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AUSZUG AUS DEM PARADIES Mirabel Compagnie

Auszug aus dem Paradies

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ten friendly European artists continue along the road, meeting art between Germany, France, Italy, Poland, Hungary, Holland

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AUSZUG AUS DEMPARADIES

Mirabel Compagnie

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„In wessen Herz die Kunst sich niederließ,der ist vom Sturm der rauen Welt geschieden,dem öffnet sich, durchwallt von süßem Frieden,im ewigen Lenz ein stilles Paradies.“Jean Paul

Nehmen wir einmal an, Eva hätte nicht vom Apfel abgebissen. Dann wäre das Bezirzen der listigen Schlange gänzlich umsonst gewesen. Es gäbe keine Verführung und keinen Sündenfall. Und das Paradies hätte als solches nicht den Stellenwert, den es hat. Es wäre assoziativ ohne Evas verbotenes Tun ein immerwährend ödes Schlaraffenland - ohne Gefahren und Hindernisse, ohne Lust und Leidenschaft. Bar jeglicher Reibungspunkte, Kampfeslust und kreativer Energien. Gut also, dass es zwei Seiten der Medaille gibt, und dass das Paradies ein Zustand ist, in den man sich zwar zeitweilig begeben sollte, wenn man kann - wohl aber den Gegenpol, das lockend Buhlerische nicht vergessend. Schwer vorstellbar also, hat man es tatsächlich entdeckt, aus dem Para-dies wieder auszuziehen. Arme Eva, armer Adam - und arme Künstler.

Unter traumhaften Umständen hatten letztere mit ihresgleichen aus aller Herren Länder dort gelebt und gearbeitet. Im Paradiesgärtlein, seit 1981, anlässlich jährlicher Künstlersymposien. Völlig frei, versorgt und üppig kulinarisch verpflegt. In prächtiger Landschaft, in welcher der Born der Ideen nur so übersprudelte. Der ganz persönliche Garten Eden trug, allerdings seit gut 30 Jahren, konkret den Namen eines pittoresken, französischen Örtchens am Fuße eines erkalteten Vulkan-schlots: Mirabel.

Aus den weit über 100 Künstlerfreunden, die sich seit der Gründung dieses Musenhorts durch die Darmstädter Sezession, namentlich Pit Ludwig und Liane Palesch, über die drei Jahrzehnte hier versammel-ten, sich trennten und neu formierten, hat sich 2007 nun die „Mirabel Compagnie“ zusammengeschlossen. Bestehend aus den zehn Köpfen Ann-Catherine Charbonnier, Raffaella Formenti, Nikolaus Heyduck, Bernhard Jäger, Ralf Klement, Helma Kuijper, Magda Olasinska, Frank Schylla, Lajos Sejben und Stefan Wehmeier.

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Jene Maler, Bildhauer und Installationskünstler haben sich - wie auch ihre Vorgänger - als zeitgemäße, äußerst produktive Künstlerkolonie verstanden, und das Gefilde der Seligen keineswegs als Ort des Mü-ßiggangs begriffen. Der ihnen nur für eine kurze Zeit geschenkte hortus conclusus wurde kreativ „bebaut und bewahrt“ (Genesis 2, 15), umge-pflügt, gejätet und schlussendlich individuell kultiviert - mit spannendem künstlerischen Ertrag der gegenseitigen Intensivierungen und Kontraste:

Mit Textur- und Schriftbildern von Ann-Catherine Charbonnier, bei-spielsweise. Aber auch mit der vom Internet gespeisten Verpackungs-Raumkunst von Raffaella Formenti sowie mit einer Klanginstallation aus fliegenden „Dolen-Koffern“ von Nikolaus Heyduck. Bestaunen konnte man neben Bernhard Jägers Pop-Art grellem Figuren- und Farbenalpha-bet Ralf Klements Stahlskulpturen, die sich als Fluchtwegsmenschen,als „Running men“, aus ihrem ursprünglichen Industriekontext verselb-ständigten.

Darüber schwebten und waberten aus Kleinstteilen zusammengefasste, transparente Raumskulpturen von Helma Kuijper und erzählte Magda Olasinskas Videokunst von ihrem ganz eigenen Reiseverständnis. Nicht minder eindrucksvoll gesellten sich dazu Frank Schyllas großflächige, nahezu meditative Strukturenbilder sowie die sensiblen Stein-Intarsien von Lajos Sejben. Stefan Wehmeiers Handzeichnungen, situative Land-schaften und Felsformationen, erinnernd an Wachstum aus Organisch-Grafischem, komplettierten das Bild vom üppig-satten, paradiesischen Kosmos.

Jetzt hat die „Mirabel Compagnie“ erneut bewiesen, wie sehr sich der gemeinsame künstlerische Diskurs lohnt. Wie substantiell ein gesunder künstlerischer Wettstreit ist, in Zeiten der redundanten Moden und Hypes. Und es ist fabelhaft, „paradiesisch“ nahezu, anzusehen, wie hochkarätig sich Kontroverses zu einem harmonischen Ganzen vereinen lässt. Wie bereichernd ein solches Grenzen übergreifendes Zusammen-arbeiten ist – vor allem für uns, den Rezipienten, den Kunstliebhaber.

Dr. Melanie Klier

Ann-Catherine Charbonnier

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Raffaella Formenti

Frank Schylla

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Magda Olasinska

In whose heart the art is settled,is divorced from the storm of the harsh world,is offered, infused with sweet peace,in the eternal spring a tranquil paradise.Jean Paul

Let us assume that Eve had not taken a bite of the apple. Then the be-witching by the cunning snake would have been entirely in vain. There would be no temptation and no sin. And paradise as such would not have the importance that it has. It would be, without Eve’s forbidden act, a perpetually barren land of plenty – without dangers and obstac-les, without pleasure and passion. Devoid of friction, fighting spirit and creative energy. It is well then, that there are two sides of the coin and that paradise is a state into which one should venture from time to time, if one can – not forgetting however, the polar opposite, the alluring co-quettish. Hard to imagine then, having once discovered it, to actually move out of paradise again. Poor Eve, poor Adam – and poor artists.

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Raffaella Formenti Frank Schylla

In dreamlike conditions the latter have lived and worked together with like-minded from all corners of the world, in this Garden of Eden, since 1981, on the occasion of the annual artists’ convention. Com-pletely free, well looked after and lavishly catered for. In beautiful sur-roundings, in which the well of ideas veritably bubbled over. This very personal Garden of Eden carried, for a good 30 years, the name of a picturesque French village situated at the foot of an extinct volcano: Mirabel. From the more than 100 artists, who had gathered, separa-ted and re-formed there for three decades since this muse’s paradise was founded by the ‘Darmstädter Sezession’, especially Pit Ludwig and Liane Palesch, the ‘Mirabel Campagnie’ was created in 2007, consis-ting of the ten founders, Ann-Catherine Charbonnier, Raffaella Formen-ti, Nikolaus Heyduck, Bernhard Jäger, Ralf Klement, Helma Kuijper, Magda Olasinska, Frank Schylla, Lajos Sejben and Stefan Wehmeier.

These painters, sculptors and installation artists consider themselves – like their predecessors – a contemporary, highly productive artists colony, and understand the realm of the blessed is by no means to be a place of idleness. Their only temporarily granted hortus conclusus was creatively ‘cultivated and preserved’ (Genesis 2.15), ploughed, weeded and ultimately individually cultivated – with exciting artistic success against a backdrop of mutual intensification and contrast:With textured pictures by Ann-Catherine Charbonnier, for example, but also with the Internet-fed packaging space-art by Raffaella Formenti, as well as the sound installation of flying suitcases by Nikolaus Heyduck. One could marvel at Bernhard Jäger’s bright pop-art figures and colour alphabet, and Rolf Klement’s steel sculptures, materialising as ‘Running Men’ from their original industrial context.

Above them floated and drifted the transparent space-sculptures, assembled from tiny parts by Helma Kuijper, and Magda Olasinska’s video art told of her very individual understanding of travelling. They were joined by the no less impressive, large, almost meditative, structu-red images by Frank Schylla, as well as Lajos Sejben’s sensitive stone inlays. Stefan Wehmeier’s drawings of landscapes and rock forma-tions, reminiscent of graphic organic growth, complete this picture of a lush, rich, heavenly cosmos.

Once again has the ‘Mirabel Compagnie’ demonstrated the impor-tance of a common artistic discourse. How essential it is to have a healthy artistic competition in these times of redundant fashions and hypes. And it is fabulous, ‘heavenly’ almost, to see how highly contro-versial issues can combine to form a harmonious whole. How rewar-ding such cross-border collaboration can be – especially for us, the recipient, the art lover.

Dr. Melanie Klier

(Translated by Bärbel Walton)

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DIE ENERGIE DES BASALTSUND DER EIGENEN WAHRHEIT

Wir haben das Paradies verlassen, um unsere Einmaligkeit zu erfahren. Jetzt dürfen uns unsere Unterschiede nicht in die Hölle führen. Sogar unter Künstlern geschieht das oft. Wir haben die Wahl getroffen, unsere eigene Wahrheit zu suchen, wobei wir oftmals sogar den Verlust einer sozialen Stellung in Kauf nehmen. Um unseren Weg zu finden, haben wir uns Wehrtürme gebaut. Wir haben beschlossen, den Turm miteinander zu teilen, um den richtigen Weg zu finden und nicht länger jeder auf seinem Weg zu bleiben, isoliert.

Wir haben uns Zeit genommen, auf den Weg zu schauen, der hinter uns liegt, indem wir unsere Straße aus der Ferne betrachtet haben. Wir haben die Energie des Basalts in uns aufgenommen, um weiterzureisen. Durch die Treffen mit den anderen bekommen wir genug Energie, um dem Paradies den Rücken zu kehren und die Suche nach unserer eigenen Wahrheit fortzusetzen.

Raffaella Formenti

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Nikolaus Heyduck

Helma Kuijper

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Helma Kuijper

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Lajos Sejben

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Bernhard Jäger

Lajos Sejben

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Ralf Klement Stefan Wehmeier

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Mirabel Compagnie

Kunststation Kleinsassen (2008)

Spazio Tadini Milano (2008)

September 2011:Kunst Pavillon Eisenach

In Planung für 2012:REÖK Palais Szeged, UngarnKunstverein Salzgitter

Kuratiert von Philine Brandt

Kuratiert von Raffaella Formenti

Mirabel Compagnie

Kuratiert vonDr. Melanie [email protected]

Konzeption: Ralf KlementTexte: Dr. Melanie Klier, Raffaella FormentiÜbersetzung: Bärbel WaltonFotos: Ute Wittich, Frank Schylla,Stefan Wehmeier, Nikolaus HeyduckGestaltung: Nikolaus Heyduck, Frank Schylla

Alle Rechte vorbehalten © 2010

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