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2.50 Euro | 1,25 Euro für den Verkäufer bodo DAS STRASSENMAGAZIN Juli 2014 Ralf Richter | 7 Sterne für Obdachlose Aquaponik | Der Wels unterm Gemüsebeet Koch-WM | Ghana ist Weltmeister

bodo Juli 2014

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Die Juli-Ausgabe des Straßenmagazins.

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Page 1: bodo Juli 2014

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2.50 Euro | 1,25 Euro für den Verkäufer

bodoDAS STRASSENMAGAZIN

Juli 2014

Ralf Richter | 7 Sterne für ObdachloseAquaponik | Der Wels unterm Gemüsebeet

Koch-WM | Ghana ist Weltmeister

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„Da haben wir ihn…“Ein schwungvoller Chor mit breitem Repertoire, der mehrstimmig zur

Klaviermusik singt. Und doch ein Chor, der anders ist: Denn vermutlich haben

viele, kaum dass sie den Raum verlassen haben, schon vergessen, dass es diesen

Chor gibt – sie sind an Demenz erkrankt.

Von Katja Sponholz

03 Inhalt | Editorial

07 Straßenleben | „biken für bodo“

07 Impressum

08 Neues von bodo

16 Kultur | Über Wasser gehen

16 Recht | Neue Regeln für Käufe im Internet

17 Wilde Kräuter | Färber-Wau

18 Reportage | Koch-WM

20 Soziales | Obdachlosen-Vertreibung

22 Kommentar | „Sächsische Zustände“

22 News

23 Die Zahl | Das Foto

24 Netzwelt | www.therefugeeproject.org

24 Kinotipp | endstation open air

25 Veranstaltungskalender | Verlosungen

32 bodo geht aus | Yoobo

33 Verkäuferporträt | Simona und Nicolae

42 Interview | Der Cop und der Rocker

45 Rätsel

46 Leserpost

Ralf RichterBang Boom Bang. Meist spielt er knurrige Milieu-Typen mit

Ruhrgebietsidiom, dabei gehört Ralf Richter von Flensburg bis zum Bodensee

zu den beliebtesten Schauspielern. Mit uns spricht er über Familie und sein

Engagement für Obdachlose.

Von Peter Hesse

Ganz normale Kinder Ein Zirkusprojekt. Knapp 50 Kinder hopsen fröhlich auf Trapez und Seil, stem-

men Gewichte und laufen über Glasscherben. Kinder, die alles andere als anders sein

wollen, aber meist nicht anders können: Sie sind hochbegabt – Fluch und Segen zugleich.

Von Antje Mosebach

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Wels unter GemüsebeetAquaponik. Eine revolutionäre Idee für die Nahrungsmittel-

erzeugung in Großstädten. Fische versorgen Pflanzen mit Nährstoffen,

diese produzieren Sauerstoff und reinigen das Wasser. Ein Besuch in der

Versuchsanlage der Urbanisten in Dortmund.

Von Wolfgang Kienast

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INHALT | EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

herzlich willkommen zu unserer Sommer-bodo. In diesem Monat

haben wir für Sie z.B.: Den Schauspieler Ralf Richter, der, pardon: ein

ziemlich cooler Typ ist, eine Geschichte über einen Fisch-Tomaten-

Kreislauf (nicht -Auflauf) und ein Interview mit zwei Bochumer

Kumpels – der eine Fernsehpolizist, der andere Hardrock-Urgestein.

Wir sind dabei, als Ghana Weltmeister wird, besuchen einen wunderbaren Chor, bei dem

an Demenz erkrankte Menschen miteinander singen und treffen ganz normale Kinder, die

nur ein bisschen anders sind.

Wir zeigen, dass die Vertreibung von Obdachlosen aus den Innenstädten ganz unauffällig

daherkommt, sprechen mit einem Herner bodo-Verkäuferpaar und stellen ein faszinieren-

des Datenjournalismus-Projekt zu internationalen Flüchtlingsbewegungen vor.

Zwei Dinge finden Sie nicht in diesem Heft: Das eine ist Fußball. (Bei Ghanas Sieg geht es um

„Waakye“, nicht um Tore.) Das andere ist eine ausführliche Darstellung der Ereignisse, die

NACH dem Angriff der Neonazis auf Lokalpolitiker und Gäste der Wahlparty am Dortmun-

der Rathaus passierten. Als Augenzeugen haben wir im letzten Heft über den Angriff berich-

tet. Was danach in der Darstellung der Dortmunder Polizei und des NRW-Innenministeriums

aus dem Vorfall wurde, hat uns so irritiert, dass der Platz hier im Heft nicht ausreichen wür-

de. Auf unserer Internet- und unserer Facebook-Seite finden Sie Einschätzungen, Interviews

und Links, in diesem Heft begnügen wir uns mit einem kurzen Kommentar.

Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – [email protected]

bodoSCHAFFT CHANCEN

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„In jedem Leben gibt es Hoch- und Tiefpunkte.“

Ralf Richter:

MENSCHEN

„,Ich möchte gerne helfen – die Städte und Kommunen können das nicht, weil

sie kein Geld mehr dafür haben.“

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„In jedem Leben gibt es Hoch- und Tiefpunkte.“ Meist spielt er knurrige Milieu-Typen mit Ruhrgebiets-

idiom, dabei gehört Ralf Richter von Flensburg bis zum Bodensee zu den beliebtesten Schauspielern. In der bundesdeutschen Kinokultur ist er eine Marke, der in Spielfilmen wie „Das Boot“, „Der Eisbär“ oder „Bang Boom Bang“ prägnante Figuren auf die Lein-wand gezaubert hat.

von Peter Hesse | Fotos: Daniel Sadrowski

er wissen, ob sein Gerät auch so etwas

hat und hält mir sein Telefon entgegen.

Während ich diese suche, erzählt Richter

sofort darauf los von seinem derzeitigen

Lieblingsprojekt, dem „7 Sterne Hotel“ –

einer Unterkunft, die für Obdachlose in der

Innenstadt von Köln entstehen soll. „Uns

fehlt nur noch ein passendes Objekt, und

es soll mindestens 40 Zimmer haben. Die

Dezernentin von den Grünen hat uns ein

Hotel am Bonner Weiher angeboten, doch

das ist zu weit draußen. Wir wollen direkt

ins Stadtzentrum damit.“

Dieses Projekt wurde von Pfarrer Hans

Mörtter aus der Kölner Südstadt und

dem Künstler Cornel Wachter ins Leben

gerufen, Richter komplettiert das Trio

und stellt Kontakte her. „Erst letzte Woche

habe ich einen Industriellen kennenge-

lernt, der für eine große Supermarktkette

die Kühlelemente herstellt. Der hat mir

sofort seine Visitenkarte in die Hand

gedrückt und will uns unterstützen.“ Auch

drei Ärzte haben ihre Mitarbeit zugesi-

Ein heißer Sommertag in Mülheim an der

Ruhr. Zwischen Hüpfburg und Tombola

herrscht buntes Treiben auf der Schleusen-

insel. Auch eine große Bühne ist aufgebaut,

wo später Schlagerstars wie Willi Herren

oder die Mallorca Cowboys auftreten. Wer-

ner Böhm ist mit Karo-Jackett und seiner

„Polonäse Blankenese“ zu Gast. Direkt am

Eingang zum Backstage-Bereich laufen wir

Ralf Richter in die Arme. „Der Organisator

ist ein alter Freund von mir“, sagt er und

begutachtet erstmal die Motorräder der

örtlichen Security. Mit einem Rocker hält

er einen kurzen Plausch und zeigt dabei

wissend auf die verchromte Zylinderkopf-

verkleidung.

In einem weinroten Pavillonzelt nehmen

wir Platz. Ohne lange zu fragen sind wir

beim „Du“. Die Augen des Schauspielers

glänzen noch heller, als man das vermutet

hätte. Als ich die Diktiergerät-Funktion von

meinem Smartphone entriegle, möchte

Aufgewachsen in Bochum, wohnt in KölnBeruf: SchauspielerEngagement: „7 Sterne Hotel“, Projekt zu Gunsten ObdachloserAlter Ego: „Kalle Grabowski“, Filmfigur mit eigener „Streetware“-Kollektion

chert. „Es gibt am Kölner Heumarkt einen

Obdachlosen, der dort seine Straßenzei-

tungen verkauft. Von Beruf ist er gelernter

Koch. Den wollen wir mit einem Förder-

programm stärken und aufbauen, dass er

die Küche leiten kann.“

Wenn der Baukomplex in Köln fertigge-

stellt ist, sollen weitere Städte folgen. „Ei-

gentlich sollte es in jeder Stadt ein solches

Obdachlosen-Hotel geben.“ Warum er sich

für die Menschen engagiert, denen es nicht

so gut geht, probiert er zu umschreiben: „In

jedem Leben gibt es Hoch- und Tiefpunkte.

Aber eins habe ich kapiert: Wie tief mein

Tief auch sein kann, es gibt immer Leute,

denen es noch schlechter geht als mir.

Ich möchte gerne helfen – die Städte und

Kommunen können das nicht, weil sie kein

Geld mehr dafür haben. Aber konkrete

Vorbilder für dieses Projekt habe ich nicht.“

Schauspieler mit karitativem Bewusstsein

können etwas bewegen, wir kommen auf

den verstorbenen Initiator der Stiftung

„Menschen für Menschen“: „Ich denke“,

sagt Ralf Richter nach längerem Abwägen,

„dass jemand wie Karl-Heinz Böhm für

jeden Menschen ein Vorbild sein kann, weil

er ein Held gewesen ist.“

Richter selbst stammt aus einer Großfa-

milie, sein Vater war Architekt. In Bochum

wächst er auf und bricht mehrfach die

Schule ab. Nach einer Schreinerlehre geht

er auf die Schauspielschule. Anfang der

1980er zieht er zusammen mit Claude-Oli-

ver Rudolf nach München in eine Wohn-

Page 6: bodo Juli 2014

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MENSCHEN

gemeinschaft. Mit dem Wolfgang-Petersen-

Film „Das Boot“ ist der Grundstein für seine

Schauspielkarriere gelegt. Film spielt nach

wie vor die Hauptrolle in seinem Leben. Mit

seinem Sohn Max entwickelt er gerade ein

Filmkonzept, das über eine Crowdfunding-

Kampagne finanziert werden soll. „Der ers-

te Trailer ist bald fertig und wird dann ins

Netz gestellt.“ Richter hat außerdem noch

eine Tochter namens Aline, die Modedesign

in Berlin studiert.

Der Avantgarde-Musiker FM Einheit, langjäh-

riges Mitglied der „Einstürzenden Neubau-

ten“, ist einer der Brüder von Ralf Richter. „Wir

telefonieren schon mal, sehen uns aber nicht

so oft. Er wohnt in Bayern, in der Nähe von

Braunau.“ Im Film „Die Katze“, wo Richter an

der Seite von Heinz Hoenig und Götz George

einen Bankräuber spielt, trägt der Mime ein

T-Shirt mit dem Emblem der Einstürzenden

Neubauten. „FM hat eine richtige Künstler-

karriere gemacht, angefangen hat er als Bon-

gospieler in der Band vom Schauspieler Uwe

Fellensiek, sie nannten sich damals ,Bertha &

Friends‘ – er hat Musikgeschichte geschrie-

ben, die Neubauten haben sogar mehrfach in

Japan gespielt.“

Ob Ralf Richter noch Träume hat? Vielleicht

mal zu den Wagner-Festspielen nach Bay-

reuth, um mal eine völlig andere Facette in

der Schauspielerei abzudecken? „Nein, darin

sehe ich nicht mein Lebensglück.“ Persönli-

che Werte, die in seinem Leben wichtig sind,

unterstreicht er mit einem genügsamen Satz:

„Meine Mutter hat insgesamt acht Kinder und

zwölf Enkelkinder – alle sind gesund.“

„Meine Mutter hat insgesamt acht Kinder und zwölf Enkelkinder –alle sind gesund.“

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Page 7: bodo Juli 2014

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Do-City: Mo - Sa bis 21.00 Uhr geöffnet

Herausgeber, Verleger, Redaktion:bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20

Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.:Bastian Pütter, [email protected] – 950 978 12, Fax 950 978 20

Layout und Produktion:Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign 0231 – 106 38 31, [email protected]

Veranstaltungskalender:Petra von Randow, [email protected]

Anzeigenleitung: Susanne Schröder, [email protected] – 950 978 0, Fax 950 978 20

Vertriebsleitung: Oliver Philipp, [email protected] – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe:René Boyke, Peter Hesse, Martin Idem, Wolfgang Kienast, Antje Mosebach, Bastian Pütter, Petra von Randow, Rosi, Sebastian Sellhorst, Katja Sponholz

Titelfoto: Daniel Sadrowski Fotos: Bianka Boyke (16), Markus Gierse (10), Jochen Linz (19), REUTERS: Nacho Doce (23), Sabrina Richmann (3, 18, 20, 38, 40), Daniel Sadrowski (3, 4, 5, 6, 12, 13, 14, 16, 32, 34, 35, 36, 37, 42, 44, 46), Oliver Schaper (7, 22), Sebastian Sell-horst (8, 9, 11, 33), Claudia Siekarski (9, 11), Stefan Tuschy, Bande – für Gestaltung (17)

Cartoon: Volker Dornemann

Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien

Auflage, Erscheinungsweise:20.000 Exemplare (BO, DO und Umgebung)

Redaktions- und Anzeigenschluss: für die August-Ausgabe 10.07.2014

Anzeigen: Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8, Juli 2012

Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kos-tenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert einge-sandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehal-ten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und nament-lich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund, 0231 – 950 978 0www.bodoev.de, facebook.com/bodoev

Vorstand: Andre Noll, Nicole Hölter, Marcus Parzonka [email protected]

Geschäftsleitung, Verwaltung:Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, [email protected]

Öffentlichkeitsarbeit:Bastian Pütter, 0231 – 950 978 12 , [email protected]

Transporte, Haushaltsauflösungen:Brunhilde Dörscheln, 0231 – 950 978 0, [email protected]

bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr

Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund:Schwanenwall 36 – 38, 44135 DortmundMo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr

Anlaufstelle und Vertrieb Bochum:Stühmeyerstraße 33, 44787 BochumMo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr

Spendenkonto: Bank für SozialwirtschaftBLZ: 370 205 00, Konto-Nr.: 722 39 00IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00BIC: BFSWDE33XXX

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Vor zwei Jahren hatte Organisatorin Betty André

die Idee, den Spaß am Motorradfahren mit dem

guten Zweck zu verbinden, und rief „biken für

bodo“ ins Leben. Die Resonanz war so groß, dass

„biken für bodo“ mittlerweile zum festen Pro-

grammpunkt für viele Biker geworden ist.

Dieses Jahr führt die Tour durch das bei Motorrad-

fans beliebte Sauerland. Ein Garant für kurven-

reiche Straßen, traumhafte Ausblicke und weite

Wiesenlandschaften, die sich mit dichten Wäldern

abwechseln. 180 Kilometer ist die Fahrtstrecke lang

– mit einer Pause bei Käsekuchen am Möhnesee.

Gefahren wird in Gruppen von acht bis zehn Fah-

rern mit einem ortskundigen Guide. Die Strecke ist

interessant für den Spezialisten und „erfahrbar“

für Fahranfänger oder Wiedereinsteiger.

Letztes Jahr waren es mehr als 50 Motorradfahrer,

die sich an der Benefiz-Tour beteiligten. Bisher ka-

men jedes Jahr 5.000 Euro Spenden für bodo e.V.

„biken für bodo“Am Sonntag, den 13. Juli startet die dritte Auflage der Benefiz-Motorradtour „biken für bodo“. Die Idee: Begeisterte Zweiradfah-rer unternehmen gemeinsam einen Nachmittag lang eine geführte Tour durchs Sauerland und sammeln so Spenden für bodo e.V. von Martin Idem | Foto: Oliver Schaper

STRASSENLEBEN IMPRESSUM

zusammen. Natürlich haben die Veranstalter das

Ziel, die Teilnehmerzahl und damit die Spenden

aus den letzten Jahren zu wiederholen oder gar zu

übertreffen. Motivation dabei für jeden Beteilig-

ten: In diesem Jahr wird jeder Euro, der gespendet

wird, im Anschluss an die Veranstaltung von dem

Dortmunder Unternehmen AS Antriebs- und Be-

triebstechnik GmbH verdoppelt!

Das Startgeld beträgt 20 Euro für jeden Fahrer

und 10 Euro für den Mitfahrer. Um 17 Uhr endet

die Tour mit einem gemeinsamen Grillen bei

bodo, zu dem auch alle Leserinnen und Leser

herzlich eingeladen sind. Spenden darf natürlich

auch, wer nicht mitfährt.

biken für bodo am 13. 7. 2014 um 12 Uhr

Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund

Ausklang mit Würstchen und Getränken ab 17 Uhr

Anmeldung unter: [email protected]

Weitere Infos: www.biken-fuer-bodo.de

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Page 8: bodo Juli 2014

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NEUES VON BODO

Ein Kaffee, ein belegtes Brötchen, Zeit zum

Ausruhen, für Gespräche und für unkom-

plizierte Beratungskontakte – im täglichen

Wechsel bieten wir in Bochum und Dort-

mund Raum für unsere Verkäufer und für

Gäste: Ein Angebot, das angenommen wird.

Im letzten Winter schufen wir in unserer Bo-

chumer Anlaufstelle ein tägliches Angebot,

um Menschen auf der Straße – auch solchen,

die nicht das Straßenmagazin verkaufen

– einen Ort zum Aufwärmen zu bieten.

Unser Aufwärmcafé kam so gut an, dass wir

Die bodo-Verkäufercafés

Am 11. Juli gibt es wieder Kultur am Schwa-

nenwall: In unserer monatlichen Benefiz-

Reihe „2. Freitag“ erzählt der Bochumer

Songwriter und bodo-Autor Max Florian

Kühlem mit Gitarre seine Geschichten, ange-

siedelt zwischen Folk und Hamburger Schule.

Und kommt Max in seinen überwiegend

deutschsprachigen Texten nicht selbst zu

Wort, dann lässt er Dichter wie Eichendorff,

Goethe, Heine oder Neil Young sprechen. Zu

Gast hat Max den Duisburger Lyriker Werner

Muth, der laut „Rolling Stone“ die Magie vor

der eigenen Haustür findet und Lust darauf

macht, mal wieder ins Ruhrgebiet zu fahren.

Wir freuen uns drauf!

Auch die nächsten Termine – immer am

„2. Freitag“ – versprechen beste Unterhal-

tung. 8. August: Murat Kayi und Band spie-

len den Blues. 12. September: Dond&Daniel

lesen Vergessenes, Verschollenes, Niebe-

kanntgewordenes.

Wie immer ist der Eintritt frei. Spenden für

unsere Beratungsangebote sind willkommen.

bodos Bücher, Schwanenwall 36 – 38, 19.30 Uhr.

„Unter anderem Max“

beschlossen, dieses Angebot, als Ergänzung

zu bestehenden Tagesangeboten, zu einer

dauerhaften Einrichtung zu machen.

„Unsere Verkäufercafés sind Orte, an denen

von Armut betroffene Menschen will-

kommen sind und respektvoll behandelt

werden“, sagt Oliver Philipp von bodo. Neben

kostenlosem Frühstück geben wir Kleider-

spenden und Schlafsäcke weiter. Vor allem

bieten die Verkäufercafés aber die Gelegen-

heit, unkompliziert und ohne Terminab-

sprache die Beratungsangebote des Vereins

Bühne für Kreative

Ist bodo „Kreativwirtschaft“? Wohl lieber

nicht. Auf der „Creative Stage Ruhr“ in

Bochum haben wir trotzdem gern unsere Ar-

beit vorgestellt. Zwischen Softwareschmie-

den, Werbeagenturen und DesignerInnen.

Alles, was wir tun, in acht Minuten – ein span-

nendes Format. Mit knapper Zeit, in kurzwei-

liger Mischung, sogar eine Modenschau war

dabei. Bei der „Creative Stage Ruhr“ hatten wir

die Gelegenheit, zwischen anderen „Kreativen“

zu erklären, wer oder was „bodo“ eigentlich ist.

Auch wenn das „kreative Produkt“ unseres

Vereins wohl in erster Linie dieses Heft ist,

wollten wir lieber erklären, warum wir tun,

was wir tun. Und um wen es eigentlich geht.

Denn ohne unsere Verkäuferinnen und

Verkäufer gäbe es dieses Heft nicht. Und

wenn wir nicht täglich die Erfahrung machen

würden, dass unsere Idee funktioniert und

konkret hilft, würden wir wohl etwas ganz

anderes machen. Die Zuhörer im Ottilie-Schö-

newald-Kolleg in Bochum fanden es trotzdem

spannend und wir freuten uns über viele

interessierte Nachfragen und neue Kontakte.

Kulturort „Stü“

Zum ersten Mal fand auch in unserer Bochu-

mer Anlaufstelle eine Kulturveranstaltung

statt. Am 30. Mai spielte „radioaisle“ in der

Stühmeyerstraße, von unseren Verkäufern

kurz „Stü“ genannt.

Der Multiinstrumentalist und Komponist

Ilias Ntais machte auf seiner „Reverse Angle“-

Tour bei bodo in Bochum Station und prä-

sentierte seine melancholischen Songs in der

hereinscheinenden Abendsonne. Auch für die

Geschichten zu seiner Musik nahm sich Ilias

Ntais Zeit und bot seinem Publikum Einblicke

in das Leben und Schaffen eines Musikers.

Wie sich zeigte, eignen sich die hohen Räume

hinter der Backsteinfassade, wo sonst bodo-

Verkäufer ihre Zeitungen, Frühstück, Beratung

und auch Kleidung bekommen, hervorragend

für Lesungen und Konzerte dieser Art.

Apropos Kleidung: In der Bochumer Stühmey-

erstraße 33 können auch Kleiderspenden

abgegeben werden. Besonders Herrenschuhe

und -kleidung werden benötigt, und natür-

lich freuen wir uns über Ihre Bücherspenden.

Mo. – Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr

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Page 9: bodo Juli 2014

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www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev

Unsichtbares sichtbar machen – bei bodos

monatlicher sozialer Stadtführung zeigen

Verkäufer des Straßenmagazins „ihr“ Bochum.

Am Samstag, dem 19. Juli, ist es wieder soweit.

Während wir im Juni „laut“ unterwegs wa-

ren – begleitet von der Brassband „schwarz/

rot Atemgold 09“ (Foto) – stellen wir uns

diesmal wieder ganz hörbar den Fragen:

Wie verbringen eigentlich Menschen auf

der Straße ihren Tag? Wo halten sie sich auf,

welche Angebote und Hilfen gibt es?

An jedem 3. Samstag ist um 11 Uhr Treffpunkt

an der Bochumer Anlaufstelle des Vereins in

der Stühmeyerstraße 33. Entlang des Tagesab-

laufs eines Menschen ohne Wohnung besu-

chen die Stadtführer bei einem zweistündigen

Rundgang Übernachtungsstellen, Suppenkü-

chen, Tageseinrichtungen, liefern Experten-

wissen und teilen eigene Erfahrungen.

„Teilnahmegebühr“ ist der Kauf eines

Straßenmagazins bei unserem Stadtführer.

Über eine kleine Spende an den Verein freut

sich bodo. Um telefonische Anmeldung wird

gebeten unter 0234 – 68 07 72.

Bochumer Stadtführung

Medienakademie bei bodoIm Rahmen einer Reportage über soziale Orte

haben die beiden Studentinnen der WAM-

Medienakademie Tanja Franz und Alexandra

Hoch unserem Buchladen am Schwanenwall

einen Besuch abgestattet.

Begleitet von Stefan Erdmann, dem Leiter der

Lehrredaktion TV haben sich die Studentinnen

von Suzanne Präkelt (Foto 2.v.l.) das Prinzip

und die Abläufe des bodo-Buchprojektes

erklären lassen. Besonders interessierte die

angehenden Journalistinnen der Unterschied

zu einer klassischen Buchhandlung.

Im Interview erklärte Suzanne Präkelt, wie

gespendete Bücher das Projekt am Leben

halten, wie die Sortierung der Buchspenden

Arbeitsplätze schafft, und dass wir nicht nur

in unserem Buchladen verkaufen, sondern

auch über unseren Online-Shop antiquarische

Bücher in die ganze Welt verschicken.

Anschließend waren die beiden Auszubilden-

den Julia Cöppicus und Vanessa Grünke an der

Reihe und erzählten von ihrem Arbeitsalltag,

ihrem Weg zu bodo und den Schwierigkeiten,

die sie davor hatten, als junge Mütter eine

Ausbildungsstelle zu finden. Mittlerweile

stehen die beiden kurz vor dem Abschluss

ihrer Ausbildung und stecken mitten in den

Prüfungsvorbereitungen.

Der fertige Beitrag wird im Laufe des Sommers

auf dem TV-Lernsender für NRW „Nrwision“

ausgestrahlt. Der genaue Sendetermin stand

zum Redaktionsschluss noch nicht fest und

wird noch auf www.bodoev.de nachgereicht.

zu nutzen. bodo berät in allen Fragen

rund um Wohnung, Schulden, Ämter

und vermittelt im engen Kontakt mit dem

Hilfenetzwerk an Fachstellen. Inzwischen

entscheiden sich immer mehr unserer woh-

nungslosen Gäste, es mit dem Verkauf des

Straßenmagazins zu versuchen – als erster

Schritt zu einem Neuanfang.

Wenn Sie unsere Verkäufercafés unter-

stützen möchten: Wir freuen uns immer

über Kaffeespenden und auch über

zweckgebundene Geldspenden.

9

Wir hatten wieder unsere Verkäuferversammlung. Über vieles wurde

gesprochen. Eine Praktikantin war auch zugegen. Sie will Lehrerin

werden. Sie möchte einen Bericht über bodo schreiben, und zwar darü-

ber, was uns bewegte, bei bodo zu arbeiten und wie wir dazu gekommen

sind. Denn jeder bodo-Verkäufer hat ein anderes Motiv. Sie möchte das

auch ihren Schülern erzählen. Es wird schon ein guter Artikel werden.

Der Vatertag war nicht gerade einladend. Es regnete und war etwas kühl. Am Abend habe ich mir

mal meine Berichte angesehen, die ich geschrieben habe – und festgestellt, dass ich schon drei

Jahre schreibe! Meine Güte, ist die Zeit vergangen. Ein wenig Stolz ist schon dabei. Man lernt auch

immer wieder neue Leser kennen, und das finde ich gut. Viele Leser und Leserinnen sind mir treu

geblieben, und dafür möchte ich mich bedanken. Auch für die vielen Geschenke. Nun hoffe ich,

dass wir bald anderes Wetter bekommen, dann macht der Verkauf wieder Spaß.

Bis zum nächsten Mal, Ihre Rosi

Rosi, bodo-Verkäuferin in Dortmund

Page 10: bodo Juli 2014

10

Durch eigenes Tun und unsere Begleitung,

mit neuem Selbstwertgefühl und Vertrau-

en in die eigene Leistungsfähigkeit in ein

geordneteres Leben zu starten, darum

geht es bei bodo. Mit Ihrer Spende helfen

Sie helfen.

Nicht große Unternehmensspenden tra-

gen unsere Arbeit, sondern die vielfache

Unterstützung der Bürgerinnen und

Bürger der Region. Ob es Leserinnen und

Leser sind, die zu ihrem Geburtstag auf

Geschenke verzichten und um Spenden

für bodo bitten, oder die vielen kleinen

und größeren Jahresspenden: Mit Ihrer

Unterstützung machen Sie unsere Arbeit

erst möglich.

Durch den sparsamen Umgang mit unse-

ren Mitteln gelingt es uns, den Spenden-

bedarf relativ gering zu halten, trotzdem

sind Bereiche wie die Betreuung und Bera-

tung unserer mehr als 100 Verkäufer allein

auf Ihre Mithilfe angewiesen. bodo ist als

gemeinnützig und mildtätig anerkannt.

Nachhaltig helfen

Es gibt viele Wege, durch eine regelmäßige

Unterstützung unsere Arbeit planbarer

zu machen und auf Dauer sicherzustellen.

Werden Sie Fördermitglied und unterstüt-

zen Sie uns mit einem monatlichen oder

jährlichen Betrag. Oder schließen Sie für

Ihre Firma, Ihre Praxis oder Ihre Mitarbeiter

bodo-Abos ab, die Ihr Verkäufer zum Mo-

natsanfang vorbeibringt. Vielleicht möch-

ten Sie auch im Straßenmagazin werben?

Sprechen Sie uns an, wir freuen uns.

Bank für Sozialwirtschaft

BLZ: 370 205 00

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Helfen Sie helfen!

NEUES VON BODOANZEIGEN

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Gunda Ben Djemia

Page 11: bodo Juli 2014

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NEUES VON BODO

Klingende Bücher

Beim Fest der Chöre im Rahmen des Dort-

munder Klangvokal-Musikfestivals war

auch bodo e.V. mit von der Partie.

Gleich am Rathaus, wo die Kinderchöre aus

Dortmunder Schulen vor einem begeister-

ten Publikum erste Bühnenerfahrungen

sammelten, freuten wir uns über den gro-

ßen Andrang an unserm Bücherstand.

Passend zum diesjährigen Klangvokal-Motto

„Von der Suche nach Glück“ fanden viele, viele

Besucher an unserem Stand ihr Koch-, Sach-

oder Taschenbuch-Schnäppchen, und schul-

klassenweise herrschte Andrang an unserem

Glücksrad. Kaffee für die Großen und kalte

Getränke für die Kleinen gab es gratis dazu.

Besonders freuten wir uns über die netten

Gespräche mit bodo-Leserinnen und -Lesern

und über diejenigen, denen wir verraten

konnten, dass hinter der Reinoldikirche, am

Schwanenwall, ein „unentdeckter“ Buchla-

den mit 10.000 handverlesenen gebrauch-

ten Büchern auf sie wartet.

Hier nehmen wir übrigens weiterhin gerne

Ihre Buchspenden entgegen:

Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr

Willkommen Europa

Unter dem Motto „Willkommen Europa“

betreiben nun Caritas, Diakonie und Grün-

Bau gemeinsam die neue Anlaufstelle für

Zuwanderer aus Europa an der Dortmun-

der Bornstraße 64.

Seit dem EU-Beitritt von Rumänien und

Bulgarien suchen Zuwanderer legal neue

Perspektiven in ganz Europa – auch in

Dortmund. Viele haben keine Kranken-

versicherung und unklare Ansprüche auf

Sozialleistungen. Bei der Wohnungs- und

Arbeitssuche landen sie zum Teil in Ausbeu-

tungsstrukturen. Zudem belastet die Über-

belegung in sogenannten „Problemhäusern“

die Nachbarschaften.

Hier setzen die Verbände mit ihrer Arbeit

an: Von der Anlaufstelle aus, die täglich ge-

öffnet ist, helfen über zehn muttersprach-

liche SozialarbeiterInnen den Menschen in

der Nordstadt bei allen Fragen der Integ-

ration – Erlernen der deutschen Sprache,

Eingliederung in Ausbildung und Arbeit,

Begleitung von Familien mit Kindern.

Gleichzeitig sollen im Stadtteil Vorurteile

abgebaut und die gegenseitige Akzeptanz

verbessert werden.

bodo ist für Sie da

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Von außen betrachtet unterscheidet sich das Gewächshaus auf dem Dortmunder Union Gewerbehof nicht von Tausenden seiner Art, in denen ambitionierte Hobbygärtner ihre Tomaten ziehen. Im Inneren aber wachsen Pflanzen in Behältern, welche auf große Wassertanks montiert sind, und im Regal steht kein Dünger, sondern Fischfutter.

von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski

Wels unter GemüsebeetFarmen für eine nicht weit entfernte Zukunft

REPORTAGE

Rolf Meinecke gibt Auskunft. In dem Treib-

haus, sagt er, würde Grundlagenforschung in

Sachen Aquaponik betrieben. In der Aquapo-

nik sehen er und seine Mitstreiter nicht weni-

ger als eine realistische Option, zukünftigen

Generationen eine Versorgungssicherheit mit

qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln

gewährleisten zu können. Meinecke ist bei

den Urbanisten aktiv, einem Verein, der sich

alternative Stadtraumplanung auf die Fahne

geschrieben hat. Die Urbanisten arbeiten im

Dialog mit Bewohnern des Quartiers an der

Rheinischen Straße an Projekten zur Verbes-

serung der Lebensqualität vor der unmittel-

baren Haustür. Das Engagement ist vielseitig,

die Verschönerung von tristen Stromvertei-

lerkästen gehört dazu oder die gemeinschaft-

liche Nutzung von Brachflächen oder das

Programmieren einer App fürs Mobiltelefon,

welche das Stadtbild erklärt. Ein Flaggschiff

des Vereins ist die Aquaponik-Anlage. Das

Verfahren, an dem hier experimentiert wird,

soll es bald möglich machen, gesunde Lebens-

mittel bei geringem Ressourcenverbrauch

direkt vor Ort produzieren zu können.

Zwei Kreisläufe

„Aquaponik ist die Zusammenschaltung von

zwei wasserbasierten Systemen zu einem

Kreislaufsystem“, sagt Meinecke. Die nüchtern

technische Definition füllt er nach und nach

12

mit Leben. Bei dem ersten der beiden Systeme

handelt es sich um Hydroponik. Der Fachbe-

griff meint eine Anbaumethode, bei welcher

Pflanzen nicht in Erde wurzeln, sondern

ihre Nährstoffe über eine wässrige Lösung

erhalten. Bei dem zweiten handelt es sich um

Aquakultur, um Fischhaltung. Sowohl Aqua-

kultur als auch Hydroponik kommen bei der

industriellen Nahrungsmittelproduktion seit

langem zum Einsatz, hier in Fischfarmen, dort

in riesigen Gewächshäusern. Die Urbanisten

haben beide Techniken kombiniert. Aus einem

Tank, in welchem Fische leben, pumpen sie

Wasser in mehrere Beete. Ein Siphon sorgt da-

für, dass diese regelmäßig ge- und entwässert

werden. So gelangt ausreichend Sauerstoff an

die Wurzeln der Pflanzen. Anschließend fließt

das Wasser gereinigt zurück. Ein Kreislauf.

Der Clou: Die Fische liefern den Pflanzen die

lebensnotwendigen Nährstoffe.

Wie alle Tiere und Menschen scheiden Fische

Stickstoffverbindungen aus, die über Nitrit in

Nitrat umgesetzt werden. Nitrat ist Dünger

und wesentliche Ursache dafür, dass viele

Gewässer infolge intensiver Landwirtschaft

mittlerweile als überdüngt gelten. In diesem

Zusammenhang stellen auch Fischfarmen für

die Umwelt eine Belastung dar. Dabei spielt

es keine Rolle, ob es sich um Farmen in freien

Gewässern handelt, beispielsweise in norwe-

gischen Fjorden, oder um Binnenanlagen, wo

Page 13: bodo Juli 2014

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Page 14: bodo Juli 2014

14

REPORTAGE

Fische und Pflanzen unterschiedliche Vor-

stellungen von optimaler Temperatur oder

perfektem PH-Wert. Pflanzen sind weniger

anspruchsvoll, die meisten kommen gut

unter Aquaponik-Bedingungen zurecht.

Anders sieht das bei den Fischen aus. Noch

schwimmen im Fischtank auf dem Union

Gewerbehof Karpfen. Die sind zwar robust,

wachsen allerdings relativ langsam. Mit

ähnlich zähen Warmwasserfischen wie

Tilapia (Buntbarsch) oder dem afrikani-

schen Wels wären schneller höhere Erträge

zu erzielen. Warmes Wasser aber bedeutet

höhere Energiekosten. „Die Kunst bei der

Aquaponik besteht in der gegenseitigen

Dimensionierung beider Sphären und der

Suche nach einer günstigen Energiequelle“,

sagt Meinecke.

täglich bis zu zehn Prozent der Wassermenge

ausgetauscht und entsorgt werden muss.

Der Fisch im Reisfeld

Ein Problem, das Perspektive sein kann. Der Ge-

danke, Rückstände aus der Fischzucht gezielt bei

der Kultur von Pflanzen zu verwenden, liegt ei-

gentlich auf der Hand. „Bereits die alten Khmer

haben das gemacht“, sagt Rolf Meinecke. „Und

noch heute werden in Asien in gefluteten Reis-

feldern manchmal Fische gehalten. Wir arbeiten

an einer Renaissance der Idee im Sinne von tech-

nisierter Anwendung mit einer kontrollierten

Verschaltung beider Systeme.” Aquakultur und

Hydroponik, jeweils für sich genommen, sind

ausgiebig erforscht. Doch was ihre Kopplung

betrifft, sind Fragen offen. Zum Beispiel haben

Bis es sich rechnet

An den Schnittstellen arbeiten nicht nur

die Dortmunder Urbanisten. Forschungen

werden von der Uni Rostock vorangetrieben,

vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie

und Binnenfischerei (IGB) und von der FH

Südwestfalen, in Berlin existiert bereits eine

größere Anlage, und in der Schweiz erkundet

eine Firma die Möglichkeit, Aquaponik auf

Flachdächern von Supermärkten zu installie-

ren. Kürzere Transportwege sind kaum denk-

bar, Salatköpfe aus eigenem Anbau müssten

nur eine Etage abwärts treppab gebracht

werden. Die Nase vorn haben Projekte in

warmen, trockenen Gefilden. Wirtschaft-

liche Gründe sind Motor der Entwicklung.

In Australien oder Florida ist Wasser eine

Page 15: bodo Juli 2014

15

Grafik: www.dieurbanisten.de/projekte/aquaponik/, dort finden sich auch viele weitere Informationen zum Thema.

nisse wie ausgedehnte Dürre- oder Regenpe-

rioden werden auch in unseren Breiten zu-

nehmen. Zeiten, in denen man konstatieren

muss, dass es keinen Salat gibt, weil es drei

Monate nicht geregnet hat, werden kommen.

Wir glauben, dass es sinnvoll ist, schon jetzt

eine weniger klimaabhängige Infrastruktur

zu installieren. Allerdings stehen wir bislang

noch vor dem Problem, dass wir das auf dem

Markt nicht eingepreist bekommen. Wenn

ich sage, diese Tomate wurde mit hoher Ver-

sorgungssicherheit produziert, wäre das dem

Käufer ziemlich egal.“

Erschwerend kommt hinzu, dass die in ihrer

Herstellung bislang noch vergleichsweise teu-

ren Aquaponik-Produkte in den Auslagen der

Supermärkte mit konventionellem Gemüse

konkurrieren müssten. Zwar gedeihen sie prin-

zipiell unter Bio-Bedingungen, das begehrte

Siegel als Argument für höhere Verkaufspreise

erhalten sie nicht. In der entsprechenden

EU-Verordnung ist ausdrücklich von „Erde“ die

Rede, in welcher Pflanzen zu wachsen haben.

Hydrokultur, auch wenn sie frei von Schadstof-

fen betrieben wird, gilt per se als konventi-

onell. Auf europäischer Ebene müsste eine

Ausnahmeregelung beantragt werden. Oder

aber, man setzt auf Direktvermarktung.

Im Hinterhof

Das ist vor allem für städtische Gebiete inter-

essant. Stichwort Urban Farming. Hausbewoh-

ner könnten eine kleinere Aquaponik-Anlage

gemeinsam in einem Hinterhof betreiben.

„Anbaumethoden in Gewächshäusern sind im

kostbare Ressource, welche im geschlossenen

System nicht verbraucht wird – und Heizkos-

ten fallen dort nicht ins Gewicht.

Eine ökonomisch sinnvolle Energieversorgung

ist auch der Grund, weswegen die Urbanisten

in Kontakt mit Firmen und Gesellschaften ste-

hen, bei denen Abwärme bislang ungenutzt

verpufft, die Emschergenossenschaft mit

ihren Blockheizkraftwerken und die Ruhrkoh-

le AG, die 28 Grad warmes Grubenwasser aus

stillgelegten Bergwerken in Emscher, Ruhr

und Lippe leitet. Überall zeigt man sich inter-

essiert, Aquaponik scheint derzeit überhaupt

ein großes Thema zu sein. „Manche halten es

für einen übertriebenen Hype“, sagt Meine-

cke. „Aber im Zuge des Klimawandels kann

sich das schnell ändern. Extremwetterereig-

Vergleich zum Freiland sehr flächeneffizient“,

sagt Meinecke. „Vergleicht man die Produkti-

vität, entsprechen 5 Quadratmeter Ge-

wächshaus bis zu 50 Quadratmeter Garten.“

Denkbar wären auch CSA-Betriebe, Commu-

nity Supported Agriculture, wo eine Gruppe

von Konsumenten einen Erzeuger im Vorfeld

bezahlt, nicht für ein bestimmtes Produkt,

sondern um einen Anteil der tatsächlichen

Ernte zu erhalten. Manche Bio-Bauernhöfe ar-

beiten nach diesem Modell. Oder die Produkte

gehen an die lokale Gastronomie. Der Patron

in einem Restaurant mit anspruchsvoller

Küche freut sich garantiert über Obst, Gemüse

und frischen Fisch aus kontrollierter Zucht,

ohne Zusatz von Antibiotika hergestellt und

auf kürzestem Weg geliefert.

Einige kritische Anmerkungen kommen aus

anderer Ecke. „Wir werden tatsächlich häufig

gefragt, ob den Fischen nicht langweilig ist“,

sagt Meinecke. „Veganer haben vielleicht mora-

lische Bedenken, so eine Tomate zu essen, weil

Tiere am Prozess beteiligt sind. Tierquälerei ist

generell Thema. Natürlich ist das abhängig von

der Besatzdichte. In unserer Anlage schwimmen

derzeit 4 kg Karpfen pro Kubikmeter Wasser.

Das ist weit entfernt von zu eng. Beim IGB hat

man Stresshormone im Wasser analysiert und

systematisch erforscht. Für afrikanischen Wels

sind sogar über 300 kg pro Kubikmeter okay.

Ich habe solche Becken gesehen, und die Fische

waren ausgesprochen fit. Der Wels ist an derar-

tige Verhältnisse angepasst. In freier Wildbahn,

wenn bei Dürreperioden die Flüsse austrocknen

und es in den Wasserlöchern immer enger wird,

geht es dem auch nicht schlecht.“

Page 16: bodo Juli 2014

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KULTUR

Nichts ist so beständig wie der Wan-

del. Das gilt auch für Einkäufe im Internet.

So gibt es seit dem 13.6.2014 einige wichti-

ge Änderung für Käufe im Internet.

Bekanntlich haben Verbraucher bei

Onlinekäufen ein 14-tägiges Widerrufs-

recht. Um die Frist zu wahren, genügte

bisher z.B. eine E-Mail an den Verkäufer,

in der der Widerruf erklärt wurde, wobei

die Ware auch erst einige Zeit nach Frist-

ablauf zurückgeschickt werden durfte.

Selbst durch kommentarloses Zurück-

schicken der Ware konnte man als Ver-

braucher denkbar einfach den Widerruf

erklären und seinen Pflichten nachkom-

men. Jetzt muss der Käufer sich eindeutig

auf sein Widerrufsrecht berufen. Schickt

er die Ware künftig bloß kommentarlos

zurück, so ist dies kein wirksamer Wider-

ruf mehr. Erklärt der Verbraucher seinen

Widerruf, dann muss er die Ware nun un-

verzüglich zurückschicken.

Der Widerruf muss aber auch weiter-

hin nicht begründet werden. Dies steht

ausdrücklich im Gesetz. Zwar müssen die

Unternehmer zukünftig über ein Wider-

rufsformular informieren – ansonsten

verlängert sich die Frist für die Ausübung

des Widerrufs. Als Verbraucher muss man

dieses Formular aber nicht nutzen, um sei-

nen Widerruf eindeutig zu erklären.

Der Widerruf kann nun zwar auch

telefonisch erklärt werden, möglicher-

weise hat der Verbraucher dann aber Pro-

bleme, die Erklärung seines Widerrufs zu

beweisen. Bisher war es Verkäufern bei

Warenwerten über 40 Euro nicht erlaubt,

die Rücksendekosten dem Verbraucher

aufzuerlegen. Dies ist nun möglich. Es

muss also vermehrt mit Rücksendekos-

ten gerechnet werden.

Positiv für Verbraucher ist jedoch

zum einen, dass die 14-tägige Widerrufs-

frist nun einheitlich europaweit gilt, so-

wie zum anderen, dass nun eine kostenlo-

se Bezahlmöglichkeit angeboten werden

muss. Diese für Verbraucher wichtigen

Änderungen – und noch einige weitere –

gelten insbesondere für Kaufverträge ab

dem 13.6.2014.

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Natur mit doppeltem Boden. Unterirdisch,

parallel zu den Bächen im Gewässersystem

der Seseke, sind große Betonröhren verlegt.

Durch sie wird das nach wie vor vorhande-

ne Schmutzwasser zur Reinigung in teils

neu gebaute Kläranlagen geleitet. Erst mit

dem Ende des aktiven Bergbaus und damit

einhergehenden, erwartbaren Ausbleiben

weiterer Bergsenkungen konnte dieses infra-

strukturelle Großprojekt realisiert werden.

Entwickelt wurde das Sesekeprogramm

bereits 1984, dreißig Jahre später steht es vor

seinem Abschluss. Doch unabhängig davon,

wie ursprünglich die Natur links und rechts

der Wasserläufe inzwischen wirken mag, es

wird weitere Jahrzehnte dauern, bis sich die

einst für die Gegend typischen Auenwälder

wieder herausgebildet haben.

Über Wasser gehenBei Kamen fließt der Körnebach in die Seseke. Klares Wasser, En-ten, Fische und Libellen. Hinter angeschwemmten Hölzern hat sich eine natürliche Insel gebil-det. Sie ist von Pflanzen überwu-chert. Nichts erinnert mehr an die schnurgeraden Rinnen, an die Betonsohlschalen, durch welche hier vor wenigen Jahren noch stinkende Abwässer Richtung Lippe schäumten. Die renatu-rierte Uferregion lädt mittlerweile als intaktes Naherholungsgebiet zum Flanieren, Spazieren und Radfahren ein. Von Wolfgang Kienast | Foto: Daniel Sadrowski

Geduld also ist weiterhin gefragt, beobach-

ten lässt sich der Prozess aus unmittelbarer

Nähe. Rad- und Wanderwege führen jetzt

durch vormals gesperrte Uferbereiche, die zu

betreten gefährlich und verboten war. Viele

Informationstafeln erklären das Projekt, und

es sind an exponierten Stellen installierte

Kunstwerke, welche dazu anregen, sich mit

der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

RECHT: Neue Regeln für Käufe im Internet von Rechtsanwalt René Boyke

Page 17: bodo Juli 2014

17

der Region und ihren Besonderheiten ausein-

anderzusetzen. „Über Wasser gehen“ lautete

das Leitmotiv, als zwölf Arbeiten im Rahmen

der Kulturhauptstadt 2010 platziert wurden;

vier weitere Objekte kamen im vergangenen

Jahr unter dem ergänzenden Motto „Land

gewinnen“ hinzu. Aufgrund ihrer Ortsbezo-

genheit liefern alle Werke für sich genommen

spannende, hilfreiche und teils visionäre

Kommentare zur unmittelbaren Situation,

darüber hinaus ergänzen sie sich zu einer

überzeugenden Ausstellung.

Das gesamte Vorhaben erinnert an den spekta-

kulären Umbau der Emscher. Es war beabsich-

tigt, diesbezüglich an der Seseke Erfahrungen

zu sammeln. Lippeverband und Emscherge-

nossenschaft arbeiten als die ausführenden

Organisationen Hand in Hand. Ziel war und ist

in beiden Fällen eine zeitgemäße Landschafts-

gestaltung unter Berücksichtigung technischer,

ökologischer und künstlerischer Aspekte. Sollte

die Seseke im direkten Vergleich nur als „die

kleine Schwester“ wahrgenommen werden: Die

Leistung der Ingenieure ist unbestritten, die

Qualität der Kunstwerke hoch.

Die Arbeit „Landschaft im Fluss“ von Thomas

Stricker thematisiert das prähistorische Ruhrge-

biet. Auf eine eigens angelegte Insel im Bett der

Seseke pflanzte er Sumpfzypressen – Fragmente

dieser urtümlichen Baumart findet man in Koh-

leflözen. Danuta Karsten hat mit ihren „Stufen

zur Körne“ am Körnebach bei Dortmund-Kurl

einen sozialen Raum geschaffen, der den

Betrachter auf nachhaltige Weise an das Gewäs-

ser heranführt. Ihre Installation funktioniert

als Ort für Meditation ebenso wie als Platz der

Kommunikation. Claudia Schmacke reflektiert

mit „Scheinen – Erscheinen – Verschwinden“,

einer am Massener Bach bei Unna-Afferde in

Intervallen sprudelnden Fontäne Zusammen-

hänge zwischen technischen und natürlichen

Wasserläufen. Das Künstlerduo Winter/Hörbelt

kommentiert in Nähe der anfangs erwähnten

Körnebachmündung mit der „Pixelröhre“ die

Betonrohre im Boden und ihre Bedeutung für

die Zukunft des Sesekegebietes.

Wie die übrigen Kunstwerke sind die genannten

Arbeiten prinzipiell mit dem PKW erreichbar.

Allein wegen der mannigfaltigen landschaft-

lichen Eindrücke aber wäre zur Besichtigung

eine Fahrradtour ratsam, empfehlenswert ist

darüber hinaus ein Picknick am Flussufer.

WILDE KRÄUTER

FÄRBER-WAU

Brennnessel, Weißdorn, Holunder.

Das waren die Wildkräuter der letz-

ten drei Kolumnen. Populäre, weit

verbreitete Pflanzen, den meisten

von Ihnen wohl bekannt. Oder aber,

Sie haben davon gehört, schauen in

ein Lexikon und: „Hey, klar, habe ich

doch schon oft gesehen...” Man kann

aus jeder von ihnen wirklich leckeres

Essen machen, deswegen werden sie

hier bestimmt wieder auftauchen.

Aber, wenn man tatsächlich beginnt,

häufiger mit Wildkräutern zu kochen,

fällt einem beim Suchen da draußen

auch ganz anderes Grünzeug auf.

Erdbeerspinat zum Beispiel sieht

aus, als hätten ihn Außerirdische bei

einem Besuch auf dem Planeten Erde

ausgesetzt. Die Eigenschaften von

Frauenmantel haben auf Alchemisten

einen derart nachdrücklichen Eindruck

gemacht, dass sie mit seiner Hilfe

versuchten, wertlose Metalle in Gold

zu verwandeln; der botanische Name

Alchemilla vulgaris legt heute noch

Zeugnis davon ab. Dass Alchemisten

bisweilen auf dem Scheiterhaufen lan-

deten, ist eine Sache, eine andere, dass

ausgerechnet Johannes, der Lieblings-

jünger Jesu, zu ihrem Schutzpatron

erklärt wurde.

Leider gibt es keinen Schutzpatron der

allgemein Neugierigen. Vorsicht ist die

Mutter der Porzellankiste. Der Wau ist

eine Pflanze, der ich mich vorsichtig ge-

nähert habe. Schon bevor ich ihren Na-

men kannte. Genau genommen gibt es

zwei Arten in unseren Breiten, den Gel-

ben und den Färber-Wau. Aufgefallen

sind mir beide. Immer wieder. Und des-

wegen wollte ich irgendwann wissen,

was das ist und ob und für was man es

verwenden kann. Die Pflanzen zu be-

stimmen ist recht einfach, sie sind un-

verwechselbar. Beim Färber-Wau, wenn

man ihn identifiziert hat, verrät allein

der Name eine (ehemalige) Bedeutung.

Mit einem Extrakt aus dessen getrock-

neten Blättern und Stängeln kann Seide

lichtecht gefärbt werden. Nicht so leicht

war es, etwas über eine potenzielle

Verwendung in der Küche herauszu-

finden; in den gängigen Wildkräuter-

kochbüchern findet Färber-Wau nicht

statt. Aber wenn man am Ball bleibt,

wird Neugier manchmal belohnt. In

diesem Fall war es so. Sollten Sie, wie

ich, ein Faible für die englische, leicht

bittere Marmelade haben, versuchen

Sie Ihr Glück mal mit diesem Rezept.

REZEPT

100 g nicht zu alte Blütenstände vom

Färber-Wau fein hacken und für einen

Tag in 125 ml Wasser ziehen lassen,

dann durch ein Sieb streichen. In

die klebrige Flüssigkeit den Saft von

drei Limetten gießen und mit tro-

ckenem Weißwein auf 1,5 l anfüllen.

Abgeriebene Schale von drei Zitronen

zufügen und alles mit 2 kg Gelierzu-

cker (1:1) unter Rühren aufkochen.

Vier Minuten sprudelnd kochen

lassen und in sterile Gläser füllen.

Färber-Wau ist eine hohe, schmalblätt-

rige, meist leicht verzweigte Pflanze,

die bis zu 150 cm groß werden kann.

Blütezeit von Juni bis September. Die

hellgelben Kelche stehen auf kurzen

Stielen in langen, reichblütigen Trau-

ben. Während sich an deren unterem

Ende bereits Samen bilden, entwickeln

sich oben weitere Knospen. Färber-Wau

liebt Ödland. Weitere Informationen

in besseren Bestimmungsbüchern.

Und immer schön vorsichtig bleiben!

von Wolfgang Kienast

www.ueberwassergehen.de

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REPORTAGE

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Ghana ist Weltmeister Die WM 2014 ist entschieden. 31 Nationen traten gegenein-ander an – Nigeria musste kurzfristig seine Teilnahme absa-gen. 90 Minuten Bangen, 90 Minuten, die Schiedsrichter und Teams ins Schwitzen brachten. „Waakye“ brachte letztendlich den klaren Sieg für Ghana.

von Antje Mosebach

Fotos: Sabrina Richmann

und Jochen Linz

ren die Besucher der Weltmeisterschaft, die

sich für fünf Euro vier verschiedene Landes-

gerichte aussuchen durften, um dann auf

einer Karte ihre Wahlkreuzchen zu machen.

Für das „Zünglein an der Waage“ holte sich

das Organisationsteam um Martina Plum

noch professionelle Köche und Promis aus

der Stadt, darunter OB Ullrich Sierau.

Bis auf vier Ausnahmen traten tatsächlich

originale Vertreter der Teilnehmernatio-

nen zum Wettbewerb an – Hobbyköche,

keine Restaurantfachleute, mit dem

Trainingslager hinter der Wohnungstür.

Klar, die Auslandsgesellschaft hatte bei der

Rekrutierung einen gewissen Heimvorteil:

Zahlreiche Köche und Köchinnen kamen

aus dem Sprachlehrerfundus oder über ein

internes Netzwerk. Andere aus Verbindun-

gen zu den Botschaften.

So kam z.B. die Honduranerin Cynthia extra

aus Aachen, und die Kroatin Ivana brachte

ihre „Cupavci“ aus Münster mit. Japan, Frank-

Alle, die jetzt verwirrt auf ihren Fußballka-

lender starren, seien beruhigt: Sie haben

das Fußball-WM-Finale nicht verpasst.

Aber: eine umwerfend bunte, lebendige

und friedvolle Koch-Weltmeisterschaft

aller in Brasilien startenden Nationen. Eine

kulinarische Weltreise, die die Auslandsge-

sellschaft Deutschland an ihrem Standort

Dortmund organisiert hatte.

Statt 12 Stadien brauchte es für die Koch-

WM nur einen Austragungsort. Und der

musste nicht neu gebaut werden: Foyer und

Außengelände der Auslandsgesellschaft

wurden ein bisschen umgestaltet und

WM-gerecht dekoriert. Stand und Zutaten

wurden gestellt, Rezepte und Präsentation

blieben den Teilnehmern überlassen. Die

konnten die Speisen zu Hause vorbereiten,

bestenfalls vor Ort noch etwas grillen. Jede

Nation sollte kleine Portionen vorrätig

haben, damit die Schiedsrichter auch aus-

reichend Platz im Magen hatten, um sich

weltweit durchzutesten. Die Jury, das wa-

reich, Belgien und Portugal hingegen muss-

ten fremdbesetzt werden. Aber ein bisschen

Schummeln war erlaubt, und man hat die

schwäbelnde „Ecuadorianerin“ schmunzelnd

akzeptiert, die selbst testessen ging, nach

Mexiko, nebenan, „für den Weltfrieden“. Und

der blieb auch nach dem „Anpfiff“.

Was dann folgte, war die viel besungene

Qual der Wahl. Denn die Düfte der ins

Rennen geschickten Gerichte wetteiferten

schon vorweg um die vielen Juroren. Hinzu

die Inszenierung der Speisen – und der

Repräsentanten. Ganz klar schon vorne da-

bei: Ghana. Mit tänzelndem Hüftschwung

und in Landestracht zogen die westafri-

kanischen Köchinnen mit ihrer kraftvollen

Lebensfreude viele in ihren Bann. Gekrönt

von dem leicht scharfen, geschmacklich

mit allen Sinnen spielenden Bohnen-Rind-

fleischgericht – „Waakye“.

Und genau darin lag ein Geheimnis der

Gewinnernationen: Durch die Wahl der Ge-

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würze und Gewürzmischungen vermittel-

ten die afrikanischen, südamerikanischen

oder auch arabischen Köche mehr als nur

angenehme Sättigung, sie ließen Lebensge-

fühle spüren. So auch die Chilenin Ruth Me-

jias. Sie hatte unter dem Pinochet-Regime

Schlimmes erlebt. Mit ihren Kindern wurde

sie vor 35 Jahren von einer Menschenrechts-

organisation außer Landes gebracht – ihr

Herz hängt immer noch dort: „In Gedanken

bin ich jeden Tag in Chile“. Dieses Gefühl

scheint sie auch in die Zubereitung ihrer

Speisen zu legen, denn mit ihren „panades“

und „bebre“, einer speziellen Sauce dazu,

erlangte sie den dritten Platz.

Ein ganzes Buffet betörend duftender

Speisen präsentierte das iranische Team.

Und wurde auf den zweiten Platz gewählt.

Während man sich am Stand von Perla und

Johanna Lostao durch alle Regionen Argenti-

niens naschen konnte, feierten die Kolum-

bianer Schwager Giovanni: Der darf endlich

bei seiner jungen Familie in Deutschland

leben – er hat eine Arbeitsgenehmigung

bekommen.

Für die Schweiz, mit ihrem originellen

Graubündener Kreationen jenseits aller

Käsefondues, oder die vielen Desserts zwi-

schen Australien, USA und Bosnien, die Ita-

liener mit ihrem besonderen Olivenöl, dass

sie von den Oliven ihrer Bäume zu Hause

haben, Süd-Korea oder Holland – für all die

anderen Nationen hätte man noch viel Zeit

gebraucht. 90 Minuten sind da ein bisschen

knapp. Diese Erfolgs-WM hätte locker eine

Verlängerung vertragen.

REPORTAGE SOZIALES

Sie sehen martialisch aus und sollen es

sein. Drei Reihen spitzer Stahlstacheln vor

einem Wohnhaus in London machen klar:

Wer hier einen Schlafplatz sucht, trifft

auf hochgerüstete Gegenwehr. Die Nähe

zu ebenfalls rustikalen Methoden der

Tauben-„Vergrämung“ in Innenstädten

ist offensichtlich. Zurecht empfanden

Menschen weltweit die Machtdemonst-

ration als menschenverachtend, 130.000

unterschrieben eine Online-Petition mit

vorhersehbarem Erfolg: Die Dornen sind

Geschichte. Und alles ist gut?

Gut ist, dass die Anti-Obdachlosen-Sta-

cheln einen Prozess des Sichtbarmachens

anstießen. In den sozialen Netzwerken

zeigten Bilder aus aller Welt ähnliche

Konstruktionen. Gut ist auch, dass einige

Redaktionen bei der wohlfeilen Kurzzeit-

Empörung nicht mitspielen wollten und

stattdessen Betroffene auf die Allge-

genwart der Vertreibungsarchitektur

hinweisen ließen.

Und in der Tat geht es nicht um Dornen. Die

stammen aus Zeiten, in denen noch ganz

sprichwörtlich auf der eigenen Burgzinne –

„My Home is my Castle“ – die Scholle gegen

anrückendes Gesindel verteidigt wurde.

Ihnen folgte der Staat, der durch Diszi-

plinierung Ordnung schuf, Schulen und

Gefängnisse baute – im wahrsten Sinne

„Einschließung“ betrieb. Seit dem 19. Jahr-

Als der Londoner Aktivist Andrew Horton im Juni ein Foto von Metalldornen vor einem Privathaus auf Twitter postete, ging eine Welle der Empörung durch die sozialen Netzwerke, weltweite Berichterstattung folgte. Die Aufregung um die „Anti-Homeless Spikes“ verdeckt, dass disziplinie-rende Architektur allgegen-wärtig ist und längst ganz anders daher kommt.

von Bastian Pütter

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Du möchtest, aber tue es an den dafür

vorgesehenen Orten.“

Kontrolle heißt heute: Die Verteilung von

Menschen im Raum. Die Innenstädte sind

zunehmend entmischte Konsumzonen,

in denen weit in den öffentlichen Raum

ragende Außengastronomie Erholung

für die Zahlungsfähigen verspricht,

während die Parkbank durch bewusst

unbequeme Kurzzeit-Sitzgelegenheiten

ersetzt wird. Die Aufgabe der Kameras ist

nicht in erster Linie zu erfassen, sondern

zu sprechen. Sie sagen: „Hier nicht“.

Dass sich Armut breit macht, verhindern

abgeschrägte Ebenen, wie zufällig plat-

hundert wurden „Landstreicher“, Bettler,

„Arbeitsscheue“ staatlich reglementiert,

kriminalisiert, psychiatrisiert – und nach

Möglichkeit „resozialisiert“. Kontrolle zielte

sanktionierend auf die Seele des Individu-

ums, das Ziel war „Heilung“, die (Wieder-)

Eingliederung in die Gesellschaft. Im öf-

fentlichen Raum begegnete die Macht den

Unerwünschten als Polizei und als Verbots-

schild – „Betreten des Rasens verboten“.

In vieler Hinsicht sind diese Zeiten vorbei.

In der Kontrollgesellschaft schaffen

Architektur, private Wachdienste und

Videoüberwachung Zonen der „Aus-

schließung“. Der Modus heißt: „Tu, was

zierte Betonklötze, malerische Findlinge

oder dezente Gitter oder Geländer. Nett

sieht das aus und meint: „Bleiben Sie in

Bewegung.“ Die Unwirtlichkeit des öf-

fentlichen Raums ersetzt den staatlichen

Eingriff, der Platzverweis übersetzt sie

für die Begriffsstutzigen.

Das ist alles irgendwie tolerant und

gewaltfrei – und insgeheim gefällt es uns,

dass ja hinter der Bahnlinie ein Platz für die

Ausgestoßenen ist und hier im Licht ein si-

cherer Platz für die Einkaufenden, für uns.

Aber es taugt nicht für Empörung. Dafür

braucht es dann die Dornen.

„Bleiben Sie in Bewegung.“Anti-Obdachlosen-Stacheln und freundliche Vertreibung

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Arbeitslose sind gestresster als Berufstätige mit anspruchsvol-

len Aufgaben. Zu diesem Ergebnis kommt die repräsentative

Studie der DAK-Gesundheit zur chronischen Stressbelastung

bei 25- bis 40-Jährigen. Befragt wurden dazu 3.000 Männer

und Frauen in ganz Deutschland.

„Nicht der vielbeschäftigte Manager ist es, der am stärksten von

Stress belastet ist, sondern die Studentin, die Alleinerziehende

und der Arbeitslose“, sagte Thomas Bodmer, Vorstandsmitglied

der DAK. So leiden Berufstätige, die weniger gut ausgebildet

sind, einfache Tätigkeiten ausüben und keine große Verantwor-

tung tragen, mehr unter Stress als Hochqualifizierte.

Kurz: Je höher der berufliche Status, desto geringer der Stress.

Besonders stressbelastet sind laut Studie alleinerziehende

Frauen, gefolgt von Studentinnen und arbeitslosen verheira-

teten Männer. Als Hauptursache für die große Belastung nen-

nen die Befragten Überforderung, mangelnde Anerkennung

und eine Vielzahl an Sorgen – insgesamt das Gefühl, dass alles

zu viel werde.

Stressfaktor Arbeitslosigkeit

DER KOMMENTAR

NEWS

Etwa jeder fünfte Deutsche (18,1 Prozent) ist im Jahr 2014 ex-

plizit ausländerfeindlich eingestellt – verglichen mit 2012 ein

Rückgang um 7 Prozent. In der im Juni vorgestellten „Mitte-

Studie“ der Universität Leipzig ist dies eine der wenigen po-

sitiven Befunde.

Alarmierend sind die wachsenden Ressentiments gegenüber

Muslimen, Flüchtlingen und Roma. 43 Prozent der Deutschen

fühlen sich angesichts von Zuwanderung „manchmal wie ein

Fremder im eigenen Land“. 2011 waren es noch rund 30 Prozent.

Ähnlich stark ist die Abneigung gegen Roma gestiegen. 2012

hatten noch 40 Prozent Probleme damit, wenn sich Roma in

ihrer Wohngegend aufhalten, inzwischen sind es 55,4 Prozent.

Für eine Vertreibung von Roma aus Innenstädten sind inzwi-

schen 47 Prozent der Deutschen (2012: 27,7 Prozent).

Die Ablehnung gegenüber Flüchtlingen hat sich seit 2012 bei-

nahe verdreifacht. Der Aussage, der Staat solle bei der Prüfung

von Asylanträgen nicht großzügig sein, stimmten vor zwei

Jahren 25,8 Prozent zu, aktuell sind es 76 Prozent.

Gegen Muslime, Flüchtlinge, Roma

Die Zahl der registrierten Straftaten in westfälischen Großstäd-

ten hat sich im Jahr 2013 gegenüber dem Vorjahr kaum verändert.

Das geht aus der Kriminalstatistik 2013 des Bundes hervor.

Demnach vermelden Dortmund und Gelsenkirchen einen

leichten Rückgang an polizeilich registrierten Kriminalfällen,

während in Bochum und Münster die Zahl leicht anstieg.

Mit rund 14.000 Straftaten pro 100.000 Einwohner ist Dort-

mund statistisch die unsicherste Großstadt der Region. Das

Innenministerium weist allerdings darauf hin, dass ein Ver-

gleich verschiedener Städte schwierig sei, da die Statistik etwa

das unterschiedliche Anzeigenverhalten der Bevölkerung nicht

berücksichtigt. Zudem sei etwa in Städten mit internationa-

lem Flughafen ein erhöhter Anteil von aufenthaltsrechtlichen

Straftaten zu verzeichnen.

Trotz der stagnierenden Gesamtzahl von Kriminalfällen ist die

Zahl der Wohnungseinbrüche in den meisten westfälischen

Städten gestiegen. Die geringste Aufklärungsquote verzeich-

net Bochum mit 8,5 Prozent.

Kriminalstatistik kaum verändert

Am Wahlabend, dem 25. Mai, atta-

ckieren 30 Neonazis der Partei „Die

Rechte“ in T-Shirts der verbotenen

Nazikameradschaft NWDO Gäste

der Wahlparty am Dortmunder

Rathaus, darunter viele Rats- und

Landtagsmitglieder, es gibt mehrere

Verletzte. Die Polizei ist nicht vor Ort.

So schockiert Opfer und Augenzeu-

gen an der Rathaustreppe waren –

ab hier hätte es eine gute Geschich-

te werden können. Zugegeben, der

Staatsschutz hatte versagt, aber das

ist in Dortmund keine Nachricht. Die

Polizei traf schnell ein und schützte

mit zuerst nur acht BeamtInnen die

Angegriffenen, bald war die Situa-

tion unter Kontrolle. Ein friedliches,

spontanes Bündnis von Politikern

von SPD bis Piraten und Dortmun-

der Bürgern hatte sich einem rech-

ten Mob in den Weg gestellt, war

angegriffen worden, und nun war

die Polizei da.

Uns war klar: Landfriedensbruch, ge-

meinschaftliche Körperverletzung,

Volksverhetzung – alles dokumen-

tiert von einem Dutzend Journalis-

ten und von Amtsträgern bezeugt:

Den entscheidenden Schlag hatten

die Nazis gegen sich selbst geführt.

Erste Zweifel kamen auf, als die Po-

lizei im jovialen Gespräch mit Sieg-

fried Borchardt (SS-Siggi) dessen An-

zeigen gegen einzelne Angegriffene

aufnahm. Die Nazis gingen später

unbehelligt nach Hause.

Abstrus wurde es, als tags drauf in

der Polizeipresse von „wechselsei-

tigen Körperverletzungen“ durch

Neonazis und „Linksextremisten“

die Rede war. Aber schließlich wa-

„Sächsische Zustände“ von Bastian Pütter

Foto: Oliver Schaper

Page 23: bodo Juli 2014

23

„Sächsische Zustände“ von Bastian Pütter

DAS FOTO

12.000 Mitglieder der Bewegung wohnungsloser Arbeiter (MTST) demonstrieren im Juni vor

der neugebauten Arena de São Paulo in Brasilien gegen die sozialen Ungerechtigkeiten als

Folge der teuersten Fußball-WM aller Zeiten.

ren die Ordnungshüter ja nicht da-

bei gewesen und brauchten wohl

noch etwas Zeit für die Sichtung

des Materials.

Landes-Innenminister Jäger (SPD)

kündigte eine Prüfung der Vorgän-

ge an, und als schließlich sein Bericht

vorlag, hatte Dortmund seinen x-ten

Neonazi-Polizei-Skandal. Das aus

dem Dortmunder Polizeipräsidium

stammende Papier ist nicht nur voller

Ungereimtheiten und nachweisba-

rer Unwahrheiten, es verunglimpft

Politiker und denunziert Zivilcou-

rage und friedlichen Widerstand.

Ermittelt wird inzwischen gegen 5

der 30 Angreifer wegen Beleidigung

und Körperverletzung und gegen 40

friedliche Verteidiger des Rathauses

wegen Nötigung (deren Adressen

über Akteneinsicht jetzt den Neona-

zis vorliegen – Danke dafür).

Dortmunds „sächsische Zustände“

sind über Deutschland hinaus in den

Medien, nicht wegen Menschen, die

sich vor ein Rathaus stellen und nicht

wegen eines wieder vermasselten Po-

lizeieinsatzes. Sondern weil – schon

wieder – die Dortmunder Polizei Op-

fer zu Tätern macht, um ihr eigenes

Versagen zu kaschieren. Der Polizei-

präsident heißt Gregor Lange.

Foto: REUTERS/Nacho Doce

DIE ZAHL

„stille SMS“ schickte die Dortmunder Polizei allein im ersten Quartal 2014. Kein Polizeipräsi-dium in NRW führte so viele verdeckte Handy-Peilungen durch. An zweiter Stelle steht Köln mit 11.135.

20.512

Page 24: bodo Juli 2014

24

endstation.kino & bodo präsentieren:endstation.open air kino

Meist tauchen Meldungen zu Menschen, die vor Krieg oder Verfolgung aus ihrem Hei-

matland fliehen, nur als punktuelle Nachrichten, gekoppelt an ein konkretes Ereignis

in den Medien auf. Mit dem Ziel, einen globalen und historischen Überblick über die

Flüchtlingsbewegungen der letzten vierzig Jahre zu geben, ist Anfang des Jahres die

Webseite therefugeeproject.org gestartet.

Das „Refugee Project“, eine Zusammenarbeit zwischen Hyperakt, einer New Yorker De-

sign-Agentur und dem Medien- und Designkünstler Ekene Iieoma, visualisiert weltweite

Bewegungen von Flüchtenden auf einer großen Weltkarte. Sortiert nach Jahren, begin-

nend 1975, lassen sich zu jedem Land die eintreffenden oder ausgehenden Flüchtlings-

ströme in Form von dünnen Linien, die Herkunftsland und Zielland verbinden, anzeigen.

Zusätzlich präsentiert die Webseite konkrete Zahlen zu jedem Land. Bei größeren Flucht-

bewegungen, die an bestimmte politische oder gesellschaftliche Ereignisse geknüpft

sind, werden kurze Artikel, die den historischen und sozialen Hintergrund erläutern, in

die Seite eingebunden. Die Datengrundlage der Webseite basiert auf Informationen des

UNO- Flüchtlingskommissariats (UNHCR) und der Vereinten Nationen.

Die Idee zu der Webseite entstand auf einer Konferenz zur Datenvisualisierung in Genf,

als das Team von Hyperakt erkannte, auf welche immensen Datenmengen die UN zurück-

greifen kann. „Mit dem Ziel, aktuelle Flüchtlingskrisen, wie zum Beispiel die in Syrien,

besser einordnen zu können, hatten wir die Idee, dass es sehr nützlich sein könnte, alle

Flüchtlingsbewegungen weltweit zu visualisieren und zu vergleichen und das am besten

für einen längeren Zeitraum und nicht nur für ein Jahr“, so Deroy Peraza von Hyperakt.

Bisher wurde die Webseite seit ihrem Start Anfang des Jahres über eine Million Mal

aufgerufen. „Wir planen auch weiterhin, an der Webseite zu

arbeiten, aber dabei müssen wir natürlich auch immer die Finan-

zierung im Blick behalten. Wir würden das Projekt zum Beispiel

gerne um Erfahrungsberichte von einzelnen Flüchtenden erwei-

tern, um die Webseite dadurch um persönliche Perspektiven zu

ergänzen. Bisher haben wir nur die Spitze eines Eisbergs erfasst,

an dem es noch sehr viel mehr zu erforschen gibt.“ (sese)

www.therefugeeproject.org

Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein

Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:

Deroy Peraza

Am 19.7. sind alle herzlich mit ihren

Picknickdecken auf dem Kunstrasen des

BV Langendreer 07 in der Hohen Eiche

42 (Bochum) willkommen. Ab 20 Uhr ist

Einlass und gegen 21.30 Uhr beginnt dann

die Gangster-Komödie „7 Psychos“. Am 26.7.

gastiert das Endstation Kino im Kunstmu-

seum Bochum am Stadtpark und zeigt dort

Jim Jarmuschs Kultfilm „Night on Earth“.

Den ganzen August über heißt es dann an

jedem Samstag ab 21 Uhr im Hinterhof des

Kinos am Wallbaumweg 108 Willkommen

zum „endstation.open air“. Der Eröff-

nungsfilm am 2.8. wird „Die Tiefseetau-

cher“ von Wes Anderson sein, am 9.8. ist

Noah Baumbachs Indie-Hit „Frances Ha“

zu sehen. Am Freitag, dem 15.8. gibt es

im Hinterhof ausnahmsweise auch eine

Vorstellung: „Inside Llewyn Davis“, der

aktuelle Film der Coen-Brüder. Ein ganz

besonderer Klassiker ist am 16.8. zu sehen:

„Harold and Maude“. Am 22.8. ist das

Endstation Kino dann stilecht und passend

mit „Wallace and Gromit auf der Jagd nach

dem Riesenkaninchen“ beim Figurenthe-

aterkolleg in der Hohen Eiche 27 (Bochum)

zu Gast. Am 23.8. zeigt dann wieder im

Hinterhof des Kinos blicke.filmfestival des

ruhrgebiets ein Kurzfilmprogramm. Am

letzten Termin, Samstag, den 30.8. zeigt

das Endstation Kino noch „The Place Bey-

ond the Pines“ mit Ryan Gosling.

Der Eintritt für alle Open-Air-Veranstal-

tungen beträgt 6,50 Euro. Um Reservie-

rung wird gebeten.

Termine unter www.endstation-kino.de/

endstation.open-air.html

Endstation Kino im Bahnhof Langendreer

Wallbaumweg 108, 44894 Bochum

Telefon 0234 – 68 71 620

www.endstation-kino.de

KINOTIPPNETZWELT

24

Page 25: bodo Juli 2014

25

VERANSTALTUNGEN | VERLOSUNGEN01.07. – 05.10. | Die Terrakotta Armee | Hermannshöhe 42, BO | 5 x 2 Karten

19.07. | Mad Caddies (Support: Awesome Scampis) | FZW, DO | 2 x 2 Karten

19.07. – 30.08. | endstation.open air kino | endstation.kino, BO | 1 x 2 K. (freie Wahl)

26.07. | Juicy Beats 19 | Westfalenpark, DO | 2 x 2 Karten

26.07. | Oldie(s) Night | Bahnhof Langendreer, BO | 3 x 2 Karten

28.07. | PSD Bank Kino: 12 Years a Slave | Seebühne Westfalenpark, DO | 3 x 2 Karten

Juicy Beats 19Die fruchtigste Versuchung seit es Open-Air-Festivals gibt

mit Boys Noize, Alligatoah, Milky Chance, Alle Farben, Calexico, FM Belfast, Weekend, Die Orsons, Frittenbude, Erobique, Claptone, Hundreds, Kid Simius, Ebo Taylor, Wallis Bird, Tube & Berger, Doc Scott, Manuel Tur u.v.m.

Samstag, den 26. Juli ab 12 Uhr im Westfalenpark Dortmund

bodo verlost 2 x 2 Karten

Auch diesmal gibt es wieder Karten für tolle Veranstaltungen

zu gewinnen. Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff

„bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an:

[email protected]. Oder schicken Sie uns eine frankierte

Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer

an: bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund

Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entschei-

det das Losverfahren. Alle Gewinner werden rechtzeitig

telefonisch oder per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg

ist ausgeschlossen. Einsendeschluss für Veranstaltungen ist

jeweils zwei Werktage vor dem Termin. Einsendeschluss für

terminunabhängige Verlosungen ist der 25.07.2014

Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!

VERANSTALTUNGEN JULI 2014

Page 26: bodo Juli 2014

26

Wo echte Liebe zählt,ist unser Strom.

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DI 01 | 07 – SO 05 | 10 | 14

BODO-VERLOSUNG | Die Terrakotta Armee

Bereits über eine Million Ausstellungsbe-

sucher haben das Vermächtnis von Qin Shi

Huang Di, dem ersten Kaiser

von China, bestaunt, eines der

größten Wunder der Mensch-

heitsgeschichte, welches über

2.200 Jahre verborgen lag. Un-

gefähr 150 lebensgroße Terra-

kottafiguren wurden ebenso

wie ca. 1.000 Soldaten in Schlachtformation

(als Modell im Maßstab 1:10) eigens für die

Ausstellung originalgetreu angefertigt. Ne-

ben den meisterhaften Repliken der Soldaten

und Krieger erwarten die Besucher zahlrei-

che weitere beeindruckende Artefakte. Die

gesamte Ausstellung ist in ein fesselndes

junge iranische Künstler Oham Bilder seiner

speziellen Graffiti Art.

Galerie Dieter Fischer im Depot, Dortmund,

16 – 20 Uhr (auch 10. & 17.07.,

Finissage: 20.07. 15 – 18 Uhr)

Musik | Ensemble Pninin – „Ich Lieder“

„Ich habe immer nur geträumt. Dies und

nur dies ist der Sinn meines Lebens“, schrieb

Fernando Pessoa in seinem „Buch der Unru-

he“. Unter diesem Motto steht das Konzert-

programm des Dortmunder Komponisten

und Autors Andreas Seemer-Koeper und der

Betreiberin des Duisburger KunstQuartiers

Christina Böckler. Multimedial nähert man

sich der Frage: Träumen wir, oder werden wir

geträumt? Basis ist eine kammermusikalisch

geprägte Partitur, die in elf Traumphasen äh-

nelnden Sätzen der schöpferischen Kraft des

Tagträumens nachgeht.

Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr

Festival | Youth Brigade

Das „Youth-Brigade-Live-Music-Festival“ ist

das größte Newcomer-Festival NRWs im Live-

und Bandsektor in diesem Jahr unter Beteili-

gung von 20 Bands aus Dortmund und Umge-

bung, die ihr Können auf drei Bühnen im FZW

unter Beweis stellen. Musikalisch reicht das

Repertoire von Singer/Songwriter über Rap

bis Hardcore, Pop und Metal. Vernetzen und

Erfahrungsaustausch untereinander wird hier

groß geschrieben. Der Eintritt ist frei.

FZW, Dortmund, 17 Uhr

DO 03 | 07 – SO 06 | 07 | 14

Festival | Bochum Total

Was dem Dortmunder sein Juicy Beats, ist dem

Bochumer sein Bochum Total. Vom 3. bis 6. Juli

2014 wird sich die Bochumer Innenstadt wie-

der in ein fettes Festivalgelände verwandeln.

Und auch diesmal heißt es bei der 29. Auflage

des Musikfestivals: vier Tage volles Programm,

mehr als 60 Bands und Künstler vom regiona-

len Newcomer bis zum Top-Act, vier Bühnen

und das alles bei freiem Eintritt. Bis jetzt sind

03 – 06 | 07 | 14 Bochum Total

fernöstliches Ambiente gehüllt und wird da-

bei von einer effektvollen Licht- und Tonshow

gekonnt in Szene gesetzt. Weitere Informati-

onen unter: www.terrakottaarmee.com

Hermannshöhe 42, Bochum

bodo verlost 5 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

DO 03 | 07 | 2014

Ausstellung | Prachtstücke & Ornamente

Drall – leiblich und unbeschreiblich weiblich

erinnern die „Prachtstücke“ an die Urkraft

der Frau und ihre Fülle von Facetten. Andrea-

Maria Bressons „Prachtstücke“ sind lebendig,

farbenfroh und voller spürbarer Botschaften.

Der Maler Mo Hadjimir präsentiert feine

persische Ornamentik unter dem Titel „Tanz

der Linie“, und als besonderer Gast zeigt der

11 | 07 | 14 The Urban Turbans

ANZEIGE

Page 27: bodo Juli 2014

27

12 | 07 | 14 Blue Elephant

unter anderem folgende Bands bestätigt: Fri-

da, Gold, Jupiter Jones, Mc Fitti, Susanne Blech,

Montreal, Tim Vantol, Pamela Falcon. Mehr

zum kompletten Programm ständig aktuali-

siert unter www.bochum-total.de.

Innenstadt, Bochum

SA 05 | 07 | 2014

Musik | Summersounds-DJ-Picknicks:

Hans Nieswandt, Ingo Sänger, Carsten Helmich

Auch in diesem Sommer bringen die Sum-

mersounds-DJ-Picknicks Festival-Stimmung

in die Dortmunder Parks. Vom 5. Juli bis 23.

August begeben sich die beliebten „Umsonst

& Draußen“-Events jeden Samstag in eine an-

dere Grün-Oase. Start der Reihe ist am 5.7. im

Westpark mit anspruchsvollen Deep House

Sets von Hans Nieswandt, Ingo Sänger und

Carsten Helmich. Termine: www.djpicknick.de

Westpark, Dortmund, 14 – 22 Uhr

Ausstellung | „Jetzt helfe ich mir selbst“ –

Die 100 besten Video-Tutorials aus dem Netz

Was früher dem Autofreund die Buchreihe

„Jetzt helfe ich mir selbst“ war, ist heute das Vi-

deo-Tutorial im Netz. Seien es Probleme bei der

Installation von Druckertreibern, beim Binden

von Schnürsenkeln – bis hin zum Bau von Waf-

fen: „How-To“-Videos sind zu einem extrem

wichtigen Phänomen der DIY-Kultur geworden.

Die Ausstellung, die vom 5. Juli bis 31. August

2014 zu sehen sein wird, zeigt eine Auswahl der

100 witzigsten, absurdesten, spannendsten,

unheimlichsten und amüsantesten Video-Tu-

torials. Öffnungszeiten unter: www.hmkv.de

HMKV im U, Dortmund

SO 06 | 07 | 2014

Flohmarkt | Kochbuchflohmarkt

Vor der Bibliothek des Deutschen Koch-

buchmuseums im Westfalenpark findet im

Rahmen des Antik-, Kunsthandwerk- und

Trödelmarktes „Flo(h)rian“ ein kleiner Koch-

buchflohmarkt statt. Gegen eine Spende

werden Dubletten der Bibliothek einen neu-

en Besitzer finden. Rund 1.000 Titel aus dem

Bereich der Kochbuch- und Ratgeberliteratur

der letzten 40 Jahre stehen zur Auswahl.

Bibliothek des Deutschen Kochbuchmuseums,

Dortmund, 11 – 16 Uhr

Kinder | Familiensonntag

Unter dem Thema „Urlaub und Liebe“ wer-

den passend zum Thema kostenlose Spiel-,

Tobe- und Bastelaktionen für Kinder bis zu 12

Jahren angeboten. Die Eltern haben die Mög-

lichkeit zum Plaudern bei frischen Waffeln,

Kaffee und Kuchen. Der Eintritt ist frei.

Werkstadt, Witten, 14 – 18 Uhr

MO 07 | 07 | 2014

Vortrag | Taksim ist überall –

Die Gezi-Bewegung und die Zukunft der Türkei

Aufregend schön war Istanbul schon immer.

Für den Autor Denis Yücel und viele andere

Deutschtürken, die dort Freunde und Ver-

wandte haben, war diese Stadt stets mit

besonderen Gefühlen verbunden. Mit den

Gezi-Protesten vom Frühjahr 2013 aber hat

diese Bindung eine neue Dimension gewon-

nen: Istanbul ist nun auch politisch aufre-

gend. Denn was als Protest gegen den Abriss

11 | 07 | 14 Zweiter Freitag: Unter anderem Max

eines Stadtparks in Istanbul begann, hat sich

binnen weniger Tage zu einem landesweiten

Aufstand gegen die islamisch-konservative

AKP-Regierung und Erdogans autoritären Re-

gierungsstil ausgeweitet. Mit der Härte des

Polizeistaates und im Vertrauen darauf, die

Hälfte der Bevölkerung hinter sich zu wissen,

hat der Ministerpräsident die Proteste nie-

dergeschlagen, vorläufig jedenfalls.

Auslandsgesellschaft NRW e.V., DO, 19 Uhr

FR 11 | 07 | 14

Zweiter Freitag | Unter anderem Max

In unserer monatlichen Benefiz-Reihe „2. Frei-

tag“ erzählt der Bochumer Songwriter Max

Florian Kühlem mit Gitarre seine Geschichten,

angesiedelt zwischen Folk und Hamburger

Schule. Und kommt Max in seinen überwiegend

deutschsprachigen Texten nicht selbst zu Wort,

dann lässt er Dichter wie Eichendorff, Goethe,

Heine oder Neil Young sprechen. Zu Gast hat

er den Duisburger Lyriker Werner Muth im Ge-

päck, der laut „Rolling Stone“ die Magie vor der

eigenen Haustür findet und Lust darauf macht,

mal wieder ins Ruhrgebiet zu fahren. Der Ein-

tritt ist frei. Spenden sind willkommen.

bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, DO, 19.30 Uhr

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Page 28: bodo Juli 2014

28

19 | 07 | 14 Batucada Sound Machine

Comedy | Andrea Volk

Pfirsichzarte Pyjamas, rosarote Plüschba-

demäntel, süßliche Parfüms, tellergroßer

Ohrschmuck, kiloweise Schokopralinen, ro-

senverziertes Porzellan und hinreißende

Föhnfrisuren – Teleshopping: Das Land des Lä-

chelns, in welchem die gute Laune niemals un-

tergeht. Eine Fassadenwelt, in der kein Wasser

aus dem Hahn kommt, dafür aber bizarre An-

gebote über den Bildschirm flimmern. Andrea

Volk hat selbst sechs Jahre als Handtuch-Ex-

pertin gearbeitet und entlarvt das Verkaufs-

fernsehen als geniale Inszenierung.

Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr

Musik | The Urban Turbans

Lukas, Felix, Lena, Martin und Daniel sind

die Botschafter des „ReSkaBa“ – die Band

aus Münster präsentiert einen Mix aus Reg-

gaejazz, Ska und Balkanswing. Hiermit laden

„The Urban Turbans“ auf eine musikalische

Reise. Rhythmen von Amerika bis Osteuropa

entführen den Zuhörer zu den Schmelztiegeln

der Welt: Songs von Amsterdam über Brixton

und Istanbul bis Marrakesch. Musik von Ori-

ent bis Okzident. Mal original, mal adaptiert.

Der Eintritt ist frei.

subrosa, Dortmund, 20 Uhr

SA 12 | 07 | 2014

Musik | Blue Elephant

The Knights Of Funk: Ein (bis auf den „grei-

sen“ Trompeter) Haufen blutjunger Dort-

munder, die mit Herzblut wie Spielfreude

den Funk und den Jazz zelebrieren. So enter-

ten sie vor einigen Monaten den Dortmunder

Talentschuppen, eroberten die Herzen des

Publikums und wurden vom Fleck weg zum

monatlichen Jazz-Abend der Hafenschänke

„subrosa“ geladen. Hier belegen sie auf ihre

ganz eigene Weise, dass dieser Sound alles

andere als „Alte-Leute-Musik“ ist – in neuer,

erweiterter Formation.

subrosa, Dortmund, 19.30 Uhr

Theater | Trainspotting

Oft ist Trainspotting als Drogenroman, als

Drogenfilm, als Drogenstück verschrien.

Der Film besetzt tatsächlich eine Hauptrolle

mit Heroin. Der Roman und die von Michael

Schlothane bearbeitete Stückfassung tun

dies nicht: Die Droge, das scag, ist in dieser

Inszenierung ein Problem unter vielen: Sexu-

alität, Familie, Gewalt, Leben, Tod und Fuß-

ball. Der Stoff scheint ewig aktuell, aber auch

ewig schockierend. Ein schonungsloses Werk

19 | 07 | 14 Summersounds-DJ-Picknicks

S E E B Ü H N E W E S T F A L E N P A R K

D O R T M U N D

W W W. P S D - BA N K- KINO. D E | 10 . J U L I – 12 . AUGUS T

EINLA SS UND ABENDKA SSE TÄGLICH AB 20 UHR. TICKE T S AB 8 EUR INKL . EINTRIT T IN DEN WES TFALENPARK. FILMS TART BEI EINBRUCH DER DUNKELHEIT

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Page 29: bodo Juli 2014

29

Plattentellern stehen. In Wahrheit explodiert

regelmäßig der Dancefloor im Keller unterm

Sissikingkong. Eine Achterbahnfahrt aus ra-

ren Originalen, abenteuerlichen Coverversi-

onen und obskurem Edeltrash.

Sissikingkong, Dortmund, 22 Uhr

BODO-VERLOSUNG | Mad Caddies,

Support: Awesome Scampis

Am 19.7. spielen die amerikanischen SKA-

Punk-Legenden Mad Caddies im FZW, um ihr

im Mai 2014 erschiene-

nes neues Album „Dirty

Rice“ vorzustellen. Be-

sonders live überzeugt

ihre Mischung aus Punk,

Ska, Reggae, County und sogar Dixieland Jazz

die tanzwütige Mehrheit auf Festivals und

Clubshows auf der ganzen Erde.

FZW, Dortmund, 20 Uhr

bodo verlost 2 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

Musik | Batucada Sound Machine, Support: Noraa

On the Road an der Ruhr! Die Funkhaus Europa

Odyssee geht wieder mit brandaktuellen Glo-

26 | 07 | 14 Pyro Games 201419 | 07 | 14 Summersounds-DJ-Picknicks

über junge Menschen, die keine Jugend mehr

haben, hatten sie denn überhaupt mal eine.

Rottstr 5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr

Kabarett | Leslie Sternenfeld

Leslie hat sein Leben zur Hälfte noch vor sich,

und das ist gut so: Er ist mittendrin statt jung

dabei. Und doch hat er festgestellt, dass er

jetzt Vorsorge treffen muss, wenn er einmal

als Held sterben will. In schrägen Liedern,

abstrusen Geschichten, lieblichen Chansons

und mit schwarzem Humor lässt er sein bis-

heriges Leben genüsslich Revue passieren

und entwickelt einen testamentarischen

Schlachtplan, um sich und andere schöne

Dinge dieser Welt in die Ewigkeit zu retten.

Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr

MI 16 | 07 | 14

Film | PSD Bank Kino: Her

Theaodore arbeitet in einer Agentur, für die er

liebevolle, handgeschriebene Briefe verfasst. In

seinem Privatleben fühlt sich Theadore einsam,

seitdem seine Frau sich von ihm getrennt hat.

Erst als er sich ein neues, lernfähiges und perso-

nalisiertes System „Samantha“ für seinen Heim-

computer kauft, kommt wieder Schwung in sein

Leben. Denn schon bald ist „Samantha“ seine

engste Vertraute und Geliebte. Einlass ab 20 Uhr,

Beginn bei Sonnenuntergang. Das ganze Pro-

gramm gibt es unter www.psd-bank-kino.de.

PSD Bank Kino / Seebühne im Westfalenpark,

Dortmund, 20 Uhr

SA 19 | 07 | 2014

Musik | Summersounds-DJ-Picknicks:

Klaus Fiehe, DJ Dash, Mad Green

Im Zeichen atmosphärischer Beat- und Bass-

Wellen steht das Summersounds-DJ-Picknick

am 19.7. im Revierpark Wischlingen, wenn 1Live

Radio-DJ Klaus Fiehe sich die Decks mit den

Drum‘n‘Bass- und Dubstep-Spezialisten DJ Dash

und MadGreen teilt. Alle Termine der „Umsonst

& Draußen"-Picknicks unter: www.djpicknick.de

Westpark, Dortmund, 14-22 Uhr

Party | La Boum

Beat und Soul und Rock'n'Roll wird seit Jah-

ren bescheiden angekündigt, wenn Timmi

& Martini als Timmi Twister DJ-Set an den

26 | 07 | 14 Hety & Zambo

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Page 30: bodo Juli 2014

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bal Sounds umsonst & draußen auf die Piste.

Den Auftakt macht Batucada Sound Machine

aus Neuseeland. B2KDA ist eine schillernde Fu-

sion, die brasilianische und neuseeländische

Rhythmen mit Einflüssen aus HipHop, Funk

und Afrobeat vermischt. Ein explosiver Mix

aus Gitarren- und Blasinstrumenten-Sounds

gepaart mit kraftvollen Soulstimmen.

Freilichtbühne Wattenscheid, BO, 19.30 Uhr

Soziales | bodo-Stadtführung in Bochum

Am dritten Samstag findet wieder unsere

bodo-Stadtführung in Bochum statt. Unsere

Experten geben ihr Wissen weiter, zeigen die

Orte, an denen Menschen ohne Wohnung sich

aufhalten und besuchen mit Ihnen Einrichtun-

gen, die den Menschen auf der Straße Hilfe an-

bieten: Von der Suppenküche bis zur Notschlaf-

stelle, vom Tagesaufenthalt bis zu unserem

Verkäufer-Café. Anmeldung bitte unter 0234

– 68 07 72. Treffpunkt ist die bodo-Anlaufstelle

in der Stühmeyerstraße 33. „Teilnahmegebühr“

ist der Kauf eines Straßenmagazins bei unse-

rem Stadtführer. Im Anschluss gibt es Gelegen-

heit zum Austausch mit unserem Stadtführer.

bodo-Anlaufstelle, Bochum, 11 Uhr

FR 25 | 07 | 2014

Kabarett | RuhrHOCHdeutsch: Fritz Eckenga

Eckenga garantiert, dass die Besucher mit der

Eintrittskarte das Recht erwerben, von der

Konfrontation mit topmodernem Sprachun-

rat verschont zu werden. In seinem Programm

„Von vorn“ wird von vorn „gesprochen“ und

nicht „nachhaltig kommuniziert“. Bei ihm

steht nichts „auf der Agenda“. Stattdessen

wird er „ein Programm“ haben, das mit „Sinn

und Verstand“ aufgeführt wird, nicht jedoch

mit „Emotion pur“. Und weil Geiz nach wie

vor hässlich macht, legt Eckenga aus eigenem

Interesse Wert darauf, seine Talente möglichst

verschwenderisch zu präsentieren.

Spiegelzelt, DO, 20 Uhr (auch 26. & 27.7.)

SA 26 | 07 | 2014

BODO-VERLOSUNG | Juicy Beats Festival 19

Dieses fruchtige Festival muss man als Mu-

sik- und Partyfreund einfach lieben. Ein

Haufen cooler Live-Acts

und DJs – für jeden was

dabei – auf unzähligen

Bühnen und in schrä-

gen Lokationen überall

im Westfalenpark verstreut. Der musikali-

sche Obstkorb ist wieder reich gefüllt: Boys

Noize, Alligatoah, Milky Chance, Alle Farben,

Calexico, FM Belfast, Weekend, Die Orsons,

Frittenbude, Erobique, Claptone, Hundreds,

Kid Simius, Ebo Taylor, Wallis Bird, Tube &

Berger, Doc Scott, Manuel Tur... Ach, guckt es

euch einfach selber an auf www.juicybeats.

net. Insgesamt verwandeln nämlich 150 in-

ternational, national und regional bekannte

Acts und DJs auf mehr als zwanzig Bühnen

und Dancefloors den Park in eine der schöns-

ten Open Air Locations der Republik. Sech-

zehn Stunden großes Festival-Kino & Party

total in Dortmund!

Westfalenpark, Dortmund, 12 – 04 Uhr

bodo verlost 2 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

Musik | Ekamina bei Sommer am U:

Wirtschaftswunder

Als Timmi Twister DJ-Set sind Timmi & Mar-

tini eine feste Größe im Nachtleben. Wer die

ungestüme Party „La Boum“ kennt, der weiß,

dass die beiden sich nicht nur als DJs verste-

hen, sondern als Kulturarchäologen auf den

Spuren populärer Strömungen der Alltags-

kultur. Liebend gern entführen sie ihr Publi-

kum in andere Welten, wobei sie für die Epo-

che des Wirtschaftswunders ein besonderes

28 | 07 – 08 | 08 | 14 „Kindergeschichten“27 | 07 | 14 Reel Big Fish

ANZEIGE

Page 31: bodo Juli 2014

31

Sucks“ (1995) dank ihres Mix aus New Wave

Pop, Ska und Humor erste große Bekanntheit

in der Öffentlichkeit. Schnell wurden ihre

Songs im Radio gespielt und ihre verrückten

Musikvideos auf MTV gezeigt. Den großen

Durchbruch erreichte die Band durch Titel-

songs in dem Videospiel „FIFA 2000“ und dem

Kinofilm „Die Sportskanonen“. Inzwischen

werden Reel Big Fish neben Größen wie No

Doubt und Sublime zu den wichtigsten Ver-

tretern des 90er Jahre Ska-Punk gehandelt.

FZW, Dortmund, 20 Uhr

MO 28 | 07 | 14

BODO-VERLOSUNG | PSD Bank Kino: 12 Years a Slave

Solomon Northup ist 30 Jahre alt und ein an-

gesehener Bürger in seiner Heimat im Staat

New York. Als er zwei

Männer trifft, die sich

als fahrendes Zirkus-

volk ausgeben, lässt er

sich auf ein Treffen in

Washington ein. Dort wird er unter Drogen

gesetzt und gegen seinen Willen von Skla-

venhändlern in den Süden verschleppt. Eine

zwölfjährige Tortur in den Händen weißer

Plantagenbesitzer beginnt. Der Einlass er-

folgt ab 20 Uhr, der Film beginnt bei Sonnen-

untergang. Das ganze Programm gibt es un-

ter www.psd-bank-kino.de.

PSD Bank Kino / Seebühne im Westfalenpark,

Dortmund, 20 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

MO 28 | 07 – FR 08 | 08 | 14

Kinder | „Kindergeschichten“ –

Sprach- und Kulturcamp im Thealozzi

Angeregt durch die ungewöhnlichen Geschich-

ten von Nelson Mandela sollen in diesem Jahr

eigene Geschichten erfunden werden, die

unterschiedliche Blicke auf Dinge, auf Men-

schen und wie sie die Welt sehen, werfen. In

Schreibwerkstätten, Theatergruppen, durch

Film, Musik, Tanz und Bewegung können diese

Kindergeschichten zu neuem Leben erweckt

werden. In fünf Workshops haben die Kinder

Gelegenheit, unterschiedliche Kulturtechniken

kennenzulernen und spielerisch ihre kulturel-

len und sozialen Fähigkeiten zu erweitern. Die

Kinder werden jeweils von montags bis freitags

in der Zeit von ca. 9.30 bis 16.30 Uhr von erfah-

renen Dozenten aus dem Thealozzi angeleitet.

Die Teilnahme am Sprach- und KulturCamp

einschließlich Verpflegung ist kostenlos, eine

Anmeldung erforderlich. www.thealozzi.de

Thealozzi, Bochum

DI 29 | 07 | 14

Film | Fiege KinoOpenAir:

Das erstaunliche Leben des Walter Mitty

Walter Mitty (Ben Stiller) ist transparent. Zu-

mindest für viele seiner Kollegen beim Life

Magazine, für die heimlich verehrte Cheryl

(Kristen Wiig) und ganz besonders für seinen

ihn ständig demütigenden Vorgesetzten. Doch

als das mysteriöse Foto von Starfotograf Sean

O‘Connell, das für das Cover der Finalausgabe

vorgesehen ist, unauffindbar bleibt, begibt sich

der ewige Träumer Mitty auf die abenteuerli-

che Suche nach O‘Connell (Sean Penn), die ihn

um die halbe Welt, aber auch immer näher zu

Cheryl führt. Der Einlass erfolgt ab 20 Uhr, der

Film beginnt bei Sonnenuntergang. Das ganze

Programm gibt es unter www.fiegekino.de.

Innenhof der Fiege-Brauerei, Bochum, 20 Uhr

DO 31 | 07 | 2014

Kabarett | RuhrHOCHdeutsch: HG. Butzko

Butzko wäre nicht Butzko, wenn er sich nicht

mal wieder so seine ganz eigenen Gedanken

gemacht hätte und die Frage aufwirft: Was

ist denn eigentlich hier los? Und in der Tat,

diese Frage ist berechtigt. „Ich mache seit

1997 satirisches Kabarett, und inzwischen

denk ich mir: ,Wenn du dich mit den Mächti-

gen beschäftigen willst, wieso hältst du dich

dann mit Politikern auf?‘“ (HG. Butzko)

Spiegelzelt, Dortmund, 20 Uhr

Faible entwickelt haben. Auf den Platten-

tellern liegen dann ausschließlich Schlager,

Twist und Rock‘n‘Roll.

Leonie-Reygers-Terrasse am U, DO, 16 Uhr

BODO-VERLOSUNG | Oldie(s) Night

DJ Rainer ist im Bahnhof Langendreer schon

lange Kult. Das DJ-Urgestein legt seit Jahren

im beliebten Bochumer

Kulturzentrum auf und

serviert der begeister-

ten Tanzmeute jeden

Monat Songs aus den

60er bis 90er Jahren. Nicht nur für Oldies!

Bahnhof Langendreer, Bochum, 22 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

Feuerwerk | Pyro Games 2014

Nach dem Erfolg im letzten Sommer geht

auch dieses Jahr das Feuerwerksfestival

„Pyro Games“ in die nächste Runde. Vier

der deutschlandweit besten und mehrfach

preisgekrönten Feuerwerksprofis treten in

industrieller Kulisse mit einer musikalisch in-

szenierten, gigantischen Feuerwerksshow ge-

geneinander an. Ein spektakuläres Rahmen-

programm sowie kulinarische Leckerbissen

lassen keine Wünsche offen.

Nordwiese a. d. Jahrhunderthalle, BO, 19 Uhr

Musik | Hety & Zambo, Support: Josué Avalos

Funkhaus Europa Odyssee, umsonst & drau-

ßen, Teil zwei: Die erfolgreichen kolumbiani-

schen MCs Hety & Zambo räumen gerade mit

ihrem neuen Album „Di Next Step“ auf dem

südamerikanischen Kontinent ab. Verstärkt

werden die „Kings of Creole“, wie sie in ihrer

Heimat genannt werden, von Bass, Gitarre

und Rhythmus-Sektion.

Freilichtbühne Wattenscheid, BO, 19.30 Uhr

SO 27 | 07 | 14

Musik | Reel Big Fish

Angefangen als Coverband erreichten Reel

Big Fish mit ihrem ersten Album „Everything

29 | 07 | 14 Fiege KinoOpenAir 31 | 07 | 14 HG. Butzko

Page 32: bodo Juli 2014

32

Die Deutschen haben eine Schwäche für italie-

nisches Eis, seit Wirtschaftswunderzeiten und

bis heute ungebrochen. Das heißt allerdings

nicht, dass auf dem Gebiet sommerlicher Le-

ckereien nicht weiter experimentiert werden

würde. Unser Tipp: Wer einen Seitensprung

riskieren möchte, sollte es mal mit Frozen Yo-

gurt versuchen, gefrorenem Joghurt, um den

Namen der Alternative wörtlich zu überset-

zen. Das Original stammt aus den Vereinigten

Staaten, ein erstes Geschäft für die kalte

Süßspeise in Bio-Qualität hat Anfang Mai an

der Dortmunder Kaiserstraße eröffnet.

Das kleine Ladenlokal fällt allein durch das

Farbkonzept auf. Firmengründer Thomas

Opalka setzt auf Schwarz-Weiß-Kontraste.

Fußboden, Wände, die Bank auf dem Bürger-

steig, Speisekarten und Logo, alles lässt an

schwarzbuntes Milchvieh denken, von wel-

chem, kein Wunder, eine Herde im Miniatur-

format hinterm Büfett ein Regalbrett bevöl-

kert. „Das hat er sich alles selbst ausgedacht“,

sagt Alexandra Lang, seine rechte Hand, die

uns selbstredend schwarz-weiß gekleidet

empfängt. „Den Namen Yoobo, das Interieur,

natürlich das Rezept und dabei vor allem die

Bio-Qualität.“ Letzteres wäre ausgesprochen

wichtig, sie betont das mehrfach.

Frozen Yogurt besteht aus Naturjoghurt,

Frischmilch und einem „Zauberpulver“ für die

Konsistenz. Aus der Eismaschine in den Becher

gedrückt erinnert die Masse zunächst an Soft-

eis, ist aber deutlich fester. Wir probieren. Der

Geschmack ist säuerlich mild, der Charakter er-

frischend und leicht. Nur 1,5 % Fett, verrät eine

Infotafel. Und nur 94 kcal. Ein Quäntchen im

Vergleich mit den Werten von herkömmlichem

Speiseeis. Also ein Diätprodukt? Die junge Frau

grinst. Frozen Yogurt wird nicht unbedingt pur

konsumiert, Toppings und Dressing gehören in

der Regel dazu. „Viele unserer Kunden nehmen

BODO GEHT AUS

eine gesunde Variante. Aber wer will, kann

eine echte Bombe kreieren.“

Bestellt wird nach dem Baukastenprinzip.

Der Klassiker des Hauses kostet 4,50 Euro.

Dafür erhält man zunächst einmal eine

Portion Frozen Yogurt mittlerer Größe.

Dann steht man vor der angenehmen Qual

der Wahl, drei aus etwa sechzig Toppings

ordern zu dürfen. In so vielen Schüsseln im

gläsernen Büfett, je nach Sorte mundge-

recht geschnitten, warten diverse Früchte,

Schokoladen, Gebäck, Nüsse und Süßigkei-

ten darauf, von der Kundschaft individuell

kombiniert zu werden. „Es müsste mal

jemand berechnen, wie viele Varianten

insgesamt möglich sind. Aber ich mache das

nicht. Ich bin raus aus Mathe.“ Zum Schluss

fällt die Entscheidung für eine Sauce – da

hätte zum Beispiel die warme weiße Scho-

kolade mit Cookies garantiert Potenzial,

jeden Diätplan nachhaltig zu torpedieren

– Sirup oder, hinsichtlich der Figur weit we-

niger verheerend, saisonales, täglich frisch

hergestelltes Fruchtpüree.

von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski

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Yoobo | DortmundIn Amerika gang und gäbe

Page 33: bodo Juli 2014

33

Yoobo, Kaiserstr. 21 – 23, 44135 Dortmund

täglich von 11 bis 22 Uhr

Tel. 0171 – 911 41 70

www.facebook.com/Yoobo.info

Unabhängig vom Klassiker gilt bei Yoobo

generell, erstens die Größe, zweites die

Zutaten und drittens das Dressing zu

bestimmen. Alexandra Lang favorisiert

Erdbeeren und Schokoladensauce, schätzt

aber auch das immer wieder neue Probie-

ren und Komponieren. Eine Gefahr, sich an

der Grundlage, dem Joghurt, leid zu essen,

besteht ihrer Meinung nach nicht. „Nein,

wirklich nicht“, beteuert sie. „Das tolle

ist ja, dass keine Aromastoffe zugefügt

werden. Joghurt ist herrlich frisch und hat

einen neutralen Geschmack. Da kann auch

die vegane Soja-Variante, die wir anbieten,

nicht ganz mithalten. Gerade im Sommer

ist Joghurt einfach das Optimale.“

Und gesetzt den Fall, dass es nicht som-

merlich wird, gibt es selbst gebackene

Waffeln und heißen Kakao dazu.

VERKÄUFERPORTRÄT

Simona und Nicolae

„Wir kommen eigentlich aus Fogarasch,

in Siebenbürgen in Rumänien, aber dort

haben wir für uns keine Zukunft mehr

gesehen. Es gibt dort einfach kaum

noch Arbeit. Besonders junge Leute

haben es da im Moment sehr schwer,

überhaupt irgendeinen Job zu finden.

Darum haben wir uns nach der Schule

nach Deutschland aufgemacht, in der

Hoffnung, hier etwas zu finden. Das

war vor fünf Jahren. Damals konnten

wir immer nur drei Monate am Stück

hier bleiben wegen des Visums. Mittler-

weile sind wir aber hierher gezogen und

haben eine kleine Wohnung in Herne.

Unsere beiden Kinder, Dennis und

Darius, sind drei und fünf Jahre alt

und unser ganzer Stolz. Im Moment

sind beide im Kindergarten. Nächstes

Jahr wird Darius eingeschult. Er ist

schon sehr gespannt und wir natürlich

auch. Einen richtigen Job haben wir

bis jetzt nicht gefunden, und Geld vom

Arbeitsamt bekommen wir leider auch

nicht. Bisher versuchen wir uns mit

dem Geld, das wir mit dem Verkauf des

Magazins verdienen, und mit Kinder-

und Wohngeld über Wasser zu halten.

Das ist zwar nicht immer einfach, aber

es funktioniert mehr oder weniger gut.

Oft wird es am Ende des Monats aber

sehr eng. Unser größtes Problem ist,

dass wir im Moment keine Kranken-

versicherung haben. Das ist natürlich

sehr schwierig. Gerade wegen unserer

Kinder, die deshalb auch nicht kranken-

versichert sind.

Zu bodo sind wir über einen anderen

bodo-Verkäufer gekommen, den wir in

der Bochumer Innenstadt kennenge-

lernt haben. Als der uns eine Zeitung

verkaufen wollte, haben wir ihn gefragt,

was er da macht. Der war sehr nett und

hat uns alles erklärt. Daraufhin sind wir

Auf der Suche nach Arbeit sind Simona und Nicolae vor fünf Jahren nach Deutschland gekommen, um sich hier eine Zukunft aufzubauen. Wir haben uns mit dem jungen Paar in unserer Bo-chumer Anlaufstelle getroffen, wo sie uns von ihren Problemen, Erfolgen und Zukunftsplänen erzählt haben.

Protokolliert von Sebastian Sellhorst | Foto: Sebastian Sellhorst

Page 34: bodo Juli 2014

34

einfach mal zur Ausgabestelle in die

Stühmeyerstraße gegangen und haben

uns über bodo informiert und uns be-

raten lassen. Mit den zehn Magazinen,

die wir dort zum Start bekamen, haben

wir es dann einfach mal probiert. Und

es hat funktioniert. Jetzt verkaufen wir

fast täglich in Herne in der Innenstadt

und am Hannibal-Center in Bochum das

Straßenmagazin. Besonders freitags

und samstags läuft der Verkauf dort

eigentlich ganz gut

Alles, was wir jetzt an Deutsch sprechen,

haben wir uns selber beigebracht. Das

meiste haben wir wohl beim bodo-Ver-

kauf gelernt, wenn wir uns mit Kunden

unterhalten haben, die etwas länger

stehen bleiben. Mittlerweile haben wir

viele Stammkunden, von denen viele

jeden Monat vorbei kommen, sich zu

uns stellen und sich ein bisschen mit uns

unterhalten. Viele kommen auch noch

mal vorbei, selbst wenn sie die aktuelle

Ausgabe schon gekauft haben, nur um zu

fragen, wie es uns geht. Trotzdem wollen

wir aber dieses Jahr noch einen richtigen

Deutschkurs machen, um auch schriftlich

besser zu werden und unsere Chancen bei

der Jobsuche zu verbessern.

Mit ein bisschen Glück finden wir dann

hoffentlich bald eine Arbeit. Ein richtiger

Job wäre schon toll, besonders weil wir

dann eher die Chance auf einen Platz in

einer Krankenversicherung für uns und

unsere Kinder hätten und ihnen eine

vernünftige Zukunft bieten könnten. Bis

das klappt, versuchen wir irgendwie mit

der Hilfe von bodo durchzuhalten.“

VERKÄUFERPORTRÄT DIE REPORTAGE

Page 35: bodo Juli 2014

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Irgendetwas ist anders vor dieser Chorprobe. Eine an-dere Atmosphäre als üblich, wenn ältere Mitglieder von Chören mit Namen wie „Liedertafel“ oder „MGV Einig-keit“ zusammenkommen. Es sind kleine Dinge, die sich dem Beobachter erst nach und nach erschließen.

von Katja Sponholz | Fotos: Daniel Sadrowski

„Da haben wir ihn…“

Anders ist, dass die Sängerinnen und

Sänger nicht mit Notenmappen und

Liedertexten unterm Arm in den

Probenraum in Dortmund kommen.

Und auch, dass keiner von ihnen

alleine kommt. Viele werden von ei-

nem Begleiter an der Hand geführt,

einige erscheinen unsicher, in sich

gekehrt, fast ängstlich. Chorleiter

Jürgen Kleinschmidt scheint das

nicht zu bemerken. Er verbreitet Fröh-

lichkeit und Herzlichkeit. „Hallo, hallo –

wie geht’s?“ sagt er erfreut – und: „Schön,

dass Sie wieder da sind!“

Mit Formalien hält sich der 47-Jährige nicht auf. Die rund

40 Sängerinnen und Sänger – die meisten um die 70 – müssen erst

einmal aufstehen, Hände und Füße ausschütteln, mit den Schultern

kreisen. Und sich einstimmen: mit einem „langen Iiiii“, einem „erstaun-

ten O“, einem „verwunderten A“ und einem „kurzen O“. Das macht

ihnen sichtlich Spaß. Besonders dem älteren, grauhaarigen Mann vorne

links. „Ich seh Otto!“, ruft er fröhlich in die Runde. „Ich seh Otto!“ Und

Chorleiter Jürgen Kleinschmidt? Er ist nicht verwundert, nicht irritiert,

schon gar nicht verärgert. Im Gegenteil: „Wunderbar!“, sagt er lachend.

„Jetzt alle zusammen: Ich seh Otto!“ Und der Chor stimmt ein…

„Mein Mann hat hier viel Spaß!“

Ein Chor, der sich einmal im Monat trifft, der ein breites Repertoire

hat und mehrstimmig zur Klaviermusik von Pianist Tobias Fey singt.

Manchmal sogar im Kanon. Und doch ein Chor, der anders ist: Denn

vermutlich haben die meisten Mitglieder, kaum dass sie den Proben-

raum verlassen haben, schon vergessen, dass es diesen Chor gibt – sie

sind an Demenz erkrankt. Einige befinden sich noch im Anfangssta-

dium, andere sind schon orientierungslos und sprechen nicht. Dafür

Ein Chor, der nachhallt

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Page 36: bodo Juli 2014

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DIE REPORTAGE

pfeift der Herr in der ersten Reihe. Und manchmal springt er auch

auf und klatscht und hopst, als die Runde fröhlich „Ein Männlein

steht im Walde“ singt. Als er wieder sitzt, legt seine Frau immer

wieder die Hand auf seinen Oberschenkel. Als ob sie ihn beru-

higen möchte. Als ob sie Angst hat, dass er die anderen nerven

könnte. Aber man sieht, dass sie große Freude an dieser Probe

haben. Jeder für sich alleine – und

beide zusammen.

„Mein Mann hat hier

viel Spaß“, gibt Karin

Kollmann (75) zu.

„Hier kann er

sich auslassen.“

Musik war

dem früheren

Bauingenieur

immer wichtig

im Leben. Frü-

her hat er selbst

gesungen. Doch

wieder selbst in

einem Chor mitsingen?

Unmöglich. „Da würde

er stören. Das Pfeifen und

so“, sagt Karin Kollmann mit einem

vorsichtigen Seitenblick auf ihren Mann. Hier jedoch stört er

nicht. Und schon gar nicht den Chorleiter. Nicht nur, weil Jürgen

Kleinschmidt von seiner Arbeit im Seniorenbüro beim Sozialamt

Dortmund den Umgang mit alten und demenzerkrankten Men-

schen kennt, sondern weil ihm dieser Chor ein Herzensanliegen

ist. „Nur wegen des Wortes ‚Demenz‘ soll sich keiner ausgeschlos-

sen fühlen“, sagt er. „In vielen anderen Chören ist es der Fall,

dass dann der Nachbarsänger gar nicht damit umgehen kann,

dass Heinz, der immer der erste Tenor war, plötzlich nicht mehr

einsetzt oder Spökskes macht zwischendurch. Bei uns ist das kein

Thema.“ Freude am Singen und vor allem Entspanntheit – das

steht im Mittelpunkt bei diesem Chor-Projekt, das im Dezember

gegründet wurde. Die Initiative kam von Brigitte Heller vom

Demenz-Servicezentrum, in dem Chorleiter vom Sozialamt fand

sie den passenden Partner. Ihr ist dabei vor allem eines wichtig:

„Dass die Betroffenen mit den Angehörigen gemeinsam singen

und es für beide Seiten ein positives Erlebnis ist.“ Denn das habe

auch Auswirkungen „auf das weitere Miteinander in der Betreu-

ung, der täglichen Alltagsversorgung“.

„Zu Hause redet sie nicht viel – aber hier blüht sie auf“

Zumindest in diesen eineinhalb Stunden sind Stress, Belastung

und Gereiztheit tatsächlich vergessen. Da halten sich Eheleute

bei der „Abendstille“ liebevoll an den Händen, da zeigt eine

Enkelin geduldig ihrer Oma immer wieder im Text, an welcher

Stelle des Liedes man sich gerade befindet, da strahlt ein älterer

Herr seine Tochter an und singt lauthals schon mal die ersten

Strophen, als die Melodie von „O du lieber Augustin“ ertönt.

„Hier ist es einfach entspannend“, sagt Elisabeth Ludwig, die

ihre 69-jährige Freundin begleitet. Und sie gibt zu: „Im Umgang

mit ihr ist man oft so angespannt.“ Auch Wolfgang Reitberger

(80) genießt die gemeinsame Zeit mit seiner Frau hier. Dass die

frühere Modezeichnerin an Demenz erkrankt ist, dass sie vieles

nicht mehr wahrnimmt und verarbeiten kann, scheint er immer

noch nicht fassen zu können. „Das Leben ist sehr reduziert. Sie

vergisst, wo wir hingehen. Wenn ich ihr morgen erzähle, dass

wir hier waren, dann weiß sie das nicht mehr“, sagt er nachdenk-

lich. Aber dieser Chor weckt Lebensfreude. „Zu Hause redet sie

nicht viel – aber hier blüht sie auf“, sagt Reitberger. Und wie zur

Bestätigung ist die 77-Jährige die Erste, die wie aus der Pistole

antwortet, als der Chorleiter fragt, von wem denn der „Krimi-

naltango“ stammte: „Von Hazy Osterwald!“ ruft sie stolz.

„Da haben wir ihn“

Auch andere im Chor sind auf einmal ganz anders. Jutta etwa,

zurückhaltend, abwartend. Doch bei manchen Liedern be-

ginnt sie auf einmal, zu lächeln, singt leise mit – oder klatscht

wild. Katja Freund, Sozialarbeiterin des Diakonischen Werkes,

begleitet sie im wahrsten Sinne des Wortes: Sie sitzt nicht nur

neben ihr, sondern klatscht spontan einfach genauso mit. Und

wenn man sie fragt, was sie glaubt, wie wichtig dieser Chor sei,

was er bewirke, gerät sie ins Schwärmen: „Die Nachwirkung ist

grandios“, sagt sie. Vor einem Monat sei Jutta das erste Mal mit

ihr zur Chorprobe gegangen. Am nächsten Morgen sei sie wie

verwandelt gewesen: „Sie war beschwingt. Sie hatte gute Laune,

sich zurechtgemacht und erzählte allen, die ihr entgegenkamen:

‚Ich singe!‘“ Ein paar Tage habe die Wirkung angehalten. „Hier

sprießt Lebensfreude“, sagt Katja Freund.

Und die will Kleinschmidt auch nicht durch Formalien oder gar

Druck gefährden: Notenzettel gibt es ganz bewusst nicht. „Es wäre

eine Überforderung für die Teilnehmer“, weiß er. „Es geht, aber es

krampft. Das soll nicht sein.“ Und es muss auch nicht sein: Denn

36

Page 37: bodo Juli 2014

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die Melodien haben die Sängerinnen und Sänger eh noch im Ohr –

und selbst die meisten Texte noch im Gedächtnis. Dennoch achtet

der Chorleiter darauf, dass nicht alle durcheinander singen. Und er

hat auch Ansprüche: „Wir veranstalten hier kein offenes Singen“,

betont er. „Eine Mehrstimmigkeit ist schon unser Ziel.“ Öffentlich

aufgetreten sind sie bislang noch nicht. „Wir wären dazu vollkom-

men in der Lage“, war er bereits nach vier Proben überzeugt. „Aber

wir wollen niemanden auf den Präsentierteller setzen, nach dem

Motto: ‚Guck mal, da singen die Dementen‘.“ Deshalb wagen sie es

erst jetzt: Im August, bei einem Aktionstag zum Thema Demenz,

werden sie zum ersten Mal auftreten. Doch viel wichtiger sei es,

bei den Proben, in diesem begrenzten Zeitraum, sowohl für die

Betroffenen wie auch ihrer Kümmerer eine entspannte Atmosphä-

re herzustellen. „Und wenn sie dann gemeinsam rausgehen und es

schwingen noch zwei Stunden nach, dann ist das sensationell.“

Vielleicht fasziniert Kleinschmidt auch deshalb dieser Chor so

sehr, weil er beobachten kann, wie sich die Menschen von einer

Minute zur anderen verändern. Weil aus Unsicherheit plötzlich

Freude wird, aus Gespanntheit Ruhe und aus Schweigen Sprache.

Bei dem 80-jährigen Friedrich-Wilhelm Kollmann dauert es eine

gute Stunde, bis sich sein Gesichtsausdruck verändert, bis er seinen

Oberkörper selbstbewusst aufrichtet und aufhört zu pfeifen: Als das

Lied „Die Gedanken sind frei“ erklingt, erhebt er auf einmal seine

Stimme und gibt mit fester Tenor-Stimme eine Solo-Einlage. „Da ha-

ben wir ihn“, sagt Jürgen Kleinschmidt lächelnd und gerührt – fast,

als ob er auf diesen Einsatz gewartet hätte. „Wunderbar.“

37

Oben: Jürgen Kleinschmidt entführt auf mitreißen-

de, leicht jazzige Art für anderthalb Stunden in eine

fröhliche, entspannte Welt. Und manchmal ist es für den

einen oder anderen faszinierender, die ausdrucksvoll

unterhaltsame Mimik ihres Chorleiters zu beobachten,

als ans Mitsingen zu denken.

Links: Anneliese von Hundt (2.v.r.) ist 77 Jahre und an De-

menz erkrankt. Im Gespräch merkt man nichts. Anfangs-

stadium. Sie spricht ganz offen darüber. „Es ist eben so,

ich nehme es hin, wie es ist“. Und das auch mit Humor:

„Ich gehe noch alleine einkaufen – und bis jetzt bin ich

immer wieder nach Haus gekommen“. Ihre langjährige

Freundin Renate Faust (r.) animierte Anneliese von Hundt

zum Singen im Demenz-Chor: „Wir waren die ersten

beiden Mitglieder“, rufen sie nicht ohne Stolz.

Page 38: bodo Juli 2014

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REPORTAGE

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Page 39: bodo Juli 2014

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Verhalten der anderen Kinder, lokalisiert

deren Eltern – um diese dann auf ein Prob-

lem aufmerksam zu machen. „Sie hat eine

überdurchschnittliche soziale Kompetenz“,

attestiert Mutter Bianka ihrer Tochter. Die

Freude darüber ist allerdings begrenzt.

Denn Frankas Art des Umgangs mit dieser

Fähigkeit verstehen die anderen Kinder nicht,

die ist sozial unverträglich. Die Folge: Franka

sitzt im Kindergarten allein in der Ecke oder

auf Mamas Schoß. In der Gruppe kann sie

sich nicht auf sich konzentrieren, geschweige

denn mitmachen. Jetzt ist Franka viereinhalb

und unterhält sich ohnehin lieber mit älteren

Kindern oder Erwachsenen. „Natürlich merkt

Franka, dass sie anders ist; zufrieden ist sie

dabei nicht“, ist der 31-jährigen Mutter aus

Dortmund bewusst.

Frankas Verhalten ist ihren Eltern schon früh

merkwürdig vorgekommen. Sie konnten es

nur nicht einordnen. Dachten sogar schon

an eine Behinderung und machten sich

große Sorgen. Hilfe von Seiten des Kinder-

gartens bekamen sie nicht, nur eine lapidare

Begründung für das ständige Alleinsein:

„Liegt an ihrer Art“. Franka schläft auch nicht

viel. Es gab Zeiten, erzählt ihre Mutter, da

stand sie zehnmal auf und war hellwach. Die

Knapp 50 Kinder hopsen fröhlich auf

Trapez und Seil, angeleitet von Profis der

Artisterie. Parallel wird eine Clownsnum-

mer geprobt. Zehn Kinder versuchen ein

gespielt schweres Gewicht zu stemmen.

Keine Chance. Da muss erst der Schwächste

der Truppe kommen – der bekommt es hin.

Erfolg! Während die kleine Franka lieber im

Hintergrund den schweren Mattenwagen

durch die Gegend schiebt, laufen andere

quietschend über Glasscherben und Na-

delkissen. Und auch wenn ein Knirps dabei

den Erwachsenen mal eben detailliert

erklärt, wieso das physikalisch überhaupt

möglich ist, wirken die Kinder hier und

jetzt einfach so wie alle anderen Kinder in

Zirkusprojekten. Im Alltag ist es oft anders.

Franka hat ein tolles Bild gemalt. Findet ihre

Mama. Franka nicht. Sie zerreißt das Papier,

schmeißt es weg und heult. So auch beim

Basteln. Oder vielen anderen Dingen, die

sie in den Augen ihrer Mutter wirklich gut

kann. „Sie genügt ihren eigenen Ansprüchen

nicht“, verstehen die Eltern mittlerweile.

Und die sind unverhältnismäßig hoch. Da ist

Franka zwei. Auf dem Spielplatz gilt Frankas

Aufmerksamkeit nicht dem gemeinsamen

Spiel. Nein, Franka beobachtet lieber das

Aha. Ein Zirkusprojekt. Für Kinder. Hmm, nett. Wie Zirkusprojekte für Kinder so sind,

von denen fast täglich in den Zeitungen zu lesen ist. Warum jetzt auch noch hier? Nun, dieses Zirkusprojekt selbst ist auch

nicht wirklich anders. Dafür die Kinder. Kin-der, die alles andere als anders sein wollen,

aber meist nicht anders können: Sie sind hochbegabt – Fluch und Segen zugleich.

von Antje Mosebach | Fotos: Sabrina Richmann

Ganz normaleKinder

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Regelsystem einzuhalten, damit die kleinen

Überflieger nicht abheben. Zu schnell, weiß

Bianka mittlerweile, gehen gerade die hoch-

begabten Kinder im Alltag unter, dreht sich

die Gabe ins Gegenteil. Das Selbstwertgefühl

sinkt, aggressives Verhalten oder Depressi-

onen können die Folgen sein, und wenn sie

unglücklich sind, kann die Intelligenz ver-

kümmern, hat die 31-Jährige während ihrer

Studien erfahren. Hohe Sensibilität ist also

gefragt, bei Eltern, Betreuern, Lehrern, dem

gesamten Umfeld. Viel Einsatz, um bewusst

Anderes oder Ergänzendes anzubieten. „Ein

hochbegabtes Kind braucht mehr Aufmerk-

samkeit“, bestätigt Frankas Mutter. „Aber

das steht uns staatlicherseits nicht zu.“ Also

bleibt viel an den Eltern hängen. Nur wie ist

das später in der Schule? Bei dem Gedan-

ken wird es Frankas Mutter ganz anders.

Hochbegabung – da lehnen die meisten

Schule schon von vornherein ab: „Bitte nicht

zu uns“, der Aufwand sei zu groß. Die Kinder

würden nicht bekommen, was sie für ihre

Entwicklung brauchten. Aber die Situation

des Kindes möchten die Eltern nicht ver-

Kinderärztin bescheinigte ADHS und wollte

Tabletten verschreiben. Das verweigerten

die Eltern und suchten nach einer anderen

Erklärung. Die gab letztendlich ein Test,

der zunächst gar nicht auf Hochbegabung

zielte – aber genau die zum Ergebnis hatte.

Wenigstens ein Anhaltspunkt. Frankas

Eltern fingen an zu lesen. Sie sammelten alle

Informationen über Hochbegabung, die man

nur bekommen konnte. Nur – was macht

man mit diesem Wissen, wie kann dieses

dem Kind helfen? „Natürlich kann man

einem Kind auf die Frage, warum keiner mit

ihm spiele, nicht antworten ‚weil du schlau

bist‘, sagt Frankas Mutter Bianka. „,Schlau‘

ist ja dann nichts Gutes“. Aber damit es auch

nichts Schlimmes wird, muss im Umfeld des

Kindes einiges passieren.

Das scheinbare Luxusproblem Hochbega-

bung kann ein tiefgreifendes sein für die

Kinder – und für ihre Eltern. Auf der einen

Seite gilt es, die Gabe der hohen Intelligenz

zu fördern, aber gleichzeitig körperlichen

Ausgleich zu schaffen und ein straffes

heimlichen, damit die Lehrer das auffällige

Verhalten richtig einordnen können – nicht,

damit Franka für „etwas Besseres“ gehalten

wird, sondern mit Verständnis behandelt,

um sich genauso akzeptiert zu fühlen wie

die anderen Kinder. Eine Inklusionsschule

wäre für Frankas Eltern eine Wahl, „weil

es dort kleine Klassen gibt, extra Lehrer da

sind und vor allem welche, die nach links

und rechts schauen“. Ein bisschen Zeit hat es

noch, denn auch wenn Franka intellektuell

schon schulreif wäre, „emotional schafft sie

das noch längst nicht“.

Für Eltern solch hochbegabter Kinder gibt

es eine Adresse, die DGhK, die Gesellschaft

für das hochbegabte Kind (siehe Interview).

„Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass wir

nicht alleine sind“, zeigt sich Bianka dankbar.

Immer wieder wichtig sind für beide Seiten,

Eltern und Kinder, entspannende Momente.

Wie eben dieses Zirkusprojekt, zu dem die

DGhK eingeladen hatte. Ein Zirkustag, wie er

an vielen Grundschulen stattfindet und dies-

mal seinen Platz in der Aula der Dortmunder

REPORTAGE

Page 41: bodo Juli 2014

41

Ängste überwanden und neue Erfahrungen

sammelten. Die sich dann in Dingen übten,

die fern ihrer besonderen Fähigkeiten liegen,

und in denen sie trotzdem Erfolge feiern

Gehörlosenschule hatte. Die Kinder übten

den ganzen Tag über Kunststücke ein, die sie

im Anschluss ihren Eltern vorführten. Kinder,

die an ganz andere ihrer Grenzen gingen,

konnten, die sie am Ende stolz machten.

Kinder, die im Alltag etwas Besonderes sind,

aber hier spürten, unter Gleichen zu sein,

nicht anders. Ganz normale Kinder.

bodo Frau Nawroth, Sie sind in einem bundesweit aufgestellten und

gemeinnützigen Verein tätig, in dem sich betroffene Eltern, Päda-

gogen, Psychologen und andere Interessierte ehrenamtlich für die

Förderung dieser Kinder einsetzen. Aus welcher Motivation heraus

wurde ihr Verein gegründet?

EN Als Hilfestellung für Eltern und Kinder. Denn die Familien sollen

sich mit ihrem Leben arrangieren können und nicht ständig vor die

Wand laufen. Den Verein gibt es jetzt seit 35 Jahren, er wurde von ei-

ner Lehrerin aus Osnabrück ins Leben gerufen. Irgendwann wurde er

größer und mittlerweile gibt es 15 regionale Vereine in Deutschland.

bodo Wie kamen Sie zur DGhK?

EN Seit 27 Jahren bin ich jetzt hier. Alles fing mit meiner ersten Toch-

ter an, die heute 34 Jahre alt ist. Durch sie sind wir auf dieses Thema

gestoßen, weil sie schon von klein auf anders war als andere Kinder.

Schon im Kindergartenalter konnte sie lesen und schreiben. Ich weiß

nicht, wie sie das gemacht hat, sie konnte es aber. Als sie dann in

die Schule kam, war sie mit den Aufgabenstellungen unterfordert.

Während andere Kinder recht lange für einen Buchstaben brauch-

ten, saß meine Tochter daneben und hat sich gelangweilt, da sie ja

bereits wusste, was ein „A“ oder ein „O“ ist. Ich dachte, sie sei nur ein

bisschen weiter, weil sie viele Fragen gestellt hat.

bodo Welche weiteren Erfahrungen haben Sie mit Ihren eigenen

Kindern gemacht?

EN Es ist sicher kein normaler Alltag gewesen. Meine älteste Tochter

war sehr schwierig. Wenn wir in einer Spielgruppe waren, machte sie

alles, setzte sich aber nicht mit den anderen an einen Tisch. Also habe

ich mich mit ihr zusammen da hingesetzt und eine Anleitung gege-

ben. Bei anderen Situationen, gerade wenn sie vorher nicht wusste,

was sie erwartet, hat sie einfach den Mund nicht aufgemacht. Sie

wurde was gefragt und hat dann einfach nicht geantwortet. Meine

Mutter sagte immer: „Sie hat schon wieder ihren Mund vergessen“.

DAS INTERVIEW

bodo Warum haben es hochbegabte Kinder schwerer im sozialen Um-

gang mit anderen?

EN Was Hochbegabung ausmacht, ist ja nicht nur, ein bisschen schlauer

zu sein als andere Kinder. Ein Fünfjähriger denkt beispielsweise wie ein

Achtjähriger, verhält sich aber dabei wie ein Dreijähriger. Außerdem

haben diese Kinder oft sehr hohe Ansprüche an sich selbst und hadern

mit sich, diesem Anspruch nicht gerecht zu werden. Oder Sie fangen

erst gar nicht erst an, sich zu regen. Denn weil sie so viele Fähigkeiten

haben und so viel machen könnten, ist es so mühselig, sich für nur eine

Möglichkeit zu entscheiden.

bodo Im spielerischen Umgang lernen diese Kinder in besonderer Wei-

se Leitung und Anregung, damit sie ihren eigenen Fähigkeiten besser

vertrauen können. Brauchen hochbegabte Kinder noch eine weitere

spezielle Förderung?

EN Da sollte man keinen Unterschied machen, alle Kinder brauchen

gleich viel Hilfestellung. Nur sind hochbegabte Kinder manchmal an-

strengender. Von einer Hochbegabung spricht man übrigens ab einem

IQ von 130, was auf 2,3 Prozent der Bevölkerung zutrifft.

bodo Wo können Auffälligkeiten im Umgang entstehen?

EN Hochbegabte Kinder können Probleme in der Schule und im sozia-

len Umgang entwickeln, wenn ihre intellektuellen Bedürfnisse nicht

richtig wahrgenommen werden. Diese Kinder müssen soviel fragen,

lesen, lernen und experimentieren können, wie es ihren Bedürfnissen

entspricht. Vor allem ist es für die Eltern schwer zu begreifen, wenn

das hohe Potenzial vom Kind nicht abgerufen wird. Zum Beispiel wenn

in einem Jahr fünf blaue Briefe nach Hause kommen. Die Erziehungs-

methoden sind da schon ein wichtiges Element. Vor allem Konsequenz

ist ein wichtiges Mittel als Überlebensstrategie.

Der Umgang mit hochbegabten Kindern ist eine Gleichung mit vielen Unbekannten. Als Mutter von gleich vier Kindern mit außerge-wöhnlichen Begabungen leitet Frau Elisabeth Nawroth den Rhein-Ruhr Bereich der Deut-

schen Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGhK) als zweite Vorsitzende.

von Peter Hesse

„Ich dachte, sie sei nur ein bisschen weiter“

DGhK-Eltern-Gesprächskreis: Petra Maus, Tel. 0231 – 59 59 78

[email protected] | www.dghk.de

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DAS INTERVIEW

Der eine ist Polizist. In echt und im Fernsehen. Der andere Rocker. Nicht ir-gendeiner, sondern eine Melodic- & Hard-Rock-Legende. Und außerdem sind Thomas Weinkauf, alias „Harry“ – die eine Hälfte des TV-Teams „Toto & Harry“ – und Axel Rudi Pell Freunde und echte Bochumer. Im Interview sprechen sie

über ihre Heimatstadt und den Strukturwandel im Ruhrgebiet.

von Peter Hesse | Fotos: Daniel Sadrowski

Der Rocker und der Cop

Page 43: bodo Juli 2014

43

bodo Harry, du hast für Kabel 1 gerade eine

neue Staffel gedreht, diesmal sind „Toto

& Harry“ im Ausland unterwegs. Ist es

schwer, danach sich wieder auf die tagtäg-

liche Arbeit zu konzentrieren?

Thomas „Harry“ Weinkauf (TW) Wir haben

in sechs verschiedenen Staaten gedreht, wo

wir mit den jeweiligen Kollegen unter-

wegs waren. Aber zwischendurch hatte ich

ja nicht frei, sondern habe im Spät- und

Nachtdienst gearbeitet. Das war schon

sehr gruselig und auch sehr anstrengend.

Ich mache den Job jetzt seit über 27 Jahren

und da kennt man schon vieles in Bochum,

natürlich auch an negativen Erfahrungen.

Trotzdem bin ich dankbar für den Vergleich,

den ich jetzt mal ziehen konnte.

bodo Inwiefern?

TW Ich denke, als Polizeibeamter in

Deutschland hat man es doch schon leich-

ter als vergleichsweise in Brasilien oder

Südafrika. Dort gibt es sehr viel Armut

und Gewaltbereitschaft, die Leute sind viel

eher bewaffnet. In den USA kann eigentlich

jeder eine Schusswaffe tragen. Da bin ich

schon sehr froh, dass ich in Bochum Poli-

zeibeamter bin. Hier ist schon alles relativ

sicher, und ich finde, dass wir auch relativ

gut für unsere Arbeit bezahlt werden.

bodo Axel, passend zu deinem 25-jährigen

Bühnen-Jubiläum bist du in diesem Jahr

mit deinem neuen Album auf Platz 5 in

den deutschen Charts eingestiegen. In der

Bochumer Lokalpresse aber fasst man dich

immer noch mit spitzen Fingern an, ärgert

dich das?

Axel Rudi Pell (ARP) Es hat auch Vorteile.

Ich kann immer noch relativ unerkannt

zum Bäcker gehen und habe nicht ständig

Axel Rudi Pell (1960 in Wattenscheid geboren)

begann seine Karriere im Jahr 1984 mit der Band

Steeler. In der weltweiten Heavy-Metal- und

Hardrock-Szene ist er eine etablierte Größe. Für

sein filigranes Gitarrenspiel wird er von Fans

und Fachgrößen gleichermaßen geschätzt. Seit

dem Jahr 1989 hat er unter seinem bürgerlichen

Namen 16 Studio-Alben veröffentlicht.

Seine liebsten TV-Kommissare sind:

1. Columbo („Nur genial!“)

2. Der Kommissar („Mit Walter, Robert, Harry

und Rehbein... Kult!“)

3. Haferkamp („Ex-Tatort-Kommissar aus Essen“)

4. Inspector Barnaby („Mit Witz und Spürsinn

in England unterwegs...“)

5. Toto & Harry („Absolut authentisch und

ehrlich, diese Kameraden.“)

Thomas „Harry“ Weinkauf (geb. 1965 in Bochum)

ist seit dem Jahr 1992 als Polizeibeamter in

Bochum im Dienst. Im Jahr 2001 wurden „Toto &

Harry“ für eine Reportage entdeckt, seitdem ist

die Serie „Die Zwei vom Polizeirevier“ mit über 100

Folgen ein etabliertes Fernsehformat. Harry ist

großer Hardrock-Fan.

Seine liebsten Platten sind:

1. Kiss – Alive („Lieblingsband als Jugendlicher“)

2. Iron Maiden – The number of the beast

(„Eine meiner ersten Heavy-Scheiben.“)

3. Rammstein – Mutter („Das beste Livekonzert,

das ich jemals sah.“)

4. AC/DC – Highway to hell („Mit dieser Platte

verbinde ich besondere Erinnerungen.“)

5. Axel Rudi Pell – Mystica („Bestes Album

meines sehr, sehr guten Freundes.“)

Page 44: bodo Juli 2014

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REPORTAGE

ders herzlich, das ist aus meiner Sicht in

Städten wie Hamburg, Düsseldorf oder

München ganz anders. Dort muss man

wirklich lange warten, um einigermaßen

akzeptiert zu werden.

TW Während meiner Bundeswehr-Zeit war

ich in Hamburg stationiert, und zu uns

Ruhries haben die immer gesagt, wir kämen

aus „Dunkel-Deutschland“, weil durch die

Zechen alles so grau sei. Das ist ja völliger

Quatsch, wir haben ja kaum noch Zechen,

die in Betrieb sind. Dafür aber sehr viele

Grünflächen und Naherholungsgebiete. Es

gibt zudem ein gutes und weitreichend aus-

gebautes Fahrradnetz, das ist schon toll.

bodo Im wirtschaftlichen Bereich sehen die

Perspektiven für Bochum nicht gut aus.

TW Schau dir beispielsweise unsere

Straßen an und du weißt, was los ist. Die

Kommunen haben keine Budgets mehr, das

zu verbessern.

eine Menschentraube hinter mir herlau-

fen, die ein Foto mit mir machen will, um

es dann direkt bei facebook zu posten.

Aber die Popularität ist schon da, auch in

Bochum. Ich bin zufrieden. Vor allem, wenn

ich in der Zeche Bochum vor ausverkauf-

tem Haus spiele.

bodo Was bedeutet es euch, in eurer

Geburtsstadt Bochum zu leben, zu wohnen

und zu arbeiten?

TW Ich bin Ur-Bochumer, und mein Herz

hängt auch sehr an dieser Stadt, weil sie

aus meiner Sicht etwas ganz Besonderes

ist. Im Umfeld haben wir Essen, Dortmund

oder Gelsenkirchen. Das sind mehr oder

weniger große Städte, hier ist es alles sehr

viel familiärer.

ARP Unsere Heimatstadt hat aus meiner

Sicht den gewissen Witz und Charme. Ich

möchte hier eigentlich auch nie weg. Ich

finde auch die Bochumer Leute beson-

ARP Ich hatte neulich Besuch aus Nieder-

sachsen, und das war das erste, was die zu

mir gesagt haben: In welchem desolaten

Zustand unsere Straßen sind.

bodo Inzwischen ist der größte Arbeitgeber

die Ruhr-Universität. Wie stellt ihr euch die

Zukunft von Bochum im Jahre 2030 vor?

TW Es ist schon eine traurige Tendenz da.

Es hat angefangen mit Nokia, wo sehr viele

Arbeitsplätze verloren gegangen sind.

Wenn jetzt Opel mit den ganzen Zulie-

ferbetrieben wegfällt, sind etwa 30 bis

40.000 Menschen von der Schließung des

Werkes betroffen. Das sieht natürlich nicht

gut aus für unsere Zukunft.

ARP In ein Opel-Werk soll eine Zulieferstation

von DHL installiert werden, die dort rund

500 Opel-Arbeiter übernehmen wollen. So

verlagern sich die Dinge, die eine Industrie

geht weg und eine neue kommt dazu. Es wird

schon wieder, so denke ich, nach oben gehen.

ANZEIGEN

Page 45: bodo Juli 2014

45

RÄTSEL

ANZEIGEN

Dabei seinhat viele

Vorteile

Mehr Schutz im Betrieb, mehr Sicherheit im Lebenund dadurch mehrpersönliche Freiheit.

Wäre doch schade,Sie würden daraufverzichten, oder?

Die IG Metall finden Sie 3 x in Ihrer Region:

44793 Bochum, Alleestraße 80 Tel. 0234 – 96 44 60

44135 Dortmund, Ostwall 17 – 21 Tel. 0231 – 57 70 60

44623 Herne, Schulstraße 24 Tel. 02323 – 14 63 80

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bodo dankt: Sparkasse Bochum Christa Fuhrlander, Irmhild Engelhardt, Frank Hauptmeier, Irmela Witte, Ursula Renneke, Wolfgang Dominik, Christel und Hans-Dieter Graef, Karl-Heinz Freytag, Petra Jaenicke, Dr. med. vet. Karen Elisabeth Jacobsen, Karola Distelkamp, Manfred Wagner, Dr.Hans-Dieter Burkert, Anke Schumacher, Sascha Killmer, Ro-semarie und Hans Gerd Steffens, Dieter Brinker, Michael Lange, Olaf Peter Lorenz, Angelika Kordt, Thomas Bernhard, Siegmar Welski, Uwe Kueh-nel, Jausen, Elisabeth Schwittay, Ute Soth-Dyk-gers, Annette Düe, Timo Zimmermann, Harald Gering, Dolf Mehring, Hildegard Reinitz, Silke Harborth, Petra Schäckermann, Petra Danielsen-Hardt, Sabine Raddatz, Jutta und Wido Wagner, Christina Kolivopoulos, Gerhard Volpers, Peter Lasslop, Elsemarie Bork, Hannelore Thimm-Rasch, Volker Schaika, Thorsten Baulmann, Petra Karmainski, Erika Maletz, Dr.Rinnert Siemssen, Esther Hagemann, Piel Carsten, Oliver Stiller, Sandra Degenhardt und Olaf Damm, Dr. Sabine Siebel, Kathrin Bohr, Dr. Josef Balzer, Alexander Barbian-Steinfort, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engel-berg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn, Nicola Stein-strass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg Schumacher, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Mi-chael Stange, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolf-gang Neuhaus, Ursula Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Ter-beck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheuer, Tho-mas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Borne-mann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Eberhard Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichten-stein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Tho-mas Olschowny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski, Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bo-kel, Sandra Wortmann, Dieter Zawodniak, Frie-derike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda

Männersache? Überhaupt nicht! Im August erscheint bodo als Themenheft „Sport“ – so wie wir ihn

erzählen: Geschichten von Heimspielserien hinter Gittern, von schubsenden „Rollergirls“, bogenschie-

ßenden bodo-Verkäufern, topfitten Schwimmlegenden, Nordstadt-Cricketstars und mit Fußball-Ju-

gendtrainer Frank Goosen. Ab 1. August bei Ihrer Verkäuferin oder Ihrem Verkäufer.

Nordstadt gab sogar nur ein Viertel der Wahlberech-

tigten (25,3 Prozent) ihre Stimme ab – auch hier gut

zwei Prozentpunkte weniger als 2009. Diese 75 Prozent

Wahlenthaltung sind nicht entbehrlich, sie sind eine

Schande. In einem Stadtteil mit 53.000 Einwohnern

(mit vielen Menschen noch ohne Wahlberechtigung:

Kinder, Ausländer) haben sich lediglich 8.000 Personen

an der Wahl beteiligt.

Und auch der Angriff der Neonazis auf das Rathaus

am Wahlabend, den die anwesenden Parteien- und

Ratsvertreter live mitbekommen haben, ist eine Facet-

te dieser Entwicklung.

Die Auseinandersetzung mit den Ausprägungen der sozi-

alen Frage in Dortmund, der Zunahme prekärer Lebens-

verhältnisse, von Ausgrenzung, sozialräumlicher Segre-

gation, Verwerfungen der Stadtentwicklung und mit der

Frage, wie Betroffene und Wahl-Stimmlose zu Beteiligten

gemacht werden können, dies ist primär notwendig, um

ein demokratisch verfasstes Gemeinwesen zu erhalten.

Wiebke Claussen

Niedrige Wahlbeteiligung verpflichtet Politiker

Auf der Startseite der Stadt Dortmund ist folgender

Wahlspruch zu lesen: „Das Heil der Demokratien, von

welchem Typus und Rang sie immer seien, hängt von

einer geringfügigen technischen Einzelheit ab: vom

Wahlrecht. Alles andere ist sekundär.“

Als Kommentar der Wahlergebnisse zeugt der Wahl-

spruch von Selbstgerechtigkeit und Ignoranz. Die ge-

wählten Mandatsvertreter haben am Wahlsonntag

ihre Mehrheiten eingefahren, den Zugang zu Pfrün-

den, Posten und Gestaltungsaufgaben erlangt. Die

niedrige Wahlbeteiligung verpflichtet Politiker dazu,

sich mit den Ursachen von Parteienverdrossenheit und

der Abkehr vieler Bürger vom politischen Gemeinwe-

sen auseinanderzusetzen.

Nicht einmal die Hälfte der Dortmunder (44,9 Pro-

zent) ist am Sonntag zur Wahl gegangen. Die Wahl-

beteiligung ist damit gegenüber 2009 um fast zwei

Punkte gesunken (46,7 Prozent). In vielen Stadtteilen

sank die Wahlbeteiligung unter 40 Prozent. Und in der

LESERPOST

LESERSEITE

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Wir müssen tapfer sein, jetzt, wo wir verloren haben. Nicht beim Fußball. Da verlieren wirnicht, da gehen wir erhobenen Hauptes vom Platz. Außerdem, könnte das Geschehen inBrasilien schon hier im Heft stehen, müsste ich seherische Kräfte haben. Dann würde ich nichtmehr hier schreiben, sondern anderswo Wettscheine ausfüllen.

Schön war der deutsche WM-Auftakt. Nach dem Portugalspiel konnte man bei n-tv wie üblicham unteren Bildrand Kurznachrichten lesen. „FULMINANTER SIEG DER DEUTSCHEN“,stand da, und „Gauck: ein guter Anfang“. Dazu füllte mal wieder eine Weltkriegs-Doku denrestlichen Bildschirm. Alliierte Bomber zu Gauck, der sich gerade zum Kriegspräsidentenmausert und tote Soldaten im Dreck zu Deutschlands Startsieg, das hatte was.

Trotzdem haben wir verloren, wir, das Ruhrgebiet. Das kennen wir. Das kön-nen wir. Wenn dieser andere Club scheitert, ruft er sich zum Meister derHerzen aus. Wenn die Bochumer Uni bei der bundesweitenExzellenzinitiative versagt, lässt sie im Betriebskindergarten Medaillenbasteln, auf denen dann krakelig steht: „Ruhruni – Exelend“.

Tja, und wenn wir als Ruhrgebiet nicht nur nicht Weltkulturerbewerden, sondern schon in der Vorrunde scheitern. Wenn wir beider Konferenz der Kultusminister hinter irgendwelchenSpringbrunnen in Augsburg und kulturaffinen Öd- undMoorflächen bei Garmisch-Partenkirchen landen, dann ist uns dasmal total egal.

Wir wundern uns auch nicht darüber, dass neben diesemRegionalverband, der mal RVR, mal KVR, aber nie VRR heißt, beidem Welt-Scheiter-Projekt auch die RAG mitmischt und dieEmschergenossenschaft. Das sind die mit den Kläranlagen.

Wir steuern lässig die nächste Pommesbude an, die tatsächlich„Wurstkultur“ heißt, und ihr lasst euch von mir dort erzählen, wieschön es neulich mal wieder auffem Pütt war bei derGrubenfahrt, wie schön es überhaupt ist hier im Ruhrgebiet.Unterirdisch schön.

Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Unterbezirk DortmundKlosterstraße 8-1044135 Dortmund0231- 99 340

Unterbezirk Ruhr-MitteBleichstr. 8 44787 Bochum0234- 96 47 70

Unterbezirk UnnaUnnaer Straße 29a59174 Kamen02307- 91 22 10

[email protected] | www.awo-ww.de

Je mehr Mitglieder die AWO hat, desto mehr kann sie in der Gesellschaftbewirken. Desto eher kann sie Menschen helfen, die Hilfe brauchen.

Werden auch Sie Mitglied in der AWO!

ArbeiterwohlfahrtBezirksverband Westliches Westfalen e.V.

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