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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds Best Practice Guide RECEA Ein Rückkehr- und Reintegrationsleitfaden Katrin Pohlmann, MA 20.08.2014

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Best Practice Guide RECEA

Ein Rückkehr- und Reintegrationsleitfaden

Katrin Pohlmann, MA 20.08.2014

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Europäischen Rückkehrfonds

Inhalt 1. Einleitung ......................................................................................................................................... 3

2. Rückkehr- und Reintegrationsmodule ............................................................................................. 4

Modul 1:Analyse der aktuellen Situation mit den Remigranten im Auswanderungsland ............. 5

Modul 1.1. Situation in Deutschland ............................................................................................... 5

Modul 1.2 Situation in Bulgarien ..................................................................................................... 6

Modul 2: Situation im Rückkehrland ............................................................................................... 8

Modul 3: Maßnahmen und Aktivitäten um die Zielgruppe zu erreichen (Informationskampagne) 9

Modul 4: Beratungen ..................................................................................................................... 10

Modul 5: Beschaffung von Rückkehrdokumenten ........................................................................ 12

Modul 6: Rückkehr und Reintegration .......................................................................................... 12

Modul 6.1. Starthilfe...................................................................................................................... 13

Modul 6.3 Psychologische Beratung ............................................................................................. 18

Modul 6.4 Sonstige Formen der Unterstützung ............................................................................ 18

Kurzberichte über Rückkehrer .............................................................................................................. 21

Zusammenfassung und Ausblick ........................................................................................................... 23

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1. Einleitung Im Rahmen des vom Europäischen Rückkehrfonds durchgeführten Projektes

RECEA ist auf Grundlage der Informationen der Mitarbeiter aus den Bereichen

Rückkehr- und Reintegrationsmanagement dieser Leitfaden entstanden. Er

enthält die wichtigsten Informationen für den Bereich der freiwilligen Rückkehr

aus EU-Staaten in Drittstaaten mit dem Schwerpunkt auf die Rückkehr nach

Armenien. Dennoch können die hier angewandten Methoden und Prozesse auch

auf andere Rückkehrländer angewandt werden.

In den folgenden Kapiteln werden kurz die einzelnen Schritte einer Rückkehr und

die damit direkt und indirekt verbunden Arbeitsschritte erläutert und ggf. mit

Fallbeispielen versehen um eine besser Nachvollziehbarkeit gewährleisten zu

können.

Damit der Transfer möglichst leicht fällt, haben wir uns dazu entschieden die

einzelnen Arbeitsschritte in Module zu unterteilen. So sind zwar einerseits alle

notwendigen Schritte zu einer erfolgreichen Reintegration aufgeführt und welche

Einzelmaßnahmen die Projektmitarbeiter empfehlen, anderseits ist es aber auch

möglich nur einzelne Module als Leitfaden zur Hand zu nehmen, vor allen Dingen,

wenn auf Grund finanzieller Zwänge die Möglichkeit zur Umsetzung aller

Elemente nicht gegeben ist.

Ergänzt wird der Leitfaden durch vier Fallbeispiele, die aufzeigen sollen, wie

unterschiedlich die Rückkehrgeschichten sein können.

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2. Rückkehr- und Reintegrationsmodule Um eine Menschen bei der Rückkehr und Reintegration zu unterstützen bedarf es

vieler einzelner Schritte, die im Rahmen eines solchen Rückkehrprojektes wie

RECEA durchgeführt werden müssen.

Daher haben wir im Folgenden Module zusammengestellt, die einen solchen

Prozess darstellen. Auch beziehen wir uns wieder auf die Teilnehmerländer des

RECEA-Projektes, dennoch können viele der Module auf andere Drittstaaten

angewandt werden.

Auf der nächsten Seite ist eine Graphik zu sehen, die den Ablauf und die

einzelnen Element kurz zusammenfast. Im weiteren Verlauf werden die einzelnen

Module detaillierter ausgeführt.

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Darstellung des Rückkehrprozess und der Rückkehrarbeit

Modul 1 und Modul 2: Analyse der aktuellen Situation mit den Remigranten

im Auswanderungs- und Heimatland

Modul 3: Maßnahmen und Aktivitäten um die Zielgruppe zu erreichen

(Informationskampagne)

Modul 4: Beratungen

Modul 5: Beschaffung von Rückkehrdokumenten

Modul 6: Rückkehr und Reintegration

Modul 6.1: Modul 6.2 Modul 6.3 Modul 6.4 Starthilfe Hilfe zur Existenzgründung Psychologische Betreuung Sonstiges

Modul 1:Analyse der aktuellen Situation mit den Remigranten im

Auswanderungsland Um eine Auswanderung gezielt vorzubereiten muss man sich Kenntnisse über

das Rückkehr- und das Zielland einholen, um eine individuell passende Beratung

zielsicher leisten zu können.

Modul 1.1. Situation in Deutschland

Um die Rückkehrer gut beraten zu können, müssen die Rückkehrberater

zunächst selbst Informationen einholen. Sie müssen sich über die Situation der

potentiellen Rückkehrer im jetzigen Aufenthaltsland und auch Informationen über

das Zielland der Rückkehrer einholen. Dieses für alle potentiellen Rückkehrländer

hier aufzuzeigen, würde den Rahmen des Berichtes sprengen, daher nutzen wir

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als Beispiele für diesen Leitfaden die Situation von Armeniern in Deutschland und

in Bulgarien.

Statistische Angaben und die Materialen, die AWO Heimatgarten bei der

Ausführung der Projekte für Rückkehr und Reintegration von Flüchtlingen und

Migranten in die NU-Staaten im Zeitraum 2005 bis 2010 sammelte, zeigen, dass

ein Großteil der Rückkehrer nach Armenien in diesen Jahren Familien mit

Ehepaaren über vierzig Jahre alt mit oder ohne Kinder waren. Die Dauer des

Aufenthalts dieser Migranten in Deutschland oder in der EU war oft länger als

fünf-sechs Jahren und viele von ihnen hatten eine unbefristete Aufenthalts- oder

Niederlassungserlaubnis. Was allerdings auffällig ist, dass ein Großteil dieser

Migranten in Deutschland in Sozialwohnungen lebte. Charakteristisch für diese

Gruppe von Migranten ist eine vergleichbar gute Integration in die Gesellschaft.

Die deutsche Sprache wird von dieser Gruppe ebenfalls gesprochen. Das

Sprachniveau dieser Migranten kann nach europäischem Referenzrahmen für

Sprachen durchschnittlich mit B1 oder besser bewertet werden. Diese Migranten

hatten enge Kontakte mit armenischen Organisationen und Gemeinden in

Deutschland.

Die oben genannte Charakteristik der Migranten aus Armenien hat sich im

Zeitraum der Durchführung des Projekts RECEA vom 01.12.2012 bis zum

31.08.2014 stark verändert. Die Mehrheit der Rückkehrer waren Migranten mit

einer Aufenthaltsdauer in Deutschland unter eineinhalb Jahren und ohne

Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis für die EU. Diese Migranten

beherrschen die deutsche Sprache praktisch nicht und suchen keinen Kontakt zu

armenischen sozialen Netzwerken. Die Mehrheit von ihnen sind Menschen unter

35 Jahren, oft ohne Familie, oder alleinstehende Mütter mit Kindern. Fast alle

von ihnen wohnen in Wohnheimen für Flüchtlinge und Migranten. Viele von

diesen Migranten sind über Polen oder Frankreich nach Deutschland

ausgewandert und haben Probleme mit den in diesen Ländern gebliebenen

Dokumenten. Ein Teil dieser Migranten gibt sich zunächst als armenische

Flüchtlinge aus Syrien aus, da sie sich davon Vorteile versprechen.

Modul 1.2 Situation in Bulgarien

In Bulgarien stellt sich die Situation anders dar als in Deutschland. Armenien und

Bulgarien verbindet eine lange Migrationsgeschichte. Es gibt eine große

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armenische Minderheit in Bulgarien. Die Angehörigen dieser Minderheit leben

meist in den großen Städten wie Sofia, Plovdiv, Bourgas oder Varna.

Betrachten wir die neu in Bulgarien eingewanderten Armenier, so kamen diese

nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nach Bulgarien. Die meisten flohen

vor dem Krieg und wählten Bulgarien als Zielland, weil es bereits eine große

armenische Minderheit in Bulgarien gab. Außerdem ähnelt die bulgarische

Sprache der russischen und die meisten Armenier beherrschen die russische

Sprache, so dass die Migranten hofften wenig Sprachprobleme zu haben. Eine

andere Hoffnung war es, Bulgarien als Tor zu Westeuropa zu nutzen und

langfristig eine EU-europäische Staatsbürgerschaft zu erhalten und später noch

weiter nach Westeuropa zu migrieren. Heute sind die Armenier meist

Industriearbeiter oder Handwerker. Ein großes Problem für die Armenier in

Bulgarien ist die Konkurrenz aus China, was die Güterproduktion angeht. Güter

aus China sind oft sehr günstig, was gerade für das produzierende Gewerbe ein

großes Problem darstellt, denn die Güter können nicht mehr zu angemessenem

Preis verkauft werden, was zu Gehaltseinbußen führt. Dies wiederum führt dazu,

dass eine nicht geringe Anzahl von Armeniern ihre Lebenshaltungskosten in

Bulgarien nicht mehr erwirtschaften können, was die Situation für diese

Minderheit extrem verschärft. Dennoch entschließen sich viele Familien in

Bulgarien zu bleiben, zumindest so lang, bis die jungen Männer nicht mehr zum

armenischen Militärdienst, der sehr lang dauert und auch viele Gefahren birgt,

eingezogen werden können.

Dennoch beschließen immer wieder Familien doch nach Armenien

zurückzukehren. Die Personen, die im Projekt betreut wurden, haben folgende

Gründe genannt:

1. Der Familienvater wollte zurückkehren um Familienbesitz zu verkaufen um

so den Wehrdienst der Söhne zu finanzieren

2. Eigentum in Armenien, um das sich gekümmert werden muss

3. Keine Arbeit in Bulgarien

4. Kein legaler Aufenthaltstitel in Bulgarien

5. Der Rest der Familie lebt in Armenien

6. Scheidungen

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7. Mentale/psychische Probleme

Selbst nach Abschluss des Projektes wird der Projektpartner noch angerufen,

obwohl keine finanzielle Unterstützung der Rückkehr mehr möglich ist. Die

öffentlichen Einrichtungen, haben keine finanziellen Mittel um potentielle

Rückkehrer zu unterstützen. Nach Schätzungen leben aktuell mehr als 400

Armenier illegal in Bulgarien.

Modul 2: Situation im Rückkehrland

Diesen Teil des Leitfadens, kann man wieder etwas offener gestalten, denn für

eine erfolgreiche Reintegration der Menschen, sollte im Rahmen einer

Rückkehrberatung über folgende Dinge gesprochen werden, die mit der aktuellen

Lage im Rückkehrland verbunden sind:

1. Politische Lage des Landes oder der Region (dies ist wichtig, da ev. eine

Rückkehr in Krisenregionen erfolgt und man zunächst klären muss, ob eine

sichere Rückkehr überhaupt notwendig ist)?

2. Ist eine sichere Einreise möglich?

3. Wenn ja, wie kann diese Anreise erfolgen (Auto, Bahn, Bus, Flugzeug, eine

Kombination aus Flug und Auto, Abholung von Verwandten)?

4. Wie ist die wirtschaftliche Lage im Land?

5. Wie ist die (soziale) Infrastruktur im Land?

Diese Fragen können als grober Leitfaden für die Analyse der Situation im

Rückkehrland dienen, denn diese Fragen müssen zwingend beantwortet werden,

um eine Rückkehr durchführen zu können. Fällt die Analyse sehr negativ aus,

muss sogar von einer Rückreise abgeraten werden, da die Rückkehr potentielle

Gefahren mit sich bringen kann. Aktuelle Beispiele hierfür sind Syrien oder die

Ukraine.

Die Projektmitarbeiter haben recherchiert, dass Folgendes zu beachten ist, wenn

Menschen nach Armenien zurückkehren:

Die wirtschaftliche Situation des Landes ist sehr schlecht, besonders für die

Menschen, die in ländlich geprägte Regionen zurückkehren wollen. Die

wirtschaftliche Existenz der Bevölkerung auf dem Land basiert zum großen Teil

auf Subsistenzwirtschaft, da Löhne und Rente verspätet und unvollständig

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ausbezahlt werden und das Lohniveau mit gestiegenen Lebenshaltungskosten

nicht mithalten kann.

Heute liegt der offizielle Durchschnittslohn eines Landarbeiters, falls er überhaupt

einen Job hat, etwa 50 % unter dem Landesdurchschnitt, so dass trotz

niedrigerer Lebenshaltungskosten auf dem Land viele Familien auf Unterstützung

von Familienmitgliedern, die in Jerewan oder im Ausland (meist in Russland)

arbeiten, angewiesen sind. Auf Grund der wirtschaftlichen Transformation nach

dem Zerfall der Sowjetunion und der damit einhergehenden Verschlechterung

der ökonomischen Lage verstärkte sich der Druck zur Arbeits- und

Armutsmigration.

Modul 3: Maßnahmen und Aktivitäten um die Zielgruppe zu erreichen

(Informationskampagne) Für jedes Rückkehrprojekt ist es notwendig, dass die Zielgruppe im EU-Land, in

dem die Rückkehrer aktuell leben, angesprochen werden. Daher bietet es sich an

zu Projektbeginn eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Hierzu

sollte ein Flyer entstehen, der kurz die wichtigsten Informationen über die

möglichen Hilfestellungen gibt. Sehr wichtig hierbei ist, dass die Flyer in

mehreren Sprachen gedruckt werden. Einerseits in der Sprache des EU-Landes,

damit Behörden und Institutionen (Multiplikatoren) über die Hilfestellungen

informiert, andererseits aber auch in der Muttersprache der Rückkehrer, damit

diese den Inhalt verstehen können, ohne Übersetzungsunterstützung hinzuziehen

zu müssen.

Bespiele für Organisationen, die man über ein solches Projekt informieren kann:

• Träger im Sozialwesen (AWO, Rotes Kreuz, Caritas etc.)

• Behörden (Ausländeramt, Migrationsdienste etc.)

• International Organisation of Migration (IOM)

• Kirchen

• Flüchtlingsverbände

• Migrantenselbstorganisationen

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Diese Aufzählung hat nicht den Anspruch auf Vollzähligkeit, kann aber erste

Anregungen für die Arbeit geben. Im Hinblick auf die Zielgruppe kann man

prüfen, von welcher Organisation man sich am Ehesten Unterstützung erwarten

kann und diese sollte man nicht nur über das Projekt informieren, sondern diese

auch persönlich aufsuchen. Dieses Vorgeben haben alle RECEA-Mitarbeiter vor

Allem zu Beginn des Projektes angewandt und so ein breites Netzwerk aufbauen

können, was für die weitere Rückkehrarbeit zwingend notwendig war.

Außerdem sollte das persönliche Netzwerk sowohl der Mitarbeiter als auch im

späteren Projektverlauf der schon zurückgekehrten Menschen in die Arbeit

einbezogen werden.

Sofern es eine muttersprachliche Zeitung gibt, die von vielen potentiellen

Rückkehrern gelesen wird, kann es auch eine Option sein, in diesen Zeitungen

Anzeigen zu schalten. Bei einem Projekt wie RECEA, das sich vornehmlich an

Armenier wendet, ist dieses Vorgehen nicht unbedingt zu empfehlen, allerdings

wurden auf diese Art und Weise bei Rückkehrprojekten nach Russland große

Erfolge erzielt. Dieses Instrument empfiehlt sich also nur bedingt nach

Rückkehrland.

Modul 4: Beratungen Die eingehende und individuelle Beratung ist zwingend notwendig um eine

Rückkehr passend vorbereiten zu können und die Reintegration vorzubereiten.

Bei der Beratung ist es sehr wichtig auf die individuelle Situation der Rückkehrer

einzugehen. Besprochen werden sollten folgende Dinge:

1. Wie wird die Rückreise erfolgen?

2. Wo werden die Rückkehrer wohnen (eigener Wohnraum, Verwandte,

Wohnraum von Deutschland aus organisieren)?

3. Wie kann eine wirtschaftliche Absicherung erfolgen (Jobsuche,

Existenzgründung)?

4. Wenn nötig, wo können die Kinder Schuler oder Kindergarten besuchen?

5. Falls notwendig ist die medizinische Versorgung gewährleistet?

Dies sind die wichtigsten Punkte, die vor der Rückkehr abgeklärt werden sollten.

Im Folgenden erläutern wir kurz wie die Beratung im RECEA-Projekt (hier

Rückkehr von Deutschland nach Armenien).

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Die Praxis zeigt, dass bei einem Großteil der Beratungssuchenden nur wenig Zeit

zwischen dem ersten Beratungstermin und der Rückkehr verging. In diesen

Fällen betrug die Zeit zwischen dem ersten Beratungstermin und der Rückkehr

nur ungefähr einen Monat. In anderen Fällen dauert die Begleitung der

beratungssuchenden einige Monate. Man kann deswegen die Rückkehrer in zwei

Gruppen teilen.

Gruppe 1: In der ersten Gruppe sind die Personen, die in einem kurzen Zeitraum

nach der Einreichung der Bewerbung, das heißt ca. im Laufe eines Monats, nach

Armenien ausgereist sind. Die Mitglieder dieser Gruppe sind allerdings meist

bereits entschlossen die Rückkehr durchführen zu wollen und suchen daher ganz

gezielt Unterstützung in der Organisation der Rückreise und für die

Reintegration. Die Mitglieder dieser Gruppe wurden oft über Beratungsstellen

über das Projekt informiert.

Gruppe 2: In der zweiten Gruppe sind Beratungssuchende, die zwei und mehr

Monate in der Beratung sind. In der zweiten Gruppe sind vor allem Personen, die

an eine Rückkehr denken, aber noch keine endgültige Entscheidung getroffen

haben, oder Personen deren Ausreise von indirekten Gründen, wie zum Beispiel

Gesundheitszustand, abhängig ist. Die Vertreter dieser Gruppe erfuhren vom

Projekt meistens durch armenische Organisationen und private Netzwerke.

Allgemein:

Was die Intensität und die Anzahl der durchgeführten Beratungen betrifft, so gibt

es keine direkte Abhängigkeit vom Zeitraum zwischen dem ersten

Beratungstermin und dem Reisetermin, denn diese Parameter sind stark von den

Schwierigkeiten jedes Einzelfalles abhängig und in einigen Fällen muss man die

Rückkehrer noch lange Zeit nach der Rückkehr begleiten und beraten.

Zu Veranschaulichung hier ein Beispiel:

Frau S. mit zwei minderjährigen Kindern wandte sich am 04.07.2013 an das

Projekt durch die Migrationsberatungsstelle der Caritas Chemnitz mit der Bitte

ihre Ausreise möglichst schnell zu organisieren, damit die Kindern von Beginn

des neuen Schuljahres in Armenien die Schule besuchen könnten. Diese Bitte

berücksichtigend konnten die RECEA Mitarbeiter mit den Kollegen der Caritas

Chemnitz und Oberlausitz die Familie bereits am 07.08.2013 nach Armenien

schicken. Alle Dokumente außer den Pässen, so wie Diplom, Heiratsurkunde,

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Führerschein, Geburtsurkunde der Kinder wurden aber aus technischen Gründen

an Frau S. vor ihrer Ausreise von der Ausländerbehörde nicht ausgegeben. In

Folge dessen wurde eine intensive Arbeit mit vielen Beratungsgesprächen mit

allen Akteuren noch mehr als drei Monaten nach der Ausreise von Frau S.

weitergeführt, bis die Mitarbeiter des Projekts ihre Dokumente bekommen und

am 21.11.2013 nach Armenien geschickt haben.

Modul 5: Beschaffung von Rückkehrdokumenten Um aus einem EU-Land in das Rückkehrland einreisen zu können, werden gültige

Reisedokumente z.B. Pässe benötigt. Nicht alle Rückkehrer verfügen über diese

Dokumente und daher müssen diese vor der Rückreise in Kooperation mit den

Rückkehrberatern besorgt werden.

Wir betrachten nun wieder die Situation vor der Ausreise von Deutschland nach

Armenien im Rahmen des RECEA-Projektes. Allerdings kann man die hier

beschriebene Situation meist auf andere Länder übertragen.

Bei der Ausfertigung der Dokumente der Rückkehrer für die Ausreise ist das

häufigste Problem das Fehlen oder die abgelaufene Geltungsdauer des Passes.

Die Beschaffung des Ersatzpasses oder die Verlängerung eines abgelaufenen

Passes benötigt einen Antrag an das armenische Konsulat. Das ganze Verfahren

dauert ab dem offiziellen Antrag bis zum Erhalt des benötigten Reisedokuments

oft fünf bis sechs Monate und ist mit finanziellen Aufwendungen verbunden. Die

Ausländerbehörde in Deutschland bietet den freiwilligen Rückkehrern an diese

Fragen selbst zu lösen, wenn die Ausländerbehörde diese Prozedur übernimmt,

werden die Rückkehrer gewarnt, dass in diesem Fall eine Abschiebung drohen

kann. Bezüglich der Beschaffung von Rückkehrdokumenten wurden Angaben von

16 Rückkehrern gemacht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass hinsichtlich der

Beschaffung von Rückkehrdokumenten fast immer mit staatlichen Organisationen

zusammengearbeitet werden muss.

Modul 6: Rückkehr und Reintegration

Zum Bereich der Rückkehr und der Reintegration gehören verschiedene Schritte.

Zunächst muss nach der Organisation der Rückreise diese angetreten werden.

Dann gibt es verschiedene Instrumente, die eine Reintegration nachhaltig positiv

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beeinflussen können. Im RECEA-Projekt haben wir verschieden

Reintegrationshilfen angeboten, die wir für angemessen und erfolgversprechend

hielten und deren Einsatz wie auch anderen Institutionen, die sich im Bereich der

Reintegration im Heimatland engagieren, empfehlen können.

Eine wichtige Unterstützung kann in vielen Fällen die Begleitung zum Flughafen

sein. Der Tag der Abreise aus Deutschland nach Armenien ist für den Rückkehrer

ein der stressigsten Tage. Oft hat der Remigrant vor allen Formalitäten im

Flughafen noch eine mehrstündige Reise von seinem Wohnort aus hinter sich.

Außerdem beherrschen viele Rückkehrer die deutsche Sprache nicht, orientieren

sich schlecht in so einem riesigen Flughafen wie in Frankfurt am Main und haben

Ängste sich zu verspäten oder die Passkontrolle nicht zu schaffen. Deswegen

organisierte das Büro Heimatgarten Frankfurt die Begleitung für die Remigranten

am Tag des Abflugs. Eine solche Begleitung wirkte sich stresslindernd auf die

Rückkehrer aus. Dies galt besonders für alte und kranke Menschen, oder um

Rückkehrer mit minderjährigen Kindern.

Alle Rückkehrer, die diese Hilfe nutzen konnten waren dem Projekt für eine

solche Unterstützung sehr dankbar. Die Projektmitarbeiter empfehlen aus der

Erfahrung heraus, dass eine solche Begleitung in zukünftigen Projekten ebenfalls

durchgeführt werden sollte.

Die Remigranten auf den Fotos haben diese Unterstützung gerne in Anspruch

genommen.

Modul 6.1. Starthilfe

Die Starthilfe besteht aus zweierlei Elementen. Einerseits ist die Starthilfe ein

rein monetäre Unterstützung, die den Rückkehrern nach der Rückkehr zur

Verfügung gestellt wird, um in den ersten Tagen und Wochen nach der Rückkehr

Familie S.

Familie S.

Herr P. Frau H.

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nicht mittellos dazu stehen und erste wichtige Ausgaben für z.B. Wohnraum und

Lebensmittel bestreiten zu können auch wenn nicht sofort nach der Rückkehr

eine bezahlte Arbeitsstelle angetreten werden kann. Die Starthilfe hat aber noch

ein weiteres Element. Die Projektmitarbeiter besuchen innerhalb der ersten zwei

Wochen nach Ankunft der Rückkehrer, diese in ihrer Unterkunft um sich ein Bild

von der Situation zu machen, zu unterstützen und auch um das Geld

auszuzahlen. In einigen Fällen empfiehlt es sich die monetäre Starthilfe in Raten

auszuzahlen. Die Auszahlung sollte zwischen Rückkehrer, Rückkehrmanager aus

dem Herkunftsland und Reintegrationsmanager im Heimatland abgestimmt

werden.

Im Projekt RECEA wurde von Fall zu Fall entschieden, wie hoch die Starthilfe

ausfällt. Dieses Vorgehen können wir vorbehaltlos weiterempfehlen. Es wurde

eine Höchstgrenze festgesetzt und unterhalb dieser Grenze wurden die Hilfen

nach Ermessen der Rückkehr- und Reintegrationsmanager ausbezahlt. Zu

berücksichtigen sind bei der Festlegung der Höhe die örtlichen

Lebenshaltungskosten, die Personenanzahl (bei Familien), die gesundheitliche

Verfassung der Rückkehrer (ev. wird Geld für Medikamente benötigt) sowie die

Arbeits- und Wohnsituation der Rückkehrer. Die Starthilfe hat sich schnelle Hilfe

für die Überbrückung der ersten Wochen, in der man noch „ankommen“ muss

bewährt. Allerdings ist hier Fingerspitzengefühl gefragt, damit die Rückkehrer in

den Augen der „Heimgeblieben“ nicht übervorteilt werden und so beneidet

werden, was die Integration in die örtliche soziale Struktur behindern kann. Man

sollte die Starthilfe so kalkulieren, dass diese Starthilfe für ein bescheidenes

Leben in den ersten drei Monaten nach der Rückkehr sowie für die Ausstellung

fehlender Papiere und für die Rückerstattung von Schulden ausreicht.

Nach Aussagen der Projektmitarbeiter kehren die meisten Rückkehrer nicht mit

einem kleinen Vermögen, das die Existenz im Rückkehrland sichert, wieder in die

Heimat zurück, sondern sie verfügen bei der Rückkehr über sehr begrenzte oder

gar keine finanziellen Mittel.

Allerdings ist ein sehr wichtiger Baustein einer gelungenen Reintegration im

Heimatland die langfristige Existenzsicherung. Es empfiehlt sich daher schon vor

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der Rückkehr genau zu planen, wie zukünftig das Familieneinkommen

sichergestellt werden kann.

Eine Möglichkeit dieses Problem zu lösen sind Existenzgründungen. Hier geht es

nicht darum große Unternehmen aufzubauen, sondern darum, wie man es als

Rückkehrer schaffen kann, mit einem kleinen Zuschuss, die Existenz der Familie

zu sichern. Im Rahmen der langjährigen Rückkehrarbeit haben sich die

Existenzgründungszuschüsse als sehr nachhaltiges Mittel einer erfolgreichen

Reintegration herausgestellt.

Damit allerdings die Existenzgründung im Rückkehrland gezielt erfolgt, wird das

Thema bereits vor der Rückkehr angesprochen. Im Rahmen der Rückkehrarbeit

wurde ein Fragebogen entwickelt, der die Grundlage für einen Businessplan

bietet. Dieser Businessplan wird zusammen mit dem Rückkehrmanager

besprochen und es werden mögliche Fragen geklärt oder

Verbesserungsvorschläge gemacht. Die Idee welche Art von Unternehmen

gegründet werden soll, bleibt den Rückkehrern selbst überlassen.

Sofern das Projektteam den Businessplan und die Idee positiv gewertet, wird ein

Existenzgründungszuschuss gewährt. Dieser Zuschuss muss nicht zurückgezahlt

werden, denn er dient als Hilfe um das Geschäft aufzubauen. In den meisten

Fällen sind die Summen, die benötigt werden, nicht hoch. Die Kosten der

Unternehmensgründung in Deutschland und den Rückkehrländern sind nicht

vergleichbar. Während in Deutschland meist ein Beitrag von minimal mehreren

10.000 Euro gebraucht wird, reichen im Rückkehrland meist Beträge von ca.

2.000 Euro aus um die notwendigen Grundlagen für eine Existenzgründung zu

schaffen.

Das Ziel der Unterstützung der Existenzgründung ist es, dass die Rückkehrer sich

langfristig eine wirtschaftliche Existenz aufbauen können. Hierzu sind

Existenzgründungszuschüsse eine sehr viel nachhaltigere Maßnahme als nur das

Auszahlen von Geldbeträgen als Rückkehrhilfe.

Die Geldbeträge sind nach einer gewissen Zeit ausgegeben und die

Rückkehrfamilie steht ev. ohne weiteres Einkommen da. Daher werden

Existenzgründungen gefördert, sofern die Idee passend, umsetzbar und

erfolgversprechend scheint.

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Einige Rückkehrer waren an einer Existenzgründung interessiert und ließen sich

dementsprechend beraten. Nach der Analyse der eingereichten Businesspläne

und durchgeführten Gespräche mit den potentiellen Unternehmern wurden die

meisten Geschäftsideen befürwortet und daher ein Zuschuss bewilligt.

Entscheidend für die Zustimmung und Mittelvergabe waren das Vorhandensein

entsprechender fachlicher Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten bei jedem

Antragsteller sowie die Motivation und das Durchhaltevermögen. Darüber hinaus

wurden ebenfalls die Aktualität der Idee, die Möglichkeiten der erfolgreichen

Umsetzung, realistische Kostenaufstellung sowie Entwicklungs- und

Wachstumsperspektiven des Unternehmens geprüft.

Die Existenzgründer haben bis zu 3000,- Euro je nach Bedarf und Umfang des

Geschäftes erhalten. Die Summe ist so berechnet worden, dass Gebühren für die

Anmeldung als Privatunternehmer, notwendige Anschaffungen für den Start

sowie laufende Fixkosten gedeckt werden könnten bis die ersten Einnahmen

kommen.

Mehr als 40% der Rückkehrer wohnen auf dem Lande und sind mit

landwirtschaftlicher Arbeit vertraut. Die meisten Geschäftsideen stammen

deswegen aus dem primären Sektor und beinhalten Viehzucht und den Verkauf

von Lebensmitteln tierischer Erzeugung: Milchprodukte, Eier, Speck, Fleisch.

Hinzu gehört ebenso der Imkereibetrieb. Die Grundstückinhaber bzw. -pächter

betreiben Getreide- oder Gemüseanbau. Der in der Stadt wohnende männliche

Teil der Rückkehrer äußert hauptsächlich den Wunsch ein eigenes, mit Autos

verbundenes Unternehmen zu eröffnen: Taxileistungen, Autowerkstatt,

Autowäsche. Die weibliche Bevölkerung beschäftigt sich eher in der

Dienstleistungsbranche beispielsweise als Friseurinnen oder Kosmetikerinnen.

Unten sind einige Beispiele der Existenzgründungen dargestellt. Der Inhalt der

Tabelle ist auf Basis der Interviews mit den Unternehmern im ersten Halbjahr

2014 entstanden.

Tabelle 2: Existenzgründungen

Begünstigter/

Geschäftsidee

Förderungssatz/

Förderungsobjekt

Vorteile Foto

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Herr O./

Taxi Leistungen

2000,- Euro

Anschaffung des

Autos

Professioneller

Autofahrer

Familie K. /

Fleischgeschäft,

Milchproduktion

2000,- Euro

Anschaffung von

1 Sau, 2 Kühe,

Saatgut und

Einpflanzen von

Futterpflanzen

- 35 – jährige Erfahrung

in Viehzucht

- Schweinestall und

Viehstall sind

vorhanden

- Kooperation mit Sohn

und Schwiegertochter

= Kostenersparnisse

Frau S./

Getreidekulturen

2000,- Euro

Anschaffung:

Saatkorn, Pflügen,

Aussaat

- Arbeitserfahrung in

Agrikultur

- hohe Motivation und

Engagement

- Kooperation mit

Bruder und Mutter

= Kostenteilung

Herr M./

Autowäsche

2000,- Euro

Anschaffung:

Werkzeug,

Räumlichkeit für

die Werkstatt

- Arbeitserfahrung

= Kostenteilung

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Modul 6.3 Psychologische Beratung

Viele der Menschen, die eine lange Migrationsgeschichte haben, haben sehr viel

erlebt. Oft haben sie auch traumatische Erlebnisse machen müssen, die (noch)

nicht verarbeitet sind. Daher können wir als ein Instrument der Reintegration das

Angebot der psychologischen Beratung empfehlen. Oft ist diese Unterstützung

notwendig um eine Reintegration erfolgreich meistern zu können.

Etwa 25% der im Rahmen des Projekts RECEA nach Armenien zurückgekehrten

Remigranten haben psychologische Hilfe benötigt. Unter den Rückkehrern gab es

Kranke, die unter Depressionen, Alkoholismus erhöhter Aggressivität litten,

unterschiedliche psychische Störungen hatten, auch eine Kranke im letzten

Krebsstadium, die auch ständige psychologische Unterstützung brauchte. Von

daher war die Entscheidung das Element der psychologischen Beratung in das

Projekt aufzunehmen richtig. Die in Jerewan wohnenden Patienten hat die

Psychologin zu Hause besucht oder mit ihnen in dem Office der Organisation

"Hope & Help" gearbeitet. Mit der in Aparan wohnenden krebskranken Frau H.

hat die Psychologin telefonisch gearbeitet. Alle, die eine psychologische Hilfe im

Rahmen des Projekts RECEA bekommen haben, haben während des Besuchs

Interviews gegeben und bemerkt, dass diese Hilfe seitens des Projekts äußerst

notwendig war und ihnen beim Reintegrationsprozess in Armenien sehr geholfen

hat.

Modul 6.4 Sonstige Formen der Unterstützung

Im Rahmen des RECEA-Projektes haben wir verschiedene weitere Hilfen

angeboten, die wir sofern diese finanzierbar sind, anbieten sollte. Das

„Kernstück“ des Projektes war das Integrationszentrum in Jeriwan. Dieses

Zentrum hat verschiedene Dienstleistungen gebündelt und außerdem hatte es

Frau H.

Krebs

Herr M.

Alkoholismus und Depression

Herr F.

Psychische Störungen

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Gefördert durch den

Europäischen Rückkehrfonds

die Funktion eines „Treffpunktes zur Reintegration“, was wir vorbehaltlos

anderen Organisationen empfehlen können.

Im Zentrum wurden verschiedene Dienstleistungen für Rückkehrer gebündelt:

psychologische Hilfe

Sozialisation (durch die Sozialberatung)

Entwicklung der nationalen Identität

Entwicklung der Toleranz

Sprachkurse

Kulturprogramm, Kennenlernen der nationalen Kultur, Geschichte,

Literatur, historischer Denkmäler und Gedenkstätten

Besonderen Wert wird auf die Beherrschung der armenischen Sprache als

Muttersprache gelegt, auf die Entwicklung des sprachkommunikativen Könnens.

Die Beherrschung der armenischen Sprache als Muttersprache ist entscheidend

für die Integration der Kinder. Beim Armenischunterricht nimmt Landeskunde

eine große Rolle ein. Vermittelt wird sie über DVD-s, Computer, Radiosendungen,

Such- und Informationstexte, Fotos, Prospekte. Das Ziel ist die Rückkehrer in der

Aneignung ihrer neuen Lebens- und Lernwelt zu unterstützen.

Landeskunde ist immer sprachbezogen. Im Unterricht bietet sich oft die

Möglichkeit, verschiedene Fakten, Erscheinungen Sitten und Bräuche zweier/

dreier Länder (z.B. Armenien und Deutschland, Armenien, Russland und

Deutschland) zu vergleichen, zu bedenken, was für Lerner sehr spannend ist.

Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, einen vVrgleich durch Fragen

anzustellen: Wie ist das in unserer Heimat? Wie ist das in (in einem konkreten

Land)? Wie ist das in anderen Ländern?

Von großer Bedeutung für die Sozialisation ist kulturelles Hintergrundwissen,

aber auch die Alltagskultur, alles was kulturell geprägt ist. Bekanntlich kann das

Fehlen der Alltagskulturkompetenz zu Missverständnissen, sogar zum

Kommunikationsabbruch führen.

Die Aneignung der Alltagskultur findet meist durch spezielle Redemittel in

Modelldialogen statt.

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Dabei erscheinen solche Fragen

“Wie alt sind Sie?”

“Sind sie verheiratet?” oder “Wie viel verdienen sie?” unpassend in manchen

Situationen.

Natürlich ist die interkulturelle Kommunikation und interkulturelle Kompetenz

nicht nur, mit interkulturellen Missverständnissen umzugehen (DaF Unterrichten.

Basis wissen Didaktik. Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Ernst Klett Verlag,

Stuttgart, 2013, S. 100-102).

Interkulturelle Kompetenz ist mehr als den Menschen.

In der Arbeitszeit haben das Zentrum mehr als 40 Kinder und junge Menschen

aus Rückkehrfamilien besucht. Das Zentrum besuchende Kinder kamen zurück

nach Armenien aus Deutschland, Belgien, Bulgarien, Polen, Niederlande,

Dänemark, Russland und Ukraine. Je nach Sprachkenntnissen wurden die Kinder

in Gruppen für Anfänger oder für Fortgeschrittene eingeteilt. Die Kinder

erhielten deutschen, russischen, und armenischen Sprachunterricht. Es gab den

Gruppenunterricht zweimal pro Woche. Mit einigen Kindern hat individuell ein

Psychologe gearbeitet.

Kulturveranstaltungen und Ausflüge fanden am Wochenenden und Feiertagen

statt. Während der Interviews, die für die Evaluation des Projekts mit den

Kindern und ihren Eltern durchgeführt wurden, haben alle eine unschätzbare

Hilfe seitens des Zentrums für die Integration in die armenische Gesellschaft der

zurückgekehrten Kinder betont. Als Ergebnisse der Arbeit kann man zwei

Beispiele bringen:

Der Junge H., 12 Jahre alt, ist in Bulgarien geboren und bei dem Umzug nach

Armenien konnte er auf Armenisch weder schreiben, noch lesen oder sprechen.

Er konnte sich mit anderen Kindern nicht unterhalten und hatte keine Freunde.

Nach einigen Monaten des Unterrichts im Zentrum hat er angefangen armenisch

zu sprechen, mittlerweile kann er schon lesen und schreiben und hat Freunde

gefunden.

Das Mädchen O. aus der neunten Klasse hat nach einem Jahr des

Deutschunterrichts im Zentrum die Staatsolympiade für deutsche Sprache

gewonnen.

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Kurzberichte über Rückkehrer Aus diesen Berichten soll deutlich werden, wie unterschiedlich die einzelnen

Rückkehrer und ihre Bedarfe sind. Alle diese Personen sind von Mitarbeitern des

Projektes RECEA betreut worden.

1. Frau S. und ihre zwei Töchter sind im August 2013 von Deutschland aus

nach Armenien zurückgekehrt. Sie lebt in Sardarapat (70km von der

Hauptstadt entfernt). Das Dorf verfügt über alle notwendige Infrastruktur.

Sie lebt bei ihren Eltern in einem Haus mit zwei Stockwerken mit

insgesamt sechs Zimmern. Nach der Rückkehr hatte sie zunächst

psychische und physische Probleme. Wahrscheinlich als Konsequenz aus

ihrem Aufenthalt in einem Wohnheim für Migranten. Dennoch hat sich ihre

Situation verbessert. Sie hat eine kleine landwirtschaftliche Unternehmung

aufgebaut und arbeitet als Sozialpädagogin in Sardarapat. Leider war das

Wetter nicht so gut wie erwartet, so dass sie den erwarteten Gewinn von

2000 Euro leider nicht erwirtschaften konnte.

Sie leidet weiterhin unter gesundheitlichen Einschränkungen wegen

Osteoporose, einem Herzfehler und weiteren Erkrankungen, aber sie ist

sich dessen bewusst und in ärztlicher Behandlung.

2. Herr D. reiste aus Bulgarien nach Armenien. Seine Reise fand am

11.10.2013 statt. Er lebt bei seiner Mutter und seiner Großmutter in

Jerewan. Die Wohnung befindet sich mitten in der Stadt. Die Infrastruktur

in der Hauptstadt ist sehr gut. Nach seiner Rückkehr hat er die

Unterstützung der Projektpsychologin in Anspruch genommen, da er unter

einer Angststörung litt. Er bekommt unter psychologischer Aufsicht eine

passende Medikation. Er hat sogar eine Arbeit finden können und zwar bei

einem Sicherheitsdienst. Da er sich aber beruflich verbessern möchte, hat

er die Projektunterstützung zur Absolvierung eines PC-Kurses genutzt. Bei

Projektende im August 2014 ging Herr F. noch zu seinem PC-Kurs.

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3. Frau G., die im August 2013 nach Armenien zurückgekehrt ist, lebt mit

ihrem Sohn und ihrer Tochter in Jerewan im großen Haus der Eltern. Nach

ihrer Rückkehr hatte sie zunächst psychische und physische Probleme.

Allerdings konnte sie soweit stabilisiert werden, dass sie eine Fortbildung

im Bereich des Haarstylens erfolgreich absolviert hat und nun bietet sie

Haarstyling im Haus ihrer Kunden an.

4. Herr O. kehrte im Januar 2014 nach Armenien zurück. Er hat zwei Söhne

und eine Ehefrau. Seine Familie blieb zunächst in Bulgarien, so dass er

seine Rückkehr allein angetreten hat. Nach seiner Rückkehr hat er eine

Wohnung gemietet und mit der Projektunterstützung ein Auto erworben.

Er hat sofort seinen Führerschein erneuert und arbeitet als Taxifahrer und

bietet einen Lebensmittellieferdienst an. Er ist auf der Suche nach einer

größeren Wohnung um so die Voraussetzungen für eine Rückkehr seiner

Familie zu schaffen.

Die Rückkehrberater könnten noch über viele weitere Rückkehrer und ihre

Schicksale und Geschichten berichten. Diese vier Fälle haben wir ausgewählt,

weil sie sehr verschieden sind und so die Vielfältigkeit der Rückkehr- und

Reintegrationsarbeit aufzeigen.

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Zusammenfassung und Ausblick

Dieser Leitfaden erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wartet darauf in

folgenden Projekten weiter entwickelt zu werden. In den Leitfaden sind allerdings

die Erfahrungen von Mitarbeitern eingeflossen, die über mehrere Jahre Menschen

bei ihrer Rückkehr und Reintegration in verschiedene Länder begleitet haben.

Das wichtigste für die Reintegration ist, dass Ansprechpartner im Rückkehrland

auch nach der Rückkehr zur Verfügung stehen und helfen, die dort

auftauchenden Problemen, die oft unerwartet auftreten lösen helfen.

Weiterhin wichtig sind die soziale, kulturelle und wirtschaftliche Integration der

Menschen. Daher kann das RECEA-Projekt, das alle diese Komponenten

berücksichtigt hat, als Pilotprojekt gesehen werden. Die in diesem Leitfaden

beschriebenen Module lassen sich nach jeweiliger Anpassung auf das EU- und

das Zielland übertragen und anwenden.

Dennoch sollte man eines bei der ganzen Arbeit mit Rückkehrern im Auge

behalten: Alle diese Menschen haben ihre ganz eigene Migrationsgeschichte, die

sie zu erzählen haben und mit der sie umgehen müssen. Wir können daher hier

nur Empfehlungen aussprechen und einen groben Leitfaden erstellen, denn keine

Rückkehrgeschichte ist wie die Andere und so muss jeder Mensch für sich mit

seiner Geschichte betrachtet und dementsprechend unterstützt werden.