93
Bayerisches Landesamt für Umwelt Den Boden fest im Blick – 25 Jahre Bodendauerbeobachtung in Bayern Fachtagung am 13. Oktober 2011

Bayerisches Landesamt für Umwelt...Christa Müller, Titus Ebert, Sabine Mikolajewski, Wolfgang Sitte, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft; Irmgard Kern, Uwe Blum, Bayerische

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • Bayerisches Landesamt fürUmwelt

    Den Boden fest im Blick – 25 Jahre Bodendauerbeobachtung

    in Bayern

    Fachtagung am 13. Oktober 2011

  • Bayerisches Landesamt für Umwelt

    Den Boden fest im Blick – 25 Jahre Bodendauerbeobachtung

    in Bayern

    Fachtagung am 13. Oktober 2011

    UmweltSpezial

  • Impressum

    Den Boden fest im Blick – 25 Jahre Bodendauerbeobachtung in Bayern Gemeinsame Fachtagung des LfU und der Landesanstalten für Landwirtschaft (LfL) sowie für Wald und Forstwirtschaft (LWF) am 13.10.2011

    Herausgeber: Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU) Bürgermeister-Ulrich-Straße 160 86179 Augsburg Tel.: 0821 9071-0 Fax: 0821 9071-5556 E-Mail: [email protected] Internet: www.lfu.bayern.de

    Redaktion: LfU Referat 12

    Bildnachweis: Bayerisches Landesamt für Umwelt / Autoren

    Druck: Eigendruck Bayer. Landesamt für Umwelt

    Gedruckt auf Papier aus 100 % Altpapier.

    Stand: Oktober 2011

    Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch nicht übernommen werden. Sofern in dieser Druckschrift auf Internetangebote Dritter hingewiesen wird, sind wir für deren Inhalte nicht verantwortlich.

    mailto:[email protected]://www.lfu.bayern.de/

  • Inhalt

    Inhaltsverzeichnis

    Struktur der Bodendauerbeobachtung in Bayern 5 Peter Spörlein, Bayerisches Landesamt für Umwelt; Robert Brandhuber, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft; Alfred Schubert, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

    Bodendauerbeobachtung in Deutschland – Stand und Perspektiven 7 Frank Glante, Jens Utermann, Stephan Marahrens, Umweltbundesamt

    25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern 10 Roswitha Walter, Johannes Burmeister, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft

    Ergebnisse aus zwei Jahrzehnten Radioaktivitätsbodendauerbeobachtung 22 Peter Spörlein, Petra Wölfel, Bayerisches Landesamt für Umwelt

    Bleifrei? – Die Belastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LWF) 31 Alfred Schubert, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

    Bleifrei? – Die Bleibelastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LfU) 41 Walter Olbricht, Universität Bayreuth; Peter Spörlein, Bayerisches Landesamt für Umwelt

    Humusgehalte Bayerns – Humuszehrung oder Humusmehrung? 60 Robert Beck, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft

    Humusgehalte in den Böden Bayerns – Mehrung oder Zehrung? 63 Alfred Schubert, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

    25 Jahre Bodendauerbeobachtung in Bayern – Nutzen und Grenzen? Anmerkungen aus Sicht des Bayerischen Landesamtes für Umwelt 70 Bernd Schilling, Bayerisches Landesamt für Umwelt

    Posterbeiträge

    Untersuchungsergebnisse auf Thüringer Bodendauerbeobachtungsflächen 74 Peter Gullich, Günter Marre, Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft

    Untersuchungen zur Regenwurmaktivität auf den Thüringer Bodendauer- beobachtungsflächen 75 Günter Marre, Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft

    BDF – Vollzugshilfe für die BBodSchV? 77 Christa Müller, Titus Ebert, Sabine Mikolajewski, Wolfgang Sitte, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft; Irmgard Kern, Uwe Blum, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 3

  • Inhalt

    4 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

    Evaluation des Gesamtverfahrens zur Boden-Dauerbeobachtung in Schleswig-Holstein 78 Rainer Nerger, Claus-Georg Schimming, Nicola Fohrer, Universität Kiel; Marek Filipinski, Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein; Oliver Hakemann, Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein

    25 Jahre Bodendauerbeobachtung in der Landwirtschaft 81 Melanie Treisch, Christa Müller, Roswitha Walter, Robert Beck, Robert Brandhuber, Gisbert Kuhn, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft

    Tagungsleitung / Referenten / Aussteller 90

  • Struktur der Bodendauerbeobachtung in Bayern

    Struktur der Bodendauerbeobachtung in Bayern

    Peter Spörlein, Bayerisches Landesamt für Umwelt; Robert Brandhuber, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft; Alfred Schubert, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

    In Bayern wurde die Bodendauerbeobachtung 1985/86 ins Leben gerufen. Aufgrund verschiedener Ressortzuständigkeiten und Zielrichtungen werden die Bodendauerbeobachtungsflächen (BDF) von drei verschiedenen Landesbehörden betrieben, der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), der Lan-desanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und dem Landesamt für Umwelt (LfU). Die BDF von LfL und LWF befinden sich auf überwiegend klassisch land- und forstwirtschaftlich ge-nutzten Flächen, die des LfU an Sonderstandorten. Dies sind spezielle Belastungs-, Naturschutz- und Wasserschutzgebiete. Die LfL verfügt über 127, die LWF über 77 und das LfU über 60 BDF (siehe Abb. 1).

    Abb. 1: Überblick über die Bodendauerbeobachtungsflächen in Bayern.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 5

  • Struktur der Bodendauerbeobachtung in Bayern

    Außerdem gibt es verschiedene Arten von BDF: Auf einem Teil der LWF-BDF mit angrenzenden, so-genannten Waldklimastationen, werden neben der Bodenmatrix z.B. auch Bodenwasser und Immissi-onen untersucht; an den Radio-BDF des LfU wird u. a. die durch den Tschernobylunfall eingetragene Radioaktivität beobachtet. Im Fokus der Betrachtungen steht bei der LfL und der LWF die Interaktion Boden-Nutzpflanze-Bewirtschaftungsmaßnahme während das LfU v. a. natürliche Veränderungen der Böden und immis-sionsbedingte Einflüsse detektieren will. Die Einrichtung und der Betrieb der BDF richten sich nach bundesweiten, allgemein anerkannten Vor-gaben (BARTH et al., 2000). Die bisher erhobenen Bodendaten aller drei Landesbehörden sind seit 2010 im bayerischen Bodenin-formationssystem BIS zusammengeführt und recherchierbar. Jede Landesbehörde verfügt außerdem über ein umfangreiches Probenarchiv lufttrockener Boden-proben, das am LfU zusätzlich auch bei -18 °C gefrorene Rückstellproben enthält und ein hervorra-gendes Instrument für die Beweissicherung darstellt (siehe z. B. SPÖRLEIN & HANGEN, 2009).

    Das in knapp 25 Jahren gewonnene Wissen der bayerischen Bodendauerbeobachtung wurde bereits vielfach publiziert. So finden sich z. B. Auswertungen zur Entwicklung der Humusgehalte in CAPRIEL & SEIFFERT (2009), Aussagen zur Veränderung der Radioaktivität in Böden in SCHILLING (2005), und Er-kenntnisse aus Nadel- und Blattuntersuchen an BDF in SCHUBERT (2004) (weitere Veröffentlichungen siehe Internetadressen im Literaturverzeichnis). Zwischen den drei Landesbehörden findet seit vielen Jahren ein intensiver Austausch statt.

    Literatur

    BARTH, N., BRANDTNER, W., CORDSEN, E., DANN, T., EMMERICH, K.-H., FELDHAUS D, KLEEFISCH, B., SCHILLING, B.,

    UTERMANN, J. (Ad hoc AG Bodendauerbeobachtung der LABO) (2000): Boden-Dauerbeobachtung, Einrichtung und Betrieb von Boden-Dauerbeobachtungsflächen. - Rosenkranz et al. (Hrsg.): Erg. Handbuch Bodenschutz, 9152, 32. Lfg. XI/00; Erich Schmidt Verlag. Berlin.

    CAPRIEL, P., SEIFFERT, D. (2009): 20 Jahre Boden-Dauerbeobachtung in Bayern – Teil 3: Entwicklung der Humusgehalte zwischen 1986 und 2007. LfL-Schriftenreihe 10/2009, http://www.lfl.bayern.de/iab/boden/36385/index.php.

    SCHILLING, B. (2005): Monitoring der Radioaktivität im Boden – Veränderungen zwischen 1990 und 2003. LfU-Fachberichte 22, 57 S. München.

    SCHUBERT, A. (2004): Bayerische Waldboden-Dauerbeobachtungsflächen – Nadel- Blattuntersuchun-gen. Materialien der LWF, Nummer 10. 74 S. Freising.

    SPÖRLEIN, P., HANGEN, E. (2009): Bodendauerbeobachtung – Ein Archiv für die Zukunft. Zeitschrift Bo-denschutz 03/09. Erich Schmidt Verlag. S. 77-79. Berlin.

    Weitere Informationen/Veröffentlichungen: LfL: http://www.lfl.bayern.de/iab/boden/36385/index.php LWF: http://www.lwf.bayern.de/mitarbeiterverzeichnis/s-z/schubert/34225/index.php LfU: http://www.lfu.bayern.de/boden/bodendauerbeobachtung/index.htm

    6 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

    http://www.lfl.bayern.de/iab/boden/36385/index.phphttp://www.lfl.bayern.de/iab/boden/36385/index.phphttp://www.lwf.bayern.de/mitarbeiterverzeichnis/s-z/schubert/34225/index.phphttp://www.lfu.bayern.de/boden/bodendauerbeobachtung/index.htm

  • Bodendauerbeobachtung in Deutschland – Stand und Perspektiven

    Bodendauerbeobachtung in Deutschland – Stand und Per-spektiven

    Frank Glante, Jens Utermann, Stephan Marahrens, Umweltbundesamt

    Um entscheidungsrelevante Informationen über den Zustand der Umwelt zur Verfügung zu stellen, bedarf es einer Dauerbeobachtung, die nicht nur die strukturellen und funktionellen Aspekte – den Zu-stand –, sondern insbesondere auch Trends und Ursachen für Zustandsveränderungen aufdecken soll.

    Bisher werden Monitoringprogramme insgesamt allerdings teilweise noch sektoral und ressortspezi-fisch durchgeführt. Gerade mit der Fokussierung auf Fragestellungen, wie sich z. B. durch den Klima-wandel ergeben, ist es nötig, mehr auf die Kooperation zwischen den verschiedenen Monito-ringprogrammen zu setzen (Vernetzung).

    Um geeignete Lösungsstrategien zu entwickeln, sind räumlich differenzierte Belastungsdaten erforder-lich. Langfristige Beobachtungsreihen werden in der Regel durch die Länder erhoben und ausgewer-tet.

    Dem Bund obliegt es, in Kooperation mit den Ländern nationale Analysen durchzuführen, sowie euro-päische und internationale Berichtspflichten zu erfüllen und Indikatoren zur Politikberatung und Infor-mation der Öffentlichkeit zu erheben. In den Fällen, wo es geregelte Berichtspflichten mit abgestimm-ten Datenanforderungen gibt, funktioniert das zumindest fachlich gut.

    Im Boden-Bereich sind wir in einer Reihe von Fällen nach wie vor bundesweit nicht ausreichend aus-sagefähig. Es liegen keine eindeutigen Berichtspflichten vor, auch wenn durch die Errichtung der Eu-ropäischen Umweltagentur oder die Aufforderung des Bundesrates zur Vorlage eines Bodenschutzbe-richts der Bundesregierung mittelbar Berichtsnotwendigkeiten vorhanden sind. Auch der Anhang Bo-den zur Verwaltungsvereinbarung zum Datenaustausch zwischen Bund und Ländern im Umweltbe-reich unterstützt den Datenfluss zwischen Ländern und Bund. Im Vergleich zu anderen Anhängen der Verwaltungsvereinbarung sollte man Aktualität und Detaillierungsgrad auf den Prüfstand stellen.

    Eine weitere Ursache liegt in der aufwändigen Qualitätssicherung. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht alle der in Deutschland beim Bodenmonitoring und der Bodenzustandserhebung erhobenen Da-ten für Dritte verfügbar und mit anderen Aktivitäten vernetzt sind.

    Die Boden-Dauerbeobachtungsflächen sind jedoch ein gutes Beispiel zum einen für ein langfristiges Programm mit nunmehr 20 Jahren Dauer, zum anderen für das Potenzial, auch auf neue Fragen zu Bodenveränderungen und Trends Antworten zu geben. Zu Beginn des Boden-Dauerbeobachtungs-programms vor nunmehr 25 Jahren (Bayern und Baden-Württemberg) stand die Untersuchung des stofflichen Bodenzustands, besonders von Schwermetallen und Radionukliden im Vordergrund. Im Lauf der Zeit wurden die Programme auf weitere Stoffe erweitert.

    Die Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen konnte in den vergangenen Jahren – teilweise veran-lasst durch die gemeinsam erkannte Notwendigkeit – verbessert werden.

    Auf Bundesebene haben wir in den letzten Jahren – auch dank der Zusammenarbeit mit den Bundes-ländern – die Datenbasis verbessert. Daten der Ersterhebung sind qualitätsgesichert zusammenge-führt worden, von einem Drittel der Länder liegen uns auch Daten von Wiederholungserhebungen vor. Aktuell vorliegende Ergebnisse von Repräsentanz und Datenverteilung zeigen das Potenzial der Bo-den-Dauerbeobachtung.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 7

  • Bodendauerbeobachtung in Deutschland – Stand und Perspektiven

    Es ist wichtig darauf hinzuweisen: Neben Dauerfeldversuchen gehören BDF zu den am besten unter-suchten Böden in Deutschland. Dies ist ein Alleinstellungsmerkmal.

    Im Rahmen unserer Forschungsprojekte haben wir den Methoden-Code zur Dokumentation der ver-wendeten Methoden in der BZE-Wald für die BDF umfangreich erweitert und den Ländern zur Nut-zung übergeben. Wir sehen dies als gute Möglichkeit zur Interpretation und Vergleichbarkeit von Da-ten und Informationen. U. a. Thüringen hat ihn in seine Arbeit eingeführt.

    Die aktuell vorliegenden Ergebnisse beweisen eindrucksvoll, den Nutzen der Boden-Dauerbeobachtung für länderübergreifende Aufgaben im Bodenschutz. Der große und heterogene Datensatz ermöglicht die Identifizierung sowohl des Bodenzustandes als auch von Prozessen im Bundesmaßstab bis hin zum Einzelstandort.

    Weitere Nutzungsverbesserungen wie eine zentralen Analytik, vereinheitlichte Beprobungszeiträume und die Implementierung eines zeitgemäßen, schnellen Datenaustausches bieten sich unter Rückgriff auf dieses etabliertes Messnetz an, jedoch in zweckmäßiger Bund-Länder Arbeitsteilung und Nutzung dieser Synergien.

    Die Politik erwartet von den Monitoringprogrammen (auch von den BDF) – und das zu Recht – Aus-sagen über die Veränderung des Umweltzustands, über die Treiber der Veränderungen und Maß-nahmenvorschläge, wie wir den Umweltzustand verbessern.

    Ganz konkret haben wir den Auftrag von der LABO, Zustand und Entwicklung der organischen Bo-densubstanz anhand der BDF darzustellen. Dazu ist die Aufnahme der Wiederholungsuntersuchun-gen dringend notwendig, um überhaupt Trends darstellen zu können. Für die Erfassung der Ursachen von Veränderungen und hier sind die bayerischen Untersuchungen ein gutes Beispiel, ist eine Min-destzahl von Informationen über die Bodenbewirtschaftung notwendig. Hier gibt es in einigen Bundes-ländern Restriktionen. Können diese nicht ausgeräumt werden, kann eine Auswertung für ganz Deutschland nicht durchgeführt werden.

    Wir stellen fest: Es gibt eine Notwendigkeit für die Darstellung von Bodenzustand und seinen Verän-derungen auf nationaler, europäischer und auch auf globaler Skala. Es gibt einen Bedarf für diese In-formationen. Wir erleben aber auch: Wenn die zuständigen Behörden diese Ergebnisse nicht vorlegen können, gibt es Dritte, die solche Ergebnisse produzieren und sich anderer Informationsquellen und Gelder bedienen.

    Beispiel: Da die europäischen Mitgliedstaaten (auch Deutschland) keine ausreichenden Informationen über die organische Bodensubstanz vorlegen konnten, hat sich das JRC an die EUROSTAT-Aktivität „Land Use and Cover Assessment“ (LUCAS) angehängt und auf einem Zehntel der LUCAS-Observierungspunkte Bodenproben (ca. 25.000, davon 1.981 in Deutschland) genommen. Erste Er-gebnisse liegen vor, diese Proben werden demnächst auch auf Schwermetalle untersucht. Angedacht ist eine Wiederholungsbeprobung im Jahr 2013.

    International ist die Global Soil Map ein Beispiel für solche Aktivitäten.

    Allein aufgrund möglicher konkurrierender Versionen von Fachthemen, Karten oder Auswertungen sollten wir stärker über die Rolle der BDF-Daten und ihrer Verwendbarkeit nachdenken.

    8 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • Bodendauerbeobachtung in Deutschland – Stand und Perspektiven

    Wir wissen jedoch auch um die teilweise knappen Kapazitäten auf Bundes- und Länderebene für die Erfüllung solcher Aufgaben. Das UBA wird deshalb die Auswertung zu org. Bodensubstanz erneut mit Forschungsmitteln unterstützen.

    Forderungen für die Zukunft der Monitoringaktivitäten auf Landes- und Bundesebene:

    − Monitoringsysteme müssen an neue Erkenntnisse angepasst werden. Ein breiter Diskussions-prozess, wie er gegenwärtig z. B. in der europäischen und internationalen Bodenszene abläuft, kann die gegenwärtige Bund-Länder-Zusammenarbeit sinnvoll ergänzen.

    − Zunehmend fragen Dritte nach BDF-Daten für die Integration in andere Themen (Klima, Gen-technik, Ökosystemforschung). Daten und Informationen müssen so aufbereitet werden, dass die Nachfrage auch bedient werden kann.

    − Das Daten- und Informationsmanagement muss verbessert werden, um vorhandene Daten für übergreifende Auswertungen zeitnah auffindbar und verfügbar zu machen. Dabei ist die ge-trennte Datenhaltung kein Problem. Die Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie kann hier eine posi-tive Wirkung entfalten.

    − Monitoringergebnisse müssen offensiv für Politik und Öffentlichkeit dargestellt werden. Dazu ist es nötig, die Bekanntheit der Monitoringprogramme zu steigern.

    − Die inhaltliche Vernetzung mit anderen Inventurprogrammen (Bodenzustandserhebung) muss weiter vorangetrieben und institutionalisiert werden, um Synergien nutzen zu können.

    − Für die folgende länderübergreifende Untersuchung des organischen Kohlenstoffgehaltes ist neben den Parametern der unmittelbaren Begleitanalytik eine Aktualisierung des gesamten Da-tensatzes anzustreben, um besonders die identifizierten, zu vertiefenden Fragestellungen aus dem vorliegenden Projekt bewerten zu können und um die Trendbetrachtung auf ein solides Fundament zu stellen. Die derzeitige Verfügbarkeit ergänzender und neuerer Datenbestände lässt keinen Zweifel daran, dass damit weitaus aussagekräftigere Ergebnisse vorliegen werden.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 9

  • 25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich ge-nutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    Roswitha Walter, Johannes Burmeister, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft

    1 Einleitung und Fragestellung Boden-Dauerbeobachtungsflächen (BDF) haben einen unschätzbaren Wert als Referenz- und Früh-warnsystem für Veränderungen des Bodenzustandes. Nur praxisnahe Dauertestflächen geben Auf-schluss über langfristige Veränderungen im Boden, wie sie sich derzeit z. B. unter dem Einfluss des Klimawandels oder im Ergebnis neuartiger Landnutzungssysteme abzeichnen könnten.

    Als bodenzoologische Untersuchungsparameter in Agrarökosystemen kommt den Regenwürmern als aggregierender, praxisnaher Indikator, der auf viele Faktoren (Bewirtschaftung, Standortbedingungen, Klima u. a.) reagiert, eine herausragende Rolle zu. Auch für die Strukturstabilität und Fruchtbarkeit von Böden sind Regenwürmer von großer Bedeutung. Im Boden-Dauerbeobachtungsprogramm wer-den seit 1985 auf 132 landwirtschaftlich genutzten Standorten in ganz Bayern Bestandserhebungen zu Regenwürmern durchgeführt. Nachdem im Jahr 2010 die 3. Probenahmeserie abgeschlossen wur-de soll hier in einer zusammenfassenden Darstellung die Entwicklung der Regenwurmpopulationen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen Bayerns (Acker, Grünland, Sonderkulturen) unter dem Ein-fluss anthropogener und natürlicher Faktoren von 1985 bis 2010 aufgezeigt werden. Geben die er-fassten Daten z. B. Hinweise auf Effekte des Klimawandels oder der zunehmend reduzierten Boden-bearbeitung? Diese Fragen sollen über die Indikatoren Artenvielfalt, Abundanz und Biomasse der Re-genwürmer insgesamt und über die Abundanz des Tauwurms (Lumbricus terrestris) geklärt werden. Insbesondere Lumbricus terrestris gilt auf Ackerflächen als Zeigerart für ein ausreichendes Angebot an Streu und Rottematerial auf der Bodenoberfläche bzw. in der obersten Bodenschicht. Zudem ist er mit der hier angewendeten Methode der Formalinaustreibung sehr gut erfassbar (EHRMANN & BABEL 1991, FRÜND & JORDAN 2003, NAGEL 1996).

    2 Untersuchungsflächen und Methoden Die 132 landwirtschaftlich genutzten BDF wurden im Untersuchungszeitraum als Acker (94), Grünland (21) und Sonderkulturen (3 Wein-, 3 Hopfen-, 1 Obstanbaufläche) genutzt. Weitere 10 Flächen erfuh-ren im Untersuchungszeitraum einen Nutzungswechsel. Von 1985 bis 1988 fand die 1. Beprobung, von 1989 bis 1999 die zweite und von 2000 bis 2010 die dritte Probenahmeserie (im Text häufig als Serie abgekürzt) zur Regenwurmerfassung statt.

    Jede BDF umfasst 1000 m² und liegt innerhalb eines größeren Flurstückes um Randeffekte zu ver-meiden. Innerhalb der BDF wurden in ungestörten Bereichen zufällig 10 Stichproben von jeweils 1 m² in Äckern, Wein- und Hopfenflächen und jeweils ¼ m² in Grünlandflächen (einschl. der Obstfläche) entnommen. Die Erfassung der Regenwürmer erfolgte im Frühjahr und Herbst bei guten Bodenfeuch-tebedingungen und einer Bodentemperatur über 5°C durch Austreibung nach der Formalinmethode (BAUCHENHENß 1982). Dabei wurde eine 0,2 %ige Formalinlösung in 2 Gaben von 2 x 20 l pro m² in Äcker und 2 x 5 l pro ¼ m² im Grünland appliziert. Die innerhalb von 30 Minuten an der Bodenoberflä-che auftretenden Tiere wurden aufgesammelt und in 75 %igem Alkohol konserviert. Ermittelt wurden die Abundanz (Individuen/m²) sowie die Biomasse (g/m²) der adulten Tiere und des gesamten Fan-ges.

    10 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • 25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    Die Daten sind zum Teil in Box-Whisker-Plots dargestellt. Hierbei reicht die Box von 25 % bis 75 % Perzentil, der dunkle Strich entspricht dem Median. Die Ausleger (Whisker) enden sofern es keine Ausreißer gibt, bei den Maxima bzw. Minima-Werten. Ausreißer sind alle Werte die weiter als das 1,5 fache der Länge der Box (Interquartilabstand) außerhalb der Box liegen (durch kleine Kreise ge-kennzeichnet).

    Die statistische Auswertung erfolgte durch eine einfaktorielle Varianzanalyse (ANOVA). Bei Ableh-nung der Nullhypothese wurde mit einem paarweisen T-Test (mit nach Bonferroni korrigiertem p-Wert (α=0,05) auf Unterschiede der Gruppen geprüft. Zur Berechnung wurde das Programm R verwendet.

    3 Ergebnisse und Diskussion Bei den ca. 400 von 1985 bis 2010 durchgeführten Beprobungen wurden über 150.000 Regenwürmer gefangen. Insgesamt ließen sich 18 Regenwurmarten nachweisen.

    3.1 3.1. Grünland Trotz natürlicher Populationsschwankungen der Regenwürmer im Grünland, blieb die mittlere Regen-wurmabundanz und -biomasse der 3 Probenahmeserien nahezu unverändert ohne signifikante Unter-schiede (Abb. 1). Durchschnittlich lag die Besiedlungsdichte der Regenwürmer im Grünland zwischen 185 und 230 Individuen/m² (Tab. 1).

    Abb. 1: Box-Whisker-Plots zur Abundanz und Biomasse der Regenwürmer auf Grünland-BDF je Probenahmese-rie (Serie 1: 1985-1988, Serie 2: 1989-1999, Serie 3: 2000-2010).

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 11

  • 25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    Abb. 2: Box-Whisker-Plots zur Abundanz und Biomasse adulter Lumbricus terrestris auf Grünland-BDF je Probe-nahmeserie (Serie 1: 1985-1988, Serie 2: 1989-1999, Serie 3: 2000-2010).

    Der Tiefgräber Lumbricus terrestris nahm im Grünland sowohl in der Abundanz als auch in der Bio-masse tendenziell zu (Abb. 2). Signifikant war der Anstieg der Abundanz adulter Lumbricus terrestris von der 1. zur 3. Serie von im Mittel 11 auf 19 Individuen/m².

    Tab. 1: Durchschnittliche Abundanz (Individuen/m²) der Regenwürmer auf Grünland-BDF (n=21) in den 3 Probe-nahmeserien (Mittelwerte, unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede zwischen den Serien; T-Test, Bonferroni korrigiert).

    Serie 1 (1985-1988)

    Serie 2 (1989-1999)

    Serie 3 (2000-2010)

    Regenwürmer – Gesamt 185,4a 230,5a 211a Lumbricus terrestris (adult) 10,8a 12,8ab 19,3b

    Insgesamt war damit für die Grünlandflächen sowohl in der Regenwurm-Abundanz und -Biomasse als auch in der Artenvielfalt (s. Tab. 3) eine zwar zwischen den Jahren stärker schwankende aber den-noch weitgehend unveränderte Situation im Untersuchungszeitraum festzustellen. Einzig eine signifi-kante Zunahme in der Abundanz von Lumbricus terrestris von der 1. zur 3. Probenahme-Serie weist auf möglicherweise übergeordnete Einflüsse hin, da sich die Bewirtschaftung kaum veränderte. Da die Grünland-BDF überwiegend in Klimaräumen mit reichlich Niederschlag liegen (Alpen, Alpenvorland, Bayerischer Wald) sind vermutlich meist gute Bodenfeuchtigkeitsbedingungen für die Regenwürmer vorhanden. Einen möglichen Einfluss könnten aber zunehmend wärmere Wintermonate mit höheren Bodentemperaturen gehabt haben. Auch TIMMERMANN et al. (2006) gibt die Winterkälte des vorange-gangenen Jahres als wesentlichen Einflussfaktor für starke inter-annuelle Populationsschwankungen von Regenwürmern an. Durch wärmere Winter könnte sich die Aktivitätszeit der Art, die im Wesentli-chen im Frühjahr und Herbst liegt, verlängern und somit auch ihr Fortpflanzungszeitraum.

    12 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • 25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    3.2 Acker Wichtige Einflussfaktoren auf die Regenwurmbesiedlung in Äckern sind Bodeneigenschaften (z. B. die Bodenart) und Bewirtschaftung (EHRMANN 1996, KRÜCK et al. 2006, BEYLICH & GRAEFE 2007, TISCHER et al. 2007). Infolgedessen differenzierte die Hauptbodenartengruppe der Acker-BDF die Regenwur-mabundanzen und -biomassen (Abb. 3 und 4). In Lehm-, Schluff- und Tonböden wurde eine deutlich höhere Regenwurmdichte als in Sandböden nachgewiesen, die sich noch deutlicher in der Biomasse widerspiegelte (Abb. 4).

    Abb. 3: Box-Whisker-Plots zur Abundanz der Regenwürmer auf Acker-BDF von 1985-2010 je Bodenarten-Hauptgruppe und Probenahmeserie.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 13

  • 25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    Abb. 4: Box-Whisker-Plots zur Biomasse der Regenwürmer auf Acker-BDF von 1985-2010 je Bodenarten-Hauptgruppe und Probenahmeserie.

    Die durchschnittliche Abundanz der Regenwürmer in Acker-BDF stieg zusätzlich mit der Zeit von Se-rie 1 zur Serie 3 von 24,5 auf 46,8 Individuen/m² signifikant an (Tab. 2). Aufgrund der beachtlichen Streuung und der geringeren Flächenanzahl der Acker-BDF war dies mit Ausnahme von Ton in den jeweiligen Bodenarten-Hauptgruppen nicht mehr signifikant, obwohl sich eine entsprechende Differen-zierung andeutete (Abb. 3). Diese wurde deutlicher in den Daten zum Tauwurm (Lumbricus terrestris). Innerhalb aller Bodenarten-Hauptgruppen wurden Zunahmen in der Abundanz von Lumbricus ter-restris mit der Zeit festgestellt, signifikant waren diese für Lehm-, Ton- und Schluffäcker (Tab. 2). Die durchschnittliche Abundanz adulter Individuen von Lumbricus terrestris nahm in den Acker-BDF von der 1. zur 3. Serie um ca. das 4-fache von 0,8 auf 3,4 Individuen/m² signifikant zu (Tab. 2). In Sand-äckern fanden sich im Mittel in allen Serien deutlich weniger Individuen von Lumbricus terrestris als in Lehm-, Schluff- und Tonäckern (Tab. 2).

    Tab. 2: Durchschnittliche Abundanz der Regenwürmer in Acker-BDF in den 3 Probenahmeserien (Mittelwerte, unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede zwischen den Probenahmeserien innerhalb der Bodenarten-Hauptgruppe; T–Test, Bonferroni korrigiert).

    Äcker Serie 1 (1985-1988)

    Serie 2 (1989-1999)

    Serie 3 (2000-2010)

    Regenwürmer Gesamt 24,5a (n=94) 38,7ab (n=95) 46,8b (n=94) L. terrestris (adult) Sand 0,2a (n=14) 0,1a (n=13) 1,4a (n=12) Lehm 1,2a (n=42) 2,0ab (n=43) 3,8b (n=42) Schluff 0,5a (n=22) 2,0ab (n=23) 3,6b (n=25) Ton 0,7a (n=16) 1,8ab (n=16) 3,2b (n=15)

    Gesamt 0,8a (n=94) 1,7a (n=95) 3,4b (n=94)

    14 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • 25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    In nahezu allen Bodenklimaräumen in Bayern zeigte sich eine Zunahme der Besiedlungsdichte von Lumbricus terrestris (Abb. 5). Auch in Unterfranken, als trockene Region Bayerns, ist ein positiver Be-standstrend festzustellen.

    Abb. 5: Abundanz adulter Lumbricus terrestris in den Bodenklimaräumen – Vergleich Probenahmeserie 1 und 3.

    Die Artenvielfalt der Regenwürmer in Äckern differenzierte ebenfalls zwischen den Bodenarten-Hauptgruppen. Lehm-, Schluff- und Tonäcker wiesen mit durchschnittlich 3,5 bis 4,0 Arten pro Probe-nahme eine signifikant höhere Artenzahl auf als Sandäcker mit lediglich 1,7 Arten. Innerhalb jeder Bo-denarten-Hauptgruppe nahm die erfasste Artenzahl von der 1. zur 3. Serie zu. Signifikant war diese Zunahme für Lehm- und Schluffböden (Abb. 6). Im Unterschied zum Grünland stieg die durchschnittlich erfasste Artenzahl der Regenwürmer nur im Acker mit der Zeit signifikant von 2,9 Arten in der Serie 1 auf 3,5 Arten in der Serie 2 bis zu 4,1 Arten in der Serie 3 an (Tab. 3). Die durchgängige Erhöhung der Artenzahl in Äckern über die drei Serien ist vermutlich eine Folge des Anstiegs in der Besiedlungsdichte der Regenwürmer (Tab. 2). Dadurch er-reichen Arten mit sehr geringen Siedlungsdichten, erst die für ihren Nachweis erforderliche Häufigkeit.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 15

  • 25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    Abb. 6: Durchschnittliche Anzahl Regenwurmarten in Acker-BDF je Probenahmeserie (unterschiedliche Buchsta-ben kennzeichnen signifikante Unterschiede zwischen den Serien innerhalb der Bodenarten-Hauptgruppe; T–Test, Bonferroni korrigiert).

    Tab. 3: Durchschnittliche Anzahl erfasster Regenwurmarten für Acker- und Grünland-BDF je Probenahmeserie (Mittelwerte, unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede zwischen den Serien inner-halb der Nutzungsart; T-Test, Bonferroni korrigiert).

    Serie 1 (1985-1988)

    Serie 2 (1989-1999)

    Serie 3 (2000-2010)

    Acker 2,9a (n=94) 3,5b (n=95) 4,1c (n=94) Grünland 5,7a (n=21) 6,0a (n=21) 6,4a (n=21)

    3.3 Mögliche Ursachen für die Zunahme der Regenwürmer in Acker-BDF Nachdem im Acker von der 1. zur 3. Probenahmeserie deutlich mehr Veränderungen im Regenwurm-bestand als im Grünland (nur für L. terrestris) zu erkennen waren, liegt es nahe zur Erklärung hierfür Änderungen in der Bewirtschaftung heranzuziehen. Dabei kommt dem Zwischenfruchtanbau, dem An-teil an Blattfrüchten in der Fruchtfolge und der Bodenbearbeitung eine besondere Bedeutung zu. Der Zwischenfruchtanbau blieb allerdings von 1986 bis 2007 im Anteil unverändert innerhalb eines Schwankungsbereiches von 10 bis 20 % (Abb. 7). Ebenfalls auf gleichbleibendem Niveau bewegte sich der jährliche Anteil der Äcker mit Leguminosen als Hauptfrucht.

    16 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • 25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    Abb. 7: Anteil der Acker-BDF mit Zwischenfruchtanbau und Leguminosenanbau als Hauptfrucht in den Jahren von 1985 bis 2006 (einbezogen wurden nur die von 1985 bis 2006 durchgehend als Acker bewirtschafteten BDF).

    Dagegen nahm die voll wendende Bodenbearbeitung von 1985 bis 2007 um ca. 20 % signifikant ab (Abb. 8, r = 0,862, α = 0,01) und könnte somit den bayernweiten Trend der Zunahme der Regen-wurmdichte in Äckern erklären. Acker-BDF, in denen in höchstens 50 % der Jahre eine wendende Bodenbearbeitung erfolgte, zeigten sowohl in der Gesamtabundanz der Regenwürmer als auch in der Abundanz von Lumbricus terrestris sowie in der Artenanzahl höhere Werte als Äcker mit intensiver Bodenbearbeitung (Pflugeinsatz in mehr als > 75 % der Untersuchungsjahre, Tab. 4, Abb. 9). Signifi-kant war dies nur für Lumbricus terrestris, der mit durchschnittlich 4,1 Individuen/m² eine um den Fak-tor 3 höhere Abundanz auf Äckern mit geringerer Bodenbearbeitung hatte (Abb. 9, Tab. 4). Die positi-ve Wirkung von reduzierter Bodenbearbeitung auf die Regenwurmbesiedlung haben bereits zahlrei-che Untersuchungen gezeigt (BAUCHHENß 1988, HOFMANN et al. 2003, JOHNSON-MAYNARD et al. 2007, JOSCHKO et al. 2009, KRÜCK et al. 2001, MAURER-TROXLER et al. 2006). KRÜCK et al. (2001) konnten im sächsischen Lößhügelland durch Pflugverzicht eine Zunahme der Regenwurmabundanz um den Fak-tor 2,5 nachweisen, wobei der Tiefgräber Lumbricus terrestris besonders profitierte. Durch reduzierte Bodenbearbeitung bleiben nicht nur die Wohnröhren von Lumbricus terrestris weitestgehend erhalten, sondern von großer Bedeutung ist auch, dass organische Substanz (Ernterückstände) an der Boden-oberfläche verbleibt bzw. nur flach eingearbeitet wird. Dadurch werden für den Tiefgräber Lumbricus terrestris, der seine Nahrung an der Bodenoberfläche einsammelt und in seine Röhre zieht, günstigere Nahrungsbedingungen geschaffen.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 17

  • 25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    Abb. 8: Anteil der Acker-BDF mit Pflugeinsatz in den Jahren von 1985 bis 2006 (einbezogen wurden nur die von 1985 bis 2006 durchgehend als Acker bewirtschafteten BDF).

    Abb. 9: Box-Whisker-Plots der durchschnittlichen Gesamtabundanz (links) und der durchschnittlichen Abundanz adulter Lumbricus terrestris (rechts) auf Acker BDF mit unterschiedlicher Bodenbearbeitungsintensität (Anteil Jahre mit wendender Bodenbearbeitung (WB) von 1985 bis 2006).

    Tab. 4: Regenwurmbesiedlung in Acker-BDF mit unterschiedlicher Bodenbearbeitungsintensität (Anteil Jahre mit wendender Bodenbearbeitung (WB, Pflug) von 1985 bis 2006). (Mittelwerte, unterschiedliche Buchstaben kenn-zeichnen signifikante Unterschiede zwischen den Bodenbearbeitungsintensitäten T –Test, Bonferroni, korrigiert).

    Anteil Jahre mit Pflugeinsatz >75%

    (n=60) 75-50% (n=24)

    ≤50% (n=12)

    Gesamt-Abundanz (Individuen/m²) 35,1a 45,5a 52,5a L. terrestris: Abundanz adulter Individuen/m² 1,4a 2,9b 4,1b Artenzahl 4,8a 4,8a 5,9a

    18 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • 25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    3.4 Sonderkulturen (Hopfen, Wein und Obst) Alle 3 Hopfen-BDF und alle 3 Wein-BDF wiesen, wenngleich auch in unterschiedlicher Höhe, in der 3. Probenahmeserie höhere Regenwurmabundanzen auf als in der 1. und 2. Serie (Tab. 5). Dies trifft auch für den Tiefgräber Lumbricus terrestris zu. Begrünungen und Bodenbedeckung zwischen den Reihenkulturen, die zu einem besseren Streuangebot und zu einem ausgeglicheneren Bodenklima beitragen, haben dabei wahrscheinlich einen wesentlichen Einfluss (BAUCHHENß 1986). Die Regen-wurmbesiedlungsdichte der einzigen Obst-BDF liegt in der Größenordnung von Grünlandflächen. Von der 1. zur 3. Serie konnte dort für Lumbricus terrestris eine positive Entwicklung festgestellt werden (Tab. 5).

    Tab. 5: Durchschnittliche Abundanz (Individuen/m²) der Regenwürmer in den Sonderkulturen.

    Serie 1 (1985-1988)

    Serie 2 (1989-1999)

    Serie 3 (2000-2010)

    Gesamt-Abundanz Hopfen (n=3) 39,1 9 45 Wein (n=3) 2,3 5,7 96,8 Obst (n=1) 63 294 194 L. terrestris (Adult) Hopfen (n=3) 2,1 0,7 5,5 Wein (n=3) 1,2 1,1 15,9 Obst (n=1) 10,4 12,8 27,2

    4 Zusammenfassende Beurteilung und Ausblick Die Ergebnisse aus den Untersuchungen auf den Bodendauerbeobachtungsflächen für die landwirt-schaftlich genutzten Böden Bayerns geben keine Hinweise auf eine Abnahme der Besiedlungsdichte und der Artenvielfalt von Regenwürmern. Während die Gesamt-Abundanz und Artenvielfalt der Re-genwürmer im Grünland seit 1985 unverändert blieben, waren in Acker-BDF sogar Zunahmen festzu-stellen. Die Bewirtschaftung der vergangenen 10 Jahre steht demnach nicht im Widerspruch mit dem Erhalt der Regenwurmfauna. Dies gilt nicht für den Grünlandumbruch, da Ackerböden deutlich gerin-ger von Regenwürmern besiedelt sind.

    Für den tiefgrabenden Tauwurm (Lumbricus terrestris) konnte sowohl für den Nutzungstyp Grünland als auch für Äcker eine signifikante Zunahme von der 1. zur 3. Probenahme-Serie ermittelt werden. Auf Ackerflächen konnte hierbei, wie bereits in anderen Studien zahlreich belegt (BAUCHHENß 1988, JOHNSON-MAYNARD et al. 2007, KRÜCK et al. 2001, MAURER-TROXLER et al. 2006, JOSCHKO et al. 2009), die Bodenbearbeitung als möglicherweise entscheidender Faktor identifiziert werden. Als wei-tere Erklärung der Zunahme von Lumbricus terrestris sind Änderungen der klimatischen Bedingungen zu diskutieren (Winterfrost, Höhenlagen usw.). Insbesondere für die positive Entwicklung im Grünland waren wahrscheinlich klimatische Faktoren, wie kürzere und wärmere Winter, entscheidend.

    Methodische Untersuchungen zur Regenwurmerfassung (EHRMANN & BABEL1991, FRÜND & JORDAN 2003, PELOSI et al. 2009) zeigten mittlerweile, dass für eine gute Bestandserfassung der Regenwür-mer eine Austreibungsmethode kombiniert mit einer Handauslese unerlässlich ist. Deshalb wird ab der 4. Serie die Formalinmethode um eine Handauslese ergänzt. Dadurch wird vor allem in Äckern ein deutlich höherer Erfassungsgrad insbesondere der endogäischen Regenwurmarten erreicht, um somit bessere standortstypische Kennwerte in der Regenwurmbesiedlungsdichte zu erhalten.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 19

  • 25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    Über die vorliegende Darstellung hinaus wird eine weiterführende Auswertung der Daten zu Stand-orts- und Bewirtschaftungsfaktoren, den Bodenarten-Hauptgruppen und der Verbreitung der Regen-wurmarten in Bayern erfolgen. Dabei soll soweit möglich aufgezeigt werden inwieweit sich einzelne acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen innerhalb der Landnutzung auf die Lumbriciden auswirken.

    Trendaussagen auf der Ebene der einzelnen BDF dürften erst nach 1 bis 2 weiteren Probenahmen möglich werden. Inter-annuelle Schwankungen der Regenwurmpopulationen (EHRMANN et al. 2007) werden zukünftig durch 1-2 jährige Beprobungen an etwa 5 ausgewählten Acker-BDF dargestellt.

    Literatur BAUCHHENß, J. (1982): Artenspektrum, Biomasse, Diversität und Umsatzleistung von Lumbriciden (Regenwürmer) auf unterschiedlich bewirtschafteten Grünlandflächen verschiedener Standorte Bay-erns. Bayerisches Landwirtschaftliches Jahrbuch, 59. Jahrg., Heft 1, 119-124.

    BAUCHHENß, J. (1986): Die Bodenfauna landwirtschaftlich genutzter Flächen. Laufener Seminarbeiträ-ge 7, 18-28.

    BAUCHHENß, J. (1988): Funktion der Bodentiere auf Flächen mit extensiver Bodenbearbeitung. – Schu-le und Beratung Heft 1-2, Seite III-10 bis III-12.

    BEYLICH, A & GRAEFE, U. (2007): Lumbriciden in der Boden-Dauerbeobachtung: Darstellung von Refe-renzbereichen, Baselines und Veränderungstendenzen an Beispielen aus Norddeutschland. Texte 34/07 Umweltbundesamt, 33-53.

    EHRMANN, O. & BABEL, U. (1991): Quantitative Regenwurmerfassung – ein Methodenvergleich. Mittei-lungen Dt. Bodenkundl. Gesellsch. 66, I, 475-478.

    EHRMANN, O. (1996): Regenwürmer in einigen südwestdeutschen Agrarlandschaften: Vorkommen, Entwicklung bei Nutzungsänderungen und Auswirkungen auf das Bodengefüge. Hohenheimer Boden-kundliche Hefte, Heft 35, Universität Hohenheim, 135S.

    EHRMANN, O., BRAUCKMANN, H.-J., EMMERLING, C., FRÜND, H.-C. (2007): Erfassung und Bewertung von Regenwurmpopulationen – Vorschlag für ein mehrstufiges Bewertungsverfahren. Texte 34/07 Um-weltbundesamt, 72-86.

    FRÜND, H.-C. & JORDAN, B. (2003): Regenwurmerfassung mit Senf oder Formalin? Versuche zur Eig-nung verschiedener Senfzubereitungen für die Austreibung von Regenwürmern. Osnabrücker Natur-wissenschaftliche Mitteilungen, Band 29, 97-102.

    HOFMANN, B., TISCHER, S., CHRISTEN, O. (2003): Einfluss langjährig unterschiedlicher Bodenbearbeitung auf Humusgehalt und biologische Bodeneigenschaften. Mitt. Ges. Pflanzenbauwiss. 15, 288-289.

    JOHNSON-MAYNARD, J.L., UMIKER, K.J., GUY, S.O. (2007): Earthworm dynamics and soil physical proper-ties in the first three years of no-till management. Soil & Tillage Research 94, 338-245.

    JOSCHKO, M., GEBBERS, R., BARKUSKY, D., ROGASIK, J., HÖHN, W., HIEROLD, W., FOX, C.A., TIMMER, J. (2009): Location-dependency of earthworm response to reduced tillage on sandy soil. Soil & Tillage Research 102, 55-66.

    KRÜCK, S., NITZSCHE, O., SCHMIDT, W. (2001): Verbesserte Regenverdaulichkeit durch Regenwurmakti-vität - Regenwürmer vermindern Errosionsgefahr. Landwirtschaft ohne Pflug-1, 18-21.

    KRÜCK, S., JOSCHKO, M., SCHULTZ-STURMBERG, R., KROSCHEWSKI, B, TESSMANN, J. (2006): A classificati-on scheme for earthworm populations (Lumbricidae) in cultivated agricultural soils in Brandenburg, Germany. J. Plant Nutr. Soil Sci. 169, 951-660.

    20 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • 25 Jahre Regenwurmerfassung auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern

    MAURER-TROXLER, C., CHERVET, A., RAMSEIER, L., STRUNEY, W.G. (2006): Zur Bodenbiologie nach 10 Jahren Direktsaat und Pflug ähnlich wie auf Dauergrünland. Landwirtschaft ohne Pflug 6, 14-19.

    NAGEL, R., (1996): Die Bedeutung von Regenwürmern für den C- und N-Umsatz in einer heterogenen Agrarlandschaft. FAM-Bericht 11, Shaker Verlag, 126 S.

    PELOSI, C., BERTRAND, M., CAPOWIEZ, Y., BOIZARD, H., ROGER-ESTRADE, J. (2009): Earthworm collection from agricultural fields: Comparisons of selected expellants in presence/absence of hand-sorting. European Journal of Soil Biology 45, 176-183.

    TIMMERMAN, A., BOS, D., OUWEHAND, J., DE GOEDE, R.G.M. (2006): Long-term effects of ferilisation re-gime on earthworm abundance in a semi-natural grassland area. Pedobiologia 50: 427-432.

    TISCHER, S. (2007): Erfassung und Bewertung von Lumbricidenvorkommen sowie deren Schwerme-tallgehalte auf BDF von Sachsen-Anhalt und Thüringen. Texte 34/07 Umweltbundesamt, 54-71.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 21

  • Ergebnisse aus zwei Jahrzehnten Radioaktivitätsbodendauerbeobachtung

    Ergebnisse aus zwei Jahrzehnten Radioaktivitätsboden-dauerbeobachtung

    Peter Spörlein, Petra Wölfel, Bayerisches Landesamt für Umwelt

    1 Einleitung Zur Überwachung der im Zuge der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl emittierten Strahlung in Waldböden wurden 1990 durch das ehemalige Bayerische Geologische Landesamt (GLA) (jetzt Lan-desamt für Umwelt (LfU)) acht Bodendauerbeobachtungsflächen (Radio-BDF) im Staatsforst angelegt. Diese vollziehen das Strahlenschutzvorsorgegesetz (StrVG) von 1986. Die erhobenen Daten dienen als Ergänzung zu den von der Landesanstalt für Landwirtschaft erstellten Daten aus Untersuchungen auf landwirtschaftlich betriebenen Flächen. Diese sind Teil des vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) betriebenen IMIS ("Integriertes Mess- und Informationssystem zur Überwachung der Umweltra-dioaktivität"). Erste Auswertungen zum Verhalten von geogenen (Kalium 40, Radium 226 und Actinium 228) und durch den Tschernobyl-Fallout immittierten, anthropogenen Radionukliden (Cäsium 134, Cäsium 137, Ruthenium 106, Silber 110, Antimon 125 und Cer 144) in Waldböden Bayerns erfolgten Mitte der 90 er Jahre (SCHILLING, 1994). Diese wurden bislang noch zweimal aktualisiert (SCHILLING et al., 2005; SCHILLING, 2006). Entsprechend dieser Untersuchungen haben sich die Aktivitäten der geogenen Nuklide im Zeitraum von 1990 bis 2005 aufgrund sehr langer Halbwertszeiten (Kalium 40 mit 1,3 Milliarden Jahren) bzw. dauernder Neubildung als Teil einer Zerfallsreihe (Radium 226 und Actinium 228) nicht nachweisbar geändert. Von den anthropogenen Nukliden sind bis zum Jahre 2003 nur noch Cäsium 134 in den Auflagen und Cäsium 137 über die gesamte Mächtigkeit und in relevanten Mengen vorhanden.

    Daher wird im Folgenden in erster Linie Cäsium 137 betrachtet, wobei die im Vergleich zu den oben genannten Auswertungen um drei Jahre erweiterte Datengrundlage die bereits gewonnenen Erkennt-nisse aktualisieren und vertiefen soll.

    2 Material und Methoden

    2.1 Untersuchungsstandorte Die Untersuchungsflächen wurden im Süden und Osten Bayerns eingerichtet. Dort traten 1986 erhöh-te Radionuklidimmissionen auf (SCHILLING, 1994). Die Bodentypen an den Untersuchungsstandorten sind vergleichbar, die Bodenformen sind in der Re-gion flächenhaft verbreitet. Das Substrat besteht mit Ausnahme der Fläche bei Bruck in der Oberpfalz (ausschließlich Kreidesande) aus Lößlehm. Im Liegenden finden sich Tertiärsande, Niederterrassen-schotter und Moränenmaterial sowie untergeordnet Kreidesande. Bestockung und Unterwuchs sind weitgehend identisch, so dass insgesamt von homogenen Standort-faktoren ausgegangen werden kann (SCHILLING, 1994).

    2.2 Bodenprobenahme Die 100 x 100 m großen Flächen wurden bis 2008 jährlich an 20 Rasterpunkten im Abstand von 20 x 25 m volumenbezogen (Nmin-Bohrer) für die Beprobungstiefen 0 bis 10 cm und 10 bis 30 cm unter-sucht. Darüber hinaus wurde die Auflage ohne Horizontunterteilung als Ganzes (L+Of+Oh) ebenfalls

    22 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • Ergebnisse aus zwei Jahrzehnten Radioaktivitätsbodendauerbeobachtung

    volumenbezogen (10 x 10 cm Stechrahmen) beprobt. Aus dem Material der 20 Probenahmepunkte wurde jeweils eine Mischprobe gebildet, so dass pro Fläche und Jahr drei Proben (Auflage; 0 bis 10 cm; 10 bis 30 cm) generiert wurden (SCHILLING, 1994). Die Probenahme erfolgte bis 2002 durch das ehemalige GLA, von 2003 bis 2006 durch eine externe Firma und im Anschluss durch die Bodenschutzingenieure der Wasserwirtschaftsämter München und Traunstein. Aufgrund der Aufgabenkritik im Zuge der Verwaltungsreform wurde die Probenahme ab 2009 ausge-setzt und soll in Zukunft nur noch im fünfjährigen Turnus erfolgen.

    2.3 Analytik Nach Lufttrocknung und Siebung < 2 mm wurden die Proben mit hochauflösender Gammaspektro-metrie auf folgende, anthropogenen Nuklide untersucht: Cäsium 134, Cäsium 137, Ruthenium 106, Silber 110, Antimon 125 und Cer 144. Außerdem wurden auch geogene Nuklide, wie Kalium 40, Radium 226 und Actinium 228 bestimmt. Hierzu wurde die Probe in eine für den Untersuchungszweck geeignete, kalibrierte Messgeometrie gebracht. Die dabei emittierte Gammastrahlung wurde mit einem Reinst-Germanium-Halbleiterdetek-tor energiedispersiv bestimmt (BMU, 1998).

    2.4 Datenaufbereitung Um die Flächen hinsichtlich ihres Stoffbestands untereinander vergleichen zu können, sind Konzentra-tionsangaben nicht ausreichend, sondern Stoffvorräte notwendig. Diese berücksichtigen die jeweils beprobten Tiefenintervalle und bodenspezifischen Lagerungsdichten.

    Demzufolge wurde der um den Skelettgehalt korrigierte Cs137-Vorrat je Tiefenintervall nach Formel 1 berechnet.

    Formel 1: ( )

    100[%]100²]/[]/[137²]/[137 altSkelettgehmkgfaktorUmrechungskgBqAktivitätCsespezifischmBqVorratCs −××−=−

    Der für die Umrechnung der spezifischen Aktivität [Bq/kg] in Vorrat notwendige Umrechnungsfaktor [Bq/m²] je Tiefenintervall im Mineralboden wurde nach Formel 2 bestimmt.

    Formel 2:

    10][int³][

    ][Pr²]/[min

    ××−

    = cmervallTiefencmBohrerNVolumengngewichtobentrockemkgsfaktorUmrechnung enMineralbod

    Der Umrechnungsfaktor [Bq/m²] für die Auflage wurde entsprechend Formel 3 ermittelt:

    Formel 3: 10][

    ²][][Pr

    ][Pr²]/[

    1

    ×××

    =

    =

    cmchtigkeitAuflagenmämittlerecmnflächeStechrahmecmnktobenahmepuamchtigkeitAuflagenmä

    gngewichtobentrockemkgsfaktorUmrechnung n

    i

    Auflage

    Aus dem Startwert des Cs137-Vorrates von 1990 wurde außerdem über das Zerfallsgesetz die theo-retische Abnahme bis 2008 entsprechend Formel 4 ermittelt.

    Formel 4: 2/12ln

    0)(T

    t

    eNtN×−

    ×= , wobei

    N(t): Zahl der im Zeitpunkt t unzerfallenen Atome, N0: Zahl der im Zeitpunkt t0 = 0 unzerfallenen Atome,

    T1/2: Halbwertszeit (Cs137 = 30,17 a), t: verstrichene Zeit nach Zeitpunkt t0 = 0.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 23

  • Ergebnisse aus zwei Jahrzehnten Radioaktivitätsbodendauerbeobachtung

    2.5 Statistik Die Cs-137-Vorräte wurden mittels Streudiagramm und exponentieller Kurvenanpassung graphisch analysiert, da diese den Atomzerfall am ehesten wiedergibt. Die zugrundeliegenden Umrechnungsfaktoren wurden analog behandelt, wobei die Kurvenanpassung auf einem linearen Modell basiert.

    3 Ergebnisse und Diskussion Bis 2003 konnte Cs134 noch in den Auflagen nachgewiesen werden (SCHILLING, 2005), ab 2007 ist Cs134 auch dort nicht mehr messbar.

    3.1 Umrechnungsfaktoren Die folgenden Abbildungen zeigen den Verlauf der Umrechnungsfaktoren für Auflage und Mineralbo-den (0-10 cm, 10-30 cm) von 1990 bis 2008. Zur optischen Orientierung wurden der Mittelwert aller Flächen und eine lineare Regressionsgerade einbezogen.

    Abb. 1: Verlauf der Umrechnungsfaktoren für die Auflage von 1990 bis 2008

    24 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • Ergebnisse aus zwei Jahrzehnten Radioaktivitätsbodendauerbeobachtung

    Abb. 2: Verlauf der Umrechnungsfaktoren für den Mineralboden 0 bis 10 cm von 1990 bis 2008

    Abb. 3: Verlauf der Umrechnungsfaktoren für den Mineralboden 10 bis 30 cm von 1990 bis 2008

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 25

  • Ergebnisse aus zwei Jahrzehnten Radioaktivitätsbodendauerbeobachtung

    Deutlich erkennbar sind starke Schwankungen sowohl in der Auflage als auch bei den Tiefeninterval-len des Mineralbodens. Der im Mineralboden in beiden Tiefenstufen angedeutete Abwärtstrend wird hauptsächlich durch von 2003 bis 2005 auffällige Abnahmen verursacht. Diese könnten auf operatio-nelle Abweichungen hindeuten, da während dieses Zeitraums die Probenahme von einer externen Firma durchgeführt wurde.

    Als Ursachen für die starken Schwankungen kommen sowohl natürliche, als auch künstlich erzeugte Faktoren in Frage. Da das Ausgangssubstrat, vorwiegend Lößlehm, relativ homogen aufgebaut sein sollte, sind die Schwankungen wahrscheinlich auf Fehler in der Probenahme zurückzuführen. Deshalb werden im Folgenden die möglichen künstlichen Einflussgrößen der Probenahme (Mächtigkeitsermitt-lung, Probengewicht, Volumen des Nmin-Bohrers) und deren Auswirkung auf den Umrechnungsfaktor näher beleuchtet (siehe Tab. 1).

    Tab. 1: Mögliche Ursachen für die Veränderungen des Umrechnungsfaktors

    Schicht Umrechnungsfaktorerhöhung Umrechnungsfaktorerniedrigung

    Auflage a) mangelhafte Trennung von Auflage und Mineralboden =>höheres Probengewicht

    b) fehlerbehaftete Ermittlung der (mittleren) Mächtigkeit je Probenah-mepunkt =>niedrigere Summenmächtigkeit bei gleichbleibendem Probengewicht

    fehlerbehaftete Ermittlung der (mittleren) Mächtigkeit je Probenahmepunkt =>höhere Summenmächtigkeit bei gleich-bleibendem Probengewicht

    0 bis 10 cm b) Volumenermittlung des Nmin-Bohrers fehlerhaft bzw. unberücksich-tigte Verwendung von Nmin-Bohrern mit verschiedenen Volumina

    a) fehlerhafte Summenmächtigkeit da Kernverluste nicht dokumentiert =>niedrigeres Probengewicht bei zu gro-ßer Summenmächtigkeit

    b) Volumenermittlung des Nmin-Bohrers fehlerhaft bzw. unberücksichtigte Ver-wendung von Nmin-Bohrern mit ver-schiedenen Volumina

    c) mangelhafte Trennung von Auflage und Mineralboden =>niedrigeres Probengewicht bei gleich-bleibender Summenmächtigkeit

    d) höherer, natürlich bedingter Kohlen-stoffanteil im Oberboden an den Probe-nahmepunkten =>niedrigeres Probengewicht bei gleich-bleibender Summenmächtigkeit

    10 bis 30 cm Volumenermittlung des Nmin-Bohrers fehlerhaft bzw. unberücksichtigte Verwendung von Nmin-Bohrern mit verschiedenen Volumina

    fehlerhafte Summenmächtigkeit da Kern-verluste nicht dokumentiert =>niedrigeres Probengewicht bei zu gro-ßer Summenmächtigkeit

    26 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • Ergebnisse aus zwei Jahrzehnten Radioaktivitätsbodendauerbeobachtung

    Die Werteschwankungen des Umrechnungsfaktors bei Auflage und Oberboden (0-10 cm) sind wahr-scheinlich hauptsächlich auf die mangelhafte Trennung dieser beiden Schichten zurückzuführen.

    Der Zickzackverlauf in der Tiefenstufe von 10 bis 30 cm kann wohl vornehmlich auf nicht ausreichend dokumentierte Kernverluste zurückgeführt werden.

    3.2 Cs137-Vorräte Den Zeitverlauf der Cs137-Vorräte an den Untersuchungsstandorten zeigen die folgenden Abbildun-gen. Zur Orientierung sind jeweils die Kurve des Mittelwerts von allen Vorräten, die daraus abgeleitete exponentielle Trendlinie sowie die auf dem ersten Mittelwert von 1990 basierende Kurve des theoreti-schen Zerfalls dargestellt.

    Abb. 4: Verlauf des Cs137-Vorrats in der Auflage aller Radio-BDF von 1990 bis 2008

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 27

  • Ergebnisse aus zwei Jahrzehnten Radioaktivitätsbodendauerbeobachtung

    Abb. 5: Verlauf des Cs137-Vorrats im Mineralboden von 0 bis 10 cm aller Radio-BDF von 1990 bis 2008 (Aus-reißerbereinigung in 2006)

    Abb. 6: Verlauf des Cs137-Vorrats im Mineralboden von 10 bis 30 cm aller Radio-BDF von 1990 bis 2008

    28 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • Ergebnisse aus zwei Jahrzehnten Radioaktivitätsbodendauerbeobachtung

    Die zum Teil deutlichen Schwankungen der Vorräte spiegeln die Variabilität der Umrechnungsfaktoren wider. Die größten Vorräte finden sich nach wie vor in Auflage und der obersten Mineralbodenschicht (0-10 cm). So besteht weiterhin die Gefahr einer radioaktiven Belastung vor allem von Pflanzen, die aus der Humusauflage und dem obersten Mineralboden ihre Nährstoffe beziehen (z.B. Pilze, Heidel-beere) und von bodenwühlenden Tieren (z. B. Wildschweine).

    Die dem Zerfallsgesetz folgende exponentielle Annäherung an die Mittelwerte erzielt bei der Auflage ein hohes Bestimmtheitsmaß (R²) und liegt unterhalb der Kurve des theoretischen Zerfalls. Dies weist auf eine deutliche Abnahme hin. Die mögliche Nachlieferung über den Streufall (Vegetationspumpe) dürfte sich deshalb auf nur geringem Niveau bewegen. Im Tiefenintervall von 0 bis 10 cm ist ebenfalls noch eine Abnahme zu verzeichnen. Diese liegt aber oberhalb der durch das Zerfallsgesetz bestimmten Abnahme und bewegt sich auf geringerem Niveau. Bei der Tiefenstufe von 0 bis 10 cm ist tendenziell eine Zunahme festzustellen. Die Mittelwertkurve verläuft zudem deutlich über der des theoretischen Zerfalls. Die große Abnahme in der Auflage, die relativ gering ausfallende Abnahme im Tiefenintervall 0 bis 10 cm und die tendenzielle Zunahme in der Tiefenstufe von 10 bis 30 cm weisen auf die sich weiter fort-setzende Tiefenverlagerung von Cs137 hin, die vor allem auf Bioturbation (VÖLKEL, 2002) aber auch in geringerem Maße auf Transport mit dem Sickerwasser beruhen könnte (BOSSEW, 2004). Bereits bei der ersten Untersuchung vier Jahre nach dem Reaktorunfall war Cs137 auch bereits in tieferen Bo-denschichten (> 10 cm) zu finden (SCHILLING, 1994).

    Die um drei Messpunkte erweiterten Kurvenverläufe bestätigen damit die bisherigen Erkenntnisse zum Verhalten von Cs137 in Böden Bayerns (SCHILLING, 1994 und 2006; SCHILLING et al., 2005):

    • Als einziges Nuklid aus dem Tschernobyl-Fallout ist Cäsium 137 noch in relevanten Mengen im Boden vorhanden.

    • Der Hauptanteil des durch den Tschernobylunfall immittierten Cs137 befindet sich in der Auf-lage bzw. im humusreichen Oberboden.

    • Die Abnahme des Cs137-Vorrats ist starken Schwankungen unterworfen. Verantwortlich hier-für sind vornehmlich Fehler bei der Probenahme, die zu starken Schwankungen der Umrech-nungsfaktoren geführt haben. Bei der Mineralbodenschicht von 0-10 cm wird die Variabilität der Umrechnungsfaktoren darüber hinaus zusätzlich durch natürlich wechselnde Kohlenstoff-gehalte beeinflusst.

    • Die Aktivität von Cäsium 137 hat sich von 1990 bis 2008 um ca. ein Drittel reduziert.

    3.2 Schlussfolgerungen und Ausblick Die Dauerbeobachtung der Radioaktivität im Boden hat sich vor allem aufgrund des engen Untersu-chungsturnus als geeignetes Instrument zur Überwachung des Tschernobylfallouts in Böden bewährt.

    So konnten die durch den Reaktorunfall immittierten Radionuklide Cer 144 und Ruthenium 106 bis zum Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts bestimmt werden (SCHILLING, 1994). Anti-mon 125 war Ende der 90er noch nachweisbar (SCHILLING, 2006). Cäsium 134 ist seit 2007 nicht mehr analytisch erfassbar. Cs137 ist als einziges Radionuklid derzeit noch messbar. Von ihm geht nach wie vor eine Gefährdung für die Umwelt und letztlich auch für den Menschen aus, da sich die größten Vorräte in Auflage und der obersten Bodenschicht befinden und somit Wild, Waldbeeren und Waldpilze belastet sein können.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 29

  • Ergebnisse aus zwei Jahrzehnten Radioaktivitätsbodendauerbeobachtung

    Bei der Vorratsberechnung hat sich als problematisch herausgestellt, dass die Werte infolge des zugrundeliegenden Umrechnungsfaktors sehr starken Schwankungen unterworfen sind. Dieser wird wesentlich von der Probenahme beeinflusst, weshalb hier in Zukunft noch mehr Wert auf eine detail-lierte, lückenlose Dokumentation gelegt werden muss. Grundsätzlich sollte darauf geachtet werden, die Rahmenbedingungen der Probenahme möglichst konstant zu halten. Dies bedeutet den Einsatz von möglichst gleichbleibendem und erfahrenem Probenahmepersonal und Analyseverfahren.

    Wesentliche Grundlage für die fundierten Aussagen ist die große Datendichte in einem kurzen Zeit-raum. Nur mit -wenigstens zu Beginn- kurzen Untersuchungsintervallen können in relativ kurzen Zeit-räumen belastbare Aussagen getroffen werden. Zu einer Verbesserung der Aussagen hätte sicherlich noch die Erhöhung der Mischprobenzahl von einer auf drei beigetragen, da dadurch auch Aussagen zu Schwankungen innerhalb einer Probenah-me möglich gewesen wären. Mit drei Mischproben wäre auch der Startwert für die Berechnung des theoretischen Zerfalls belastbarer gewesen. Bei Langzeituntersuchungen ist von Beginn an genau zwischen Aufwand und Nutzen abzuwägen, da durch spätere Auswertungen aufgedeckte Versäumnisse in der Regel nur schwer kompensiert werden können.

    Literatur: BOSSEW, P., DITTO, M., FALKNER, TH., HENRICH, E., KIENZL, K. & RAPPELSPERGER, U. (2001): Contamination of Austrian soil with caesium-137. - Journ. of Einvironm. Radioactivity, Volume 55/2: 187-194, Pinawa (Manitoba, Canada).

    BUNDESMINISTERIUM FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT (BMU) (1998): Messanleitun-gen für die Überwachung radioaktiver Stoffe in der Umwelt und externer Strahlung - Verfahren zur gammaspetrometrischen Bestimmung von Radionukliden in Bodenproben, F-y-SPEKT-BODEN-01. Gustav-Fischer-Verlag. 7 S.

    SCHILLING, B. (1994): Untersuchungen zum Verhalten radioaktiver Stoffe auf Monitoringflächen im Zeit-raum 1990-94. – GLA Fachberichte, 14: S. 25-47, München.

    SCHILLING, B., HAMMERL, J., HOLZNER, G., MAHLER, CH., STIMMELMEIER, G. (2005): Monitoring der Radioak-tivität im Boden -Veränderungen zwischen 1990 und 2003. GLA Fachberichte, 22. München. 59 S.

    SCHILLING, B. (2006): Teil 2 – Waldböden 20 Jahre nach Tschernobyl. In: Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU) (Hrsg.) (2006): Bericht über die Veränderungen der Radioaktivität in Böden seit dem Reaktorunfall von Tschernobyl vor 20 Jahren. Eine Bestandsaufnahme der seitdem in Bayern durch-geführten Untersuchungen. Augsburg. 72 S.

    VÖLKEL, J. (2002): Bioverfügbarkeit von Radiocäsium in unterschiedlichen naturräumlichen Einheiten Bayerns. – Regensb. Beitr. f. Bodenkde., Landschaftsökolog. Quartärforsch., 1. Regensburg.135 S.

    30 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • Bleifrei? – Die Belastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LWF)

    Bleifrei? – Die Belastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LWF)

    Alfred Schubert, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

    Zusammenfassung Es werden die unterschiedlichen Bleigehalte von bayerischen Waldböden und deren Veränderung in-nerhalb von fünfzehn Jahren zwischen Erst- und Zweitbeprobung anhand von vier ausgewählten Bo-dendauerbeobachtungsflächen (BDF) vorgestellt. Teilweise deutliche Veränderungen zeigen die or-ganischen Auflagen der Waldböden. Diese sind im Zusammenhang mit den Bleigehalten der Blätter und Nadeln der Bäume auf den BDF zu sehen, die als Streu die organischen Auflagen der Waldböden aufbauen. Die zwanzigjährigen Zeitreihen der Blatt-Nadelgehalte von Blei zeigen auf den BDF deutli-che Abnahmen, die sich auch in den organischen Auflagen der BDF widerspiegeln.

    Bleigehalte von Waldböden Exemplarisch für die 77 Wald-BDF der LWF werden im Folgenden vier BDF mit unterschiedlichen Standorts- und Immissionsbedingungen vorgestellt.

    Einleitend werden beispielhaft drei BDF mit Fichtenbestand und den Humusformen Moder bis Roh-humus einander gegenüber gestellt. Dabei handelt es sich um die BDF Zusmarshausen, München und Fichtelberg. Die folgenden drei BDF-Steckbriefe charakterisieren diese in zusammengefasster Form.

    Tab. 1: Bodendauerbeobachtungsflächen-Steckbrief Zusmarshausen.

    Forstamt : - Zusmarshausen

    Waldort : - IX Scheppacher Forst, 28. Brunnengehau, b 2

    Forstliches Wuchsgebiet : - WG 12 (Tertiäres Hügelland) - WB 7 (Mittelschwäbisches Schotterriedel - und

    Hügelland)

    Relief : - Höhe ü. NN.: 525 m - Hangneigung: 2° - Hanglage: Oberhang - Exposition: Ost-Südost

    Mittlere Jahresdurchschnittstemperatur : - 7,5 °C

    Mittlere Jahresniederschlagssumme : - 750 mm

    Vegetation : - Hainsimsen - Buchenwald (Luzulo - Fagetum)

    Bestand : - Fi-Bestand (38 jährig 1979)

    Bodenprofil mit Horizontierung

    L, Of(h) (5 cm); Humusauflage aus Fi.- Streu

    Ah (2 cm); sehr stark humoser, schwach steiniger, stark toniger Schluff

    Ahl (5 cm); stark humoser, tonverarmter, schwach steiniger, stark toni-ger Schluff

    Al (5 cm); mittel humoser, tonverarmter, schwach steiniger, stark toniger Schluff

    AlSw (25 cm); schwach humoser, tonverarmter, stauwasserleitender, schwach steiniger, stark toniger Schluff

    (AlSw)BtSd (15 cm); tonreicher, teils wasserstauender, schwach steini-ger, stark schluffiger Ton

    BtSd (50 cm +); tonreicher, wasserstauender, schwach steiniger, stark schluffiger Ton

    Substrat : - Quartärer Lößlehm (,L) Standortseinheit : - Mäßig wechselfeuchter grauer Feinlehm, stark

    toniger Schluff (UT4) über stark schluffigem Ton (Tu4)

    Bodentyp (KA 5) : - Parabraunerde - Pseudogley Bodentyp (FAO) : - Stagnic Lixisol Humusform : - Moder

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 31

  • Bleifrei? – Die Belastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LWF)

    Tab. 2: Bodendauerbeobachtungsflächen-Steckbrief München.

    Forstamt : - München

    Waldort : - X Sauschütt, 3 4

    Forstliches Wuchsgebiet : - WG 13 (Schwäbisch - Bayerische Schotterplat-

    ten - und Altmoränenlandschaft) - WB 2 (Münchner Schotterebene) - TWB 1 (Südliche Münchner Schotterebene)

    Relief : - Höhe ü. NN.: 605 m - Hangneigung: 0,5° - Hanglage: Ebene - Exposition: Nord-Nordwest

    Mittlere Jahresdurchschnittstemperatur : - 7 °C

    Mittlere Jahresniederschlagssumme : - 1100 mm

    Vegetation : - Hainsimsen - Buchenwald (Luzulo - Fagetum)

    Bestand : - Fi-Kie-Bestand (66 jährig 1972)

    Bodenprofil mit Horizontierung

    L, Of(h) (6 cm); Humusauflage aus Fi.- Streu

    Aeh (2 cm); sehr stark humoser, podsolierter, schwach steiniger, schluffiger Lehm

    A(h)l (20 cm); mittel humoser, tonverarmter, schwach steiniger, stark toniger Schluff

    SwAl (40 cm); schwach humoser, tonverarmter, stauwasserleitender, schwach steiniger, stark toniger Schluff

    IISdBt (40 cm +); tonreicher, wasserstauender, schwach steiniger, mit-tel schluffiger Ton

    Substrat : - Quartärer Lößlehm (,L) Standortseinheit : - Frischer tiefgründiger Feinlehm, stark toniger

    Schluff (Ut4) über mittel schluffigem (Tu3)

    Bodentyp (KA 5) : - schwach podsolige Pseudogley - Parabraunerde Bodentyp (FAO) : - Stagnic Alisol Humusform : - Moder

    Tab. 3: Bodendauerbeobachtungsflächen-Steckbrief Fichtelberg.

    Forstamt : - Fichtelberg

    Waldort : - I Ochsenkopf, 21. Greinershieb, 4

    Forstliches Wuchsgebiet : - WG 8 (Frankenwald, Fichtelgebirge und Stein-

    wald) - WB 3 (Fichtelgebirge)

    Relief : - Höhe ü. NN.: 941 m - Hangneigung: 20° - Hanglage: Oberhang - Exposition: Nordwest

    Mittlere Jahresdurchschnittstemperatur : - 5 °C

    Mittlere Jahresniederschlagssumme : - 1200 mm

    Vegetation : - Reitgras-Fichtenwald (Calamagrostio-Picetum)

    Bestand : - Fi-Bestand (38 jährig 1994)

    Bodenprofil mit Horizontierung

    L, Of, Oh (11 cm); Humusauflage aus Fi.- Streu

    SwAeh (15 cm); sehr stark humoser, podsolierter, stauwasserleitender, schwach steiniger, stark lehmiger Sand

    IISdBhs (15 cm); stark humoser, oxidreicher, wasserstauender, schwach steiniger, mittel lehmiger Sand

    SdBv (20 cm); schwach humoser, verbraunter, wasserstauender, schwach steiniger, mittel lehmiger Sand

    IIIGoBv (20 cm); schwach humoser, verbraunter, grundwasserbeein-flusster, oxidierter, mittel steiniger, mittel lehmiger Sand

    GoCv (10 cm +); sehr schwach humoser, grundwasserbeeinflusster, oxidierter, mittel steiniger, schwach lehmiger Sand

    Substrat : - Variskischer Granit (G2) Standortseinheit : - Mäßig hangfeuchter, grusiger, stark lehmiger

    Sand (Sl4) über mittel lehmigem Sand (Sl3)

    Bodentyp (KA 5) : - podsoliger Pseudogley-Hanggley Bodentyp (FAO) : - Dystric Gleysol Humusform : - Rohhumus

    32 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • Bleifrei? – Die Belastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LWF)

    In der folgenden Abbildung sind die drei BDF mit ihrem Tiefenprofil der Bleigehalte dargestellt. Die Abbildung zeigt die Werteverteilungen über die Bodentiefe, beginnend bei der Humusauflage bis zum Unterboden/Ausgangsgestein. Die Mittellinie bildet den Tiefengradienten der Medianwerte in den ein-zelnen Bodenhorizonten ab. Die Wertestreuungen in den einzelnen Horizonten sind als Boxplots dar-gestellt. Die Werte der ersten Bodenbeprobung sind blau, die der zweiten in grün abgebildet. Im Ge-gensatz zur zweiten Bodenprobenahme mit 18 Probenahmepunkten auf der Fläche mit einer Tiefe von in der Regel 1 Meter, wurden bei der ersten Probenahme 12 Probenahmepunkte auf der Fläche bis zu einer Tiefe von 30 Zentimeter beprobt und diese zu 4 Mischproben vereint. Die anschließenden Werte von 30 Zentimeter bis zu 1 Meter stammen vom Bodenprofil der BDF.

    Abb. 1: Tiefengradienten der Bleigehalte über die Bodenhorizonte der BDF Zusmarshausen (links), München (Mitte), Fichtelberg (rechts). Blau sind die Werte der ersten, grün die der zweiten Beprobung abgebildet.

    Der Vergleich der drei BDF zeigt erstens fast gleichlaufende Gradienten von hohen Gehalten in den organischen Auflagen und den humosen mineralischen Oberböden zu geringen Gehalten in den mine-ralischen Unterböden. Die hohen Gehalte im Bereich der Oberböden lassen sich nicht durch die Ge-halte der geologischen Ausgangssubstrate erklären. Für die Gehalte der Oberböden können folglich nur Einträge, wahrscheinlich überwiegend aus der Atmosphäre verantwortlich gemacht werden. Das Blei gelangt direkt oder anhaftend an den Oberflächen der fallenden Nadeln auf den Boden.

    Zweitens steigen in den Oberböden die Bleigehalte von Zusmarshausen über München nach Fichtel-berg deutlich an. Auch die Mächtigkeit der Auflagen steigt in dieser Richtung an, verbunden mit einer Änderung der Humusform von Moder bei Zusmarshausen bis zum Rohhumus bei Fichtelberg.

    Drittens zeichnen sich Veränderungen zwischen den beiden Probenahmeterminen in erster Linie in den organischen Auflagen ab, mit der Ausnahme des Unterbodenwerts der BDF München. Ob diese Werte der BDF München reell sind oder fehlerhafte Ausreißer, muss noch geprüft werden.

    Im nächsten Schritt werden die Oberböden genauer betrachtet. Zu erkennen sind Ab- und Zunahmen der Bleigehalte in den Bodenhorizonten. Dafür können Eintragsänderungen, Verlagerungen, Probe-nahme- und Analyseeffekte verantwortlich sein. Die Zuordnung, bzw. der Ausschluss einzelner Effekte ist schwierig. Die Laboranalytik hat sich im Laufe des Untersuchungszeitraums stark gewandelt, dabei wurde allerdings streng darauf geachtet vergleichbare Methoden zu verwenden. Dieser Einfluss ist aber nicht ganz auszuschließen, spielt aber wahrscheinlich nur eine untergeordnete Rolle. Dagegen ist der Probenahmeeffekt gerade in Bodenbereichen mit starken Gehaltsänderungen eine nicht zu vernachlässigende Größe. Verdächtig sind in diesem Zusammenhang unterschiedlich mächtige Hori-zonte bei den jeweiligen Probenahmen. Die Effekte des Eintrags und der Verlagerung, die im Zentrum des Interesses liegen, sind daher nur schwer einzuschätzen, da sich alle Effekte überlagern können.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 33

  • Bleifrei? – Die Belastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LWF)

    Abb. 2: Tiefengradienten der Bleigehalte im Oberbodenbereich der BDF Zusmarshausen (links), München (Mit-te), Fichtelberg (rechts). Blau sind die Werte der ersten, grün die der zweiten Beprobung abgebildet.

    Ungeachtet dieser Schwierigkeiten ist aber auffällig wie unterschiedlich die Bleigehalte in den Aufla-gen sind. Bei den BDF Zusmarshausen und München deutet sich eine mehr oder weniger deutliche Ab- bei der BDF Fichtelberg eine Zunahme an.

    Hier ermöglicht die differenziertere Probenahme bei der ersten Wiederholungsbeprobung (siehe oben) sich auch die organische Auflage noch einmal näher zu betrachten.

    Abb. 3: Tiefengradienten der Bleigehalte in den organischen Auflagen der BDF Zusmarshausen (links), München (Mitte), Fichtelberg (rechts). Grün sind die Werte der zweiten Beprobung abgebildet.

    Zu sehen ist die nahezu synchrone Zunahme von der L und Of Lage zur Oh Lage der organischen Auflage. Von dort nehmen die Bleigehalte zu den darunter liegenden Ah Horizonten ab. Die höchsten Bleigehalte der vorgestellten Böden finden sich somit in den Oh Lagen der organischen Auflagen. Dort ist das Blei angereichert und damit relativ fest an die organische Substanz gebunden. Das dürfte auch ein Aufkonzentrationseffekt durch den Abbau der organischen Substanz sein.

    In der L und Of Lage wird die organische Streu der Nadeln vergleichsweise rasch abgebaut und lan-det danach in den darunter liegenden Horizonten, hier vor allem in der Oh Lage, die im Gegensatz dazu längere Zeiträume für den Abbau- und die Mineralisation benötigt. Die niedrigeren Bleigehalte können abgesehen von einer geringeren Aufkonzentration auch von abnehmenden Bleieinträgen her-rühren. Das Verbot von Blei im Benzin und die dadurch zurückgehende Bleibelastung der Umwelt lässt diesen Schluss zu.

    34 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • Bleifrei? – Die Belastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LWF)

    Das Messprogramm der Nadel- Blattgehalte von ausgewählten Bäumen auf den Wald-BDF der LWF kann hier weitere Informationen liefern. Abgebildet sind die mit einer Linie verbundenen Bleiwerte und als gestrichelte Gerade die gerechnete lineare Regression als Trend. Die Linien roter Farbe beziehen sich auf Nadelwerte des ersten Nadeljahrgangs. Die grünen Linien beziehen sich auf die Werte des dritten Nadeljahrgangs vom siebten Quirl des beprobten Baumes.

    Abb. 4: Bleigehalte und Regressionswerte der Nadeln ausgewählter Bäume auf den BDF Zusmarshausen (oben), München (Mit-te), Fichtelberg (unten) im Untersuchungszeit-raum 1987 - 2010. Rot sind die Werte des ersten, grün die des dritten Nadeljahrgangs vom siebten Quirl des Baumes abgebildet.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 35

  • Bleifrei? – Die Belastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LWF)

    Sehr deutlich ist die sehr ähnliche Abnahme der Bleigehalte der Nadeln der beprobten Bäume auf al-len drei BDF ausgeprägt. Die Abnahme beim ersten Nadeljahrgang ist dabei auffallend geringer als beim dritten Nadeljahrgang. Mit zunehmendem Alter findet eine Aufkonzentration statt. Die drei BDF unterscheiden sich aber bei den Bleigehalten zum Startpunkt der Zeitreihe. Die Gehalte steigen von der BDF Zusmarshausen über die BDF München nach der BDF Fichtelberg an. Zum Ende des Unter-suchungszeitraums gleichen sie sich jedoch weitgehend an. Nur bei der BDF Fichtelberg liegen sie noch etwas höher. In den letzten Jahren des Untersuchungszeitraumes nehmen die Werte auf niedri-gem Niveau nur noch schwach ab, bzw. pendeln dort mit geringen Schwankungen.

    Die Frage stellt sich, ob die gezeigten Beispiele einen allgemeinen Trend repräsentieren oder zufällig ähnliche Reaktionen zeigen. Einen Aufschluss dazu gibt die Auswertung der Bleigehalte aller 31 Wald-BDF mit beprobten Fichten.

    Die Werte zeigen, dass der oben vorgestellte Trend sich auch in der Summe aller Fichten-BDF wider-spiegelt. Deutlich wird auch die Schwankungsbreite der Bleigehalte in den einzelnen Jahren. Werte von z. B. Inventuren, die in geringer Zahl und in zeitlich größeren Abständen erhoben werden, können nur befriedigend interpretiert werden, wenn sie in derartige Zeitreihen eingebunden werden können.

    Abb. 5: Bleigehalte und Regressionswerte der Nadeln ausgewählter Bäume auf allen Wald-BDF mit Fichte im Untersuchungszeitraum 1987 - 2010. Rot sind die Werte des ersten, grün die des dritten Nadeljahrgangs vom siebten Quirl der Bäume abgebildet.

    Die Größe und Gewichte der jährlich neu wachsenden Nadeln sind wie die Elementgehalte der Na-deln von einem Jahr zum anderen nicht konstant. Sie sind maßgeblich von Standortsfaktoren wie der Witterung und des Fruktifikationsverhaltens abhängig. Der Bezug der schwankenden Elementgehalte in den Nadeln zu den Nadelgewichten ermöglicht eine weiterreichende Interpretation der Ergebnisse, da Konzentrations- bzw. Verdünnungseffekte der Elemente in den Nadeln ersichtlich werden. Um die-sem Umstand Rechnung zu tragen werden die Bleigehalte in der folgenden Auswertung mit den 100-Nadelgewichten verrechnet.

    Die Abnahme der Bleigehalte im Untersuchungszeitraum ist so massiv, dass die vorhandenen Kon-zentrationsschwankungen diesen Trend nur leicht modifizieren, aber nicht verändern können.

    36 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • Bleifrei? – Die Belastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LWF)

    Abb. 6: Bleigehalte pro Gewicht von100 Nadeln und Regressionswerte der Nadeln ausgewählter Bäume auf allen Wald-BDF mit Fichte im Untersuchungszeitraum 1987 - 2010. Rot sind die Werte des ersten, grün die des dritten Nadeljahrgangs vom siebten Quirl der Bäume abgebildet.

    Abschließend stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob sich auf Wald-BDF mit Laubholzbe-stockung dieser deutliche Trend ebenfalls beobachten lässt. Dazu werden beispielhaft alle Daten von 12 BDF mit der Baumart Buche ausgewertet. Der jährliche Laubfall lässt hier keinen Vergleich mit äl-teren Jahrgängen zu. Möglich ist allerdings der Vergleich der Bleigehalte von Blättern aus der Licht- mit denen aus der Schattkrone.

    Auch bei den Blättern der Buchen ist der Trend der Bleigehaltsabnahme vergleichbar deutlich ausge-prägt wie bei den Fichtennadeln. Die Gehalte der Blätter aus der Lichtkrone unterscheiden sich kaum von denen der Schattkrone. Auch der Bezug der Bleigehalte zu den 100 Blattgewichten zeigt ver-gleichbare Ergebnisse wie oben bei den Fichtennadeln dargestellt (nicht abgebildet).

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 37

  • Bleifrei? – Die Belastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LWF)

    Abb. 7: Bleigehalte der Blätter ausgewählter Bäume auf allen Wald-BDF mit Buche im Untersuchungszeitraum 1987 - 2010. Rot sind die Werte der Blätter aus der Licht-, grün die der Blätter von der Schattkrone abgebildet.

    Zusammenfassend zeigt diese Auswertung der Nadel-Blattgehalte, dass sich dieser Trend der Ab-nahme der Bleigehalte auch in den Bleigehalten der organischen Auflagen wiederfinden sollte. Damit ist der Rückgang der Bleigehalte in den Auflagehorizonten bei den Wald-BDF Zusmarshausen und München erklärbar. Die Verhältnisse der BDF Fichtelberg sind nicht so klar zu interpretieren. Hier macht sich die Bleigehaltsabnahme der jungen Streu noch nicht in der Gesamtauflage bemerkbar. Da-für ist im Wesentlichen die Humusform Rohhumus verantwortlich mit ihrer mächtigen Oh-Lage, in der die Gehalte immissionsbedingt aus der Vergangenheit sehr hoch sind.

    Um das Bild abzurunden, wird abschließend im Vergleich zu den oben präsentierten BDF die Wald-BDF Dinkelsbühl mit Laubholzbestockung und der Humusform mullartiger Moder vorgestellt. Der Steckbrief der Fläche charakterisiert die BDF in komprimierter Form.

    38 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • Bleifrei? – Die Belastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LWF)

    Tab.4: Bodendauerbeobachtungsflächen-Steckbrief Dinkelsbühl.

    Forstamt : - Dinkelsbühl

    Waldort : - XVIII Baudenhard, 6. Hühnerschlag, 99 1

    Forstliches Wuchsgebiet : - WG 5 (Fränkischer Keuper und Albvorland) - WB 8 (Südliches Albvorland)

    Relief : - Höhe ü. NN.: 445 m - Hangneigung: 6° - Hanglage: Mittelhang - Exposition: West-Südwest

    Mittlere Jahresdurchschnittstemperatur : - 7,5 °C

    Mittlere Jahresniederschlagssumme : - 700 mm

    Vegetation : - Waldlabkraut - Eichen - Hainbuchenwald (Galio

    sylvatici - Carpinetum betuli)

    Bestand : - Ei-Bi-Hbu-Li-Bestand (118 jährig 1984)

    Bodenprofil mit Horizontierung

    L, (Of) (1-2 cm); Humusauflage aus Ei.- Bir.- Hb.- Li.- Streu

    Ah (2 cm); sehr stark humoser, schwach steiniger, mittel schluffiger Ton

    AhBv (30 cm); mittel humoser, verbraunter, schwach steiniger, mittel schluffiger Ton

    IISw (20 cm); sehr schwach humoser, stauwasserleitender, schwach steiniger, schwach schluffiger Ton

    Sd1 (20 cm); wasserstauender, schwach steiniger, schwach schluffiger Ton

    Sd2 (15 cm); wasserstauender, mittel steiniger, schwach schluffiger Ton

    Sd3 (20 cm +); wasserstauender, schwach steiniger, schwach schluffi-ger Ton

    Substrat : - Lias (l) (Amaltheenton) Standortseinheit : - Wechselfeuchter Schichtlehm, mittel schluffiger

    Ton (Tu3) über schwach schluffigem Ton (Tu2)

    Bodentyp (KA 4) : - Braunerde - Pseudogley Bodentyp (FAO) : - Stagni-Dystric Cambisol Humusform : - Mullartiger Moder

    In der folgenden Abbildung ist das Tiefenprofil der Bleigehalte über alle Bodenhorizonte und daneben im Oberbodenbereich dargestellt.

    Im Vergleich zu den drei oben beschriebenen Bodenprofilen von Zusmarshausen, München und Fich-telberg zeigen sich Ähnlichkeiten, aber auch deutliche Unterschiede. Ähnlich ist der Tiefenverlauf der Bleigehalte mit den höchsten Werten im Oberbodenbereich und abnehmenden Gehalten zum Unter-boden hin. Allerdings finden sich hier die höchsten Bleiwerte im Ah Horizont, in der darüber liegenden organischen Auflage sind sie deutlich niedriger. Dies ist ein charakteristisches Merkmal der Humus-formen Mull bis mullartiger Moder, bei denen im Auflagehorizont nur die Lagen L und geringmächtig die Lage Of anzutreffen sind. Die Oh Lage fehlt hier ganz, die bei den ersten drei BDF die höchsten Bleigehalte hatte. Der Ah Horizont tritt bei der BDF Dinkelsbühl an dessen Stelle. Der zweite Unter-schied liegt bei den relativ hohen Bleigehalten in den unteren Bodenhorizonten. Das geologische Ausgangssubstrat der Bodenbildung, hier der Amaltheenton enthält vergleichsweise mehr Blei mit ho-her Streuung der Werte in den einzelnen Horizonten.

    Auffällig ist aber auch bei dieser BDF der Rückgang der Bleigehalte in der organischen Auflage auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Die abnehmenden Bleigehalte der Laubstreu im Untersuchungs-zeitraum machen sich hier bemerkbar.

    Auffallend sind zudem die deutlichen Gehaltsunterschiede in den mittleren und unteren Mineralbo-denhorizonten zwischen den zwei Probenahmen. Eine plausible Erklärung welche Ursache innerhalb des Untersuchungszeitraumes dafür verantwortlich sein könnte fehlt derzeit noch. Eine Nachanalyse von Rückstellprobenmaterial der Erstbeprobung bringt hier vorrausichtlich die Antwort.

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 39

  • Bleifrei? – Die Belastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LWF)

    Abb. 8: Tiefengradienten der Bleigehalte im gesamten Bodenprofil (links) und im Oberbodenbereich (rechts) der BDF Dinkelsbühl. Blau sind die Werte der ersten, grün die der zweiten Beprobung abgebildet.

    Die vier beispielhaft ausgewählten Wald-BDF Zusmarshausen, München Fichtelberg und Dinkelsbühl zeigen anhand der Bleigehalte von der Erst- und Zweitbeprobung einen mehr oder weniger deutlichen Trend einer Bleigehaltsabnahme in den organischen Auflagehorizonten. Diese korrespondieren mit den Bleigehaltsabnahmen der Nadel- und Laubstreu der aufstockenden Bäume der BDF. Die wesent-liche Ursache hierfür ist auf die deutlich zurückgegangenen Bleieinträge nach dem Bleiverbot im Ben-zin zurückzuführen.

    Die großen Unterschiede der Bleigehalte in den Oberböden der vier Wald-BDF geben auch Hinweise auf frühere und noch bestehende Belastungsgebiete in Bayern.

    Schließlich werden hier auch die Unterschiede in den Bleigehalten der geologischen Ausgangssub-strate der Bodenbildung aufgezeigt. Diese haben aber dem Anschein nach nur sehr geringe Auswir-kungen auf die markant höheren Bleigehalte in den Oberböden der BDF.

    Literatur SCHUBERT, A. (2002): Bayerische Waldboden-Dauerbeobachtungsflächen. –Bodenuntersuchungen-. Forstliche Forschungsberichte, München 2002, Nr. 187, 232 S.

    SCHUBERT, A. (2004): Bayerische Waldboden-Dauerbeobachtungsflächen. –Nadel- Blattuntersuchun-gen-. Ergebnisse ausgewählter Nadel- und Blattuntersuchungen von Bayerischen Waldboden-Dauerbeobachtungs-Flächen. Materialien der LWF Nr. 10, Bayer. Landesanstalt für Wald und Forst-wirtschaft, Freising 2004, 74 S.

    40 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • Bleifrei? – Die Bleibelastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LfU)

    Bleifrei? – Die Bleibelastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LfU)

    Walter Olbricht, Universität Bayreuth; Peter Spörlein, Bayerisches Landesamt für Umwelt

    1 Einleitung und Problemstellung Den Schwerpunkt der Bodendauerbeobachtung am LfU bilden die überwiegend 1986/1987 eingerich-teten, sogenannten Basis-Bodendauerbeobachtungsflächen (Basis-BDF) auf Sonderstandorten (Na-turschutz-, Wasserschutzgebiete, Ballungsräume). Hauptziel der Bodendauerbeobachtung ist es, Veränderungen in unseren Böden zu detektieren. Informationen zur Einrichtung und zur Grundinventur sowie zu ersten Auswertungsansätzen anhand von vier Beispielflächen finden sich in SCHILLING (1994) und SCHILLING (1997). Weitergehende Auswer-tungen finden sich darüber hinaus in SCHILLING et al. (2005). Derzeit verfügt das LfU über 60 Basis-BDF, an denen bisher in ca. 10 jährigem Turnus eine Merk-malsdokumentation der Bodenmatrix, z. B. anhand der Gehalte organischer und anorganischer Schadstoffe erfolgte. Aus den 25 Jahren Bodendauerbeobachtung am LfU liegen demzufolge für na-hezu alle Basis-BDF die Ergebnisse von zwei Beprobungen vor (siehe Abb. 1).

    Abb. 1: Anzahl der vorliegenden Beprobungen pro Basis-BDF

    Mit diesen zwei Punkten auf der Zeitachse lassen sich erste Trends allenfalls erahnen. Eine solide, verlässliche und vor allem flächenscharfe Trendanalyse ist aber noch nicht möglich, wie z.B. auch die Untersuchungen der Schweizerischen Nationalen Bodenbeobachtung (DESAULES et al., 2006) zeigen.

    Ziel der folgenden Auswertungen ist es, trotz dieser noch „dünnen“ Datengrundlage bei den Basis-BDF anhand des Beispielparameters Blei geeignete statistische Auswertungsmethoden zu bestimmen

    Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011 41

  • Bleifrei? – Die Bleibelastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LfU)

    und damit Aussagen über Bleivorratsveränderungen in den letzten 25 Jahren und die zugrundeliegen-den möglichen Einflussfaktoren zu treffen. Da flächenscharfe Aussagen derzeit nicht möglich sind, erfolgt als erste Näherung eine Gesamtbe-trachtung von erster und zweiter Probenahme über alle Flächen.

    2 Material und Methoden

    2.1 Probenahme Die Bodenprobenahme erfolgte i. d. R. im Abstand von ca. 10 Jahren. Hierzu wurden nach einem bundeseinheitlichen Schema (BARTH et al., 2000) bis 30 cm Bodentiefe volumen- und horizontbezogen drei Mischproben entnommen. Weitere Details zur Probenahme finden sich in SCHILLING (1994). Die Erstbeprobung erfolgte vorrangig 1986/87, die Wiederholbeprobungen in verschiedenen Jahren.

    2.2 Probenaufbereitung und Analytik Nach Siebung < 2 mm wurden Proben bis 1992 auf ihre Bleikonzentrationen (mg/kg TS) im Totalauf-schluss nach RUPPERT (1987), jüngere im Mikrowellenaufschluss (KLINGER, 2005) untersucht.

    Nach KLINGER (2005) sind beide Methoden vergleichbar, so dass diese Änderung in der Aufschluss-methode keinen Bruch in den Daten herbeiführt.

    2.3 Datenaufbereitung Um Flächen hinsichtlich ihres Stoffbestands untereinander vergleichen zu können, ist die Heranzie-hung von reinen Konzentrationsangaben nicht ausreichend. Hierzu müssen Stoffvorräte verwendet werden, die die jeweiligen Mächtigkeiten und Lagerungsdichten berücksichtigen.

    Die zugrundeliegenden Daten finden sich in Anhang 1, notwendige Berechnungen wurden wie folgt durchgeführt:

    a) Der Bleivorrat bis 30 cm Bodentiefe wurde nach Formel 1 berechnet.

    Formel 1:

    ( )100

    [%]10010

    ][³]/[1]/[1

    ]/[30 11 ialtSkelettgehcmtMächtigkeicmgdichteTrockenroh

    nTSkgmgionKonzentratPb

    nhakgcmbisVorratPb

    n

    iii

    n

    ii −×

    ××−=−

    ==

    b) Die Bleivorratsänderung bis 30 cm Bodentiefe wurde nach Formel 2 bestimmt:

    Formel 2:

    1Pr2Pr ]/[]/[]/[30 itpunktobenahmezeitpunktobenahmeze hakgVorratPbhakgVorratPbhakgcmbiserungVorratsändPb −−−=−

    Als mögliche Einflussgrößen wurden folgende Parameter als unabhängige Variablen in die statistische Betrachtung einbezogen: Gauß-Krüger-Koordinaten (Rechts-, Hochwert); Nutzung; Geländehöhe; Trockenheitsindex und Jah-resdurchschnittstemperatur sowie durchschnittlicher Jahresniederschlag entsprechend dem Klimaat-las von Bayern nach KNOCH (1952); ökologischer Feuchtegrad (AG BODEN, 1994); pH-Wert (CaCl2) nach DIN 19684-1; Bodenart (Sand-, Schluff-, und Tongehalt) nach DIN 19683-2; organischer Kohlen-stoff (Elementaranalyse).

    42 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2011

  • Bleifrei? – Die Bleibelastung der Böden Bayerns vor 25 Jahren und heute (LfU)

    Die Berechnung des Kohlenstoffvorrats bis 30 cm Bodentiefe erfolgte entsprechend Formel 3.

    Formel 3: ( )

    100[%]1001000][³]/[1[%]1]/[30

    11

    ialtSkelettgehcmtMächtigkeicmgdichteTrockenrohn

    ionKonzentratCorgn

    hakgcmbisVorratCorgn

    iii

    n

    ii

    −××××−=− ==

    Die Veränderung des Kohlenstoffvorrats bis 30 cm Bodentiefe wurde analog Formel 2 bestimmt.

    Um die Bodenart und den pH-Wert berücksichtigen zu können, wurden diese beiden Parameter für die Betrachtungstiefe von 30 cm nach Formel 4 un