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Biodiversit Biodiversit ä ä t t Biologische Vielfalt zwischen Biologische Vielfalt zwischen Landnutzung, Jagd und Naturschutz Landnutzung, Jagd und Naturschutz Michael Fasel Michael Fasel Biologe Biologe Vaduz / Liechtenstein Vaduz / Liechtenstein Amt für Wald, Natur und Landschaft FL 9490 Vaduz Tel. +423 – 236 64 05 Mail: [email protected] web: www.awnl.llv.li web: www.landesmuseum.li Bundesjägertag Weimar 23. Mai 2008

Biodiversität Biologische Vielfalt zwischen …...Biodiversität Biologische Vielfalt zwischen Landnutzung, Jagd und Naturschutz Michael Fasel Biologe Vaduz / Liechtenstein Amt für

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BiodiversitBiodiversitäätt

Biologische Vielfalt zwischenBiologische Vielfalt zwischenLandnutzung, Jagd und NaturschutzLandnutzung, Jagd und Naturschutz

Michael FaselMichael FaselBiologeBiologeVaduz / LiechtensteinVaduz / Liechtenstein

Amt für Wald, Natur und LandschaftFL 9490 VaduzTel. +423 – 236 64 05Mail: [email protected]: www.awnl.llv.liweb: www.landesmuseum.li

Bundesjägertag Weimar23. Mai 2008

CH

A

Bodensee

Rhein

FLZürich100 Km

Innsbruck150 Km

N

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

2600 m

430 m

Jagdsystem Liechtenstein

- Reviersystem (19 Reviere mit 520 – 1320 Hektare)- Jagdpachtversteigerung alle 8 – 10 Jahre- Jagdpächter: Minimum 4 maximal 1 pro 100 Hektare- Jagdregal = Landesregal (Regierung)- Abschussplanvorgaben für Schalenwild,

Murmeltiere, Birkhähne- Jährlich festgelegte Abschussrichtlinien- Hauptjagdzeiten Mai – Dezember- Schalenwildfütterung: Nur „Notfütterung“

mit Magerheu

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Wilddichten

Gamswild 7 - 8 / 100 Hektare GamsarealRotwild 5 - 6 / 100 Hektare Rotwildareal (Sommer/Herbst)Rehwild HäufigSteinwild Population an Grenze zur Schweiz (z.Zt. geschont)Schwarzwild:Sporadische Einzelvorkommen

Abschusspläne ( Durchschnitt 5 Jahre)

Rotwild 240Rehwild 280Gamswild 110Steinwild ---

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Inhalt

• Was ist Biodiversität ?

• Landnutzung und Jagd

• Gemeinsam zum Ziel

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Biodiversität

Die Vielfalt der Natur

Auf drei Hauptebenen:

- Gene

- Arten (Haustierrassen / Pflanzensorten)

- Lebensräume

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Von den Genen bis zur Landschaft

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Die genetische Vielfalt

oder „die genetische Variabilität innerhalb einer Art“bedeutet, dass sich jedes Lebewesen in seiner Erbsubstanz durch kleine Abweichungen von seinen Artgenossen unterscheidet.

Dadurch kann sich eine Pflanzen- oder Tierart immer wieder an die sich verändernde Umwelt anpassen.

Es können sogenannte Ökotypen oder Unterarten entstehen. Biodiversität und Jagd

Bundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Der Reichtum der Arten

Die Anzahl Arten in einem bestimmten Lebensraum ist ein Gradmesser für dessen biologischen Wert.

Auch Lebensräume mit wenigen, dafür spezialisierten oder seltenen Arten sind wertvoll.

Wir erkennen „Biodiversität“ am deutlichsten an der Vielzahl oder Seltenheit der vorkommenden Arten.

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Die Vielfalt der Lebensräume ...

... bestimmt, wieviele Arten in einer Landschaft vorkommen können, weil jede Art ganz eigene Ansprüche an ihren Lebensraum hat.

Je mehr verschiedene Lebensräume, desto mehr Arten!

Wir Menschen verändern Landschaften und Lebensräume, indem wir sie nutzen – die Art derNutzung bestimmt den Grad der Biodiversität.

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Die Erhaltung der biologischen und landschaftlichen Vielfalt ist der direkteste Weg für die Erhaltung der Wildtierbestände, derer Lebensräume und damit der Jagd.

Ratifizierte Internationale Abkommen im Biodiversitätsbereich

• Biodiversitätskonvention 1992Ziel bis 2010: Stopp der Erosion der Vielfalt

• Weitere internationale Abkommen:– Ramsar-Abkommen, Feuchtgebiete (1991)– Bonner Konvention, wandernde Tierarten (1998)– Berner Konvention, Erhaltung europäischer Arten und

ihrer Lebensräume (1982)– Natura 2000

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Europäische Jagd Charta

Empfehlend (nicht rechtlich verbindlich)

12 Eckpunkte:

Schutz der Biodiversität Verständnisförderung

Ökologische Nachhaltigkeit Erhalt von Wildtierpopulationen

Gesunde Umwelt – gesunde Wildtiere Ökonomischer Wert der Wildtiere

Wildbret Lokale Institutionen

Kompetenz und Verantwortung der Jäger Tierschutz

Kooperation aller Landnutzer Verständnis bei der Bevölkerung

Die Europäische Jagd-Charta bildet eineoptimale Grundlage für eine gemeinsame Argumentation der europäischen Jäger

Gemeinsame Kriterien und Argumente

Geschlossenes Auftreten der Jägerschaft

Lobbying für die Sache der Jagd und der Wildtiere

Warum Erhaltung der Biodiversität?

• „Aus der Biodiversität schöpfen wir Nahrung, Wirkstoffe für die Medikamente, Rohstoffe für die Kleidung, Baumaterialien und viele Produkte des täglichen Lebens.

• Sie ist die Essenz der Biosphäre, der dünnen Schicht zwischen der Oberfläche unseres Planeten und dem Vakuum des Weltraums, die letztlich das Klima, die Bodenbildung, die Energie- und Stoffkreisläufe bestimmt und reguliert.

• Ohne Biodiversität wäre die Erde ein Himmelskörper wie der Mond“.

aus: Forum für Biodiversität Schweiz - Biodiversität in der Schweiz (2004)

Erhaltung der Vielfalt:Beispiel 1: Landschaftsräume FL

Quelle: ENL 2005 Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Beispiel 2: Prioritäre Gebiete für Pflanzenarten in Liechtenstein

Bedeutung für Pflanzen und Moose

Prioritäres PflanzengebietVorranggebiet Moose

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Beispiel 3: Schmetterlingsarten in Hotspotgebieten

Artenzahl1 - 1011 - 2021 - 3031 - 4041 - 5051 - 115

Quelle: ENL 2005

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Beispiel 4: Gesamte Anzahl Arten eines Gebietes

Quelle: ENL 2005

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Beispiel 5: Strukturvielfalt und Naturnähe im Landwirtschaftsgebiet

Quelle: ENL 2/2006

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Landwirtschaft

Wichtigster Partner ausserhalb des Waldes

Offene Kommunikation Landwirt – Jäger

Förderung der ökologischen Landwirtschaft

Erhaltung oder Schaffung von:

- Randlinien- Einstandsflächen- Winterbegrünungen- Vernetzungsstrukturen

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

(Quelle: Wild und Hund 2005)

Mindestflächenbedarf für die Erhaltung von Arten und Lebensräumen

• 6-8 % in landwirtschaftlichen Vorranggebieten (4-5% extensiv genutzte Wiesen, 2-3 % Gehölze)

• 15% rund um Kernzonen-Umgebung

• Ca. 20-25% in Vorranggebieten

• Dazu kommen Öko-Brücken und Korridore

(Gilt für FL: Ländlich-montaner Raum)Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Strukturvielfalt:Neu besiedeltes Biotop derGelbbauchunke

Beispiel 6: Strukturvielfalt im Waldareal

Quelle: NFB 10

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Waldwirtschaft

Wirtschaftliche Waldbauziele müssen abgewägt werden mit den Zielen der Biologischen Vielfalt.

Jede Entnahme von Holz ....Jede Lenkung der Baumartenzusammensetzung ....Jede Verhinderung von Climaxstadien ....Jede Fragmentierung von Waldflächen ....

.... stellt einen schwerwiegenden Eingriff in dasökologische Gefüge eines Waldes dar.

W.Schröder: Naturschutz im Wald Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Die Biomasse des Waldes besteht aus 99% Pflanzen.

In einem Wald mit geschlossenem Kronendach befindet sich über 90 Prozent der grünen, pflanzlichen Biomasse ausserhalb der Erreichbarkeit der grossen Pflanzenfresser.

Der Wald erträgt sehr wenig Nutzungsdruck durch pflanzenfressende Tiere.

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Aus diesem Grund wird in einem geschlossenen Wald jedes Reh und jeder Hirsch zu einem „Schädling“.

Ökonomie und Ökologie bleiben im Wirtschaftswald unvereinbare Gegensätze.

Fazit: Schalenwildgerechte Wälder brauchen Licht und Bodenvegetation sowie einen grossen Strukturreichtum.

Artendichte von Sukzessionsstufen im Wald

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Beispiel: Bewertungsindex Biodiversität

• Langfristüberwachung der Artenvielfalt auf Nutzflächen

– Erstellen eines Index mit Hilfe von Indikatoren (Vögel, Schnecken, Tagfalter, Blütenpflanzen, …..) und Ermittlung der langfristigen Veränderungen.

– Vgl. auch Biodiversitäts-Monitoring Schweiz ab 2001 oder Swiss Bird Index SBI seit 1990.

– Rote Listen sind als Messeinheiten zu wenig dynamisch.

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Entwicklung „Kessler-Index“ Schweiz

Die Jagd

Was tut sie?

Was will sie?

Was kann sie?

Jagd – und biologische Vielfalt

„Jagd ist angewandter Naturschutz“

„Ohne Jäger kein Wild“

„Jagd erhält und schafft Vielfalt“

Welche Botschaft senden wir ?

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Jagd – und biologische Vielfalt

Die Jagd muss sich in ihrem Erscheinungsbild nicht entschuldigen!

Die Jagd muss sich nicht den Deckmantel desSchützers umlegen.

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Hege

"Der Sammelbegriff für die jagdpflegerischen Massnahmen gesetzlicher, administrativer und privater Art.“

„Das Ziel der Hege ist die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten, artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen". (Zitat: BLV-Jagdlexikon, Auszug)

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Die Jagd ist eine Form der Nutzung von Naturgütern.

Sie beeinflusst drei wesentliche Faktoren der Natur:

- Einfluss auf die Pflanzen (durch Regulation der Herbivoren).

- Einfluss auf Pflanzenfresser (durch Abschuss, durch Raubtiere).

- Einfluss auf Raubtiere (durch Abschuss oder Schutz).

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Definition und Abgrenzung der Jagd über das biologische (ökologische) System nicht durch politische oder persönliche Interessen.

Jagd reguliert freilebende Wildtiere - in Abwägung der gegebenen Umwelt- und Lebensraumbedingungen.

Diese Regulation soll auch bei Grossraubtieren stattfinden dürfen.

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Monitoring (Langzeitbeobachtung)

Die Jagd hat einen regulierenden Einfluss auf alle Teile des Ökosystems. Es kann eine nutzende (abschöpfende) oder ein schützende (restriktive) Regulierung sein.

Bewertung dieser Regulierung über ein unabhängiges Bewertungssystem (Monitoring).

Staatlich und wissenschaftlich aber nicht durch private Organisationen oder Interessengruppen.

Inhalte Monitoring

Angaben über den Bestand einer Wildtierart. (Bestandszahlen, Populationskriterien)

Informationen über den Zustand des Lebensraumes.(Kapazität)

Angaben über das Zusammenwirken verschiedener Arten und Lebensräume.

Nachweis der Nachhaltigkeit der jagdlichen Tätigkeit.

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Authentizität

Jede jagdliche Tätigkeit soll authentisch begründet werden und nicht durch Scheinargumente.

Jagdlichen Realitäten (töten von gesunden Tieren) nicht beschönigen.

Argumente vermeiden, die für die Qualität der Wildtiere oder des Lebensraums keine vorangige Rolle spielen (Trophäen, Fütterung, „Raubtierersatz“).

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Warum jagen wir?

Freude, Naturerlebnis, Wildbret, ....

Verantwortungsvolle öffentliche Aufgabe!

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Wie jagen wir ?

Tierschutzaspekt.(schnelles und sicheres Töten)

Erhaltung gefährdeter Arten durch Jagdverzicht und durch Hegearbeit.

Rücksicht auf andere Naturnutzer.

Öffentlicher Nutzen der Jagd

Jäger und Aufsichtsorgane erbringen Dienstleistungen (Naturwacht, Polizei, Beseitigung von Wildkadavern,Wildbestandsregulierung).

Jagd liefert ein gesundes Nahrungsmittel.

Ökologische Hegearbeit, die der Biodiversität zugute kommt.

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Trophäenwettbewerb ist nicht Bestandteil derBiodiversität

Form und Grösse von Trophäen (Hörner und Geweihe) sind nicht erstrangige Kriterien für die Regulierung von Wildbeständen.

Trophäen sind Privatsache und passen besser unter die Rubrik, <Liebhaberei>!

Eliminierung von „Trophäenkriterien“ aus der Gesetzgebung.(Ausser: Als Lenkungsinstrument)

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Specie rara extincta________________

Homo tropheniensis

Fütterung

Wildtiere müssen in der Regel nicht gefüttert werden.

Die Kapazität des Lebensraumes ist der natürliche Regulierungsfaktor.

Allfällige Erhöhung von Wildbeständen über hegerische Tätigkeiten der Lebensraumverbesserung.

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Notfütterungen bei extremen Bedingungen klar definieren, den Kriterien der Nachhaltigkeit unterstellen und mit einem unabhängigen Monitoring prüfen.

Falsch durchgeführte Kirrungen und Ablenkfütterungen bereiten meist beträchtliche Schäden.

Salzlecken dienen der besseren Beobachtbarkeit von Wildtieren.

Ausbildung

Ausbildung von Jägern schwergewichtig auf ökologischer Basis.

Lebensraumverständnis födert nachhaltige Wirkung der Jagd und der Hege.

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Nichtjagende Personen haben einen hohen ökologischen Wissensstand.(Glaubhaftigkeit der Jäger in der Öffentlichkeit!)

Die Weisheit der Erfahrung ist den langjährig Jagenden vorbehalten.

Von der Erfahrung der Jäger kann auch die Wissenschaft profitieren.

Interdisziplinäres Handelnim Bermudadreieck

Jagd – Waldwirtschaft – Naturschutz

Gleiche Zielsetzungen:

- Naturraum-Nutzung erhalten- Funktionierendes Ökosystem- Naturnaher Lebensraum- .......

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Die Argumente von jeder Seite versinken im Ozean des Bermudadreiecks Wald-Naturschutz-Jagd

Was tun?

Gemeinsame Masstäbe (Biodiversität)Offene KommunikationSachliche ArgumentationGemeinsame ProjekteGemeinsame LobbyGemeinsamer StammtischZusammenwachsen

Biodiversität und JagdBundesjägertag Weimar23. Mai 2008

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit