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D. Rabenstein • Zur Genauigkeit von Heizwärme-Bilanzverfahren. Einführung eines Heizperiodenbilanzverfahrens mit analytischen Klimafunktionen 142 Am 24. April 2004 fand im Tagungszentrum der Festung Marien- berg in Würzburg das 9. Blower Door-Symposium des Energie- und Umweltzentrum am Deister (e.u.[z.]) mit 186 TeilnehmerIn- nen und 19 ausstellenden Firmen statt. Großes Interesse bestand an neuen Erfahrungen zur Haltbarkeit von Verklebungen an Luftdichtheitsschichten. Vor dem Hinter- grund einer Überarbeitung von DIN 4108 Teil 7 wurden unter- schiedliche Auffassungen, z. B. über die Notwendigkeit von Anpreßlatten, und aktuelle Forschungsergebnisse zur Haltbar- keit von Verklebungen vorgestellt. Die anschließende Podiums- diskussion mit führenden Herstellern von Luftdichtheitsmateria- lien und Bausachverständigen verlief durchaus kontrovers. Die unterschiedlichen Statements und Erfahrungsberichte werden z. Zt. vom e.u.[z.] ausgewertet und für eine Veröffentlichung vor- bereitet. Das Thema, „Bewertung von Leckagen der Gebäudehülle“, wurde von Seiten der Forschung und der Praxis in zwei Vorträ- gen beleuchtet. Dipl.-Ing. Christoph Kempkes zeigte erstmalig Berechnungen der Temperatur- und Feuchteverteilung bei durchströmten Leckagen auf. Eine Leckage von z. B. 3 mm und kurzem Strömungsweg nach außen zeigte, keine Feuchteer- höhung innerhalb der Konstruktion. Es wird vermutet, daß erst lange Strömungswege der Luft und kleine Leckagen den befürchteten Feuchteschaden verursachen. Dipl.-Phys. Joachim Zeller führte konkret aus, wie man den Luftvolumenstrom durch Leckagen berechnen kann, um daraus weitere Argumente zur Bewertung von Leckagen zu erhalten. Zum Abschluß der Veranstaltung fand der Rechtsvortrag von RA Ulf Köpcke zum Thema „Stand der Technik – taugliches Quali- tätskriterium für luftdichte Gebäudehüllen?“ großes Gehör. Gerade für die Sachverständigen und Planer sind diese Informa- tionen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Planer, das ausführende Handwerk und letztlich auch die Bauherrschaft sind gefordert, die Qualität der Gebäudedichtheit klar zu visua- lisieren und qualitätskonform auszuführen. Da selbst auf dieser hochrangig besetzten Veranstaltung einige Themen sehr kontro- vers diskutiert wurden, steht für den Rechtsanwalt der „Stand der Technik“ bei der Haltbarkeit von Verklebungen auf „sehr wackligen Beinen“. Der Reader zum Symposium kann beim e.u.[z.] bestellt werden e.u.[z.] Energie- und Umweltzentrum am Deister D-31832 Springe Tel. 05044/975-0 Fax 05044/975-66 [email protected] www.e-u-z.de Aufsatz lungsorientierung werden nur Mittelwerte und Amplituden wie in Tabelle 2 benötigt. Würden diese beiden Werte nicht aus gemittelten Monatswerten, sondern direkt aus Wetterda- ten mit kürzeren Messzeitintervallen abgeleitet, wäre eine Verbesserung der Abbildungsgenauigkeit zu erwarten. 3. Da außer den genannten Näherungsmaßnahmen korrekt gerechnet wird, ergeben sich beim Übergang zu anderen Kli- maregionen nur geringe Änderungen der Berechnungsgenau- igkeit. 4. Die Folgen der Näherungsmaßnahmen lassen sich weitge- hend nachvollziehen und damit gezielt testen. 5. Auch für die Einzelgrößen, die zur Berechnung des Jahres- Heizwärmebedarfs q h benötigt werden, wie die Heizzeit, die mittlere Außentemperatur und das Strahlungsangebot wäh- rend der Heizperiode, die Energieverluste und die Energiege- winne ergeben sich adäquate Werte. Alle diese Einzelgrößen können mit analytischen Methoden untersucht werden. 6. Die relativen Abweichungen der Werte von q h von den mit dem Monatsbilanzverfahren berechneten Werten, die sich bei Heizzeiten oberhalb von 5 Monaten pro Jahr innerhalb eines Bereichs von etwa 2 % halten, lassen wenig zu wünschen übrig, da, wie gezeigt, bei Heizzeiten unter 4 Monaten pro Jahr auch die Resultate des Monatsbilanzverfahrens zuneh- mend unsicher werden. 7. Da die Berechnung von q h vollständig auf analytischem Weg erfolgt, lassen sich Aufgaben, in denen q h benötigt wird, bei- spielsweise die Berechnung des optimalen Fensterflächenan- teils, mit analytischen Methoden durchführen und damit meist kürzer, eleganter und sicherer bewältigen als auf ande- ren Wegen. Literatur [1] DIN EN 832:2003-06, Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden: Berechnung des Heizenergiebedarfs, Wohngebäude. Berlin: Beuth-Verlag, 2003. [2] DIN V 4108-6:2003-06, Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäu- den, Teil 6: Berechnung des Jahresheizwärme- und des Jahresheizenergie- bedarfs. Berlin: Beuth-Verlag, 2003. [3] prEN ISO 13790, Thermal performance of buildings – Calculation of ener- gy use for space heating. CEN BASIC VERSION 1.3, CEN/TC 89, 2002- October. [4] Imkeller, U., Loga, T.: Stationäre Wärmebilanzverfahren im Vergleich. Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt, Januar 1996. [5] Loga, T.: Heizgrenztemperaturen für Gebäude unterschiedlicher energeti- scher Standards. Abschätzung der Heizgrenztemperaturen und Bilanzzei- ten für das Heizperiodenverfahren nach EN 832 / DIN V 4108-6. Bau- physik 25 (2003), Heft 1, S. 1–14. [6] Rabenstein, D.: Numerische kostenorientierte Optimierung des Energie- bedarfs eines Gebäudes. gi 120 (1999), S. 225 – 238. [7] Keller, B.: Klimagerechtes Bauen. Stuttgart: Teubner, 1997. [8] Loga, T., Born, R., Großklos, M., Bially, M.: Energiebilanz-Toolbox. Arbeitshilfe und Ergänzungen zum Energiepaß Heizung/Warmwasser. Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt 2001. [9] Denck, Ch.: Erhöhung der Genauigkeit des Heizperiodenbilanzverfah- rens der DIN V 4108-6. Diplomarbeit im Fachbereich Bauingenieurwesen der HAW Hamburg, August 2003. [10] Jagnow, K., Horschler, S., Wolff, D.: Die neue Energieeinsparverordnung 2002. Köln: Fachverlag Deutscher Wirtschaftsdienst, 2002. Aktuelles 9. Blower Door-Symposium des e.u.[z.]

Blower Door-Symposium des e.u.[z.]

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D. Rabenstein • Zur Genauigkeit von Heizwärme-Bilanzverfahren. Einführung eines Heizperiodenbilanzverfahrens mit analytischen Klimafunktionen

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Am 24. April 2004 fand im Tagungszentrum der Festung Marien-berg in Würzburg das 9. Blower Door-Symposium des Energie-und Umweltzentrum am Deister (e.u.[z.]) mit 186 TeilnehmerIn-nen und 19 ausstellenden Firmen statt. Großes Interesse bestand an neuen Erfahrungen zur Haltbarkeitvon Verklebungen an Luftdichtheitsschichten. Vor dem Hinter-grund einer Überarbeitung von DIN 4108 Teil 7 wurden unter-schiedliche Auffassungen, z. B. über die Notwendigkeit vonAnpreßlatten, und aktuelle Forschungsergebnisse zur Haltbar-keit von Verklebungen vorgestellt. Die anschließende Podiums-diskussion mit führenden Herstellern von Luftdichtheitsmateria-lien und Bausachverständigen verlief durchaus kontrovers. Dieunterschiedlichen Statements und Erfahrungsberichte werden z. Zt. vom e.u.[z.] ausgewertet und für eine Veröffentlichung vor-bereitet. Das Thema, „Bewertung von Leckagen der Gebäudehülle“,wurde von Seiten der Forschung und der Praxis in zwei Vorträ-gen beleuchtet. Dipl.-Ing. Christoph Kempkes zeigte erstmaligBerechnungen der Temperatur- und Feuchteverteilung beidurchströmten Leckagen auf. Eine Leckage von z. B. 3 mm undkurzem Strömungsweg nach außen zeigte, keine Feuchteer-höhung innerhalb der Konstruktion. Es wird vermutet, daß erstlange Strömungswege der Luft und kleine Leckagen denbefürchteten Feuchteschaden verursachen. Dipl.-Phys. JoachimZeller führte konkret aus, wie man den Luftvolumenstrom durch

Leckagen berechnen kann, um daraus weitere Argumente zurBewertung von Leckagen zu erhalten. Zum Abschluß der Veranstaltung fand der Rechtsvortrag von RAUlf Köpcke zum Thema „Stand der Technik – taugliches Quali-tätskriterium für luftdichte Gebäudehüllen?“ großes Gehör.Gerade für die Sachverständigen und Planer sind diese Informa-tionen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Planer, dasausführende Handwerk und letztlich auch die Bauherrschaftsind gefordert, die Qualität der Gebäudedichtheit klar zu visua-lisieren und qualitätskonform auszuführen. Da selbst auf dieserhochrangig besetzten Veranstaltung einige Themen sehr kontro-vers diskutiert wurden, steht für den Rechtsanwalt der „Standder Technik“ bei der Haltbarkeit von Verklebungen auf „sehrwackligen Beinen“. Der Reader zum Symposium kann beime.u.[z.] bestellt werden

e.u.[z.]Energie- und Umweltzentrum am DeisterD-31832 SpringeTel. 05044/975-0Fax 05044/[email protected]

Aufsatz

lungsorientierung werden nur Mittelwerte und Amplitudenwie in Tabelle 2 benötigt. Würden diese beiden Werte nichtaus gemittelten Monatswerten, sondern direkt aus Wetterda-ten mit kürzeren Messzeitintervallen abgeleitet, wäre eineVerbesserung der Abbildungsgenauigkeit zu erwarten.

3. Da außer den genannten Näherungsmaßnahmen korrektgerechnet wird, ergeben sich beim Übergang zu anderen Kli-maregionen nur geringe Änderungen der Berechnungsgenau-igkeit.

4. Die Folgen der Näherungsmaßnahmen lassen sich weitge-hend nachvollziehen und damit gezielt testen.

5. Auch für die Einzelgrößen, die zur Berechnung des Jahres-Heizwärmebedarfs qh benötigt werden, wie die Heizzeit, diemittlere Außentemperatur und das Strahlungsangebot wäh-rend der Heizperiode, die Energieverluste und die Energiege-winne ergeben sich adäquate Werte. Alle diese Einzelgrößenkönnen mit analytischen Methoden untersucht werden.

6. Die relativen Abweichungen der Werte von qh von den mitdem Monatsbilanzverfahren berechneten Werten, die sich beiHeizzeiten oberhalb von 5 Monaten pro Jahr innerhalb einesBereichs von etwa 2 % halten, lassen wenig zu wünschenübrig, da, wie gezeigt, bei Heizzeiten unter 4 Monaten proJahr auch die Resultate des Monatsbilanzverfahrens zuneh-mend unsicher werden.

7. Da die Berechnung von qh vollständig auf analytischem Wegerfolgt, lassen sich Aufgaben, in denen qh benötigt wird, bei-spielsweise die Berechnung des optimalen Fensterflächenan-teils, mit analytischen Methoden durchführen und damitmeist kürzer, eleganter und sicherer bewältigen als auf ande-ren Wegen.

Literatur

[1] DIN EN 832:2003-06, Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden:Berechnung des Heizenergiebedarfs, Wohngebäude. Berlin: Beuth-Verlag,2003.

[2] DIN V 4108-6:2003-06, Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäu-den, Teil 6: Berechnung des Jahresheizwärme- und des Jahresheizenergie-bedarfs. Berlin: Beuth-Verlag, 2003.

[3] prEN ISO 13790, Thermal performance of buildings – Calculation of ener-gy use for space heating. CEN BASIC VERSION 1.3, CEN/TC 89, 2002-October.

[4] Imkeller, U., Loga, T.: Stationäre Wärmebilanzverfahren im Vergleich.Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt, Januar 1996.

[5] Loga, T.: Heizgrenztemperaturen für Gebäude unterschiedlicher energeti-scher Standards. Abschätzung der Heizgrenztemperaturen und Bilanzzei-ten für das Heizperiodenverfahren nach EN 832 / DIN V 4108-6. Bau-physik 25 (2003), Heft 1, S. 1–14.

[6] Rabenstein, D.: Numerische kostenorientierte Optimierung des Energie-bedarfs eines Gebäudes. gi 120 (1999), S. 225 – 238.

[7] Keller, B.: Klimagerechtes Bauen. Stuttgart: Teubner, 1997.

[8] Loga, T., Born, R., Großklos, M., Bially, M.: Energiebilanz-Toolbox.Arbeitshilfe und Ergänzungen zum Energiepaß Heizung/Warmwasser.Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt 2001.

[9] Denck, Ch.: Erhöhung der Genauigkeit des Heizperiodenbilanzverfah-rens der DIN V 4108-6. Diplomarbeit im Fachbereich Bauingenieurwesender HAW Hamburg, August 2003.

[10] Jagnow, K., Horschler, S., Wolff, D.: Die neue Energieeinsparverordnung2002. Köln: Fachverlag Deutscher Wirtschaftsdienst, 2002.

Aktuelles

9. Blower Door-Symposium des e.u.[z.]