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Beitrag zur Theorie des calorischen Nystagmus. Von M. Rosenfeld. (Aus der psychiatrischen Klinik zu StraBburg [Prof. Wollenberg].) ( Eingegangen am 9. Dezember 1910.) Die Tatsache, dab die Richtung der beim Ausspfilen des ~uBeren GehSrkanals mit kaltem Wasser auftretenden Augenbewegungen resp. des Nystagmus sich umkehrt, wenn man start kaltem Wasser warmes, d. h. Wasser fiber 37~ anwendet, hat Bs163 bekanntlich durch eine sehr einfache physikalische Betrachtung zu erklSren versucht. Er verglich das Labyrinth mit einem GefiiB, welches mit einer Fliissig- keit yon 37~ angeffillt ist und in welchem nun, je nachdem man seine Wand mit kaltem oder warmem Wasser anspritzt, verschiedene, d. h. entgegengesetzte Bewegungen des Wassers auftreten. In der- selben Weise, wie in dem bekannten Versuche Ewalds durch die ent- gegengesetzten Bewegungen des pneumatischen Hammers entgegen- gesetzte :Lymphbewegungen hervorgerufen wcrden und dementsprechend auch entgegengesetzte Kopf- und Augenbewegungen sich erzeugen lassen, sollen auch die bei der warmen oder kalten Calorisierung entstehenden entgegengesetzten Lymphbewegungen in den Bogen- g~i.ngen die entgegengesetzten Bulbusbewegungen resp. Nystagmus bedingen. Gegen diese einfache ErklErung h~ben sich verschiedene Beobaehter gewandt, und man hat zahlreiche Grfinde und Tatsachen gegen diese Erkl~rung vorgebracht. Einige seien bier kurz angcfiihrt: Die Uber- tragung einer so einfachen physikalischen Vorstellung wie die des Gef~i3es auf die feinen Bogeng~nge hat sicher seine Bedenken. Man wird kaum sagen kSnnen, welche Wand der Bogeng~nge zuerst abgekiihlt wird. Au~erdem liegt Gewebe dazwischen, welches Blut fiihrt. Auff~llig erscheint auch, dal3 bei Durchscbneidung der Bogeng~nge und nach Er- 5ffnung des eVstibulums noch calorischer Nystagmus auftritt. Barrels fiihrt noch eine Beobachtung bei einem Kaninchen gegen die Theorie Bs163 ins Feld. Bei diesem Tiere war der ]inke Acusticus durch- schnitten worden. Obwohl also an dem reehten Ohrapparat nichts ge- :~indert war, also auch die Endolymphbewegungcn normal sein mu~ten,

Beitrag zur Theorie des calorischen Nystagmus

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Page 1: Beitrag zur Theorie des calorischen Nystagmus

Beitrag zur Theorie des calorischen Nystagmus.

Von M. Rosenfeld.

(Aus der psychiatrischen Klinik zu StraBburg [Prof. Wollenberg].)

( Eingegangen am 9. Dezember 1910.)

Die Tatsache, dab die Richtung der beim Ausspfilen des ~uBeren GehSrkanals mit kaltem Wasser auftretenden Augenbewegungen resp. des Nystagmus sich umkehrt, wenn man start kaltem Wasser warmes, d. h. Wasser fiber 37~ anwendet, hat B s 1 6 3 bekanntlich durch eine sehr einfache physikalische Betrachtung zu erklSren versucht. Er verglich das Labyrinth mit einem GefiiB, welches mit einer Fliissig- keit yon 37~ angeffillt ist und in welchem nun, je nachdem man seine Wand mit kaltem oder warmem Wasser anspritzt, verschiedene, d. h. entgegengesetzte Bewegungen des Wassers auftreten. In der- selben Weise, wie in dem bekannten Versuche Ewalds durch die ent- gegengesetzten Bewegungen des pneumatischen Hammers entgegen- gesetzte :Lymphbewegungen hervorgerufen wcrden und dementsprechend auch entgegengesetzte Kopf- und Augenbewegungen sich erzeugen lassen, sollen auch die bei der warmen oder kalten Calorisierung entstehenden entgegengesetzten Lymphbewegungen in den Bogen- g~i.ngen die entgegengesetzten Bulbusbewegungen resp. Nystagmus bedingen.

Gegen diese einfache ErklErung h~ben sich verschiedene Beobaehter gewandt, und man hat zahlreiche Grfinde und Tatsachen gegen diese Erkl~rung vorgebracht. Einige seien bier kurz angcfiihrt: Die Uber- tragung einer so einfachen physikalischen Vorstellung wie die des Gef~i3es auf die feinen Bogeng~nge hat sicher seine Bedenken. Man wird kaum sagen kSnnen, welche Wand der Bogeng~nge zuerst abgekiihlt wird. Au~erdem liegt Gewebe dazwischen, welches Blut fiihrt. Auff~llig erscheint auch, dal3 bei Durchscbneidung der Bogeng~nge und nach Er- 5ffnung des eVstibulums noch calorischer Nystagmus auftritt. Bar re l s fiihrt noch eine Beobachtung bei einem Kaninchen gegen die Theorie B s 1 6 3 ins Feld. Bei diesem Tiere war der ]inke Acusticus durch- schnitten worden. Obwohl also an dem reehten Ohrapparat nichts ge- :~indert war, also auch die Endolymphbewegungcn normal sein mu~ten,

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so bewirkte die Calorisierung rechts mit kaltem Wasser stets einen Nystagmus nach der ausgespiitten Seite, anstatt nach links. B a r t e l s hat die entgegengesetzte Wirkung von warmem und kaltem Wasser auf den Vestibularapparat auf folgende Weise zu erkl~iren versuc.ht. Es soll sich dabei um eine thermische geizung des Labyrinths, um eine Reizung resp. Herabsetzung des Nervenendapparates, unabh~ingig yon Lymph- str6mungen, handeln. Die Warme soll die T~itigkeit des Labyrinths steigern und dadurch einen Nystagmus nach derselben Seite hervor- rufen. Die Kt~lte soll das Labyrinth bis zu einem gewissen Grade l~ihmen, wodurch, ~.ie bei einseitiger Labyrinthzerst5rung, Nystagmus nach der entgegengesetzten Seite auftritt. DaB Hemmungen und Reizungen des Vestibularapparates, also rein nerv5se Vorgtinge bei dem Zustande- kommen des calorischen Nystagmus eine golle spielen k5nnen, erscheint durchaus plausibel. Ba r t e l s halt aber selbst seine Erkl~rung nicht fiir eine v511ig befriedigende. Die Theorie B ~ r ~ n y s konnte dadurch gestiitzt werden, dab man naehwies, dab dureh eine _Anderung der Kopfhaltung resp. dutch eine iinderung der Lage der Bogeng~nge, der Effekt der Calorisierung, was die Riehtung des Nystagmus anlangt, modifiziert werden kann. Denn wenn die Annahme richtig war, dab bei der Calorisierung Lymphbewegungen in den feinen Bogengangen auftreten, wenn die Riehtung dieser minimalen Fliissigkeitsbewegungen wirklich so ausschlaggebend fiir die Riehtung der Augenbewegungen ist, so war zu erwarten, dab durch wesentliche _~nderung in der Stel- lung der Bogeng~inge aueh eine ~nderung in der l~ichtung der Lymph- bewegungen entstehen miisse, welche sich ihrerseits durch eine J~nderung der Richtung der Nystagmusbewegung zu erkennen geben konnte. B s 1 6 3 hat auch in dieser Beziehung schon eine Reihe wiehtiger Beobaehtungen gemacht. Er zeigte, dab beim Ausspritzen des rechten Ohres in aufreehter Kopfstellung ein nach links geriehteter horizontaler und rotatorischer Nystagmus auftritt. Neigte die Versuchsperson den Kopf um 180 ~ nach vorne, so trat rotatorischer Nystagmus nach rechts auf. Wurde das rechte Ohr mit kaltem Wasser ausgespritzt und der Kopf auf die linke Schulter geneigt, so trat in dieser Stellung horizon- taler Nystagmus naeh rechts auf; neigte man den Kopf auf die rechte Schulter, so entstand horizontaler Nystagmus naeh links. Bei Kaninchen erhielt K ubo eine Umkehr des Nystagmus bei Lagever~nderung; dieser Versueh gliiekte aber bei Tauben nicht, bei denen sieh doch bekanntlieh der Versuch Ewa lds mit dem pneumatisehen Hammer so vorziiglich ausfiihren 1/iBt. M a u p 6 t i t behauptet, da$ sehon die Lage der Bogeng~nge gegen die Theorie Bs sprieht. Bei Fisehen soll der calorisehe Nystagmus sich nicht deutlich hervorrufen lassen.

Ieh ha.be nun in einer Anzahl von Fa.llen die Bedeutung der Kopf- stellung fiir die Riehtung des ealorisehen Nystagmus geprfift. Einzelne

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Beobaehtungen, die ieh hierbei machen konnte, erseheinen fiir die Theorie des Nystagmus nieht gleiehgiiltig und daher mitteilenswert.

Bei einem jungen Manne mit multipler Sklerose und spontanem Nystagmus naeh rechts und links wurde der eMorische Nystagmus zu- ngehst in Riiekenlage untersueht. Es zeigte sieh, wie zu erwarten, daft z. B. bei der Calorisierung des reehten Ohres mit kaltem Wasser ein noch stgrkerer Nystagmus naeh links a uftrat, w~ihrend der spon- tane Nystagmus nach rechts unterdriiekt wurde. Auf die Intensitgt und die I)auer der Nystagmusbewegungen wollen wir hier nieht weiter eingehen. Wurde der Kranke nun zu Beginn des Versuehes auf den Leib gelegt, so dab das Gesieht naeh unten sehaute, und nun der Versueh mit der Calorisierung des reehten Ohres begonnen, so trat die rasohe Nystagmusbewegung naeh reehts und nieht mehr naeh links auf. Es wgre das also eine Best, gtigung der oben mitgeteilten Beobaehtung yon B g r g n y . Gelegentlieh konnte ieh aber beobaehten, daft in diesem Falle, ebenso wie in anderen, die CMorisierung in Baueh- lage nieht so wirksam war, was die Intensit~t der Bewegungen anlangt. An einem Tage gelang es z. B. bei dem jungen Manne mit multipler Sklerose iiberhaupt nicht in Bauehlage einen ealorischen Nystagmus zu erzeugen, obwohl ein geringer spontaner Nystagmus aueh in dieser Stellung vorhanden war. Aueh in einem Falle yon apoplektiformer Pseudobulbgrparalyse war in I~iiekenlage der Nystagmus viel leichter zu erzeugen als in Bauchlage.

Ieh untersuehte nun die Kranken in der Weise, daft ieh zuniiehst in Bauchlage dureh Calorisierung reehts einen Nystagmus naeh reehts hervorrief. Wurde der Kranke nun wieder in Ihiekenlage~'gebraeh t, also um 180 ~ gedreht, so sehlug der rasehe Nystagmus nach reehts sofort in einen iiuBerst heftigen Nystagmus naeh links urn; es t ra t also ein Effekt auf, weleher einer Calorisierung derselben Seite, abet in ent- gegengesetzter KSrperlage entspraeh. Und umgekehrt sehlug der dutch die Calorisierung des linken Ohres in Riiekenlage erzeugte rasehe Nystag- mus naeh reehts sofort in einen Nystagmus naeh links urn, wenn der Kranke wieder auf den Leib gelegt wurde. Es lieft sieh also in diesen Versuchen zeigen, daft die Umlagerung des K6rpers um etwa 180 ~ dann eine momentan eintretende Umkehr der giehtung des rasehen Nystagmus bewirkte, wenn die Calorisierung mit kaltem Wasser vorausgegangen war. Die Umlagerung des KSrpers allein um I80 ~ geniigte nieht, um einen derartigen Effekt auf die Riehtung eines sehon vorher bestehenden Nystagmus (bei multipler Sklerose) zu erreieehen. '~ Auffallend war die Iteftigkeit, d. h. die GrSBe and die Zahl der Nystagmusbewegungen, welehe im Momente der Umlagerung aufzutreten pflegten. Besonders beaehtenswert war die kurze Latenzzeit dieses rasehen Nystagmus, der in dem eben gesehilderten Versuehe zustande kam. Die Latenzzeit

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war eine auffiillig geringe, man kann sagen, sie fehlte ganz ; die Wirkung der Umlagerung des KiSrpers war eine momentane; dieses ist um so auf- fglliger, als gerade die Wirkung einer Calorisierung z. B. links sehr verspgtet auftritt , ~enn man vorher einen ealorisehen Nystagmus v o n d e r entgegengesetzten Seite erzeugt hat. Es dauert oft 20 bis 30 Sekunden, his der zuerst erzeugte Nystagmus dureh die Calorisierung der entgegengesetzten Seite zum Stillstand gebraeht wird und dann in den entgegengesetzten Nystagmus umsehlggt.

Ich habe den oben mitgeteilten Versueh noeh in folgender Weise variiert : Der Kranke wurde zuerst in Bauchlage untersucht. Es bestand ein spontaner Nystagmus naeh reehts und naeh links. Nun wurde die Calorisierung links mit kaltem Wasser vorgenommen. Es trat ein starker Nystagmus nach links auf. Wurde der Kranke jetzt um 180 ~ gedreht, so sehlug der Nystagmus naeh links sofort in einen sehr heftigen Nystagmus naeh reehts urn. Wiederholte man abet jetzt die Um- lagerung des Kranken, d. h. brachte man ihn wieder in Bauehlage, so blieb der Nystagmus naeh reehts bestehen; die Umlagerung des Kranken um 180 ~ war jetzt unwirksam. Ieh habe diese Versuehe aueh mit warmem Wasser wiederholt; die Resultate waren die entspreehenden, d. h. umgekehrte. So trat z. B. bei der Calorisierung links mit warmen Wasser in Bauehlage ein Nystagmus nach reehts auf, welcher bei der Umlagerung des Kranken sofort in einen Nystagmus naeh links um- sehlug. Ferner habe ich den Versueh bei einem jungen Mgdchen wieder- holt, welches wegen einer hysterischen Contraetur der Halsmuskeln narkotisiert werden mugte. Das Miidehen hatte einen spontanen, leiehten Nystagmus naeh reehts und links. Der Vorversueh im waehen Zustande verlief folgendermagen: Bei der Calorisierung links mit kaltem Wasser in Riickenlage trat Nystagmus nach rechts auf, welcher bei einer Umlagerung um 180 ~ in einen Nystagmus nach links umsehlug. Der geringe spontane Nystagmns nach rechts wurde dabei aber nicht ganz unterdriickt. Bei der Calorisierung links in Bauchlage trat ein deutlicher Nystagmus naeh links auf, der bei Wiederherstellung der Riickenlage von einem starken Nystagmus nach rechts momentan abgelSst wurde. Nun wurde das Mgdchen mit Chloroform betgubt, um ihre hysterische Contractur zu korrigieren. Bei der Calorisierung reehts mit kaltem Wasser t rat eine fixierte Deviation der Bulbi nach rechts auf. Jetzt wurde das Mgdehen in Bauchlage gebracht. Die Bulbi blieben zm niiehst noch eine Zeit nach rechts gewendet. Naeh einer Latenzzeit yon etwa 20--30 Sekunden gingen die Bulbi aber nach links langsam heriiber und verharrten dann in Endstellung links. In diesem Versuch war also die Latenzzeit, welehe verstrieh, bis die Umlagerung des KSrpers naeh der Calorisierung wirksam wurde, auffi~llig lang, im Gegensatz zu dem oben mitgeteilten Versuch.

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Aus den Versuchen ergeben sich folgende Resultate: Die Ande- rung der KSrperlage einer Versuchsperson (urn 180 ~ bewirkt danu sofort einen heftigen Nystagmus z. B. nach rechts, wenn man vor- her eine Calorisierung des rechten Ohres mit kaltem Wasser vorge- nommen hat und' dadurch einen Nystagmus naeh links erzeugte. Die-~mderung der KSrperstellung ohne vorhergehende Calorisierung pflegt auch bei spontan bestehendem Nystagmus (bei multipler Sklerose) weniger wirksam oder wirkungslos zu sein, sowohl was die Richtung, als was die St~irke des Nystagmus anlangt. Ausnahmen yon dieser Regel, wie sie z. B. bei Hirntumoren vorkommen, haben aueh ihre be- sondere Ursaehe. Der Nystagmus, welcher durch Umlagerung des KSrpers nach Calorisierung zu erzeugen ist, tritt stets sofort ohne Latenz- zeit ein und ist yon grofter Heftigkeit. Wird derselbe Versuch in Narkose vorgenommen, so tritt dutch Umlagerung des KSrpers (urn 180 r nach Calorisierung eine fixierte Deviation ein, welche der primer erzeugten fixierten Deviation entgegengesetzt ist, sich aber durch eine sehr lange Latenzzeit auszeichnet. Diese l~esultate erhielt ich sowohl in F~i]len mit spontanem Nystagmus bei multipler Sklerose, Ms auch in normalen F~illen ohne Nystagmus.

Was kann man aus diesen Beobachtungen fiir Schliisse ziehen: Der Stellung des Kopfes kommt offenbar, wie dies schon vielfach be- hauptet worden ist, ein bedeutender Einfluft auf die gichtung des Nystagmus zu. Die Tatsache abet, daft die Wirkung der Umlagerung des KSrpers auf die Richtung der Augenbewegungen dann erst besonders deutlich wird und regelmgftig eintritt, wenn man eine Calorisierung der Umlagerung vorausschickt, daft also gerade der calorische Nystagmus auf die Lagever~inderung so lebhaft reagiert, verlangt eine besondere Be- achtung. Durch die Calorisierung muft in dem Vestibularapparat irgend- eine Ver~nderung hervorgerufen werden, die nun eine Lagever~inderung des KSrpers besonders wirksam sein l~ftt, da die ]etztere allein bei denselben Versuchspersonen oft keinen oder nur geringen Einfluft auf die Richtung des schon vorhandenen Nystagmus zu haben pflegt. Wie man sich diese Veriinderung im Vestibularapparat vorstellen soil, muft dahingestellt bleiben. Wichtig erscheint aber noch mitzuteilen, daft der durch Galvanisierung erzeugte Nystagmus auf eine darauffolgende Umlagerung des KSrpers um 180 ~ nicht in der Weise reagiert, wie es der calorische Nystagmns zu tun pflegt.

Die Tatsache, daft auch in der Narkose die Umlagerung nach Calorisierung wirksam ist, d. h. die Riehtung der fixierten Deviation naeh der mit kaltem Wasser ausgespiilten Seite sich umkehrt, ist an sich nicht auff~llig, sondern im Gegenteil zu erwarten. Beachtenswert erscheint es aber, daft bei dem in Narkose wiederholten Versuche die Latenzzeit der durch Umlagerung hervorgerufenen entgegengesetzten

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Deviation eine so lange ist. Die Reizung der peripheren Endapparate ist bei beiden Versuchen dieselbe geblieben; auch die Umlagerung des KSrpers nach der Calorisierung wurde in derselben Weise vorgenommen. Die in dem Vestibularapparat anzunehmenden Ver~nderungen haben also in derselben Weise vonstatten gehen kS~men, wie in dem Versuch ohne Narkose. Warum ist also die Latenzzeit, welche zwischen der Umlagerung und dem Eintritt der Augenbewegungen verstreicht, in beiden Versuchen eine so verschiedene. Die Tatsa~he, daft die Latenz- zeit des calorischen Nystagmus an sich eine individuell sehr verschiedene sein kann und in der Narkose eine sehr lange zu sein pflegt, hat fiir meinen Versuch keine Bedeutung. Denn die Latenzzeit bezieht sich in dem Versuch, wie gesagt, auf die Zeit, welche verstreicht zwischen der Umlagerung des KSrpers und dem Einsetzen der Bulbusbewegungen, und nicht auf die Zeit zwischen der Calorisierung und dem Beginn der letzteren. Warum ist in dem einen Falle die Wirkung der Umlagerung des K6rpers auf die l~ichtung der Augenbewegungen eine momentane und in dem anderen Falle eine langsam eiatretende. Man wird sagen diirfen, da[3 durch die Narkose zentrale Bahnen auBer Funktion gesetzt werden, deren funktionelle Intaktheit resp. Ansprechbarkeit zwar nicht fiir das Auftreten der Deviation und fiir die Richtung derselben, wohl aber fiir die GrSl~e der Latenzzeit Bedeutung zu haben scheint, welche zwischen der Umlagerung des KSrpers und dem Beginn der Augem bewegungen verstreicht.

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Arehiv 76, Heft 1. Maup6tit, Etude elinique sur le Nyst~gmus rhythmique provoqu6. Th~se

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