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Der Kampf im Käfig 3

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Harte Männer boxen nicht … harte Männer messen sich im Freefight Ein Kampf ohne Handschuhe und (fast) ohne Regeln. Schlagen, würgen, treten – alles erlaubt. Ist das Sport – oder versuchter Mord? von Miriam Kaefert, Michal Kain und Martin Kath (Fotos)

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„Meine Narben stammen von der Straße“Philipp „Die Katze“ Höhne (31) aus Hamburg

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„Die Blessuren gehören einfach dazu“Dominique Stedtefeld (31) aus Gera

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„Ein Wahnsinns-Gefühl. Wie bei einer Abschluss-Klausur an der Uni – nur zehn Mal stärker.“

Holger Hoffmann (25) aus Hannover

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„Kämpfen bis zum Ende. Aber wenn Du aufgibst, respektiert das jeder.“

Jerry Otto (32) aus Magdeburg

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„Ich war Boxer. Hier geht alles.“Tarass Varava (22) aus der Ukraine

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Zwei Männer im Käfig – bereit zum Kampf. In we-nigen Sekunden treten und schlagen sie aufeinander ein, schwitzen in der Umklammerung, atmen schwer. Geplatzte Lippen in geschwollenen Gesichtern. Nach einem Tritt gegen den Brustkorb ist es vorbei. Einer der Kämpfer liegt am Boden, schon halb ohnmächtig. Der Schiedsrichter bricht sofort ab, der Kampf ist entschie-den. Das ist „Freefight“ – der wahrscheinlich brutalste Sport der Welt.

Der Kölner Andreas Stockmann (47) gehört zu den ersten Deutschen, der den vor allem in den USA als „Mixed Martial Arts“ populären Kampfsport ausübten. Heute Abend ist er Ringrichter und erklärt, um was es geht: „MMA ist eine Mischung aus Boxen, Ringen und asiatischer Kampfkunst. Schläge, Tritte und Griffe sind erlaubt, Beißen oder in die Augen stechen sind verboten. Jeder kann jederzeit signalisieren, dass er aufgeben will. Dann ist sofort Schluss.“ Die nächsten Männer, der näch-

ste Kampf. Stockmann brüllt: „Fight!“ („Kämpft!“) und der Stuttgarter Bankangestellte Thorsten Gronz (31) stürzt sich auf seinen Gegner. Doch er wird böse überrascht. Nach wenigen Augenblicken erlebt der Banker eine bittere Pleite. Eine Millisekunde nicht aufgepasst, eine knallharte Gerade. Verloren.Der Freiburger Gymnasiallehrer Gregor Herb (31) hat den Kampf beobachtet, weiß, dass solch eine Blitz-Nie-derlage mehr schmerzt als Prellungen und blaue Flecken. Herb ist einer der besten „Freefighter“ Europas. Und er bringt in seiner Freizeit anderen diesen Sport bei. Denn immer mehr Männer wollen knallharte Käfig-Kerle werden. Herb: „Zu mir kommen die unterschiedlichsten Leute. Vom Türsteher bis zum Professor.“ An diesem Abend sind sie hier. Als Kämpfer oder Zuschauer. Acht harte Kämpfe in Bergedorf, einem östlichen Stadtteil von Hamburg. Sie nennen die Veranstaltung „Hamburger Käfig“. Und der Veranstaltungsort passt wie die Faust aufs Auge: „Hit-House“. Ein Tanzschuppen über einem

Harte Männer boxen nicht… harte Männer messen sich im Freefight

Ein Kampf ohne Handschuhe und (fast) ohne Regeln. Schlagen, würgen, treten – alles erlaubt. Ist das Sport – oder versuchter Mord?

von Miriam Kaefert, Michal Kain und Martin Kath (Fotos)

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Gregor Herb (31) aus Freiburg coacht seinen Schüler Pascal Krauss (21) im Käfig, 11

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12 Alles im Blick: Dem Schiedsrichter Andreas Stockmann (47) entgeht kein Detail des Kampfes

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Aldi-Markt, mitten in einem Viertel mit sozialem Woh-nungsbau. Duschen gibt es hier nicht, wie die Kämpfer in den mit Vorhängen abgetrennten Umkleide-Ecken irritiert feststellen. Aber niemand beklagt sich. Die Kerle sind Kummer und improvisierte Kampf-Arenen gewohnt. Bei schummrigem Licht wärmen sie sich auf, Seite an Seite. Doch Minuten später ist ihre Verbindung nur noch schlagend. Und in der Arena ist sogar das Licht gnadenlos: Harte Scheinwerferstrahlen leuchten das Kampf-Achteck grell aus. Ein Raubtierkäfig im Flutlicht.

Im Publikum sitzen hauptsächlich starke Jungs mit üppigen Oberarmen und Mädchen mit üppiger Oberweite. Dazu kommt das Gefolge der 16 Kämpfer. Kumpels, Gönner, Strippenzieher. Auf den oberen Rängen knallen die Korken von Magnumflaschen. Reichlich Geld haben sie hier hingeblättert, um beste Sicht auf den Käfig zu haben. Für die anderen Gäste gibt es Cola und Schokoriegel in einem verrauchten Nebenraum mit

Neonbeleuchtung. Das hier ist nicht Tennis am Rothen-baum, sondern Hauen am Hamburger Rand. Im besten Fall Nischen-Sport. „Genau das ist MMA in Deutschland. „Noch“, sagt Schiedsrichter Andreas Stockmann, der diese Kampfkunst überall auf der Welt erlernte und dann nach Deutschland brachte. „In den USA hat MMA Boxen im vergangenen Jahr geschlagen – wenn es um Ein-schaltquoten, Beliebtheit und Umsatz geht“, erzählt er. „Der größte Veranstalter, die Ultimate Fighting Cham-pionship hat laut ihrem Vorsitzenden Lorenzo Fertitta einen Marktwert von einer Milliarde Dollar. Regelmäßig gibt es Kampf-Galas in Las Vegas“, sagt er mit leuchten-den Augen. Glamourös ist es heute Abend im Hit House nicht. Aber die Veranstalter haben sich Mühe gegeben, und das spürt man. Rund um den „Hamburger Käfig“ sind die Holzstühle sind mit weißen Hussen überdeckt. Und die Kerle sind genauso hart wie in Las Vegas. Das Publi-kum ist hautnah dran am Maschendraht-Achteck, sieht den Blick, mit dem die Kämpfer sich gegenüberstehen.

„Nur in die Augen stechen und Beißen sind nicht erlaubt.“

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Stechend, lauernd, starr. Und die Schweißperlen auf der Stirn, wenn sie sich umtänzeln und mit angestrengtem Blick fixieren, die Zähne auf den Mundschutz pressen und blitzschnell aufeinander losgehen. Adrenalin und Testosteron. Eine explosive Mischung für die Kämpfer, eine unterhaltsame für die Zuschauer. Wer mit der Hand auf den Boden klopft, gibt auf. Das Zeichen für das Duell-Ende, wenn nichts mehr geht. „Die Submission, das Aufgeben, ist Teil des Kampfes“, erklärt Schiedsrich-ter Stockmann. „Jeder, der in den Käfig geht, hat Respekt verdient. Und der Respekt gilt genauso dem Unterle-genen.“

Jeder Kämpfer wird gefeiert, angefeuert, beklatscht. Die Frauen im Publikum sind zahlenmäßig in der Minderheit – aber in Sachen Lautstärke führend. Das gibt manchmal irritiert-eifersüchtige Seitenblicke vom bulligen Begleiter. MMA – kann man auch als Fest für Frauen sehen. Im Käfig sind Männer, die nicht posen,

nicht viel reden, sondern machen. Männer, die kämpfen – aber dabei sportlich und fair bleiben. Und die mit ihrem Sport nicht reich werden, denn das große Geld kann man in Deutschland mit MMA bislang nicht verdienen.

Die „Freefighter“ kommen aus verschiedenen Kampfsport-Disziplinen. Sahand Dorff (25) ist eigent-lich Thai-Boxer, sein Kontrahent Benjamin Bunge (19) ursprünglich Kickboxer. Andere waren Boxer. Oder Straßenschläger. So wie Philipp, genannt „Katze“, Höhne (31). Das tätowierte 84-Kilo-Muskelpaket aus Hamburg wuchs in einem sozialen Brennpunktgebiet von Leipzig auf. Dort lernte er schon als Kind, was ihm heute im Käfig hilft: Kompromisslos attackiert er seinen Gegner, bearbeitet ihn mit Fausthieben und Tritten. Schmerzen scheint die Katze nicht zu spüren. Am Ende hat sein Gegner keine Chance. Aber anders als früher reicht er dem Unterlegenen danach die Hand, sagt: „Das war eng. Du hast gut gekämpft.“

„In den USA hat MMA Boxen im letzten Jahr geschlagen“

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16 „Die Submission ist Teil des Kampfes“

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„Die Szene ist klein. Das verbindet.“ 18

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Schiedsrichter Andreas Stockmann (47) 19

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Noch ein Vorurteil: In der Arena stehen Hohlköpfe, die sich die Holzköpfe einschlagen. Dumm kämpft gut. DerSchiedsrichter und Ex-Kämpfer Stockmann wehrt sich gegen dieses Vorurteil: „Total falsch. In der amerikanischen Liga haben von 200 Kämpfern knapp 160 einen College-Abschluss. Aber das passt natürlich nicht zum wilden Image“, erklärt er mit einem Lächeln. Duellieren sich hier in Wahrheit also angeödete Intellek-tuelle – wie vor zehn Jahren im Kino, als Brad Pitt sich im „Fight Club“ das Gesicht zertrümmern ließ? „Unsinn, darum geht es nicht“, sagt Gregor Herb. Der Freiburger, der als Lehrer Sport und Englisch unterrichtet, muss er den Käfig-Kampf häufiger verteidigen als sich selbst: „Ich bin Sportler, kein Verrückter“, sagt er. MMA ist für ihn Körperbeherrschung, Athletik und Kampf-Kunst.

Was fasziniert Menschen daran, sich gegenseitig so böse zu vermöbeln? Holger Hoffmann (25), Physiothera-peut aus Hannover hat soeben den ersten MMA-Kampf

seines Lebens gewonnen, sagt völlig außer Atem: „Ein Wahnsinns-Gefühl. Wie bei einer Abschluss-Klausur an der Uni – nur zehn Mal stärker.“

Schläge, Tritte, Würgegriffe und manchmal auch Blut. Von außen betrachtet ein brutales Schauspiel. Toni Sotelino (41) ist der Ringarzt, macht das seit 15 Jahren. Im Hauptberuf arbeitet er als Chirurg und Notarzt in Hamburg. Er betreut die Sportler, ist bei jedem „Free-fight“ dabei. Während er bei einem Kämpfer die Platz-wunde an der Stirn behandelt, sagt er: „Beim MMA gibt es weniger Verletzungen als beim Fußball. Ich mache das schon ein paar Jahre, es gab noch nie schwere Unfälle. Häufiger sind harmlose Verletzungen wie Verstau-chungen oder Platzwunden.“ Kaum zu glauben, wenn man ins gezeichnete Gesicht von „Katze“ Höhne blickt. Doch der lacht: „Meine Narben habe ich von früheren Prügeleien auf der Straße oder aus dem Training – aber keine einzige durch einen Kampf.“

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„Bei uns gibt es weniger Verletzungen als beim Fußball“

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Also alles nicht so wild, wie es aussieht? Die Kämpfer im Ring schlagen, treten keuchen, ziehen sich die Beine weg, prallen auf den Boden des Kampf-Achtecks. Aber bevor es zu ernsten Zwischenfällen kommt, unterbricht der Schiedsrichter den Kampf. Und dann scheinen auch die Aggressionen im Octogon genannten Ring ver-schwunden: Die Gegner fallen sich erschöpft und völlig ausgepumpt in die Arme, wirken plötzlich wie Freunde. Wo ist die Wut? „Die Jungs hier sind Sportkollegen“, erklärt Andreas Stockmann, „und die Szene ist klein. Das verbindet.“ Wenn es nach ihm und den anderen Verant-wortlichen geht, sind die Zeiten des Nischen-Daseins für MMA sehr bald vorbei. Am 13. Juni findet in Köln der erste große Event statt, organisiert vom Marktfüh-rer USC in der Lanxess Arena. 14 000 Zuschauer, auch das Fernsehen will übertragen. Eine Veranstaltung mit Glamour, mit Prominenz – und mit Duschen. Beim „Hamburger Käfig“ freuen sich alle auf Köln. Auf die Chance – für den Sport und für die Sportler. Philip Höhne,

die schlagende Katze, wischt sich mit einem Handtuch den Schweiß aus dem Gesicht. Auch für ihn sind die Zeiten als Schläger im Zwielicht vorbei. Er hofft auf den Durchbruch des MMA: „Diese Form des Sports gibt es doch schon seit weit über 2000 Jahren, sie war sogar olympisch. Damals nannte man es Pankration – eine Mischung aus Ringen und Boxen mit bloßen Fäusten…“ Nur den Käfig, den gab es damals noch nicht. <<<

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„Diesen Sport gibt es schon seit weit über 2000 Jahren“

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„ Wir sind Sportler, keine Verrückten“Pascal Krauss (21) und Gregor Herb (31) aus Freiburg

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„Das Tapen schützt die Hände, nicht den Gegner“Martin Jahn (26) aus Hamburg, rechts

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Miriam KaefertJournalistinMobil 0176 - 61 58 99 [email protected]

Michal [email protected]

Martin KathFotografieMobil 0171 - 642 17 [email protected]

Seilerstraße 2020359 HamburgTelefon 040 - 69 64 39 50Fax o40 - 69 64 64 18

Die Reportage in dieser Form ist ein reines Angebot – also vollkommen variabel in Länge, Layout und Aufbau. (8900 Zeichen)

Fotos und Text gibt es auch jeweils einzeln und unabhängig voneinander. Weitere Fotos sind vorhanden, Homepage des Fotografen: www.martinkath.de

Weitere Textproben/Veröffentlichungen von Miriam Kaefert (Bild, FHM, blond, Frau im Spiegel etc) gern auf Anfrage.

Andere Aufträge zu anderen Themen auch gern, auch auf Anfrage!

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„Das war eng. Du hast gut gekämpft.“ Happy End im Käfig

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