einer Übersättigung von Sa > 40

    an.

    Für diffusionslimitiertes Wachstum ist die Berechnung der linearen

    Wachstumsrate RG über die Massentransportgleichung (Gl. 31) möglich

    [Ku08a]:

    ( )*iiiPii aaMAmdt

    dm−⋅⋅⋅== β& . Gl. 31

    Dabei beschreibt im& den Massenstrom einer Komponente i mit der

    molaren Masse Mi, welche an die Partikeloberfläche AP angelagert wird.

    Die treibende Kraft ist hierbei der Aktivitätsgradient (ai-ai*). Der

    Aktivitätsgradient beschreibt die Differenz der Aktivität der

    Partikeloberfläche und der Aktivität der umgebenden Lösung. Der

    RG

    40

  • 21

    Stoffübergangskoeffizient β ist über die Sherwood-Zahl Sh (Gl. 32) und

    den Diffusionskoeffizienten Di der kristallisierenden Komponente

    berechenbar:

    iD

    xSh

    ⋅=

    β . Gl. 32

    Bei Annahme der gleichen Stoffübergangskoeffizienten für alle

    Ionenspezies i ergibt sich ein Massentransport für die Gesamtheit der

    Spezies zu (Gl. 33):

    ( )( )∑∑ −⋅⋅⋅==i

    iiiP

    i

    iaaMAmm*β&& . Gl. 33

    Unter den Annahmen, dass die Dichte des Partikels zeitlich konstant

    bleibt und eine kugelförmige Partikelgeometrie vorliegt gilt für dm/dt

    (Gl. 34):

    GPGPP

    PP

    PRxRx

    dt

    dx

    dx

    dV

    dt

    dV

    dt

    dm⋅⋅=⋅

    ⋅=⋅⋅=⋅= 232

    1

    6

    1πρπρρρ . Gl. 34

    Nach Einsetzen von Gl. 34 in Gl. 33 erhält man Gl. 35:

    ( )( )∑ −⋅⋅⋅=i

    iii

    P

    ABG

    aaMx

    DShR

    *2

    ρ. Gl. 35

    Für den Fall der stöchiometrischen Fällung kann in Gl. 35 der

    Aktivitätsgradient durch das Löslichkeitsprodukt und die Übersättigung

    ersetzt werden und es ergibt sich:

    ( )12 −⋅⋅⋅⋅= SKMx

    DShR

    L

    P

    ABG ρ

    . Gl. 36

    Diese Gleichung (Gl. 36) ist auch im Fall von unstöchiometrischen

    Fällungen anwendbar. Hierzu zählt auch die Bariumsulfatfällung. Dieses

    beruht darauf, dass die positiv geladene Adsorptionsschicht an den

    Partikeln die Diffusion von weiteren Bariumionen an die

    Partikeloberfläche hemmt. Dahingegen wird die Diffusion der Sulfationen

    begünstigt. So heben sich beide Effekte gegenseitig auf.

  • 22

    Wenn die Partikel kleiner als 10 µm sind, findet zwischen den Partikeln

    und dem umgebenden Fluid keine Relativgeschwindigkeit statt und die

    Konvektion kann vernachlässigt werden. Aus diesen Gründen kann für

    die Sherwood-Zahl ihr minimaler Wert von Shmin = 2 angenommen

    werden [Ni80]. [Ru11]

    2.1.4. Stabilisierung

    Nach der Fällung der Partikel kann es zu einer unerwünschten

    Aggregation der Partikel kommen. Ob eine Aggregation eintritt, hängt von

    den Wechselwirkungen der Partikel untereinander ab. Wenn die

    attraktiven kurzreichweitigen van-der-Waals Kräfte größer als die

    repulsiven Kräfte sind, kommt es zu einer Aggregation und damit

    Sedimentation der Partikel. Van-der-Waals Kräfte wirken 5-10 nm um das

    Partikel herum. Hierbei verändern sich die Produkteigenschaften von

    Nanopartikeln, die für die Anwendung dieser Stoffe sehr wichtig sind. Aus

    diesem Grunde ist eine langzeitige Stabilisierung der Nanopartikel

    notwendig. Bei den Stabilisierungsmethoden wird zwischen der

    elektrostatischen und sterischen Stabilisierung unterschieden. Zu der

    sterischen Stabilisierung zählen ebenfalls die Verarmungs- und die

    elektrosterische Stabilisierung.

    Die elektrostatische Stabilisierung beruht auf der Abstoßung

    gleichnamiger Ladungen. Ursachen für die Ladung der Oberfläche sind

    Dissoziationsreaktionen, spezifische Ionenadsorption oder Gitterdefekte.

    Bei salzartigen Kolloiden, wie zum Beispiel Bariumsulfat, erfolgt die

    Ladung durch Adsorption von potential bestimmenden Ionen (PDI) aus

    dem Elektrolyten. Diese lagern sich einfacher an als die restlichen Ionen

    der Suspension [La97, Sc06, Sa05].

    Bei der Bariumsulfatfällung sind Ba2+ - und K+ - Ionen die potential

    bestimmenden Ionen [Eb00]. Die Anlagerung findet im Kristallgitter dort

    statt, wo Sulfationen im Kristallgitter lokal im Überschuss vorliegen und

    damit partiell negative Ladungen entstehen. Dadurch wird das Partikel

    positiv geladen.

  • 23

    Kaliumionen K+ Bariumionen Ba

    2+

    Sulfationen SO42- Chloridionen Cl

    -

    Abbildung 6: Schematische Darstellung der elektrostatischen Stabilisierung für das vorliegende Partikelsystem Bariumsulfat

    Um das mit adsorbierten Ionen belegte Partikel befindet sich die

    sogenannte elektrische Doppelschicht. Diese setzt sich aus der

    Sternschicht und der diffusen Schicht zusammen. Um die

    Elektroneutralität zu gewährleisten, befindet sich um die Sternschicht

    eine diffuse Schicht. In dieser befinden sich die Gegenionen, welche bei

    dem vorliegenden Partikelsystem aus Cl-- und SO42--Ionen bestehen

    (Abbildung 6), die die positive Ladung der Partikeloberfläche und den

    positiven Ladungsüberschuss der Sternschicht kompensieren. Hier sind

    die Ionen nicht adsorbiert, sondern frei beweglich. Nähern sich nun zwei

    Teilchen an, so verhindert ihre gegenseitige Abstoßung ein Ausflocken.

    Partikel- oberfläche Sternschicht

    diffuse Schicht

  • 24

    Überwiegen die anziehenden Wechselwirkungen, so kommt es zu einer

    Koagulation der Partikel. Damit eine Dispersion stabil ist, müssen die

    darin enthaltenden Teilchen durch genügend große abstoßende

    Wechselwirkungen auf Abstand gehalten werden. Die Dicke der

    elektrischen Doppelschicht gibt an, ob eine Dispersion stabil ist. Wenn

    die abstoßende Doppelschicht eine größere Reichweite um das Partikel

    hat, so ist die Dispersion stabil.

    Die sterische Stabilisierung ist eine weitere Möglichkeit der Stabilisierung.

    Hierbei werden Makromoleküle der Dispersion hinzugegeben. Die

    Makromoleküle adsorbieren chemisch oder physikalisch an der

    Teilchenoberfläche. Dadurch bildet sich eine Hülle von Makromolekülen

    um das Partikel. Diese Schicht verhindert damit die Annäherung der

    Partikel. Je dicker diese Schicht ist, desto stabiler ist die Dispersion.

    Zur sterischen Stabilisierung sind in Abbildung 7 vier verschiedene

    Mechanismen beschrieben.

    Im Fall A lagern sich die zugegebenen Alkylketten so am Partikel an,

    dass sich die Partikel räumlich nicht annähern können. Dieses beruht auf

    der Stauchung dieser Alkylketten, wodurch die Bewegungsfreiheit

    eingeschränkt wird.

    Im Fall B liegt eine lokale Konzentrationsabnahme zwischen den

    Partikeln vor. Der hierbei vorliegende osmotische Effekt übt die repulsive

    Kraft aus.

    Die elektrosterische Stabilisierung (Fall C und Fall D) beruht auf einer

    Kombination der elektrostatischen und der sterischen Stabilisierung. Im

    Fall C besitzen die Partikel eine Oberflächenladung und im Fall D tragen

    die adsorbierten Makromoleküle eine Ladung [La05, Ar02].

  • 25

    Abbildung 7: Mechanismen der sterischen Stabilisierung [La05]

    Die Verarmungsstabilisierung kann ebenfalls bei der Zugabe von Polymer

    vorliegen. Diese lagern sich aber nicht an der Partikeloberfläche an,

    sondern liegen in freier Lösung vor. Ansonsten ähnelt die

    Verarmungsstabilisierung dem beschriebenen Fall B. Die Stabilisierung

    beruht ebenfalls auf der Verdrängung und der Konzentrationsabnahme

    des Polymers. Eine Annäherung wird durch einen Ausgleich des lokal

    unterschiedlichen osmotischen Druckes verhindert [Ar02].

    2.2. Mischung

    2.2.1. Mischskalen

    Bei einer Mischung werden verschiedene Mischskalen unterschieden:

    • das Makromischen,

    • Mesomischen und

    • Mikromischen [Ba95a, Kr01, No08, Ra08, To01a].

    Makromischen

    Das Makromischen beschreibt Strömungsvorgänge im makroskopischen

    Bereich. Die hierbei betrachteten Fluidballen sind kleiner als die

    Reaktorabmessungen, aber größer als der Durchmesser eines einzelnen

  • 26

    Moleküls. Hierdurch sind Beschreibungen von Konzentrations- und

    Geschwindigkeitsverteilungen im cm-Maßstab und größer möglich [Ba01,

    Kr01, Ri09, vL96a].

    Mesomischen

    Beim Mesomischen wird die Umwandlung großer Wirbel betrachtet. Die

    Flüssigkeitselemente werden durch den turbulenten Wirbelzerfall in Folge

    von Trägheitskräften in immer kleinere Elemente dissipiert. Ab einer

    bestimmten Größe überwiegen die viskosen Kräfte über diesen

    Trägheitskräften. Als kritische Wirbelmessung wird die Kolmogrov-Länge

    angenommen. Mit dem Mesomischen werden Vorgänge im mm-Bereich

    beschrieben [Ba95a, Ra08, vL96a].

    Mikromischen

    Das Mikromischen beschreibt das Vermischen im molekularen Bereich.

    Die Vermischung von benachbarten Fluidballen erfolgt durch die viskos-

    konvektive Umwandlung von Flüssigkeitselementen. Diese ist gefolgt von

    der molekularen Diffusion [Ba95a, Ra08, Ri09, vL96a] und ist bedeutend

    für Fällungen. Die Relevanz wird in Kap. 2.2.2 näher erläutert. [Fr11]

    2.2.2. Relevanz des Mikromischens für die

    Fällungsreaktion

    Die Mikromischung ist wichtig, da bei der Fällung die Geschwindigkeit der

    chemischen Reaktion hoch ist. Durch das Mikromischen kommt es zu

    einer intensiven Vermischung der Edukte und dadurch zu einer räumlich

    homogenen Konzentrationsverteilung im betrachteten Reaktionsvolumen.

    Bei kinetischen Gleichungen zur Beschreibung einer Reaktion wird der

    homogene Zustand vorausgesetzt. In der Realität liegen aber häufig

    inhomogene Konzentrationsverteilungen vor, da eine homogene

    Vermischung über den gesamten Reaktor nicht möglich ist [Ma96].

  • 27

    Der Phasenwechsel von flüssig nach fest ist von der Übersättigung und

    damit von der räumlichen Konzentrationsverteilung abhängig. Die

    vorliegende Übersättigung wird damit durch das Mischen der Edukte

    bestimmt. Bei einer inhomogenen Verteilung liegt in der Kontaktzone der

    Reaktanden eine lokale maximale Übersättigung vor. An diesen Stellen

    ist die Keimbildung begünstigt [Fr95]. In den schlechter durchmischten

    Zonen liegt eine geringere Übersättigung vor und das Kristallwachstum

    findet bevorzugt statt. Dadurch liegen örtlich unterschiedliche

    Keimbildungsraten, Keimgrößen und Kristallwachstumsgeschwindig-

    keiten vor wodurch breitere Partikelgrößenverteilungen und verschiedene

    Partikelmorphologien entstehen [Ba95b, Ba99, Ch96, Gr06, Ho97, Ma96,

    Ma91, vL96a, vL96b].

    In vielen Untersuchungen wurde gezeigt, dass mit einer Erhöhung der

    Rührintensität eine intensivere Vermischung stattfindet [Ch07, Fo96,

    Li97, No08]. In Bezug auf die Fällungsergebnisse sind bei einer

    Erhöhung der Mischungsintensität in der Literatur widersprüchliche

    Ergebnisse verzeichnet. Im Folgenden sind einige Beispiele vor allem

    vom Modellsystem Bariumsulfat als auch einige von Calciumcarbonat

    und Calciumoxalat verzeichnet.

    W. Zheng et al. [Zh06], Fitchett und Tarbell [Fi90], Leewen et al. [vL96b],

    A.C Rasmuson und M. Torbacke [To01b] sowie Baldyga et al. [Ba95b,

    Ph99] fanden heraus, dass mit steigender und damit intensiverer

    Vermischung die Partikelgröße zunimmt. Phillips et al. [Ph99] erklärten

    diesen Zusammenhang durch eine schnellere Neuverteilung der

    Übersättigung bei höherer Vermischungsintensität. I. Houcine et al.

    [Ho97], J. Franck und A. Mersman [Fr95], B. Judat et al. [Ju03] erhielten

    dazu widersprüchliche Ergebnisse. Sie zeigten, dass bei einer

    Intensivierung der Vermischung die resultierende Partikelgröße sinkt. I.

    Houcine [Ho97] begründete die Beobachtung durch eine Begünstigung

    der sekundären Keimbildung bei einer Erhöhung der Durchmischung. Es

    kommt dadurch zu verstärktem Bruch und Abrieb der Partikel. Diese

    Bruchstücke wirken als weitere Keime, so dass schlussendlich kleinere

    Partikel erzeugt werden. J. Franck [Fr95] führte die Beobachtung darauf

    zurück, dass der erhöhte Energieeintrag zu einer Verkürzung der

  • 28

    Mikromischzeit führt und damit auch zu einer höheren Übersättigung. Die

    resultierende höhere Keimbildungsrate und geringere Wachstumsrate

    führt demzufolge zu einer Verringerung der Partikelgröße.

    A. Barresi et al. [Ba99] und Pagliolico et al. [Pa99] sowie Fitchett und

    Tarbell [Fi90] stellten eine Veränderung der Partikelmorphologie in

    Abhängigkeit der Mischbedingungen fest. Bei einer Erhöhung der

    Vermischungsintensität, z.B. durch eine Steigerung der Rührintensität,

    werden Partikel synthetisiert, die die Form einer Rose aufweisen.

    Das Makromischen stellt den dominierenden Mischungsprozess in Bezug

    auf die Partikelform dar, wie B. Judat [Ju04] gezeigt hat. Durch eine

    Erhöhung der Makromischqualität ändert sich die Partikelform von der

    regulären in eine irreguläre Form. Begründet wird dieses dadurch, dass

    bei einer hohen Übersättigung das diffusive Wachstum der Partikel

    begünstigt ist und dadurch irreguläre Partikelformen entstehen. Bei einer

    geringen Übersättigung, hervorgerufen durch eine geringere

    Makromischqualität, wird hingegen das integrative Wachstum der Partikel

    bevorzugt. Diese führt zu regulären Partikelformen [Ju04]. Die Bildung

    von irregulären Partikelformen durch eine Steigerung der

    Makromischqualität konnte ebenfalls durch M. Mazzotti et al. [Ma07a]

    bewiesen werden. [Fr11]

    2.2.3. Mikromischzeit

    Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor auf Fällungsreaktionen ist die

    Mikromischzeit. Für Fällungsreaktionen sollte diese kleiner als 1 ms sein

    [Ma07b]. Es sollen nun Berechnungsmöglichkeiten für die Mikromischzeit

    bei vorliegenden laminaren und turbulenten Strömungen aufgezeigt

    werden. Nach Johnson et al. [Jo03] kann für laminare Strömungen

    angenommen werden, dass die charakteristische Mischzeit gleich der

    Diffusionszeit (Gl. 37) ist:

    ( )D

    k

    diffm

    25.0 λ

    ττ⋅

    == . Gl. 37

  • 29

    Als charakteristische Längenskala wurde die Kolmogorov-Wirbellänge λk

    (Gl. 38) verwendet:

    41

    3

    =

    εν

    λk . Gl. 38

    Zur Bestimmung der Energiedissipationsrate ε wird die dem System

    zugeführte Leistung betrachtet, die durch das Produkt vom Mischvolumen

    Vmisch und der Dichte ρ dividiert wird (Gl. 39):

    Als Dichte ρ wird vereinfacht die Dichte von Wasser herangezogen.

    Eine weitere Möglichkeit zur Berechnung der Mikromischzeit für viskoses

    konvektives Mischen erfolgt über den Engulfment Faktor E. Nach dem

    Engulfment Modell zur Mikromischung nach Baldyga [Ba89] kann die

    Mikromischzeit über die Energiedissipationsrate nach Gl. 40 bestimmt

    werden:

    Die Energiedissipationsrate ist prinzipiell in Gl. 39 angegeben. Auf die

    genaue Definition zur Berechnung der Leistung wird in Kap. 8.2 näher

    betrachtet.

    2.3. Ultraschall

    2.3.1. Grundlagen des Ultraschalls

    Der Mischprozess kann ebenfalls durch Ultraschall realisiert werden

    [Mo99b].

    Die durch Ultraschall erzeugten Schallwellen sind vom Menschen nicht

    hörbar. Für Menschen ist nur der Frequenzbereich von 16 bis 20 kHz

    wahrnehmbar [Ka95], [Ka06], [Kr01]. Die Ultraschallwellen bewegen sich

    aber im Frequenzbereich von 16 kHz bis 2 MHz [Kr01, Mo00].

    mischV

    P

    ⋅=

    ρε . Gl. 39

    εν

    ⋅== 2,171

    Etm . Gl. 40

  • 30

    Ultraschallwellen entstehen durch die Umwandlung von elektrischer

    Energie in mechanische Schwingungen. Dies kann z.B. durch piezo-

    elektrische Kristalle realisiert werden. Bei Anlegen eines elektrischen

    Wechselfeldes an diesem aus Quarz bestehenden Kristall kann dieser

    mechanische Schwingungen durch ein Ausdehnen und anschließendes

    Zusammenziehen ausführen. Um Ultraschall erzeugen zu können, ist

    hierfür ein hochfrequentes elektrisches Wechselfeld notwendig.

    Voraussetzung für die Ausbreitung der Schallwellen ist immer eine

    Materie [Ka06].

    Für die Übertragung der Schallwellen in einer Flüssigkeit kann z.B. eine

    Sonotrode verwendet werden. Eine Sonotrode hat eine in Richtung ihrer

    normalen Schwingungen ausführende Oberfläche. Diese Bewegungen

    werden in der Flüssigkeit auf die Nachbarelemente übertragen und

    können sich so über die gesamte Materie ausbreiten [Ze04]. In einer

    Flüssigkeit können keine Querkräfte übertragen werden, deshalb liegen

    keine Transversalwellen sondern nur Longitudinalwellen vor [Mi87]. Unter

    Longitudinalwellen werden Wellen verstanden, die parallele

    Schwingungen zur Ausbreitungsrichtung ausüben [Ka95, Ze04]. Die

    Schallwelle in der Flüssigkeit ist durch die räumliche und zeitliche

    Änderung der Flüssigkeitsdichte, des Druckes und der Geschwindigkeit

    der einzelnen Teilchen, aber auch von physikalischen Kenngrößen, wie

    der Temperatur und dem Dampfdruck der Flüssigkeit bestimmt [Ze04].

    Die Ausbreitung erfolgt durch Druck- und Dichteschwankungen in der

    Flüssigkeit [Kr01]. In realen Flüssigkeiten nimmt die Schallintensität

    aufgrund von Dissipationsverlusten exponentiell mit der Entfernung der

    Sonotrode ab. Durch die Abnahme der Schallintensität wird die

    Auslenkungsamplitude der Teilchen kontinuierlich kleiner. Dieses kann

    verschiedene Ursachen haben. Zum einen wird die Schallintensität durch

    die viskosen Kräfte der Flüssigkeit und der dadurch erzeugten

    Wärmeentwicklung gedämpft. Zum anderen sind aber auch

    nichtdissipative Ursachen wie z.B. Streuung an Inhomogenitäten oder

    Reflexionen für die Dämpfung denkbar [Ka95]. [Ku11, Fr11, La11]

  • 31

    2.3.2. Wirkmechanismen des Ultraschalls

    In Flüssigkeiten treten durch Ultraschallwellen zwei wichtige Effekte auf.

    Zum einen wird eine erhöhte Molekülbewegung im Fluid erzeugt.

    Hierdurch wird eine akustische Strömung hervorgerufen. Durch die

    verstärkte Molekülbewegung kommt es zu einer Erhöhung des

    Stoffübergangs und zu einer verbesserten Durchmischung des Fluids

    [Ka95].

    Zum anderen tritt akustische Kavitation ein [Jo06, Ka95]. Dieser Effekt

    liegt vor, wenn die Kavitationsschwelle überschritten wird. Die

    Kavitationsschwelle ist ein Grenzwert ab dem Kavitation eintritt [Bu99,

    Ke02]. In der Literatur wird dieser Grenzwert mit einem Wert von ca.

    1 W/cm² angegeben [So03].

    Die Wellen erzeugen durch ihre Ausbreitung in Longitudinalwellen

    wechselnde Kompressions- und Dehnungszonen. Dabei werden die

    Teilchen zusammengedrückt bzw. voneinander wegbewegt. Es wird

    hierbei von Hochdruck- und Unterdruck-Zyklen gesprochen [Ka95, Ab07].

    Wenn der Druck in den Dehnungszonen unter den Dampfdruck der

    Flüssigkeit sinkt, geht die Flüssigkeit partiell in den gasförmigen Zustand

    über [Sc08]. Dabei entstehen mit Dampf oder Gas gefüllte Blasen [Jo06,

    Ka95, Ly02, Sc08]. Meistens liegen nicht reine gas- oder dampfbefüllte

    Blasen vor, sondern Mischformen von Gas- und Dampfblasenkavitation.

    Gas- oder dampffreie Blasen treten in der Realität fast nie auf [Ze04].

    Diese Kavitationsblasen wachsen solange bis sie instabil werden. Im

    folgenden Hochdruck-Zyklus (Kompressionszone) zerfallen die Blasen

    schlagartig oder sie implodieren [Kö99, Ly02].

    In ungestörter Umgebung kollabieren die Blasen kugelsymmetrisch. In

    der Nähe von Hindernissen, Feststoffober- oder Phasengrenzflächen

    erfolgt der Kollaps nicht mehr kugelsymmetrisch [Ho96, Ka95, Kr01]. Es

    kommt zur Ausbildung von Flüssigkeitsstrahlen („Mikro-Jets“), diese sind

    auf feste Oberflächen gerichtet und erreichen Geschwindigkeiten von bis

    zu 100 m/s (Abbildung 8) [Bo10, Do00, Ha99, Se01, Ho96, Ka95, Kö99,

    Ul02]. Durch die Flüssigkeitsstrahlen kann es zu einer Verbesserung der

    Mischung kommen. Weiterhin können Reinigungseffekte erzielt werden.

  • 32

    Bei Kavitation entstehen aber auch negative Effekte, wie z.B.

    Erosionserscheinungen an festen Oberflächen [Ci08, Do00, Ka95, Kö99,

    Se01, Ma85, Su87, Wi95].

    Abbildung 8: Vorgang der asymmetrischen Blasenimplosion [We04]

    Durch das Kollabieren der Blasen treten hohe Temperaturen auf. Darüber

    hinaus werden auch kraftvolle Schockwellen freigesetzt [Ha99, Ho96,

    Ly02]. Dieses Phänomen beruht auf der sehr kurzen Zeitdauer des

    Kollabierens im Vergleich zum Blasenwachstum [Jo06]. Dieses ist in

    Abbildung 9 dargestellt. Das Blasenwachstum dauert ca. eine halbe

    Schwingungsperiode [Kr01]. In Abbildung 9 ist zudem die Abhängigkeit

    der Blasengröße von der Ultraschallfrequenz abgebildet. Bei konstanter

    Schallintensität sind mit zunehmender Frequenz die entstehenden Blasen

    kleiner [Ka95]. Der Grund für die kleineren Blasen bei hohen Frequenzen

    wird im nächsten Abschnitt zum Einfluss der Frequenz auf die Kavitation

    erklärt. Neben der Frequenz ist die Blasengröße auch von der

    Schallintensität abhängig. Mit der Zunahme der Schallintensität entstehen

    größere Blasen [Ka95].

  • 33

    Abbildung 9: Blasengröße in Abhängigkeit von der Zeit und der Frequenz [Ul02]

    Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Kavitation für die

    Verbesserung der Durchmischung und zur Oberflächenreinigung

    eingesetzt werden kann. Aber es müssen auch die negativen

    Auswirkungen der Kavitation, wie die massive Beschädigung von

    Bauteiloberflächen infolge des Materialabtrages, beachtet werden [En96].

    [Fr11, Ku11, La11]

    2.3.3. Einflussfaktoren

    Zur Betrachtung der Einflüsse der Flüssigkeitseigenschaften auf die

    Kavitation ist die Einführung zweier Begriffe sinnvoll [Ka95]:

    • Die Kavitationsfestigkeit ist die Schallintensität, bei der das erste

    Mal Kavitation auftritt.

    • Die Kavitationsintensität ist ein Maß für die auftretenden Drücke

    und Temperaturen beim Kollabieren der Blasen.

    Im Folgenden sollen die wichtigsten Einflussfaktoren hinsichtlich der

    Kavitation beschrieben werden.

  • 34

    Frequenz des Ultraschalls

    Im Frequenzbereich von 20 – 50 kHz ist die Kavitation besonders

    ausgeprägt [Ka95]. In diesem Frequenzbereich treten durch den

    Blasenkollaps und die dadurch erzeugten Flüssigkeitsstrahlen starke

    mechanische Wirkungen auf. Mit Zunahme der Frequenz nimmt die

    Schwingungsperiode ab. Dadurch neigt die Flüssigkeit mit zunehmender

    Frequenz bei konstanter Schallintensität weniger zur Kavitation. Die Zeit

    für das Wachstum und den Kollaps der Blasen verringert sich

    (Abbildung 9). Durch die kürzere Wachstumszeit entstehen kleinere

    Blasen und durch die geringere Dauer des Kollapses werden

    ausschließlich niedrigere Kavitationsintensitäten erreicht [Ka95, Ki06].

    Außerdem wirkt sich die verstärkte molekulare Dämpfung in Flüssigkeiten

    bei Einwirkung hoher Frequenzen aus [Ka95].

    Gelöste Gase in der Flüssigkeit

    Die gelösten Gase in der Flüssigkeit nehmen Einfluss auf die Kavitation

    und wirken als Kavitationskeime. Dadurch setzt die Kavitation schon bei

    niedrigeren Unterdrücken ein, als theoretisch ohne Gase notwendig wäre.

    Die zusätzlichen Keime setzen die Kavitationsschwelle [Ka95, Ki06, Ul02]

    und damit auch die Kavitationsfestigkeit der Flüssigkeit herab.

    Weiterhin können die gelösten Gase in die bereits gebildeten Blasen

    während des Blasenwachstums hinein diffundieren. Dadurch wird die

    Kavitationsintensität der Blasen abgeschwächt, da die Implosion durch

    die im Inneren der Blase vorhandenen Gase gedämpft wird [Do00, En96,

    Ka95]. Zudem reduzieren sich der maximale Druck und die Temperatur

    während des Blasenkollapses [Do00].

    Partikel im System

    Feststoff- und Staubpartikel wirken wie gelöste Gase als zusätzliche

    Keime und setzen damit die Kavitationsfestigkeit analog zu den

    Zusammenhängen bei den gelösten Gasen herab [Ka95, Ul02].

  • 35

    Temperatur der Flüssigkeit

    Viele Stoffeigenschaften z.B. der Dampfdruck, die Viskosität und die

    Oberflächenspannung sind temperaturabhängig. Im Folgenden sollen die

    wichtigsten Einflussfaktoren näher beschrieben werden.

    a) Dampfdruck

    Mit steigender Temperatur nimmt der Dampfdruck zu. Flüssigkeiten mit

    hohen Dampfdrücken und niedrigen Viskositäten besitzen eine geringere

    Kavitationsfestigkeit, da ein geringerer Unterdruck für das Entstehen der

    Blasen notwendig ist [Ka95, Ki06]. Die Blasen füllen sich mit Dampf,

    deshalb ist die Kavitationsintensität analog zu den mit Gas gefüllten

    Blasen herabgesetzt, und die Implosion der Blasen wird gedämpft [Ka95,

    Ki06].

    b) Viskosität

    Die Viskosität der Flüssigkeit nimmt mit steigender Temperatur ab und

    hat damit ebenfalls großen Einfluss auf die Kavitation.

    Bei einer erhöhten Viskosität ist mehr Arbeit notwendig, damit die

    Flüssigkeit auseinander gerissen werden kann [Ka95]. Aufgrund der

    erhöhten inneren Reibung sind die Teilchen zäher Flüssigkeiten stärker

    aneinander gebunden bzw. unbeweglicher. Der durch die Schallwellen

    erzeugte Unterdruck muss die Zugfestigkeit der Flüssigkeit übersteigen,

    damit Kavitation auftreten kann [Ke02]. Die Kavitationsfestigkeit steigt bei

    einer erhöhten Viskosität [Ka95], da die Kavitationsschwelle der

    Flüssigkeit aufgrund der inneren Reibung stark angehoben wird [Ul02].

    Mit erhöhter Viskosität sinkt hingegen die Kavitationsintensität, da sich

    die Wachstumsgeschwindigkeit der Blasen verringert und dadurch die

    Blasen kleiner bleiben und die Druckstöße bei der Blasenimplosion sind

    ebenfalls geringer [Ka95]. [Ku11]

  • 36

    2.3.4. Einfluss von Ultraschall auf die Mikromischung

    H. Monnier et al. [Mo99a, Mo00, Mo99b], N.P. Vichare et al. [Vi01] und J.

    Krüger [Kr01] untersuchten die Verbesserung der Mischeffizienz durch

    Ultraschall. Es zeigte sich, dass durch Ultraschall Mikromischungseffekte

    erzeugt werden können. Dabei ist zu beachten, dass die Zugabe der

    Substanzen unterhalb der Sonotrode erfolgen sollte, da an dieser Stelle

    die Intensität der Kavitation am höchsten ist. Durch eine Erhöhung der

    Intensität des Ultraschalls ist eine deutliche Verbesserung der

    Mikromischung zu verzeichnen.

    Monnier stellte einen Vergleich zwischen Ultraschall und einem

    klassischen Rührbehälter her [Mo99a]. Es zeigte sich, dass durch den

    Ultraschall im Vergleich zum klassischen Rührkessel keine Verbesserung

    der Mikromischungseffekte hervorgerufen werden konnte. Es konnten

    lediglich identische Mikromischzeiten in beiden Fällen erreicht werden.

    Beim Scheibenrührer ist allerdings eine hohe Rührgeschwindigkeit

    notwendig, um die identischen Mikromischzeiten zu erreichen. Weiterhin

    untersuchten Monnier [Mo99a] und C. Gatumel et al. [Ga98], ob eine

    Steigerung der Mikromischqualität durch die Kopplung eines Rührers mit

    Ultraschall möglich ist. Jedoch konnte keine Verbesserung der

    Mikromischungseffekte bei hohen Rührgeschwindigkeiten festgestellt

    werden, der Einfluss des Ultraschalls verschwindet vollständig [Ga98]. In

    diesem Fall kommt es aufgrund der hohen Rührintensität und der

    Ausdehnung der Schallwellen zu einer Interaktion zwischen der

    Turbulenz und der Kavitation. [Fr11, Ku11, La11]

  • 37

    2.3.5. Einfluss von Ultraschall auf Kristallisations-

    prozesse

    Konventionelle Kristallisationsprozesse

    Konventionelle Kristallisationsprozesse sind in Bezug auf die

    Korngrößenverteilung des Produktes schwer steuerbar [De03, Ru05,

    Sc09b, Sc10, Sc08]. Mit Ultraschall kann diesem Problem entgegen

    gewirkt werden, da durch Ultraschall der Verlauf der Keimbildung

    kontrolliert werden kann [Li03]. Durch diese Steuerung und damit der

    Reproduzierbarkeit der Prozesse können die Produkteigenschaften

    optimiert werden [Ab07, De03, Li06a, Ru05, Sc09b, Sc10, Sc08]. Damit

    besitzt der Einsatz von Ultraschall bei Kristallisationen weitreichende

    Potentiale in industriellen und pharmazeutischen Prozessen [Ci08]. Es ist

    allerdings schwierig die einzelnen Effekte getrennt voneinander zu

    betrachten [Wi04]. Folgende Haupteffekte des Ultraschalls auf die

    Kristallisationsprozesse können aufgelistet werden [As74]:

    1. Deutlicher Anstieg der Keimbildungsrate [Ab07, Ci08, Li03, Lo06,

    Ly02, Mo11, Ru05, Sc09a, Sc09b, Sc10].

    2. Erhöhung der Kristallwachstumsgeschwindigkeit [Ci08, Ka95,

    Ru05, Wi01].

    3. Reduzierung der Kristallgröße [As74, Gu05, Li92, Mo11, Sc08,

    Wi01].

    4. Verengung der Kristallgrößenverteilung [Ab07, Mo11, Sc09a,

    Sc09b, Sc08, Vi06, Wi01, Wi04].

    5. Veränderung der Kristallmorphologie (z.B. Vergleichmäßigung)

    [Ab07, Gu05, Ka95, Li92, Lo06, Mo11, Sc09a, Wi01].

    6. Vermeidung/Zerstörung von Kristallagglomeration.

    Der dritte bis sechste Effekt beruht auf den beiden ersten Prozessen

    [Ka95].

    Kallies [Ka95], Cintas [Ci08], Ruecroft [Ru05] und Wilhelm [Wi01] führen

    die Erhöhung der Kristallwachstumsgeschwindigkeit auf die akustische

  • 38

    Strömung zurück, die sich bei geringen Ultraschallintensitäten unter der

    Kavitationsschwelle ausbildet. Durch die akustische Strömung wird der

    Stoff- und Wärmetransport an der Phasengrenze zwischen Kristall und

    umgebender Flüssigkeit verbessert. Durch diesen Effekt wird die

    Wachstumsgeschwindigkeit der Kristalle erhöht.

    Die Erhöhung der Keimbildungsrate ist nach Kallies [Ka95] in erster Linie

    auf die sekundäre Keimbildung zurückzuführen. Die entstandenen

    Bruchstücke wirken als Keime. Kallies [Ka95] bezeichnet diesen Vorgang

    als sehr effektiv, da bereits einzelne Kristalle ausreichen, um die

    sekundäre Keimbildung einzuleiten.

    Die Auswirkung der Kavitation auf die primäre Keimbildung ist dagegen

    umstritten. Kallies [Ka95] konnte das Auslösen der primären Keimbildung

    durch Ultraschall bei Versuchen mit Wasser und organischen Substanzen

    nicht bestätigen. Bei den Versuchen mit Wasser wurde eine spontane

    primäre Keimbildung durch Ultraschall beobachtet. Kallies [Ka95]

    berichtet aber, dass die primäre Keimbildung in Wasser allein durch

    starkes Rühren bei vergleichbaren Übersättigungen herbeigeführt werden

    kann. Demzufolge führt Kallies [Ka95] diese ausgelöste primäre

    Keimbildung bei Versuchen mit Wasser ausschließlich auf den Eintrag

    mechanischer Energie durch den Ultraschall zurück, wodurch die

    Durchmischung verbessert wurde. Schembecker [Sc09a, Sc09b, Sc10,

    Sc08] konnte im Gegensatz zu den Untersuchungen von Kallies [Ka95]

    seine These einer heterogenen primären Keimbildung durch seine

    Untersuchungsergebnisse bestätigen. Er ersetzte die Kavitationsblasen

    durch Gasblasen. Diese Gasblasen expandieren, kollabieren aber nicht.

    Da die Versuche mit Gasblasen aber ein ähnliches Ergebnis zeigten wie

    die Versuche mit Kavitationsblasen wurde Schembeckers Hypothese

    einer heterogenen Keimbildung bekräftigt. [Ku11, La11, Fr11]

    Fällungsprozesse

    Die Fällung wird als Spezialfall der Kristallisation angesehen. Deshalb

    gelten prinzipiell die gleichen Einflüsse des Ultraschalls auf die Fällung.

  • 39

    Durch die Anwendung von Ultraschall in Fällungsprozessen kann die

    Vermischung durch höhere Scherkräfte und höhere Rührenergien

    verbessert werden [Ly07, Sc98a]. Es ist zudem möglich einige Parameter

    wie z.B. die Energiezufuhr, das Reaktordesign, die Beschallungsdauer

    und die Eduktkonzentration unabhängig voneinander zu untersuchen

    [Ba04, Ba06].

    Die Einflüsse des Ultraschalls auf Fällungsprozesse können wie folgt

    zusammengefasst werden:

    • Beschleunigung oder Verzögerung der Fällung [Gu06, Jo06, Ni04]

    • Förderung der Keimbildungsrate [As74, Ba04, Gu06, Jo06, Kr01,

    Ly07, Ni04, Sc98a]

    • Verbesserung der Mikromischung der flüssigen Reaktionspartner

    [Ba04, Sc98a]

    • Reduzierung der Kristallgröße [As74, He67, Ly07]

    • Verengung der Kristallgrößenverteilung [Gu06, Jo06, Ni04]

    • Veränderung der Kristallmorphologie (z.B. Vergleichmäßigung) oder

    des Kristallcharakters [Gu06, Jo06, Ni04]

    • Vermeidung bzw. Zerstörung von Kristallagglomeraten [Ba04, Gu06,

    Jo06, Kr01, Ni04, Sc98a]. [Ku11, Fr11, La11]

    2.3.6. Theorie der numerischen Berechnungen zur

    Akustik und Ultraschall

    Um einzelne Effekte besser erklären zu können, wurden numerische

    Berechnungen vom Kooperationspartner am Institut für Technische

    Mechanik an der TU Clausthal durchgeführt [Ja12].

    Ausgangspunkt für die Formulierung eines Modells ist die

    Wellengleichung in der Form (Gl. 41):

    ss

    s pct

    p 222

    2

    ∇=∂

    ∂ . Gl. 41

  • 40

    Darin ist ),( txps der Schalldruck und sc die Schallgeschwindigkeit. Wird

    die Schallgeschwindigkeit in Gl. 41 zunächst als konstant angenommen,

    so folgt mit dem in Gl. 42 gezeigten Ansatz: ti

    ss exptxpω−⋅= )(ˆ),(

    rr Gl. 42

    die Helmholtz-Gleichung (Gl. 43):

    0ˆˆ 22 =+∇ ss pkp , Gl. 43

    ω bezeichnet hierbei die Kreisfrequenz und ck /ω= die Wellenzahl.

    Prosperetti und Commander [Pr89] leiteten anhand der Arbeiten von

    Wijngaardan [vW68] eine nichtlineare Wellengleichung für die

    Ausbreitung von Schall in einem Flüssigkeits-Dampf Gemisch her.

    Aufgrund der viskosen, thermischen und akustischen Effekte liegt in dem

    Flüssigkeits-Dampf Gemisch eine deutlich höhere Dämpfung vor. Die

    modifizierte Helmholtz-Gleichung (Gl. 44), die die nichtlinearen Effekte

    berücksichtigt, lautet:

    0ˆˆ 22 =+∇ sms pkp . Gl. 44

    Die in Gl. 44 erwähnte komplexe Wellenzahl (km) ist definiert als (Gl. 45):

    ( )∫

    +−+=

    0 22

    0

    2

    2

    22

    2

    ,4 Bl

    BlBl

    s

    m daib

    rafa

    ck

    ωωωπω

    ω . Gl. 45

    Der Gleichgewichtsradius der Dampfblasen (aBl) wird mit 150 µm

    angenommen. ( )raf Bl , ist die Anzahl der Blasen mit einem

    Gleichgewichtsradius zwischen Bla und BlBl daa + und 0ω symbolisiert die

    Eigenfrequenz der Blasen. Die Eigenfrequenz der Blasen kann mit Gl. 46

    berechnet werden:

    −Φ=

    0

    2

    02

    0

    2Re

    paa

    p

    Bl

    s

    Bl

    σ

    ρω . Gl. 46

    Aufgrund der Oberflächenspannung ist der mittlere Druck in den

    Dampfblasen 0p um den Betrag Bla/2σ größer als der Druck im

    umgebenden Fluid. Die Oberflächenspannung sσ und die Dichte ρ sind

    bekannte Stoffeigenschaften. Der komplexe, dimensionslose Parameter

    Φ kann über Gl. 47 berechnet werden:

    ( ) ( ) ( )[ ]1/coth/1313

    2/12/1 −−−=Φ

    χχχγ

    γ

    iiiw

    w . Gl. 47

  • 41

    wγ ist das Verhältnis der spezifischen Wärmen (cp/cV) des Gases in der

    Blase. Für die Berechnungen wird für wγ der Wert von 1,4 angenommen.

    χ ist ein dimensionsloser Parameter, der über Gl. 48 ermittelt werden

    kann: 2

    / Blt aD ωχ = . Gl. 48

    Dieser dimensionslose Parameter ist von der thermischen Diffusivität tD

    abhängig. Der Dämpfungsfaktor b in Gl. 45 ist definiert als Gl. 49:

    s

    Bl

    BlBlc

    a

    a

    p

    ab

    2Im

    2

    2

    2

    0

    2

    ω

    ρωρ

    µ+Φ+= . Gl. 49

    Der Dämpfungsfaktor hängt neben akustischen Größen von der

    Viskosität des Fluids ab. Bei der Annahme einer monodispersen

    Verteilung von Dampfblasen mit dem Radius 0Bl

    a vereinfacht sich Gl. 45

    zu Gl. 50:

    +−+=

    ωωω

    πωib

    anc

    ck

    Blbs

    s

    m2

    41

    22

    0

    0

    2

    2

    22 , Gl. 50

    bn bezeichnet hierbei die Anzahl der Blasen im betrachteten Volumen.

    Wie gezeigt wurde, hängt die Dämpfung des Schalldrucks im Fluid von

    zahlreichen Parametern ab. Die Viskosität und die Volumenfraktion der

    Dampfphase stellen dabei die signifikanten Parameter dar.

    Die Volumenfraktion der Dampfphase Dβ (Gl. 51) ist definiert als:

    bBlD na3

    03

    4πβ = . Gl. 51

    Mit Gl. 51 kann auf die Anzahl der Blasen im betrachteten Volumen bei

    bekannter Volumenfraktion der Dampfphase Dβ rückgeschlossen

    werden.

    In der vorliegenden Arbeit wird für die Volumenfraktion der Blasen

    (Dampfblasenverteilung) folgender empirischer, linearer Zusammenhang

    zum Schalldruck angenommen (Gl. 52) [Dä99]:

    TD p×⋅=−9102 β . Gl. 52

    Bei diesem Modell wird die Dynamik der Kavitation (Blasenwachstum

    nach Rayleigh-Plesset) nicht berücksichtigt.

    Der minimale Druck pT, bei dem Kavitation auftreten kann (Blake

    Schwellwert [Dä99]), hängt vom Umgebungsdruck p0, der

  • 42

    Oberflächenspannung δ und dem Blasenradius aBl ab und ist in Gl. 53

    definiert:

    +

    +=

    Bl

    Bla

    pa

    ppσ

    σσ

    22

    3

    9

    8

    0

    3

    0T

    Gl. 53

    Für die Betriebsbedingungen in der vorliegenden Anlage wird dieser

    Druck pT mit 1 bar angenommen.

    Die Berechnung des Schallfeldes läuft iterativ in mehreren Schritten ab:

    Zunächst wird auf der Basis der Helmholtz-Gleichung (Gl. 43) das

    Schallfeld für das anfänglich blasenfreie Fluid bestimmt. Zusammen mit

    Gl. 52 wird damit das Blasenfeld berechnet. Demzufolge ändert sich die

    komplexe Wellenzahl gemäß Gl. 50. Mit Hilfe von Gl. 51 kann die Anzahl

    der Blasen im betrachteten Volumen bestimmt werden. Mit dieser wird

    die modifizierte Helmholtzgleichung (Gl. 44) gelöst und der Prozess wird

    wiederholt, bis Konvergenz erzielt wird. Als Randbedingung sind für die

    PTFE - Wände des Reaktionsraumes die Dirichlet Randbedingungen mit

    p = 0 in der Helmholtz-Gleichung (Gl. 43) verwendet worden. Die

    Frequenz beträgt wie auch bei den experimentell durchgeführten

    Versuchen 20 kHz und deshalb ist die Dicke der Reaktionsraumwände

    vernachlässigbar zu der Wellenlänge vom Ultraschall. Die äußeren

    Wände der Sonotrode werden als reflektierende Wände angesehen und

    demzufolge wird die Neumann Randbedingung mit dp/dn=0 verwendet.

    Für die äußeren Wände der Einlass- und Auslasskapillaren ist ebenfalls

    die Neumann Randbedingung eingesetzt worden. Die Querschnitte der

    Einlass- und Auslasskapillaren sind als Dirichlet Randbedingungen mit

    p=0 angenommen worden. Als Quelle vom Ultraschall wird die Sonotrode

    mit der Dirichlet Randbedingung p = pAmplitude verwendet. Die

    Berechnungen wurden mit dem FEM Programmpaket COMSOL

    durchgeführt. [Ja12, Ai12]

  • 43

    3. Material und Methoden

    3.1. Analysemethoden

    3.1.1. Dynamische Lichtstreuung (DLS)

    Die Partikelgrößenverteilung wird mit Hilfe eines Zetasizers Nano Series

    von Malvern mittels Photonenkorrelationsspektroskopie bestimmt. Es

    können mit dem Zetasizer Nano ZS Partikel im Größenbereich von

    0,6 nm bis 6 µm vermessen werden. Sinnvolle Messungen sind allerdings

    nur im Messbereich von 10 nm bis 1 µm möglich. Dabei sollte die

    Partikelkonzentration für die Partikelgrößenmessungen in den vom

    Hersteller empfohlenen Bereichen (Tabelle 3) liegen. Die sehr kleinen

    Partikeln (< 10 nm) streuen das Licht sehr schwach, deshalb muss

    hierbei die minimale Konzentration bedeutend größer sein als bei den

    größeren Partikeln.

    Tabelle 3: Empfohlene Partikelkonzentrationen für Partikelgrößenmessungen

    Partikelgröße Minimale

    Konzentration

    Maximale Konzentration

    x < 10 nm 0,5 g/L Nur limitiert durch Wechsel-

    wirkungen, Aggregation, Gel-

    bildung etc. des Probematerials

    10 nm < x < 100 nm 0,0001 g/L 5 mass-%

    (bei einer Dichte von 1 g/cm3)

    100 nm < x < 1 µm 0,01 g/L

    (10-3 mass-%)

    1 mass-%

    (bei einer Dichte von 1 g/cm3)

    x > 1 µm 0,1 g/L

    (10-2 mass-%)

    1 mass-%

    (bei einer Dichte von 1 g/cm3)

    Bei der Messung werden die Partikel mit einem Laser bestrahlt und die

    Intensitätsfluktuationen des gestreuten Lichts analysiert. Unterschiedlich

  • 44

    große Partikel bewegen sich aufgrund der Brownschen

    Molekularbewegung verschieden schnell. Durch die Stokes-Einstein

    Gleichung lässt sich von der Bewegungsgeschwindigkeit auf die

    jeweiligen Partikelgrößen schließen.

    Die Probenanalyse vom Bariumsulfat erfolgte unverdünnt direkt nach der

    Fällung. Unter der Annahme, dass das Kaliumsulfat (cK2SO4 = 0,04 mol/L)

    vollständig umgesetzt wurde, ergibt sich bei der Messung unter

    Berücksichtigung der Molaren Masse vom Bariumsulfat

    (M = 233,39 g/mol) eine Partikelkonzentration an gefälltem Bariumsulfat

    von 4,5 g/L.

    Die Magnetitproben wurden im Verhältnis 1:20 vor der Messung

    verdünnt. So ergibt sich bei der Messung eine Magnetitkonzentration von

    ca. 0,5 g/L.

    3.1.2. Rasterelektronenmikroskopie (REM)

    Die Morphologie des gefällten Bariumsulfats wurde mit Hilfe eines

    Rasterelektronenmikroskops (REM) (FEI, Phenom) untersucht. Mit dem

    verwendeten Phenom© sind Vergrößerungen von 525x bis 24 000x

    möglich. Die maximale Auflösungsgrenze liegt bei Partikelgrößen von

    30 nm. Beim Rasterelektronenmikroskop werden die Partikeloberflächen

    mit einem fokussierten Elektronenstrahl abgetastet. Durch

    Wechselwirkungen der Primärelektronen mit der Oberfläche entstehen

    verschiedene detektierbare Sekundärstrahlen mit charakteristischer

    Energie, die genutzt werden können, um Abbildungen der

    Oberflächentopographie zu erzeugen. Beim verwendeten Phenom©

    werden die Rückstreuelektronen detektiert.

    KClBaSOSOKBaCl +↓↔+ 4422 Gl. 54

    Um überschüssige Edukte (BaCl2) sowie gebildete Nebenprodukte (KCl)

    (Gl. 54) aus den Proben zu entfernen war eine Vorbehandlung mit

    folgender Durchführung notwendig: Als Erstes fand das Waschen der

    Partikel mit deionisiertem Wasser statt. Anschließend erfolgte die

    Abscheidung der Bariumsulfatpartikel mittels einer Zentrifuge (Universal

  • 45

    Hettich 30F, 5000 U/min, 6 min). Dieser Vorgang wurde dreimal

    wiederholt, um die Waschung zu vervollständigen. Im letzten Schritt

    wurden die Partikeln durch Dipcoating auf die Probenträger aufgebracht

    und vor der Vermessung mit einer Gold-Palladium-Mischung für 40 s

    besputtert (Emitech, SputterCoater). Die Morphologie der Partikeln wurde

    bei 10.000 facher Vergrößerung analysiert.

    3.1.3. Transmissionselektronenmikroskopie (TEM)

    Im Gegensatz zum Bariumsulfat wurde die Morphologie des Magnetits

    aufgrund der geringeren Partikelgröße des gefällten Produktes mittels

    Transmissionselektronenmikroskopie (TEM, JEOL JEM 2100 LaB6) in der

    Mechanischen Verfahrenstechnik, TU Clausthal untersucht. Bei der

    Transmissionselektronenmikroskopie können nur sehr dünne Proben von

    10 – 100 nm untersucht werden. Die Proben werden von einem

    Elektronenstrahl durchleuchtet. Dieser wechselwirkt mit dem

    Probenmaterial. Ein Teil der Strahlen wird gestreut oder adsorbiert. Die

    Intensität der durchgelassenen Strahlen ist von der Probe abhängig. Die

    Proben wurden vor der Messung mit deionisiertem Wasser gewaschen.

    Anschließend erfolgte die Abtrennung der Magnetitpartikeln mit Hilfe

    eines Magneten. Nach siebenmaliger Wiederholung des Vorganges

    wurden die Proben bei 60°C getrocknet. Die TEM-Bilder von dem

    Magnetit-Pulver wurden mit 100.000 facher Vergrößerung aufgenommen.

    3.1.4. Rö