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Schwerpunkt: Was ist gesichert in der Therapie? U. Müller-Ladner Bereich Rheumatologie/Klinische Immunologie, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I der Universität Regensburg „Biologics“ bei der rheuma- toiden Arthritis Sind sie wirklich kosteneffektiv? Internist 2004 · 45:1402–1406 DOI 10.1007/s00108-004-1297-1 Online publiziert: 27. Oktober 2004 © Springer Medizin Verlag 2004 Therapieziele bei der rheumatoiden Arthritis Die Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) als Systemerkrankung ist stets eine Therapie des gesamten Individuums, ob- wohl die überwiegende Zahl der derzei- tig verfügbaren Therapiestrategien pri- mär auf die Gelenksymptomatik mit Ver- minderung von Schmerz, Entzündung, Knorpel- und Knochenzerstörung sowie des progressiven Funktionsverlusts der be- teiligten Gelenke ausgerichtet ist. Aus die- sen Überlegungen leiten sich auch die pri- mären Therapieziele in der Behandlung der RA ab: F die Verminderung des Gelenkschmer- zes durch Hemmung der proinflam- matorischen Stoffwechselwege, F die Verhinderung der Gelenkzerstö- rung, F die damit verbundene Verminderung des Funktionsverlusts bzw. der Grad der körperlichen und seelischen Be- hinderung. Diese Ziele begleiten den Patienten nicht nur für den gesamten Verlauf seiner Er- krankung, sie bilden auch die Messlatte für jeglichen neuen Therapieansatz. Derzeitige Therapieoptionen Nichtsteroidale Antiphlogistika greifen nur wenig in den Prozess der Gelenkde- struktion ein, sind jedoch bei aktiven Ver- läufen zur Reduktion des Gelenkschmer- zes und zur Entzündungshemmung dau- erhaft notwendig. Glukokortikoide gehö- ren ebenfalls zum Standardrepertoire der Therapie der RA und haben nicht nur in Akut- und Schubsituationen sondern auch in niedriger Dosierung in der Langzeitan- wendung ihren Platz im Therapiealgorith- mus der RA [, 2]. Seitens der steroidsparenden „konven- tionellen“ Basistherapeutika stehen meh- rere Präparate (auch in Kombination) zur Verfügung, u. a. Methotrexat, Sulfasalazin, Hydroxychloroquin, Leflunomid, Azathio- prin, Cyclosporin A, Mycophenolat, Cy- clophosphamid und Tacrolimus, welche neben ihrer unterschiedlichen Potenz be- züglich der Hemmung der Aktivität der RA und des jeweils individuellen Neben- wirkungsspektrums die Langzeitimmun- suppression als Gemeinsamkeit aufwei- sen. Ebenfalls zugelassene invasive Thera- pieformen wie die Immunadsorption sind Einzelfallentscheidungen vorbehalten. Der Nachweis, dass TNF-α und Inter- leukin- (IL-) zu den wichtigsten proent- zündlichen Zytokinen bei der RA gehören, führte in den vergangenen Jahren zur Ein- führung von „biologischen“ Hemmstoffen gegen TNF-α und IL-, welche gleichsam als Speerspitze für weitere Entwicklungen anzusehen sind [3]. Zu den zugelassenen Biologics gehören derzeit F die Anti-TNF-Antikörper Infliximab (Remicade®) und Adalimumab (Humira®), F das TNF-Rezeptor-Fusionsprotein Eta- nercept (Enbrel®), F der Interleukin--Rezeptorantagonist Anakinra (Kineret®; [29]). Alle 4 Medikamente werden von der Deut- schen Gesellschaft für Rheumatologie nach frühestens 6 Monaten erfolgloser oder nicht ausreichender Therapie mit konventionellen Basistherapeutika emp- fohlen [4, 5], obwohl deren früherer Ein- satz international zunehmend diskutiert und gefordert wird [6, 7]. Sind Biologics „effektiv“ ... bezüglich der Krankheitsaktivität? Zur Anwendung von Infliximab liegen die meisten Patientenjahre vor. Es ist in Kom- bination mit MTX zugelassen und seine Gabe erfolgt in Form von Infusionen von 3–0 mg pro kg Körpergewicht zum Zeit- punkt 0, 2 und 6 Wochen, danach in der Regel alle 4–8 Wochen. Die Applikation von Adalimumab (als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat) erfolgt einmal alle 2 Wochen subkutan in einer Dosis von 40 mg, die Gabe von Etanercept 2-mal pro Woche mit je 25 mg s. c. (auch als Monotherapie). Die Gabe von Anakin- ra erfolgt ebenfalls als subkutane Gabe in einer täglichen Dosis von 00 mg. Die entscheidenden Schlüsselstudien für diese Zulassung waren die ATTRACT- Studie, welche erstmals die klinische Effek- tivität von Infliximab aufzeigte [8, 9], die TEMPO-Studie, in der die höhere Effek- tivität von Etanercept + Methotrexat im Vergleich zu den beiden Einzelsubstanzen aufgezeigt wurde [0], und die ARMADA- Studie, welche die Überlegenheit von Ada- limumab + Methotrexat vs. Methotrexat nachwies []. Substanzielle Unterschiede Schwerpunktherausgeber J. Schölmerich, Regensburg M. Classen, München 1402 | Der Internist 12 · 2004

„Biologics“ bei der rheumatoiden Arthritis

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Schwerpunkt: Was ist gesichert in der Therapie?

U. Müller-LadnerBereich Rheumatologie/Klinische Immunologie, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I der Universität Regensburg

„Biologics“ bei der rheuma-toiden ArthritisSind sie wirklich kosteneffektiv?

Internist 2004 · 45:1402–1406DOI 10.1007/s00108-004-1297-1Online publiziert: 27. Oktober 2004© Springer Medizin Verlag 2004

Therapieziele bei der rheumatoiden Arthritis

Die Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) als Systemerkrankung ist stets eine Therapie des gesamten Individuums, ob-wohl die überwiegende Zahl der derzei-tig verfügbaren Therapiestrategien pri-mär auf die Gelenksymptomatik mit Ver-minderung von Schmerz, Entzündung, Knorpel- und Knochenzerstörung sowie des progressiven Funktionsverlusts der be-teiligten Gelenke ausgerichtet ist. Aus die-sen Überlegungen leiten sich auch die pri-mären Therapieziele in der Behandlung der RA ab:

F die Verminderung des Gelenkschmer-zes durch Hemmung der proinflam-matorischen Stoffwechselwege,

F die Verhinderung der Gelenkzerstö-rung,

F die damit verbundene Verminderung des Funktionsverlusts bzw. der Grad der körperlichen und seelischen Be-hinderung.

Diese Ziele begleiten den Patienten nicht nur für den gesamten Verlauf seiner Er-krankung, sie bilden auch die Messlatte für jeglichen neuen Therapieansatz.

Derzeitige Therapieoptionen

Nichtsteroidale Antiphlogistika greifen nur wenig in den Prozess der Gelenkde-struktion ein, sind jedoch bei aktiven Ver-läufen zur Reduktion des Gelenkschmer-zes und zur Entzündungshemmung dau-

erhaft notwendig. Glukokortikoide gehö-ren ebenfalls zum Standardrepertoire der Therapie der RA und haben nicht nur in Akut- und Schubsituationen sondern auch in niedriger Dosierung in der Langzeitan-wendung ihren Platz im Therapiealgorith-mus der RA [, 2].

Seitens der steroidsparenden „konven-tionellen“ Basistherapeutika stehen meh-rere Präparate (auch in Kombination) zur Verfügung, u. a. Methotrexat, Sulfasalazin, Hydroxychloroquin, Leflunomid, Azathio-prin, Cyclosporin A, Mycophenolat, Cy-clophosphamid und Tacrolimus, welche neben ihrer unterschiedlichen Potenz be-züglich der Hemmung der Aktivität der RA und des jeweils individuellen Neben-wirkungsspektrums die Langzeitimmun-suppression als Gemeinsamkeit aufwei-sen. Ebenfalls zugelassene invasive Thera-pieformen wie die Immunadsorption sind Einzelfallentscheidungen vorbehalten.

Der Nachweis, dass TNF-α und Inter-leukin- (IL-) zu den wichtigsten proent-zündlichen Zytokinen bei der RA gehören, führte in den vergangenen Jahren zur Ein-führung von „biologischen“ Hemmstoffen gegen TNF-α und IL-, welche gleichsam als Speerspitze für weitere Entwicklungen anzusehen sind [3]. Zu den zugelassenen Biologics gehören derzeit

F die Anti-TNF-Antikörper Infliximab (Remicade®) und Adalimumab (Humira®),

F das TNF-Rezeptor-Fusionsprotein Eta-nercept (Enbrel®),

F der Interleukin--Rezeptorantagonist Anakinra (Kineret®; [29]).

Alle 4 Medikamente werden von der Deut-schen Gesellschaft für Rheumatologie nach frühestens 6 Monaten erfolgloser oder nicht ausreichender Therapie mit konventionellen Basistherapeutika emp-fohlen [4, 5], obwohl deren früherer Ein-satz international zunehmend diskutiert und gefordert wird [6, 7].

Sind Biologics „effektiv“

... bezüglich der Krankheitsaktivität?

Zur Anwendung von Infliximab liegen die meisten Patientenjahre vor. Es ist in Kom-bination mit MTX zugelassen und seine Gabe erfolgt in Form von Infusionen von 3–0 mg pro kg Körpergewicht zum Zeit-punkt 0, 2 und 6 Wochen, danach in der Regel alle 4–8 Wochen. Die Applikation von Adalimumab (als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat) erfolgt einmal alle 2 Wochen subkutan in einer Dosis von 40 mg, die Gabe von Etanercept 2-mal pro Woche mit je 25 mg s. c. (auch als Monotherapie). Die Gabe von Anakin-ra erfolgt ebenfalls als subkutane Gabe in einer täglichen Dosis von 00 mg.

Die entscheidenden Schlüsselstudien für diese Zulassung waren die ATTRACT-Studie, welche erstmals die klinische Effek-tivität von Infliximab aufzeigte [8, 9], die TEMPO-Studie, in der die höhere Effek-tivität von Etanercept + Methotrexat im Vergleich zu den beiden Einzelsubstanzen aufgezeigt wurde [0], und die ARMADA-Studie, welche die Überlegenheit von Ada-limumab + Methotrexat vs. Methotrexat nachwies []. Substanzielle Unterschiede

SchwerpunktherausgeberJ. Schölmerich, RegensburgM. Classen, München

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höhtes Risiko für Tuberkulose) im Vorder-grund stehen [2, 22]. Weitere Kontraindi-kationen für den Einsatz von TNF-Hem-mern sind ein früheres oder aktuelles Auf-treten von demyelinisierenden Erkrankun-gen sowie einer klinisch relevanten Herzin-suffizienz (v. a. NYHA III–IV, z. T. auch NYHA II). Insgesamt sollte daher keine unkritische Anwendung dieser Substan-zen außerhalb einer begleitenden rheuma-tologisch-internistischen Betreuung erfol-gen [3, 7, 6, 8].

... bezüglich ihrer Kosten?

Seit der Einführung der TNF-Hemmer als wichtigste Biologics in das therapeu-tische Armamentarium der RA hat sich auch die Kostenlandschaft für die Me-dikation grundsätzlich geändert. Wäh-rend eine Therapie mit konventionellen DMARD („disease modifying antirheu-matic drugs“) mit maximal 5000 € zu ver-anschlagen ist, liegen die Jahrestherapie-kosten für TNF-Hemmer um den Betrag von 20.000 €. Die Übertragung der klini-schen Ergebnisse der Anwendung von In-fliximab über einen Zeitraum von einem Jahr auf Basis der ATTRACT-Studie [8, 9] auf eine ökonomische Ebene zeigte, dass die Anwendung der niedrigsten Dosis von Infliximab (3 mg/kg) über ein Jahr bei ei-

über. Bis Mitte 2003 wurden bei mehr als 350.000 weltweit behandelten Patienten et-was mehr als 300 Tuberkulosefälle sowie Infektionen mit opportunistischen und in-trazellulären Erregern dokumentiert, wo-bei anzunehmen ist, dass die Dunkelzif-fer höher anzusiedeln ist [8]. Aus diesen Gründen wird daher vor Beginn einer The-rapie mit einem TNF-Hemmer die Durch-führung eines Tuberkulintests sowie ei-ner Röntgenthoraxaufnahme und ggf. ei-ne INH-Prophylaxe gefordert [3, 8]. Un-ter Beachtung dieser Kautelen kann das Infektionsrisiko dem der Placebogruppe weitgehend angenähert werden [9].

Hinsichtlich einer postulierten höhe-ren Rate an Lymphomen ließ sich für die TNF-Hemmer bei dem bekannten bis zu 8fach erhöhten Risiko für Lymphome im Verlauf der RA ein zusätzlich erhöhtes Ri-siko für eine Lymphomentwicklung unter Therapie mit TNF-Hemmern bisher statis-tisch nicht sicher nachweisen [20]. Unkla-re Verschlechterungen des Allgemeinzu-stands, Lymphknotenschwellungen oder Fieber sollten allerdings zu einer umge-henden umfangreichen internistisch-in-fektiologischen Kontrolluntersuchung Anlass geben. Diese Vorsicht bezüglich infektiöser Komplikationen gilt auch für Anakinra, wobei hier bronchopulmona-le Infektionen (ohne bisher bekanntes er-

zwischen den verschiedenen TNF-Hem-mer ließen sich allerdings bisher nicht nachweisen [2], auch die Kombination von TNF-Hemmern und Anakinra ist eher als nachteilig zu werten [3]. . Ta-belle 1 fasst die Schlüsselstudien für Bio-logics bei der RA zusammen.

Obwohl sich die aus diesen Schlüssel-studien erfassbare klinisch messbare Ge-samteffektivität aller TNF-Hemmer im Vergleich zu Langzeitdaten der Kombina-tionstherapie mit Methotrexat, Sulfasala-zin und Hydroxychloroquin [4] als gut, aber bisher zumeist nicht als deutlich über-legen zeigte [3, 4], ließ sich hingegen als neue Komponente für Infliximab, Adali-mumab und Etanercept, vor allem in der Kombination mit Methotrexat, eine deut-liche Hemmung der Röntgenprogression bis hin zu leichtem Knochenaufbau nach-weisen [8, 9, 0, 5, 6, 7, 30].

... bezüglich ihrer Nebenwirkungen?

Trotz der nachgewiesenen klinischen Effek-tivität stehen neben den gegenüber konven-tionellen Basistherapeutika deutlich höhe-ren Kosten auch die Berichte über schwer-wiegende infektiöse Komplikationen (v. a. Tuberkulose) unter TNF-Hemmern mit atypischen disseminierten Verläufen und schweren Organmanifestationen gegen-

Tabelle 1

Schlüsselstudien zur Effektivität derzeit zugelassener Biologics zur Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA)

Eigenname Therapieansatz Wichtigstes Resultat Publikation Literatur

ATTRACT-1 Infliximab + MTX vs. MTX Erster Wirksamkeitsnachweis von TNF-Hemmern bei RA 1999 [8]

ATTRACT-2 Infliximab + MTX vs. MTX

Anakinra vs. Placebo

Erster Wirksamkeitsnachweis von Infliximab bezüglich Hemmung der GelenkdestruktionÜberlegenheit von Anakinra bezüglich Gelenkdestruktion

20002000

[9][29]

ERA Etanercept vs. MTX bei früher erosiver RA

Überlegenheit von Etanercept bezüglich Gelenkdestruktion 2002 [30]

ARMADA Adalimumab + MTX vs. MTX Überlegenheit der Kombinationstherapie 2003 [11]

STAR Adalimumab vs. DMARD Unter Beachtung der Infektionsrisiken keine erhöhte Nebenwirkungsrate bei Adalimumab

2003 [19]

ATTRACT-3 Infliximab + MTX vs. MTXAdalimumab + MTX vs. MTX

Überlegenheit der Kombination bezüglich GelenkdestruktionÜberlegenheit der Kombination bezüglich Gelenkdestruktion

20042004

[17][15]

20000223 Study Group

Etanercept + Anakinra vs. Etanercept

Keine Vorteile für die Kombinationstherapie 2004 [13]

TEMPO Etanercept + MTX vs. Einzelsubstanzen

Kombination ist den Einzelsubstanzen überlegen, auch bezüglich Gelenkdestruktion

2004 [10]

MTX: Methotrexat, DMARD: „disease modifying antirheumatic drugs“.

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ner Kostenseite von ca. 200 € je Monat in einer Reduktion einer dauerhaften Be-hinderung von 23% auf % resultiert [23]. Umgerechnet auf die Lebenszeit eines RA-Patienten würde ein Qualy (Quality-Ad-justed Life-Year) auf der Ausgabenseite so-mit ca. 25.000 € entsprechen [23]. Ähnli-che Ergebnisse ergaben sich auch für Ada-limumab [24].

> Die Jahrestherapiekosten für TNF-Hemmer liegen bei ca. 20.000 €

Werden in die Berechnung nicht nur die rein medizinischen Kosten, sondern auch der sozioökonomische Gewinn mit einbe-zogen, müssten interessanterweise inter-national für einen Qualy nur noch Ausga-ben von ca. 7500 € veranschlagt werden [23], deutsche Berechnungen gehen hier-bei von ca. 0.000 € aus [25].

Auch für Etanercept wurde berechnet, inwieweit dieses Therapiekonzept die Kri-terien der „cost-effectiveness“ erfüllt [26]. Unter Voraussetzung von Mehrkosten von 45.000 € für die Therapie mit Etaner-cept gegenüber konventionellen DMARD und des milderen Krankheitsverlaufs un-ter Etanercept ergaben sich neben einer Lebenszeitverlängerung von fast 3 Jahren (=,7 Qualys) ein Preis von 24.000 € pro Qualy [26, 27].

Beachtenswert sind auch die Zahlen, die für das einzige bisher zugelassene Bio-logic, welches nicht TNF als Zielmolekül hat, bezüglich dessen Kosteneffektivität erhoben wurden. Die Berechnungen ein-schließlich des Birmingham Rheumatoid Arthritis Model weisen darauf hin, dass für den IL--Rezeptorantagonist Anakin-ra die Kosten für ein Qualy jench verwen-detem Modell zwischen 25.000 € und 900.000 € liegen können und somit meist oberhalb des geforderten Grenzwerts für eine reale Kosteneffektivität [28].

Fazit für die Praxis

Auf der Basis der derzeitigen evidenzba-sierten Datenlage kann man die Biolo-gics als „effektiv“ bezüglich der Redukti-on der Krankheitsaktivität, dem kalkulier-baren Nebenwirkungsspektrum und der Kosten bezeichnen, insbesondere wenn die Quality-Adjusted Life-Years (Qualys)

Zusammenfassung · Abstract

Internist 2004 · 45:1402–1406DOI 10.1007/s00108-004-1297-1© Springer Medizin Verlag 2004

U. Müller-Ladner

„Biologics“ bei der rheumatoiden Arthritis. Sind sie wirklich kosteneffektiv?

ZusammenfassungSeit der Einführung der „biologischen Wirk-stoffe“ in das therapeutische Armamentari-um der rheumatoiden Arthritis (RA) hat sich die Landschaft für die medikamentösen Op-tionen dieser Erkrankung grundsätzlich geän-dert. Trotz der inzwischen erfolgten Veranke-rung der Biologics in den nationalen und in-ternationalen Therapiealgorithmen wird de-ren routinemäßiger Einsatz kontinuierlich dis-kutiert, auch da die Jahrestherapiekosten der Biologics um ein Vielfaches höher als bei den konventionellen Basistherapeutika liegen. Hinsichtlich der klinisch messbaren Effektivi-tät auf die Reduktion der Aktivität der Erkran-kung lässt sich die Frage nach deren „Effektivi-tät“ inzwischen für einen Zeitraum von meh-

reren Jahren gut beantworten, wohinge-gen dies für die Langzeitnebenwirkungen und das Kosten-Nutzen-Verhältnis derzeit nur eingeschränkt möglich ist. Fasst man alle aktuellen Berechnungen zusammen und wendet den internationalen Konsen-susvorschlag an, dass der Preis für ein Qua-lity-Adjusted Life-Year nicht über 40.000 € liegen sollte, kann man die TNF-Hemmer zum derzeitigen Zeitpunkt aber formal als (kosten)effektiv bezeichnen.

SchlüsselwörterRheumatoide Arthritis · Biologics · TNF-Hemmer · Effektivität · Kosten-Nutzen-Verhältnis

AbstractSince the biologics have been introduced in clinical rheumatology, the landscape for medication of rheumatoid arthritis has chan-ged substantially. A completely new family of drugs had to be evaluated for efficacy with re-gard to its impact on amelioration of disease activity but also with regard to long-term si-de effects and costs. This evaluation of effec-tiveness of biologics belongs to the most in-tensively discussed topics in rheumatology, and at present, only for the clinical side ade-quate answers can be obtained from the pub-lished data. On the other hand, more long-

term observation and prospective studies are needed to be able to answer the ques-tion of real cost-effectiveness adequately. However, when all current data are summa-rized, the cost for a TNF-inhibitor in regard of one quality-adjusted life-year ranges be-low the internationally recommended criti-cal amount of 40.000 €.

KeywordsRheumatoid arthritis · Biologics · TNF-Inhibitors · Effectiveness · Quality-Adjusted Life-Year

Cost effectiveness of biologics in the treatment of rheumatoid arthritis

1404 | Der Internist 12 · 2004

als Berechnungsgrundlage herangezo-gen werden. Der definitive Beweis eines reellen klinischen Vorteils gegenüber den deutlich günstigeren konventionel-len Basistherapeutika muss aber noch durch die klinische Erfahrung in der tägli-chen Praxis und durch prospektive Lang-zeitstudien erbracht werden.

Korrespondierender AutorPD Dr. U. Müller-Ladner

Bereich Rheumatologie/ Klinische Immunologie, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I der Universität Regensburg, 93042 Regensburg E-Mail: [email protected]

Interessenkonflikt: Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel ge-nannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenz-produkt vertreibt, bestehen.

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„Springer CME-Award Der Internist“

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