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B. Möller Aktuelle Vorstellungen zur Pathogenese der rheumatoiden Arthritis Z Rheumatol 62:104–105 (2003) DOI 10.1007/s00393-003-0511-1 ZfRh 511 STATE-OF-THE-ART-LECTURES ZUM CAROL NACHMAN-SYMPOSIUM 2003 Burkhard Möller ( ) ) Rheumazentrum Rhein-Main Klinikum der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt Telefon +49-69-63 01-73 52 E-Mail: [email protected] Die rheumatoide Arthritis gilt als die häufigste ent- zündlich-rheumatische Systemerkrankung, deren Be- deutung durch eine erhöhte Mortalität der schweren Verlaufsformen, eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität aller Subtypen und enorme sozio- ökonomische Auswirkungen begründet ist. Sowohl genetische als auch exogene Faktoren dürften zur Krankheitsentstehung und Chronizität der RA bei- tragen. Für die Autoimmunitäts- und die T-Zell-Hy- pothese (1), aber auch für die Makrophagen- (2) und die Fibroblasten-Hypothese (3) der RA lassen sich dabei jeweils gute Begründungen anführen. Der Vortrag befasst sich ausgehend von diesen Hypothe- sen mit zwei Bindegliedern der aktuellen pathogene- tischen Vorstellungen zur RA: Die CD4+-Helfer-T-Zelle steht im Zusammenhang mit der Autoimmunitätshypothese und der MHC-II- Assoziation der RA seit Jahren im Mittelpunkt des Interesses. Ähnlich wie bei der Th1-/Th2-Dysbalance wird dabei gelegentlich auch für die CD4+-Helfer- und CD8+-Suppressor-T-Zellen eine Fehlverteilung mit Dominanz pro-inflammatorischer Zellen in den RA Gelenken postuliert. Untersuchungen zur CD4+- und CD8+-T-Zellver- teilung im peripheren Blut und entzündeten Gelenken bei RA-Patienten wie auch bei anderen Arthritisfor- men wie den Spondylarthropathien zeigen, dass CD4+- und CD8+-T-Zellen in etwa einem 1:1-Verhält- nis balanciert in den entzündeten Gelenken unter je- weiliger Bevorzugung von CD45RO+ Gedächtniszel- len akkumulieren. Die frühe T-Zellaktivierung findet dabei in CD4+ und CD8+ gleichermaßen statt. Sie ist aber nicht auf die Gedächtniszellen beschränkt, sondern vielmehr auch in den naiven T-Zellen zu be- obachten. Unterschiede mit Assoziation zur RA finden sich lediglich hinsichtlich der Zytokinexpression in CD4+- und CD8+-T-Zellen, wobei gerade Suppressor- T-Zellen zu den hohen IL-10-Spiegeln in RA-Gelenken beitragen können. In diesem Zusammenhang konnte gezeigt werden, dass RA-Fibroblasten die IL-10-Ex- pression in CD8+-T-Zellen zu induzieren vermögen. IL-10 ist gleichermaßen ein Inhibitor der TNF-a-In- duktion durch IL-18, ein noch weniger lang bekanntes Makrophagen-Zytokin, als auch ein Antagonist pro- inflammatorischer Zytokineffekte an Makrophagen. Soweit wirkt IL-10 anti-entzündlich. Allerdings ist die Bedeutung von IL-10 als B-Zellwachstumsfaktor nicht zu vernachlässigen. Ein Zusammenhang zwi- schen der RA spezifischen IL-10-Erhöhung und der bekannten B-Zellaktivierung bei seropositiver RA kann vermutet werden. Mittlerweile wurde ein geneti- scher Hintergrund für eine erhöhte IL-10-Expression bei RA beschrieben. Makrophagen sind in der RA-Synovialitis hoch- gradig aktivierte, proinflammatorische Zytokine ex- primierende Zellen. IL-18 stellt dabei einen wichti- gen, in T-Lymphozyten und NK-Zellen IFN-c indu- zierenden Faktor dar. Zudem ist IL-18 ein TNF-a in- duzierender Faktor (4). IL-18 wird neben Makropha- gen in einer Vielzahl mesenchymaler und epithelia- ler Zellen exprimiert. Interessanterweise ist in unsti- mulierten Fibroblastenkulturen, die aus der Ge- lenkflüssigkeit von RA-Patienten isoliert wurden, die IL-18- wie die IL-1- und die TNF-a-Expression auch noch nach 3 Monaten erhöht. Eine autokrine bzw. parakrine FLS-Aktivierung durch IL-18 erscheint im Hinblick auf die IL-18-Rezeptor-Expression und des- sen biologische Effekte in FLS eher unwahrschein-

Aktuelle Vorstellungen zur Pathogenese der rheumatoiden Arthritis

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B. Möller Aktuelle Vorstellungen zur Pathogeneseder rheumatoiden Arthritis

Z Rheumatol 62:104–105 (2003)DOI 10.1007/s00393-003-0511-1

ZfR

h511

STATE-OF-THE-ART-LECTURESZUM CAROL NACHMAN-SYMPOSIUM 2003

Burkhard Möller ())Rheumazentrum Rhein-MainKlinikum der Johann-Wolfgang-Goethe-UniversitätFrankfurt am MainTheodor-Stern-Kai 760590 FrankfurtTelefon +49-69-63 01-7352E-Mail: [email protected]

Die rheumatoide Arthritis gilt als die häufigste ent-zündlich-rheumatische Systemerkrankung, deren Be-deutung durch eine erhöhte Mortalität der schwerenVerlaufsformen, eine erhebliche Einschränkung derLebensqualität aller Subtypen und enorme sozio-ökonomische Auswirkungen begründet ist. Sowohlgenetische als auch exogene Faktoren dürften zurKrankheitsentstehung und Chronizität der RA bei-tragen. Für die Autoimmunitäts- und die T-Zell-Hy-pothese (1), aber auch für die Makrophagen- (2)und die Fibroblasten-Hypothese (3) der RA lassensich dabei jeweils gute Begründungen anführen. DerVortrag befasst sich ausgehend von diesen Hypothe-sen mit zwei Bindegliedern der aktuellen pathogene-tischen Vorstellungen zur RA:

Die CD4+-Helfer-T-Zelle steht im Zusammenhangmit der Autoimmunitätshypothese und der MHC-II-Assoziation der RA seit Jahren im Mittelpunkt desInteresses. Ähnlich wie bei der Th1-/Th2-Dysbalancewird dabei gelegentlich auch für die CD4+-Helfer-und CD8+-Suppressor-T-Zellen eine Fehlverteilungmit Dominanz pro-inflammatorischer Zellen in denRA Gelenken postuliert.

Untersuchungen zur CD4+- und CD8+-T-Zellver-teilung im peripheren Blut und entzündeten Gelenkenbei RA-Patienten wie auch bei anderen Arthritisfor-men wie den Spondylarthropathien zeigen, dassCD4+- und CD8+-T-Zellen in etwa einem 1:1-Verhält-nis balanciert in den entzündeten Gelenken unter je-

weiliger Bevorzugung von CD45RO+ Gedächtniszel-len akkumulieren. Die frühe T-Zellaktivierung findetdabei in CD4+ und CD8+ gleichermaßen statt. Sieist aber nicht auf die Gedächtniszellen beschränkt,sondern vielmehr auch in den naiven T-Zellen zu be-obachten. Unterschiede mit Assoziation zur RA findensich lediglich hinsichtlich der Zytokinexpression inCD4+- und CD8+-T-Zellen, wobei gerade Suppressor-T-Zellen zu den hohen IL-10-Spiegeln in RA-Gelenkenbeitragen können. In diesem Zusammenhang konntegezeigt werden, dass RA-Fibroblasten die IL-10-Ex-pression in CD8+-T-Zellen zu induzieren vermögen.IL-10 ist gleichermaßen ein Inhibitor der TNF-�-In-duktion durch IL-18, ein noch weniger lang bekanntesMakrophagen-Zytokin, als auch ein Antagonist pro-inflammatorischer Zytokineffekte an Makrophagen.Soweit wirkt IL-10 anti-entzündlich. Allerdings istdie Bedeutung von IL-10 als B-Zellwachstumsfaktornicht zu vernachlässigen. Ein Zusammenhang zwi-schen der RA spezifischen IL-10-Erhöhung und derbekannten B-Zellaktivierung bei seropositiver RAkann vermutet werden. Mittlerweile wurde ein geneti-scher Hintergrund für eine erhöhte IL-10-Expressionbei RA beschrieben.

Makrophagen sind in der RA-Synovialitis hoch-gradig aktivierte, proinflammatorische Zytokine ex-primierende Zellen. IL-18 stellt dabei einen wichti-gen, in T-Lymphozyten und NK-Zellen IFN-� indu-zierenden Faktor dar. Zudem ist IL-18 ein TNF-� in-duzierender Faktor (4). IL-18 wird neben Makropha-gen in einer Vielzahl mesenchymaler und epithelia-ler Zellen exprimiert. Interessanterweise ist in unsti-mulierten Fibroblastenkulturen, die aus der Ge-lenkflüssigkeit von RA-Patienten isoliert wurden, dieIL-18- wie die IL-1- und die TNF-�-Expression auchnoch nach 3 Monaten erhöht. Eine autokrine bzw.parakrine FLS-Aktivierung durch IL-18 erscheint imHinblick auf die IL-18-Rezeptor-Expression und des-sen biologische Effekte in FLS eher unwahrschein-

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lich. Anstelle dessen tritt vielmehr ein IL-18 inhibie-render Mechanismus in der Gegenwart Th1 polari-sierter T-Lymphozyten zu tage. Werden FLS mit re-kombinantem humanem IFN-� stimuliert, so wirddie Expression eines biologisch aktiven IL-18-Bin-dungsproteins induziert, das sogar weit überphysio-logische IL-18-Konzentrationen zu mehr als 50% zuinhibieren vermag. Hieraus kann gefolgert werden,dass das weitgehend konstitutiv exprimierte IL-18als potenter IFN-Induktor einen Regulationskreis inGang setzt, der aktivierte Fibroblasten, Makrophagenund Th1 polarisierte Lymphozyten einschließt. Es

konnte ferner gezeigt werden, dass IL-18-Promotor-Polymorphismen mit dem Auftreten einer rheuma-toiden Arthritis verknüpft sind. Diese Daten sindmittlerweile in einer unabhängig untersuchten briti-schen Kohorte bestätigt worden.

Zusammenfassend werden anhand der IL-10-Da-ten und des neu entdeckten IL-17-IFN-�-IL-18BP-Re-gulatiosnkreises zwei mögliche Missing Links mit ei-nem genetischen Hintergrund zwischen den etablier-ten Thesen der RA-Pathogenese beschrieben, die beider weiteren Arthritisforschung Berücksichtigungfinden sollten.

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Literatur

1. Fox DA (1997) The Role of T Cells inthe Immunopathogenesis of Rheuma-toid Arthritis. Arthritis Rheum 40:598–609

2. Burmester GR, Stuhlmüller B, KeyzserG, Kinne RW (1997) Mononuclear Pha-gocytes and Rheumatoid Synovitis.Mastermind or Workhorse in Arthritis?Arthritis Rheum 40:5–18

3. Pap T, Müller-Ladner U, Gay RE, Gay S(2000) Fibroblast biology. Role of syno-vial fibroblasts in the pathogenesis ofrheumatoid arthritis. Arthritis Res2:361–367

4. Gracie JA, Forsey RJ, Chan WL et al(1999) A proinflammatory role for in-terleukin-18 in rheumatoid arthritis. JClin Invest 104:1393–1401

Weitere Literatur ist beim Verfasser erhält-lich.