Angehörigen Info #268

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  • 7/31/2019 Angehrigen Info #268

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    Angehrigen InfoC 1 0 1 9 0 2 0 . 1 . 2 0 0 3 P r e i s : 1 , 5 5 2 6 8

    Herausgegeben vonAngehrigen, Freunden

    und Freundinnenpolitischer Gefangener

    in der BRD

    Marco Heinrichs, 129a-Gefangeneraus Magdeburg

    Am 27.11. kam ich um ca. 9.00 Uhr aus derBckerei, wo ich gerade Frhstcksbrt-chen eingekauft hatte. Eine Straeneckeweiter hatten mehrere groe dunkle Fahr-zeuge ca. 5m von mir entfernt angehalten.Mindestens 3 Personen kamen zgig aufmich zu und fragten Herr Heinrichs?Noch bevor ich darauf antworten konnte,wurde ich berwltigt, in Handschellen ge-legt und durchsucht. Ich schrie mehrmalslaut Ich werde verhaftet!, um meine Mit-bewohner zu informieren, zwecks An-waltsbenachrichtigung. Daraufhin werden

    die Bullen extrem hektisch, verbinden mirdie Augen (mit Sturmmaske), setzten michins Auto, drcken meinen Kopf runter undbrausen los.

    In der Sternstrae werde ich an Beamte

    des BKA bergeben, die mir den Grund derVerhaftung mitteilen (Rdelfhrerschaft in

    einer terroristischen Vereinigung). Mir wur-de dann mitgeteilt, dass auf Anordnung derBAW meine Wohnung durchsucht werde(Gefahr im Verzug). Ich wurde gefragt, obich dabei sein will, was ich bejahe.Ab ca. 10.00 Uhr begann die Durchsu-

    chung meiner Wohnung in meiner Anwe-senheit und der eines Freundes, der sich zudiesem Zeitpunkt in meiner Wohnung auf-hielt. Durchsucht wurde durch das BKA unddurch die Kripo - MD/FK 4. Ca. 20 Perso-nen der Bereitschaftspolizei sicherten dasGebude. Die Durchsuchung dauerte ca. 21/2 Stunden (Wohnung, Dachboden, Kel-

    ler). Bei der unmittelbaren Durchsuchungdurften wir nicht dabei sein, sondern wur-den immer in andere Zimmer gebracht. Ge-gen 13.00 Uhr wurde ich wieder zum Re-

    vier Sternstrae gebracht. Ein Verhrver-

    Gabriele Kanze anSpanien ausgeliefertDass die Schweiz nur ein Land fr Flucht-geld oder Nazigold, aber nicht fr Flcht-linge ist, hat sie schon whrend des Nazi-Faschismus deutlich gemacht. Damals ver-weigerte sie vielen Menschen die Einreiseoder bergab sie der Gestapo, wenn sie esdoch irgendwie geschafft hatten, ins Land

    zu kommen. In dieser Tradition bewegensich die Schweizer Behrden offenbar nochheute. Anfang Januar haben die Herr-schenden der Eidgenossen deutlich ge-macht, wie egal ihnen die Einhaltung ele-mentarer Menschenrechte ist, und habendie Berlinerin Gaby Kanze am 10. Januarbei Nacht und Nebel an den Folterstaat Spa-nien deportiert. Kanze war im Mrz ver-gangen Jahres bei der Einreise in dieSchweiz verhaftet worden, weil Spanien einHaftbefehl aus Spanien seit 1994 aufrechterhalten hatte.

    Die spanischen Behrden werfen Kanzevor, sie habe 1994 mit der Anmietung ei-ner Wohnung die ETA untersttzt. Dabeisind die Vorwrfe, nach Angaben der deut-schen Justiz, vllig unhaltbar. An die hat-te das Justiz- und Innenministeriums Spa-niens im Oktober 1994 die Ermittlung ge-gen Frau Kanze abgetreten. Mit Entscheid

    vom 24. November 1998 kam die Staats-anwaltschaft I beim Landgericht Berlin je-doch zum Schluss, dass es sich bei Pulverin der von Kanze in Barcelona angemiete-

    Zu den 129a-Verfahren inSachsen-Anhalt

    Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,noch immer sitzen Marco und Daniel im Knast. Seit ihrer Festnahme sind nun schon

    einige Wochen vergangen, und langsam wird das Bild etwas klarer. Vorgeworfen wirdihnen, zwei Brandanschlge auf Polizeieinrichtungen verbt zu haben. Der daraus kon-struierte Vorwurf, sie htten eine terroristische Vereinigung gegrndet, ist eine Farce.Die Bundesanwaltschaft (BAW) schiet mit Kanonen auf Spatzen. Und genau darumgeht es. Frei nach dem Motto: Je grer der Hammer, mit dem ich schlag, um so brei-ter die Kreise, die ich treff sind vor allem linke Strukturen in Magdeburg und darberhinaus ins Fadenkreuz der selbsternannten Terroristenjger geraten. Der 129a in sei-ner hauptschlichen Eigenschaft als Ermittlungsparagraph hat sich im Sinne der BAWwieder mal bewhrt. Und noch immer knnen sie keine Vereinigung vorweisen. Fr einerfolgreiches Konstrukt einer terroristischen Vereinigung fehlt ihnen noch eine drittePerson. Somit wird die Durchleuchtung linker Strukturen wohl noch eine Weile anhal-

    ten.Um so wichtiger ist es, dass wir auf diesen Angriff des Repressionsapparates politisch

    reagieren. Und das geht am besten durch eine mglichst umfassende Solidarittsarbeit. InMagdeburg und Quedlinburg haben sich dazu bereits Soligruppen gebildet. Unsere Arbeitbesteht bisher vor allem in der Betreuung der Gefangenen, dem Organisieren von Unter-sttzung und dem Sammeln von Geld. Dabei brauchen wir eure Hilfe. Gleichzeitig disku-tieren wir, wie wir in dieser Situation politische Akzente setzen knnen.

    Daniel und Marco wurden Opfer eines Systems von berwachung und entfesseltem Si-cherheitswahn. In Zeiten eines angeblich weltweiten Kampfes gegen den Terror fielensie der nahezu fanatischen Ideologie der Inneren Sicherheit zum Opfer, sie wurden mitriesigem Aufwand berwacht, ihr persnliches Umfeld minutis ausgeleuchtet und ansch-lieend Untersuchungshaft verhngt. Der Widerstand gegen dieses autoritre System derInneren Sicherheit und gegen den bundesdeutschen Sicherheitswahn, ist zu Recht schonlange Thema der politischen Linken. Daran werden wir anknpfen. In nchster Zeit wer-den wir euch regelmig ber die aktuellen Entwicklungen informieren. Abschlieend do-kumentieren wir noch einen Brief von Marco aus der Untersuchungshaft.

    Soligruppe Magdeburg/Quedlinburg

    Fortsetzung S. 2f.

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    such durch das BKA fand statt, ich verwei-gerte die Aussage. Eine Speichelabgabe ver-weigerte ich ebenfalls. Es kam zur ED-Be-handlung und zur Gewahrsamnahme in derSternstrae. Neben der Rdelfhrerschaft inSachen 129a wird mir die Beteiligung an 2

    Anschlgen in Magdeburg zur Last gelegt.Verdachtsmoment gegen mich war bis da-hin ausschlielich mein enger Kontakt zuDaniel, dem 2. Gefangenen. Angeblich ist

    ein Fingerabdruck von Daniel an einemKarton sichergestellt worden, welcher aneinem missglckten Brandanschlag auf einFahrzeug des BGS verwendet worden seinsoll. Der spter gegen mich erlassene Haft-befehl wurde erst durch die Ergebnisse ei-ner Durchsuchung der WG, in der ich woh-ne, legitimiert. Sichergestellt wurden dabeiangeblich eine Flachbatterie, eine Fahrrad-glhbirne mit Halterung, Kabel und Reste

    von Knallkrpern (Utensilien zur Herstel-lung von Sprengkrpern) sowie hand-schriftliche Unterlagen, Broschren undTexte.

    Am 28.11. wurden Daniel und ich ge-trennt voneinander nach Karlsruhe ge-bracht und dem Haftrichter vorgefhrt. DieHaftbefehle gegen uns wurden vom Rich-ter des BGH beschlossen. Am gleichen

    Abend wurde ich nach Kln-Ossendorf ge-bracht, Daniel in einen anderen Knast.

    In den Tagen danach folgte noch mal einVernehmungsversuch durch das BKA. BKA:Rdelsfher ist eine schlimme Anklage,willst du nicht doch aussagen, um dich zuentlasten ... Ich wrde meinen Kopf nichtfr andere hinhalten ... Andere haben zweiJahre gesessen, wenn sie was gesagt ht-ten, wren sie nach zwei Tagen wiederdrauen gewesen ...

    Ich verweigerte natrlich weiterhin dieAussage.

    Politische Einschtzung:

    Dieser Schlag der Verfolgungsorgane luft

    meiner Ansicht nach auf 2 Ebenen.Zum Einen zielt er auf die grtmglicheDurchleuchtung und Einschchterung derradikalen Linken in Magdeburg. Dies wreohne 129a-Verfahren in dieser Form nicht

    mglich gewesen. Schon die dem 129a ei-gene schwammige Anklage legt weitere

    Angriffe und evt. Verhaftungen nahe undkriminalisiert objektiv die ganze Bewegung

    vor Ort.Dabei stellen unsere Verhaftungen nur

    den vorlufigen Hhepunkt einer lngerenKampagne dar. Immer fter legte die Poli-zei im Verlauf des Jahres Eskalationsstra-tegien auf linken Veranstaltungen an den

    Tag, was bis dahin in Magdeburg eher un-typisch war. Das einzige autonome Hau-sprojekt wurde nach ber zweijhriger Be-setzung gerumt und mit hohem techni-schen Aufwand durchsucht. Observationenund Schikanen gegen SzeneaktivistInnennahmen massiv zu, und mehrere An-quatschversuche durch den VS wurden be-kannt. Darber hinaus konnte mensch nachdem 1. September (der Rumung) eine ArtPressesperre beobachten. Reporter, die den-noch ber lokale Szeneaktivitten berich-teten, bekamen rger.

    Zum Zweiten zielt der Staatsschutzan-

    griff offensichtlich auf die Diskussi-on militanter Zusammenhnge in derInterim. Die an ihr beteiligten Grup-pen und interessierten Menschensollten unter Androhung zu erwar-tender hoher Haftstrafen abge-schreckt und eingeschchtert wer-den, die Diskussion so schon im Keimerstickt werden.

    Die BAW unterstellt Verbindungenzwischen den beteiligten Gruppenund schafft das Konstrukt einer bun-desweit operierenden Organisation,welches wider besseren Wissens me-dial verbreitet wird. Das liest sich inPresseberichten dann so: Den Be-schuldigten wird vorgeworfen, seitmindestens Frhjahr 2002 zu einerGruppierung zu gehren, die in Mag-deburg und anderen Orten der Bun-

    desrepublik operiert.Die entstehenden juristischen Mglich-

    keiten fr die BAW liegen auf der Hand.Dies lsst auch in Bezug auf den Prozess

    gegen Daniel und mich nichts Gutes erah-nen. Ob sie mit der Anklage und ihren wag-halsigen Konstrukten durchkommen, ist

    mehr als fragwrdig und bleibt abzuwar-ten. Wichtig ist es, diesem Angriff nicht nurjuristisch, sondern vor allem politisch zubegegnen!!!Mit revolutionren Gren, MarcoKln-Ossendorf, 28.12.02

    Briefe an Marco und Daniel sind zu rich-ten an: Marco Heinrichs, bzw. Daniel Win-ter ber denErmittlungsrichter am BGHHerrenstr.45a, 76133 KarlsruheSoligelder an das Konto der Roten HilfeMagdeburg; Stadtsparkasse Magdeburg;

    Kontonr.37151949; BLZ.: 81053272;Verwendungszweck: SoligruppeEmail fr Mitteilungen und Anfragen andie Soligruppe: [email protected]

    ten Wohnung nur um Bleisulfid handelte.Dieser Stoff ist zwar geeigne,t um Tpfer-waren herzustellen, ist aber kein Spreng-stoff, wie anfnglich behauptet wurde, undkann auch nicht zu dessen Herstellung ver-wendet werden. Die deutsche Staatsan-waltschaft kam ferner zum Ergebnis, dassder Vorwurf, Frau Kanze habe ihre Woh-

    nung in Barcelona als Ausgangspunkt frAnschlge der ETA angemietet, nicht nach-zuweisen sei. Waffen wurden nicht gefun-den, obwohl dies anfnglich behauptetworden war.

    Die Auslieferung war die Schweizer Art,Geburtstagsgeschenke zu machen. DennKanze wurde zwei Tage spter 47 Jahre alt.Die Entscheidung der Anti-Folter-Kommis-sion der UNO konnte das Schweizer Bun-desamt fr Justiz (BJ) nicht abwarten. Der

    Ausschuss wird erst im April ber den FallKanze entscheiden. So haben die Schwei-zer Handlanger die materielle Basis fr ei-

    ne mgliche Folter oder einen Prozess ge-schaffen, der auf Folteraussagen basiert.

    Die stammen von Felipe San Epifanio, derbei seiner Verhaftung Schlge und Tritte aufden ganzen Krper erhielt und gewrgtwurde. In den fnf Tagen der Inkommu-nikation wurde er auf diese Weise unterSchlafentzug pausenlos vernommen,wahrscheinlich sind ihm dabei auch Dro-gen verabreicht worden. Als er endlich voreinen Haftrichter des Nationalen Gerichts-hofs kam, berichtete er von der Folter undwiderrief im Prozess alle unter der Foltererzwungenen Aussagen und zeigte die Fol-terer an. Selbst der Gerichtsmediziner stell-te mehrere Hmatome und offene Wundeninsbesondere am Kopf des Verhafteten fest.

    Erst im Oktober des vergangenen Jahreshatte die Schweiz zhneknirschend die

    Auslieferung der Berlinerin ausgesetzt,nachdem sowohl amnesty international alsauch die UNO-Kommission intervenierthatten. Weil die Anschuldigungen gegenKanze auf Folter beruhen, ist ein faires Ver-fahren kaum zu erwarten. Auch fr Kanzebesteht die Gefahr, misshandelt zu werden.Im letzten Jahr hatten sowohl der UNO-

    Ausschuss als auch amnesty internationalund andere MenschenrechtsorganisationenSpanien erneut wegen zahlreicher Folter-flle angeklagt, insbesondere bei Verhafte-ten nach dem Anti-Terror Gesetz. Alle Ver-suche, die Schweiz noch dazu zu bewegen,

    vor der Auslieferung noch die Entschei-dung der Kommission abzuwarten, bliebenerfolglos.

    Doch auch deutsche Stellen haben nichtszum Schutz von Kanze unternommen.Joschka Fischers Auenministerium teiltein einem Schreiben lapidar mit, das Ver-fahren findet ausschlielich zwischen den

    Behrden beider Lnder statt. Man nehmenur die Konsularische Betreuung von FrauKanze wahr. Daran nderte auch nicht, dassdem Auenministerium die Foltergefahrbekannt war: Das Schweizer Bundesamt

    Gabriele Kanze ausgeliefert ...

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    fr Justiz hat den Vollzug der Auslieferungaufgehoben, um dem Anti-Folter-Aus-schuss der UNO Gelegenheit zu geben, denFall vorab zu prfen, heit es in demSchreiben des Auswrtigen Amtes. Dassdies effektiv nicht geschehen ist, interes-siert dort wohl niemanden, schlielich willman weder mit der Schweiz noch mit Spa-nien diplomatische Verstimmungen riskie-ren.

    Die Schweizer Behrde hatte ihrerseitsDruck auf den Ausschuss ausgebt, woraufder zustndige Berichterstatter der Kom-mission ohne Angabe nherer Grndepltzlich Anfang Januar den Abschiebe-schutz aufgehoben hatte. Auffllig undskandals ist fr das Schweizer Komi-tee gegen die Auslieferung von Gaby Kan-ze, dass sich die Schweizer Behrden ver-treten durch das Bundesamt fr Justiz BJ dem spanischen Staat regelrecht angedienthtten: Das BJ hat alles daran gesetzt, dassdie spanischen Behrden ihr Ausliefe-rungsersuchen auch tatschlich in aller-

    letzter Minute einreichten: Das BJ hat Spa-nien mehrfach an ablaufende Fristen erin-nert und sie regelrecht zur Verlngerung derFrist und zur Einreichung des Gesuchs ge-drngt. Sowohl das BJ als auch das Bun-desgericht htten vor den offensichtlichen

    Widersprchen im spanischen Ausliefe-rungsgesuch systematisch die Augen ge-schlossen. Um mgliche Proteste gegen dieDeportation zu verhindern, wurde nichteinmal der Anwalt von Kanze ber die Aus-lieferung in Kenntnis gesetzt.

    Nun sitzt Kanze, wie sie in einem kurzenTelefongesprch mit ihren Eltern erklrte,in einer Einzelzelle, ohne Kontakte zu an-deren Gefangenen,die hygienischenZustnde sind of-fenbar alles andereals gut. Bei der Ro-ten Hilfe in Berlingibt es auf Gabis Na-men einSpendenkonto:Berliner BankBLZ 10020000,Kto. Nr.

    7189590600,Stichwort Gabi.

    Briefe kann man ansie unter folgender

    Adresse richten,doch Briefe aufDeutsch knnenMonate dauern, bissie die Zensur pas-siert haben.Gabriele Kanze,C.P. Madrid V,Ctra. Comarcal

    611, KM 37, Apdo200, Soto del Real,E-28770 MADRID(c) Ralf Streck,14.01.2003

    Strafverschrfung gegenAmnestie und Freiheit desBaskenlandes

    Am 4. Januar haben mehrere 10.000 Men-schen in Donostia San Sebastian fr eine

    Amnestie der politischen Gefangenen und frdie Freiheit des Baskenlandes demonstriert(Bild). Die massive Demonstration richtet sichauch gegen die Plne der spanischen Regie-rung, die Strafen fr baskische politische Ge-fangene zu verschrfen. Damit versucht diefaschistoide Regierung unter Ministerprsi-dent und Franco-Anhnger Jose Maria Az-nar, von der Umweltkatastrophe in Galicienabzulenken.

    Mit der massiven Demonstration wurde vor

    allem die Einhaltung des spanischen Straf-rechts gefordert: die Zusammenlegung derGefangenen im Baskenland und die Freilas-sung derer, die drei Viertel der Strafe verbthaben oder schwer erkrankt sind. Darberhinaus wurde eine politische Lsung fr denKonflikt gefordert, der letztlich in eine Am-nestie fr alle politischen Gefangenen mn-den muss, damit sie sich am demokratischenProzess im Baskenland beteiligen knnen.

    Aufgerufen zur Demonstration hatte Etxerat(Nach Hause), die Angehrigenvereinigungder baskischen politischen Gefangenen, dieDemonstration wurde aber auch von Ge-werkschaften und anderen Organisationen

    der linken Unabhngigkeitsbewegung unter-sttzt. Etxerat machte darauf aufmerksam,dass nun mehr Basken aus politischen Grn-den inhaftiert sind als unter der Franco-Dik-tatur. An der Demonstration nahmen auch elfFlchtlinge teil, die im Anschluss ihre kol-lektive Rckkehr ins Baskenland bekannt ge-geben haben. (Siehe Interview auf den nch-sten Seiten.)

    Da nur schwach fr die Demonstration mo-bilisiert wurde, erstaunte die groe Beteili-gung, noch dazu bei Klte und Dauerregen.Dafr drften die Bestrebungen der spani-

    schen Regierung unter der Volkspartei (PP)verantwortlich sein, die erneut versucht, denbaskischen Konflikt zu benutzen, um von ih-rer fatalen Politik abzulenken. Besonders sindhier die Entscheidungen zu erwhnen, diezum Auseinanderbrechen des ltankers Pre-stige fhrten und seither von Portugal bisFrankreich fr eine lpest sorgen. Die Regie-rung lie den Tanker aufs offene Meer zuschleppen, wo er zerbrach, was ihr in einerihrer Stammregionen eine groe Protestbe-wegung bescherte. Die bringt die PP-Regie-rung nun erstmals in Bedrngnis. Mit demScheitern des Prsidenten von Galicien, demFranco-Minister Manuel Fraga, PP-Grnder

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    und politischer Vater von Aznar, knnte auchdas Ende deren Regentschaft im spanischenStaat eingeleitet werden.Whrend Aznar die Justiz jetzt auf Basis

    einer Anzeige eines Neofaschisten gegen dieProtestbewegung Nunca Mais ermittelnlsst, beschliet sie eine Initiative zur Straf-

    verschrfung nach der anderen. So sollen,nachdem diese Initiativen den parlamentari-schen Weg beschritten haben, verurteilte Mit-

    glieder der baskischen Separatistenorganisa-tion ETA knftig Strafen bis zu 40 Jahren ab-sitzen, und das bis zum letzten Tag. Bisherliegt die Grenze bei 30 Jahren. Vergnsti-gungen wie Haftverschonung nach drei Vier-teln sollen an ein Abschwren oder an einenaktiven Verrat geknpft werden. Auffllig ist,dass diese Initiative vom Justizminister JosMara Michavila nach einer Prsidiumssit-zung der PP verkndet wurde, die aussch-lielich der Umweltkatastrophe zwischen denJahren gewidmet war. Michavila erklrte,die vollstndige Verbung der Strafe frbaskische Gefangene sei ntig, damit sich die

    Wiedereingliederung in die Gesellschaftnicht zur Wiedereingliederung in den Terro-rismus entwickelt.

    Selbst den oppositionellen Sozialisten flltdas Ablenkungsmanver auf. Diese voreili-ge Initiative zeigt, wie die Regierung nach der

    Vertrauenskrise durch die Prestige wiederLuft zu schpfen versucht, lautete selbst dasUrteil des Fhrungsmitglieds der spanischenSozialisten (PSOE), Fernando Lpez Aguilar.

    Die PSOE mahnt zur Gelassenheit an, hataber nichts gegen Strafverschrfungen ein-zuwenden. Sie drngt aber, die Reformen imsogenannten Anti-Terror Pakt zu verhan-deln. Die Sozialisten erinnern die Konserva-tiven daran, dass man sich in diesem Pakt

    verpflichtet habe Vernderungen am Straf-recht in bereinstimmung zu treffen.Doch die PP schert sich in ihrer Not nicht umihre Lgen von gestern und schob ohne Be-fragung der PSOE eine weitere Verschrfungnach.

    Demnach soll es nun schwerer werden, dassRichter Gefangene aus der Untersuchungs-haft auf Kaution entlassen. Mit der zweitenStrafverschrfung knpfen die Postfaschi-sten aber nicht nur an einer Baskenfeind-

    lichkeit an, sondern auch an den allgemei-nen Rassismus im spanischen Staat. So sol-len nun auch Einwanderer ohne juristischePrfung in ihre Heimat deportiert werdenknnen, wenn sie eines Vergehens beschul-digt werden.

    Letztlich sind die Strafverschrfungen einEingestndnis dafr, dass die Regierung we-der mit der lpest noch mit der steigendenKriminalitt (die sie mit der Einwanderunggleichsetzt) noch mit dem baskischen Kon-flikt umgehen kann. Statt Lsungen zu su-chen, werden gesellschaftliche Konflikte nurweiter verschrft und perpetuiert. Da die Ge-

    setze nicht rckwirkend angewandt werdenknnen, treffen sie ja erst die, die nach derVerabschiedung, voraussichtlich im Sommer,inhaftiert werden. Zudem setzt man damiteindeutig auf Rache. Jaime Ignacio del Bur-

    go (UPN) von Aznars Schwesterpartei in derProvinz Navarra brachte das im Zusammen-

    hang der baskischen Gefangenen auf denPunkt: Sie sollen im Gefngnis vermodern.Aznars Mannen versuchen aber auch vom

    dauernden Rechtsbruch abzulenken, dennbisher werden Vergnstigungen fr Gefan-gene der Unabhngigkeitsbewegung nur insehr seltenen Fllen gewhrt. Die Aussetzungder Strafe nach Verbung von drei Vierteln,im Strafrecht vorgesehen, gibt es fr dieseGefangenen quasi nicht. Auch die heimat-nahe Verbung wird weitgehend verwehrt.Die mehr als 650 Gefangenen sind seit den80er Jahren ber ganz Spanien verteilt.Als krzlich eine baskische Richterin diese

    Regel auf das Ex-ETA-Mitglied Ramn GilOstoaga angewandt hat, wurde sie mit diszi-plinarischen Manahmen berzogen. Die

    verliefen zwar im Nichts, aber dienten der Re-gierung als Vorwand, um die Kompetenz zurberwachung der Strafe dem Nationalen Ge-richtshof zu bertragen, kritisierte die Rich-terin Ruth Alonso. Sie und Ostoaga wurdenOpfer einer massiven Hetzkampagne in spa-nischen Medien. Ostoaga beging kurz nachseiner Freilassung Selbstmord. Der Druck seizu gro gewesen, erklrte seine Familie. Da-bei handelte es sich bei den von Alonso vor-

    zeitig Entlassenen um Menschen, die sichIntegrationsmanahmen unterworfen ha-ben oder sich vom Kollektiv der baskischenGefangenen getrennt haben. Keiner sei je-mals wieder straffllig geworden, meinte

    Alonso.Auch bei der Haftverschonung erhalten je-

    ne keine Gnade, die an ihren politischen Vor-stellungen festhalten. Seit Monaten beschf-tigt die baskische ffentlichkeit den Fall desschwerkranken Bautista Barandalla. Das Ex-ETA Mitglied pendelt seit Monaten zwischenKrankenhaus und Knast, nachdem ihm beiOperationen fast der gesamte Darm entfernt

    wurde. Obwohl am 22. Dezember erneut15.000 Menschen in Irua (Pamplona) seineEntlassung gefordert haben, sitzt er weiter imGefngnis.Anders sieht es bei den Mitgliedern der

    staatlichen Todesschwadrone aus, wie beimEx-General der Guardia Civil, Enrique Rod-

    riguez Galindo. Der durfte trotz bester Ge-sundheit Weihnachten und Neujahr in Frei-heit mit seiner Familie verbringen. Dabeiwurde er erst vor zwei Jahren wegen Mordund Folterung an zwei baskischen Jugendli-chen zu 75 Jahren Haft verurteilt, weitere

    Verfahren stehen aus. Ausgerechnet der Ver-teidigungsminister hat die Vergnstigung ge-whrt, obwohl Galindo aus der Guardia Ci-

    vil entlassen wurde und das Verteidigungs-ministerium nicht mehr zustndig ist.Von Abschwren oder aktiver Mithilfe zur

    Aufklrung der staatlichen Morde ist keineRede. Galindo sitzt weiter unter Bewachungseiner Kameraden in Militrhaft, und die Re-gierung bastelt an seiner Begnadigung, wiesie zuvor fast alle seiner staatsterroristischenKollegen begnadigt hat. Die Tatsache, dasssich krzlich der Oberste Gerichtshof gegendie Begnadigung ausgesprochen hat, wirddaran nichts ndern. Der General, der zwarim Auftrag der sozialistischen Vorgngerre-gierung auf Menschenjagd ging, wei zu viel,auch ber die Verwicklungen der konserva-tiven Nachfolger. Auerdem hat erst krzlichder PP-Grnder Fraga neue Aktionen der To-desschwadrone angekndigt; zuvor hatte der

    Ex-Polizeichef besttigt, dass der schmutzi-ge Krieg nie aufgehrt hat.Derweil entwickelt sich das Verfahren zum

    Verbot der Partei Batasuna, die der ETA po-litisch nahe steht, tglich mehr zum Desasterfr die Anklagebehrde und die spanischeRegierung. Die hatte im letzten Sommer ex-tra ein Gesetz geschaffen, um Batasuna zu

    verbieten. 20 Jahre lang ist es nicht gelun-gen, deren Vorgngerformationen direkte

    Verbindungen zur ETA nachzuweisen. Somussten nun Mitglieder des Geheimdienstesder Guardia Civil Fehler und unhaltbare Vor-wrfe einrumen.

    Ein Kommandant und zwei weitereFhrungspersonen des Geheimdienstesrumten ein, 15 Seiten des Gutachtens seieneinfach aus einem Gutachten von 1997 ko-piert worden. Dessen Inhalt war schon da-

    Solidarittskomitee zur Freilas-sung von Gabi und anderen poli-tischen Gefangenen entstanden

    Nachdem Gabi in einer klammheimlichenNacht- und Nebelaktion von den Schwei-zer Behrden am 10.1.03 an den FolterstaatSpanien ausgeliefert wurde, hat sich ein So-

    lidarittskomitee zur Freilassung von Gabiund anderen politischen Gefangenen gebil-det. Auch wenn in erster Linie die Solida-rittsarbeit zu Gabi im Vordergrund steht,ist es uns ebenso wichtig, dass wir alle Krf-te mobilisieren, damit u.a. die restlichen Ge-fangenen aus der RAF freikommen.Auf der Rosa-Luxemburg-Karl-Lieb-

    knecht-Demo am 12.1. in Berlin wurde einkurzer Redebeitrag zur aktuellen Situation

    von Gabi verlesen.

    Um den 18. Mrz herum, dem Internatio-nalen Kampftag fr die Freilassung der po-litischen Gefangenen, ist in Bremen eine In-formationsveranstaltung zu Gabi geplant(Nheres im AI Nr. 269 Ende Februar).

    Zum Prozessbeginn wollen wir in Zu-sammenarbeit mit dem Schweizer Komiteegegen die Auslieferung von Gabriele Kan-ze eine Delegation nach Spanien organisie-

    ren.

    Adresse:Solidarittskomitee zur Freilassung vonGabi und anderen politischen Gefangenenc/o Eine Welt Werkstatt, Bahnhofstr. 16,D-49406 Barnstorf, Fax (0 54 42) 12 15.E-Mail: maria-ulrich.1gmx.deSpendenkonto:Solidarittskomitee, Volksbank Barnstorf,BLZ 25069503, Konto 2570400

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    mals vom Staatsanwalt verworfen worden,weil er keine strafrechtliche Relevanz hatund nicht unparteiisch war. Doch auf die-ses Gutachten sttzt sich auch der Ermitt-lungsrichter Baltasar Garzn. Der behauptetin seiner Anweisung, die Partei auch vorlu-fig zu verbieten, die ETA habe die Vorgn-gerpartei von Batasuna sogar gegrndet.Dass es darum geht, sie bei den Wahlen imFrhjahr rauszuhalten ist sptestens jetzt

    auch gerichtsbekannt.Denn die Guardia Civil rumte ein, dass ausdem Prozess Otsagabia nicht der Batasuna

    Vorgnger Herri Batasuna (Volksunion/HB)gegrndet wurde, sondern Euskal Iraultzara-ko Alderdia (Baskische Revolutionre Par-tei/EIA). Das war zudem ein Vorschlag vonETA-pm (politico-militar) einer ETA-Abspal-tung, die sich danach aufgelst und ins le-gale politische Leben integriert hat. Doch EIAhatte sich nicht in Herri Batasuna integriert,sondern kandidierte mit Euskadiko Ezkerra(Baskische Linke/EE) zu den Wahlen 1977.Damals waren etliche Parteien wie Herri Ba-

    tasuna sogar noch verboten. In diese ParteiEE traten viele Mitglieder der aufgelstenETA-pm ein. Gewandelt integrierten sich dieehemaligen Kmpfer fr ein freies sozialisti-sches Baskenland nun zum Teil in die Sozia-listische Arbeiterpartei Spaniens (PSOE) oderbesser gesagt in deren baskische Sektion(PSE). Einige ehemalige Kmpfer einer pro-letarischen Linie verteidigen seither den spa-nischen Nationalismus und verabschiedetennicht nur die Antiterror-Gesetze mit, sondernsind auch fr die Todesschwadrone mitver-antwortlich. Die baskische Sektion der So-zialisten, die PSE, fhrt noch heute den Bei-nahmen EE (PSE/EE). Mit seiner Argumenta-tion msste Garzn also die Sozialisten ver-bieten, aber nicht Batasuna. Es geht abernicht um Recht oder Logik, sondern um ju-ristisch bemntelte Politik.

    Schon zu Beginn des offiziellen Verbots-verfahren konnte kein Polizist ein Batasuna-Mitglied identifizieren, das spanische Fahnen

    verbrannt habe oder die ETA habe hochlebenlassen. Sie machten vielmehr klar, dass dieDemonstrationen, auf denen dies vorgekom-men sein soll, nicht einmal von Batasuna an-gemeldet worden sind. Auch konnten Politi-

    ker spanischer Parteien keinen Batasuna-Ge-meinderat oder -Fhrer identifizieren, derverbale Angriffe auf sie angefhrt oder un-tersttzt habe.

    Nicht nur der Prozess Otsagabia, sondernauch andere angefhrte Vorgnge lagen zu-dem vor Inkrafttreten des neuen Parteienge-setzes. Doch die spanische Verfassungschliet eine rckwirkende Anwendung ei-nes Gesetzes aus. Angesichts dieses Desasters

    verwundert es nicht, dass Arturo Garca Ti-zn, der die spanische Regierung in dem Ver-botsverfahren vertritt, den Zeugenverneh-mungen die Bedeutung abspricht: Das wich-

    tige Element, um das Verfahren aufrecht zuerhalten, sind Beweise in Dokumenten.(c) Ralf Streck, 17.01.2003

    Ins BaskenlandzurckgekehrtJW sprach mit Ramon Susuarregi,der letzte Woche nach 21 Jahren Exil

    zusammen mit 10 weiteren baski-schen Flchtlingen in ihre Heimatzurckgekehrt ist.

    Warum sind vor 21 Jahren ins Exil gegan-gen?Es war eine heftige politische Situation. Daswar damals die Zeit des bergangs von derDiktatur, und wie heute wieder waren damalsnoch die ganz Rechten an der Macht. Die So-zialisten hatten die Macht noch nicht ber-nommen. Meine Schwester sa damals imKnast, und mein Bruder war schon im Exil.Ich selbst war in der Anti-Atom-Bewegungaktiv und in einer linken baskischen Ju-gendorganisation. Die propagierte die totaleKriegsdienstverweigerung, also habe ich ver-weigert. Als meine Schwester aus dem Knast

    kam und kurz darauf erneut verhaftet wur-de, bin ich gegangen, da ich ebenfalls eine

    Verhaftung befrchtete und bedroht wordenwar.

    Wohin sind Sie gegangen?Ich bin 1982 in den franzsischen Teil desBaskenland gegangen. Damals war das nochalles sehr offen, viele Flchtlinge waren da,und die Franzosen gaben allen Papiere, diesie haben wollten. Die Altstadt von Bayon-ne hatte sich in ein Zentrum der baskischenLinken verwandelt. Das ging solange, bis dieTodesschwadrone (GAL) mit den Anschlgen

    auf die Flchtlinge begannen, um Druck aufFrankreich zu machen. Hier begann dann die

    Repression der Franzosen, und Leute wurdenverhaftet und zunchst noch in Drittlnderdeportiert. Spter begannen dann auch die

    Auslieferungen an Spanien. Das gipfelte, ichglaube es war 1987, in einer Verhaftungs-

    welle, in der fast 200 Flchtlinge verhaftetund an Spanien ausgeliefert wurden. In derZeit lebten wir in der total geheim, konntennicht auf die Strae gehen, weil wir Angst

    vor Verhaftung und Auslieferung hatten,womit die Folter zusammenhngt.

    Sie wurden ebenfalls verhaftet?Mich haben sie 1984 in Hendaye verhaftetund zunchst einmal mehrere Monate ver-

    bannt. Nur einige wurden damals direkt anSpanien ausgeliefert, viele wurden in Staa-ten Sdamerikas und Afrikas verbannt, michhaben sie nach Panama gebracht.

    Wie geht es einem, wenn man geschnapptwird und dann irgendwohin verfrachtet wird?Es ist sehr hart und schrecklich. Meine Freun-din war gerade schwanger, alles war sehrschwierig. Sie schaffen dich ja nicht nur Tau-sende Kilometer weg, wo du kaum Besuchdeiner Familie erhalten kannst, weil es sehrteuer ist. Zudem haben sie uns auch dort andie korrupte Polizei bergeben. Wir waren

    fnf Monate in einer Militrkaserne einge-sperrt, es war wie im Knast. Danach brach-ten sie uns in ein Haus, aber wir wurden stn-dig berwacht. Ich habe mich dann ent-schlossen, erneut zu fliehen.

    Wohin sind Sie gegangen?Ich bin wieder in den franzsischen Teil desBaskenlands gegangen und lebte dort 10 Jah-re vllig verborgen. Nicht weil ich bewaff-net gekmpft htte, sondern aus Angst vor

    Verhaftung und Auslieferung an Spanien.Quasi, auer im Sommer, wenn viele Touri-sten da waren, habe ich das Haus nicht ver-

    lassen. Es war heftig. Vor etwa sechs Jahrenhabe ich dann entschieden, mich frei zu be-

    wegen und ein ffentliches Leben zu fhren,zu arbeiten und mich nicht mehr zu ver-stecken.

    Was wurde dir vorgeworfen?

    Zwei der zurckgekehrten Flchtlinge, links Ramon Susuarregi

  • 7/31/2019 Angehrigen Info #268

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    Nichts. Das war auch kurios, als ich verhaf-tet wurde zur Deportation. Der einst be-kannte Polizist Catal setzte sich mir ge-genber und hatte vor sich auf dem Tisch et-liche Blanco-Auslieferungsbefehle des Mini-sters. Die Polizisten, die mich verhaftet ha-ben, sagten mir klar und deutlich, ich wr-de nur verhaftet und deportiert, weil ein an-derer, den sie verhaften wollten, die Kurvegekratzt hatte. Also wurde in einen dieser

    Auslieferungsbefehle mein Name eingesetztund Schluss. Alles total illegal, und aufGrund solcher Sachen machst du Weltreisenohne Pass und alles. Die Flchtlinge waren- und sind es noch immer - das Tauschmit-tel zwischen den Regierungen Frankreichund Spanien. Um diese Situation zu durch-brechen, haben wir jetzt einen Schritt nach

    vorne gemacht, um unser Recht einzufordernals freie Menschen mit unserer Identitt ineinem freien Baskenland zu leben.

    Immer wieder sind Leute einzeln zurck ge-kommen, bei euch als Gruppe scheint es mehr

    ein politischer Akt zu sein?Wir haben uns gemeinsam entschieden alsKollektiv zurckzukehren. Es ist natrlichein Risiko, weil wir nicht wissen, wie der spa-nische Staat reagieren wird. Andere trauensich das vielleicht nicht ffentlich zu tun odersind einfach mde. Viele Leute sind mde.

    Wie lief eure Rckkehr ab?Wir haben am Samstag vor einer Woche an

    einer Demonstration fr die Freiheit der po-litischen Gefangenen und des Baskenlandesteilgenommen. Danach haben wir uns auf ei-ner politischen Veranstaltung fr einen bas-kische Pass den Leuten prsentiert und an-gekndigt, dass wir mit diesem Ausweis jetztim Baskenland leben. Sich gleich vor Tau-senden zu prsentieren, wenn man das ersteMal wieder hier ist, das war total eindrucks-

    voll. Seither beherrscht das die Schlagzeilen

    der Medien, und einige von uns wurden an-geschuldigt. Jetzt mssen wir sehen, was ausder neuen Form wird fr das Baskenland ein-zutreten.

    Ihr werdet doch stets als Mitglieder der ETAgehandelt?Einige von uns waren vielleicht mal in derETA, andere nie: Es gibt mehrere TausendFlchtlinge. Das wurde immer vermischt.Tatschlich liegt gegen viele nichts vor. Jetztsind wir in einem Akt des zivilen Ungehor-sams gekommen und vielleicht gehen sie

    jetzt gegen uns vor, weil das der spanischen

    Regierung nicht passt. Wir sind jetzt zu Hau-se und leben ffentlich und werden sehen,was passiert.

    Unter euch ist auch jemand, den Spanien alseinen der meistgesuchten ETA-Mitglieder aufdie sogenannte Anti-Terror Liste der EU set-zen lie. Wollt ihr damit vorfhren, wie we-nig Substanz die Anschuldigungen oft ha-ben?

    Angel Alcalde war Abgeordneter von HerriBatasuna im Madrider Parlament. Tat-schlich wird er wegen einer politischen Ideeangegriffen, die berechtigt ist. Es stimmt, sei-ne Rckkehr fhrt Spaniens Anschuldigun-gen ad absurdum, auch wenn es ihnen nichtgefllt. Trotzdem werden sie ihn wohl we-gen irgend etwas anklagen.

    Warum gerade jetzt die Rckkehr, wo die Re-

    pression neue Qualitten erreicht, Strafver-schrfungen, Verbote, etc. an der Tagesord-nung sind?Es stimmt. Die Repression erreicht mit dem

    Verbot von Parteien ungeahnte Ausmae.Die Repression zielt aber darauf, die Ideen zu

    verbieten. Wir sind Basken und wollen beruns selbst entscheiden, und wir mit unsererPrsenz verteidigen wird diese Idee gewalt-frei. Klar gibt es Repression, wenn es einenbewaffneten Kampf gibt, wie im Baskenland.Doch inzwischen geht es der spanischen Re-gierung nicht mehr nur um die Idee der Un-abhngigkeit. Heute greift Spanien alles an,

    was irgendwie baskisch ist.

    Was bedeutet es, dass im letzen Jahr 300 Ju-gendliche wegen der Repression ins gegan-gen sind?Es zeigt, dass nichts gelst ist und erneut Ju-gendliche in den Knast gesteckt werden, weilsie ihre Identitt verteidigen. Deshalb wol-len wir mit unserem Schritt ein Sandkorn da-zu beitragen, zu einer Lsung beizutragen.

    Bilderausstellung des

    ehemaligen Gefangenender GrapoJose Maria Sanchez Casas

    Wir als Ausstellungsgruppe stellen die Bil-der und Zeichnungen von Casas vorzugs-weise allen Gruppen und Organisation ko-stenlos zur Verfgung, die im Bereich in-ternationalistischer Antirepressions- undantiimperilaistischer Solidarittsarbeit imIn- oder Ausland ttig sind.

    Zur Person von Jose CasasCasas begann seine politische Arbeit in derrevolutionren Organisation OMLE (Orga-nisation der Marxisten/Leninisten Spani-ens) Anfang der 70er Jahre. Aus dieser Or-ganisation bildete sich 1975 die PCE(r)(wiedergegrndete Kommunistische ParteiSpaniens). Ende der 70er Jahre organisier-te er sich in fhrender Position in der Gra-po (Antifaschistische Widerstandsgruppe 1.Oktober), die von der PCE(r) initiiert wur-de. Er wurde verschiedentlich inhaftiert undwurde 1979 zu 18 Jahren verurteilt, die er

    in mehreren Knsten des spanischen Staa-tes verbrachte. In dieser Zeit hat er sich anden wichtigen kollektiven Gefangenenpro-testen wie dem legendren Hungerstreik

    von 1989, der 435 Tage andauerte, betei-ligt. Er ist wie alle revolutionren Gefan-genen im spanischen Staat massiver Folterund Erniedrigung ausgesetzt gewesen, wo-her auch seine gesundheitlichen Problemeresultierten.Aufgrund einer groen Solidarittskam-

    pagne fr seine Freilassung wurde er im Ju-li 1996 aus der Haft entlassen. Casas ist am28. Januar 2001 an den Folgen der Repres-sion und Folter, denen er in den Knstenausgesetzt war, verstorben.

    Zum Inhalt der Ausstellung

    Es handelt sich hierbei um etwa 50 Zeich-

    nungen, Radierungen und Portraits unter-schiedlicher Gre (vom Postkartenformatbis zu thematisch geordneten DIN A 0-For-maten). Die Bilder beinhalten sowohl

    Aspekte der lteren und neueren spani-schen Geschichte (Kolonialismus, Fran-quismus) als auch spezifische Darstellun-gen der Repression und des Widerstandesin den Knsten. Darber hinaus widmetesich Casas dem Leben der ArbeiterInnenund verarbeitete dies in seinen Zeichnun-gen.

    Da die Ausstellung relativ umfangreichist, mssten die InteressentInnen ber ge-

    eignete Rumlichkeiten verfgen (Cafe, Ga-lerie), die zum einen einen wrdigen Rah-men abgeben und zum anderen einen ge-wissen Publikumsverkehr garantieren.

    Wir als Gruppe wrden fr den Aufbauvor Ort mitverantwortlich sein und bei Aus-stellungserffnung fr ein Einfhrungsre-ferat und einen Filmbeitrag (ber die ehe-maligen Gefangenenkollektive der Gra-po/PCE(r)) sorgen. Zudem versuchen wir ei-nen ehemaligen Gefangenen fr die Erff-nung zu gewinnen. Alle Details mten wirdann ber mail gesondert besprechen.

    Zustzliche Aktualitt

    In den vergangenen zwei Jahren kam esdurch den spanischen und franzsischenStaat zu Repressionsschlgen gegen dieStrukturen der Grapo/PCE(r). Am 8. No-

    vember 2000 wurden in Paris 7 GenossIn-nen festgenommen, die der Organisations-struktur angehren sollen, darunter war derGeneralsekretr der PCE(r).Am 19. Juli 2002 kam es in Madrid und

    Paris zu 14 weiteren Festnahmen ver-meintlicher AktivistInnen dieser Organisa-tion. Sie stehen im Verdacht neue Kom-mandostrukturen der Grapo aufgebaut zuhaben. Seit mehreren Wochen befindensich einige Grapo/PCE(r)-Gefangene im un-befristeten Hungerstreik, um gegen ihre ju-ristisch unhaltbare Inhaftierung undHaftsituation zu protestieren. Grnde ge-

    nug, um mit der Ausstellung des GenossenCasas fr ein wenig mehr ffentlichkeit zusorgen.Kontakt: [email protected]

  • 7/31/2019 Angehrigen Info #268

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    Sie sind heute erstmals in ihrer HeimatstadtRenteria. Wie fhlen sie sich?Total merkwrdig. In 21 Jahren hat sich vie-les verndert. Ich komme gerade von einemSpaziergang zurck und wei zwar, wo ichmich bewege, aber es hat sich so vieles ver-ndert. Aber der erste Eindruck ist gut. Wirhatten uns die Woche zuvor gemeinsam aneiner Demonstration beteiligt und uns da-

    nach vor Tausenden auf einer folgenden Ver-sammlung in der Sporthalle zurckgemeldet.Danach sind wir in die Altstadt von Dono-stia (San Sebastian) gegangen, um etwas zutrinken und ein paar Hppchen zu essen. Dawaren total viele Menschen unterwegs. Sol-che Sachen hatte ich total vermisst. Hier gibtes Leben, die Leute bewegen sich, sind aufder Strae.

    Keine Auslieferung

    von Juanra an denspanischen StaatWir berichteten mehrfach von Juanra, dender spanische Staat beschuldigt, das ETA-Kommando Barcelona untersttzt zu ha-ben. Die Vorwrfe sttzen sich auf die Aus-sagen von Fernando Garcia Jodra, der in In-communicado-Haft schwer gefoltert wordenwar, seine Aussage spter aber zurckzog.Im Sommer 2001 war Juanra untergetaucht,um sich seiner Verhaftung zu entziehen. Erwurde in den Niederlanden verhaftet, sa fnfMonate im Hochsicherheitsgefngnis inVught unter Isolationshaftbedingungen, kamEnde Juni nach Zahlung einer Kaution von20.000 Euro vorlufig raus, wurde im Okto-ber wieder festgenommen und sitzt erneut inVught ein, dieses Mal nicht unter Isolations-haftbedingungen. Spanien betreibt seine

    Auslieferung. Juanras Anwalt kndigte an,dass er einen Revisionsantrag beim OberstenGerichtshof der Niederlande stellen wird. Am16.1., dem Jahrestag von Juanras erster Ver-haftung, fand ein Aktionstag statt. Es ist zubefrchten, dass ber Juanras Auslieferung

    jetzt sehr schnell entschieden wird. Wir do-kumentieren eine Erklrung von Juanra vomOktober 2002.

    Freiheit heit, in Zeitender Stille zu schreien

    (Goytisolo, baskischer Schriftsteller)Am 16. Januar diesen Jahres wurde ich vonder hollndischen Polizei festgenommen.Ein Haftbefehl wurde mir erffnet. Der Pr-sident des Amsterdamer Gerichtshofes, dermeinen Fall bernehmen sollte, heit Blekx-toon. Das ist der gleiche, der mit nicht we-nig Verwunderung die Antworten aufnahm,

    die das Oberlandesgericht Madrid durch denniedertrchtigen Staatsanwalt Molina gab.(Der Molina, der mit spitzfindiger Logik - derFisch schwimmt, der Mensch schwimmt, al-so ist der Mensch ein Fisch) von Batasuna

    verlangt, die durch die Straenkmpfe ent-standenen Kosten zu bernehmen.

    Erschpft von so viel Ungereimtheit, sovielen Lgen und allen mglichen macchia-vellistischen Konstruktionen seitens derHorrorgerichte der Hauptstadt, entschied ersich fr meine vorlufige Freilassung unter

    Auflagen nach Hinterlegung einer Kautionvon 20.000 Euro und der Einbehaltung al-ler meiner Dokumente, solange, bis Madrid

    auf die neuen von Blekxtoon geschicktenFragen antwortet.Sie legten einen Termin fest: der vergan-

    gene 17. September.Wir waren alle berrascht, als uns am Mor-

    gen des 17.9. offiziell mitgeteilt wurde, dassBlekxtoon dem Gericht nicht wrde vorsit-zen knnen, da er tags zuvor schwer er-krankt wre (??!!?). Frau Bonga-Singmondwrde die Vertretung bernehmen. Wasmich betrifft, glaube ich nicht an solche Zu-flle.

    Blekxtoon hatte im Mai in einer hollndi-schen juristischen Zeitschrift einen sehr kri-

    tischen Artikel ber den neuen rechtlichenRaum, der gerade in Europa entsteht, ge-schrieben. Er argumentierte, dass man vor-sichtig mit diesem Raum umgehen msse,da nicht in allen europischen Lndern dasgleiche Niveau bestehen wrde, was Men-schenrechte oder bestimmte Brgerrechtebetrifft. Und fhrte Spanien als Beispiel mit

    Ausrufungszeichen an.Er war es, der dem sich in den Medien pro-

    filierenden Staatsanwalt Garzon und demKretin Molina ... die Stirn bot.

    Er forderte von ihnen schlssige Beweisegegen mich, als auch einen Bericht ber die

    Anzeige wegen Folter an Fernando GarciaJodra.

    Mit dieser ungewhnlichen Aktion setzteBlekxtoon in die Praxis um, was er schon inseinem Artikel angekndigt hatte. Er lehnte

    vehement die Vereinbarung eines gegensei-tigen Vertrauensverhltnisses zwischenSpanien und Holland ab und schrieb an dasOberlandesgericht Madrid, das sich das Am-sterdamer Gericht niemandem beugen ms-se, eine eigene Stimme habe und berhauptber unabhngige Kriterien verfge.

    Seine Vertreterin Bonga-Singmond, mit

    radikal gegenteiliger Meinung, sagte wrt-lich in ihrem Urteil vom vergangenen 1. Ok-tober ber meine Auslieferung (an den spa-nischen Staat) und bezogen auf die unterFolter gemachten Aussagen von FernandoGarcia Jodra: Spanien hat sowohl die eu-ropische Menschenrechtskonvention un-terschrieben als auch das Recht jedes Ein-zelnen, Folter anzuzeigen, anerkannt.

    Die Akademikerin geht grundstzlich da-von aus, dass der spanische Staat ein Rechts-staat ist und dass deswegen gengend Me-chanismen bestehen, um auf die Folter zureagieren. Ganz offensichtlich, oder viel-

    leicht doch nicht, ignoriert Frau Bonga-Singmond, dass in dem staatlichen Berichtvom 1. und 2. Januar 2001 die Begnadigungvon 14 Polizeibeamten, die wegen Mis-shandlungen und Folter bereits verurteilt

    worden waren, verffentlicht wurde.Zwanzig Jahre mussten die Gefolterten

    auf ein juristisches Urteil warten, das zumSchluss nie eintraf wegen der Begnadigungdurch die regierende populistische Partei.

    Einige der Gefolterten mussten ihreHaftstrafen absitzen, Strafen, die durch un-ter Folter erzwungenen Aussagen entstan-den: spanischer Staat - ein Rechtsstaat?

    Die Richterin erklrt, wie bei der Kinder-

    sendung mit der Maus, was wir machen kn-nen, falls die betroffene Person nicht zu-frieden sei mit dem Urteil eines spanischenRichters: Es bleibt noch der Weg zum eu-ropischen Gerichtshof.Welch berraschende Rede vom 1. Okto-

    ber 2002 vor der 5. Kammer in Amsterdam,wo die Richterin darauf insistierte, dass diespanischen Autoritten nicht nur ihre Be-reitschaft zur Kritik und Vorschlge zur Ver-besserung annahmen, sondern auch die Um-setzung von einigen Vorschlgen in prakti-sche Manahmen, wie Folterer verfolgt wer-den knnten.

    Fr das Reinwaschen des eigenen Gewis-sens vor der ffentlichkeit im Gericht undzur berraschung einiger Journalisten sag-te sie noch dazu: Es gibt Organisationen,die die Aufhebung der Isolationshaft for-dern. Man knne keine Verbesserung in die-sem Sinne besttigen, obwohl man sich ju-ristisch auch in diesem Sinne versucht hat.

    Auf jeden Fall wird laut Auslieferungsge-such die prventive Festnahme Juanras an-geordnet, mit nicht limitierten Kontakt-mglichkeiten nach drauen. Trotzdem fin-det es das hollndische Gericht erforderlich,dem Justizminister zu empfehlen, Garanti-en von Spanien einzuholen, damit die aus-zuliefernde Person nicht in Isolationshaftkommt nach der Auslieferung.

    Die Richterin bersieht die ganzen Doku-mentationen von Fernando Garcia Jodraund die Situation, unter der die Mehrheit derbaskischen BrgerInnen zu leiden hat, wennsie wegen politischer Delikte festgenommenwerden.

    Frau Bonga-Singmond ignoriert die ge-samte, durch meinen Anwalt Victor Kappedargestellte Verteidigung, gert in zahlrei-che Widersprche und einige groe Lgen,

    die als Wahrheiten akzeptiert werden. Z.B.erlaubt sie sich den Luxus zu behaupten, dieGruppe ,Gorbea sei zwischen Mrz und Ju-ni gegrndet worden und sei im Dezember2001 aufgelst worden, obwohl offiziell be-kannt ist, dass die Gruppe am 24. August2001 aufgelst wurde; oder dass die Grup-pe ,Gorbea in Barcelona und Gerona (Cata-lunya, Espanya) operierte, obwohl alle wis-sen oder zumindest alle diejenigen, die die

    vorherigen Instruktionen gelesen haben,dass diese Gruppe nur in Barcelona operierthatte.

    Sie hrt nicht damit auf und behauptet mit

    absoluter Gewissheit, Juanra htte ber einanderes ETA-Mitglied, Marina Bernado Bo-nada - in Haft wegen dieser Sache!!! - In-formationen ber mgliche Ziele (Personenund Gter) weitergegeben, die die terroristi-

  • 7/31/2019 Angehrigen Info #268

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    sche Organisation ETA fr Attentate neh-men knnte.

    Sie macht sich lcherlich, wenn sie be-hauptet, dass Marina in Haft sei, weil sie inder Website der nationalen Polizei Spaniensals eine der meistgesuchtesten Aktivistinnenwiederzufinden ist.

    Ohne Ende Justiz und dauerhafte Wahr-heiten kommen auf uns zu, wenn wir dasnicht bekmpfen und verndern.

    Manchmal denke ich, mir wrde auf denKopf geschlagen, wenn ich keine anderenWege mehr sehe. Vor Jahren schrieb ich,wenn gar nichts brig ist, bleibt uns die Ra-che. Vor kurzem hat Habeas Corpus (eine mitKOP befreundete Band) gesungen, wenngar nichts brig bleibt, was bleibt? Die Wut.

    Alleine die Wut.Ich wnschte, dass alles anders wre, dass

    niemand gentigt wre, diesen riskantenWeg zu nehmen, aber mal ehrlich, hat ir-gendjemand eine Chance dazu?

    Ich will kein Werk ber Verschwrungs-theorien verfassen, es ist aber schwer zu

    glauben, dass Herr Blekxtoon - ein Kritikerdes neuen europischen Horizonts und vorallem ein sehr groer Kritiker all jener Ln-der, die die fundamentalsten Menschen-rechte brechen - zufllig einen Tag vor mei-nem Prozess blitzartig erkrankt sein soll undseinen Platz, auch ganz zuflligerweise, FrauBonga-Singmond einnimmt.

    Sie ist Anhngerin der Auffassung, sichnicht in die inneren Angelegenheiten der an-deren Staaten einzumischen, welche die eu-ropische Union ausmachen. Sie erscheinmit diesem beleidigenden Urteil, gegen dasmein Anwalt und ich nur formal vorgehenknnen, aber nie den Hintergrund diskutie-ren knnen. Mit anderen Worten: Unsre Ver-teidigung wird momentan nicht mehrgehrt.

    Dadurch zwingen sie uns alle zu schwei-gen und nicht nachzudenken. Nach demMotto: dass nicht sein kann, was nicht seindarf. Das ist der Preis, den wir zahlen sol-len, um einen Zugang zum Leben zu haben,aber wer will dieses Leben unter diesen Be-dingungen haben?

    Ich wei, dass ich am Ende immer das Glei-che sage, das tue ich, weil es in der Tat not-

    wendig ist, dass sich alles ndern msste,aber alles bleibt gleich. Wenn es nach mirginge, sollen sie kapitulieren und ihre un-endliche Justiz, die voll von intelligentenBomben ist, die sie gegen die Zivilbevlke-rung richtet. Sie sollen kapitulieren und ih-re Wahrheit, ihre dauerhafte Wahrheit, dieim falschesten aller Systeme entstanden ist,und sie sollen kapitulieren und ihr Gott undihr Gewaltmonopol, ihr Gedankengut, daszu einem einzigen globalen Gedankengutwerden soll.

    Hier und jetzt, der von immer und die vonimmer, werden weiterhin unsere Gedanken

    aus einer solidarischen und kritischen Per-spektive uern.Hasta la victoria siempre.

    Juanra

    Hungerstreikerklrung

    Vom 18. Januar 2003 an befinde ich mich imTotalisolations- und Totalentzugsfoltertrakt inThorberg im mindestens 30 Tage dauerndenHungerstreik. Sofern verfglich, nehme ichmit Zucker od. Honig gesssten Krutertee ein.

    Diese Initiative ist gegen den Krieg von Obennach Unten gerichtet, der zur Bewahrung undAusweitung der Herrschaft, der Interessen undPrivilegien der immer Wenigeren gegen alleanderen und gegen alle Ausdrcke des Lebensgefhrt wird.

    Dieser Krieg wird u.a. durch Repression,

    durch Ermordung und durch Folter gegen wi-derstndige Vlker, Gruppen und Individuengefhrt. Dazu gehren auch die sozialen Ge-fangenen und die Widerstandsgefangenen, in-dem diese Gefangenen dieses Krieges weiterermordet und gefoltert werden.Vor allem wird versucht, die Gefangenen der

    revolutionren Bewegungen und der Volks-bewegungen des Widerstandes fr Unabhn-gigkeit, Befreiung, Klassen- und Umwelt-kampf krperlich und in ihrer individuellen,sozialen, politischen und kulturellen Identittzu zerstren. Das geschieht durch direkte Er-mordung und Folter, durch langsame Ermor-

    dung und Folter in Einzel- und Kleingrup-penisolation, durch Versprengung und Depor-tation, durch die Weigerung, kranke u. schwer-kranke Gefangene angemessen zu behandelnund freizulassen, durch den Entzug persnli-

    cher Gegenstnde, Bettigungsmittel, Bewe-gung, durch schlechte Haft- und Lebensbe-dingungen, durch alltglich Entwrdigungund Erniedrigung und durch Zwangsarbeit,durch die Erniedrigung und Verfolgung derAngehrigen und der anderen solidarischenBezugspersonen.

    Dieser Krieg ist ein Eroberungskrieg undwird durch Besetzung, Vlkermord, Ausbeu-tung der Menschen, Tiere, Pflanzen und derNatur als Ganzes gefhrt. Er wird durch Ras-sismus, Sexismus, Fremdenfeindlichkeit unddie Teilung der Menschen und die Teilung derDinge durch die Wissenschaften nationali-

    siert. Er wird durch die Zerstrung der sozia-len Solidaritt, durch Sozialabbau und die Zer-strung unserer und unserer Nachfahren Le-bensgrundlagen gefhrt. Er wird mit der Mas-senvernichtungswaffe gefhrt, die industriel-le und technologische Zivilisation heisst, umdas hierarchische Herrschafts-, Produktions-und Warenkonsummodell des Kapitalismusund der Moderne zu retten.

    Diese Hungerstreik ist ein Zeichen der Soli-daritt mit allen Ausdrcken des Widerstan-des gegen diesen Krieg, gegen seine Rationa-lisierungen, Ausdrcke und Ursachen, gegenseine Teilziele und gegen seine umfassenden

    Ziele.Diese Initiative ist solidarisch mit den Ge-fangenenkmpfen gegen den trkischen E-Typtrakt, den spanischen FIESfoltertrakt, ge-gen den italienischen HS- und Art. 41bis-

    Schweiz

    Marco Camenisch im Hungerstreik

    Pressecommuniqu vom 18. 1. 2003

    Solidarittskundgebung mitMarco Camenisch im Hungerstreik Symbolische Schlieung desAmtes fr Straf- und Manahmen-vollzug in Chur

    Seit Samstag, 18. Januar 2003, befindet sichMarco Camenisch im Knast Thorberg/BE inTotalisolationshaft im Hungerstreik:

    Diese Initiative ist ein Zeichen der Solida-ritt mit den radikalen und revolutionrenKmpfen gegen Herrschaft, Militarismus, Pa-triarchat, kapitalistische Zivilisation, Hierar-chie, Ungleichheit und Ungerechtigkeit (...)Solidaritt mit dem radikalen Widerstand ge-gen das WEF, die Kriegstreiber/innen und dieKriegsgewinnler/innen! In Davos, berall undimmer! (Aus der Hungerstreikerklrung vonMarco Camenisch)

    Als Zeichen unserer Solidaritt haben wir,40-50 Leute, heute Samstag Nachmittag dasAmt fr Straf- und Massnahmevollzug imHofgraben 5, 7000 Chur, symbolisch ge-schlossen. Dabei wurden die Eingnge zuge-kleistert. Die hierbei bentzten Papierrollen

    waren beschriftet mit der Forderung: Freiheitfr Marco Camenisch. Zudem wurden Soli-darittsplakate und ein von Marco verfassterAufruf gegen das World Economic Forum ge-klebt.

    Zudem fand heute Mittag vor der Schwei-zer Botschaft in Brssel eine Solidaritts-kundgebung fr Marco Camenisch statt.

    In Paris wurden in der Nacht auf den 18. Ja-nuar viele Dpendancen der Schweiz (Bot-

    schaft, Banken, Reisebros, Fluggesellschaft)mit Solidarittsparolen vollgesprayt.

    Die Haftbedingungen, denen Marco Ca-menisch unterworfen ist, sind skandals, schi-kans und erniedrigend. Das von den ChurerBehrden angeordnete Haftregime bezwecktnichts anderes, als Marco menschlich und po-litisch zu brechen. Dem setzen wir etwas ent-gegen!

    Dieselben Bndner Behrden, welche fr dieTotalisolation von Marco verantwortlichzeichnen, sind auch bemht, den breiten, ent-schlossenen Widerstand gegen das WEF zuspalten, zu kriminalisieren und zu kontrollie-

    ren.FREIHEIT FR MARCO CAMENISCH!WIPE OUT WEF!

    Freund/innen und Untersttzer/innen vonMarco Camenisch

  • 7/31/2019 Angehrigen Info #268

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    Trakt, gegen alle Hsfoltertrakte in Eu-ropa, in den USA, in Lateinamerikaund berall, ist solidarisch mit denKmpfen des Widerstandes draussengegen Isolationsfolter und fr denSchutz und die Befreiung der Gefan-genen aus dem Widerstand und allerGefangenen, bis alle Zune und Mau-ern, aller Einschluss und Ausschlussverschunden sind.

    Diese Initiative ist ein Zeichen derSolidaritt mit den radikalen und re-volutionren Kmpfen gegen Herr-schaft, Militarismus, Patriarchat, ka-pitalistische Zivilisation, Hierarchie,Ungleichheit und Ungerechtigkeit.Gegen das WEF! Solidaritt mit demradikalen Widerstand gegen dasWEF, der KriegstreiberInnen und derKriegsgewinnlerInnen! In Davos,berall und immer!

    (...)Mit dieser Initiative informiere und

    protestiere ich auch gegen die Wei-

    terfhrung des Terrorkrieges derHerrschenden, mit dem Ziel der Ver-nichtung, gegen mich als Gefange-ner aus dem Widerstand, gegen meinsolidarisches soziales und politischesBeziehungsumfeld und damit auchgegen den radikalen Widerstand undden Widerstand allgemein, und wei-se hin auf:

    1) den Entzug legaler sozial-poli-tischer Kommunikation, Informati-on, Auseinandersetzung und schrift-licher Bettigung durch konzertierteMassnahmen der Bezirksanwltin C.Wiederkehr, ZH, des Minitodtdep. GRund der Anstalt Thorberg (BE). Auchnach dem Abschluss der Untersu-chung und der U-Haft werden dieKontrolle und die objektiv grundlo-sen Beschrnkungen, Beeintrchti-gungen und Verbote der Korrespon-denz, Besuche und Telefongesprchevon der BAin Claudia Wiederkehr(ZH) weiter aufrechterhalten. DieSpitze ist das grausame Telefonver-bot mit meiner Familie, obwohl mei-ne Mutter wegen hohem Alter, aus

    Krankheits- und Entfernungsgrn-dung besuchsunfhig ist.Nichtfamilienpost und teilweise

    auch Briefmarken-, Bcher- undZeitschriftensendungen werden vonder BAin zurckbehalten. Telefonie-ren: ausschlielich mit dem Verteidi-gungsbro.

    Die Anstalt entzieht im HS-Trakt u.a.Schreibmaschine, Bleistift, Radiergummi, po-litische mehrsprachige Bcher u. Zeitschriften.Ob mir alle von der BAin zugestellten Drucker-zeugnisse bergeben werden entzieht sich z.Z.meiner Kenntnis.

    Die Post meiner italienischen Ehefrau in ei-ner der Amtssprachen der CH erhalte ich mitVerzgerungen von bis ber 14 Tagen.

    BAin C.W. ist Tochter des Oligarchen undNOK-Axpo-Chefs Peter Wiederkehr von

    Zrich. Ich habe die NOK in GR vor 25 Jah-ren im Rahmen des sozialen Klassen- und Um-weltkampfes (Anti-AKW) militant angegrif-fen. BAin C. W. ermittelte, im selben Klassen-u. Umweltkampfrahmen, wegen 23 bzw. 13zurckliegenden Tatbestnden (Ausbruch Re-

    gensdorf, Ttung eines Grenzwchters in Bru-sio). ber 10 Jahre lang hatte ich vor der Aus-lieferung und Untersuchung durch die BAZunbeschrnkte soziale und politische Korre-spondenz, unbeschrnkten Zugang zu legalen

    Druckerzeugnissen, unzen-sierte Besuche und Telefonge-sprche mit meiner Mutter,meinem Bruder und meinerEhefrau. Der Vorwand derBAin der Kollusions- und Ver-dunkelungsgefahr ist daherlcherlich. In Italien u. Zrich(BG-Pfffikon) hatte ich Zu-gang zu Schreibmaschine u.

    Computer.Folglich knnen diese kon-

    zertierten Entzge als:- ein Teil der politischen und

    persnlichen Rache v.a. derBAin C. W. gegen mich undmein solidarisches Umfeldund teils als Sippenhaftungmeiner Angehrigen betrach-tet werden.

    - der Versuch betrachtetwerden, die Polizei- und Ju-stizkonstruktion zur Verleum-dung meiner Militanz (u. folg-

    lich des radikalen Widerstan-des) weiter unter Verschluss zuhalten. Nach einer sofortigenextralegalen Schuldzuwei-sung seitens der Kantons-,Bundesbehrden und berMassenmedien ist diese Kon-struktion nachtrglich in auchzeitlich weit auseinanderlie-genden Ermittlungsschritten,vor allem durch die Konstruk-tion, Beeinflussung und Er-pressung zur Falschaussagevon Zeugen, mehr oder weni-ger kompetent massgeschnei-dert worden.

    2) den Entscheid der Mini-todt GR (d.h. des Bau-, Ver-kehrs- und Forstdepartemen-tes mit angegliedertem Amtfr Manahmen- u. Strafvoll-zug, was vage an die nazisti-sche Administration Todt inDeutschland bis 1945 erin-nert), ich sei zur Verbssungder erwhnten Strafe (8 Jahreu. 16 Tage) bis auf weiteres in

    der Hochsicherheitsabteilungder Strafanstalt Thorberg zuunterbringen. Die MinitodtGR (mit Chef Regierungsratund WEF-Chefunterhndler) -mit nicht reprsentativen Re-formistInnen des Dissenses -Stefan Engler und Unter-

    zeichnenden fr obg. Entscheid des einschl-gigen Amtes K. Prader) ist selbstverstndlicheng mit der Elektro- und Atommafiawirtschaftliiert, und die obg. noch zu verbende Stra-fe ist die Reststrafe der 10 Jahre von Chur 1981fr meinen militanten Angriff gegen die NOK

    u. die Atommafia in Graubnden. Dieser Ent-scheid missachtet u.a.:- mein Gesuch um Annherung an die Fa-

    milie ins Tessin, wo meine Mutter u. mein Bru-der, wohnhaft im Puschlav, Besuche ev. erst

    Marco Camenisch wurde 1980 in der Schweiz fr Sabotage an Stroman-lagen zu 10 Jahren Knast verurteilt. Nach 2 Jahren gelang ihm mit 5 wei-teren Gefangenen die Flucht, wobei ein Wrter gettet und ein weitererverletzt wurde. 1989 wurde Marco vom Staatsschutz und den Medien frden Tod eines schweizerischen Grenzwchters verantwortlich erklrt. InItalien war Marco mit dortigen anarchistischen GenossInnen u.a. gegendie Nuklearindustrie politisch aktiv. 1991, nach einem Schusswechsel mitder italienischen Polizei, wurde er verhaftet, wobei er an beiden Beinenund ein Polizist leicht am Arm verletzt wurden. Wegen schwerer Krper-verletzung und Sabotage wurde er zu 12 Jahren verurteilt. Danach wirder an die Schweiz ausgeliefert werden. In permanenter Kleingruppeniso-lation ohne Freiheit-, Sport- und nennenswerte Arbeitsmglichkeitenmssen er und andere politische und soziale Hochsicherheitsgefangenesich 20 Stunden tglich in ihren Zellen aufhalten. Seinen anarchistischenWillen haben die Herrschenden nicht brechen knnen! Seit dem 5. No-vember 1991 widersteht Marco Camenisch dem italienischen und jetztdem Schweizer Knastsystem, indem er fr seine Menschenwrde kmpftund keiner Autoritt unterwrfig ist. Marco gehrt zur rebellischen Ge-neration der 70er Jahre. Hart wurde er bestraft (und sitzt immer noch),weil er in der Schweiz gegen eine kriminelle, nukleare Politik den Kampfaufgenommen hatte, die u.a. fr die Ausbeutung und Zerstrung vonMensch, Gesellschaft, Umwelt und Natur verantwortlich ist. In diesen lan-gen Jahren der Knastzeit hat sich Marco weiterhin mit der Auenwelt aus-einandergesetzt. Er hat Analysen erarbeitet und ntzliche bersetzungen

    gemacht, um einen weitlufigen, kosozialen Kampf mitzuentwickeln. MitHungerstreiks und individuellen Protesten hat er immer weiter gekmpft,damit die paar wenigen Rechte eines Gefangenen, die jede Demokratieverspricht, nicht ganz Makulatur werden.Bild oben: Demonstration am 13.9.02 in Genf, unten eine Aktion 1999 inNovara, Italien

  • 7/31/2019 Angehrigen Info #268

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    ausfhren knnten; und meiner Ehefrau,wohnhaft in der Toskana, Italien, ebenfallseintgige anstatt 2-3-tgige Besuchsreisenzugemutet werden knnten. Dieses Gesuchwurde vom Justizministerium ZH, bzw. demBG Pfffikon, wo ich nach 1 1/2 MonatenHochsicherheit in den normalen U-Haft-vollzug als Normalgefangener verlegt wur-de, untersttzt.

    - dass nach mehr als 10 Jahren Kleingrup-

    penisolation in Italien und 9 Monaten U-Haftim BG Pfffikon keinerlei disziplinarisch oderstrafrechtlich relevante Vorkommnisse zu ver-zeichnen sind.

    - allgemein die groe und hlftig in Haftverbrachte vergangene Zeit, das fortgeschrit-tene Alter und die damit verbundenen objek-tiven Vernderungen allgemein und erklrt-ermaen, die nicht mehr vorhandenen per-snlichen Voraussetzungen zum auch klan-destin-bewaffneten revolutionren Einsatz.

    - die Perspektive der sozialen Wiederein-gliederung (bzw. Resozialisation nach lang-fristiger Desozialisation durch Ein- u. Aus-

    schluss) im geographischen, sozialen und kul-turellen Raum, der mir u. meiner Ehefrau, bei-de italienischsprechend geprgt, entspricht.

    Festzustellen ist aber auch, dass auch ohnediese Voraussetzungen ein Entscheid zur To-talisolations- u. Totalentzugsfolter jedenfallseinem Willen zur Vernichtung und keinesfallseinem Sicherheitsbedarf entspricht. Was alsHochsicherheit verkauft wird, hat mit ob-jektiver Sicherheit berhaupt nichts oder nurzum kleinsten Teil etwas zu tun.

    3) den erneuten schweren Angriff auf dasRecht auf Verteidigung in einem schon frag-wrdigen politischen Prozess.Am 20.12.02 wollte mein Vertrauens-

    pflichtverteidiger RA B. Rambert einen Ver-teidigerbesuch abstatten. Die Anstalt beharr-te darauf, der Verteidigerbesuch sei in einemRaum mit Trennscheibe durchzufhren. Rich-tigerweise verweigerte der RA einen Besuchunter diesen Umstnden. Ein Raum mit Trenn-scheibe, Abhr- und Registrationsvorrichtun-gen verhindert eine effektive mndliche u.schriftliche Verteidigungsarbeit und verletztsomit, auch durch die praktische Aufhebungdes Verteidigungsgeheimnisses, das Recht aufangemessene Verteidigung.

    Schon vorgngig wurde auf Betreiben derBAin C.W. und des Bez.gerichtsprs. Hauri(ZH) die Ausschaltung einer glaubwrdigen u.effizienten Verteidigung versucht, indem mei-nem langjhrigen Vertrauensanwalt RA B.Rambert pltzlich eine Interessenkollision undmir ein Pflichtverteidiger der Wahl des BG Pr-sidenten unterschoben wurde. Dieser Ent-scheid wurde auf Rekurs hin vom ObergerichtZrich aufgehoben und mein Vertrauensan-walt als Pflichtverteidiger meiner Wahl ein-gesetzt.Whrend der U-Haft fanden Verteidigerbe-

    suche ausnahmslos in Rumen ohne Trenn-

    scheibe statt.Interne Regelungen der Anstalt Thorbergzum Entzug fr HS-Gefangene sehen unter a.vor, auf der Zelle seien Verteidigungsunterla-gen nur beschrnkt zu gestatten! Zur Zeit be-

    trifft mich diese Regelung wohl nur deshalbnicht, weil ich z.Z. sehr wenig Verteidigungs-unterlagen bei mir habe. Telefongesprche mitder Verteidigung finden auf einem mobilenApparat auf der Zellentre statt, bei geffne-ter Panzeraussentre mit drei zuhrendenWrtern.

    4) die im Thorberg besonders eifrig undgleichgltig detailsadistisch vollzogene Tota-lisolations- und Entzugsfolter. Einige Details

    sind schon oben festgestellt sowie, dass derVollzug in Hochsicherheit mit objektiven Si-cherheitsmassnahmen nur im geringsten Teiletwas zu tun hat. Er besteht hingegen vor al-lem aus sinnentleerten Massnahmen und Ent-zgen zur systematischen und willkrlichenQulerei und zur Erniedrigung der gefange-nen Menschen, unabhngig von dessen Ver-halten, um ihn auf der Ebene eines kretinenpsychopatischen Killers anzusiedeln. Die Mas-snahmen sind tatschlich zum groen Teil aufeinem alltglichen hchsten Niveau von sadi-stischem Kretinismus angesiedelt, der aller-dings in der folgenden lckenhaften Zusam-

    menfassung der Haftbedingungen nur andeu-tungsweise vermittelt werden kann.

    Der Spezialvollzug im Haus B Neubau imThorberg hat 40 Pltze, davon 32 Einzelzel-len, und besteht aus den Abteilen SicherheitI u. Sicherheit II. Die I ist der tote Hochsi-cherheitstrakt mit vermutlich 4-6 Zellen, Zu-gang ber einen Lift, mit Dusche und Um-kleideraum. Zur Zeit sind wir 2 Gefangene hierohne Kontakt zueinander od. zu weiteren Ge-fangene. Jede Bewegung auerhalb der Zelleund jede Trschalterffnung findet mit 3 Wr-tern statt. Jede Bewegung ausserhalb des Ab-teils findet in Handschellen statt (zum Spa-zierkfig, zum Arzt etc.), mglichst unter Ver-meidung von Begegnungen mit anderen Ge-fangenen. Der BesucherInnenraum mit Trenn-scheibe auf Gefangenenseite ist direkt vomAbteil und ohne Krperkontrollen etc. zu-gnglich. Zugang BesucherInnenseite ver-mutlich durch Detektoranlage.

    Einzelzelle: ca. 3 x 6 m, weisse Wnde, DeckeBeton nature, Boden schwarze Teerpappe, hal-be Trennwand zwischen Lavabo, WC und Ge-gensprechanlage mit einverleibtem Radio mit5 Kanlen, daneben Doppeltre, innen Gitteru. auen Panzertre, daneben offenes Abla-

    gegestellt aus Holz u. nicht fixiert. Scharten-fenster 2 auf ganzer Hhe, ein schmales u. einbreiteres, wo der Lichteinfall durch den mas-siven u. in der Mitte angebrachten Fenster-rahmen gering ist. Unten ein Flgelfenster undoben ein Kippfenster zur autonomen Lftung.Panzerglas, aussen Feinvergitterung +Normgrobvergitterung. Eine Wand-(Lava-bo) u. eine Deckenlampe je 60 Watt, Milch-glasschirm. Gengende Beleuchtung zum Le-sen u. Schreiben besteht praktisch nur bei Son-nenlicht (bis jetzt hchstens 3 kurze Nach-mittage auf 15 Tage). Tisch- od. Leselampeverboten (verboten i.d. Folge = V). Bett-

    wsche OK auer ergonomisch ungengendesKopfkissen. Ein weiteres od. konsistenteres V.Bodenheizung in den vorgngigen klterenTagen ungengend, Beanstandung bei Direk-tor u. Personal u. Arzt erfolglos. Warmwasser

    3x/Tag whrend den Mahlzeiten.Zellenausrstung: Korbpapierkorb (Korbe-

    rei), Schufelchen u. Beselchen, kleine Putz-lappen (auch zur Bodenreinigung), PutzmittelWC, Lavabo, Geschirr OK. Fernseher OK. Ein-kauf allg. u. Frischgemse u. -Frchte OK. Kle-bestift u. Pfannen V, kochen V. Habe aberTauchsieder mit kleiner Kaffeekanne aus Stahlfr Tee, Kaffee etc. Bettflasche V. Darm- undNasendusche aus den Effekten erst nach rzt-

    licher Erlaubnis, Homopathie- und Fitothe-rapiemedikamente alle erhalten.

    Essen: vegetarisch ohne Probleme und OK.Ausschlielich leichtes Wegwerfgeschirr ausPlastik. Glas V. Erhielt anstandslos eigene Hy-gieneartikel, aber Bademantel V, Dusch- undMassagehandschuh V.

    Kleidung: auer 1 Pyjama und einer leich-ten Trainerhose nichts eigenes. Anstaltsklei-der teilweise in sehr schlechtem Zustand, Un-terwsche im berfluss, bei Klte ungen-gend, vor allem die leichten Kunstfasersockenund die einzig verfglichen Stofftennisschu-he. Anfragen nach eigenen Socken aus Wolle

    und eigenen Schuhen trotz Hinweis auch beimArzt auf meine durch Schussverletzungenstark klte- und berhrungsempfindlichenFsse erfolglos. Auch bei Eis, Regen u. Kltekeine Mntel od. Jacken verfglich (bis an-hin).Arzt: hat bis jetzt noch kein Dossier (z.B. von

    Pfffikon) zur Verfgung. Arztvisiten inHandschellen, aber immerhin ohne nicht-me-dizinisches Personal dabei. Fhlt sich frnichts verantwortlich bzw. Lichtverhltnisse,Klte, Isolationsfolter und weist auf eine guteFhrung u. die Verbote des Hauses u. die Ver-antwortung der Direktion hin. Beantwortetmeine Frage, ob er dem Arztkittel od. der Wr-teruniform verpflichtet sei, nicht eindeutig.Gem Hausordnung ist Urin-, Blut- (undRektal-)kontrolle auf Anordnung des Wach-personals od. Arztes obligatorisch. Ich ver-weigerte die unverzglich beim Eintritt gefor-derte Urinprobe unter Hinweis auf Verfas-sungs- und deontologische Rechte.

    Dusche: 3 x/Woche, immer Morgens frhvor einem Arbeitstag (oder vor einer allerdingsutopischen krperlichen Bettigung), u. auchschon unmittelbar nach der Reingabe desFrhstcks angeboten). Nicht obligatorisch.

    Dusche OK.Hofgang: Morgens frh noch beiNacht/Morgengrauen. Zelle, Umkleideraum,nackt ausziehen und vollstndig andere Klei-der u. zu groe. zerschlissene Tennisstoff-schuhe anziehen, Handschellen, um 1 Stock-werk hher zum Dachkfig zu gehen, werdenim Hof durch einen Schalter abgenommen. BeiNieselregen, Klte und Wind war ich trotz em-sig marschieren brutal durchfroren. BeimRckweg dasselbe Prozedere umgekehrt. Leib-chen, leichter Pullover u. Hausjacke, leichteArbeitshosen und Hochsommerclochardbe-schuhung als vllig ungengender Klte- u.

    Wetterschutz, die teilweise Dunkelheit, der er-niedrigende Striptease und die Handschellenkommt einer Verweigerung gengender Vor-aussetzungen zum Hofgang gleich, also prak-tisch einem Entzug des Hofganges, den ich bis

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    jetzt so nur einmal machte.Arbeit: Sofern verfglich, findet sie in einer

    Nachbarzelle statt, monoton-stupide Monta-ge od. hnliches, Entlhnung unklar, zumVerdienstanteil erhielt ich bis jetzt ein Punk-teformular, maximal 16/Tag. 4 P. je vier Qua-lifikationen (Leistung, Verhalten / Einsatz,Absenzen / Pnktlichkeit, innerer Dienst). 0 =unbrauchbar, 1 = ungengend, 2 = gengend,3 = gut, 4 = sehr gut. Dieses perfide Punkte-

    system, das der Willkr u. der Schikane Trund Tor ffnet, scheint einem scheinbar be-sonders reaktionren Knast vllig gerecht zuwerden. Auch falls ich auf weiterhin die be-sten Noten erhalten sollte...

    Freizeit: Auer 4 Wrterbchern und 2Bchern (Yoga, Eigenurintherapie) keine ausden Effekten erhalten. Gem Hausordnungkann die Anstalt nach Gutdnken Drucksa-chen u. BesucherInnen zurckweisen (beischlechter Beeinflussung des Gef.). Es liegtkeine HS-spezifische Hausordnung auf, ichmuss aber annehmen, dass keine auerhalbder Zelle u. des Dachkfigs mgliche Betti-

    gung erlaubt wre.Gesprchskultur: rudimental. Zur Zeit hat

    sich, auer dem Direktor in einem Zellenbe-such zur Information des Minitodtentscheidesund einer Mitarbeiterin des Sozialdienstes (.a.zur Postkontrolle zustndig, falls nicht ander-weitig ausgefhrt, also eine Art Anstaltsinter-ne CIA, teilte mir mit, dass ev. weitere Ge-sprche mit ihr mit Trennscheibe stattfinden!)kein Mensch vom Personal als Ansprechpart-ner / Verantwortlicher vorgestellt, auch aufAnfrage hin nicht. Mehr oder weniger klarwurde mitgeteilt (Arzt!, Direktor, Personal),dass die Dauer der HS-Haft von der Fhrungabhnge.Anwaltspost: Wird bei Erhalt gegen Quit-

    tung geschlossen bergeben, muss eigenhn-dig geffnet werden und dann einem Wrterzur eingehenden Kontrolle auf verbotene Ge-genstnde ausgeliehen werden.

    Selbstverstndlich ist diese Erklrung an dieGenossInnen und FreundInnen des radikalenWiderstandes und an die ffentlichkeit allge-mein gerichtet und als ffentliche Schrift auchden verantwortlichen Stellen und Behrdenzugnglich, von denen ich hier fr eventuellals notwendig erachtete Stellungsnahmen die

    Anschriften bekannt gebe. Fr die hier ge-machten Angaben u. Wertungen zeichne ichu. ausschlielich ich als verantwortlich. Das-selbe gilt fr eine grtmgliche Verbreitung.

    Adr. Thorberg: Anstalten Thorberg, Dir. HansZoss, 3326 KrauchthalBAZ ZH: BAZ / A-1, Molkenstr. 15/17, Post-fach, 8026 ZrichBG Pfffikon: Bezirksgefngnis, 8336 Pfffi-kon (ZH)Straf- u. Massnahmevollzug: Bau-, Verkehrs-u. Forstdep., Straf- u. MassnahmevollzugHofgraben 5, 7000 Chur

    Meine Adresse:Marco Camenisch, c/o BAZ / A-1Molkenstr. 15/17, Postfach, 8026 Zrich

    Marco Camenisch

    Das Negev Tent Prison in Israel

    1) Medizinische Behandlung ist allen Gefan-

    genen untersagt, sofern sie nicht in Todesge-fahr sind. Viele Insassen haben schwere Ver-brennungen, Infektionen in Wunden von Ku-gelverletzungen, gebrochene Knochen, Lun-genentzndungen und sind unterernhrt.

    Aspirin wird ihnen als Allzweck-Heilmittelverteilt.

    2) Gegenwrtig werden in Negev Tent Pri-son rund 1280 Personen festgehalten. DieMnner sind in Gruppen zu sechzig Personenin Stacheldrahtkfigen inhaftiert. In diesenKfigen wiederum stehen je 20 Mnnern einZelt (nicht wasserdicht) von 6 mal 6 MeterGrundflche zur Verfgung. Sie schlafen auf

    hlzernen Planken und erhalten nur je eineDecke. In der Nacht sinken die Temperaturenbis zum Nullpunkt. Die Mnner leiden unterder Klte, vor allem zumal vielen von ihnendiverse Kleidungsstcke abgenommen wur-den. Die Toiletten bestehen aus einem Lochim Boden, welches alle zwei Monate neu aus-gehoben wird. Eine weitere Gefahr bestehtdarin, dass Schlangen und Skorpione oft indie Kfige hinein gelangen. Am Tag ist dieHitze beinahe unertrglich und die Fliegenschwrmen in groen Massen herum. Nachtsstechen zudem die Moskitos die ungeschtz-ten Gefangenen. Ebenso gibts keine Elektri-zitt.

    3) Die Insassen leben von unmenschlichenEssensrationen, sie kriegen Erbsen und Reis,Reis und Erbsen etc. Manchmal bekommensie altes, oft sogar noch gefrorenes Brot und

    jeden vierten Tag lauwarmen Tee.4) Es sind keine Einrichtungen zur persn-

    lichen Hygiene - auer einer eiskalten Du-sche - vorhanden. Ebenso gibts kein Papierund kein Schreibzeug, Kleider oder andereGeschenke von Angehrigen drfen die Ge-fangenen nicht empfangen.

    5) Falls jemand auerhalb des Zeltes gese-

    hen wird, wird er per Gewehr im Anschlagzurck beordert. Zudem sind smtliche Wr-ter (auch im Gefngnis drin)bewaffnet.

    6) Alle Gefangenen im Ge-fngnis in der Negev-Wstewerden auf unbestimmte Zeitfestgehalten und haben nochkein Gerichtsverfahren ge-habt. Oft wird Einzelnen ge-sagt, sie kmen bald raus, umihnen dann bekannt zu geben,dass sie fr weitere 6 Monateeingesperrt bleiben wrden, da

    sie eine Gefahr fr die Nati-on darstellten. Das Gefngnisist in einer Militrbasis, keineMenschenrechtsgruppen, Me-dien oder Familienangehrige

    sind zugelassen, und auch den Anwlte derInhaftierten wird der Zutritt oft verwehrt.

    7) Viele wurden gefoltert, praktisch alle

    werden systematisch geschlagen.8) Am 24. Oktober, morgens um 8.30, wur-den 3 Mnner von den IOF-Wchtern aufge-fordert, mitzukommen, da sie des Fluchtver-suches beschuldigt wurden. Da sich die Ge-fangenen ob der Lge und der anstehendenFolter bewusst waren, weigerten sie sich, dasKfig zu verlassen. Alsbald wurden sie vonden Wrtern mit Trnengas und Percussion-Granaten angegriffen und Feuer brach in ei-nem Teil des Gefngnisses aus. Die Gefange-nen versuchte, mit Decken und Holzplankendas Feuer zu lschen und aus dem Kfig zufliehen, wurden dabei aber aus nchste Nhe

    mit Gummischrot beschossen. 33 Personenwurden verletzt, und niemand kmmerte sichdarum. Viel schlimmer war aber noch, dassdie Mnner anschlieend im selben, teils ver-kohlten Kfig, ohne Zelt und Decken 15 Ta-ge lang liegen gelassen wurden.

    Ein Bild von der Situation in den Gefngnis-sen geben ein Report von AI und ein Artikelvon Telepolis: http://web.amnesty.org/web/web.nsf/pages/IOT_CAT_briefing,http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/12177/1.html Quelle: Indymedia

    Protest gegen inhumane Haftbedin-gungen im Damoun-Gefngnis

    Am 9. November fhrte die israelisch-ara-bische Gruppe Taayush eine Demonstrati-on am israelischen Damoun-Gefngnisdurch (Bild). Zu Beginn des Ramadanbrachten sie Lebensmittel und andere le-bensnotwendige Dinge fr die Gefangenenmit in der Absicht, ihre schwierige Lage zuerleichtern, aber es gelang ihnen nicht, dieSachen ins Gefngnis zu bringen.

    Im Gefngnis Damoun sind derzeit ca.500 Gefangene unter unmenschlichen

    Haftbedingungen inhaftiert. Die meistenvon ihnen sind Palstinenser, die unter den

    Israel

    Inhumane Haftbedingungen fr palstinensi-sche Flchtlinge Protest und Widerstand

  • 7/31/2019 Angehrigen Info #268

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    Bedingungen der Besetzung oft verzweifeltversuchen, illegal nach Israel zu gelangenund dort Arbeit zu finden. Werden sie ander Grenze abgefangen oder in Israel auf-gegriffen, landen sie im Gefngnis. Ein sol-ches Gefngnis fr Illegale ist Damoun.Familienbesuche finden dort praktischnicht statt, und es gibt manche Gefangene,die ihre Kinder noch nicht gesehen haben.Die Gebude, vormals Stlle und Lden,

    wurden 1953 vorbergehend als Ge-fngnis in Betrieb genommen, im Jahr 2000wurde es als ungeeignet fr die Unter-bringung von Menschen geschlossen. DieZellen waren im Winter auerordentlichkalt, feucht und undicht, im Sommerdrckend hei, es fehlt an sanitren Ein-richtungen, Duschen und Bademglichkei-ten gibt es gar nicht. Trotzdem wurde dasGefngnis im September 2001 im Zuge derneuen Politik lngerer Inhaftierung ille-galer Grenzgnger nach einigen unzurei-chenden Renovierungsarbeiten wiedererffnet und mit 500 Gefangenen belegt -

    vor der Schlieung waren es maximal 400gewesen.(Quelle und Bild: www.taayush.org)

    Gefangenenrevolte in Camp Ofer

    In ihrer Ausgabe vom 4./5.1. berichtet dieSddeutschevon einem Aufruhr im israe-lischen Gefangenen-Lager Camps Ofer na-he Ramallah. Etwa 700 Gefangene hattennach Angaben einer Gefangenenvereini-gung eines Abends begonnen, ihre Zelte inBrand zu stecken, die israelischen Bewa-cher gingen nach Augenzeugenberichtenmit Trnengas und Knppeln gegen die re-bellierenden Gefangenen vor. Nach mehr-stndigen Auseinandersetzungen hattensie die Revolte niedergeschlagen.

    Der Club der Gefangenen kritisierte dieBehandlung der in Ofer Inhaftierten: Siemssten in berfllten Zelten auf dem Bo-den schlafen und litten unter der Klte.Nach Angaben eines Armeesprechers, derdie Auseinandersetzungen besttigte, sindetwa 100 der Gefangenen aufgrund einesErlasses in Ofer, der es gestattet, verdch-tige Palstinenser bis zu sechs Monatenohne richterlichen Beschluss in Haft zu

    nehmen. Zuvor hatte die Menschenrechts-organisation BTselem gemeldet, dass der-zeit mehr als 1000 Palstinenser ohne Ge-richtsurteil gefangen gehalten werden. So-weit die Sddeutsche.Ausfhrlichere Angaben ber die Zu-

    stnde im Camp Ofer finden sich unterhttp://oznik.com. Berichte israelischerMenschenrechtsorganisationen schildern,dass die 700 Gefangenen in Zelten ohneBetten und Matratzen untergebracht sind,dass zu Beginn der Inhaftierung nach derisraelischen Invasion der Stdte auf den

    Westbanks 300 Gefangene in der kalten

    Jahreszeit drei Tage drauen auf dem Welt,Klte und Regen ausgesetzt, auf dem nack-ten Boden schlafen mussten. Sie schilderndie unzureichende Versorgung mit Essenund Kleidung ber etliche Wochen.

    Erklrung der Rechtsanwlte

    Zu den Haftbedingungen vonAbdullah calan Situationweiterhin ungeklrt!

    Istanbul, 16. Januar 2003Seit seiner illegalen Verbringung am 15. Fe-bruar 1999 in die Trkei wird Abdullah

    calan auf der Gefngnisinsel Imrali unterschwersten Isolationshaftbedingungen ge-fangengehalten. Die im trkischen Marma-rameer gelegene Insel ist weitlufig als mi-litrisches Sperrgebiet deklariert.

    Die seit mehr als vier Jahren andauerndenschweren Isolationshaftbedingungen unseresMandanten stehen im krassen Gegensatz zuinternationalen und nationalen rechtlichenMindeststandards. Insbesondere das Rechtauf eine angemessene Verteidigung wird Ab-dullah calan vorenthalten. Diese willkrli-che Praxis nimmt immer mehr systematischeZge an.

    Unter normalen Umstnden steht Abdul-lah calan einmal pro Woche ein Anwalts-besuch zu. Dieser ist auf eine Stunde begrenztund auf den Mittwoch festgelegt. Besuch vonseinen nchsten Familienangehrigen isteinmal pro Monat mglich.

    Seit dem 18. September 2002 konnten wirjedoch mit unserem Mandanten nur insge-samt dreimal zusammentreffen. Alle anderenBesuchstermine wurden mit der Begrndungwidriger Witterungsverhltnisse verhindert.Seit mehr als sieben Wochen existiert keineunabhngige Information ber die Situationunseres Mandanten. Diese neue Dimension

    von Isolation hat schon lngst die Grenze desAkzeptablen berschritten. Aus diesemGrund sind wir ernsthaft um die Sicherheit

    von Leib und Leben unseres Mandanten be-sorgt.

    Deshalb haben wir uns mit verschiedenenBeschwerden an das Justizministerium, andie Staatsanwaltschaft in Bursa und Men-schenrechtskommission der trkischen Na-tionalversammlung gewandt. Diese sind je-doch bisher unbeantwortet geblieben. Aufgleicher Grundlage haben wir uns am 6. No-

    vember 2002 auch an das Antifolterkomitee

    des Europarates mit der Bitte gewandt, erneutdie Haftbedingungen auf der GefngnisinselImrali zu berprfen. Des weiteren wurde vonuns beim Europischen Gerichtshof fr Men-schenrechte Beschwerde eingelegt.

    Trotz dieser Bemhungen konnten wir bis-her keine Vernderung der oben beschriebe-nen Situation erreichen. Smtliche Versuche

    von den verantwortlichen Stellen eine Aus-kunft ber die Situation unseres Mandantenzu erlangen, sind ergebnislos geblieben. In

    Anbetracht der Stellung und Funktion unse-res Mandanten ist eine Eskalation der Situa-tion nicht mehr auszuschlieen. Die Anteil-

    nahme der internationalen demokratischenffentlichkeit ist gefordert. In dieser kriti-schen Situation appellieren wir an die eu-ropische Staatengemeinschaft, sich bei derTrkei fr die Sicherheit und das Leben von

    Abdullah calan einzusetzen. Die Situationunsers Mandanten muss unverzglich ge-klrt werden.

    ASRIN HUKUK BROSU(bersetzung: Internationale Initiative Frei-heit fr Abdullah calan - Frieden in Kurdi-stan)

    Symposium gegen Isolation

    Whrend des Symposiums gegen Isolation,das vom 19. bis 21. Dezember 2002 in Hollandabgehalten wurde und an dem sich insge-samt 55 VertreterInnen aus der Trkei, demBaskenland, Palstina, Spanien, Italien,Deutschland, Griechenland, Belgien, Liba-non, Marokko, Peru, Frankreich, sterreich,Kolumbien, Portugal, Dnemark und Hollandbeteiligten, wurden folgende Beschlsse an-genommen:

    Der 19.-22. Dezember waren die Tage, an de-nen im Jahr 2000 28 Gefangene in der Tr-kei im Kampf gegen Isolationshaft ermordetwurden.

    Die politischen Gefangenen in der Trkeiwie nahezu berall in der Welt sollten isoliertwerden, um sie zu brechen und zu vernich-ten.

    Diese Gefangenen fhren einen beispiel-haften Kampf seit ber 2 Jahren mit dem To-desfasten, dem lngsten Hungerstreik in derGeschichte, gegen die staatsterroristische Iso-lationsfolter. Dieser Kampf hat schon mehrals 100 Leben gekostet und geht bis heuteweiter. Isolation ist eine der extremsten For-men von Unterdrckung, insbesondere so wiedas Verschwindenlassen in der arabischen

    Welt und in Lateinamerika, physische Folterund Mord. Isolation ist ein Mittel, um die Ge-danken zu zerstren, insbesondere politischeGedanken. Isolation ist eine Folter, Folter istein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und

    diese Form von Folter wurde initiiert durchimperialistische Staaten wie die USA und dieLnder der EU. Wir fordern alle Menschenauf, jegliche Form der Isolation als Teil deraktuellen Kmpfe gegen Unterdrckung und

  • 7/31/2019 Angehrigen Info #268

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    Ausbeutung zu bekmpfen.Deshalb wollen wir die Tage vom 19. bis

    22. Dezember als weltweite Aktionstage ge-gen Isolationshaft ausrufen.Wir sind uns dabei einig, dass Isolation die

    Zerstrung des Menschen in medizinischersowie menschlicher Hinsicht darstellt und il-legitim ist.

    Es sollte die Aufgabe eines jeden Menschensein, den Kampf gegen die Isolation in sei-

    nem Ttigkeitsbereich auszuweiten.Freiheit fr alle politischen Gefangenenund Kriegsgefangenen!

    Lang lebe die internationale SolidarittWer sich unserer Plattform anschlieen

    oder mit uns in Verbindung setzen mchte,kann sich an folgende Adresse wenden:[email protected] Plattform gegen Isolation

    Trkei

    Neuer Hungerstreik

    in den Gefngnissen seitdem 19. Dezember

    Das Todesfasten der politischen Gefangenenin den trkischen Gefngnissen dauert seitdrei Jahren an. Bei diesem Widerstand habenbis zum heutigen Tag 103 Personen ihr Le-ben verloren. Das Todesfasten wird weiterhin

    von der DHKP-C und der TKEP-L fortgesetzt.Im Namen der Gefangenen, der Parteien

    und Organisationen DHKP-C, TKP(ML)-TIKKO, TIKB, MLKP, KAWA, TDP, THKP/C-HD und PKK-DCS erklrten ihre VertreterErcan Kartal, Cemal Cakmak, Kenan Gngr,

    Yunus Aydemir, Mehmet Imamas, Aytunc Al-tundal, Tuncay Kurtbas, Erol Kangal, dass am19. Dezember mit einem unbefristeten Hun-gerstreik aller Gruppen begonnen wurde.

    In der Erklrung, in der darauf aufmerk-sam gemacht wurde, dass dieser Hungerstreikam zweiten Jahrestag der Gefngnismassa-ker beginnt, erklren die Gefangenen weiter:

    Seit dem 19. Dezember 2000 sind zweiJahre vergangen. Die Angriffe des 19. De-zember dauern noch an. Der faschistische tr-kische Staat verwirklichte am 19. Dezember

    2000 mit der Untersttzung der USA und derEU das blutigste Massaker in der Geschichteder Trkei, um unsere revolutionren Ge-danken und Identitt zu vernichten. Bei den

    Angriffen vom 19. Dezember wurden 28 Ge-fangene durch Schsse, chemisches Gas undFeuer massakriert. Hunderte wurden nachden Folterungen schwerverletzt in die Isola-tionszellen der F-Typ-Gefngnisse gebracht.Die Angriffe, die am 19. Dezember begannen,dauern seit diesem Tag in den Isolationszel-len der F-Typen mit der Isolationsfolter an.

    Wir widersetzten uns den Massakerangriffendes Faschismus vom 19. Dezember 2000 mit

    einem aufopferungsvollen Widerstand. Die-ser Widerstand wird jetzt im dritten Jahr inden Isolationszellen fortgesetzt. Bis zum heu-tigen Tag haben wir in unserem Widerstand103 Gefallene zu beklagen. Hunderte revolu-

    tionre Gefangene wurden durch Zwangs-ernhrungen zu Invaliden. Aber der Faschis-mus konnte mit keinem seiner Angriffe un-sere revolutionren Gedanken vernichten.

    Unsere Bedingungen und Forderungensind allgemein bekannt. Der Widerstand wirdgegen die Isolationspolitik und deren Legiti-mation fortgesetzt. Unser Entschluss stehtfest. Wir setzen unseren Widerstand solangefort, bis unsere Forderungen akzeptiert wer-

    den. hrt damit auf, die Angriffspolitik des19. Dezember fortzusetzen. Stellt unsere Ent-schlossenheit nicht auf die Probe.

    Ihr knnt die Identitt der revolutionrenGefangenen nicht zerstren.

    Um gegen die Angriffe des 19. Dezemberzu protestieren, der AKP-Regierung die Ent-schlossenheit unseres Widerstandes gegendie Isolationsfolter zu demonstrieren und zuwarnen, beginnen wir revolutionren Gefan-genen am 19. Dezember 2002 mit einem un-befristeten Hungerstreik.

    Unser Aufruf an die ffentlichkeit und an

    unser Volk: Isolation bedeutet Tod. In den Iso-lationszellen sterben weiterhin Menschen.Um weitere Tode zu vermeiden, rufen wir je-den, der fr Unabhngigkeit, Demokratie, Ge-rechtigkeit und Freiheit ist, auf, unseren Wi-derstand zu untersttzen.

    104. Gefallene im Todesfasten

    zlem Trk hat durch die Zwangsernhrungihr Leben verloren. Nach Angaben von An-gehrigen der Gefangenen wurde versucht,die Todefastenaktivistin zlem Trk zwangs-

    zuernhren. Dabei wurden ihr Handschellenangelegt. Hinterher wurde sie mit einer Am-bulanz vom Ankara Numune Krankenhaus,wo sie sich befand, fortgebracht. Die Ver-antwortlichen des Krankenhauses gaben ih-rer Familie und Anwlten keine Auskunftber ihren Zustand und ihren Verbleib. Dannwurde bekannt, dass sie durch die Zwangs-behandlung ihr Leben verloren hat.

    Es wurde erklrt, das zlem Trk inner-halb einer Woche zweimal unter Folterzwangsernhrt worden ist. Nach Angaben derTAYAD-Familien wurde sie das erste Mal am4.1. zwangsbehandelt. Als die CHP (Republi-

    kanische Volkspartei)-Abgeordneten EnginAlty und Yksel Corbacioglu von der Men-schenrechtskommission des Parlaments z-lem Trk zu dieser Zeit besuchen wollten, umnach ihrem Zustand zu sehen, wurden sie am

    ersten Tag nicht ins Krankenhaus gelassen.Den Verantwortlichen des Krankenhauseswurde klar, dass dadurch ihre Folter ffent-lich werden wrde. Die Zwangsbehandlungwurde abgebrochen und zlem Trk in denGefangenenraum gebracht. Als die Abgeord-neten das nchste Mal im Krankenhaus wa-ren, haben sie im Gefangenenraum von denEreignissen gehrt.

    Prozessbeobachterdelegationnach Istanbul

    Das Komitee gegen Isolationshaft will vom2. bis 8. Mrz 2003 eine Beobachterdelegati-on nach Istanbul entsenden. Am 7.3. findet

    vor dem Staatssicherheitsgericht in Istanbulder vierte Verhandlungstag des Prozesses ge-gen berlebende der Militraktion im Istan-buler Stadtteil Kckarmutlu statt (wir be-richteten).