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5/11/2018 Alles Tote Dose - slidepdf.com
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Alles tote Dose (FAKTOR FUNF 3. Niveaul )
Lr~ l© World copyright, Copenh~(Yen-1994, 1995, 1998, 2902,;_2Dll4 -f' r
by Forlaget ~aleidoscop!"i~leidosCop·c·Pi.ibTi'shers LW,
~DIVlSlOnotGyldendatEdiicat14)Ir, - 1 1 - ? 0 0 5 ~ ~/I).,0, Klareboderne . CD I (.. . _
DK 1001 Copenhagen K\ • .c-,")c, /
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-. -~0All rights reserved. No part 'bi this },ubli.cati.oft mav bereproduced without prior written p'erI11'i~sib~1 by tliecopyright owners. '.'
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ISBN: 87-00-17962-0
Kopiering fra denne bog rna kun finde sted pa institutioner,
der hal' indgaet aftale rued COPY-DAN og kun inclen fu r de
iaftalen nzevnte rammer.
© Copyright for Finland: 1'194,1995, 1998,2002,2004
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ISBN: 951-1-13540-6 '
© Copyright for Germany: 2004
International distribution rights except for Scandinavia, Italy
and Greece:
Ernst Klett Sprachen GmbH, Klett Edition Deutsch,
Rotebuhlstratse 77, D - 70178 Stuttgart, Deutschland
ISBN: 3-12-676340-5
© Copyright for Greece: 19'18,2002, 2U0'-1
Chr. Karabotos-verlag GmbH,
Pendelis 5tr 31,15343 Ag Paraskcvi. Athcn
lSBN: 960-7159-52-7
© Copyright for Iceland 1994, 199::;,1'198, 2002, 2004
Mal og menning, Laugavegi 18, PO. Box 392, 121 Revkjavik
ISBN 9979-3-0712-'1
© Copyright for Sweden: 1994, 1995, 1998, 2002, 2()04
Bokforlaget Natur och Kultur, Box 27 323, 10254 Stockholm
ISBN: 91-27-63246-6
Als Begleitmaterialien sind Lehrerhandbuch und Kassetten
mit den Texten erhaltlich.
Die Bucher sind in drei Niveaustufen eingeteilt.
Niveau 1· Niveau 2.. Niveau 3 •••
Lars schlagt zu........................................ 5
Zuviel Mull in Luckstadt 7
Rainer mochte wie aIle sein 12
Eine Idee entsteht 16
Wo sind die leeren Dosen geblieben? 21
Eine Gegenaktion 29
Eine knappe Entscheidung 36
"Alles tote Dose" 40
BOGAZi<;i
uNivERSiTESi
KUTUPHANES i1 1 1 1 1 I I I I I I I I I I I 1 I I604511
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Lars schlagt zu
Vor dem "Goethe-Gymnasium" auf dem Schul-
hof ist viel los. Es ist Freitag und Pause. Alle
sind draufsen.
"Mensch, noch eine Stunde Physik. Dann ist
endlich Wochenende", sagt Lars aus der lOb zu
zwei anderen Jungen.
Lars ist sehr graB und kraftig. Er ist 16, aber
von weitem sieht er alter aus. Beim Blick in
sein Gesicht wirkt er noch ziemlich kindlich. Er
hat sehr runde Backen. Die Augen sind was-
serblau. Sein Kinn ist fast bartlos. Gerade holt
Lars drei Coladosen aus seiner Cowboyjacke.
"Wollt ihr auch 'ne Biichse?" fragt er. Die
Jungen nicken.
Zufallig kommt Anne in die Nahe der drei
Jungen. Anne ist 15 Jahre alt. Sie hat kuhle
blaue Augen und rate Locken. Sie hart, wie
eine Dose zischend geoffnet wird. Lars nimmt
einen langen Schluck.
"MiiBt ihr immer aus diesen bladen Buchsen
trinken?" fragt Anne. Sie fragt ziemlich aggres-
siv.
.Ach, die Oko-Tante muf mal wieder
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meckern." Lars guckt Anne herausfordernd an.
.Du mochtest wohl, daf alle Schuler in der
Pause brav ein Glas Milch trinken."
.Jch rede von Dosen, Lars, nicht vom Inhalt.
Trink doch soviel Cola, wie du mochtest.
Gesund ist das nicht."
Lars geht ein paar Schritte auf Anne zu. Sein
Gesicht ist ganz rot vor Wut. Er hebt seine
Fauste hoch.
.Du blade Oko-Tante, wiIlst du mir das
Colatrinken verbieten? Redest von Dosen, he?
Deine Dosen interessieren mich nicht!" schreit
er und boxt Anne mit seiner rechten Faust.
Anne kann ausweichen. Die Faust trifft sie
nur schwach. Sie schreit. Frank, einer der bei-
den anderen J ungen, halt Lars fest.
Frau Benz hat Pausenaufsicht. Sie nahert
sich, aber da klingelt es. Lars wendet sich ab,
trinkt seine Dose mit einem grofsen Schluck
leer und geht zum Schulgebaude. Anne steht
noch erschreckt da. Schlieislich geht auch sie
langsam ins Klassenzimmer.
6
u
Zuviel Mull inLuckstadt
Anne wartet nach Schulschluf auf ihre Freun-
din Katrin. Die geht in die lOa und hat heute in
der funften und sechsten Stunde Sport. Das
Duschen dauert etwas. Anne geht auf dem
Schulhof auf und abo Sie denkt uber das
Schimpfwort von Lars nacho Oko-Tante nennt
mich der Typ und schlag: zu. Wie soIl man so
einen uberzeugen, daf Dosen Mull sind? Anne
sieht in zwei offene AbfaIleimer auf dem
Schulhof. Typisch. Hier gibt es viele Schuler
wie Lars, denkt sie. Dosen, Dosen, Dosen, Alu-
folie und leere Verpackungen von SuiSigkeiten
sieht Anne in den Eimern.
"Hey Anne, wartest du schon lange?" ruft
munter Armes Freundin Katrin.
Anne dreht sich um und umarmt Katrin
kurz.
"Nee, ich warte noch nicht lange. Ich denke
gerade uber Mull nach."
Katrin ist fast einen Kopf graiSer als Anne.
Sie hat lange braune Haare, die sie oft zusarn-
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tt
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menbindet. Ihr Gesicht ist schmal. Sie hat brau-
ne Augen und sieht freundlich aus. Aber jetzt
runzelt sie die Stirn.
"An Mull denkst du, aha. Ist dir die Phy-
sikstunde nicht bekommen?"
Die beiden Madchen verlassen den Schulhof.
Sie gehen die Ahornallee entlang.
"Mir geht es gut, Katrin. Nur der Umwelt
geht es nicht mehr gut. Cuck dir mal die Ab-
falleimer auf dem Schulhof an. Alles voll mit
leeren Verpackungen. Und die Abfallkorbe hier
bei uns in Luckstadt sind immer voll." Anne
erzahlt ihrer Freundin vom Streit mit Lars.
"Solche Typen wollen einfach nichts verstehen.
Dabei ersticken wir bald am Mull."
Katrin schuttelt den Kopf uber Lars. Sie
guckt nachdenklich.
"Du hast bestimmt recht, Anne. Ich habe
vergangene Woche eine Fernsehsendung uber
das Mullproblem in Deutschland gesehen. Es
gibt kaum noch Platz auf den Deponien, haben
die gesagt. Und die Menschen kaufen immer
mehr Einwegverpackungen."
"Siehst du, es ist uberall so. Wir erleben in
Luckstadt, was im ganzen Land passiert. Meine
Mutter sagt, daf die Verwaltung eine Mullver-
brennungsanlage bauen will. Die soll funf Kilo-
meter von Luckstadt entfernt sein", sagt Anne.
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Sie und Katrin laufen Luckstadts wichtigste
EinkaufsstraBe entlang. Luckstadt ist eine
Kleinstadt mit 30.000 Einwohnern. Am Ende
des groBen Marktplatzes steht das alte Rathaus
im Renaissancestil. Darauf sind die Luckstad-
ter besonders stolz.
.Kommst du in die Eisdiele mit, Anne?"
fragt Katrin.
Die Freundin nickt. Eis iBt sie aber nicht.
Anne ist Vegetarierin, genau wie ihre Eltern.
Sie iBt kein Fleisch, keine Wurst und auch kei-
ne Sulsigkeiten.
"Ich trinke einen Fruchtsaft", sagt Anne.
In der Klasse gibt es einige, die Anne "ko-
misch" finden. Aber nur Lars nennt sie ,/)ko-
Tante". Katrin halt viel von Anne. Manchmal
ist sie ein wenig neidisch auf Annes Familie.
Denn die Hansens, Annes Eltern, wohnen auf
einem Bio-Bauernhof.
Die beiden Madchen setzen sich vor der Eis-
diele "Miramare" an einen run den Tisch. Die
Sonne scheint. Es ist erst Mitte April. Doch es
ist warm.
"Ein Schoko-Eis mit Sahne und einen Oran-
gensaft", bestellt Katrin beim italienischen
Kellner. Dann erinnert sie sich, was Anne vor-
hin erzahlt hat.
"Glaubst du wirklich, daf eine Mullverbren-
10
nungsanlage gebaut wird? Dann gibt es hier ja
bald kein Mullproblern mehr."
Anne sieht ihre Freundin erstaunt an.
"Meine Cute, Katrin, das bringt doch noch
mehr Umweltprobleme. Man verbrennt den
Mull. - Und was kommt aus dem Schornstein
heraus? Bestimmt keine saubere Luft! Wenn
man Kunststoffe wie PVC verbrennt, ka1U1
sogar hochgiftiges Dioxin entstehen. Die Leute
in der Stadt wollen bestimmt nicht, daf die
Luft noch schmutziger wird."
Katrin iBt den Eisbecher leer. Anne trinkt
den Saft.
.Jch mochte mehr wissen uber Mull und
Mullbeseitigung", sagt Katrin plotzlich.
,,Ich auch. Ich mbchte wissen, was in Luck-
stad t gegen die groBen Abfallmengen gemacht
wird", sagt Anne. Sie schlagt Katrin v or, zur
Umweltberatung zu gehen. "Aber erst nachste
Woche. Am Wochenende helfe ich meinen
Eltern. Wir mussen Saatkartoffeln in die Erde
bringen."
Es ist schon nach drei Uhr nachmittags.
Katrin muf los. Sie holt immer ihre kleine
Schwester aus dem Kindergarten ab. Anne geht
zur Schule, weil dort ihr Fahrrad steht. Dann
fahrt sie nach Hause. Sie wohnt in Ochtersdorf,
einem kleinen Vorort von Luckstadt.
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Rainer mochte wie allc.sem
Am Samstag abend ist Anne mude. Der
Rucken tut ihr weh. Den ganzel, Tag Saatkar-
toffeln in die Erde bring en, das ist anstren-
gend.
"Anne komm, es gibt Abendbrot", ruft
Annes Mutter.
Sie und ihr Mann bauen auf ihrem Bio-Bau-
ernhof Kartoffeln, Getreide, Cemuse und Obst
an. Auch einige Schafe, Ziegen und Hillmer
gehbren zu dem Bauernhof. Die Hansens ver-
wenden keinen Kunstdunger und keine cherni-
schen Pflanzenschutzmittel. Ihr Cernuse und
ihre Kartoffeln verkaufen sie an Naturkostladen.
Anne geht in die Kuche. Am groBen runden
Efstisch sitzen schon ihre Eltern. Nur Rainer,
Annes 14jahriger Bruder, fehlt noch. Er kommt
oft zu spat.
"Fangen wir an", sagt der Vater.
Er nimmt sich eine Scheibe Vollkornbrot aus
dem Korb. Anne und Frau Hansen greifen
auch zu.
12
In diesem Moment offnet Rainer mit
Schwung die Tur.
"Hallo allerseits. Ich komme gerade vom
Fufiballplatz. Tolles Spiel."
Rainer sieht Anne sehr ahnlich, Klein und
sportlich ist er. Er zieht schnell seine Jacke aus.
Dann legt er den Rucksack neben seinen Stuhl
und setzt sich hin. Er verzieht sein Gesicht.
"Warum gibt es immer diesen Oko-FraB",
schimpft er. "Salat, Vollkornbrot, Ziegenkase. -
lch mochte viel lieber einen Hamburger oder
eine Currywurst!"
"Wir zwingen dich nicht, vegetarisch zu
leben, Rainer", sagt Herr Hansen ernst. "Du
kannst uns aber nicht zwingen, daf wir dir
Fleisch und Wurst kaufen. Ich gebe dir Geld.
Du kannst jederzeit in ein Hamburger-Restau-
rant gehen."
Rainer schuttelt den Kopf.
.Jch mochte, daf mein Zuhause normal ist,
so wie bei meinen Freunden." Er buckt sich zu
seinem Rucksack und holt eine Coladose her-
aus. "GlUcklicherweise habe ich etwas Ver-
nunftiges zu trinken. Mbchtest du auch einen
Schluck, Anne?" fragt er seine Schwester und
grinst.
Die Eltern gucken sich kurz an. Sie sagen
aber nichts. Rainer will uns provozieren, den-
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ken beide. Anne sehweigt nieht.
"Bist du verruckt? Wie kannst du Cetran-
kedosen kaufen. Das sind sehr umweltschad-
liehe Verpaekungen."
.Jst mir egal. Ich habe genug vom Oko-Gere-
de. Hilft es del' Umwelt, wenn ieh alles aufge-
be, was mir schmeekt und Spaf maeht? Gar
nicht!"
.Einer allein rettet die Umwelt nicht. Das
stimmt. Aber du bist nicht allein, Rainer. Viele
Menschen merken, daf sie etwas tun mussen
gegen die Umweltverschmutzung und gegen
die ungesunde Lebensweise." Herr Hansensagt das. Er sprieht ganz ruhig. Aber Rainer
bleibt stur.
,,!eh glaube nicht, daB das stimmt. Ich
mochte tun, was mir gefallt."
Er nimmt seine Coladose und steht auf.
Dann greift er sieh Jacke und Rucksack, geht
raus und knallt die Tur zu. Die drei in derKuche horen, daf er die Treppe hinaufrennt
und die Tur zu seinem Zimmer auch zuknallt.
.Er will im Moment nicht verstehen, was
wir meinen. Zwingen konnen wir ihn nicht",
sagt Frau Hansen.
Anne aber ist wutend. Mit dem Dosenmull
geht das nieht so wei tel', denkt sie. Ich gehegleich am Montag mit Katrin in die Umwelt-
I,I
14
beratung. Vielleicht bekommen wir da einen
Tip, was man gegen das Mullproblern tun
kann.
Anne sitzt noeh eine Stunde mit ihren Eltern
zusammen. Sie essen und unterhalten sich. Die
drei verstehen sieh sehr gut. Schon kurz nach
neun Uhr sagt Anne ihren Eltern "Gute
Nacht". Sie geht in ihr Zimmer und liest noch
eine Weile. Dann ist sie so mude, daf sie sieh
nur noch schnell die Zahne putzen kann. Sie
legt sich ins Bett und schlaft sofort ein.
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Eine Idee entsteht
I i
"Erst stirbt der Baum. dann der Mensch". Dassteht auf einem grofsen Plakat an der Eingangs-
tur der Umweltberatung. Es ist Montag
nachmittag. Anne und Katrin gehen in das
kleine Buro. Seit zwei [ahren gibt es die Um-
weltberatung in Luckstadt. Mitglieder einer
Umweltorganisation sind die Grunder. Manche
Luckstadter nennen die Beratungsstelle einen"Treffpunkt von Chao ten und Oko-Spinnern".
Die meisten Stadtbewohner sind froh uber die
Einrichtung: Fur wenig Geld gibt es Tips zum
biologischen Gartenbau, tiber okologische Bau-
stoffe und tiber Schadstoffe in Lebensmitteln.
"Guten Tag, kann ich euch helfen?" fragt
freundlich ein junger Mann Anne und Katrin.Anfang 20 ist er. Er ist groB und hat helle Jeans
und einen blauen Pullover an.
"Wir mochten Informationen tiber Ver-
packungsabfall", sagt Anne.
"Ja, das ist ein wichtiges Thema. Leider
unternimmt niemand etwas gegen die groBen
Mullberge", sagt der junge Mann. "Ubrigens,ich heilse Bernd Raabe. Am besten setzen wir
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uns dort an den Tisch. Wie heilit ihr?"
Anne und Katrin nennen ihre Namen. Dann
setzen sie sich mit Bernd an den Tisch.
"Wir mochten etwas mehr uber Ver-
packungsabfall wissen. Wir mochten abel' auch
etwas gegen die Mullberge machen", sagt
Katrin.
Bernd sieht sie an und nickt erfreut.
.Es muf auch etwas passieren. Ich lese euch
mal eine Zahl vor". sagt er und blattert in einer
Broschure. "Richtig, hier steht es: In einem [ahr
kommen in Deutschland mehr als 7,6 Millio-
nen Tonnen Verpackungen in den MLUl.Ein
gro(5el' Teil davon ist uberflussig. Dosen. Ein-
weg-Glasflaschen, Kartons fur Saft und Milch
braucht man gar nicht. SchlieiSlich gibt es
Mehrweg-Pfandflaschen. Aber auch viele
Kunststoff-Folien. Becher und Kartons sind
nicht notig."
AIUle und Katrin horen aufmerksam zu.
Bernd erzahlt weiter.
"Die Verantwortlichen in den Fabriken und
in den Superrnarkten sagen, daf die Kunden es
gerne bequem haben. Und Einwegverpackun-
gen sind bequem. Doch eigentlich wollen sie
nur Kosten sparen. Bietet ein Ceschaft viele
Cetranke in Pfandflaschen an, braucht es viel
Platz fur die leeren Flaschen. Vor allem die Ver-
18
packungsproduzenten wehren sich dagegen,
daf es weniger Einwegverpackungen gibt. Sie
verdienen damit ja viel Geld. Mit Mehrweg-
Flaschen nehmen sie weniger Geld ein. Schliels-
lich kann jede Pfandflasche bis zu vierzigmal
gefullt werden." Bernd gibt den beiden Mad-
chen einige Broschuren. .Da konnt ihr lesen,
was mit dem Mull los ist."
Anne hat noch eine Frage.
"Wieviel Cetrankedosen leeren die Leute in
Luckstadt. WeiBtdu das?"
Bernd lacht.
/lZufalligerweise weif ich das wirklich. Es
sind etwa 40.000 Dosen pro Tag. Deine Frage
bringt mich ubrigens auf eine Idee." Bernd
springt auf. Er geht zu seinem Schreibtisch und
kramt in den Papieren.
.Es gibt da so eine Aktion in Crofsstadten.
Das war etwas mit Dosen", murmelt er. .Da ist
es ja. Hart mat das ist eine tolle Sache. Schuler
in Hamburg, Frankfurt und Berlin sammeln
leere Cetrankedosen. Sie machen dara us
Dosenketten und haugen damit die Fassaden
von wichtigen Cebauden zu."
Bernd hat einen Zeitungsartikel in der Hand.
Den reicht er jetzt Anne und Katrin. Die beiden
Madchen lesen - und sind begeistert.
.Das machen wir auch. Wir sammeln genau
19
be
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40.000 Dosen. Dann haben wir die Menge, die
in Luckstadt taglich in den Abfalleimern lan-
det", ruft Katrin. Anne sagt:
"Und mit den Dosenketten verhangen wir
die schone Rathausfassade."
Auch Bernd ist begeistert.
"Toll, wenn ihr das schafft. Ich helfe euch
auf jeden Fall. Sicher machen auch die anderen
aus der Umweltberatung mit. Aber ihr braucht
noch mehr Helfer. 40.000 leere Dosen sind eine
Menge. Wir mussen sie alle aus Eimern und
Mullbehal tern sammeln."
"Wir werden vor allem in unserer Schule
Helfer such en. Am besten hangen wir einen
Zettel an das Schwarze Brett."
Die drei planen schliefslich ein Flugblatt. Das
wollen sie an mehreren Stellen in der Stadt auf-
hangen. Sogar einen Namen fur die Aktion
haben sie. Genau wie in Hamburg, Frankfurt
und Berlin heilst ihr Motto: "Alles tote Dose".
1 1
2 0
Wo sind die leerenDosen geblieben?
"Puh, ist das anstrengend", sagt Andreas.
Andreas ist Katrins 21jahriger Bruder. Er stu-
diert Biologie in Hamburg. Von Freitag bis
Sonntag ist er immer in Luckstadt. Er hilft
Katrin, Anne und den anderen beim
Dosensammeln.
"Stimmt. Es gibt nur wenige Dosen in den
Abfalleimern", sagt Katrin. Sie streicht sich
eine Haarstrahne aus dem Gesicht. Fast 15
Jugendliche helfen beim Dosensammeln. Sie
haben alle das Flugblatt gesehen, das Anne
und Katrin mit Bernds Hilfe geschrieben
haben. Aber wo sind blof die Dosen?
"Wieviel Dosen habt ihr denn schon?" fragt
Andreas.
"So urn die 10.000", sagt Anne. Sie durch-
sucht mit den beiden die Abfalleimer in der
Innenstadt nach Dosen.
"Am Anfang ist es toll gelaufen. Sogar die
Mitarbeiter der Stadtreinigung helfen uns.
Aber seit ein paar Tagen finden wir kaum noch
2 1
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Dosen im Mull", sagt Anne. Sie ist enttauscht.
Drei Woehen lang lauft die Aktion nun schon.
Ende Mai wollen sie das Rathaus verhangen.
Aber 40.000 Dosen bekommen sie nie zusam-
men, wenn weiter so wenige im Mull sind.
Die drei Jugendliehen suehen sieh eine Bankund setzen sieh hin.
.Es ist doeh komiseh", sagt nun Katrin.
"Immer waren alle Abfalleimer in Luekstadt
randvoll. Aueh die Leute bei der Stadtreini-
gung sagen, daf sie immer viele Dosen im
Mull haben. Ieh glaube fast, daf jemand unsere
Aktion sabotiert!"Anne und aueh Andreas gueken uberrascht.
"Wie soll das gehen?" fragt Andreas. Aber er
schaut naehdenklieh. Plotzlich hat er eine Idee.
"Ich weifs, wie ihr schnell viele Dosen
bekommen konnt."
Anne und Katrin sind gespannt.
,,!hr konnt vielleieht die Dosen bekommen,die in Hamburg gesammelt wurden. Ich kenne
einen Jungen, der bei der Aktion in Hamburg
mitgemaeht hat. Den frage ieh, wo die Dosen
sind."
Katrin fallt ihrem Bruder urn den Hals.
"Ganz super die Idee, Andreas. Wenn das
klappt, kann unsere Aktion im Mai starten."Auch Anne freut sieh. Aber sie weiiS,daiS es
22
noch andere Sehwierigkeiten gibt. ,,1eh muf
naehher zum Ordnungsamt gehen. Unsere
Aktion gilt als Demonstration. Ieh mug sie
anmelden. Und wir brauehen eine Genehmi-
gung vom Biirgermeister. Sonst durfen wir die
Rathausfassade nieht verhangen.""Viel Gluck. Ich rufe nachste Woehe gleieh
an. Dann sage ieh Katrin Beseheid, wie viele
Dosen von der Hamburger Aktion noeh da
sind", sagt Andreas. Er geht mit Katrin naeh
Hause. Die beiden nehmen die paar Dosen
ihrer heutigen Sammelei mit. Anne geht
langsam zum alten Rathaus hinuber, Hoffent-lich geht alles gut, denkt sie.
Fast eine halbe Stunde muf Anne vor dem
Ordnungsamt im Flur warten.
"Frau Zieger hat noeh eine Besprechung",
sagt die Sekretarin. Frau Zieger ist die Leiterin
des Ordnungsamtes. .Jch rufe Sie dann her-ein."
Anne steht also vor der Tur. Heute, am Frei-
tag naehmittag ist sehr wenig Betrieb im
Rathaus. Anne wandert den Gang auf und abo
Die Wande sind weif gestriehen. Ein langwei-
liger Behordenflur, denkt Anne. Doeh da sieht
sie an der Wand ein interessantes Sehreiben.
"Offentliehe Diskussion", steht oben. "Am 30.
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Mai Iadt die Stadtverwaltung von Luckstadt
alle Burgerinnen und Burger zu einer Diskus-
sion ein. Es geht um den Standort einer Mull-
verbrennungsanlage." Ganz unten auf dem
Schreiben steht Ort und Uhrzeit der Diskus-
sionsveranstal tung.Anne ist gerade fertig mit dem Lesen. Da
offnet die Sekretarin die Burotur.
.Bitte kommen Sie herein. Frau Zieger
erwartet Sie."
Anne kommt in ein groBes, helles Buro. Ein
Fenster ist offen. Hinter dem Schreibtisch aus
schwarzern Holz sitzt Frau Zieger. Sie ist Ende30, hat kurze braune Haare und tragt ein
modisches Kostum.
"Guten Tag. Nehmen Sie Platz. Sie sind Frau
Hansen?" Anne nickt und setzt sich auf den
Stuhl vor dem Schreibtisch,
"Ja, ich habe hier Ihren Brief", sagt Frau Zie-
ger und zeigt auf ein Schreiben. .Sie wollendas Rathaus mit Dosen verhangen und einen
Informationsstand aufbauen. Wie lange soll
das Ganze dauern?" fragt sie sachlich.
Anne rauspert sich.
"Wir brauchen einen Tag, um die Dosenket-
ten zu befestigen. Am folgenden Tag ist die
Aktion. Am Tag danach entfernen wir dieDosen wieder."
'I I
24
.Hm. also drei Tage", sagt Frau Zieger und
guckt nachdenklich. .Konnen Sie die Dosen
denn an der Fassade befestigen? Das Rathaus
ist 30Meter hoch."
Anne ist erstaunt uber Frau Ziegers Frage.
Besorgt hart sie sich an, nicht ablehnend."Wir sind 15 Jugendliche aus Luckstadt in
unserer Vorbereitungsgruppe. Die Eltern eines
Jungen haben eine Cerustfirma. Die leihen uns
kostenlos fur drei Tage ein Cerust und bauen
es auch auf und wieder ab."
.Dann ist ja alles klar. Ich habe keine Beden-
ken gegen die Aktion. Sie bekommen von mirnoch eine offizielle Genehmigung. Die schicke
ich mit der Post. Auf Wiedersehen, Frau Han-
sen. Alles Gute", sagt Frau Zieger. Sie lachelt
und druckt Anne zum Abschied die Hand.
Anne ist ghicklich. Wieder ein Stuck weiter.
Jetzt muf ich nur noch den Burgerrneister
uberzeugen, denkt sie.Doch beim Burgermeister hat Anne wenig
Gluck. Er ist ein konservativer alterer Mann.
Hoflich begrulst er Anne. Dann bietet er ihr
einen Platz an.
"Sie planen eine Aktion, um auf das Mull-
problem aufmerksam zu machen, schreiben
Sie. Um was geht es genau?"
A1U1eerklart Burgermeister Schulze, wie die
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~ B o g a z i c i U n i v e r s i t e s i K U 1 0 p h a n e s i ~
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Aktion ablaufen soll.
"Sie wollen unsere schone historische
Rathausfassade mit alten Dosen verhangen?
Nein, nein. Das geht auf keinen Fall." Der Bur-
germeister schuttelt emport seinen Kopf. "Viel-
leicht finden Sie einen Ceschaftsinhaber in derInnenstadt. Der kann sein Haus fur eine solche
Aktion zur VerfUgung stellen. Das Rathaus
aber ist das wichtigste Cebaude der Stadt. Es
soll Wurde und Autoritat der Verwaltung ver-
korpern."
Anne fallt Burgerrneister Schulze fast ins
Wort."Aber die Wurde bleibt doch erhalten! Wenn
ein wichtiges Cebaude mit Dosen verhangt
wird, beachten auch viele Luckstadter die
Aktion. Wir wollen doch, daB eine Diskussion
tiber Verpackungsmull beginnt. Wir wollen
nicht nur tiber eine Mullverbrennungsanlage
reden", sagt sie. Ihr fallt narnlich ein, was aufdem Schreiben steht, das sie im Flur gelesen
hat.
"Ach, eine umweltbewu15te junge Dame!"
sagt der Burgerrneister. Es klingt sehr un-
Freundlich. .Sie verhangen die Rathausfassade
mit alten Dosen, reden uber das Mullproblern.
- Und Simsalabim gibt es keinen Abfall mehr.
Sie machen sich das sehr einfach, junge Frau!"
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sagt er laut.
Anne gibt nicht auf.
.Jch glaube nicht, daf man das Mullproblern
mit einer Aktion Ibsen kann. Aber wir wollen
einen Denkanstof geben. Einen Denkansto1S,
wie man Mull vermeidet. Dann braucht manvielleicht auch keine Mullverbrennungs-
1 "n age.
Der Burgerrneister steht auf und geht zum
Fenster. Dann dreht er sich urn und guckt
Anne scharf an.
.Jch diskutiere mit Ihnen nicht uber die
Notwendigkeit einer Mullverbrennungsanlage.Zu Ihrer Aktion: Ich bleibe bei meinem Nein.
Aber Sie konnen sich naturlich noch an den
Gemeinderat wenden."
Damit ist das Cesprach beendet. Der Bur-
germeister nickt Anne nur kurz zu. Sie geht
hinaus. In Gedanken formuliert sie schon den
Brief, den sie an den Gemeinderat schreibenwill. Es wird klappen, es muf klappen, denkt
sie. Sie nimmt ihr Fahrrad und fahrt zuruck
nach Hause, nach Ochtersdorf.
28
Eine Gegenaktion
Bei Lars treffen sich am Mittwoch abend sechsJungen. Auch Annes Bruder Rainer ist dabei.
"Hallo", sagt Lars zu ihm. "Gibt deine Oko-
Schwester nun die blode Aktion auf? Genug
Dosen findet sie ja schon lange nicht mehr."
Rainer winkt abo
"Die gibt so schnell nicht auf. Ich weif nicht,
was sie plant. Aber sie tut so, als ob sie dochgenug Dosen zusammenbekommen."
"Na, dann viel Spa1S",sagt Lars hohnisch. Er
ist schon lange wutend auf Anne. Vor allem
seit sie ihn wegen der Cola dose kritisiert hat,
will er sie argern. Mit den funf anderen [un-
gen zusammen sammelt Lars deshalb seit eini-
gen Tagen alle Dosen aus den Abfalleimern.
Anne und ihre Freunde solI en so keine mehr
finden.
Die sechs Jungen sitzen im Partykeller der
Villa von Dr. Reimann. Dr. Reimann ist Kinder-
arzt und der Vater von Lars. Frau Reimann ist
seit vier [ahren tot. Lars ist seitdem oft allein.
Die Schule interessiert ihn wenig. Aber er
macht gerne Unsi1U1.
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"Wie viele Dosen haben wir eigentlich
schon?" fragt Lars.
Ein grofser, sehr dunner Junge, Sebastian,
holt einen Zettel aus seiner Hosentasche.
"Neuester Stand: 7750Dosen."
"Nicht schlecht. Wir sorgen gleich noch fur
mehr", sagt Lars grinsend. Er holt ein paar
Bierdosen aus dem Kuhlschrank. "Will jemand
kein Bier? Du Rainer? Typisch, du bist ja doch
ein halber Oko!"
Rainer bleibt bei seinem Nein. Aus Bier
macht er sich nichts. Eigentlich fuhlt er sich
auch nicht wohl in dieser Clique. Die anderen
Jungen sind alter als er, 16 Jahre, so wie Lars.
Und sie sind Angeber, findet Rainer. Vielleicht
ist das einfach groBer Mist? fragt er sich im
Stillen. Wir sammeln und sammeln - nur, da-
mit die anderen keine Dosen mehr finden. Laut
sagt er:
,,2000 Dosen sind bei uns im Keller ver-
steckt. Was soll damit passieren?"
,,1st doch klar. Vvenn die Okos ihre Aktion
endgultig aufgeben, werfen wir die Dosen
weg. Bei uns im Cerateschuppen liegen auch
1500Shick", sagt Lars.
Die funf alteren Jungen trinken Bier, einige
rauchen auch Zigaretten. Sie reden langst nicht
mehr uber die Dosen. Alles dreht sich um
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Motorrader, Feten und "toile Frauen".
Rainer gefallt es uberhaupt nicht.
.Jch gehe jetzt mallieber", murmelt er.
,,]a, der Kleine muf ins Bettchen", sagt Lars
unfreundlich.
Rainer zieht schnell seine Jacke an. Er nimmtseinen Rucksack und geht nach draufsen. Als
er sein Fahrrad aufschlieBt, ruft jemand seinen
Namen. Es ist Sebastian.
"Warte, ich komme mit."
Die beiden Jungen fahren nebeneinander auf
ihren Fahrradern. Zuerst schweigen sie. Dann
sagt Sebastian:.Dir gefallt unsere Aktion nicht mehr,
stimmt das?" Rainer antwortet nicht. "Okay,
also mir macht die Sache jedenfalls uberhaupt
keinen Spaf mehr." Rainer guckt Sebastian
erstaunt an. ,,1ch glaube sogar, daf die Okos
recht haben. Es ist wahnsinnig, daf man
immerzu wieder neue Oosen produziert, kauft,
leert und wegwirft."
Jetzt spricht auch Rainer.
"Mir geht es ahnlich wie dir. Diese Oosen
sind idiotisch. Das weiB ich, seit die 2000Stuck
in unserem Keller liegen. Die brauchen soviel
Platz und sind vbllig nutzlos! Dosen kaIU1man
nicht mal vernunftig recyceln. Meine Elternund Anne sagen schon lange, daf es den Ver-
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packungsproduzenten nur darum geht, mog-
lichst viele Verpackungen zu verkaufen. Bei
Mehrweg-Pfandflaschen verdienen sie viel
weniger."
Die beiden Jungen sind erleichtert. Sie
verabreden, daf sie Lars und den anderen
nichts von ihrer Meinungsanderung erzahlen.
"Wir mussen aber dafur sorgen, daf unsere
Dosen in Annes Gruppe kommen", sagt Rai-
ner.
Zwei Kilometer entfernt, in Ochtersdorf bei
den Hansens, sind die Dosen zu diesem Zeit-
punkt bereits in Annes Besitz. Am spaten
Nachmittag geht Frau Hansen in den Keller.
Sie sucht einen alten Spaten. Dabei findet sie
Rainers Dosen.
"Guck mal, was ich fur dich habe, Anne",
sagt sie kurz darauf zu ihrer Tochter. Sie gibt
ihr zwei Dosen. .Jm Keller sind noch mehr
Dosen."
"Die hat Rainer versteckt. Deshalb finden
wir seit Tagen kaum noch Dosen in den Abfall-
eimern. So ein Schuft", ruft Anne. Sie geht ins
Haus und erzahlt ihrem Vater von dem Fund.
.Jch muf wohl doch mal ein ernstes Wort
mit Rainer reden", sagt Herr Hansen.
In diesem Moment klingelt das Telefon.
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Katrin ruft an.
.Denk dir Anne", sagt sie zu ihrer Freundin.
.Das klappt mit den Dosen aus Hamburg. Wir
konnen 25.000 Shick bekommen. Andreas und
ein Freund wollen sich einen kleinen Lastwa-
gen leihen. Damit bringen sie dann die Dosen
nach Luckstadt."
Anne jubelt.
"Das Beste ist", fahrt Katrin fort, "daiS die
Dosen schon zu Ketten aufgereiht sind. Wir
sparen viel Zeit!"
Die Madchen beenden das Telefongesprach
kurz darauf.
Anne erzahlt ihren Eltern von den Dosen, die
sie aus Hamburg bekommen. Da offnet sich die
Tur. Rainer kommt herein. Die drei gucken ihn
nicht sehr freundlich an.
"Was habt ihr schon wieder? Komme ich zu
spat?" Rainer setzt sich an den Tisch. Er ist
ganz ruhig. .Jch mochte euch etwas erzahlen.
Ich habe eine Dummheit gemacht. Im Keller
sind 2000Dosen. Die gebe ich dir, Anne. Ich fin-
de, daf ihr recht habt. Dosen sind wirklich viel
schlechter als Mehrweg-Pfandflaschen. Schliefs-
lich gibt es Cola auch in Flaschen", sagt er und
grinst.
Herr Hansen ist erleichtert. Schimpfen ist
nicht mehr notig.
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"Schon, daf du das einsiehst, Rainer", sagt
er. Keiner von den dreien erzahlt Rainer, daf
seine Mutter die Dosen gefunden hat. Wenn er
von selbst merkt, daf das falsch ist mit den
Dosen, dann mussen wir ihm nicht das
Erfolgserlebnis nehmen, denkt Frau Hansen.
Und Herr Hansen und Anne denken etwas
Ahnliches.
Am Abend sitzt zum ersten Mal seit langem die
gesamte Familie Hansen am Abendbrottisch.
Heute haben die vier ein Thema, das sie alle
interessiert: die Aktion am Rathaus Ende Mai.
"Meinst du, daf du den Biirgermeister uber-
zeugen kannst. Anne? Sonst durft ihr die
Rathausfassade nicht vorhangen", sagt Frau
Hansen zu ihrer Tochter.
Anne schuttelt den Kopf.
.Burgermeister Schulze bleibt bestimmt bei
seiner Meinung. Aber der Gemeinderat kann
die Entscheidung aufheben. Die wissen durch
meinen Brief uber unseren Plan Bescheid. Mor-
gen kommt del' Gemeinderat zusammen. Da
werden sie sich entscheiden."
"LaB uns doch zu der Sitzung gehen",
schlagt Rainer seiner Schwester vor.
.Das geht leider nicht". sagt Anne. "Die
Gemeinderatssitzung ist nicht offentlich. Aber
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wir konnen morgen nachmittag zum Rathaus
gehen. Wir fragen einfach einen Stadtverordne-
ten, wie die Entscheidung ausgegangen ist."
Das verabreden die Geschwister, bevor alle
Familienmitglieder sich eine Gute Nacht wun-
schen.
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Eine knappeEntscheidung
Am Donnerstag nachmittag hat der Gemeinde-
rat von Luckstadt seine Sitzung. Etwa vierzig
Manner und Frauen gehbren zum Gemeinde-
rat. Sie gehbren zu verschiedenen Parteien:
Christdemokra ten, Sozialdemokra ten, Libera-
len, Crunen.Drei Stunden dauert die Sitzung schon. Nun
geht es urn die Aktion "Alles tote Dose".
.Jch verlange, daf wir uns mit diesem
Blodsinn uberhaupt nicht beschaftigen". sagt
gleich zu Beginn Herr VoB von den Christ-
demokraten.
Einige protestieren. Frau Dittmann von denGrunert lobt die Dosen-Aktion.
"Wir muss en das Thema diskutieren." Das
ist der Vorschlag der Liberalen.
Die Mehrheit stimmt zu. Dann beginnt die
Diskussion.
.Einc interessante Aktionsform", meint Herr
Merschmann von den Sozialdemokraten.Die Christdemokraten gucken besorgt. Mei-
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stens finden sie im Gemeinderat eine Mehrheit
fur konservative Entscheidungen. Herr VoiS
meldet sich.
.Bedenken Sie doch, werte Damen und Her-
ren, daf eine solche Aktion ein schlechtes Ima-
ge fur Luckstadt bedeutet. Es sieht doch so aus,als ob die Gemeinde mit dem Mullproblern
nicht fertig wird."
"Wird sie ja auch nicht. Deshalb wollen Sie
doch die Mullverbrennungsanlage", ruft eine
Crimen- Vertreterin.
"Ruhe, keine Zwischenrufe", sagt der Vor-
sitzende des Gemeinderates."Nicht zuletzt", sagt nun wieder Herr VoB,
"mbchte ich wiederholen, was unser verehrter
Burgerrneister Schulze zu der Aktion sagt: Sie
verletzt die Wurde des Rathauses."
Nun meldet sich noch einmal der Sozialde-
mokrat Merschmann zu Wort.
.Jch verstehe den Widerstand der Christ-demokraten nicht. Diese Aktion verletzt ganz
sicher nicht die Wiirde eines Cebaudes. Wir
mussen uns wohl eher urn die Achtung der
Menschenwurde sorgen, aber nicht urn die
Wurde eines Cebaudes." Einige klatschen Bei-
fall. .Besondcrs gut finde ich an der Aktion",
sagt Herr Merschmann nun, "daB Jugendlichealles planen, vorbereiten und organisieren.
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Immer klagen wir, daf Jugendliche passiv
sind. Diese Jugendlichen mer in Luckstadt
wollen etwas tun. Sie wollen mit ihrer Aktion
auf das Mullproblem aufmerksam machen.
Und daf es ein Mullproblem gibt, wissen wir
ja wohl alle." Herr Merschmann bekommt vielApplaus fur seine kleine Rede.
Eine Weile diskutieren die Mitglieder des
Gemeinderates noch. Dann gibt es eine Ab-
stimmung. Ein Liberaler fordert geheime Ab-
stimmung. Wenn geheim abgestimmt wird,
fuhlen sich die Gemeinderatsmitglieder nicht
an den Fraktionszwang gebunden. Sie stim-men eher nach ihrem Gewissen aboUnd so gibt
es tatsachlich eine Mehrheit fur die Dosen-
Aktion.
Mit zwei Stimmen ist die Mehrheit zwar
knapp, aber es reicht.
In der Halle vor dem Sitzungssaal wartenAnne, Rainer und Bernd von der Umweltbera-
tungsstelle.
.Jch bin furchterlich aufgeregt", sagt Anne.
Sie wischt sich nerves mit einer Hand uber die
Stirn.
IIWenn der Gemeinderat unsere Aktion ab-
lehnt, suchen wir uns ein anderes Cebaude.Vielleicht finden wir eine Kirche. Oder wir
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gehen mit den Dosen nach Barkhausen und
verhangen dort das Rathaus. Die Stadt ist ja
nur zehn Kilometer von Luckstadt entfernt",
sagt Bernd. Er will Anne beruhigen. Aber auch
er ist aufgeregt. Rainer ist dagegen ganz ruhig.
Nachdem er nun zu den "Okos" gehbrt, glaubter, daf alles gut geht.
Da offnet sich die Tur des Sitzungssaals.
Herr Vof von den Christdemokraten kommt
heraus. Er sieht die drei Jugendlichen und
guckt sie kalt an. Ohne ein Wort zu sagen, geht
er an ihnen vorbei.
Ob das ein gutes Zeichen ist? fragt sichAnne. Sie weiiS, welche Position die Christ-
demokraten vertreten. Sie muf nicht langer
warten. Bernd kennt einen aus der Fraktion
der Crunen gut. Der Mann kommt zu den drei
Jugendlichen.
"Alles in Ordnung", sagt er und lacht. .Eure
Aktion kann starten."Anne ruft laut "Hun-a!" Einige Gemeinde-
ratsmitglieder drehen sich verwundert urn.
Bernd lacht auch. IIDann beginnt jetzt unser
Endspurt. Wir muss en die Dosen zu Ketten
knupfen und das Cerust aufbauen lassen.
Dann ist es endlich soweit."
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"Alles tote Dose"
Es ist sommerlich warm am folgenden Sams-tag. 40.000 leere Cetrankedosen hangen vor
der Rathausfassade in Luckstadt. Die Sonne
scheint auf die Dosen und laBt sie glanzen.
"Was soll denn der Quatsch?" Ein alterer
Mann sagt es zu Katrin. Sie verteilt mit Anne,
Bernd und den anderen auf dem Rathausplatz
Flugblatter."Wir wollen den Bewohnern von Luckstadt
zeigen, wie viele Dosen in der Stadt jeden Tag
geleert werden", erklart Katrin dem Mann.
.Dosen sind doch prima", sagt der. "Schon
bequem ist das: Ich habe Durst, kaufe mir eine
Dose, trinke und werfe die Dose weg. Das ist
praktisch und hygienisch. Was gibt es da zudiskutieren?" fragt er drohend.
Katrin laBt sich nicht verunsichern.
"Viel gibt es da zu kritisieren. Fur die Pro-
duktion von Cetrankedosen werden knappe
Rohstoffe und viel Energie verbraucht. Aus
den leeren Dosen kann man aber keine neuen
Cetrankebehalter machen. Die meisten Dosenkommen auf Deponien oder inMullverbren-
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nungsanlagen. Das kostet wieder viel Energie
und Geld."
"Es gibt eine gute Alternative. Fast alle Ge-
tranke kann man in Mehrweg-Pfandflaschen
kaufen", sagt da jemand hinter Katrin. Es ist
Frau Zieger, die Leiterin des Ordnungsamtes.Der Mann sagt nicht mehr viet murmelt nur
noch j)ko-Spinner", dreht sich urn und geht.
Katrin kennt Frau Zieger noch nicht. Die bei-
den reden aber gleich miteinander und verste-
hen sich gut.
.Jch hoffe, dalSviele Luckstadter fur das Pro-
blem sensibel werden. Es ist wichtig, daB vieleBurgerinnen und Burger ernsthaft Mull
vermeiden. Nur dann kann es gelingen, den
Bau einer Mullverbrennungsanlage zu verhin-
dern. Die schafft namlich nur mehr Probleme,
ohne daf wirklich jemand Mull vermeidet."
Katrin nickt. Dann sieht sie sich um. Uberall
auf dem Platz stehen Menschen und red enuber die Aktion. Fast aUe sehen so aus, als ob
ihnen die Aktion gefallt.
.Ich glaube, daf viele einfach nur einen
Denkanstof brauchen", sagt Katrin zu Frau
Zieger.
Anne ist heute so froh wie schon lange nicht
mehr. "Gute Sache", "Ich kaufe ab sofort nurnoch Mehrweg- Pfandflaschen", sagen viele
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Leute zu ihr, Da sieht sie Lars. Er halt naturlich
eine Dose in der Hand, heute nicht mit Bier,
sondern mit Cola gefullt.
"Ah, die Oko-Tante fuhlt sich heute ganz
grolS", sagt Lars hohnisch. .Llnd da sind ja
auch die Neu-Okos", ruft er, als er Rainer und
Sebastian sieht. "Macht doch alle, was ihr
wollt. Mich uberzeugt ihr nicht!" schreit er
plotzlich,
Er wirft seine leere Dose in Annes Richtung
- und rennt weg.
Anne kann sich rechtzeitig bucken, Sie will
hinter Lars her. Doch Bernd halt sie am Armfest.
"LaB ihn laufen, Anne. Er ist wutend, weil er
sich isoliert fuhlt. Vielleicht merkt er irgend-
wann, daf er mit Gewalt nicht weiterkommt."
Anne zuckt die Schultern.
"Fur mich ist Lars ein hoffnungsloser Fall.
Aber du hast recht, ich renne ihm nicht nach."Rainer und Sebastian kommen dazu. Ein
Mann ist bei ihnen. Er ist etwa 45 Jahre alt und
hat einen Schnurrbart. Es ist Herr Dathe, der
Hausmeister ihrer Schule.
"Argere dich nicht mehr uber Lars, Anne",
sagt Rainer. "Herr Dathe hat einen tollen
Plan."Der Mann lachelt.
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"Wissen Sie, mich storen die Dosen schon
lange. Ich leere immer die Abfalleimer auf dem
Schulhof. Dabei sehe ich, wieviel unnotiger
Mull darin ist. Jetzt ist mir klar, daf jeder
etwas andern muls. Ich werde in Zukunft in
den Pausen Saft und Milch verkaufen - alles inMehrweg-Pfandflaschen. Dann rnussen sich
die Schuler nicht langer Cetranke in Dosen
mitbringen."
Anne ist begeistert von der Idee.
Die Jugendlichen bleiben bis zum fruhen
Abend vor dem Rathaus. Mehrere hundert
Luckstadter kommen wahrend des Tages aufden Platz. Fast alle sind sich einig, daf jeder in
Luckstadt etwas gegen das Mullproblern
machen kann.
Anne ha t schon neue Plane:
"Als nachstes sorgen wir dafur, daf die
Ceschafte mehr Mehrweg-Pfandflaschen als
Dosen anbieten. Und dann machen wir eineAktion gegen die Mullverbrennungsanlage",
sagt sie beim Aufraumen.
Katrin, Bernd, Rainer und die anderen
Jugendlichen stimmen ihr zu.
"Klar, zusammen konnen wir es schaffen."
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