3
XX. Beitrag zum Ylachverlauf des Ncrvus facialis. Von Dr. Hcrmann Streit~ z. Z. Assistent der Dr. Gerber'schen Privatklinik in K~nigsborg i. Preussen. [Mit I Abbildung). Im hiesigen anatomischen Institut (Dir. Oeheimrath S t i e d a) kam mir gelegentlieh yon Operationstlbungen an der Leiehe zu- f/illig ein Pr~tparat zu Gesieht, bei dem ieh eine ungewShnlieh stark ausgepr~tgte Verlagerung des absteigendeu Schenkels des Nervus faeialis naeh der Oberfl~ehe des Warzenfortsatzes zu vorfand. Wegen der praktischen Wiehtigkeit derartiger Fiille referire ieh denselben in Ktirze. Sehiidel eines erwaehsenen, anseheinend weibliehen Indivi- duums. Diameter fronto-oeeipitalis 17,7 am, Diameter biparietalis 15,8 em (bei erhaltener Galea aponeurotiea gemessen). Links. Prec. mastoideus klein, yon infantiler Gestalt, Spitze kurz. KnSeherner GehSrgang sehr eng, litngsoval. Pyra- midenausl~ufer nur angedeutet, sodass kurz hinter dem Antrum hintere und mitflere Sehitdelgrube nut you einer kurzen, dlinnen Spange getrennt sind. Antrum tieflie~end, yon uormaler GrSsse. Breite des aufgesehnittenen Sinus sigmoideus 1,3 era. Entfernung der vordersten Begrenzung des Sinus his zum hintern untern Absehnitt der Trommelfellperipherie 1,1 cm. HShe des Bulbus venae jugularis 1,5 era. Der obere Reeessus desselben reieht bis zur Fenestra ovalis herauf. Dieke des Paukenbodens 0,2 em, Emissarium eondyloideum posterius 0,6 em hoeh, 0,4 em breit. Mitflerer Neigungswinkel der dureh den Sulcus tympanieus ge- legten Ebene zur Horizontalebene 25 o, vertieale Neigung des Trommelfells kaum hervortretend. Bogengangswulst sehr stark hervorspringend. Winkel des untern Faeialisknies normal gross. Der Faeialis kreuzt den Suleus tympanieus bereits in den oberen Partieen desselben und bildet in sei-

Beitrag zum Flachverlauf des Nervus facialis

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Beitrag zum Flachverlauf des Nervus facialis

XX.

Beitrag zum Ylachverlauf des Ncrvus facialis. Von

Dr. Hcrmann Streit~ z. Z. Assistent der Dr. G e r b e r ' s c h e n Privatklinik in K~nigsborg i. Preussen.

[Mit I Abbildung).

Im hiesigen anatomischen Institut (Dir. Oeheimrath S t i e d a) kam mir gelegentlieh yon Operationstlbungen an der Leiehe zu- f/illig ein Pr~tparat zu Gesieht, bei dem ieh eine ungewShnlieh stark ausgepr~tgte Verlagerung des absteigendeu Schenkels des Nervus faeialis naeh der Oberfl~ehe des Warzenfortsatzes zu vorfand. Wegen der praktischen Wiehtigkeit derartiger Fiille referire ieh denselben in Ktirze.

Sehiidel eines erwaehsenen, anseheinend weibliehen Indivi- duums. Diameter fronto-oeeipitalis 17,7 am, Diameter biparietalis 15,8 em (bei erhaltener Galea aponeurotiea gemessen).

L inks . Prec. mastoideus klein, yon infantiler Gestalt, Spitze kurz. KnSeherner GehSrgang sehr eng, litngsoval. Pyra- midenausl~ufer nur angedeutet, sodass kurz hinter dem Antrum hintere und mitflere Sehitdelgrube nut you einer kurzen, dlinnen Spange getrennt sind. Antrum tieflie~end, yon uormaler GrSsse. Breite des aufgesehnittenen Sinus sigmoideus 1,3 era. Entfernung der vordersten Begrenzung des Sinus his zum hintern untern Absehnitt der Trommelfellperipherie 1,1 cm. HShe des Bulbus venae jugularis 1,5 era. Der obere Reeessus desselben reieht bis zur Fenestra ovalis herauf. Dieke des Paukenbodens 0,2 em, Emissarium eondyloideum posterius 0,6 em hoeh, 0,4 em breit. Mitflerer Neigungswinkel der dureh den Sulcus tympanieus ge- legten Ebene zur Horizontalebene 25 o, vertieale Neigung des Trommelfells kaum hervortretend. Bogengangswulst sehr stark hervorspringend. Winkel des untern Faeialisknies normal gross. Der F a e i a l i s k r e u z t den S u l e u s t y m p a n i e u s b e r e i t s in den o b e r e n P a r t i e e n d e s s e l b e n und b i l d e t in sei-

Page 2: Beitrag zum Flachverlauf des Nervus facialis

234 XX. STREIT

hem we i t e rn Ver l au f , l a t e r a l und r t i ekw~r ts yore Su l eus h e r a b z i e h e n d , mit der h i n t e r n P e r i p h e r i e des Sn leus e i n e n naeh u n t e n und e twas naeh vorn zu s p i t z e n Winkel .

Von der hintersten untern Begrenzung des Trommelfells liegt der Nerv 0,7 em in lateraler Riehtung entfernt, yon einer dutch die- selbe Stelle gelegten Frontalebene steht er 0,6 em naeh riiekw~rts ab.

Reehts . Proe. mastoideus klein, yon infantiler Gestalt, Spitze kurz. Breite des aufgesehnittenen Sinus sigmoideus 1,4 era. Entfernung tier vorderen Peripherie des Sinus yon dam hintern und untern Absehnitt des Trommelfellfalzes 1,0 era. HShe des Bulbus venae jugularis 1,6 era. Trommelfell steht in normaler vertiealer und horizontaler Neigung. Boffengangswulst gut mar-

kirt. Faeialis verlKuft kurz hinter dam Suleus tympanieus und tiber- sehreitet nieht naeh la- teral die dureh denselben gelegte Ebene.

Wie aus der voraus- gegangenen Sehilderung ersiehtlieh ist, f~llt bei dem soeben besehriebenen

Naoh dem Pr~parat gezeiehnet, vergr~sser~. Pr~parat der linke Ner- = - - < ttiihe der Kreuzung zwisehen Trommel-

fell ned Faeialis. VUS faeialis in seiuem ab- steigenden Verlaufe wait

in den Bereieh der hinteren GehSrgangswand, 0,7 em lateral yore Trommelfellfalz und etwas tiber 1/2 em naeh rtiekw~rts yon der dutch die hintere Peripherie des Sulens gelegten Frontalebene. Auf tier reehten Seite dagegen liegt er normal zur Pauke. Mithin finder sieh der absteigende Sehenkel des Gesiehtsnerven auf der linken Seite an airier Stelle, deren Freilegung bereits bei der gewShn- lichen Totalaufmeisselung in Frage kommt, ohne dass besonders tiefgehende Krankheitsproeesse dieselbe begrtinden; und eine Verletzung des Nerven h~tte aueh einem getibten Operateur pas- siren kSnnen, der nieht gewShnt ist, aneh an dieser Stelle mit besonderer Vorsieht zu arbeiten. Aus dam Vergleiehe der beiden Seiten geht nun hervor, dass der topographiseh abnorme Verlauf des Faeialis im vorliegenden Falle nieht dureh individuelle Sehwankun~en im Bauder Pyramide und des Warzenfortsatzes und in besondereu GrSsse- und Lagerungsverhgltnissen des Sinus

Page 3: Beitrag zum Flachverlauf des Nervus facialis

Beitrag zum Flachverlauf des Nervus facialis. 235

und Butbus zu Pauke und Faeialis bedingt ist. Sondern der einzige Punkt, in dem sieh beide Seitea weseutlieh unterseheiden~ ist die Lage des Trommelfellfalzes und mithin des Trommelfells zur Horizontalebene. Dasselbe liegt auf der Seite des Flaeh- verlaufs sehr schr~ge ohne ausgesprochene verfieale Neigung. Diese Lagerungsanomalie der Membrana tympani m~ehte ieh vor Allem im gesehilderten Falle fur die Yerlagerung des Nerven in den Bereieh der hintereu GehSrgangswand verantwortlieh maehen. Wenn die verticale Neigung der Membrana tympani aufgehoben ist, muss bei gleichbleibendem Rauminhalt der PaukenhShle der Nerv sieh bereits den obern Theilea des Suleus tympanieus mehr nabern. Je mehr die horizontale Iqeigung der Membran ausge- sproehen ist, in um so starker ausgesprochene Kreuzung zur Ebene derselben muss der ~erv kommen, auch ohne dass der absteigende Schenkel wie z.B. in unserem Pr~parat in seiner Rich- tung sieh besonders stark der Horizontalebene zu n~hern braueht. Leider ist in der S e h w a r t z e'schen Arbeit ~) nichts fiber die Lage- rungsverh~ltnisse des Trommelfells bei beobaehtetem, stark aus- gesproehenem ~Flaehverlauf ~ des lqerven gesagt, sodass ieh~ zu- real da mir weitere Literaturangaben fiber diesen Punkt fehlen, aus dieser eineu Beobaehtung keine verallgemeinernde Schlfisse ziehen kann. Jedenf~lls wiirde es sich empfehlen, bei sehr sehr~g gestelltem Trommelfell, sobald ausserdem wie in unserem •alle, ein Missverh~ltniss zwisehen Tiefe des Antrums, Lfi, nge der hinteren oberen GehSrgangswand, and GrSsse des Warzen- fortsatzes besteht~ eine gewisse Vorsieht bei der Entfernung der hiuteren GehSrgangswand waltea zu lassen.

1) Schwartze, Yariet~ten im Verlauf des Facialis u. s.w. Dieses Archly. 57. (97).