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Berechnung des Ausdehnungskoeffizienten der Gase auf Grund meiner Theorie’ von der Valenz. Von JOACHIM SPERBER. Nach dem GAY -LussAC’schen Gesetze dehnen sich , mutatis mutandis, alle Gase und Dampfe fur die gleiche TemperaturerhBhung um gleichviel aus und zwar fur 1 O C. um 0.00366 ihres ursprung- lichen Volumens bei 0’. Bei Gasen von gleicher relativer Warme kann man stets von solchem Volumen ausgehen, bei welchem lo zugleich eine Kalorie ist. Die relative Warme von Luft, Wasserstoff, Sauerstoff, Stick- stoff ist nahezu dieselbe, fur 1 cbm im Mittel 0.30726; die relativen Warmen von Chlor und Bromdampf sind unter sich nahezu gleich, fur 1 cbm im Mittel 0.38812. Daraus ergiebt sich, dals bei ersteren Gasen fur das Volumen von 3.254 cbm, bei letzteren fur das Volumen von 2.576 chm lo zugleich eine Kalorie ist. Alsdann ist, nach dem GAY-Lussac’schen Gesetze, die busdeh- nung pro Kalorie bei Gasen von gleicher relativer Warme, z. B. Chlor und Rromdampf, dieselbe und zwar 0.00366 des gleichen Volumens - hier 2.576 cbm - bei O0, bei Gasen von verschie- dener relativer Warme, z. B. Chlor und Sauerstoff, fur das gleiche ursprungliche Volumen der relativen Warme umgekehrt proportional ; eine Relation, die ohne weiteres aus dem GAY-LussAc’schen Ge- setze und der relativen Warme folgt. 1st unser Vergleich2 der Ausdehnung der Amplituden der Atome bei der Dissoziation mit der Ausdehnung der Gase richtig, so mufs die gleiche Beziehung auch bei der Dissoziation stattfinden. Das Parallelogrrcmrn der Krafte als Grundlage des periodiselLen System)s hz der Chemie (Ziirich 1896, Verlag von E. SPEIDEL, Akadern.-Polytechnische Buchhandlung). - Diese Zeitschr. 14, 164. Ebendaselbst.

Berechnung des Ausdehnungskoëffizienten der Gase auf Grund meiner Theorie von der Valenz

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Page 1: Berechnung des Ausdehnungskoëffizienten der Gase auf Grund meiner Theorie von der Valenz

Berechnung des Ausdehnungskoeffizienten der Gase auf Grund meiner Theorie’ von der Valenz.

Von

JOACHIM SPERBER.

Nach dem GAY -LussAC’schen Gesetze dehnen sich , mutatis mutandis, alle Gase und Dampfe fur die gleiche TemperaturerhBhung um gleichviel aus und zwar fur 1 O C. um 0.00366 ihres ursprung- lichen Volumens bei 0’.

Bei Gasen von gleicher relativer Warme kann man stets von solchem Volumen ausgehen, bei welchem lo zugleich eine Kalorie ist.

Die relative Warme von Luft, Wasserstoff, Sauerstoff, Stick- stoff ist nahezu dieselbe, fur 1 cbm im Mittel 0.30726; die relativen Warmen von Chlor und Bromdampf sind unter sich nahezu gleich, fur 1 cbm im Mittel 0.38812.

Daraus ergiebt sich, dals bei ersteren Gasen fur das Volumen von 3.254 cbm, bei letzteren fur das Volumen von 2.576 chm lo zugleich eine Kalorie ist.

Alsdann ist, nach dem GAY-Lussac’schen Gesetze, die busdeh- nung pro Kalorie bei Gasen von gleicher relativer Warme, z. B. Chlor und Rromdampf, dieselbe und zwar 0.00366 des gleichen Volumens - hier 2.576 cbm - bei O 0 , bei Gasen von verschie- dener relativer Warme, z. B. Chlor und Sauerstoff, fur das gleiche ursprungliche Volumen der relativen Warme umgekehrt proportional ; eine Relation, die ohne weiteres aus dem GAY-LussAc’schen Ge- setze und der relativen Warme folgt.

1st unser Vergleich2 der Ausdehnung der Amplituden der Atome bei der Dissoziation mit der Ausdehnung der Gase richtig, so mufs die gleiche Beziehung auch bei der Dissoziation stattfinden.

Das Parallelogrrcmrn der Krafte als Grundlage des periodiselLen System)s h z der Chemie (Ziirich 1896, Verlag von E. SPEIDEL, Akadern.-Polytechnische Buchhandlung). - Diese Zeitschr. 14, 164.

Ebendaselbst.

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Nach der ersten (I) der von mir aufgestellten thermochemischen Proportionen' ist:

w1 : w2 = (al - sql) : (az - s v*) a, : a2

- - c, : cz, - -

worin wl, w2 die Dissoziationswarmen, a,, az die Atomgewichte, svl, sq2 die Amplituden bei den Aiquivalentwinkeln yl, y 2 , unter denen die Atome Verbindungen eingehen, al--sql, a2--spa die Aus- dehnungen der Amplituden bei der Dissoziation, el, c2 die spezifi- schen Warmen zweier Elemente bedeuten.

Setzt man in dieser Proportion die Produkte der aulseren und inneren Glieder einander gleich, so erhalt man:

oder

fur

d. h. die Ausdehnung der Amplituden der Atome bei der Disso- ziation pro Kalorie der Dissoziationswarme muls bei Elementen mit gleicher relativer Warme :

alel = a2cZ

konstant, bei Elementen mit verschiedener relativer Warme letzterer indirekt proport,ional sein.

Wir wollen diese Ausdehnung bei denjenigen Elementen be- rechnen, deren Dissoziations- und Verbindungswarmen wir berechnet haben.

I. Fluor.

Bei der chemischen Dissoziation des Fluors wird die Amplitude der Fluoratome um 0.0266 ausgedehnt , wozu eine Dissoziations- warme von 87.33 Kalorien pro Grammatom notig ist. Daraus er- giebt sich die Ausdehnung (e) pro Kalorie:

0.0266 e = - 87.3 '

log e= 0.49387-4, e=0.000304(7).

Das Parallelogramm der Rrafte etc., S. 17. - Diese Zeitschr. 14, 164. Ebendaselbst S. 23. Ebendaselbst S. 24.

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11. Chlor.

Bei der chemischen Dissoziation des Chlors wird die Amplitude der Chloratome um 0.0134 ausgedehnt wozu eine Dissoziations- warme von 44 Kalorien2 pro Grammatom notig ist. Daraus ergiebt sich die Ausdehnung (e ) pro Kalorie:

0.0134 e = ~- 44 ’

log e =0.46365-4 e = 0.000304(5).

111. Brom.

Bei der chemischen Dissoziation des Broms wird die Amplitude der Bromatome um 0.005 ausgedehnt, wozu eine Dissoziations- warme von 16.4 Kalorien4 pro Grammatom niitig ist. Daraus er- giebt sich die Ausdehnung (e) pro Kalorie:

0.005 e = - - 16.4 ’

loge =0.48413-4 e = 0.000304(8).

IV. Saueratoff.

Bei der chemischen Dissoziation des Sauerstoffes wird die Am- plitude der Sauerstoffatome um 0.063 ausgedehnt, wozu eine Disso- ziationswarme von 83.9 Kalorien6 auf ein Aquivalent, oder 167.8 Ka- lorien auf ein Grammatom notig ist. Daraus ergiebt sich die Aus- dehnung (e) pro Ka.lorie:

0.063 e = - - 167.8’

log e = 0.57455-4 e L0.000375(4).

Die Ausdehnungen des Sauerstoffes und Chlors miissen sich, wie im vorhergehenden ausgefiihrt wurde umgekehrt wie die rela- tiven Warmen dieser Elemente verhalten oder was aufs gleiche herauskommt, die Ausdehnung des Sauerstoffes muls mit dem Ver-

’ Bas Purallelogrumwi der Krafte etc., S. 20. Ebendaselbst S. 19. - Diese Zeitsehr. 14, 164. Ebendaselbst S. 20. ’ Ebendaselbst S. 20.

Ebeudaselbst S. 29. Ebendaselbst S. 30. - Diese Zeitsehr. 14, 164.

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haltnisse zwischen der relativen Warme des Sauerstoffes : 0.3 1095 und derjenigen des Chlors : 0.38324 multipliziert die Ausdehnung des Chlors, somit auch die des Broms und Fluors ergeben:

0.0003754 * 0.31095 e =

0.38324 ’ loge =0.48371-4

e = O 000304(6)

Die Ausdehnungen der Amplituden der Atome dieser verschie- denen Elemente pra Kalorie fallen bis mit der sechsten Dezimale zusammen und betragen im Mittel 0.000304(6). Man kijnnte diese Zahl passend den linearen atomistischen Ausdehnungskoeffizienten nennen.

Aus dem atomistischen linearen AusdehnungskoKffizienten lafst sich der bekannte Ausdehnungskoeffizient der Gase, wie folgt, be- rechnen.

Nach den vorhergehenden Berechnungen betragt die Ausdeh- nung der Amplitude bei einem Atome im Mittel 0.0003046, bei den zwei Atomen eines zweiatomigen Molekiils 2-0.0003046 =

0.0006092, Diese Ausdehnung ist eine schwingende, die, in eine fortschreitende , wie es die durch den Ausdehnungskoeffizienten ge- messene Ausdehnung der Gase ist, verwandelt, doppelt so grofs sein mufs: 2-2.0.0003046 = 2.0.0006092 =0.0012184. - Denn verwandeln wir z. B. die hin- und hergehende Bewegung eines kalorisch ge- triebenen Kolbens direkt, ohne Transmission, in eine fortschreitende von gleicher Art, so wird der Weg in fortschreitendem Sinne auf jede volle Schwingung und Kalorie doppelt so grofs. - Da ferner die Ausdehnung der Gase eine kubische, die Ausdehnung der Am- plituden der Atome eine lineare ist, so mufs endlich jene noch drei- ma1 so grols sein als diese:

pro Kalorie. Wir haben aber gezeigt, dafs man bei Gasen von gleicher relativer WBrme stets von einem Volumen ausgehen kann, bei dem die Warmeeinheit zugleich die Temperatureinheit ist; be- trachtet man dies Volumen als Volumeneinheit, was ja frei steht, so fallen Ausdehnung pro Kalorie oder Grad und Ausdehnungs- kogffizient zusammen, so dafs nach unserer Entwickelung der eigent- liche kubische Ausdehnungskoeffizient der Gase 3.2-2 = 12mal so grok als der lineare a,tomistische Ausdehnungskoeffizient sein sol1 und es in Wirklichkeit ist:

3.2.2.0.0003046 = 3.0.0012184 = 0.00365

3~2~2~0.0003046=12~0.0003046=0.00365.

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Direkte Bestimmungen haben bekanntlich 0.00366 ergeben. Unsere Rechnungen beziehen sich auf lauter zweiatomige Gase,

bei denen sowohl die Atomgewichte als auch die Molekulargewichte die Gewichte gleicher Volumen sind. Wir haben gezeigt, dafs die Ausdehnung der Amplituden der Atome gleicher Volumen bei der Dissoziation konstant ist und dais man aus dieser Ausdehnung den Ausdehnungskoeffizienten der Gase berechnen kann; damit ist er- wiesen, dafs das GAY-LwsAc’sche Gesetz von der Ausdehnung der Amplituden der Atome bei der Dissoziation ebenso gut, wie von der Ausdehnung der Gase. -

Uber das Jod, welches hier eventuell noch in Betracht kame, werde ich in einer meiner nachsten Mitteilungen berichten.

%rich, i r i t Marx 1897.

Bei der Redaktion eingegangen am 27. Marz 1897.