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„Alle Jahre wieder…“ Eine Arbeitshilfe mit Bausteinen zur Vorbereitung von Frauenhilfestunden am Nachmittag und Abend zur Advents- und Weihnachtszeit

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„Alle Jahre wieder…“

Eine Arbeitshilfe mit Bausteinen zur Vorbereitung von Frauenhilfestunden

am Nachmittag und Abend zur Advents- und Weihnachtszeit

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Inhaltsverzeichnis ______________________________________________________________________________________

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- 2 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

„Alle Jahre wieder…“

In der Adventszeit erneut die Liebe Gottes spürbar zu machen - die hier zu-sammengestellten Impulse versuchen Ihnen und Ihren Gruppen dafür Material zur inhaltlichen und äußeren Gestaltung an die Hand zu geben. „Alle Jahre wieder“ soll in der Zusammenkunft Ihrer Gruppen die Adventszeit als „Zeit des Erwartens“ gestalten helfen. Im Zentrum stehen Bräuche und Symbole in ihrer Vielschichtigkeit und Vielzahl. Ich wünsche Ihnen eine gesegnete und segensreiche Zeit. Ihre Manuela Schunk

1 Alle Jahre wieder… Symbole und Bräuche zur Advents- und Weihnachtszeit 4

Anlage 1: Symbole und Bilder in der Kirche 5 - 6

Anlage 2: Bräuche der Vor- und Weihnachtszeit 7

Anlage 3: Sterne und Sternensymbol 8 - 9

Anlage 4: Baumschmuck, Liedgut und seine Bedeutung 10 - 12

2 „Wir haben einen Stern gesehen…“ - Andacht 13 - 15

3 24 Tage miteinander warten - Adventskalenderaktion 16 - 17

Anlage 1: Das Tür-Symbol 18

Anlage 2: Religiöse Riten und Bräuche rund um die Tür 19 - 20

4 Meditationen zum Advent

Meditation zum Lied: „Das Volk, das noch im Finstern wandelt…“ 21 - 22

Die Weihnachtsgeschichte - mit Kerzen erzählt 23 - 25

Krippe, Kreuz und Stern 26 - 29

Lichtträgerinnenspiel 30 - 31

Lärm übertönt die Stille - eine adventliche Liturgie 32 - 36

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Inhaltsverzeichnis ______________________________________________________________________________________

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- 3 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

5 Rollenspiele

Die Geschenke der drei Könige 37 - 41

Engel - gibt’s die noch? 42 - 43

6 Geschichten zum Vorlesen

Eine wundersame Nacht-Erzählung 44 - 45

Interview mit dem Weihnachtsmann 46 - 47

Das ehrenamtliche Kind 48 - 49

Epistel über die Weihnachtsgans 50 - 51

Vom Engel, der nicht mitsingen wollte 52 - 53

Die Landstraßengeschichte 54 - 56

Die Kirchengeschichte 57 - 58

7 Wünsche zur Adventszeit 59 - 60

8 Segen 61

9 Weihnachtsgebäck international 62- 67

10 Bastelideen 68 - 76 IMPRESSUM

Herausgeberin: Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Postfach 13 61, 59473 Soest Telefon: 02921/371-0

www.frauenhilfe-westfalen.de

Zusammenstellung, Erarbeitung: Manuela Schunk Redaktionelle Arbeit und Druck: Manuela Beckheier, Martina König

Stand: 02/2008 Preis: 4,50 Euro zzgl. Porto und Verpackung Preis: 4,00 Euro zzgl. Porto und Verpackung Abonnement Preis: 5,50 Euro zzgl. Porto und Verpackung Nicht-Mitglieder

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Alle Jahre wieder… - Symbole und Bräuche zur Advents- und Weihnachtszeit

Es gibt viele Symbole und Bräuche zur Advents- und Weihnachtszeit. Eine Einführung in die Symbole finden Sie in Anlage 1. Beispiele für Bräuche, die Sie der Gruppe als Impuls vortragen können, sind in Anlage 2 zusammengefasst. Wenn Sie auf bestimmte Symbole übergehen wollen, tragen Sie Anlage 3 als Impuls zum Sternsymbol vor. Sollen es doch eher Bräuche sein, die Sie in Ihrer Gruppe thematisieren, dann nehmen Sie Anlage 4. In ihr geht es um Baumschmuck und Liedgut. Nach Ihren vorgetragenen Impulsen haben Sie z.B. folgende Möglichkeiten, mit ihrer Gruppe weiterzuarbeiten: 1. Symbole besagen immer mehr, als wir sehen.

Sie geben uns damit die Möglichkeit, weitreichende und vielfältige Zusammenhänge zeichenhaft darzustellen. DIN A4-Papier und Buntstifte reichen aus. Bitten Sie die Frauen, Weihnachten zu malen (10 - 15 Minuten).

2. Die Frauen erklären kurz ihr jeweiliges Bild. Warum habe ich dieses Bild gewählt?

Warum lässt sich Weihnachten überhaupt malen? Wird die Weihnachtsbotschaft durch solche einfachen Bilder verkürzt?

3. Sammeln Sie in der Gruppe Symbole und Bräuche zur Advents- und Weihnachtszeit. Welche Bräuche und Symbole sind allgemein bekannt? Wo gibt es familiäre oder regionale Unterschiede? Gibt es Symbole und Bräuche, auf die Sie keinesfalls verzichten möchten? Gibt es welche, deren Sinn nicht mehr verständlich ist, denen Sie eher skeptisch oder gar ablehnend gegenüberstehen?

4. Einige Bräuche wie etwa der Weihnachtsbaum oder Knecht Ruprecht haben ihren Ursprung in der germanischen Religion. Was bedeutet dies für uns als Christinnen und Christen? Können und dürfen wir solche Traditionen einfach übernehmen?

5. Bräuche und Symbole überleben Jahrzehnte und Jahrhunderte. Warum ist das so? Was ist das Schöne an ihnen? Worauf freuen Sie sich alle Jahre wieder? Gibt es etwas, was Sie sich für die diesjährige Advents- und Weihnachtszeit gerne vornehmen möchten?

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Anlage 1

Symbole und Bilder in der Kirche - Einführung Unsere Welt ist eine Welt von Zeichen, Bildern und Symbolen. Ohne Zeichen und Bilder können wir offenbar nicht leben. Wir kennen Schutzmarken und Verkehrszeichen. Wir lernen täglich neue Zeichen kennen und brauchen sie als Verständigungsmittel über Sprachgrenzen hinweg (Verkehrszeichen, Warndreieck oder Zeichen aus der Mathematik +, -, :, x.). Nicht nur Zeichen und Buchstaben, sondern auch Worte und Bilder können Signale und Sinnbilder sein. Sinnbilder und Symbole werden von allen Religionen in der Welt verwen-det. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich die heutige Reklame der alten, bekannten liturgischen Symbolkraft bemächtigt; auch die Industrie lebt von dieser Symbolkraft. Die Krone ist z.B. so ein Symbol. Krone wird verbunden mit Hoheit, Würde, dem Besonde-ren... Die kleine Krone auf der Zigarettenschachtel verbindet sich mit dem Wunsch nach dem Besonderen. Die Kette der Symbole in der Reklame lässt sich beliebig fortsetzen. Das Sternensymbol ist mit der Krone verwandt. Mit dem Stern verknüpfen sich Sehnsüch-te des Menschen nach Glanz und Ruhm, Freude und Freiheit. Der Filmstar und der Drei-Sterne-General, das sternförmige Preisschild und die sternhafte Lichterkraft leben von sol-cher Symbolik. Besonders in der Advents- und Weihnachtszeit wird das Sternen-Symbol vermarktet. „Ein Wort oder ein Bild ist dann symbolisch, wenn es mehr enthält, als man auf den ersten Blick erkennen kann. Wir leben nicht nur in einer Welt der Symbole, sondern die Symbole leben auch in uns", stellt C.G. Jung fest. „Das Symbol ist für den Menschen auch immer ein Zeichen der Verknüpfung des Sichtbaren mit dem Unsichtbaren", sagt J. Chevalier. Interessant ist, dass sich das Symbol einer exakten Definition entzieht, es gehört zu sei-nem Wesen, dass es sich nicht auf einen festen Rahmen einengen lässt. Daher ist die Beschäftigung mit der Sprache der Symbole jedes Mal der Versuch, Sichtbares mit Un-sichtbarem zu verknüpfen. Ein Symbol hat immer etwas mit Verknüpfen und Verbinden zu tun. Verknüpfung gehört auch zu seinem ursprünglichen Wortsinn, der von griechisch „symballein - zusammenwerfen, zusammenfügen“ herkommt. In der antiken Welt spielte das Symbol eine praktische Rolle. Als Mittel des Trennens und des Zusammenfügens von innen und außen geht die Symbolik sogar auf Mythen und Ur-vorstellungen in den Naturreligionen zurück. Symbolon war ein in zwei Teile auseinander gebrochener Gegenstand aus Ton, Holz oder Metall, der der Zusammenfügung bedurfte. Persönliche Freunde oder Geschäftspartner oder Pilger brachen beim Abschied das Sym-bol auseinander und konnten nun später sich oder ihre Abgesandten jederzeit durch das Zusammenfügen der Bruchkanten erkennen. Symbolische Sprache ist also auch immer die Sprache der Religionen gewesen. Auch die ersten Christen benutzten in der Verfolgungszeit viele Symbole aus ihrer heidnischen Welt und gaben ihnen neue Symbolbedeutung. Die erste Christengemeinde wählte den Fisch als Erkennungszeichen, da die Anfangsbuchstaben des griechischen Wortes „Fisch“ für die Glaubensformel - Jesus Christus, Gottes Sohn, Heiland - stehen. So benutzten die ersten Christinnen und Christen den Fisch als Erkennungs- und Beken-nungszeichen. Das „Fisch-Symbol“ wurde von der ersten Christengeneration benutzt, um ihren Glauben zu bekennen und gleichzeitig diente es während der Verfolgungszeit als Geheimzeichen. Der Fisch ist also ein gemaltes Glaubensbekenntnis = Bildsymbol. Die religiöse Symbolsprache findet hier ihren sinnlichen Ausdruck. Die ersten Christen ritzten noch andere gemalte Glaubensbekenntnisse und Erkennungszeichen auf Kata-kombenwände. Alle Symbole drücken Hoffnung aus und bieten den Versuch an, das Un-sagbare über Christus auszudrücken.

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Es wurden Symbole aus der Tierwelt, z.B. Adler, Taube, Lamm ... oder Pflanzenwelt - z.B. Baum, Ölzweig, Rose - gewählt. Der Grund, solche Symbole zu wählen, lag wohl im reichen Angebot alttestamentlicher und neutestamentlicher Gleichnisbilder. „Für die Christen war also Symbol zunächst ein Wort, das den gleichen Sinn wie ‚Glau-bensbekenntnis’ hatte, der Versuch, das Sagbare und das Unsagbare über Jesus Chris-tus, den wahrhaftigen Gott und wahrhaftigen Menschen, verbinden und verbindlich zu be-zeugen." (Lexikon der Symbole, Gerd-Heinz Mohr) Uns allen bekannt ist das christliche Symbol des Kreuzes, das christliche Kreuz, das den Opfertod Christi wie auch den christlichen Glauben symbolisiert. Es ging den Christinnen und Christen darum, das Geheimnis der Heilsgeschichte zu deuten. Und doch wird deutlich: In der ersten christlichen Generation entwickelte sich lange Zeit keine Bilder- und Symbolsprache großen Ausmaßes, weil die ersten Christen das Bilder-verbot in 2. Mose 20, Vers 4 + 5 a „Du sollst Dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis ma-chen, weder des, das oben im Himmel noch des, das unten auf der Erde oder des, das im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht ...“ genau so ernst nahmen wie die Jüdinnen und Juden. Im Hebräischen ist Bildnis verschieden ausgedrückt. Eine Möglichkeit lautet: Geschnitztes und Behauenes durften die Juden nicht herstellen, um Gott darzustellen, weil Gott sich nicht im Gegenstand einfangen lässt. Die Herstellung von „Gottesbildern“, „Gottessymbo-len“ gilt im Alten Testament als Sünde. In der Geschichte des Christentums wurden Zeiten der Freude an Bildern mehrfach durch Bilderstürme unterbrochen, besonders während des Bilderstreites in der alten Kirche und zur Zeit der protestantischen Reformation. Und doch sehnten sich viele Christen nach Zei-chen und Symbolen, als Hoffnung auf Gottes Gegenwart. Vielleicht sollte an dieser Stelle nur kurz auf den byzantinischen Bilderstreit (726 - 843) hingewiesen werden. Dieser Streit endete mit Erfolg für die Bilderfreunde. Und doch gab es und gibt es bis auf den heutigen Tag unter den Theologen Streit um die Bedeutung von Bildern und Symbolen in der Kirche. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass in Luthers Kleinem Katechismus das ab-solute Bilderverbot fehlt, denn er vertrat die Ansicht, Symbole und Bilder können als Schmuck in der Kirche den Gläubigen erfreuen. Durch die Bilder an den Kirchenwänden können die Analphabeten lesen, was sie aus Büchern nicht zu lesen vermögen. Zu erwähnen wäre auch noch der Einfluss liturgischer Symbole und Formen, vor allem der Sakramente und Symbole zu den verschiedenen Festen im Kirchenjahr. Es dauerte einige Jahrhunderte bzw. Jahrtausende bis sich zum Beispiel die heutigen Advents- und Weih-nachtssymbole entwickelt haben und ihre Aussagekraft Allgemeingültigkeit erhielten. Obwohl wir in einer Welt von Symbolen, von Zeichen und Bildern leben, ist uns heute die Sprache der Symbole, besonders im religiösen Bereich, teilweise verloren gegangen. Advent und Weihnachten ist mit einer Vielzahl von Symbolen und Bräuchen unterschied-lichster Herkunft verbunden. Zeichen und Symbole können Glaubensinhalte verdeutlichen, sie können jedoch auch er-starren und leblos werden, wenn wir ihre Sprache nicht mehr kennen. Viele weihnachtli-chen Symbole und Bräuche sind auch keineswegs christlicher Herkunft. So werden wir uns auch die Frage zu stellen haben, ob einige unserer Weihnachtsbräuche Glaubensin-halte nicht eher verdecken. Mit diesen Fragen wollen wir uns auf eine Reise in die Ver-gangenheit begeben, der weihnachtlichen Symbolsprache nachspüren, um Problemati-sches kritisch zu beleuchten und Altes neu zu entdecken. nach: „und das habt zum Zeichen“ Advents- und Weihnachtsmappe Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland, 1990

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Anlage 2

Bräuche der Vor- und Weihnachtszeit

Ursprünglich begann die Weihnachtszeit schon am 11. November, dem Festtag des Bischofs Martin von Tours. Mit diesem Tag begann früher das vierzehntägige Weihnachtsfasten. Wie das Osterfest wurde auch das Weihnachtsfest in der alten und mittelalterlichen Kirche durch eine lange Vorbereitungszeit eingeleitet. Wie Jesus vor Beginn seiner öffentlichen Predigt vierzig Tage in die Wüste gegangen ist, so fasteten früher auch die Menschen vor Weihnach-ten, um sich auf die wesentlichen Dinge und Fragen zu konzentrieren. Nach dem Mittelalter wurde das Weihnachtsfasten auf die vier Adventswochen verkürzt. Doch sie blieb Bußzeit, Zeit der Vorbereitung auf den a d v e n t u s = Ankunft. Aus dieser Tradition stammt auch die Kennzeichnung dieser Wochen als die „stillste Zeit des Jahres“.

Martinstag und Martinsgans

An den alten Beginn der Weihnachtszeit zum Martinstag erinnert heute der Beginn des Karne-vals. Auch die Kinderumzüge zeigen, dass der Martinstag auf Weihnachten hindeutet: Die Lampions und Laternen stehen für das „Licht der Welt“, das „in die Finsternis kommt“ zur Freude aller Menschen. An das Ende der Fastenzeit an Weihnachten erinnert heute noch der Weihnachtskarpfen, ein typisches Fastenessen, das auch leeren Mägen bekömmlich ist. Auch der Brauch zum Beginn des Fastens am 11. November hat sich bis heute erhalten: die Martinsgans. Bevor man 40 Tage fastete, aß man noch einmal gut und reichlich. Teilweise geriet der Martinsschmaus of-fensichtlich so üppig, dass dies nicht mehr von allen gutgeheißen wurde. So klagten schon 580 n. Chr. die Bischöfe auf der Synode von Auxerre, dass am Martinstag nächtliche Schmausereien in der Kirche abgehalten wurden. Und von den Johannitern wird gar erzählt, dass sie im November 1179 wegen des zu üppigen Martinsmahles die Stadt Joppe an die Sa-razenen verloren hätten. (Lis Raabe, Alte Weihnachtsbräuche, S. 17)

Warum zum Martinstag eine Gans gebraten wird, hat vermutlich ganz praktische Gründe. Im November waren die Gänse gemästet und schmeckten am besten. Der Legende nach hat die Sitte des Gänsebratens allerdings einen tieferen Hintergrund: „Martin, 320 im Burgenland geboren, war Berufssoldat. Er trat zum Christentum über und gründete das erste französische Kloster. Als er zum Bischof von Tours berufen werden sollte, wollte er dieses Amt nicht annehmen. Er flüchtete auf eine Insel und versteckte sich in einem Gänsestall. Das Geflügel veranstaltete aber ein solches Geschnatter, dass Martin rasch ent-deckt wurde. Er musste nun wohl oder übel die hohe Aufgabe übernehmen und starb um 400 hochgeachtet als Bischof von Tours. Die Nachkommen der Gänse aber, die den Schnabel nicht halten konnten, müssen alljährlich am Martinstag in großer Zahl ihr Leben lassen und enden als knusprig-brauner Braten.“ (Lis Raabe, Alte Weihnachtsbräuche)

Die bekannteste Legende über Bischof Martin von Tours, die auf den Kinderumzügen gerne erzählt wird, ist die Geschichte vom Teilen des Mantels. „Martin - damals noch Soldat - wurde von einem armen, frierenden, in Lumpen gehüllten Menschen um eine milde Gabe angefleht. Er nahm kurzerhand sein Schwert, schnitt seinen schweren warmen Mantel entzwei und warf eine Hälfte dem Bettler zu. In der Nacht erschien der Bettler Martin im Traum - und gab sich als Jesus Christus zu erkennen." (Lis Raabe, Alte Weihnachtsbräuche) nach: „und das habt zum Zeichen“ Advents- und Weihnachtsmappe Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland, 1990

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Anlage 3

Sterne und Sternensymbol Immer seltener wird für viele das Erlebnis eines „Sternenklaren Nachthimmels". Künstli-ches Licht und eine Dunstglocke vergifteter Luft- und Staubschichten lässt die Sterne verblassen. Hinzu kommt, dass die Vorstellungen von „den Sternen" sich oft verengen auf Horoskope, Wahrsagerei und „Sternchen" (= Stars) oder sich beschränken auf naturwis-senschaftliche Erkenntnisse und Zusammenhänge über Sterne, Weltall u.a.m. Wer bewusst in einer klaren Nacht künstliche Lichtquellen meidet, die Dunkelheit sucht und den Blick zum Himmel richtet, wird von der Weite und Unendlichkeit, der Verschie-denheit der Leuchtkraft, der Offenheit und Ordnung, der Größe und Schönheit der Gestir-ne und des Firmaments sich angesprochen fühlen. Gedanken und Empfindungen, Wissen und Fragen, Erinnerungen und Erfahrungen tauchen auf und vermischen sich. Sie reichen vom einfachen Betrachten und Genießen bis zu Erkenntnissen der modernen Astronomie, von der großen Faszination bis zum gläubigen Staunen über die Geheimnisse des Univer-sums und seines Schöpfers. Schon die Theologen der frühen Kirche nutzten diesen Blick zum Sternenhimmel, um in die Geheimnisse der Schöpfungsgeschichte einzuführen, die so alt ist wie die Menschheit. Die Religionsgeschichte bestätigt uns heute, dass bei allen Völkern allein die Betrachtung des Himmels eine „religiöse Erfahrung“ erzeugt. „Eine solche Betrachtung kommt einer Offenbarung gleich. Der Himmel zeigt sich so, wie er tatsächlich ist; unendlich und transzendent. Der Himmel ist etwas vollkommen anderes als das wenige, das der Mensch und sein Lebensraum darstellt Bevor dem Himmel ir-gendwie religiöse Bedeutung zugeschrieben wird, enthüllt er bereits seine Transzendenz, Kraft und Beständigkeit. Er existiert, weil er erhoben ist, unendlich, unvergänglich, mäch-tig.“ (M. Elffade) Der Blick zum Himmel weckt aber nicht nur „religiöse Erfahrungen“. Bereits in der frühen Menschheitsgeschichte führte er zur Erkenntnis, dass der Mensch teilhat an den Rhyth-men der Natur und des Kosmos. Eingebunden zwischen Himmel und Erde suchte er am Firmament nach Ordnung und Orientierung. Menschliche Phantasie verband einzelne Sterne aufgrund ihrer unterschiedlichen Helligkeit und Verteilung zu Bildern und begann, sie zu benennen (z.B. Orion, Großer Wagen), zu deuten (siehe alte Sternsagen) und sich daran zu orientieren. Wir können diesen Prozess als ein „Sich-vertraut-machen" kenn-zeichnen. Die Bilder, verbunden mit den alten Sagen, deuteten menschliches Leben zwi-schen Himmel und Erde, bannten die Angst vor der Dunkelheit und erklärten Erscheinun-gen der Umwelt als Offenbarung der Gottheiten, die eine Kultstätte auf Erden hatten und deren himmlischer Standort als Sternbild am Firmament zu sehen war. Nach der babyloni-schen Schöpfungserzählung wurden im Himmel die „Standorte“ der großen Götter als „Ab-bild“ aufgestellt. Solches Verstehen ermöglichte es dem Menschen, sein Dasein - begrenzt und schicksalhaft eingebunden zwischen unteren und oberen Mächten - anzunehmen und sich einzurichten. Die Tiefenpsychologie würde dieses „Sich-vertraut-machen", ausgehend vom Menschen, vielleicht so formulieren: Der Mensch projiziert die Gefühle, Ängste und Leidenschaften seiner Seele auf das Himmelsgewölbe und bevölkert es mit Vorstellungen, Bildern und Visionen zur psychischen Entlastung und Orientierung seines Daseins. Neben der bildlichen Ordnung und deren Deutung beobachtete der Mensch auch die Wanderbewegung der Sterne; ein tägliches Schauspiel von Ost nach West, in dem er ein Symbol seines eigenen Daseins und Lebensweges erkannte: Geburt, Leben und Tod; neu anfangen, gestalten, enden.

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Die aufgehenden Sterne am Abend, ihr Wandern über den Horizont und ihr Untergehen, aber auch ihre „Auferstehung“ am nächsten Abend riefen Gedanken über den Sinn des Lebens wach. Spezifische Gesetzmäßigkeiten (z.B.Polarstern) eröffneten aber zugleich Orientierung im Lebensalltag und an der Gottheit, der der Mensch sich anvertraute. Wenn er auf Erden unterwegs war, die Wegrichtung suchte oder auf See nicht weiter wusste - am unendlichen Sternenhimmel, in Bilder geordnet, mit göttlichen Namen versehen und sie verehrend, fand er „Leitsterne' für sein begrenztes Dasein zwischen Himmel und Erde. So wird der Stern schon in sehr frühen Zeiten zu einem Symbol für das Unterwegssein des Menschen, dessen Spuren wir auch auf den Pilgerwegen entdecken.

Das Sternensymbol in der Bibel

Im jüdischen Denken finden wir zunächst eine deutliche Polemik gegen jede Verehrung der Gestirne. Israel fühlte sich vom babylonischen Gestirnskult bedroht. „Wenn du die Au-gen zum Himmel erhebst und das ganze Himmelsheer siehst, die Sonne, den Mond und die Sterne, dann lass dich nicht verführen! Du sollst dich nicht vor ihnen niederwerfen und ihnen nicht dienen" (Dtn 4, 19). Dieses Verbot beruht - wie auch das bildlicher Gottesdarstellungen - auf den Erfahrungen Israels im babylonischen Exil, als es erlebte, wie Sterne vergöttlicht und Götter dargestellt wurden. Israel entgöttlichte die Gestirne und ordnete sie seinem Jahweglauben unter. In dieser Unterordnung und als Geschöpf Jahwes („Er schuf das Sternbild des Bären, den Orion.“ Hiob 9, 8) waren in der weiteren Geschichte Israels Sterne als Symbol wieder möglich. Der Stern wurde im jüdischen Denken und Glauben zum Wegweiser und Hoff-nungssymbol in dunklen Zeiten. Zum Propheten Jesaja (60, 2) heißt es (in einer Übersetzung nach Jörg Zink): „Schau, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker. Aber über dir geht Gott auf wie ein Stern, und sein Glanz erscheint in dir.“ Und um das Jahr 1200 vor Christus spricht der Seher Bileam (Num 24, 17): „Es geht ein Stern auf in Jakob, ein Zepter erhebt sich in Israel.“ Diese Sehnsucht nach Licht, nach dem Retter, Befreier und Messias, wird im Neuen Tes-tament durch den Stern als Wegweiser und als Zeichen der Ankunft göttlichen Lebens im Kind von Bethlehem sichtbar (Matth. 2, 1 - 2). Später wird dann Christus als „glänzender Morgenstern“ (Offb 22, 16) bezeichnet, der in allen Herzen aufgehen wird (vg 12. Petr. 1, 19). aus: „Wer aufbricht, kommt auch heim" von Peter Müller

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Anlage 4

Baumschmuck, Liedgut und seine Bedeutung Äpfel sind ein Hinweis auf die Geschichte des Sündenfalls und den Lebensbaum des Pa-radieses mit seinen Früchten. In der Kunst wurde immer wieder Christus oder das Kreuz als der neue Lebensbaum dargestellt. Dadurch sollte ausgedrückt werden, dass uns durch das Sterben Jesu neues Leben und neue Kraft zufließen kann. Der Zustand der Gottes-ferne wird durch das Kommen Jesu aufgehoben.

Kerzen erinnern daran, dass Jesus von sicht gesagt hat: „Ich bin das Licht der Welt. Wer an mich glaubt, wird nicht in der Dunkelheit bleiben.“ Die ursprüngliche Farbe der Kerzen am Baum war rot, in Erinnerung an das Blut Jesu, das er am Kreuz vergossen hat.

Kugeln am Baum lassen die Geschichte der Weisen aufklingen, die dem Kind in der Krip-pe unter anderem auch Gold brachten, das Kostbarste, das sie kannten. Sie sind in ihrer Form auch eine Erinnerung an den Apfel.

Sterne rufen uns die Geschichte ins Gedächtnis, dass die Sternkundigen aus dem Mor-genland kamen und vom Stern über Bethlehem den Weg gewiesen bekommen hatten.

Strohsterne erinnern an das Heu und Stroh in der Krippe im Stall von Bethlehem und sind ein Zeichen dafür, dass Jesus in Armut geboren wurde und „sich nicht zu schade war, auch das Geringste mit uns zu teilen“.

Ketten gehörten früher auch zum Weihnachtsschmuck. Sie wiesen darauf hin, dass wir durch das Geschehen der Heiligen Nacht von den Ketten der Schuld frei geworden sind.

Es ist ein Ros' entsprungen Niemand weiß mehr genau, welches Jahr die Chronisten der Welt in ihren Büchern ver-zeichneten, als ein junger Mönch mit Namen Laurentius in einem Kloster unweit von Trier lebte. Doch es mag um das Jahr 1600 gewesen sein. Jenes Kloster erhob sich in stattli-cher Höhe über dem Moseltal inmitten einer gottgesegneten Landschaft. Laurentius hatte nach dem Geheiß seines Vaters in jungen Jahren die Weihen bekommen und sich willig, mit der Geduld des wahrhaft frommen Menschen in die Gemeinschaft der Brüder eingelebt. Er lebte unter seinesgleichen voll sanfter Zurückhaltung und einer unge-zwungenen Leidenschaftslosigkeit. Sein gütiges Wesen, die Art, wie er im Gespräch die Worte zu setzen, und der Eifer, mit dem er zu arbeiten wusste, trugen ihm beizeiten be-sondere Liebe und Zuneigung des Priors ein. Keine andere Stimme war beim abendlichen Tedeum so erfüllt von Inbrunst und Fröhlichkeit wie die seine. Nächtelang studierte er alte Schriften und übertrug Teile daraus mit schönen und klaren Lettern in ein selbstgebunde-nes Buch. Da er zudem eine starke Neigung zur Musik besessen hatte, übte er sich im Lesen und Niederschreiben von Noten, und wenn er, wie es nicht selten geschah, die Or-gel spielte, flossen die Melodien so ineinander, dass er manchmal nicht zu unterscheiden wusste, welche davon er selber erdacht und welche er von alten Meistern übernommen hatte. An einem Weihnachtsmorgen hatte Laurentius sich früh von seinem Lager erhoben; denn es waren viele Pilger zu erwarten, die alljährlich ins Kloster kamen, um dort die Christmet-te zu hören. Da der junge Mönch das Amt des Pförtners innehatte, war es sein Dienst, dafür zu sorgen, dass niemand vor dem Tor unnötig zu warten brauchte. Aber noch war es dunkel draußen, und keine Menschenseele rührte sich. In der Nacht hatte es unaufhörlich geschneit. Laurentius trat die ersten Spuren in den frischen Schnee, als er den Klostergar-ten durchquerte, um zur Pforte zu gelangen.

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Ein blasser, dunstiger Mond erhellte den Himmel. Auf dem Rückweg kam Laurentius am Brunnen vorüber. Als er sich über dessen Rand beugen und auf den Grund hinabschauen wollte, wie er es gern tat, um dem rieselnden Laut des Wassers zu lauschen, fiel sein Blick unversehens auf einen Rosenstrauch zu Füßen der Brunnenmauer. Was er plötzlich sah, ließ ihn für eine Weile vor Freude und Erstaunen den Atem anhalten. Zwischen den kah-len, froststarrenden Zweigen des Strauches wuchs ein grünes Reis auf, und an seinem Ende erblühte in makelloser Schönheit eine Rose. Sein Staunen wich tiefer Ergriffenheit. „Seltsam“, dachte Laurentius, „eine blühende Rose mitten im kalten Winter!“ Er brach sie behutsam und sog ihren Duft ein. Als er gewahr wurde, dass die ersten Pilger sich näher-ten, verließ er den Platz, wo er des Wunders teilhaftig geworden war und gesellte sich zu den Brüdern in der Kapelle. Dort legte er, von niemandem bemerkt, die Rose unter das Bild der Gottesmutter. Und abermals geschah ein Wunder. Wäre Laurentius von geringem Glauben gewesen, würde er es für einen Zufall gehalten haben, dass just in dem Augen-blick, da er sich in das Gebet der Gemeinde einfügte, der Priester das Schriftwort Jesajas sprach: „Es wird ein Zweig aufsprossen vom Stamme Jesses.“ Laurentius fühlte seine Seele von einem großen Glück durchflutet. Ja, er war ausgezeich-net worden vor allen anderen! Die Christmette war vorüber, und die Pilger begannen sich zu zerstreuen. Es war inzwi-schen Tag geworden. Das Licht drang mit matten Farben durch die Fenster der Kapelle. In Gedanken verstrickt, schritt Laurentius vom Chorgestühl zum Lettner empor. Während er ging, sprach er Worte vor sich hin, die unablässig aus seinem Inneren aufstiegen. Die Worte fügten sich zu Zeilen, die Zeiten verbanden sich zu Versen: „Es ist ein Ros' ent-sprungen aus einer Wurzel zart...“ Er ließ sich auf der Orgelbank nieder. Den Orgelbuben, der sich gerade entfernen wollte, wies er an, noch einmal die Bälge zu treten. Und dann spielte und sang der Mönch das neugeborene Lied. Einige Gläubige, darunter eine Schar Kinder, kehrten in die Kapelle zurück und lautschten der wunderbaren, nie gehörten Weise. Da der Spieler sie einige Male wiederholte, ging sie jedem so ein, dass er sie bald mühelos mitsingen konnte. In dieser Stunde also trat das Lied in die Welt, das seither nicht mehr aus ihr fort zudenken ist. „Es ist ein Ros' entsprungen / aus einer Wurzel zart...“ nach: Materialhefte der Beratungsstelle für Gestaltung von Gottesdiensten und anderen Gemeindeveranstaltungen

Heft 58: Mit alten Menschen das Leben feiern, © Beratungsstelle für Gestaltung, Frankfurt 1990

Legende zur Rose von Jericho Der heilige Josef wurde in der Nacht vom Engel des Herrn geweckt. Dieser sprach: „Josef, Du musst aufstehen und nach Ägypten fliehen! Herodes will das Kind töten.“ Josef packte eilends ein paar Sachen zusammen, holte den Esel und lud Maria und das Jesuskind auf und floh. Maria sagte: „Josef, wie sollen wir das schaffen, den langen Weg durch die Wüs-te?“ Und die Gottesmutter weinte bitterlich. Überall, wo eine Träne in den Wüstensand fiel, wuchs eine grüne Pflanze. So hatte der Esel etwas zum Fressen und konnte die heilige Last tragen. Dies ist das Geheimnis der Rose von Jericho.

Diese Pflanze gedeiht in den wasserarmen Gebieten Vorderasiens und Afrikas. Sie ist au-ßerordentlich anspruchslos und widerstandsfähig gegen Hitze und Trockenheit. Während der Trockenzeit schließt sie sich zu einem ballähnlichen Büschel, die Wurzeln sterben ab und sie löst sich vom Boden, um sich manchmal Hunderte von Kilometern vom Wind rollen zu lassen. Trifft sie bei ihrer Wanderung auf eine Wasserstelle oder Oase, so öffnet sie sich allein von der feuchten Luft, dreht sich dabei in die richtige Lage, damit die Wurzeln die Erde erreichen und neu treiben können, und wird somit wieder sesshaft.

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1 Alle Jahre wieder… - Symbole und Bräuche zur Advents- und Weihnachtszeit ______________________________________________________________________________________

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Sonst wartet sie in geschlossenem Zustand in der Wüste auf den Beginn der Regenzeit, um dann wieder zu neuem Leben zu erwachen. Lange Zeit kann die Rose von Jericho in scheinbar totem, vertrocknetem Zustand überdauern. Übergießt man sie mit Wasser, entfaltet sie sich innerhalb von Stunden zu einer grünen Pflanze, die ihre geschlossenen Blätter öffnet und ausbreitet. Die Rose von Jericho - ein Wunder des Überlebens in einer unwirtlichen Natur.

Die Christrose Eine Legende berichtet, Gott habe im Stern nicht nur Hirten und Magiern den Weg zum Jesuskind gezeigt, sondern er habe auch überall, wo die Strahlen des Sternes von Bethle-hem die Erde berührt haben, eine Blume mit großer, weißer Blüte und dunkelgrünen Blät-tern wachsen lassen: Die Christrose. Sie sollte auch noch anderen den Weg zeigen, die Christus suchen.

Der erste Strohstern / Eine Legende Als sich die Hirten auf den Weg nach Bethlehem machten, wurde von ihrem Reden und Rufen auch ein Hirtenjunge wach, der bei den Schafen im Pferch geschlafen hatte. Ver-wundert und noch ein bisschen schlaftrunken lief er mit den Männern und stand dann mit ihnen in dem armen Stall lange Zeit vor dem neugeborenen Kind in der Krippe, bis einer der Hirten ihn am Arm fasste: „Komm, Bub, wollen heimgehen! Das Kind und seine Mutter brauchen Ruh!“ Unterwegs berieten die Hirten, was sie dem Kind morgen alles mitbringen wollten. „Ich bringe ihm Milch von dem Mutterschaf!“ rief der eine. - „Ich nehme guten Schafskäse mit!“ sagte ein anderer. Ein dritter wollte ein Säckchen Mehl mittragen, ein vierter ein weiches Lammfell schenken. Wieder einer wollte ein Bund Holz zum Feuermachen mitbringen und ein anderer einen Beutel voll Winteräpfel zusammen suchen. Einer hatte noch ein Töpfchen Fett, und der älteste von ihnen, der am ärmsten war, sagte nach einigem Überlegen: „Ich spiel dem Kind ein Wiegenlied auf meiner Flöte!“ Der Hirtenjunge wurde allmählich immer trauriger. Alle hatten etwas zu schenken - nur er nicht! Denn außer seinem Hemd und seiner Hose besaß er nichts, höchstens noch eine Jacke, aber die war so alt und so oft geflickt, dass er sie unmöglich dem Kind schenken konnte. Auf seinem Strohlager konnte der Hirtenjunge lange nicht einschlafen. Immer noch sah er das Kind vor sich. Er wollte ihm so gern etwas schenken. Aber was? Da glänzten auf einmal im Licht des großen neuen Sternes ein paar Strohhalme seines Lagers auf. Sie lagen kreuz und quer übereinander und trafen sich in der Mitte zu einem Stern - einem Strohstern. Da wusste der Junge auf einmal, was er dem Kind schenken könnte! Er wünschte den Morgen herbei, und das Schlafen wurde ihm schwer. Endlich wurde es Tag. Leise griff der Junge nach dem Messer des Hirten, der neben ihm schlief, und schnitt ein paar Strohhalme zurecht, drehte dann aus Schafwolle einen Faden und schlang und knotete ihn um die Halme, dass ein fester schöner Stern daraus wurde. Der Junge ließ den Stern am Faden tanzen. Wie der nun in der Morgensonne schimmerte und leuchtete! Als die Hirten mit ihren Gaben zum Stall kamen, legte jeder sein Geschenk an der Krippe nieder. Während der Alte noch sein Lied auf der Flöte blies, trat der Hirtenjunge vor. Sein Herz klopfte, als er dem Kind den Strohstern hinhielt. Da schlossen sich die kleinen Finger um einen der glänzenden Halme: das Kind hielt den Stern fest. aus: Else Tümmel - Weihnachtsheft 2000 des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche Im Rheinland

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2 „Wir haben einen Stern gesehen…“ - Andacht ______________________________________________________________________________________

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„Wir haben einen Stern gesehen…“ - Andacht

„… wir haben seinen Stern gesehen“.

Der rote Mars fasziniert mit seinen weißen Polkappen im Wechsel der Jahreszeiten; Jupi-ter mit seinen galileischen Monden. Der Erd-Trabant zeigt sein zernarbtes Gesicht beson-ders plastisch an der Tag-Nacht-Grenze, die ihn zur Mondsichel macht. 4.000 Sterne las-sen sich bei guten Sichtverhältnissen mit bloßem Auge entdecken. Schon ein einfaches Teleskop macht 140.000 sichtbar. Eine Sternkarte zur Orientierung kann kostenlos unter www.astronomie.de heruntergeladen werden. Auch Astronomie-Workshops werden ange-boten, z.B. von der Sternwarte Bochum.

Das alles habe ich am Samstag vor dem ersten Advent in der bunten Wochenbeilage un-serer Tageszeitung gelesen unter der Überschrift „Sternenjäger“. Und Sternenjäger wollen offensichtlich viele sein – 60.000 aktive Sternenjäger soll es in Deutschland geben. Und wer es noch nicht ist, wird es vielleicht mit Hilfe eines sehr preiswerten Einsteiger-Teleskops als Weihnachtsgeschenk. Denn letztlich war der Artikel eine Werbung für vier unterschiedliche Modelle zwischen 129 und 800 €. Profi-Jäger, wie es hieß, brauchen al-lerdings ein Gerät für 40.000 €. Die Sehnsucht nach den Sternen scheint groß zu sein. Der Markt für Hilfsmittel zur Befriedigung dieser Sehnsucht offensichtlich auch.

„Wir haben seinen Stern gesehen“. Diesen Satz sagten die drei Weisen aus dem Morgen-land, orientalische Astrologen also, Wissenschaftler, die sich mit Sternenkunde befassten, als sie nach Jerusalem an den Hof des Königs Herodes kamen.

„Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgen-land und sind gekommen, ihn anzubeten.“

Sie hatten den Himmel erforscht. Sie hatten sich selbst Karten angelegt und den Sternen Namen gegeben. Sie hatten über Jahre und Jahrzehnte Veränderungen registriert und himmlische Sensationen beobachtet und gedeutet. Ein solches Phänomen, einen beson-ders hellen Stern nun hatten sie verstanden als Hinweis auf einen neugeborenen König der Juden. So hatte sie ihr Weg nach Jerusalem geführt an den Königshof. Denn wo sonst sollte ein König zu finden sein, wenn nicht dort? Und dass sie ihn finden würden – da wa-ren sie sich sicher – nach ihren intensiven Forschungen, Beobachtungen, Deutungen.

Die Priester und Schriftgelehrten am Hof bestätigten auf Nachfrage, dass auch die Pro-pheten die Geburt eines Fürsten, eines Führers bzw. Retters des jüdischen Volkes ange-kündigt hatten, allerdings in Bethlehem, ca. 7 km südlich von Jerusalem entfernt, in der Heimatstadt des Königs Davids, des allerersten Königs des groß-jüdischen Reiches 1.000 Jahre vor der Geburt Jesu. Dorthin wurden sie geschickt mit der heuchlerischen Bitte des Herodes, sie möchten doch zurückkehren, wenn sie den neugeborenen König gefunden hätten, um ihn zu informieren, damit auch er ihn anbeten könne.

Und der Stern, den sie bereits im Morgenland gesehen hatten, wurde ihnen erneut zum Wegweiser nach Bethlehem und führte sie dorthin, wo Jesus geboren worden war.

„Wir haben seinen Stern gesehen“.

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2 „Wir haben einen Stern gesehen…“ - Andacht ______________________________________________________________________________________

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Sterne sind nicht nur Orte der Sehnsucht; funkelnde, glitzernde, faszinierende Geheimnis-se in unerreichbarer Ferne; sie sind auch Orientierungshilfe, Wegweiser, Karten wie von Gottes Hand an den Himmel gezeichnet. Am vierten Schöpfungstag setzte Gott die Lichter an den Himmel – Sonne und Mond, dass sie Zeiten, Tage und Jahre anzeigen sollten und dazu setzte er die Sterne – scheinbar absichtslos streute er sie aus, großzügig, wie zur Dekoration des ansonsten dunklen Firmamentes. So erzählt es die Schöpfungsgeschichte in unserem Alten Testament. Planvolle Karten oder reine Schöpferfreude, reine Schöpfer-laune? Genau diese Frage macht wohl das Geheimnis aus, dem so viele Sternenjäger versuchen auf den Grund zu gehen.

Im Zusammenhang mit der Geburt Jesu erzählt uns die Geschichte der Weisen, der Astro-logen aus dem Morgenland, dass nicht nur die Propheten, die Frommen und Schriftkundi-gen die Geburt eines Retterkönigs aus der Linie des Königs David in Bethlehem ankündig-ten, sondern auch der Himmel selbst Zeichen setzte, Hinweise gab, Menschen aus der Ferne nach Israel führte, gewissermaßen die weltweite, internationale Bedeutung der Ge-burt des Kindes in Bethlehem unterstrich. Und das alles am Ende der Welt, zumindest am Rande des damaligen römischen Reiches.

„Wir haben seinen Stern gesehen“.

Was sehen, was finden wir, wenn wir am Himmel und auf der Erde nach dem Stern der Gottesgeburt Ausschau halten?

Wir sehen: Gott selbst ist Mensch geworden. Gott selbst ist klein, hilflos, schutzbedürftig. Gott selbst ist auf Nahrung und Wärme, auf die Zuwendung der Mutter, auf die Bewahrung durch die Weisen, angewiesen. Gott geht diesen Weg in das Menschenleben von Anfang an bis zum Ende, bis zu einem gewaltsamen Tod.

Gott hat alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft. Gott hat Könige, Priester, Propheten und Prediger, fromme Menschen über Jahrhunderte hin beauftragt, gedrängt, mit Güte und mit Zorn zu motivieren versucht, das durchzusetzen, was er sich für diese Welt vor-stellt: Frieden und Gerechtigkeit, Liebe und Freundlichkeit; einen gerechten Umgang mit den Armen, mit den Verzweifelten; Teilhabe an der Fülle des Lebens für alle: für Frauen, Männer und Kinder; für die Tagelöhner und die Hirten, für die Witwen und die Waisen, für die ausgebeuteten Kleinbauern und Handwerker, für die Söldner, für alle Entwürdigten und Entmündigten; für alle, die Gewalt erlebten. Frieden und Gerechtigkeit, Liebe und Freund-lichkeit, Würde und Menschlichkeit – das wollte, das will Gott. Er kam selbst, als Mensch, als Kind. Er wählte ein Menschenleben als Ort der Sehnsucht und der Sensationen, als Ort der Gefährdung und des Schmerzes von Anfang an.

„Wir haben seinen Stern gesehen“.

Unser Blick wird von oben nach unten gezogen. Sternenjäger werden wir wohl auch, wenn wir Gott ernst nehmen, nicht nur mit Hilfe des Teleskops und unter www.astronomie.de . Ein Schriftsteller unserer Tage fasst in ein Gedicht die Bewegung des Sterns von Bethle-hem vom Himmel auf diese Erde.

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2 „Wir haben einen Stern gesehen…“ - Andacht ______________________________________________________________________________________

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Ein Stern Ein Stern fällt auf die Erde,

bricht ein in Dunkelheit, damit Verheißung Wahrheit werde,

ist eine Frau zum ja bereit.

Ein Stern fällt in die Herzen,

nimmt Stolz und Überheblichkeit, damit endlich auf Erden Friede werde,

ist ein Kind für uns bereit.

Ein Stern fällt in die Menschenwüste,

erlöst von Not und Einsamkeit, damit Gemeinschaft um uns werde,

sind wir hier und jetzt zum Dienst bereit.

(Paul Reding)

„Wir haben seinen Stern gesehen“.

Es geht um die Konsequenzen, die wir ziehen, aus dem, was die Weisen damals gefun-den haben. Es geht darum, den Stern vom Himmel zu holen; die Menschwerdung Gottes ernst zu nehmen und für Frieden einzustehen, für Gerechtigkeit, für die Würde und für das Brot; gegen die Einsamkeit und für die Gemeinschaft.

Um das zu erreichen, können wir nicht nur bei uns selbst bleiben, dort, wo wir sicher sind und wo wir uns schön eingerichtet haben. Wir müssen uns aufmachen wie die Weisen, jedoch – im Gegensatz zu ihnen mit dem Blick nach unten, auf die gefallenen Sterne. Sie gilt es zu suchen, aufzusuchen, zu besuchen. Der Blick in den Himmel, der Blick zu den Sternen hilft uns, bei allem, was wir hier auf Erden tun, demütig zu bleiben und uns immer wieder bewusst zu machen, dass die Absichten Gottes mit uns größer sind als alles, was wir selbst in dieser Welt bewirken können. Aber was wir bewirken können, das müssen wir tun und das ist mehr als wir uns oft zutrauen.

Gottes Sterne mögen leuchten über denen, die die Dunkelheit umschließt und gefährdet, damit wir den Weg zu ihnen finden.

Gottes Sterne mögen uns leuchten, damit wir den Weg zur Krippe, damit wir den Weg zu Gott selbst finden.

Amen.

Pfarrerin Angelika Weigt-Blätgen

Dezember 2007

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3 24 Tage miteinander warten - Adventskalenderaktionen ______________________________________________________________________________________

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24 Tage miteinander warten - Adventskalenderaktionen

Diese Adventskalenderaktionen sind gedacht als Anregungen für Frauengruppen, für die ganze Gemeinde oder gar für ökumenische Initiativen in ihrer Gemeinde. Sie sollen dazu anregen, die Adventszeit als Gemeinde miteinander zu verbringen, sich täglich für- und miteinander Zeit zu nehmen. Als Hintergrundinformation sind Anlage 1 „Das Tür-Symbol“ und die „Religiösen Riten und Bräuche rund im die Tür“ (Anlage 2) gedacht. Aktion 1: Der Gemeindeadventskalender Idee: An vierundzwanzig Tagen in der Gemeinde treffen sich Menschen an

jeweils einem Haus vor einem Fenster, singen zusammen, können die Tageslosung oder einen Adventstext hören, reden miteinander.

Vorbereitung: Es werden vierundzwanzig Menschen gesucht, die bereit sind, bei

dieser Aktion mitzumachen. - Ein Plan wird erstellt. - Es sollten Liedzettel zusammengestellt und kopiert werden,

möglichst in der Hand einer / eines Verantwortlichen. - Die Musikkreise der Gemeinde sollten gefragt werden, ob und

wann sie bereit sind, einen Abend mitzugestalten. - Wichtig ist die Werbung für diese Aktion in der Tageszeitung,

im Gemeindebrief, im Schaukasten, in den Gottesdiensten und mit Handzetteln.

- Es muss natürlich bekannt gemacht werden, wann und wo wel-ches Adventsfenster geöffnet wird.

Durchführung: Vierundzwanzig Menschen in der Gemeinde erklären sich bereit, an

einem Abend in der Adventszeit ein Fenster ihres Hauses oder ihrer Wohnung, das von außen gut einsehbar ist, zu schmücken und zu gestalten. Das kann durch Fensterbilder, Lichter, Kerzen, Bilder, Weihnachtsschmuck, Tannenzweige, Bänder, Tücher, Figuren o.ä. geschehen. Das Fenster wird durch die Rollladen oder durch einen Vorhang so verdeckt, dass beim Öffnen ein Überraschungseffekt ein-tritt. Am frühen Abend nach Einbrechen der Dunkelheit und zu einem Zeitpunkt, an dem auch möglichst viele Berufstätige schon Feier-abend haben (bewährt hat sich 18.00 Uhr), treffen sich die Men-schen vor dem Fenster, das dann als Adventskalenderfenster geöff-net wird. Singen Sie zusammen, hören sie einen Text! Es wäre schön, wenn die Gastgeberin / der Gastgeber heiße Ge-tränke reicht.

(Idee aus Hattingen/Blankenstein an der Ruhr, ursprünglich aus der Schweiz)

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Aktion 2: Der persönliche Gruppenadventskalender Idee: An einem Abend im November können Sie mit der Gestaltung dieser

Aktion beginnen, in der die Frauen der Gruppe sich gegenseitig mit einem Adventskalenderblatt beschenken.

Vorbereitung: Verteilen Sie die vierundzwanzig Adventskalendertage untereinander

und einigen Sie sich auf ein Format (DIN A4 z.B.). Die Gruppenleiterin nimmt die fertigen Kopiervorlagen im November entgegen und sammelt, ordnet und heftet sie. Es kann aber auch abgemacht werden, dass jede Frau ihre Vorlage selbst so oft kopiert, wie Gruppenmitglieder da sind. Dann kann in der Zeit vor dem ersten Dezember gemeinsam sortiert, geordnet und geheftet werden.

Durchführung: Jede Frau der Gruppe (eignet sich natürlich auch für die Gesamtge-

meinde) gestaltet ein oder zwei Adventskalenderblätter, die kopier-bar sind. (Auch Farbkopien sind preiswert möglich.) Sie können Ihre eigenen Gedanken, schöne Texte, die Sie gefunden haben oder die Ihnen wichtig geworden sind, aufschreiben. Sie können zeichnen, malen, schöne Bilder, Postkarten etc. heraussuchen. Vielleicht möchten Sie Rezepte, Ideen, alte Geschichten oder Erinnerungen weitergeben aus Ihrem ganz persönlichen Fundus? Nur Mut!

Zusätzliche Ideen: Sie können solche ganz persönlichen Adventskalender natürlich

auch in einer Gruppenstunde im Herbst erstellen. Vielleicht haben Sie Lust, gemeinsam kranken oder einsamen Men-schen Ihrer Gemeinde eine Freude zu machen, indem Sie ihnen ei-nen ganz persönlichen Adventskalender bringen, eventuell mit einer Kerze, die die tägliche „Adventskalenderzeit" durch ihr Licht beglei-ten kann.

Gemeinde Hattingen/Blankenstein

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Anlage 1

Das Tür-Symbol

Jede Zeit hat ihre Symbole und Zeichen. Aber keine ist so damit befrachtet wie die advent-liche Zeit. Wer möchte schon auf solche Zeichen verzichten! Aber sagen sie uns noch das, was sie eigentlich bedeuten? Oder sind sie stumm geworden, weil wir kein Sensorium mehr für ihre Botschaft haben? Warum gehen wir doch noch mit ihnen um, schmücken unsere Räume und Flure? Weil sich mit diesem Symbolen soviel Heimeliges verbindet, Erinnerung daran, was einmal war, aber leider nicht mehr ist, doch hoffentlich einmal wie-der sein kann. Sind sie darum nicht manchmal weit weg? Und brauchen wir die anderen, die näher liegen, die vielleicht auch alltäglicher sind? Ich denke an ein Symbol, das uns allen bekannt ist: die Tür. Sie kommt ja vor in einem von den Liedern, das wir in diesen Tagen gern singen: „Macht hoch die Tür.“ Türen spielen in unserem Leben eine große Rolle. Durch ein ganz bestimmtes Tor sind wir zur Welt ge-kommen, und durch eine ganz bestimmte Tür, die unseres Hauses, in dem wir groß ge-worden sind oder in dem wir uns auskennen mit seinen vielen Türen, werden wir einmal hinausgetragen werden. Bis es soweit ist, werden wir durch viele Türen schreiten, so wie wir durch viele bereits hindurchgegangen sind. Denken wir an die Tür, die uns als Kinder getrennt hat vom elterlichen Zimmer. Und wir hatten Angst und riefen danach, dass sie einen Spalt weit geöffnet wird, damit wir wenigstens das Gefühl hatten, nicht ganz ausge-schlossen zu sein. Und später die Tür, die ins Schloss fiel in der Schule, wenn man zu spät kam. Man stand draußen und musste eine halbe Stunde warten, damit überdeutlich herauskam, wie sehr man zu spät gekommen war, und zitterte der jeweiligen Entschei-dung des Lehrers entgegen. Und dann die Tür, durch die man hindurchschritt, Hand in Hand, ein Portal, vielleicht das einer alten Kirche, über die viele schon ihren Weg gegan-gen waren - die Schwellen ausgetreten von der Last der Gewissen und von der Last der Herzen. Und mancher mag sich daran erinnern, wie er, schon im Halbdämmer, vor der Tür eines Operationssaales dachte: Wie wirst du hier wieder herauskommen und wann, und ob überhaupt? Türen, Symbol unseres Lebens. Sie bringen zum Ausdruck, dass es ein Drinnen und Draußen gibt und ein Hindurchgehen. Aber auch daran erinnern sie, wie oft wir Hintertüren benutzt haben, um etwas zu bekommen. Und wir schämen uns bis auf diesen Tag dar-über. Versteht man da nicht besser diesen kleinen Versanfang: „Macht die Tore weit und die Türen in der Welt hoch...?“ Denn das heißt doch, wir werden dazu aufgefordert, weil unse-re Welt und wir selbst unpassierbar geworden sind für Gott. Wir haben uns verschlossen und verriegelt, hinter vielem eingerichtet, verbarrikadiert - ob das nun Ideologien sind, ob das ein hoher Wissenssand ist oder irgendeine Überlegung, mit der wir uns abschotten gegenüber Gott. Was auch immer! Aber Gott will bei uns einziehen. Er will nicht eine Welt, die von ihm abgesetzt ihre eigenen Spiele treibt. Wir haben es mit einem Gott zu tun, der nicht draußen bleiben will, draußen vor allen Türen. Nicht vor der unseres Herzens, nicht vor der unserer Stimmungen, nicht vor der unserer Ablehnung, unseres Wissens und un-serer Kenntnisse. Gott will bei uns einziehen, indem er Mensch geworden ist in diesem Jesus von Nazareth, in einem also, der einer von uns wurde. Vielleicht erkennen wir: Er ist es, der nicht nur gekommen ist, sondern der mitgeht mit uns durch viele Türen. Durch die des heutigen Tages zu anderen Menschen hin, in manch schwierigen Verhältnissen, auch einmal durch die letzte Tür.

Pfarrer i. R. Johannes Kuhn, Stuttgart

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Anlage 2

Religiöse Riten und Bräuche rund um die Tür Türen sind Visitenkarten Nicht nur das Türschild, die Tür mit allem, was zu ihr gehört, ist eine Visitenkarte. Es gibt sprechende Motive im Türbereich. Sie wirken abschreckend oder einladend. Wie sie wir-ken, hängt allerdings auch von der Einstellung des Nähertretenden ab. Womit sagen die Bewohner etwas über sich, ihre Religion, ihren Glauben, ihre Vorliebe aus? Womit laden sie die einen ein oder halten andere ab? Wie schätzen Sie Bewohner ein, über deren Eingangstür zu lesen ist „C+M+B" plus der aktuellen Jahreszahl? Dreikönigssänger, die für die Mission sammelten, haben diese Zei-chen mit Kreide auf den Türbalken geschrieben. Sie werden oft als Initialen von „Caspar, Melchior, Balthasar" gedeutet. Es ist aber die Abkürzung für: „Christus mansionem bene-dicat“, „Christus segne das Haus“. Soviel steht fest: „Wenn zwei dasselbe tun, muss es noch lange nicht das gleiche sein.“ Der eine befestigt als Pferdeliebhaber ein Hufeisen in Türnähe, der andere als magisches Zeichen. Trauen Sie sich zu, Erkennungsmarken an Haustüren als Zeichen einer beson-deren Vorliebe oder eines Aberglaubens einzuordnen?

Altgewohnte Bräuche In alter Zeit, auch in biblischen Zeiten, wurde im Stadttor Gericht gehalten. Diese „öffentli-che“ Rechtsprechung war zugleich eine Rechtsbelehrung für die Zuhörer, die oft weder lesen noch schreiben konnten. Die Bibel berichtet u. a. von einer weniger rühmlichen Rechtsprechung am Stadttor von Jerusalem. Absalom wollte mit allzu milden Rechtsurteilen die Gunst des Volkes für sich gewinnen, um seinen Vater, König David, vom Thron zu stürzen. (2. Sam. 15,2 fi) Früher wurden allgemeine und amtliche Bekanntmachungen an die Kirchentür geschlagen oder auf der Treppe vor dem Kirchenportal verlesen (siehe die 95 Thesen). Die Braut wurde vom Bräutigam über die Schwelle der Tür ins Haus getragen, wenn sie zum ersten Mal das gemeinsame Haus betraten. Brot und Salz wurde den Neueinziehenden von Nachbarn gereicht. Verstorbene wurden durch eine Neben- oder Hintertüre aus dem Haus getragen. Bei einer Haus- oder Stadtübergaben wurde symbolisch ein besonders großer Schlüssel überreicht.

Alte religiöse Riten und Vorstellungen Türen galten schon in vorrömischer Zeit als Sitz der Manen, Seelen und Geister, ihnen wurden Tier- und Ernteopfer dargebracht. Sie wurden an der Tür abgelegt, angenagelt oder begraben. In altägyptischen Gräbern gab es Schein-Türen. Man glaubte, der Ka-Geist der Toten be-nutze diese imaginäre Tür. Dem Ka-Geist der Verstorbenen wurden Speisen dargebracht. Mit Rücksicht auf Schwellengottheiten, wie bei den Römern Limentinus, wurden bestimmte Riten und Gesten beim Betreten und Verlassen eines Hauses beachtet. Vor dem Auszug aus Ägypten sollten die Israeliten mit dem Blut des Passahlammes die Pfosten des Hauses bestreichen. Dann würde der Todesengel in der Nacht vor dem Aus-zug die israelitischen Erstgeborenen verschonen. (Ex 12)

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Bei den Römern war die Haustür (Janua) dem doppelgesichtigen Janus geweiht: Er sah die Ein- und Ausgehenden. Er wusste, was innen geschah und nicht nach außen dringen durfte. Janus war ein Vertrauter und zugleich ein Vertreter der Öffentlichkeit. Die Gebete und Opfer für Janus sollten Türen öffnen und die Bewohner vor bösen Mächten schützen. Darstellungen von abschreckenden Fabelwesen sollten vor Unheil und Unholden schüt-zen. Wir sehen diese Relikte aus vorchristlicher Zeit an den Kapitellen der Eingangssäulen romanischer Kirchen, ebenso an den Eingangspfosten der Stabkirchen, als ständen sie nun in christlichem Dienst. Toranlagen alter Burgen hatten eine sichernde Funktion. Wo diese Funktion bei den Py-lontoren großer Tempel oder bei den Torkirchen berühmter Klosteranlagen kultischen Auf-gaben Platz machte, konnte desto stärker die symbolische Bedeutung der Zugänge her-vortreten.

Leere Hülsen oder gefüllt mit Sinn und Inhalt? Viele beachten auch heute beim Betreten oder Verlassen eines Hauses unterschiedliche Formeln und Gesten. Welche Sitten und Bräuche kennen wir? Wenn ein frommer Jude vor dem Betreten eines Hauses die rechts neben der Eingangstür befestigte Menusa anfasst, kann das ein Bekenntnis zu Gott als dem wahren Eigentümer und Herrn des Hauses sein. Denn die Hülse ist nicht leer. In ihr liegt ein Stück aufgerolltes Pergament mit dem Bekenntnis zu dem einen Gott in Form des ersten Gebotes: „Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft.“ Von diesen Geboten heißt es im selben Kapitel: „Du sollst sie auf die Türpfosten deines Hauses und in deine Stadttore schreiben.“ Wenn sich ein orthodox-gläubiger Christ beim Betreten eines Hauses erst vor der Ikone verbeugt und sich bekreuzigt, begrüßt er zuerst Gott als den eigentlichen Herrn des Hau-ses, bevor er sich den Bewohnern zuwendet. Wenn katholische Gläubige beim Betreten und Verlassen eines Hauses, besonders des „Gotteshauses", ihre Finger in ein Becken mit Weihwasser tauchen und sich bekreuzigen, geben sie zu erkennen, dieser Ort, diese Begegnung, dieses Ereignis ragt für sie aus dem Alltäglichen heraus, erinnert sie an ihre Taufe. Evangelische Gläubige, die mit einem Kreuz oder mit einem Spruch, wie „Gott segne die-ses Haus und alle, die hier gehen ein und aus" oder „Geh ohne Gruß und Gottes Wort niemals aus diesem Hause fort", ein christliches Zeichen aufrichten, beweisen zumindest bekennenden Mut.

Pfarrer i. R. Johannes Kuhn, Stuttgart

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4 Meditationen zum Advent ______________________________________________________________________________________

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- 21 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Meditationen zum Advent

„Das Volk, das noch im Finstern wandelt…“ Lied: Das Volk, das noch im Finstern wandelt... (EG 20) Text: Jürgen Henkys 1981 nach dem niederländischen Het volk dat wandelt in het duister von Jan Willem Schulte Nordholt 1959; Melodie Frits Mehrtens 1959 Diese Meditation kann durch das Singen von EG 20 zu Anfang und zum Ende umrahmt sein. Das Volk, das noch im Finstern wandelt, bald sieht es Licht, ein großes Licht. Heb in den Himmel dein Gesicht und steh und lausche, wie Gott handelt.

Menschen, niedergedrückt durch das, was ihren Alltag schwer macht. Unfrei sein, Willkür ertragen müssen, mit Katastrophen fertig werden. Wen wundert es, dass der Blick sich immer häufiger auf den Boden richtet? Wen wundert es, dass keine Hoffnung mehr geblieben ist, den Horizont zu schauen? Gegen die Trostlosigkeit erhebt sich eine Stimme: „Sieh auf! Höre! Beginne doch wieder etwas zu erwarten - für diese Welt, für dich! Wage den Blick über dich hinaus! Gott handelt!“

Die ihr noch wohnt im Tal der Tränen, wo Tod den schwarzen Schatten wirft. Schon hört ihr Gottes Schritt, ihr dürft euch jetzt nicht mehr verlassen wähnen.

Wie schwer ist es, sich mitten im Tal der Tränen nicht verlassen zu fühlen! Viel zu nah ist noch die Erfahrung des Verlustes, die Leere, die sich breit gemacht hat, die Sorge vor dem, was kommen wird. In diesen Herrschaftsraum der Trauer, der Mutlosigkeit, dringt Gottes Schritt. Was nur kündigt er an?

Er kommt mit Frieden. Nie mehr Klagen, nie Krieg, Verrat und bittre Zeit! Kein Kind, das nachts erschrocken schreit, weil Stiefel auf das Pflaster schlagen.

Gänzlich unbescheiden dringt sie ein, die Verheißung: Ein Ende der Gewalt, ein Ende der Marter, ein Ende der Angst kündigt sie an.

Die Liebe geht nicht mehr verloren. Das Unrecht stürzt in vollem Lauf. Der Tod ist tot. Das Volk jauchzt auf und ruft: „Uns ist ein Kind geboren!“

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4 Meditationen zum Advent ______________________________________________________________________________________

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- 22 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Der Umschwung verblüfft: Radikale Veränderung wächst aus Unerwartetem, Unscheinbarem. „Uns ist ein Kind geboren!“ - Wir sprechen die alten Worte der Hoffnung aus dem neunten Kapitel des Propheten Jesaja mit - und selbst der Tod verliert sein letztes Wort.

Man singt:„ Ein Sohn ist uns gegeben, Sohn Gottes, der das Zepter hält, der gute Hirt, das Licht der Welt, der Weg, die Wahrheit und das Leben.“

Für uns kommen sie sich ganz nah: Der Friedenskönig aus dem Propheten Jesaja, der dem Blutvergießen, den Gewaltverbrechen ein Ende setzt. Und das Kind im Stall, das uns den Weg gebahnt hat, zu Gott, der Frieden und Gerechtigkeit schenkt, der das Leben allen blühen lässt.

Noch andre Namen wird er führen: Er heißt Gottheld und Wunderrat und Vater aller Ewigkeit. Der Friedefürst wird uns regieren.

Wahrhaftigkeit und Redlichkeit. Recht den Menschen in bedrängten Lebenssituationen. Ein Ende der Lebensangst, Beginn der begründeten Zuversicht. Ganz von vorne hoffen, wagen, Grund finden.

Dann wird die arme Erde allen ein Land voll Milch und Honig sein. Das Kind zieht als ein König ein und Davids Thron wird niemals fallen.

Genug für alle Menschen. Von nicht weniger wird hier gesungen. Alle können ihren Hunger und ihren Durst stillen. Die Güter des Lebens sind genug - und sie werden geteilt. Neben der Arbeit, der Mühe bleibt Kraft für die Hoffnung.

Keine einzige, kein einziger mehr, der sich zu kurz gekommen fühlt.

Siehe, alles ist neu:

Dann stehen Mensch und Mensch zusammen vor eines Herren Angesicht. Und alle, alle schaun ins Licht, und er kennt jedermann mit Namen.

Das ist unsere Hoffnung. Wir erwarten den Advent Gottes. Amen.

Pfarrerin Katja Jochum, November 2007

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4 Meditationen zum Advent ______________________________________________________________________________________

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- 23 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Die Weihnachtsgeschichte - mit Kerzen erzählt Zeit: ca. 20 Minuten

Material: 1 lange dünne Kerze, 1 große dicke rote Kerze, 1 kleine dicke blaue Kerze, 1 blaue dünne Kerze, 1 braune dünne Kerze, Osterkerze aus dem Gottesdienstraum, 4 niedrige braune Kerzen, 1 große dünne weiße Kerze, mehrere kleine weiße Kerzen, soviel Teelichter wie Menschen da sind, Streichhölzer/Feuerzeug

Vorbereitung: passende Lieder aussuchen, je nach Alter der Teilnehmerinnen, zu dem entweder einen Tisch vorbereiten, auf dem die Kerzen stehen können oder auf dem Boden in der Mitte eine entsprechende Mög-lichkeit schaffen. Geeignet für Gruppennachmittage und -feiern für Menschen jeden Alters

Erklärung zu den Kerzen: Die unterschiedlichen Kerzen stehen für Personen der Weihnachtge-

schichte. Die lange, dünne Kerze steht für Gott. Die große, dicke, rote Kerze steht für Kaiser Augustus Die kleinere, dicke, blaue Kerze steht für den Steuereintreiber Cyre-nius. Die blaue und braune dünne Kerze stehen für Maria und Josef. Vier niedrige, braune Kerzen stehen für die Hirten. Große, dünne weiße Kerze steht für den Engel. Kleine, weiße Kerzen für weitere Boten Gottes/Engel. Teelichter stehen für die Menschen.

Schon immer haben die Menschen versucht, dem Wesen Gottes auf die Spur zu kommen. Wir Menschen brauchen Bilder, Symbole und Zeichen, die uns, wenn auch nur aus-schnittsweise ein Stück Gott näher bringen. Wir haben nicht nur die Sprache, um unsere Glaubenserfahrungen auszudrü-cken, sondern auch Farben, Formen und Bilder. So sagen wir, ausgehend von dem Wort Jesu „Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern das Licht des Lebens haben!“ (Joh. 8, 12), das Gott wie Licht ist, dass er hell macht, was vorher finster war. Des-halb haben wir hier eine große Kerze, die ich die Gotteskerze nennen möchte. Wir zünden sie jetzt an, sie begleitet uns mit ihrem Licht durch diesen Nachmittag (Abend).

Lange, dünne Kerze, auf der rechten Seite, bren-nend.

Die ganze Geschichte fing damit an, dass Kaiser Augustus dringend seine leeren Staatskassen füllen musste und be-schloss, dass die Menschen seines Reiches mehr Steuern zahlen sollten. Dazu mussten im ganzen römischen Reich die Menschen in Steuerlisten eingetragen werden. War es sein Einfall? Steht nicht hinter allem, was Menschen tun und denken, Gott? Augustus war auch Herrscher über das Land Israel, das Land, in dem die Menschen sich nach dem Messias sehnten, der sie erlösen sollte von Unrechts-herrschaft und Gewalt.

Große, dicke, rote Kerze auf hohem Ständer: Au-gustus linke Seite, wird an der Gotteskerze ange-zündet.

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Hohe Beamte wurden eingesetzt, um die Durchsetzung der Befehle des Kaisers zu überwachen und voranzutreiben. Ei-ner dieser Männer war Cyrenius. Er sorgte für die Aufstellung der Steuerlisten. Alle Menschen mussten in die Orte gehen, aus denen sie stammten, um sich registrieren zu lassen. Viele Menschen machten sich auf den Weg, um ihrer mühseligen Pflicht nachzukommen, die eine neue Steuerlast bedeuten würde.

Kleinere, dicke, blaue Kerze vor Augustus, wird an Augustuskerze ange-zündet.

Auch Maria und Josef mussten auf die Wanderschaft. Sie wohnten in Nazareth, stammten aber aus Bethlehem. Maria war schwanger und sollte bald ihr Kind gebären.

Blaue und braune dünne Kerzen für Maria und Jo-sef von vorne links nach hinten rechts bewegen, an der Gotteskerze an-zünden und davor aufstel-len.

Schon in der Nacht ihrer Ankunft in Bethlehen war es soweit, das Kind kam auf die Welt. Es gab in keiner Herberge mehr Platz für sie, kein warmer Platz, kein Licht. Sie waren schließ-lich froh gewesen, wenigstens ein Dach über den Kopf zu bekommen und waren in einen Stall gekommen. Als Maria ihr Kind zur Welt gebracht hatte, nahm sie die Windeln, die sie mitgebracht hatte und wickelte ihr Kind darin ein. In ihrer Not legte sie das Kind in eine Futterkrippe, die mit weichem Heu gefüllt war. So wurde also das Christuskind, der Messias, Jesus, der Heiland geboren. Ich bin das Licht der Welt!

Osterkerze an der Got-teskerze anzünden und vor Maria und Josef stel-len.

Lied

Zur gleichen Zeit waren außerhalb der Stadt Männer bei ihrer Arbeit. Sie waren Hirten und verbrachten die Nacht bei ihren Tieren, die sie zusammengetrieben hatten, um besser auf sie achten zu können. Einer hielt Wache, die anderen schliefen, mehr schlecht als recht gewärmt durch ein Feuer. Sie waren müde vom Tagwerk.

Vier niedrige, braune Ker-zen - Hirten - links aufstel-len.

Aber plötzlich geschah etwas, was sie noch nie erlebt hatten. Mitten in der Nacht wurde es ganz hell. Der wachende Hirte weckte die anderen, zweifelnd, ob er nicht träumte. Zuerst glaubten sie, der Morgen wäre angebrochen, dann schauten sie nach einem Feuer in der Umgebung, nichts von all dem - da überfiel sie große Angst.

Große, dünne, weiße Kerze - Engel - an der Gotteskerze entzünden und links zu den Hirten stellen.

Sie hörten eine Stimme, die sagte: Fürchtet euch nicht, habt keine Angst. Freut euch, denn heute ist etwas Wunderbares geschehen: Ein Kind ist geboren in dieser Nacht, das soll diese Welt retten, es soll euch Gottes Heil bringen, ja selbst der Retter sein, der Messias. Mit diesem Kind kommt Gott selbst auf die Erde. Die Hirten konnten nur schwer begreifen: Ein Kind, das die Welt retten soll, ein Kind soll mit der Herrschaft Gottes etwas zu tun haben, das alles hörte sich äußerst verwirrend an.

Aber dann verstanden sie: Sie würden ein Kind finden, ein Kind in Windeln gewickelt, in einem Stall liegend, in einer Krippe.

Weitere kleine weiße Ker-ze, an der großen En-gelskerze anzünden, im-mer eine an der anderen, links aufstellen.

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Und dann war da nicht mehr nur der eine Engel, nicht nur ein Bote Gottes, sondern unzählbar viele und die Botschaft ging von einem zum anderen und man hörte es von überall und von allen Seiten, dass mit dieser Geburt etwas Neues begin-nen würde: Für Gott Ehre und für die Menschen Frieden. Und es wurde heller und heller.

Lied Engelkerzen wegnehmen und nach rechts zur Got-teskerze stellen.

Und dann war es vorbei. Die Engel waren wieder verschwun-den. Keiner hatte genau gesehen, wie sie aussahen, es war nicht wichtig. Wichtig war, dass die Hirten gehört hatten, ge-hört und begriffen. Sie überlegten nicht lange, sie liefen los, sie haben nicht mehr diskutiert oder gezögert, sie wollten das Unglaubliche sehen. Die Hirten liefen nach Bethlehem und sie fanden Josef, Maria und das Kind. Sie waren überrascht, sie waren ergriffen, sie waren glücklich.

Die Hirtenkerzen nach rechts bewegen, an der Jesuskerze anzünden und dazustellen.

Als die Hirten das Kind gefunden hatten, konnten sie ihre große Freude nicht mehr für sich behalten. Es drängte sie dazu, das, was sie gehört und gesehen hatten, weiter-zugeben, zu erzählen, immer und immer wieder. Der Heiland war geboren, die Engel hatten es ihnen verkündet, ihr Herz hatte die Wahrheit erkannt und so liefen sie in das Dorf, um von diesem Wunder zu berichten.

Hirtenkerzen nach vorne rechts stellen, Teelichter dazustellen.

Die Menschen, die sonst nicht viel von den Hirten hielten, wunderten sich über diese merkwürdigen Geschichten, aber sie wurden neugierig und es fing an, auch in ihrem Herzen hell zu werden, es wurde hell mit ihrer Neugier, mit ihren Fra-gen, mit ihrem Erstaunen.

Teelichter anzünden, ein brennendes Teelichter an eine Besucherin weiter-geben.

Die Hirten kehrten zu ihrer Arbeit zurück. Aber alles war an-ders als vorher. Sie erzählten laut, was sie wussten, sie wa-ren stolz, dass Gott zuerst ihnen, den Armseligsten und Ver-achtetesten die Botschaft hatte bringen lassen: Euch ist heu-te der Heiland geboren! Diese Botschaft, dieses Licht ist bis heute unterwegs, es will Menschen hell und fröhlich machen, auch in ihrer Dunkelheit, in Traurigkeit und Armut. Es ist das Licht dieser Welt. Er ist das Licht dieser Welt!

Lied nach: Irmgard Tromm aus: Rheinischer Verband für Kindergottesdienst (Hg.), Materialdienst: Weihnachten 3; Hilden, 1990, S. 100-102.

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Krippe, Kreuz und Stern

Dauer: ca. 30 Minuten Material: wenn möglich eine Krippe (oft in Gemeinden für Krippenspiele vor-

handen), ein Kreuz, ein Stern, viele Kerzen im Raum, Gesangbücher Methoden: Singen, Meditationstext lesen (kann auf 3 Sprecherinnen verteilt

werden) geeignet für: Advent- und Weihnachtsfeiern in Frauengruppen Anmerkung: Die Lieder sind austauschbar

TEIL 1 Lied: „Ich steh an deiner Krippen hier“ (EG 37, 1 - 3) oder „Kommet ihr Hirten" (EG 48) Die Krippe Mit diesem Futtertrog wurde vor fast 2000 Jahren ein neues Kapitel der Weltgeschichte begonnen. Der erste Gedanke, der sich bei diesem Requisit breit macht ist: Was für ein unglaublich unpassender Ort für die Geburt eines Königs! Aber dieses ungewöhnliche Kinderbett hat auch etwas Dramatisches. Es zeigt von Anfang an, dass sich der neue Kö-nig von allen weltlichen Fürsten unterscheidet. Er wird nicht in eine Wiege gebettet, son-dern er verbringt die erste Nacht seines Lebens in einer Futterkrippe im Stall. Eine Geburt in einer hochherrschaftlichen, eleganten Umgebung hätte bei uns Unsicher-heit heraufbeschworen. Eine Annäherung wäre für viele zu schwierig gewesen. Es hätten uns Fragen beschäftigt wie: Wie muss ich mich verhalten, wie soll ich auftreten? An der Futterkrippe kann jeder sein, wie er ist. Es gibt kein falsch oder richtig. Die Krippe ist der Kern, alles andere ist Tand, Dekoration. Hinter dem unüberschaubaren Berg der Weihnachtstraditionen, der Weihnachtsdekorationen und der geballten Ladung Geschenke verschwindet das Hauptgeschenk fast völlig. Der Kern des weihnachtlichen Schenkens ist Jesu Geburt. Und Gott ist es, der schenkt. Keine Kinkerlitzchen, sondern die ganz großen Dinge: Leben, Begabungen, Vergebung, Neuanfänge, Hoffnung, alles überdauernde Liebe. Die Besinnung auf die Krippe nach dem ganzen Weihnachtstrubel kommt mir vor, wie nach dem Naschen der Weihnachtsbäckerei: Nach dem vielen süßen Zeug habe ich ungeheuren Appetit auf Herzhaftes, etwas, das wirklich sättigt. Da ist dann die Krippe. Sie bringt es auf den Punkt, wie ich Weihnachten intensiv erleben kann: PUR - ich mit Jesus. Ruhe und Wärme strahlt die Krippe aus. Nach der ganzen Hektik, dem grellen Kitsch der tausendfach blinkenden Weihnachtsdekoration fällt vor der Krippe die Hetze und Unruhe von mir ab. Machen wir es wie die Menschen, die die Weihnachtsgeschichte in tausendfa-cher Weise dargestellt haben. Rücken wir das Kleinste und Unauffälligste in den Mittelpunkt: die Krippe. Sprachlich tun wir es schon. Unter einer Krippendarstellung versteht man alle: Maria, Josef, die Hirten, die Weisen. Die Krippe ist nackt. Sie zeigt Jesu Haltung zum gesamten Leben. Er war gradlinig, klar, eindeutig, nicht interessiert an Statussymbolen, Fastfood und Leistungsdenken.

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Die Krippe macht darauf aufmerksam wie unwichtig das Drumherum für die großen Dinge des Lebens wie Glück, Liebe ist. Wir übersehen es ständig: Luxus bindet, nimmt den Schwung aus unserem Leben, macht träge und abhängig. Luxus ist das wirkungsvollste Ablenkungsmanöver (besonders an Weihnachten). Er macht es schwierig bis unmöglich, die Dinge intensiv zu erleben. Erst wenn die Verpackung wegfällt, Hülle für Hülle, zeigt sich dem Auge das Wesentliche. Und schon Jesu Geburtsgeschichte zeigt, er kann Liebe, Hoffnung und Freude wecken, wo Armut und Elend sichtbar sind. Die Krippe, der Stall - letztendlich doch der optimale Ort für Jesu Geburt.

TEIL 2 Lied: „Weil Gott in tiefster Nacht erschienen" (EG 56) Kreuz Das Kind in der Krippe wird am Kreuz enden. Das Kreuz, das bekannteste Symbol unseres Glaubens: wir betrachten es, konzentriert in Ruhe, und ich werde ihnen ein paar Gedanken dazu sagen, langsam, mit Pausen zum Nachdenken. Im Kreuz gehen die Linien von allen Seiten auf die Mitte zu. Von ganz verschiedenen Sei-ten treffen sie sich in einem Punkt. Wenn auch nur eine von den Geraden abweicht, die Mitte verfehlt, ist es kein Kreuz mehr. Unterschiedliche Bestrebungen sind in uns: Trauer und Freude, Hetze und Ruhe. Gut ist, wenn sie alle auf die Mitte zielen, wenn sie sich in der Mitte treffen, ein Kreuz bilden, unser Lebenskreuz. Die Mitte, da wo sich die Linien treffen, da ist Er: Jesus Christus, dessen Geburt wir heute feiern. Ohne sein Kreuz, ohne Ostern, wäre seine Geburt, wäre das Kind in der Krippe nicht wichtig, würden wir Weihnachten nicht feiern. Er, der starb; er, der lebt. Er, der uns annimmt; er, der uns aus der Schuld hilft. Er, der Zukunft eröffnet, Freiräume schafft, nach oben, nach unten, nach links und rechts; er, der den Blick freimacht über den Tod hinaus, rahmensprengend. Er, der die Liebe ist. Das Kreuz: Zeichen unserer Rettung. Das Kreuz: Zeichen unseres Glaubens an Jesus Christus. Dies Kreuz steht nicht in einem Traumland. Es steht mitten in unserer Welt. Es hat sogar die Welt in sich: Ihre Schönheit und ihre Bosheit, ihre Träume und ihre Verzweiflung. In dem einen - dem horizontalen Balken - hat es die Welt in sich. Aber gleichzeitig durch-kreuzt es die Welt. Mit dem anderen Balken, dem, der von oben kommt, durchkreuzt es unsere Wünsche. Es durchkreuzt unsere Grenzen, es durchkreuzt unsere Vorstellungen von Gott. So verändert das Kreuz die Welt. Wenn es nur den horizontalen Balken des Kreuzes gäbe, dann wäre es kein Kreuz. Dann wäre es ein großes Minuszeichen: Zeichen der Sinnlosigkeit, Zeichen der Leere, Zeichen des Leidens. Keine Spur von weihnachtli-cher Freude und Hoffnung. Mit dem anderen Balken aber, dem, der von oben kommt, wird es zum Kreuz, zum Plus-Zeichen, zum Zeichen der Liebe, zum Zeichen des Lebens. Dann verdichtet sich im Zeichen des Kreuzes sinnbildlich das, was in der Krippe begann. Wenn meine Augen nur an dem horizontalen Balken des Kreuzes entlang gehen, wenn sie nur den Horizont dieser Welt entlang fahren, dann wäre Verzweiflung angesagt. Dann können wir nur den Kopf schütteln über die Ungereimtheit und die hoffnungslosen Rätsel der Welt und unseres Lebens. Erst die Senkrechte, der Balken von oben nach unten und wieder nach oben, erst wenn ich diese Welt sehe und Gott, wenn ich diese Welt sehe und Gottes Liebe zu ihr, ergibt es ein Kreuz.

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Das Kreuz ist so Sinn und Verheißung des Lebens, weil es den liebenden Gott und die heillose Welt zusammenbringt. Es ist Beides: Zeichen des Leidens, ein Zeichen des To-des, Ja. Aber eben auch ein Zeichen dafür, wie die Liebe das Leiden aushält, wie Gott diese Welt aushält, menschlich wird im Kind in der Krippe und im Mann am Kreuz. Und damit ist das Kreuz ein Zeichen des Lebens. Das Kreuz ein Zeichen dafür, dass Liebe stärker ist als Leiden, stärker als Tod. Darauf vertraute Jesus. Das durchlitt und erlebte er. Seinen Geburtstag feiern wir an Weihnachten.

TEIL 3 Lied: „Mache dich auf“ (EG 537) oder

„Stern über Bethlehem" (EG 546) Stern Aus Krippe und Kreuz, zwei im Symbol verdichtete Stationen im Leben Jesu, zwei Symbo-le, die Menschlichkeit Gottes eindrücklich versinnbildlichen, aus diesen, Krippe und Kreuz, wird ein Stern: Dem Stern folgend, fanden die Weisen aus dem Morgenland den, den sie suchten: Jesus, den Jungen in der Krippe, den Retter der Welt, der sie aus ihrer gewohnten Umgebung herausholte. Der Stern als Wegweiser, in dem sich Krippe und Kreuz verbinden, der Stern als Wegweiser, der uns leuchtet, der aus der Nacht der Einsamkeit und des Zweifels dahin leuchtet, wo wir hingehören, dahin, wo wir uns geborgen und geschützt fühlen können. Der Stern als Wegweiser, als Lichtquelle, die unseren Weg in der Dunkelheit erleuchtet. Der Stern. Er macht mir auch deutlich: Es gibt diese dunkle Seite in mir, es gibt die Schat-tenseite des Lebens, die, die das Eindringen der Strahlen so bitter nötig hätte. Und dabei verschafft mir der Stern auch Klarheit über die Möglichkeiten, die ich habe, wenn ich das annehmen kann, dass es in mir dieses Nachtgesicht gibt. Mit finsteren Träumen: aber eben dann solchen, die mir in der Sprache des Unbewussten den Weg meines Lebens deuten, dann, wenn ich bereit bin, die Tiefenschichten meines Ichs erhellen zu lassen, wenn ich bereit bin, richtig hinzuhören und hinzusehen, was sie mir bedeuten. Mir wird dann klar: Es gibt in mir etwas, was Hilfe nötig hat, es gibt in mir etwas Dunkles, Ungeklär-tes - mal mehr und mal weniger - etwas, was des Lichts von außen bedarf, des Wegwei-sers, der mich aus meiner Verlassenheit und Verlorenheit wieder auf einen Weg bringt, den ich gehen kann. Von Jesus als einen solchen, als unseren Stern haben wir gerade gesungen in dem Lied von Paul Gerhardt: Ich steh an deiner Krippen hier: „O, dass doch so ein lieber Stern soll in der Krippen lie-gen. Für edle Kinder großer Herrn gehören güldne Wiegen.“ Und „Ich lag in tiefster To-desnacht, du warest meine Sonne, die Sonne, die mir zugebracht, Licht Leben Freud und Wonne. O Sonne, die das werte Licht des Glaubens in mir zugericht, wie schön sind deine Strahlen.“ Angestrahlt von diesem Stern erhellt sich der Gedanke: Ich bin angewiesen, komme allein ohne diesen Wegweiser nicht klar und finde die für mein Leben notwendige Orientierung in ihm, dem Stern. Ich brauche ihm nur zu folgen, Ausschau zu halten, dass ich den Stern in der Dunkelheit erkenne, den Stern, der mich weiterführt und erleuchtet. So sehr erleuchtet, dass ich selbst zum Stern werde, zum Stern im Schweif des großen Jesussterns, der Lichtquelle, die von sich sagt: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Was es praktisch heißen kann, dem Stern Jesus nachzufolgen, erzählt eine kurze Legen-de, die von einem vierten König weiß:

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Er kommt zu spät zum vereinbarten Treffpunkt und steht traurig da mit seinen drei wertvol-len Edelsteinen als Geschenk. Er macht sich allein auf den Weg. Weil er unterwegs drei-mal auf unvorstellbare Not trifft, verschenkt er jedes Mal einen Edelstein. Erst nach vielen Jahren trifft er in Jerusalem auf den Weltenkönig, der am Kreuz stirbt. Er hat ihn finden können, weil er ihn unbewusst immer in den Armen und Notleidenden gesucht hat. Ich wünsche uns, dass uns dieser Stern bewusst und unbewusst beleuchtet und Wegwei-ser in unserem Leben ist.

Gemeinde Hattingen/Blankenstein

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- 30 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Lichtträgerinnenspiel

Im Advent werden viele Lichter angezündet. In fast allen Häusern brennt ein Advents-kranz. Das ist ein schöner Brauch, bei dem wir uns allerdings oft wenig denken. Es gefällt uns, vier Kerzen anzuzünden, eine nach der anderen - genügt das? Heute hören wir über diese vier Lichter. Es ist ein Spiel, das uns nachdenklich machen will. 1. Lichtträgerin: Mein Licht heißt Vertrauen. Es brennt, weil es schön ist, wenn sich

Menschen vertrauen. Vertrauen ist nötig zwischen Frauen und Män-nern, zwischen Frauen, zwischen Betreuern und Betreuten, also un-ter uns. Vertrauen ist nötig, darum darf meine Kerze nicht verlö-schen.

Eine Stimme: Mach dein Licht aus! - Bleibendes Vertrauen - wo findest Du das?

Jeden Tag wird Vertrauen gebrochen - mach das Licht aus.

(Die Kerze wird gelöscht.) 2. Lichtträgerin: Mein Licht heißt Freude. Es brennt, weil bei uns Menschen lachen,

singen und spielen. Wir haben es gut, wir haben Menschen um uns und einen Arbeitsplatz.

Stimme: Mach dein Licht aus. Lest ihr keine Zeitung? Wo ist Grund zur Freu-

de, wenn meine Kinder keine Lehrstelle bekommen, wenn es still geworden ist um die in der Dritten Welt, denen es schlechter geht als uns. Wenn Menschen neben uns plötzlich sterben? Mach deine Ker-ze aus, es gibt diese Freude nicht…

(Die Kerze wird gelöscht.)

3. Kerzenträgerin: Mein Licht heißt Frieden. Es darf nicht verlöschen, weil viele von uns

erlebt haben, wie es ist, wenn es dunkel wird, es darf nicht verlö-schen, weil wir alle wissen, was Unfrieden und Krieg bedeuten wird.

Stimme: Lösch das Licht aus! Wo ist wirklich Friede? Menschen rüsten auf,

Menschen töten sich, Menschen schlagen sich in Gedanken, Worten und Werken. Lösch dein Licht aus!

(Die dritte Kerze wird gelöscht.)

Letzte Lichtträgerin: (tritt vor)

Mein Licht heißt Hoffnung. Das ist das letzte Licht. Das darf niemand auslöschen. Es brennt, weil ohne Hoffnung kein Vertrauen, keine Freude und kein Frieden sein können. Wer nicht hofft, kann kein Ver-trauen zu sich selbst und anderen haben, wer nicht hofft, kann nicht mehr wissen, was Freude ist. Wer nicht hofft, kann nicht den Frieden geben, den wir alle so nötig haben. Wer nicht hofft, hat keine Zu-kunft.

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- 31 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Stimme: Das sagst du so einfach! Was kann dein kleines Licht schon ausrich-ten gegen den Hunger von Millionen, gegen die Unterdrückung von Wehrlosen, gegen die Einsamkeit von alten, kranken und behinder-ten Menschen.

Lichtträgerinnen: (hält die Hand schützend vor die Kerze)

Nein, es darf nicht verlöschen! Wenigstens für ein paar Menschen muss es brennen!

Stimme: Es ist ein schwaches Licht, lösch es aus! 4. Lichtträgerin: Nein, es darf nicht gelöscht werden. Was bleibt den Hungernden,

wenn ihnen die Hoffnung auf Hilfe genommen wird, was den Unter-drückten, wenn sie nicht mehr an eine Veränderung glauben, was bleibt denen, die allein sind, wenn sie nicht mehr hoffen, dass da noch einer kommt. Keiner weiß, wie es morgen weitergeht. Aber Menschen leben heute noch, weil die Hoffnung nicht erloschen ist.

Stimme: Einige Tausend leben gut, aber Millionen darben weiter. Lohnen die-

se tausend? Soll dafür eine Kerze brennen? 3. Lichtträgerin: Da springt einer über seinen Schatten, da gibt einer mehr als er

muss, da ist Zusammenarbeit wieder möglich. Wollen wir das über-sehen? Ist solch kleiner Friede unwichtig? Meine Kerze soll brennen, damit dies immer weitergeht.

(Dritte Kerze wird angezündet.)

Stimme: Du verschließt die Augen vor der Wirklichkeit. Was nützt solch klei-

ner Friede? Kann er wirklich die Welt verändern? 2. Lichtträgerin: Vielleicht ändern sich aber die Menschen. Wer sich freut, freut sich

auf etwas und lebt. Wer sich freut, strahlt und wird erkennbar für an-dere. Es lohnt, dass diese Kerze brennt. Freude fängt oft ganz klein an, aber sie verändert Menschen.

(Zweite Kerze wird angezündet.)

Stimme: Aber das Vertrauen - wo herrscht das unter Menschen? Jeden Tag

wird Vertrauen gebrochen. 1. Lichtträgerin: Das ist wahr - leider. Und doch leben wir nur, weil wir einander ver-

trauen. Täglich immer wieder neu, trotz aller Enttäuschung. Lasst uns dieses Licht anzünden, wir brauchen es. Die Hoffnung gibt uns den Mut dazu.

(Erste Kerze wird angezündet.)

Lied: nach freier Wahl aus: Advent und Weihnachten Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland

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- 32 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Lärm übertönt die Stille - Eine adventliche Liturgie

Zeitdauer: 30 Minuten Stichworte: Unsere Adventszeit ist geprägt von den Spannungen, die wir in die-

ser Welt aushalten müssen. Wie können wir damit leben? Methode: meditative Texte werden gelesen, liturgische Gesänge rahmen die

Texte ein (es empfiehlt sich, die Lieder am Beginn der Veranstaltung einzuüben)

Material: Texte, Gesangbücher, Kerzen Ablauf der Liturgie Lied 1. Sprecherin: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Alle: Amen. 1. Sprecherin: Gott, der uns wie ein Vater und wie eine Mutter ist, kommt uns nahe

- in einem Kind. Gott, der uns Trost und Zuversicht schenken will, kommt uns nahe - als Mensch geboren. Unser Warten, unsere Hoffnungen, Gottes Verheißungen - sie wer-den erfüllt werden.

2. und 3. Sprecherin im Wechsel: Wir lesen nach Psalm 24:

Das ganze Weltall gehört dem Herrn, vom kleinsten Atom bis zum entferntesten Sonnensystem.

Sein Wohngebiet ist die ganze Erde, er ist Vater und Mutter, Bruder und Schwester aller Menschen.

Wer darf an seine Haustür klopfen, und wer darf seine Nähe erfahren?

Nur, wer den Nächsten nicht niederschlägt mit harter Faust, nur der, der seinem Bruder und seiner Schwester ohne Vorur-teil begegnet.

Denn wer auf Lüge und Betrug verzichtet und für den Frieden eintritt, zu dem bekennt sich Gott, der geht den Weg, den Gott verlangt.

Nun öffnet die Tore weit und vergrößert die Türen, damit der große König einziehen kann!

Wer ist denn dieser große König? Wer ist stark und mächtig?

Er ist der Herr, der Starke, der Mächtige, mächtig im Kampf gegen Hunger und Unterdrückung.

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- 33 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Nun öffnet die Tore weit und vergrößert die Türen, damit der große König einziehen kann! Wer ist denn dieser große König?

Er ist der Vater alles Lebendigen. Er ist dieser große König.

(nach EG 779) Lied: Laudate omnes gentes (EG 181, 6) 1. Sprecherin: Advent - Zeit der Erwartungen.

Erwartungen werden laut - in unseren Familien. Eine schöne Zeit soll es werden - ein schönes Fest wollen wir feiern. Plätzchenduft, Kerzenschein, ein origineller Adventskalender, Weihnachtswünsche, Geschenke. Kein Streit soll diese Zeit belasten, kein Missklang ertönen. Wir schmücken unsere Wohnungen und Häuser festlich - das Fest kann kommen.

(Sprecherin zündet eine Kerze an.)

Lied: Kyrie (EG 178, 12) 2. Sprecherin: Advent - Zeit der Dunkelheit

Finsternis umgibt uns in dieser Welt. Nur wenige Stunden des Tages sind hell und wir versuchen, sie doppelt und dreifach zu nutzen: Hektik, Besorgungen, Einkäufe, Einladungen - ohne Erbarmen. Wenn das Tageslicht geht - dann erreichen uns die Schreckensnach-richten aus der Welt umso mehr: Krieg und Hunger - Gewalt und Hass. Wenn das Tageslicht geht und die Finsternis erobert sich Raum, wird es nicht immer still. In unseren Herzen schreit die Angst, unsere Verlorenheit, unser Zorn und unsere Einsamkeit.

(Sprecherin zündet eine Kerze an.)

Lied: Kyrie (EG 178, 12) 3. Sprecherin: Der Lärm übertönt unsere Stille.

In unsere Bemühungen, ruhig zu werden und Besinnung zu finden, kommt der Lärm der Welt. Frieden ersehnen wir - Unfriede hat die Macht. Liebe suchen wir - die Einsamkeit zieht Spuren in unseren Herzen. Mut brauchen wir - Resignation verdunkelt unsere Phantasie. Wir müssen leben mit diesen Spannungen. Wir müssen das Chaos, das wir uns selbst bereitet haben, aushal-ten. Unsere Sehnsüchte stoßen ständig an ihre Grenzen - gerade in der Adventszeit. Wie können wir damit leben?

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- 34 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

(Sprecherin zündet eine Kerze an.) Lied: Kyrie (EG 178, 12) 1. Sprecherin: Ich lese aus Jesaja 9

Das Volk, das im Finstern wandelt sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir wird man sich freu-en, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt. Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tage Midians. Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn daher geht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt. Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder - Rat, Gott - Held, Ewig - Vater, Friede - Fürst.

(Sprecherin zündet eine Kerze an.)

Lied: Gloria (EG 580) Sprecherin: Ein Kind wird geboren.

Wir kennen diese Geschichte. Jedes Jahr erzählen wir sie uns aufs Neue. Jedes Jahr verbinden wir mit ihr unsere Hoffnungen und Erwartun-gen. Wir beten an der Krippe dieses Kindes um Frieden und Gerechtig-keit. Wir hören in den Gottesdiensten die Nachricht von Gottes Mensch-werdung. Wir werden still und denken darüber nach. Was heißt das? Was bedeutet das? Gott wird Mensch?! Ein Kind so klein - es soll unser Retter und unser Heil sein? Es ist schutzloser als wir selbst es sind. Es ist ärmer als wir selbst es sind. Es ist bedrohter als wir selbst es sind. Dieser kleine Funke Leben - das ist unsere Hoffnung? Auf dem Weg zur Krippe dürfen uns schon einmal Zweifel kommen.

(Sprecherin zündet eine Kerze an.)

Lied: Gloria (EG 580) 1. Sprecherin: Ich lese aus Jesaja 11:

Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamme Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen. Auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn. Und Wohlgefallen wird er haben an der Furcht des Herrn.

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4 Meditationen zum Advent ______________________________________________________________________________________

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- 35 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Er wird nicht richten nach dem, was seine Augen sehen, noch Urteil sprechen nach dem, was seine Ohren hören, sondern wird mit Ge-rechtigkeit richten die Armen und rechtes Urteil sprechen den Elen-den im Lande, und er wird mit dem Stab seines Mundes den Gewalt-tätigen schlagen und mit dem Odem seiner Lippen die Gottlosen tö-ten. Gerechtigkeit wird der Gurt seiner Lenden sein und die Treue der Gurt seiner Hüften.

(Sprecherin zündet eine Kerze an.)

Lied: Gloria (EG 580) 3. Sprecherin: Nicht in einem Palast,

nicht in einer warmen gemütlichen Stube geboren, sondern umgeben von Kälte, Gestank und Dunkelheit - mitten in diese Welt. Der Lärm der Welt hörte in diesem Moment nicht auf: Kein Krieg stand still. Keine himmlische Ruhe kam über das Land. Keine Stille Nacht - Heilige Nacht. Mitten in unsere Welt, in unseren Lärm, in unsere Hektik, in unsere Suche nach Stille wird er geboren - uns zum Zeichen: Gott ist kein Träumer - er sieht die Wirklichkeit. Er will mit uns leben, mit unseren Spannungen, Zweifeln, Fragen. Er will mit uns in die Stille gehen, die der Lärm so oft - zu oft - über-tönt. Der Lärm übertönt die Stille - immer noch. Aber unsere Hoffnung hat einen Namen bekommen.

1. Sprecherin: Also hat Gott die Welt geliebt,

dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

Johannes 3, 16

(Sprecherin zündet eine Kerze an.) Lied: Laudate omnes gentes (EG 181, 6) Alle: Vater unser Sprecherin: Der Herr,

voller Liebe wie eine Mutter und gut wie ein Vater, er segne dich, er lasse dein Leben gedeihen, er lasse deine Hoffnung erblühen, er lasse deine Früchte reifen.

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4 Meditationen zum Advent ______________________________________________________________________________________

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- 36 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Der Herr behüte dich, er umarme dich in deiner Angst, er stelle sich vor dich in deiner Not. Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir wie ein zärtlicher Blick erwärmt, so überwindet er bei dir, was erstarrt ist. Er sei dir gnädig wenn Schuld dich drückt, dann lasse er dich aufatmen und mache dich frei. Der Herr erhebe sein Angesicht über dich, er sehe dein Leid, er tröste und heile dich. Er gebe dir Frieden das Wohl des Leibes, das Heil der Seele, die Zukunft deinen Kindern. Amen.

(EG Nr. 1002) aus: Advent und Weihnachten Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland

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5 Rollenspiele ______________________________________________________________________________________

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- 37 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Rollenspiele

Die Geschenke der drei Könige

Personen: Erzählerin, 3 Könige, 3 Fremde

Erzählerin: Es war in einer dunklen Nacht, genauso dunkel wie heute. Da konnte man, wenn man genau durch die Dunkelheit sah, drei Lichter erkennen. (3 Kerzen nähern sich von hinten durch den Raum). Und diese drei Lichter wurden von drei Menschen getragen. Es waren drei Menschen auf dem Weg zum Kind in der Krippe, auf dem Weg zum Weihnachtsfest. Sie ka-men, um diesem Kind die größten Geschenke zu machen, die sie bei sich trugen. Sie gingen schwer bepackt, wie wir es aus der biblischen Ge-schichte von den drei Königen wissen. Und so waren sie schon lange un-terwegs, als sie endlich in die Nähe des Stalles von Bethlehem kamen.

1. König: Hier irgendwo muss es sein. Denn da vorne glänzt der große Stern, der

uns den ganzen Weg lang begleitet hat. 2. König: Ja, jetzt ist es soweit, dass wir ihn zu sehen bekommen sollen… 3. König: Wir wollen noch ein wenig ausruhen, um zu bedenken, wie wir ihm am

besten unsere Geschenke überreichen können. Denn das ist doch das Wichtigste, was wir den weiten Weg für ihn allein hierher gebracht haben.

Erzählerin: So blieben die drei Könige in der Dunkelheit noch ein wenig stehen, um

sich zu besinnen, was sie denn dem Kind in der Krippe an Geschenken geben wollten. Da geschah es plötzlich, dass sich zu jedem dieser Könige eine Fremde gesellte, die die drei Wanderer in ein Gespräch verwickelte.

1. Fremde: Guten Abend, erster König. 1. König: Guten Abend. Wer bist du? Mit wem spreche ich? 1. Fremde: Ich bin die Fremde, die, bevor du zur Krippe und zum Weihnachtsfest ge-

langst, dir noch ein paar Fragen stellen möchte. 1. König: Nun, dann rede! 1. Fremde: Kannst du mir vielleicht sagen, warum du den langen Weg hierher auf dich

genommen hast? 1. König: Ja, das kann ich wohl. Ich habe gemerkt, dass ich für viele schon meine

Geschenke eingekauft und gebastelt habe: für meine Eltern und meine Freunde. Aber für das Kind habe ich noch nichts besorgt. Und um das Kind geht es doch zu Weihnachten. Und deshalb möchte ich ihm mein größtes Geschenk überreichen.

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5 Rollenspiele ______________________________________________________________________________________

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- 38 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

1. Fremde: Aha, das ist wohl in dem Paket drin? 1. König: Ja, so ist es. Aber jetzt möchte ich weiter, um dem Kind mein Geschenk

zu geben. 1. Fremde: Nun, nicht so eilig! Man wird doch noch wenigstens erfahren dürfen, was

in dem Paket drinsteckt. 1. König: Also gut, ich will es dir sagen. Hier in diese Kiste, da habe ich einen Teil

meiner Zeit gesteckt. Die will ich dem Kind schenken. Es soll dann selber sagen, wozu es die Zeit haben möchte. Ob es Zeit ist, die ich anderen Menschen weitergeben soll, indem ich ihnen helfe oder zuhöre. Oder ob es vielleicht Zeit ist, in der ich mir von dem Kind Geschichten seines Le-bens erzählen lasse und dann selber zu ihm rede und bete.

1. Fremde: Na, du bist mir vielleicht ein komischer Vogel. Wer verschenkt denn heute

noch Zeit! Weißt du denn nicht, dass dies das Kostbarste ist, was es gibt? Schau, die Zeit brauchst du für dich selber. Du musst doch noch eine gan-ze Menge Besorgungen für Weihnachten machen, oder? Siehst du, da kannst du schon einmal einen Teil der Zeit wieder aus dem Paket für dich selber herausnehmen. Und dann brauchst du doch noch Zeit, um dich von allen Weihnachtsstrapazen auszuruhen. Also wieder ein Teil deiner Zeit aus dem Paket. Und schließlich, sei einmal ehrlich, die Geschichten über das Kind kannst du dir sparen, du brauchst deine Zeit viel mehr und viel besser für all die Fernsehgeschichten, die jetzt bald kommen.

1. König: (denkt nach) Hm, eigentlich hast du gar nicht so unrecht. Ich sollte wirklich

vorsichtiger mit meiner Zeit umgehen. Vielleicht will das Kind in der Krippe ja ganz andere Dinge haben: Gold vielleicht oder Weihrauch oder Myrrhe.

1. Fremde: Genau, das ist auch meine Meinung. Pack dein Paket mit all deiner Zeit

wieder ein. Und zieh nach Hause auf deinen Dasnöckel. Dort kannst du sie für dich viel besser selber gebrauchen.

1. König: bläst das Licht aus und geht langsam nach hinten. Erzählerin: Und tatsächlich, der 1. König kehrte um, weil er sich einreden ließ, er sel-

ber hätte seine Zeit am nötigsten, und verschwand wieder in der Dunkel-heit. Aber noch waren ja zwei andere Könige da. Sollte es ihnen ähnlich ergehen?

2. König: So, hier in der Nähe muss es sein. Noch einmal will ich mich mit dem

schweren Paket ausruhen. Und es dann vor den Augen des Kindes aus-packen.

2. Fremde: Guten Abend! 2. König: Guten Abend! 2. Fremde: Darf man fragen, was in diesem Paket verstaut ist?

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5 Rollenspiele ______________________________________________________________________________________

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- 39 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

2. König: Ja, natürlich, ich habe dahinein ganz viel Frieden gesteckt, und den will ich jetzt dem Kind überreichen.

2. Fremde: Habe ich richtig verstanden, Frieden in einem Paket? 2. König: Ja, ich will es dir erklären. Ich habe überlegt, was ich dem Kind in der

Krippe schenken könnte, was ihm am wertvollsten ist. Und da kam mir der Gedanke, ich will ihm etwas von meinem Frieden schenken. Von meinem Frieden mit meinen Eltern, dass es sich daran freut, wie wir Menschen miteinander umgehen. Von dem Frieden zwischen den Völkern, dass man sich versteht und aufeinander zugeht. Von dem Frieden, den wir doch an Weihnachten feiern und der alle glücklich machen soll. Diesen Frieden habe ich dem Kind mitgebracht, dass es sich darüber freut.

2. Fremder: Na, das ist ja eine eigenartige Idee. Wie kann man denn Frieden ver-

schenken? Friede, gibt's den überhaupt? Guck mal, der Friede in der Fa-milie, der ist doch gerade zu Weihnachten sehr im Wanken, wenn ich so daran denke, woher du kommst. Pack den Mal ruhig wieder in dein Paket ein, den gibt's doch so gar nicht, wie du dir das vorstellst. Und mit dem Frieden unter den Völkern ist es auch nicht viel besser. Daran musst du noch lange arbeiten. Am besten, du nimmst jetzt dein Paket und gehst wieder nach Hause. Das, was du verschenken willst, das gibt es doch ü-berhaupt nicht!

2. König: (denkt nach) Hm, ja eigentlich hast du recht. So friedlich ist es bei uns

wirklich nicht, nicht in der Familie und auch nicht unter den Völkern. Viel-leicht will das Kind in der Krippe ja auch gar nicht meinen Frieden. Viel-leicht will es etwas Wertvolleres und Glänzenderes haben: Gold vielleicht oder Weihrauch oder Myrrhe.

Erzählerin: Und tatsächlich, auch der zweite König blies sein Licht aus und ging wie-

der in die Dunkelheit zurück, sein schönes Paket mit dem Geschenk wie-der mitnehmend. Und der dritte?

3. König: So, jetzt bin ich gleich da. Wie bin ich froh, denn ich habe auch das

schönste Geschenk dem Kind eingepackt. 3. Fremde: Ich würde gerne wissen, was da in deinem Paket drin ist. 3. König: Das will ich dir gerne sagen. Es ist ein Paket, in das ich alle Fröhlichkeit,

die ich hatte, hineingegeben habe, um sie dem Kind in der Krippe zu schenken. Es ist die Fröhlichkeit, die ich dem Kind verdanke, dass es für mich auf die Welt gekommen ist und mich lieb hat. Und nun will ich ihm diese Fröhlichkeit zurückgeben, Fröhlichkeit nicht nur zu Weihnachten, sondern das ganze Jahr über, in der Schule, in der Gemeinde, im Eltern-haus. Ich will ihm diese Fröhlichkeit geben, damit es Freude an mir hat.

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5 Rollenspiele ______________________________________________________________________________________

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- 40 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

3. Fremde: Na, das klingt ja wirklich eigenartig. Fröhlichkeit möchtest du verschen-ken? Aber hast du die wirklich? Denk doch mal an den ganzen Ärger, den du in der letzten Zeit hattest. Meinst du wirklich, das wird sich mit dem Weihnachtsfest ändern? Da täusche dich nur ja nicht. Denk an den Ärger unter deinen Freunden, an den Krach in der Familie. Pack deine Fröhlich-keit ruhig wieder ein, die schrumpft doch, wenn du ehrlich bist, zusammen, und so etwas kann man doch dem Kind in der Krippe nicht anbieten.

3. König: Ja, vielleicht hast du wirklich Recht. So viel Fröhlichkeit habe ich gar nicht. Erzählerin: Und in der Tat, auch der dritte König ging mit seinem Paket wieder zurück

in die Nacht, um kostbarere Dinge für das Kind zu holen, Gold oder Weih-rauch oder Myrrhe. Wie die Geschichte weiter ging? Nun, ihr kennt sie al-le. Die drei Könige kamen zurück mit ihren neuen Geschenken, warfen sich vor dem Kind nieder, huldigten ihm, öffneten ihre Schätze und über-gaben ihm seine Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhe (Mt 2, 11). Aber dann, nicht wahr, auf dem Nachhauseweg, da passierte doch noch etwas.

1. König: Komisch, das Kind in der Krippe hat mich lange angeschaut. 2. König: Mich auch. 3. König: Ja, mir erging es ähnlich. 1. König: Es hat sich wohl über unsere Geschenke gefreut, aber es hat doch auch

ein wenig traurig geblickt. 2. König: Meint ihr, dass das Kind erfahren hat, dass wir ihm eigentlich ganz andere

Dinge mitbringen wollten? 3. König: Das ist gut möglich. 1. König: Aber halt, mein Paket wiegt auf einmal so schwer. 2. König: Oh ja, meines auch. 3. König: Und erst meines. 1. König: Wie ist das nur möglich? 2. König: Wir haben doch unsere Geschenke abgeliefert. 3. König: Unser Gold, unseren Weihrauch, unsere Myrrhe. Erzählerin: Aber es ließ den Königen keine Ruhe. Sie blieben stehen und öffneten

ihre Pakete. 1. König: Ja, aber ... das Paket ist ja voller Zeit! 2. König: Und meines ... meines ist voll von Frieden.

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3. König: Und ich habe Berge von Fröhlichkeit darin. 1. König: Das alles muss uns das Kind mitgegeben haben. 2. König: Es muss gemerkt haben, dass uns die wichtigsten Dinge fehlten. 3. König: Es hat uns selber am meisten beschenkt. 1. König: Es will, dass wir, wenn wir aus seinem Stall zu Weihnachten kommen, an-

dere Menschen geworden sind. Menschen mit Zeit. 2. König: Menschen mit Frieden. 3. König: Menschen mit Fröhlichkeit. Erzählerin: Da erkannten die drei Könige, dass sie selber es waren, die am meisten

beschenkt worden sind. Und sie gingen nach Hause und gaben ab von dem, was sie erhalten hatten. (Helferinnen verteilen Kerzen bzw. Karten an die Gemeinde.) Und so kam es, das in der kommenden Weihnachtsnacht viele Menschen mit großen Paketen zum Stall aufbrachen, und in den Paketen war Zeit und Friede und Fröhlichkeit.

von Pfarrer Max Koranyi, Bonn

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5 Rollenspiele ______________________________________________________________________________________

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- 42 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Engel - gibt’s die noch?

1. Sprecherin: Was soll das Gerede mit den Engeln? Engel heute?

Im Zeitalter der Atomkraft der Gentechnik der Lebensversicherungen? Wo sind die Engel, wenn Menschen verhungern? Wo sind die Engel, wenn Menschen keine Arbeit haben? Wo sind die Engel, wenn Menschen in den Slums versinken? Wo sind die Engel, wenn Bomben detonieren, die Flugzeuge abstürzen? Wo war ein Engel, als Kinder verhungerten, vernachlässigt oder misshan-delt wurden? Engel, die gibt es nicht mehr, die sind was für Kinder und alte Leute.

2. Sprecherin: Aber natürlich begegnen uns Engel noch heute! Sie begegnen uns in un-

seren Wohnzimmern: Da sind die schönen molligen Barockengel, die sü-ßen Schokoladenengel und die hübschen Goldhaarengel an den Christbäumen. Aber nicht nur in den Wohnzimmern - nein auch in den Kaufhäusern treffen wir sie; sie schweben in den Lüften zu festlicher Weihnachtsmusik oder leuchten als Lichterengel in unseren Straßen. „Und ein Engel, der Sehnsucht heißt, steht am Fenster“, singt Peter Orloff, und ein anderer singt: „Engel haben immer kalte Füße.“

3. Sprecherin: In der Bibel haben Engel keine kalten Füße.

Dort sind Engel Boten, von Gott zu den Menschen gesandt, um ihnen et-was Wichtiges zu sagen. Zu Maria kommt ein Engel. Nach Gottes Willen soll sie einen Sohn gebä-ren, der der Messias der Welt sein wird. Den Hirten auf dem Felde verkündigt ein Engel, dass Jesus geboren ist.

Am Ostermorgen gehen drei Frauen zum Grab Jesu. Ihnen bringt ein En-gel die frohe Botschaft, dass Jesus auferstanden ist. Engel kommen auch zu Menschen und stärken sie und helfen weiter. Elija liegt in der Wüste, voller Angst vor seinen Verfolgern und möchte sterben. Und ein Engel kommt, bringt ihm Speise, stärkt seine Seele und gibt ihm einen neuen Auftrag.

4. Sprecherin: Engel sind Boten Gottes, und sie kommen auch heute noch zu uns. Oft

erkennen wir sie erst hinterher. Sie kommen heute nicht mehr in weißen Gewändern, mit großen Flügeln, wie sie Jeremia begegnet sind. Aber wie sehen sie heute aus? Ist es der gelbe Engel auf der Landstraße? Nein, der ist es nicht, der muss gerufen werden, und Engel kommen unge-rufen. Ist es die grüne Dame, die einen Kranken tröstet? Ist es der Arzt, der dem Patienten sagt, dass das Heilmittel für seine tödli-che Krankheit gefunden ist? Ist es die Nachbarin, die die Kinder bei sich aufnimmt, wenn Frau Schmidt ins Krankenhaus muss?

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5 Rollenspiele ______________________________________________________________________________________

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- 43 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Ist es die Stimme am Telefon, die dem Einsamen und Verzweifelten sagt, dass Gott ihn lieb hat? Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein, die Engel. Sie gehen leise, sie müssen nicht schrein, oft sind sie alt und hässlich und klein, die Engel. Sie haben kein Schwert, kein weißes Gewand, die Engel. Vielleicht ist da einer, er gibt dir die Hand, vielleicht wohnt er neben dir, Wand an Wand, der Engel. Dem Hungernden hat er das Brot gebracht, der Engel. Dem Kranken hat er das Bett gemacht, er hört dich, wenn du nach ihm rufst in der Nacht, der Engel. Wirst du für mich, werd ich für dich der Engel sein?

aus: Engel - gibt’s die noch? Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland

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6 Geschichten - Zum Vorlesen ______________________________________________________________________________________

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- 44 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Geschichten - Zum Vorlesen

Eine wundersame Nacht - Erzählung Christkind - Stall - Krippe - Tiere ... gewidmet den Tieren. Tiefe, dunkle Nacht, ringsum kein Laut. Drei kleine Eulen sitzen eng zusammen, frierend und einsam in starrer Kälte. Strahlende Helle lässt sie die müden Augen öffnen. Ein Stern leuchtet am Himmel, hell, wie nie ein Stern zuvor. „Ein ganz besonderer Stern!“ flüstert eine kleine Eule. „Was hat er zu bedeuten?“ Eilig fliegen sie weit, weit, ruhen erschöpft aus, fliegen weiter, durchfliegen Nacht und Kälte, fliegen dort hin, wo der Stern erstrahlt. Wolken, schwer und dunkel, verdecken den Stern. Ein eisiger Sturmwind reißt die erschöpften Eulen zur Erde. Sie versinken in tiefem Schnee. „Ich kann nicht mehr! Helft mir!“ jammert die kleinste Eule. Mühsam und mit letzter Kraft befreien sich die beiden anderen, und sie suchen Wärme und Hilfe dort, wo der Stern leuchtet. Sturm und Finsternis weichen. Der Stern strahlt heller als zuvor. Doch was sehen die zwei Eulen, als sie näher kommen? Der Stern steht über einem Stall, nur einem alten, halb verfallenen Stall. Neugierig und aufgeregt und auch ein wenig ängstlich schauen die zwei Eulen durch ein Fenster in das Innere des Stalles. Was mag hier Besonderes sein? Tiere sehen sie - und einen Mann und eine Frau - und dort in der Krippe, auf Heu und Stroh gebettet, schläft ein neugeborenes Kind.

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6 Geschichten - Zum Vorlesen ______________________________________________________________________________________

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- 45 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Die Eulen schauen und schauen. Wachen oder träumen sie? Es ist, als ob ein Licht um das Kind wäre, als ob sich dieses Licht und der Sternenglanz berührten. „Wir wollen der kleinen Eule von diesem Wunder erzählen.“ Sie finden die kleine Eule hoffnungslos und unendlich traurig im Schnee liegen. In der Kälte sind ihre Tränen zu Eiskristallen erstarrt. Als die Kleine die Geschichte hört von dem wundersamen Geschehen im Stall, will sie auch dorthin. Ein glitzerndes Eiskristall, an einem Halm festgefroren, nimmt sie als Geschenk für das Kind mit. Zusammen fliegen die drei Eulen zum Stall. Als es dort ganz still ist und alle schlafen, schlüpfen die Drei durch ein Loch im Gebälk in den Stall hinein. Wärme umfängt sie. Alle Kälte weicht aus ihnen. Von ihrem Versteck oben im Dachgebälk schauen sie mit großen Augen auf die Schlafenden hinab. Vorsichtig nähert sich die kleine Eule mit ihrem Geschenk der Krippe. Lautlos folgen ihr die anderen zwei. Die drei kleinen Eulen sitzen still, ganz still, in Wärme und Licht. Da geschieht etwas Wunderbares: An der Krippe wird aus dem Eiskristall eine kleine weiße Blume - eine Christrose. Nach dem Bilderbuch "Eine wundersame Nacht" von Else Schwenk-Anger.

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6 Geschichten - Zum Vorlesen ______________________________________________________________________________________

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- 46 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Interview mit dem Weihnachtsmann

Es hatte schon wieder geklingelt. Das neunte Mal im Verlauf der letzten Stunde! Heute hatten, so schien es, die Liebhaber von Klingelknöpfen Ausgang. Mürrisch rollte ich mich rückwärts und öffnete. Wer, glauben Sie, stand draußen? Sankt Nikolaus persönlich! In seiner bekannten historischen Ausrüstung. „O“, sagte ich. „Der eilige Nikolaus!“ „Der heili-ge, wenn ich bitten darf. Mit h!“ Es klang ein wenig pikiert. „Als Junge habe ich Sie immer den eiligen Nikolaus genannt. Ich fand's plausibler.“ „Sie waren das?“ „Erinnern Sie sich denn noch daran?“ „Natürlich! Ein kleiner hübscher Bengel waren Sie damals!“

„Klein bin ich immer noch.“ „Und nun wohnen Sie also hier.“ „Ganz recht.“ Wir lächelten resigniert und dachten an vergangene Zeiten.

„Bleiben Sie doch ein bisschen!“ bat ich. „Trinken Sie noch eine Tasse Kaffee mit mir!“ Er tat mir, offen gestanden leid. Was soll ich Ihnen sagen? Er blieb. Er ließ sich herbei. Erst putzte er sich am Türvorleger die Stiefel sauber, dann stellte er die Rute an einen Haken, und schließlich trank er mit mir in der Wohnstube Kaffee.

„Zigarre gefällig?“ „Das schlag ich nicht ab.“ Ich holte die Kiste. Er bediente sich. Ich gab ihm Feuer. Dann zog er mit Hilfe des linken den rechten Stiefel aus und atmete erleichtert auf. „Es ist wegen der Plattfußeinlagen. Sie drückt niederträchtig.“ „Sie Ärmster! Bei Ihrem Beruf!“ „Es gibt weniger Arbeit als früher. Das kommt meinen Füßen zupass. Die falschen Nikoläuse schießen wie Pilze aus dem Boden.“ „Eines Tages werden die Kinder glauben, dass es Sie, den echten, überhaupt nicht mehr gibt.“ „Auch wahr! Die Kerle schädigen meinen Beruf! Die meisten von denen, die sich einen Pelz anziehen, einen Bart umhängen und mich kopieren, haben nicht das mindeste Talent! Es sind Stümper!“ „Weil wir gerade von Ihrem Beruf sprechen“, sage ich, „hätte ich eine Frage an Sie, die mich schon seit meiner Kindheit beschäftigt. Damals traute ich mich nicht. Heute schon eher. Denn ich bin Journalist geworden.“ „Macht nichts“, meinte er und goss sich Kaffee zu. „Was wollen Sie seit Ihrer Kindheit von mir wissen?“ „Also“, begann ich zögernd, „bei Ihrem Beruf handelt es sich doch eigentlich um eine Art ambulanten Saisongewerbes, nicht? Im Dezember haben Sie eine Menge Arbeit. Es drängt sich alles auf ein paar Wochen zusammen. Man könnte von einem Stoßgeschäft reden. Und nun...“ „Hm?“ „Und nun wüsste ich brennend gern, was Sie im übrigen Jahr tun!“

Der gute alte Nikolaus sah mich einigermaßen verdutzt an. Es machte fast den Eindruck, als habe ihm noch niemand die so nahe liegende Frage gestellt. „Wenn Sie sich nicht dar-über äußern wollen...“ „Doch, doch“, brummte er. „Warum denn nicht?“ Er trank einen Schluck Kaffee und paffte einen Rauchring. „Der November ist natürlich mit der Material-beschaffung mehr als ausgefüllt. In manchen Ländern gibt's plötzlich keine Schokolade. Niemand weiß wieso. Oder die Äpfel werden von den Bauern zurückgehalten. Und dann das Theater an den Zollgrenzen. Und die vielen Transportpapiere. Wenn das so weiter-geht, muss ich nächstens den Oktober noch dazunehmen. Bis jetzt benutze ich den Okto-ber eigentlich dazu, mir in stiller Zurückgezogenheit den Bart wachsen zu lassen.“

„Sie tragen den Bart nur im Winter?“ „Selbstverständlich. Ich kann doch nicht das ganze Jahr als Weihnachtsmann herumrennen. Dachten Sie, ich behielte auch den Pelz an? Und schleppte 365 Tage den Sack und die Rute durch die Gegend? Na also.- Im Januar ma-che ich dann Bilanz. Es ist schrecklich.

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- 47 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Weihnachten wird von Jahrhundert zu Jahrhundert teurer!“ „Versteht sich.“ „Dann lese ich die Dezemberpost. Vor allem die Kinderbriefe. Es hält kolossal auf, ist aber nötig. Sonst verliert man den Kontakt mit der Kundschaft.“ „Klar.“ „Anfang Februar lasse ich mir den Bart abnehmen.“ In diesem Moment läutete es wieder an der Flurtür. „Entschuldigen Sie mich, bitte?“ Er nickte. Draußen vor der Tür stand ein Hausierer mit schreiend bunten An-sichtskarten und erzählte mir eine sehr lange und sehr traurige Geschichte, deren ersten Teil ich mir tapfer und mit zusammen-„gebissenen" Ohren anhörte. Dann gab ich ihm das Kleingeld, das ich lose bei mir trug, und wir wünschten einander auch weiterhin alles Gute. Obwohl ich mich standhaft weigerte, drängte er mir als Gegengeschenk ein halbes Dut-zend der schrecklichen Karten auf. Er sei, sagte er, schließlich kein Bettler. Ich achtete seinen schönen Stolz und gab nach. Endlich ging er.

Als ich ins Wohnzimmer zurückkam, zog Nikolaus gerade ächzend den rechten Stiefel an. „Ich muss weiter“, meinte er, „es hilft nichts. Was haben Sie denn da in der Hand?“ „Post-karten. Ein Hausierer zwang sie mir auf.“ „Geben Sie her. Ich weiß Abnehmer. Besten Dank für Ihre Gastfreundschaft. Wenn ich nicht der Weihnachtsmann wäre, könnte ich sie beneiden.“

Wir gingen in den Flur, wo er seine Utensilien aufnahm. „Schade“, sagte ich. „Sie sind mir noch einen Teil Ihres Jahresurlaubs schuldig.“ Er zuckte die Achseln. „Viel ist im Grunde nicht zu erzählen. Im Februar kümmere ich mich um den Kinderfasching. Später ziehe ich auf Frühjahrsmärkten umher. Mit Luftballons und billigem mechanischen Spielzeug. Im Sommer bin ich Bademeister und gebe Schwimmunterricht. Manchmal verkaufe ich auch Eiswaffeln in den Straßen. Ja, und dann kommt schon wieder der Herbst - und nun muss ich wirklich gehen.“

Wir schüttelten uns die Hand. Ich sah ihn vom Fenster aus nach. Er stapfte mit großen hastigen Schritten durch den Schnee. An der Ungerstraße wartete ein Mann auf ihn. Er sah wie der Hausierer aus, wie der redselige mit den blöden Ansichtskarten. Sie bogen gemeinsam um die Ecke. Oder hatte ich mich getäuscht? Eine Viertelstunde danach klin-gelte es schon wieder. Diesmal erschien der Laufbursche des Delikatessgeschäftes Zim-mermann und Söhne. Ein angenehmer Besuch! Ich wollte bezahlen, fand aber die Briefta-sche nicht gleich. „Das hat ja Zeit, Herr Doktor“, meinte der Bote väterlich. „Ich möchte wetten, dass sie auf dem Schreibtisch gelegen hat!“ sagte ich. „Nun gut, ich begleiche die Rechnung morgen. Aber warten Sie noch, ich bringe Ihnen eine gute Zigarre!“ Die Kiste mit den Zigarren fand ich auch nicht gleich. Die Brieftasche auch nicht. Das silberne Ziga-rettenetui war auch nicht zu finden. Und die Manschettenknöpfe mit den großen Mondstei-nen und die Frackperlen waren weder an ihrem Platz noch sonst wo. Jedenfalls nicht in meiner Wohnung. Ich konnte mir gar nicht erklären, wohin das alles geraten sein mochte. Es wurde trotzdem ein stiller hübscher Abend. Nur irgendetwas fehlte mir. Aber was? Eine Zigarre? Natürlich! Glücklicherweise war das goldene Feuerzeug auch nicht mehr da. Denn das muss ich, ob wohl ich ein ruhiger Mensch bin, bekennen: Feuer zu haben, aber nichts zum Rauchen im Haus, das könnte mir den ganzen Abend verderben.

von Erich Kästner

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- 48 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Das ehrenamtliche Christkind

Es ist einmalig, das Haus. Schön renoviert, stilvoll gepflegt. Man hat Geld in dieser Stadt. „Schmuck“ nennen sie die Fremden, vor allem im Sommer. Nirgends blühen die Geranien vor den Fenstern so üppig, sind die Straßen so sauber. Das Haus aber ist kein gewöhnliches. Es sollen Gespenster darin wohnen. Nur in der Weihnachtszeit wird es geöffnet. Alte wertvolle Krippenfiguren sind dort aufgebaut. Jedes Jahr kommen neue Gruppen dazu. Das ganze Haus ist voll. Großzügig ausgestellt. Die Kleider der Hirten werden während des Jahres erneuert; die Schleier der Marien werden neu bestickt, die Engelflügel gestärkt. Alles ehrenamtlich, versteht sich. Die Frauengruppe ist aktiv. Und dann im Dezember wird bewundert, man lobt. Man sagt: „Ja, jetzt ist Weih-nachten. Das Haus vermittelt uns die richtige Stimmung. Zum Glück haben wir die Frau-engruppe.“ Und der Eintritt ist frei. Ein Unkostenbeitrag, ja, das ist erwünscht. Die Heizung wird von der Stadt bezahlt. Von den Gespenstern spricht keiner. Tabu. Dies Jahr geht das Haus früher auf als andere Jahre. „Sind sie schon bereit, die Ehren-amtlichen?“ „Auch junge Frauen sind jetzt dabei“, sagt man. „Wie reizend“, pflegt die Kir-chengemeindepräsidentin beizufügen. Schon seit Wochen sieht man im Haus abends Licht. Auch unter dem Dach. Gelegentlich hat ein Lastwagen gehalten. Einige haben es beobachtet, aber gleich wieder vergessen. Das Haus wird nur vor Weihnachten wichtig. Und nun kommen die Besucher. Interessiert. Auch aus Anstand - man ist doch mit einer der Ehrenamtlichen befreundet. Auch mit den Kindern - man erspart sich dadurch das Er-zählen der Weihnachtsgeschichte. Man tut etwas fürs Gemüt. Vor allem ist man in diesem Jahr neugierig. Es scheint anders zu sein als sonst. Das kleine Mädchen fragt schon auf dem Weg nach dem Christkind, immer wieder - „Das Wachskind mit dem Strahlenkranz, ist es noch da in diesem Jahr? Warum lebt es nicht? Hat das richtige Christkind so ausgesehen? Ich möchte das richtige Christkind sehen, Mut-ter.“ „Kind, stellst du Fragen!“ Die Mutter seufzt. Sie will modern erziehen. Was hat sie falsch gemacht? „Das war doch vor 2000 Jahren“, versucht sie. Das Kind unterbricht hart-näckig: „Aber auch heute, in diesem Haus. Es kommt jedes Jahr an Weihnachten. Das hast du selbst gesagt.“ Und das Mädchen beginnt zu singen, laut und falsch: „Alle Jahre wieder kommt das Christuskind auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind.“ Die Mutter schämt sich. Sie versucht abzulenken; die Leute drehen sich um auf der Stra-ße. Sie lachen und freuen sich. Im Weihnachtshaus herrscht nicht andächtige Stille wie in anderen Jahren. Die Engelsflü-gel sind nicht gestärkt; die dunklen Hirtenmäntel wirken beinahe echt, etwas abgeschabt und staubig. Das kleine Mädchen hat sich von seiner Mutter gelöst. Es weiß: Mein Christ-kind mit dem Strahlenkranz lag im obersten Stockwerk, ja oben und ganz hinten. Ich wer-de es finden. Die Mutter aber entdeckt erst später die Tafel „Die Ausstellung ist in diesem Jahr auf das Erdgeschoß beschränkt.“ Sie hört zu, was geredet wird. „Ich würde dies als Hausbesetzung bezeichnen.“ „Aber die Stadt hat ihr Einverständnis gegeben.“ „Gut, diese Idee der jungen Frauen.“ „Unerhört, auch die Ehrenamtlichen beginnen zu politisieren.“ „Ich finde es wirklich gut; sind Flüchtlinge nicht wichtiger als Krippenfiguren, als Christkin-der aus Wachs?“ Christkinder aus Wachs? Die Mutter erschrickt. Sie schaut sich nach ihrem kleinen Mädchen um.

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Sie sucht in allen Räumen und sieht auch den Info-Stand mit den jungen Frauen. Dahinter hängen Plakate. „Für eine andere Flüchtlingspolitik.“ Auf ein großes weißes Blatt sind Fo-tos geklebt. „Unsere beiden Tamilenfamilien ziehen ins Weihnachtshaus ein“ steht darüber - eine Krippe mit Stroh und einem sehr primitiven Kind ist dazugemalt. „Dürfen wir Ihnen unser Informationsmaterial zeigen? Haben Sie Fragen?“ „Nein, danke!“ sagt die Mutter schnell. Sie drängt hinaus aus dem vollen Raum. „Haben Sie ein kleines Kind gesehen?“ fragte sie nach rechts und nach links. „Nein, nur Christkinder, dafür viele“, sagt ein junger Mann lachend. Er meint es nicht böse, aber die Frau könnte ihn ohrfeigen. Die Gespräche der Leute, die sie vorher mit spitzen Ohren verfolgte, interessieren sie nicht mehr. Doch der unangenehm schrille Ausspruch einer Dame scheint ihrer Verfassung zu entsprechen: „Die Stimmung, die andere Jahre hier war, ist kaputt, einfach kaputt!" Draußen aber, im Flur des alten Hauses, hört sie die Stimme ihrer kleinen Tochter laut und deutlich rufen: „Mama, es lebt, es lebt wirklich. Jetzt weiß ich, wie es aussieht.“ Das Kind kommt die gefährlich steile Treppe nach unten, schlüpft unter der Kordel, an der das Schild „privat“ hängt, durch und steckt seine kleine Hand, als ob nichts gewesen wäre, in die größere der Mutter. Auf dem Heimweg hüpft das Kind auf und ab vor Unruhe und Begeisterung. „Es kann schon ein bisschen sitzen, Mama. Es hat schon viele schwarze Härchen, und es heißt Sa-roja.“ „Wovon redest du eigentlich?“ fragt die Mutter. Sie ist froh, dass sie ihr Kind wieder hat - aber sie ist enttäuscht von der Ausstellung. Sie wird ein Bilderbuch kaufen müssen, eins mit der Weihnachtsgeschichte. Das kleine Mädchen aber jubelt. „Ja, das Christkind habe ich gesehen. Ganz oben, da, wo es letztes Jahr auch war. Der goldene Strahlen-kranz ist weg. Es lebt!“ Die Mutter beißt sich auf die Oberlippe. Was hat sie falsch ge-macht? Sie will das Kind nicht enttäuschen. Sie weiß keine Antwort. Doch plötzlich lacht auch Sie: „Immerhin - offenbar haben diese Tamilen keine Angst vor Gespenstern.“ Das Mädchen beginnt zu singen, als ob es seine Mutter nicht gehört hätte.

„Alle Jahre wieder kommt das Christuskind auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind."

Erst beim Einsteigen in die Straßenbahn sagt es plötzlich: „Ja, die Gespenster - irgend-wann möchte ich die auch sehen. Aber das Christkind ist wichtiger, nicht wahr? Zu Hause will ich dir ein Bild von ihm malen.“ Und während das kleine Mädchen an sein Christkind-Bild denkt, überlegt sich die Mutter, ob sie mit diesen Ehrenamtlichen einverstanden sein solle oder nicht. Vielleicht wird sie in Zukunft auch mitmachen, jetzt, wo man nicht mehr nähen muss!

von der Berliner Kinderbuchautorin

Regine Schindler lebt als freie Schriftstellerin am Zürichsee / Schweiz

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Epistel über die Weihnachtsgans

Eine nicht ganz ernsthafte Weihnachtsgeschichte aus dem Jahr 1644 von Junghans

Weil nun das liebe Weihnachtsfest bevorsteht, wo die Gänse es gar übel haben, wollen wir unsere Weihnachtsgans betrachten: 1. im Leben, 2. im Tode.

Wir werden sehen, was wir an ihr christlich lernen können, was Gott uns an derselben zu studieren gegeben hat. Was also das Leben der Gans anlangt, so haben wir zu lernen:

Erstens ihre Tugenden. Unter diesen steht die Geselligkeit an erster Stelle. Gänse halten nicht allein zusammen und lieben also die Gesellschaft, sondern sie halten sich auch gern zu den Menschen. Das soll uns zu Gemüte führen, dass wir uns auch zu unseresgleichen und zu Besseren, denn wir selbst sind, halten sollen. Die Gänse gesellen sich aber nicht zu Adler, Geier, Habicht und dergleichen Raubvögel; also sollen wir uns zu frommen Herzen gesellen, nicht aber zu gottloser Gesellschaft uns halten. Denn es heißt: Bei den Frommen bist du fromm, bei den Reinen bist du rein, aber bei den Verkehrten bist du verkehrt.

An zweiter Stelle steht unter den Tugenden der Gans: die Reinlichkeit. Eine Gans ist gern an reinen Orten und badet sich oft im Wasser. Darum befleißigt euch der Reinlichkeit und trachtet danach, dass ihr sowohl am Leibe, als auch am Gemüt rein seid. Vor allem wisset aber ihr Frauen und Mädchen, dass euer vornehmster Schmuck und euer zierlichstes Kleid Scham und Zucht ist, aber nicht Gold und Perlen oder köstliches Gewand oder sil-berne und goldene Zöpfe, die heutigen Tages bei den Modedamen so beliebt sind.

An dritter Stelle steht unter den Tugenden der Gans nun die Wachsamkeit. Weil die Gänse so sehr hitzig sind, so schlafen sie wenig und wachen schnell beim kleinsten Geräusche auf. Solches soll uns eine feine Aufmunterung sein zur Wachsamkeit, einem jeden in sei-nem Amte, Stande und Beruf. Im geistlichen Stande soll keiner des große Gottes Worte vergessen: „Du Menschenkind, ich habe dich zum Wächter gesetzt", da soll keiner ein stummer Hund sein, sondern getrost rufen und seine Kirchenkinder aus dem Sünden-schlaf aufrütteln. Im weltlichen Regierungsstand aber soll jeder für seine Untertanen wa-chen und sie vor aller Gefahr behüten.

An vierter Stelle steht unter den Tugenden der Gans: die Schamhaftigkeit. Manchem, der sich ein Christ nennt, sollte es die Schamröte ins Gesicht jagen, dass er in dieser Tugend von einem Vogel übertroffen wird; denn was für unverschämte Worte, ja Taten, werden oft im Beisein kleiner Kinder, vor züchtigen Ohren und Augen geredet und vorgenommen? Will doch Scheu und Scham fast verlöschen.

An fünfter Stelle endlich steht unter den Tugenden der Gans: eine natürliche Verschlagen-heit, welche sonderlich an den wilden Gänsen wahrzunehmen ist, und die sich in vorsich-tigem Stillschweigen bei Gefahr offenbart. Wollte Gott, mancher Mensch wäre so. klug, dass er sich ein Schloss an seinen Mund legte und ein festes Siegel auf seinen Mund drückte. Die natürliche Verschlagenheit der Gans aber zeigt sich auch in kluger Mäßigung und Enthaltung von Speisen, die der Gänsenatur zuwider sind. Die hitzigen Lorbeerblätter rühren die Gänse zum Beispiel nicht an, und sollten sie Hungers sterben.

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Sie sind also auch in dieser Hinsicht klüger als manche Menschen, die maßlos viel Essen und Trinken in sich hineinschütten.

Nachdem wir also die Tugenden der Gans kennen gelernt haben, wollen wir uns sodann ihre Laster vergegenwärtigen.

Dazu gehört zunächst die Schwatzhaftigkeit; denn des Schnatterns und Datterns ist ziem-lich viel bei den Gänsen. Wir sagen daher wohl auch von einem Schwatzmaul: Du schnat-ternde Gans. Solch Laster aber steht dem Menschen übel; denn nur Narren haben allen Vorrat im Munde.

Als zweites Laster der Gans sei das viele Trinken genannt. So närrisch sind die Gänse, dass sie, wenn sie andere trinken sehen, sofort mittrinken, wenngleich sie auch gar keinen Durst haben. Dies Laster haben nun in heutiger Zeit viele von den Gänsen gelernt, also dass sie einander zu Gefallen saufen, auch wenn sie nicht dürstet... Die Trunkenheit aber macht einen Narren noch toller, so dass er trotzt und ochst, bis er wohl gebläut, geschla-gen und verwundet wird. Als drittes Gänselaster haben wir uns die Gefräßigkeit zu verge-genwärtigen, denn wegen des vielen Fressens werden die Leiber der Gänse derart be-schwert, dass sie sich nicht mehr wie andere Vögel von der Erde erheben können. Also sind auch die Fresser, Völler und Dummen, sie füllen sich derart mit irdischen Dingen an, dass sie ihr Gemüt niemals zum Himmel schwingen können. Seht, so haben wir an einer Gans, solange sie lebt, zu lernen, doch nun lasset uns sie auch noch nach ihrem Tode betrachten. Wie wir wissen, geben die Gänse von Martini ab einen guten Braten. Verständige Köchin-nen wissen ihm einen lieblichen Geschmack zu geben und füllen ihn mit guten Äpfeln und Beifuss. Ferner liefert uns die tote Gans die Federn für unsere Betten. Was aber gibt es besseres als ein gutes weiches Federbett, wenn man abends müde gearbeitet und abgeeselt ist? - Sanfte Ruh gönnt uns Gott, und darum hat er uns auch die Nacht zum Schlafen gemacht. Sodann gewinnt man von der toten Gans gar mancherlei Arzneien. Die mitternächtigen Völker mischen, wie Claus Magnus in lib. 39, cap. 6 schreibt, Gänsefett mit Butter und be-nutzen dies Gemisch zum Blutstillen oder zur Heilung von Geschwüren und Ausschlag. Auch gegen das Schwären der Ohren wenden sie es an. Tun sie noch Honig zu ihrem Gemisch, so sollen sie damit den Biss eines wütigen Hundes heilen. Die Schreibfedern, die so manchen zu hohen Ehren gebracht haben, verdanken wir ebenfalls der toten Gans. Marcus Tullius, Cicero und Terentius Varro waren nur von unbedeutendem Geschlecht, und doch sind sie durch ihre Schreibfedern Bürgermeister von Rom geworden. Martini Lutheri Schreibfeder reicht von Wittenberg bis Rom, und auch sie war von einer Gans genommen. Eine Gänsefeder kann viel zustande bringen; darum heißt es auch im Rätselreim von ihr: „Weil ich leb', so schweige ich; bin ich tot, so kann ich nicht. Wenn man meinen Kopf schneid' ab, zugespitzt den Hals mir hat, da fang ich zu schreien an, dass alle Welt mich hören kann. Ohne mich kann kein König regieren, zu hoher Ehr tu manch' Armen ich führen“.

Weil ihr nunmehr die Gans gründlich im Leben und im Tode habt kennen gelernt, so be-fleißigt euch, daraus den nötigen Nutzen zu ziehen. Dann wird die duftende, braungebra-tene Weihnachtsgans euch noch einmal so gut munden und bekommen. aus: Otto Schlißke: Apfel, Nuß und Mandelkern

- Was unsere Advents- und Weihnachtsbräuche eigentlich bedeuten, Schriftenmissions-Verlag, Neukirchen-Vluyn, 1988

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Vom Engel, der nicht mitsingen wollte

Dauer: 10 Minuten Inhalt: Ein kleiner Engel weigert sich, zur Geburt Jesu mit dem Chor weiter-

zusingen, weil er überall Unfriede gesehen hat. Er geht auf die Erde und versucht seitdem Menschen zu motivieren, sich für Friede und Gerechtigkeit einzusetzen.

Als die Menge der himmlischen Heerscharen über den Feldern von Bethlehem jubelte: „Ehre sei Gott in den Höhen und Friede auf Erden unter den Menschen“ hörte ein kleiner Engel plötzlich zu singen auf. Obwohl er im unendlichen Chor nur eine kleine Stimme war, machte sich sein Schweigen doch bemerkbar. Engel singen in geschlossenen Reihen, da fällt jede Lücke sogleich auf. Die Sänger neben ihm stutzten und setzten ebenfalls aus. Das Schweigen pflanzte sich rasch fort und hätte beinahe den ganzen Chor ins Wanken gebracht, wenn nicht einige unbeirrbare Großengel mit kräftigem Anschwellen der Stim-men den Zusammenbruch des Gesanges verhindert hätten. Einer von ihnen ging dem ge-fährlichen Schweigen nach. Mit bewährtem Kopfnicken ordnete er das weitere Singen in der Umgebung und wandte sich dem kleinen Engel zu. „Warum willst du nicht singen?“ fragte er streng. Der antwortete: „Ich wollte ja singen. Ich habe meinen Part gesungen bis zum 'Ehre sei Gott in den Höhen'. Aber als dann das mit dem 'Frieden auf Erden unter den Menschen' kam, konnte ich nicht mehr weiter mitsingen. Auf einmal sah ich die vielen römischen Soldaten in diesem Land und in allen Ländern. Immer und überall verbreiten sie Krieg und Schrecken, bringen Junge und Alte um und nennen das römischen Frieden. Und auch wo nicht Soldaten sind, herrschen Streit und Gewalt, fliegen Fäuste und böse Worte zwischen den Menschen und regiert die Bitterkeit gegen Andersdenkende. Sogar dieses Paar mit dem neugeborenen Kind musste wegen der Militärsteuer nach Bethlehem ziehen, und wer weiß, was die Menschen mit diesem Kind machen werden!“ „Weißt denn du es?“, unterbrach ihn der Großengel. „Nein, ich weiß es nicht und kann es nicht voraussehen“, erwiderte der Kleine. „Aber das, was ich sehe, genügt mir. Es ist nicht wahr, dass auf Erden Friede unter den Menschen ist, und ich singe nicht gegen meine Überzeugung!“ Und er zeigte ein trotziges Gesicht. Einige seiner jüngeren Nachbarn riefen laut Beifall. „Schweigt! - vielmehr: singt!“ rief der große Engel ihnen zu und nahm den jungen Rebellen zur Seite. Dort sprach er ihm zu: „Willst du also wissen, was Friede ist? Du lässest es zu, dass ein friedloser Gedanke durch dein Gemüt zieht, und steckst andere mit deiner Unruhe an? Du brichst die Harmonie unseres Gotteslobes und störst die Einheit der himmlischen Welt, weil dir der Unfriede der menschlichen Welt zu schaffen macht? Du verstehst nicht, was in dieser Nacht in Bethlehem geschehen ist, und willst die Not der ganzen Welt verstehen?“ Der kleine Engel verteidigte sich: „Ich behaupte nicht, alles zu verstehen. Aber ich merke doch den Unterschied zwischen dem, was wir singen, und dem, was auf Erden ist. Der Unterschied ist für mein Empfinden zu groß, und ich halte diese Spannung nicht länger aus.“

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Der große Engel schaute ihn lange und schweigend an. Er sah wie abwesend aus. Es war, als ob er auf eine höhere Weisung lauschen würde. Dann nickte er und begann zu reden: „Gut. Du leidest am Zwiespalt zwischen Himmel und Erde, zwischen der Höhe und der Tiefe. So wisse denn, dass in dieser Nacht eben dieser Zwiespalt überbrückt wurde. Die-ses Kind, das geboren wurde und um dessen Zukunft du dir Sorgen machst, soll unseren Frieden in die Welt bringen. Gott gibt in dieser Nacht seinen Frieden allen und will auch den Streit der Menschen gegen ihn beenden. Deshalb singen wir, auch wenn die Men-schen dieses Geheimnis mit all seinen Auswirkungen noch nicht hören und verstehen. Wir übertönen mit unserem Gesang nicht den Zwiespalt, wie du meinst. Wir singen das neue Lied.“ Der kleine Engel rief: „Wenn es so ist, singe ich gern weiter.“ Der große Engel schüttelte den Kopf und sprach: „Du wirst einen anderen Dienst über-nehmen. Du wirst nicht mit uns in die Höhe zurückkehren. Du wirst von heute an den Frie-den Gottes und dieses Kindes zu den Menschen tragen. Tag und Nacht wirst du unter-wegs sein. Du sollst an ihre Häuser pochen und ihnen die Sehnsucht nach ihm in die Her-zen legen. Du musst bei ihren trotzigen und langwierigen Verhandlungen dabei sein und mitten im Gewirr der Meinungen und Drohungen deinen Gedanken fallen lassen. Du musst ihre heuchlerischen Worte aufdecken und die anderen gegen die falschen Töne misstrauisch machen, damit die wahre Meinung zum Vorschein kommt und sie erschre-cken. Sie werden dir die Türe weisen, aber du wirst auf der Schwelle sitzen bleiben und hartnäckig warten. Du musst die Unschuldigen unter deine Flügel nehmen und ihr Ge-schrei an uns weiterleiten. Du wirst nichts zu singen haben, du wirst viel weinen und kla-gen müssen.“ Der kleine Engel war unter diesen Worten zuerst noch kleiner, dann aber größer und grö-ßer geworden, ohne dass er es selber merkte. Er wollte sich gegen diese schwere Aufga-be auflehnen, aber der andere Engel sagte: „Du hast es so gewollt. Die liebst die Wahrheit mehr als das Gotteslob. Dieses Merkmal deines Wesens wird nun zu deinem Auftrag. Und nun geh. Unser Gesang wird dich begleiten, damit du nie vergisst, dass der Friede in die-ser Nacht zur Welt gekommen ist.“ Während er noch redete, brach er von einer Palme einen Zweig und hauchte darauf „Nimm diesen Zweig mit dir. Er bewahrt den Geruch des Himmels und wird dich in den menschlichen Dünsten stärken.“ Dann ging er an seinen Platz im himmlischen Chor zu-rück und sang weiter. Der Engel des Friedens aber setzte seinen Fuß auf die Felder von Bethlehem. Er wander-te mit den Hirten zu dem Kind in der Krippe und öffnete ihnen die Herzen, dass sie ver-standen, was sie sahen. Dann ging er in die weite Welt und begann zu wirken. Angefoch-ten und immer neu verwundet tut er seither seinen Dienst und sorgt dafür, dass die Sehn-sucht nach dem Frieden nie mehr verschwindet, sondern wächst, Menschen beunruhigt und dazu antreibt, Frieden zu suchen und zu schaffen. Wer sich ihm öffnet und ihm hilft, hört plötzlich wie von ferne einen Gesang, der ihn ermutigt, das Werk des Friedens unter den Menschen weiterzuführen.

Werner Reiser aus: Der Geburtstag. Von Adam bis Eva

Friedrich Reinhardt Verlag, Basel 1978 Verlags AG, Missionsstraße 36, Ch 4012 Basel

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Die Landstraßengeschichte

Zeit: ca. 12 Minuten Dass sie Weihnachten im Auto verbringen mussten, hatte ihnen Papa eingebrockt. Er wird manchmal sehr wütend und macht dann unmögliche Sachen. Später tut es ihm leid, denn eigentlich ist er gut und friedlich. Dieses Mal war er wütend über Oma, das ist die Mutter von Mama. Papa und Mama sind zu ihr in das Haus gezogen, damit sie nicht allein wohnt. Es war damals nach dem Tod von Opa und ist nun schon lange her. Inzwischen sagen Papa und Mama: „Die Oma wohnt bei uns.“ Aber Oma sagt immer noch: „Ihr wohnt bei mir!“ Papa kann es nicht leiden, wenn sie das sagt. Mama lacht darüber und meint: „Lass sie reden und ärgere dich nicht.“ Warum musste Oma ausgerechnet am Weihnachtsvormittag wieder damit anfangen? Pa-pa stand im Wohnzimmer auf der Leiter und schmückte den Baum. Er steckte gerade die Silberspitze auf, als Oma hereinkam und fragte: „Warum steht der Baum hinter der Tür?“ „Wo sollte er sonst stehen?" entgegnete Papa. „Bei mir pflegte er links vom Fenster zu stehen“, sagte Oma. „Und jetzt steht er hinter der Tür“, gab Papa von der Leiter herab zurück. „Solange ihr bei mir wohnt, solltet ihr auf mich hören“, erwiderte Oma. Und dann gerieten sie in Streit. Sie sagten dies und das, und als Mama aus der Küche kam, um sich einzumi-schen, redeten alle durcheinander. Papa war sehr wütend. Er riss den Schmuck wieder vom Baum und warf ihn in die Kartons zurück. „Was tust du?“ rief Mama. „Pack die Geschenke, Süßigkeiten, Betten und Zahnbürsten ein. Wir feiern Weihnachten woanders. Irgendwo werden wir willkommen sein und unseren Baum da aufstellen dürfen, wo wir es wollen.“ Er nahm den Baum, rannte damit nach draußen und schnallte ihn auf das Autodach. Auf dem Hof spielt Nickel mit seinem Freund. „Was machst du?“ fragte er Papa. „Wir verreisen. Und weil wir unterwegs Weihnachten feiern werden, brauchen wir unseren Baum!“ rief Papa und war schon wieder im Haus. „Toll“, sagte Nickels Freund. Und Nickel war sehr stolz auf Papa, der manchmal so un-mögliche Sachen machte. Oma lief hinter Papa her und jammerte: „So war es doch nicht gemeint!“ Aber er schob sie bloß beiseite. Mama rief: „Ist das wirklich dein Ernst?“ Aber Papa hatte schon die Betten in eine Wollde-cke geschnürt und verstaute sie im Kofferraum. Da kramte Mama alle Geschenke zusam-men und packte etwas Wäsche und Kleidung ein. Sie holte aus der Küche die Kuchen, und Oma brachte eine Thermosflasche mit heißem Tee. Dann zog Mama den Maxel warm an und setzte ihn auf sein Stühlchen hinter sich ins Au-to. Nickel gab Oma einen Kuss, winkte - und schon ging die Fahrt los. Papa war immer noch wütend und fuhr sehr schnell. Er drehte das Lenkrad, dass ihre Köpfe hin und her flogen. Er bremste, dass alle nach vorn kippten. Er hupte, wenn ihm andere Autos keinen Platz machten. Das gefiel Nickel, und der Maxel kreischte vor Vergnügen.

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Aber Mama sagte: „Wohin fahren wir eigentlich?“ Papa antwortete: „Zu meiner Tante Luise. Du wirst sehen, dass es uns dort besser geht als bei deiner Mutter.“ Es war Mama peinlich, einfach so zu Tante Luise zu fahren. Immerhin waren sie vier Per-sonen, es war Weihnachten, und Tante Luise hatte keine Ahnung, dass sie kamen. Je-doch mit Papa war nicht zu reden. Nach einer Stunde erreichten sie die Stadt, in der Tante Luise wohnte. Sie fuhren vor das Haus, und Papa stieg aus, um zu klingeln. Er klingelte noch mal und noch mal, aber es machte niemand auf. Im Nebenhaus rief eine Frau aus dem Fenster: „Da ist niemand zu Hause“, und sie erzähl-te Papa, dass Tante Luise verreist sei, weil sie Weihnachten nicht allein sein wollte. Ja, wenn sie gewusst hätte, dass Besuch kommt, wäre sie sicher geblieben und hätte sich gefreut. „Schon gut“, sagte Papa, „besten Dank und frohes Fest.“ Er startete wieder. „Wohin fahren wir jetzt?“ fragte Mama. Papa entsann sich, dass er in dieser Stadt einen alten Schulfreund hatte. Papa meinte, der würde sich bestimmt freuen, wenn sie so unvermutet auftauchten, denn er sei früher ein lustiges Haus gewesen. Mama war nicht so sicher, aber sie sagte nichts. Nickel rief: „Fein, wir fahren in ein lustiges Haus!“ Und der Maxel kreischte vor Wonne. Papas Freund war zwar zu Hause, doch besonders lustig war er nicht. Er erinnerte sich nicht einmal an Papa und musste eine Weile grübeln. Erst als er Nickel sah, wusste er es, denn Nickel sah genauso aus wie Papa früher. Er bat sie in seine Wohnung, und weil es Mittag geworden war, brachte seine Frau für je-den einen Teller Kartoffelsuppe. Mama durfte im Nebenzimmer den Maxel trockenlegen, und Nickel durfte mal auf Klo. Dann sagte Papas Freund: „Sicher habt ihr noch eine weite Fahrt vor euch. Wir wollen euch nicht aufhalten. Heute hat jeder noch viel zu tun. Es war nett, dass ihr uns mal kurz besucht habt.“ Papa traute sich nicht, etwas zu sagen. So kletterten alle wieder in das Auto und fuhren weiter. Der Freund und seine Frau standen vor ihrem Haus und winkten. Nicht weit von hier hatte Papa einen Vetter. Der hatte eine Frau und drei Kinder und einen Bauernhof mit viel Platz. Dort waren sie früher oft gewesen, aber weil der Vetter so ähnlich wie Papa war und leicht wütend wurde, waren sie es einmal zur gleichen Zeit und hatten sich verkracht. „Wir sollten zu deinem Vetter fahren“, sagte Mama jetzt. Das war für Papa sehr unangenehm, aber er sah ein, dass Mama einen guten Vorschlag gemacht hatte. Vor dem Bauernhof blieb er im Auto sitzen und schickte Mama ins Haus. Nickel wollte gleich mit, aber Papa hielt ihn fest. Als Mama wiederkam, setzte sie sich und sagte zu Papa: „Fahr nur gleich weiter.“ „Ist er mir noch böse?“ fragte Papa. „Das nicht“, erwiderte Mama, „aber er und die drei Kinder liegen im Bett und haben Zie-genpeter. Den haben Nickel und Maxel noch nicht gehabt.“ Papa war sehr schweigsam. Mama ließ ihn von jetzt an bei jedem Gasthaus halten und nach Zimmern fragen. Doch sie hatten kein Glück. Entweder war geschlossen, oder alle Zimmer waren belegt. Nickel und Maxel hatten Hunger und Mama gab ihnen Lebkuchen. Einmal hielt Papa an und alle vertraten sich die Füße. Als sie wieder fuhren, fragte Nickel, wann endlich Bescherung sei. Er wollte nun gern sei-ne Geschenke haben.

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„Wenn wir da sind“, sagte Mama. „Wann sind wir da?“ fragte Nickel. Mama sagte zu Papa: „Bitte, lass uns umkehren.“ Und wirklich, Papa drehte um. Sie fuhren nun fast allein auf der Straße. Es war dunkel. Der Maxel schlief. Mama und Ni-ckel sangen Weihnachtslieder. Dann schlief Nickel auch. Später hielten sie noch einmal an, und Mama schenkte Papa den heißen Tee ein. „Gut, dass du daran gedacht hast“, sagte er. „Daran hat Oma gedacht“, sagte Mama. Als sie zu Haus ankamen, brannte nirgends mehr Licht. Mama trug den Maxel ins Bett, und Papa schleppte Nickel. Die merkten nichts. Als am anderen Morgen noch alle schliefen, holte Papa den Baum vom Autodach, stellte ihn ins Wohnzimmer hinter die Tür und fing an, ihn zu schmücken. Als er halb fertig war, nahm er ihn und stellte ihn links vom Fenster auf. Mama kam und brachte die Geschenke. Sie trug Maxel ins Zimmer, und Nickel sprang hinter ihr her. Papa zündete die Kerzen an. „Jetzt feiern wir endlich Weihnachten!“ rief Nickel. Aber Papa sagte: „Wartet einen Augenblick.“ Er holte Oma, die noch nicht zum Vorschein gekommen war. Er drückte sie an sich, gab ihr einen Kuss und rief „Frohe Weihnachten!“. Papa ist meist der friedlichste und beste Mensch. „Was bin ich froh, dass ihr wieder da seid!“ sagte Oma. „Ich wohne so gern bei euch. Aber“, setzte sie hinzu, „ist es nicht wirklich besser, wenn der Baum links vom Fenster steht statt hinter der Tür?“ „Oma!" rief Mama. Aber Papa lachte. aus: Margret Rettich Wirklich wahre Weihnachtsgeschichten copyright by Annette Betz Verlag, Wien - München

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- 57 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Die Kirchengeschichte

Zeit: ca. 10 Minuten Zu Weihnachten ist unsere Kirche hier im Dorf immer knüppeldickevoll. Da gehen auch die hinein, die sich sonst das ganze Jahr hindurch nicht sehen lassen. Manche schicken be-reits eine Stunde vorher ihre Kinder, die müssen gute Plätze freihalten. Früher saßen die Männer auf der Empore und die Frauen unten im Kirchenschiff. Jetzt darf man sich hinset-zen, wo man will. Man muss nur aufpassen, dass man nicht hinter die Säulen zu sitzen kommt, denn dort sieht man nicht gut. Alles ist feierlich und eindrucksvoll. Neben dem Altar steht ein hoher Tannenbaum mit vie-len elektrischen Kerzen. Oben an der Balustrade stellt sich der Posaunenchor auf und bläst zur Einleitung. Es klingt etwas falsch, sie sagen, das kommt von der Kälte, aber im Sommer ist es nicht anders. Dann singt der Männergesangverein, und die Orgel spielt fast die ganze Zeit. Unser neuer Pastor will alles noch eindrucksvoller und feierlicher haben. Darum sagt er nach der Predigt: „Und nun hört alle gut zu, liebe Gemeinde, Männer, Frau-en und Kinder, wir singen jetzt gemeinsam das Lied ‚Vom Himmel hoch’. Eine Strophe davon wird uns die Orgel spielen, die nächste singen wir, na, und so weiter. Habt ihr mich verstanden?“ Ja, wir meinen schon. Die Orgel ist bereits bei der ersten verschlungenen Einleitung, aus der heraus wir die Melodie erkennen. Wir wissen nicht genau, ob das schon als erste Strophe gilt oder ob es noch das Vorspiel ist. Und überhaupt, sollen wir den Text der ersten oder den der zweiten Strophe singen? Warten wir erst mal ab, was der Pastor macht. Die Orgel schweigt, und wir schweigen auch. Der Pastor singt allein. Er hat eine schöne, laute Stimme. Als er merkt, dass wir zögern, hebt er mit den Händen ei-nen unsichtbaren Täufling - so sieht das jedenfalls aus. Wir singen immer ein wenig hinter ihm her, so brauchen wir nicht ins Gesangbuch zu schauen, sondern nur auf seinen Text zu hören. Aha, er singt mit uns die erste Strophe. Danach setzt wieder die Orgel ein. Lei-der singen ein paar, die vorher nicht aufgepasst haben, jetzt weiter und hören erst auf, nachdem der Pastor mit den Händen gewedelt hat. Doch die Überraschung, die alles noch eindrucksvoller und feierlicher macht, soll erst noch kommen. Kurz vor dem Gottesdienst hat der neue Pastor zu Fritz Wille gesagt: „Du gehst in die Sakristei an den Schalterkas-ten. Wenn du hörst, dass wir die erste Strophe 'Vom Himmel hoch' singen, machst du das Licht über dem Eingang aus, bei der zweiten Strophe das Licht im rechten Seitenschiff, bei der dritten das im linken. Dann kommen die beiden Seiten der Empore an die Reihe und schließlich nacheinander die drei großen Leuchter im Mittelschiff. Die letzte Strophe sin-gen wir nur im Schein der Kerzen am Christbaum. Ist das klar?“ Der Pastor hat sich alles gut ausgedacht, und wenn es geklappt hätte, wären wir sicher sehr beeindruckt gewesen. Leider war Fritz Wille vordem noch nie in der Sakristei. Nachdem der Pastor weg ist, sieht er sich erst einmal um. Den Schalterkasten findet er schnell, aber da sind so viele Hebel und Knöpfe, dass er nicht weiß, welcher davon für welches Licht ist. Er kann auch nicht von der Sakristei aus in die Kirche sehen oder vorher alles probieren, nur hören kann er. Er hört den Posaunenchor, den Männergesangverein, die Predigt und die Orgel. Dann hört er, wie wir zu singen anfangen. Er überlegt, dass der Knopf für das Licht über dem Ein-gang irgendwo in der Mitte sitzen müsste, und drückt auf den unteren mittleren Schalter. Das war die Lampe in der Sakristei, und Fritz sitzt erst einmal im Dunkeln. Nachdem er sich etwas beruhigt hat und es ihm geglückt ist, das Licht wieder einzuschalten, hört er, dass wir schon bei der zweiten Strophe angelangt sind. Schnell drückt er einen etwas hö-her gelegenen Schalter - da geht das Licht auf der rechten Seite der Empore aus.

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6 Geschichten - Zum Vorlesen ______________________________________________________________________________________

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August Lütge brüllt laut: „Liiiicht an“, dann schlägt er sich erschrocken auf den Mund; er hat vergessen, dass er in der Kirche und nicht auf der Kegelbahn ist. Doch Fritz Wille hat den Ruf gehört, und das Licht der Empore geht wieder an. Unsere Strophe ist fertig ge-sungen, nun setzt die Orgel ein. Wir haben uns noch nichts dabei gedacht, als das Licht auf der Empore einmal kurz aus und schnell wieder an war. Wie jetzt aber plötzlich die drei großen Leuchter im Mittelschiff ausgehen, starren wir alle nach oben, der Pastor auch. Mit erhobenem Gesicht singen wir die dritte Strophe. Wir sind noch dabei, als die Leuchter wieder angehen, dafür sind die Lampen in beiden Seiten-schiffen aus. Im linken Seitenschiff sitzt ganz am Ende einer Reihe unser Elektrikermeis-ter, Johann Bosse. Mit Besorgnis hat er die wechselnde Beleuchtung beobachtet, denn niemand weiß so gut wie er, dass einige Reparaturen in der nächsten Zeit unumgänglich sind. Bei dem feierlichen Orgelspiel, das nach unserem Gesang wieder an der Reihe ist, steht er auf und drängt sich durch die Reihe. Dadurch entsteht einige Unruhe, jedoch nicht mehr als auf der Empore, die jetzt im Dunkeln liegt. Allerdings sind die Seitenschiffe wie-der erleuchtet. Wir singen und sehen Johann Bosse nach, wie er durch den Mittelgang eilt. Er wird den Fehler schon finden, denken wir. Eine Sekunde lang ist das Licht ganz weg und nur vorn der Christbaum erstrahlt, danach leuchten alle Lampen wieder auf, die irgend leuchten können. Der Pastor ist die Treppe von der Kanzel hinuntergeklettert und eilt hin-ter dem Elektrikermeister her. Sie verschwinden hinter der Tür zur Sakristei. Der Pastor fehlt uns sehr. Wenn er nicht vorneweg singt, müssen wir die Gesangbücher aufschlagen. Wir geraten mit dem Text durcheinander, einige singen die vierte, andere schon die fünfte und sechste Strophe. Doch wir schaffen auch das, und die Orgel kann uns wieder ablösen. Kurz hintereinander flackern jetzt die Kerzen am Christbaum dreimal aus und an, danach verlöschen sie. Gleich darauf liegt die ganze Kirche im Dunkeln. Die Orgel verklingt mit einem immer tiefer werdenden Pfeifton, wir sind stolz, dass sie seit dem letzten Sommer elektrische Blasebälge hat. In der Sakristei hat Fritz Wille, unterstützt vom Elektrikermeister und vom Pastor, einen Kurzschluss gemacht. Zum Glück kennt Johann Bosse die Schalttafel auch im Dunkeln ganz genau. Es ist nicht das erste Mal, dass er hier steht. Er findet die Sicherungen, und das Licht geht überall wieder an. Die Orgel pfeift wie eine Lokomotive, ehe sie mit einem neuen Zwischenspiel einsetzt. Der Pfarrer steht wieder auf der Kanzel, und wir holen Luft, um die letzte Strophe zu singen. Da erdröhnen die Glocken. Fritz Wille hat sich in der Sakristei abgestützt und den Hebel für das Geläut erwischt. Es ist für uns das Zeichen, dass der Gottesdienst vorüber ist, und wir drängen aufgeregt zum Ausgang. Wir sehen nicht mehr, dass der Elektrikermeister nun in der richtigen Reihenfol-ge die Lampen verlöschen lässt, bis allein der Christbaum strahlt. Wir gehen nach Hause, als kämen wir aus einem Kino. aus: Margret Rettich Wirklich wahre Weihnachtsgeschichten copyright by Annette Betz Verlag, Wien – München

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7 Wünsche zur Adventszeit ______________________________________________________________________________________

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Wünsche zur Adventszeit

Verabschieden Sie sich in Ihrer Gruppe voneinander mit Wünschen für jede Einzelne. Hier ein paar Beispiele: Ich wünsche Dir eine gesegnete, besinnliche, ruhige Zeit und Frieden im Herzen und in der Zukunft.

Ich wünsche Dir für diesen Tag einen Verlauf ohne Hektik und Ärger sowie einen gemütlichen und besinnlichen Abend bei Kerzenschein.

Ich wünsche Dir, dass Du Dein Herz weit öffnen kannst für das Fest der Liebe.

Ich wünsche Dir Frieden.

Ich wünsche Dir, das in der Adventszeit mit jedem Türchen, das geöffnet wird, Ruhe - Besinnung - und die Vorfreude auf das Weihnachtsfest größer werden. Das Unruhe und Hektik verblassen. Das Beschaulichkeit und Frieden einkehren möge.

Ich wünsche Dir, dass es auch für Dich Rituale gibt, die jedes Jahr wiederkehren und diese Zeit so unvergleichlich erscheinen lassen!

Was ich dir wünsche im Advent? Dass jemand dein heimliches Sehnen erkennt, das Sehnen nach Wärme, Licht und Geborgenheit, das ganz besonders in dieser Zeit doch unser aller Herz erfüllt, bis ER kommt, der all diese Wünsche erfüllt.

Mein Wunsch wäre, dass immer Friede unter den Menschen sei, dass alle Menschen die Liebe Gottes erfahren.

Ich wünsche Dir eine gesegnete Adventszeit, dass der Stern von Bethlehem auch bei dir aufgeht.

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7 Wünsche zur Adventszeit ______________________________________________________________________________________

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Ich wünsche Dir, dass auch Dir ein Stern leuchtet, der Dich auf Deinem Weg begleitet.

Ich wünsche Dir heute, dass Du das ICH - DU - WIR wieder finden darfst und Ihr gemeinsam unterwegs sein könnt.

Ich wünsche Dir im neuen Jahr Pausen, in denen Du immer wieder einmal innehalten kannst und Ruhe findest zu überlegen.

Ich wünsche Dir, dass es Dir auch heute gelingt, Dich von Deinen Verpflichtungen für einige Zeit frei zu machen, um Zeit für Dich / Deine Seele zu haben.

Mein Wunsch für Dich: Ein gesegnetes neues Jahr möge auf Dich zu kommen, dass Du Deine Pläne verwirklichen kannst und Du ein Segen bist für andere.

Mein Wunsch für Dich: Springe hinein ins neue Jahr, lass Dich überraschen von dem, was kommt. Gott hält seine schützende Hand über Dich! Wie Schneeflocken, die sacht vom Himmel fallen, möge Gottes Segen zu Dir fließen. aus: „Mein Weg zur Krippe“

Materialmappe Weihnachtswerkstatt Evangelische Frauen in Hessen und Nassau Darmstadt, 2005

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8 Segen ______________________________________________________________________________________

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Segen

Nicht dass von jedem Leid verschont du mögest bleiben, noch dass dein künft'ger Weg stets Rosen für dich trage und keine bitt`re Träne über deine Wangen komme und niemals du den Schmerz erfahren sollst - dies alles, nein, das wünsche ich dir nicht. Denn: Kann das Herz in Tränen nicht geläutert, kann's nicht im Leid geadelt werden - wenn nämlich Schmerz und Not dich aufnimmt in die Gemeinschaft mit Maria und dem Kind, so dass ihr Lächeln Zuversicht und Trost gewährt? Mein Wunsch für dich ist vielmehr dieser: dass dankbar du und allezeit bewahrst in dei-nem Herzen die kostbare Erinnerung der guten Ding' in deinem Leben; dass mutig stehst du in deiner Prüfung, wenn hart das Kreuz auf deinen Schultern liegt und wenn der Gipfel, den es zu ersteigen gilt, schier unerreichbar scheint, ja selbst das Licht der Hoffnung zu entschwinden droht; dass jede Gottesgabe in dir wachse und mit den Jahren sie dir helfe, die Herzen jener froh zu machen, die du liebst; dass immer einen wahren Freund du hast, der Freundschaft wert, der dir Vertrauen gibt, wenn dir’s an Licht gebricht und Kraft; dass du dank ihm den Stürmen standhältst und so die Höhen doch erreichst - und dass in Freud' und Leid das Lächeln voller Huld des menschgeword'nen Gottessoh-nes mit dir sei und du allzeit so innig ihm verbunden, wie er's für dich ersehnt.

alter irischer Weihnachtssegen

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9 Weihnachtsgebäck - international ______________________________________________________________________________________

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Weihnachtsgebäck - international

Amerika: Ingwerschnitten 6 kandierte Ingwerpflaumen 150 g Butter oder Margarine 100 g Zucker 1 Ei 1/2 TL Ingwerpulver 300 g Mehl 1 Eigelb 3 Ingwerpflaumen fein wiegen, die übrigen in kleine Würfel schneiden. Die Butter oder die Margarine mit Zucker, Ei, Salz Ingwerpulver und den gewogenen Ingwerpflaumen verkne-ten. Das Mehl darüber sieben und alles rasch zu einem glatten Mürbeteig verkneten. Den Teig zu einer Kugel formen und in Alufolie oder Pergamentpapier gewickelt 2 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen. Den Backofen auf 200 ° C vorheizen. Den Teig in drei Teile teilen und portionsweise auf einer bemehlten Fläche 1/2 cm dick ausrollen. Aus den Teigplatten Rechtecke von 4 x 7 cm Größe schneiden. Die Plätzchen auf ein Backblech legen. Das Eigelb mit etwas Wasser verquirlen. Die Plätzchen damit bestreichen, dann mit den Ingwerwürfeln bestreuen und auf der mitt-leren Schiebeleiste 15 Minuten backen. Auf einem Kuchengitter erkalten lassen.

Belgien: Brüsseler Mandelschnitten

500 g Mehl 2 Eigelb 200 g Butter 250 g braunen Zucker 125 g länglich geschnittene Mandeln 1 Messerspitze etwas Milch 1 Prise Salz Ei zum bestreichen und Hagelzucker Butter und Zucker schaumig rühren, die übrigen Zutaten beigeben, so dass ein fester Teig entsteht. Diesen zu einer dicken Wurst formen, die man über Nacht kühl ruhen lässt. Am folgenden Tag mit einem scharfen Messer in Scheiben schneiden, mit Eigelb bestreichen und mit Hagelzucker bestreuen. Bei 200° C ca. 25 Minuten backen.

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Dänemark: Brune kager - Braune Kuchen

250 g Butter oder Margarine 200 g Zucker 125 g heller Sirup 75 g geschälte, gehackte Mandeln 75 g gehacktes Zitronat 1/2 TL gemahlene Gewürznelken 2 TL gemahlener Zimt 1/2 TL Ingwerpulver 7 g Pottasche 500 g Mehl Die Butter oder die Margarine zusammen mit dem Zucker und dem Sirup zum Kochen bringen. Vom Herd nehmen, die Mandeln, das Zitronat, das Nelkenpulver, den Zimt und das Ingwerpulver unterrühren. Die Pottasche in wenig kochendem Wasser auflösen, unter die Sirupmasse rühren und diese abkühlen lassen. Das Mehl darüber sieben und unter-kneten. Aus dem Teig zwei Rollen formen in Alufolie wickeln und 24 Stunden im Kühl-schrank ruhen lassen. Backbleche vorbereiten (Backpapier oder einfetten). Dünne Schei-ben von den Teigrollen abschneiden und mit genügend Abstand auf die Bleche legen. Im vorgeheizten Backofen bei 200° C 8 - 10 Minuten auf mittlerer Schiebeleiste backen. Auf einem Kuchengitter erkalten lassen.

England: Weihnachts-Gewürzkuchen

250 g Butter 250 g Zucker 250 g Sultaninen 250 g Korinthen 120 g Zitronat - fein gewürfelt 120 g Orangeat - fein gewürfelt 500 g Mehl je 1 Prise Zimt, Muskat, Kardamom 1 Päckchen Backpulver 4 Eier 1/8 l Milch Butter und Zucker schaumig rühren, Eier zugeben, dann die Früchte, zum Schluss das mit Backpulver gesiebte Mehl. Den Teig etwa 5 mm dich auf dem Blech ausrollen. Bei 200° C 40 - 60 Minuten backen. Noch warm mit Orangenguss bestreichen und in Stücke schneiden.

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Deutschland: Hutzelbrot

400 g getrocknete Birnen 3/4 l Wasser 300 g steinlose Trockenzwetschgen 400 g getrocknete Feigen 50 g Orangeat 50 g Zitronat 150 g Walnüsse 100 g Rosinen 125 g Sultaninen 200 g Zucker 2 TL gemahlener Zimt 1 TL Nelkenpulver 1 TL Salz 1 TL Anis 1 Schnapsglas Birnengeist (2 cl) -------------------------------------------------------- 1 kg Mehl 40 g Hefe 3/8 l lauwarmer Birnensaft -------------------------------------------------------- 1 kg Schwarzbrotteig (selbst gemacht aus Backmischung oder vom Bäcker) Die Birnen im Wasser in 30 Minuten zugedeckt weich kochen. Die Birnen abtropfen las-sen, das Kochwasser aufbewahren. Die Birnen, die Zwetschgen, die Feigen, das Zitronat, das Orangeat und die Walnüsse grob hacken. Rosinen, Sultaninen, Zucker, Gewürze und Birnengeist untermischen und zugedeckt durchziehen lassen. Das Mehl in eine Schüssel sieben, in die Mitte eine Vertiefung drücken und die zerbröckelte Hefe darin mit etwas Zu-cker, Mehl und dem Birnensaft verrühren. Den Hefevorteig zugedeckt 15 Minuten gehen lassen. Die Früchte zum Hefevorteig geben, alles zu einem Teig verkneten und noch einmal 15 Minuten gehen lassen. Aus dem Teig vier ovale Laibe formen. Je 250 g Brotteig ausrollen. Die Hefelaibe mit Wasser bestreichen und in den Brotteig einschlagen. Die Ränder mit Wasser bepinseln und gut zusammen-drücken. Ein Backblech mit Margarine bestreichen, die Laibe darauf legen, an der Oberfläche mit Wasser bestreichen und 15 Minuten jenen lassen. Die Hutzelbrote nacheinander auf unte-rer Schiebeleiste im auf 190° C vorgeheizten Backofen jeweils 60 Minuten backen.

Frankreich: Saucisson en chocolat (Schokoladewurst)

250 g bittere Schokolade 2 EL Bienenhonig 100 g gestiftelte Mandeln Schokolade und Honig im Wasserbad schmelzen, Mandelstifte beigeben und rühren, bis eine dicke Masse entsteht. Eine flache Platte dünn bemehlen, die Masse darauf legen, zwei Würste daraus formen, die man noch lauwarm in feine Rädchen schneidet.

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Griechenland: Melomakarona

200 g Mehl 35 g Olivenöl 2 EL Honig Saft von 1 Orange 1 Päckchen Backpulver 50 g Mandeln, geschält und gemahlen Das Mehl mit dem Backpulver sieben und mit Öl, Honig und Orangensaft vermischen, die-sen Teig 3 mm dick ausrollen und auf ein gefettetes Blech legen, mit Ei bestreichen und 20 Minuten ruhen lassen. Bei 200° C ca. 20 Minuten backen und noch warm mit Zucker-glasur bestreichen und die Mandeln darüber streuen.

Holland: Hijlikmaker (Heiratsvermittler)

375 g Honig 1.250 g Mehl 500 g brauner Zucker 60 g Zitronat (fein gewürfelt) 60 g Orangeat (fein gewürfelt) 1 Prise Muskat 2 g Pottasche 4 g Zimt Honig aufkochen lassen, auskühlen, das Mehl und die anderen Zutaten untermischen, anschließend die Pottasche. Den Teig über Nacht stehen lassen. Am nächsten Tag 3 mm dick ausrollen und ausstechen. Bei 200° C etwa 15 Minuten backen und nach Wunsch mit verschiedenen Glasuren bestreichen.

Italien: Mandorletti

225 g Puderzucker, gesiebt 225 g Mandeln, geschält und gemahlen 30 g Haselnüsse, geschält und gemahlen 4 Eiweiß 1 Zitronenöl kleine runde Oblaten Das Eiweiß mit dem Zucker steif schlagen, dann alle Zutaten langsam darunter mischen. Die Masse mit einem Kaffeelöffel auf kleine Oblaten verteilen, mit einer Oblate bedecken und bei 180° C ca. 20 Minuten backen. Sie sollen oben und unten ganz hell bleiben.

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9 Weihnachtsgebäck - international ______________________________________________________________________________________

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Kanada: Cranberry Nut Bread (Preiselbeer-Nuss-Brot) 150 g Mehl 2 TL Backpulver 200 g Zucker 1 Prise Salz 50 g Butter 6 EL Orangensaft 1 Ei 100 g geriebene Walnüsse 150 g gewaschene Preiselbeeren

Eine Kastenkuchenform von etwa 20 cm Länge ausfetten und mit Semmelbröseln aus-streuen. Den Backofen auf 180° C vorheizen. Das Mehl mit dem Backpulver in eine Schüssel sieben. Mit Zucker, Salz und Butterflöckchen mischen, bis ein streuselartiger Teig entsteht. Oran-gensaft und Ei - verquirlt - zugeben und untermischen. Die gehackten Nüsse und die zer-kleinerten Preiselbeeren ebenfalls unter den Teig heben und in die vorbereitete Kasten-form füllen. Auf mittlerer Schiebeleiste ca. 1 1/2 Stunden goldbraun backen. Am nächsten Tag erst anschneiden.

Norwegen: Julkake - Weihnachtskuchen

1.000 g Mehl 300 g Zucker 150 g Margarine 1 Prise Kardamom 60 g Hefe 1/4 l Milch 150 g Rosinen 15a g kandierte Früchte geschnitten Ei zum Bestreichen

Aus den Zutaten einen Hefeteig herstellen, gehen lassen, zusammenschlagen und dann die Früchte untermengen, vier längliche Laibe formen, ca. 20 Minuten gehen lassen, mit Ei bestreichen und bei 220° C ca. 40 Minuten backen.

Spanien: Turron

300 g Haselnüsse, fein gemahlen 250 g Zucker 3 Eigelb 200 g grob gehackte kandierte Früchte 2 Päckchen Vanillezucker 2 cl Rum

Alle Zutaten mischen und in einer Kasserolle auf kleiner Flamme solange rühren, bis sich ein fester Teig ergibt. Die Masse zu einer kantigen Stange von ca. 4 cm Breite formen, auf ein Blech legen, bei kleiner Wärme trocknen lassen. Kalt stellen und in kleine Stücke schneiden.

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Österreich: Marillenringe

400 g Mehl 120 g Zucker 1 Prise Salz abgeriebene Schale von 1 Zitrone 1 Päckchen Vanillezucker 1 Eigelb 1 Schnapsglas Rum 250 g Butter -------------------------------------------------------- 2 EL Puderzucker 250 g Aprikosen (Marillen-)Marmelade Das Mehl auf ein Backbrett sieben. In die Mitte eine Vertiefung drücken. Zucker, Salz, Zit-ronenschale, Vanillezucker, Eigelb und Rum hinein geben. Butter in Flöckchen auf dem Mehl verteilen und zu einem Mürbeteig verkneten. 2 Stunden im Kühlschrank ruhen las-sen. Teig 3 mm dünn ausrollen. Runde Plätzchen und Ringe in gleicher Größe und Anzahl ausstechen. 10 - 15 Minuten auf mittlerer Schiebeleiste backen 180° C. Auf einem Kuchengitter auskühlen lassen, die Ringe mit Puderzucker besieben. Die Mar-melade bei milder Hitze glatt rühren und die Plätzchen damit bestreichen, die Ringe auf-setzen. Gut trocknen lassen, bevor sie in Dosen zur Aufbewahrung gelegt werden.

Russland: Masurek

200 g Butter 200 g Zucker 5 Eier 50 g süße geschälte und geriebene Mandeln 50 g bittere geschälte und geriebene Mandeln 200 g Mehl Mandeln und Hagelzucker zum Bestreuen Butter und Zucker schaumig rühren, Eigelb, Mandeln und gesiebtes Mehl dazurühren, dann den Eierschnee locker darunter ziehen. Die Masse auf ein vorbereitetes Blech streichen, mit Hagelzucker und gehackten Mandeln bestreuen und bei 200° C goldgelb backen. Noch warm in beliebig große Stücke schnei-den.

aus: Advent und Weihnachten Arbeitsmappe V Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland

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10 Bastelideen ______________________________________________________________________________________

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- 68 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Bastelideen

Material: • Fotokarton in gelb • Tonpapier in braun • Alu-Bastelfolie mit Sternchen in rot

1. Sternenform nach den Vorlagen auf Fotokarton und Bastelfolie übertra-gen und ausschneiden. Die Innen-ausschnitte mit dem Cutter stern-förmig einschneiden. Die Zacken nach innen knicken und die Spitzen etwas kürzen. Teelicht bzw. Scho-kokugel einpassen.

2. Den Stern aus Bastelfolie versetzt

oder Spitze auf Spitze unter den gelben Stern kleben.

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10 Bastelideen ______________________________________________________________________________________

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- 69 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Transparente

zum Ausschneiden und Hinterkleben mit Transparentpapier

aus: „… und sie bewegte all dies in ihrem Herzen…“

„Miriam – Maria“ Frauenwerkstatt, Gütersloh 1996

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10 Bastelideen ______________________________________________________________________________________

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- 70 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

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10 Bastelideen ______________________________________________________________________________________

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- 71 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Liedkarten

Den Text eines Liedes auf weißes Papier schreiben. Die Noten dazu

aus dem Gesangbuch oder einem alten Liederbuch kopieren und aus

diesem Notenpapier Sterne ausschneiden. Aus Goldpapier etwas

größere Sterne ausschneiden. Beide Sterne verschoben aufkleben.

Einen kleinen Stern ausstanzen, einen kleinen Goldstern aufkleben.

Dann das Ganze auf farbigen Karton aufkleben.

Goldpapier

Notenpapier

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10 Bastelideen ______________________________________________________________________________________

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- 72 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Nikolaus

Material: rotes und schwarzes Tonpapier, weißes Zeichenpapier, roten und

schwarzen Filzstift, Watte, Bleistift, Lineal, Klebe, Schere, Nadel, Fa-den

Anleitung: Das Dreieck 1 x in rot ausschneiden, das Gesicht 2 x in weiß, die

Schnurrbartteile 4 x schwarz. Der Nikolaus bekommt von beiden Sei-ten ein Gesicht. Während Körper und Schnurrbärte mit dem Zu-schneiden gebrauchsfertig sind, werden an den Gesichtern noch ei-nige Arbeiten notwendig. Die Augen und Nasen müssen mit Filzstiften aufgemalt und die Bärte mit der Schere gleichmäßig eingeschnitten werden. Die Trennlinien zwischen Gesicht und Mützenrand werden mit schwarzem Filzstift und Lineal eingezeichnet. Dann kann alles zusammengeklebt werden.

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10 Bastelideen ______________________________________________________________________________________

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- 73 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Nikolausstiefel

Eine Streichholzschachtel dazwischen kleben und mit einer Kleinigkeit füllen.

Stern

Den Stern ausschneiden, die gestrichelten Linien einschneiden. Nun kann man etwas durch die Schlitze stecken: - einen Gutschein - ein zusammengefaltetes Liedblatt - einen Zettel mit einem Spruch oder Wunsch - ...

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10 Bastelideen ______________________________________________________________________________________

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- 74 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Nikolaus mit Kästchen

weiß: Schnurbart rosa: Gesicht weiß: Bart rot: Rest

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10 Bastelideen ______________________________________________________________________________________

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- 75 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Schablonen als Anregungen zum Selbstbasteln von Weihnachtskarten

Material: für die Karten:

- Japanpapier - Elefantenhaut - dünner bunter Karton etc.

für die Karten: - schwarzes Papier (Tonpapier) - Japanpapier - Elefantenhaut - dünner bunter Karton etc.

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10 Bastelideen ______________________________________________________________________________________

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- 76 - Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Konturen mit Silber- oder Goldfaden auf festem, buntem Karton aussticken.

Diesen Baum - aus farbigem Tonpapier ausschneiden - aus Woll- oder Kordelresten kleben - mit Kerzen oder Baumschmuck aus Stabperlen, Pailletten etc. dekorieren - und auf kontrastreichen Hintergrund kleben. aus: Advent und Weihnachten Arbeitsmappe V Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland