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SPECIAL ARTICLE The AAFP and ISFM welcome endorsement of these guide- lines by the American Animal Hospital Association (AAHA). Journal of Feline Medicine and Surgery (2013) 15, 219–230 Sarah L H Ellis BSc (Hons) Dip CABC PhD Guidelines Co-Chair Ilona Rodan DVM DABVP (Feline) Guidelines Co-Chair Hazel C Carney DVM MS DABVP Sarah Heath BVSc DipECAWBM (BM) CCAB MRCVS European Veterinary Specialist in Behavioural Medicine (Companion Animals) Irene Rochlitz BVSc MSc PhD MRCVS Lorinda D Shearburn DVM Eliza Sundahl DVM DABVP (Feline) Jodi L Westropp DVM PhD DACVIM AAFP und ISFM Leitlinien über Bedürfnisse von Katzen an ihre Umwelt JFMS CLINICAL PRACTICE 219 DOI: 10.1177/1098612X13477537 © ISFM and AAFP 2013 Hintergrund: Das Wohlbefinden einer Katze in ihrer Umwelt ist untrennbar mit ihrer körperlichen Gesundheit, ihrem emotionalen Wohlergehen und ihrem Verhalten verknüpft. Ein grundlegendes Verständnis der speziesspezifischen Umweltbedürfnisse von Katzen und der Art und Weise, wie Katzen mit ihrer Umwelt interagieren, ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Berücksichtigung dieser fundamentalen Bedürfnisse. Umweltbedürfnisse: Die Berücksichtigung der Umweltbedürfnisse ist eine ganz wesentliche Voraussetzung für ein optimales Wohlbefinden bei Katzen. Umweltbedürfnisse umfassen nicht nur die unmittelbare physische Umgebung der Katzen („indoor“ oder „outdoor“, häusliche Umgebung oder tierärztliche Praxis), sondern auch soziale Interaktionen, einschließlich der Kontakte mit Menschen. Das Fünf-Säulen-Konzept: Die Autoren haben diese Leitlinien auf der Grundlage von fünf Säulen erstellt, die das Grundgerüst einer gesunden und artgerechten Umwelt für Katzen bilden. Das Verständnis dieser Prinzipien und der einzigartigen Haltungsbedürfnisse von Katzen unterstützt Tierärzte, Katzenbesitzer und alle Personen, die Katzen pflegen und versorgen, bei ihren felinen Patienten Stress zu reduzieren, die Inzidenz stressbedingter Erkrankungen zu senken und unerwünschtes Verhalten zu minimieren. Die Empfehlungen dieser Leitlinien gelten für alle Hauskatzen, unabhängig von ihrer Lebensweise. Warum sprechen wir von Haltungsbedürfnissen? Tierärzte haben das Privileg und zugleich die Verantwortung, an einer Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Katzen mitwirken zu können. Zusammen mit anderen Mitgliedern des Praxisteams müssen Tierärzte ihre Kunden nicht nur über medizinische Themen und präventive Gesundheitsvorsorge beraten, sondern darüber hinaus auch über die wichtige Bedeutung einer Berücksichtigung von Anforderungen der Katze an ihre Haltung informieren. Zahlreiche Erkrankungen der Katze, aber auch unerwünschte Verhaltensweisen werden ursächlich mit stress-rei- chen Umweltsituationen in Verbindung gebracht. 1-3 Die Schaffung einer gesunden, artgerechten Umwelt für feline Patienten sowohl im heimischen Umfeld als auch in der tierärztlichen Praxis kann helfen, diese Probleme zu verhindern, zu bessern oder sogar voll- ständig zu lösen. 4, 5 In der einschlägigen Literatur werden vielfach die Begriffe Umweltanreicherung und Umwelt-modifika- tion verwendet, um Veränderungen der Umwelt zum Vorteil der Katze zu beschreiben. In unseren Leitlinien werden diese Begriffe nicht verwendet, da wir es für tre- ffender halten, die Umweltanforderungen bzw. Haltungsbedürfnisse der Katze in den Mittelpunkt zu stellen. Haltungsanforderungen betreffen aber nicht nur die unmittelbare physische Umgebung der Katzen („indoor“ oder „outdoor“, häusliche Umgebung oder tierärztliche Praxis), sondern darüber hinaus auch soziale Interaktionen, einschließlich der Reaktionen von Katzen auf Kontakte mit Menschen. Im Studium erfahren die meisten Tierärzte bis heute nichts über die Haltungsbedürfnisse von Katzen, da es sich hierbei um ein relativ neues Wissensgebiet handelt. Möglicherweise erkennen einige praktische Tierärzte auch nicht die tatsäch- liche Bedeutung dieser Thematik und die Vorteile einer Berücksichtigung entsprechender Aspekte. 6 Katzen zeigen in vielen Fällen keine deutlich erkennbaren Anzeichen von Stress und Angst. Studien belegen aber, dass selbst nach außen hin vollkommen ruhige Katzen erhöhte Konzentrationen von Catecholaminen und anderen Stresshormonen aufweisen können. 1, 5 Haltungsbedürfnisse werden oft erst dann berücksichtigt, wenn eine Katze Symptome zeigt, die die Aufmerksamkeit des Besitzers erregen. Oft Berücksichtigung von Umweltbedürfnissen – Was bringt das? Weniger Verhaltensprobleme und weniger Krankheiten Verbessertes Erkennen von Erkrankungen Erweiterung des Leistungsspektrums und Aufwertung der Sparte Katzenmedizin in der tierärztlichen Praxis Erleichterter Umgang mit Katzen zu Hause und in der tierärztlichen Praxis Stärkung der Bindung Katze-Besitzer Weniger Stress in Mehrkatzenhaushalten Glücklichere Katzen! German translation provided by CEVA

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S P E C I A L AR T I C L E

The AAFP and ISFM welcomeendorsement of these guide-lines by the American AnimalHospital Association(AAHA).

Journal of Feline Medicine and Surgery (2013) 15, 219–230

Sarah L H EllisBSc (Hons) Dip CABC PhD

Guidelines Co-Chair

Ilona RodanDVM DABVP (Feline) Guidelines Co-Chair

Hazel C CarneyDVM MS DABVP

Sarah HeathBVSc DipECAWBM (BM)

CCAB MRCVSEuropean Veterinary Specialist in Behavioural Medicine(Companion Animals)

Irene RochlitzBVSc MSc PhD MRCVS

Lorinda D ShearburnDVM

Eliza Sundahl DVM DABVP (Feline)

Jodi L WestroppDVM PhD DACVIM

AAFP und ISFM Leitlinien überBedürfnisse von Katzen an ihre Umwelt

JFMS CLINICAL PRACTICE 219DOI: 10.1177/1098612X13477537© ISFM and AAFP 2013

Hintergrund: Das Wohlbefinden einer Katze in ihrer Umwelt ist untrennbar mit ihrer körperlichenGesundheit, ihrem emotionalen Wohlergehen und ihrem Verhalten verknüpft. Ein grundlegendesVerständnis der speziesspezifischen Umweltbedürfnisse von Katzen und der Art und Weise, wieKatzen mit ihrer Umwelt interagieren, ist die Voraussetzung für eine erfolgreicheBerücksichtigung dieser fundamentalen Bedürfnisse.Umweltbedürfnisse: Die Berücksichtigung der Umweltbedürfnisse ist eine ganz wesentlicheVoraussetzung für ein optimales Wohlbefinden bei Katzen. Umweltbedürfnisse umfassen nichtnur die unmittelbare physische Umgebung der Katzen („indoor“ oder „outdoor“, häusliche

Umgebung oder tierärztliche Praxis), sondern auch soziale Interaktionen, einschließlich derKontakte mit Menschen.

Das Fünf-Säulen-Konzept: Die Autoren haben diese Leitlinien auf der Grundlage von fünf Säulen erstellt,die das Grundgerüst einer gesunden und artgerechten Umwelt für Katzen bilden. Das Verständnis dieserPrinzipien und der einzigartigen Haltungsbedürfnisse von Katzen unterstützt Tierärzte, Katzenbesitzer undalle Personen, die Katzen pflegen und versorgen, bei ihren felinen Patienten Stress zu reduzieren, dieInzidenz stressbedingter Erkrankungen zu senken und unerwünschtes Verhalten zu minimieren.Die Empfehlungen dieser Leitlinien gelten für alle Hauskatzen, unabhängig von ihrer Lebensweise.

Warum sprechen wir vonHaltungsbedürfnissen?

Tierärzte haben das Privileg und zugleich dieVerantwortung, an einer Verbesserung derGesundheit und des Wohlbefindens von Katzenmitwirken zu können. Zusammen mit anderenMitgliedern des Praxisteams müssen Tierärzte ihreKunden nicht nur über medizinische Themen undpräventive Gesundheitsvorsorge beraten, sonderndarüber hinaus auch über die wichtige Bedeutungeiner Berücksichtigung von Anforderungen derKatze an ihre Haltung informieren. ZahlreicheErkrankungen der Katze, aber auch unerwünschteVerhaltensweisen werden ursächlich mit stress-rei-chen Umweltsituationen in Verbindung gebracht.1-3Die Schaffung einer gesunden, artgerechten Umweltfür feline Patienten sowohl im heimischen Umfeldals auch in der tierärztlichen Praxis kann helfen, dieseProbleme zu verhindern, zu bessern oder sogar voll-ständig zu lösen. 4, 5In der einschlägigen Literatur werden vielfach die

Begriffe Umweltanreicherung und Umwelt-modifika-tion verwendet, um Veränderungen der Umwelt zumVorteil der Katze zu beschreiben. In unseren Leitlinienwerden diese Begriffe nicht verwendet, da wir es für tre-ffender halten, die Umweltanforderungen bzw.Haltungsbedürfnisse der Katze in den Mittelpunkt zustellen. Haltungsanforderungen betreffen aber nicht nur

die unmittelbare physische Umgebung der Katzen(„indoor“ oder „outdoor“, häusliche Umgebung odertierärztliche Praxis), sondern darüber hinaus auch

soziale Interaktionen, einschließlich der Reaktionenvon Katzen auf Kontakte mit Menschen. ImStudium erfahren die meisten Tierärzte bis heutenichts über die Haltungsbedürfnisse von Katzen,da es sich hierbei um ein relativ neuesWissensgebiet handelt. Möglicherweise erkenneneinige praktische Tierärzte auch nicht die tatsäch-liche Bedeutung dieser Thematik und die Vorteileeiner Berücksichtigung entsprechender Aspekte.6Katzen zeigen in vielen Fällen keine deutlicherkennbaren Anzeichen von Stress und Angst.Studien belegen aber, dass selbst nach außen hinvollkommen ruhige Katzen erhöhteKonzentrationen von Catecholaminen und anderenStresshormonen aufweisen können. 1, 5Haltungsbedürfnisse werden oft erst dann

berücksichtigt, wenn eine Katze Symptome zeigt,die die Aufmerksamkeit des Besitzers erregen. Oft

Berücksichtigung vonUmweltbedürfnissen – Was bringt das?� Weniger Verhaltensprobleme und wenigerKrankheiten� Verbessertes Erkennen von Erkrankungen� Erweiterung des Leistungsspektrums undAufwertung der Sparte Katzenmedizin in dertierärztlichen Praxis

� Erleichterter Umgang mit Katzen zu Hauseund in der tierärztlichen Praxis

� Stärkung der Bindung Katze-Besitzer� Weniger Stress in Mehrkatzenhaushalten� Glücklichere Katzen!

German translationprovided by CEVA

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handelt es sich dabei um negatives oder problematischesVerhalten, das als „schlecht“, „unangemessen“ oder„aggressiv“ bezeichnet wird. Die meisten Besitzer, undauch einige Tierärzte erkennen oft erst in dieserSituation, dass ein behandlungsbedürftiges Problem vor-liegt. Proaktives Antizipieren von Haltungsbedürfnissebereits frühzeitig im Leben einer Katze und ein unmittel-bares korrigierendes Eingreifen, sobald entsprechendeProbleme erkennbar werden, können helfen,Umweltstressoren zu vermeiden, die unerwünschtesVerhalten auslösen oder negative medizinische Folgenhaben können.7,8 Für Tierärzte bietet sich dieMöglichkeit, das Leistungsspektrum ihrer Praxis zuerweitern und deutlich aufzuwerten, indem sie dieHaltungsbedürfnisse ihrer Patienten analysieren undPatientenbesitzer dabei unterstützen, Strategien zu ihrerVerbesserung zu entwickeln. Durch die praktischeUmsetzung der in diesen Leitlinien vorgestelltenStrategien bekommen wir letztlich glücklichere Katzen,zufriedenere Besitzer und eine stärkere Tierarzt-Besitzer-Tier-Beziehung.

Zum Verständnis derHaltungsbedürfnisse und des Verhaltensder Katze

Tierärzte, die das mit den Haltungsbedürfnissen zusam-menhängende Verhalten einer Katze verstehen, sind bess-er in der Lage, die Gesundheit und die Lebensqualitätihrer felinen Patienten zu optimieren. Umgekehrt kann einmangelndes Verständnis dieser Bedürfnisse zu einerUmgebung führen, in der Katzen ihre natürlichenVerhaltensweisen nicht ausleben können. Bei einigenKatzen kann dieser Mangel zu Stress, unerwünschtemVerhalten oder Erkrankungen führen, Faktoren also, dieeine erhebliche Beeinträchtigung der Beziehung Besitzer-Katze mit sich bringen können. UnerwünschteVerhaltensweisen sind insbesondere auch deshalb soproblematisch, weil sie bei Gesellschaftstieren zu den häu-figsten Gründen für eine Abgabe im Tierheim oder eineEuthanasie gehören.9Unsere heute lebenden Hauskatzen haben zahlreiche

Verhaltensweisen ihrer wildlebenden Vorfahren, derafrikanischen Wildkatze (Felis lybica), bewahrt. DieVerbindung zwischen Katzen und Menschen begann be-reits vor etwa 10 000 Jahren als eine Beziehung zum gegen-seitigen Vorteil.10 Katzen wurden von Nagetieren ange-lockt, die sich von den Getreidevorräten des Menschenernährten. Den Katzen bot sich dadurch eine guteNahrungsversorgung, während gleichzeitig dieGetreidevorräte der Menschen geschützt wurden. Dieseauf wechselseitigen Vorteilen basierende Beziehungerforderte weder eine Modifikation noch eine genetischeSelektion des angeborenen felinen Verhaltens.11,12

Der einsame JägerDie meisten natürlichen Verhaltensweisen undInteraktionen der Katze sind primär darauf ausgelegt, dieKatze in die Lage zu versetzen, sicher zu jagen und ihrLeben zu schützen. Als Einzeljäger können Katzen täglichbis zu 10 bis 20 kleine Beutetiere erlegen und fressen.Untersuchungen zufolge bleiben aber bis zu 50% allerJagdversuche einer Katze erfolglos.13 Bei Einzeljägern sindVermeidungs- und Fluchtverhalten im Angesicht einer

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Bedrohung entscheidende Voraussetzungen für ein erfolg-reiches Überleben. Katzen bevorzugen stets ein bekanntesTerritorium mit vertrauter physischer und sozialerUmwelt.14 Dieses Gefühl der Kontrolle sorgt dafür, dasssich die Katze in ihrem Territorium wohl fühlt undreduziert Stress.15 Vorhersagbarkeit, Berechenbarkeit,Vertrautheit und Routine verbessern dieBewältigungsfähigkeit der Katze.16Als Antwort auf eine Angst auslösende Situation zeigen

Katzen eine verstärkte „Fight-or-Flight“-Reaktion imSinne eines Schutzmechanismus.17 Wenn Katzen gezwun-gen sind, ihr vertrautes Territorium zu verlassen (z. B.anlässlich eines Tierarztbesuches oder nach einemUmzug) oder wenn eine potenzielle Bedrohung, wie zumBeispiel eine fremde Katze, in ihr Territorium eindringt,reagieren sie in der Regel mit Rückzug(Vermeidungsverhalten), Verstecken oder Flucht.Kämpferische Auseinandersetzungen kommen imAllgemeinen nur als letzter Ausweg vor, wenn Rückzugoder Flucht nicht möglich sind.18 Das Verstecken ist eineBewältigungsstrategie, die Katzen als Reaktion auf stress-reiche Situationen einsetzen, oder wenn sie Interaktionenmit Artgenossen, anderen Tieren oder Menschen vermei-den möchten.5 Durch rechtzeitiges Erkennen undentsprechendes Respektieren der etwas subtilerenAngstreaktionen können wir in vielen Fällen eineEskalation von Stressverhalten und damit möglicheVerletzungen bei Katzen verhindern.Ein weiterer Schutzmechanismus von Katzen besteht

darin, äußerlich erkennbare Anzeichen von Schwäche,Schmerz oder Krankheit zu vermeiden. Dieses für dasÜberleben unter natürlichen Bedingungen sehr wichtigeVerhalten hat aber leider oft auch zur Folge, dassKrankheitssymptome erst verspätet erkannt werden.Darüber hinaus führt diese Verhaltensstrategie nicht seltenzu dem falschen Eindruck, dass es sich bei Katzen umunabhängige Lebewesen handelt, die eine regelmäßigemedizinische Betreuung nicht benötigen. Die Aufklärungvon Besitzern über die wichtige Bedeutung einer vorbeu-genden Gesundheitsvorsorge und einer frühzeitigen the-rapeutischen Intervention sowie über die Kriterien für einfrühzeitiges Erkennen verhaltensassoziierter Krank-heitssymptome kann entscheidend zur Verbesserung vonGesundheit und Wohlbefinden der Katzen beitragen.

Soziale Strukturen von KatzenDie Spezies Katze hat ein sehr flexibles soziales System.

So können Katzen entweder allein leben oder sich zuGruppen zusammenschließen, wenn ausreichendRessourcen vorhanden sind. 19, 20 Unter der Voraussetzung,dass ausreichende Nahrungsquellen vorhanden sind, kön-nen weibliche Katzen, die in der Regel miteinander ver-wandt sind, in Kolonien zusammenleben und ihre Welpen

kollaborativ versorgen und aufziehen. Katerbewohnen in der Regel größere Reviere oderTerritorien, die ihnen ausreichend Ressourcenbieten, um als Einzelgänger überleben zukönnen.Katzen selektieren sehr sorgfältig ihre

bevorzugten Partner, bei denen es sich in derRegel um verwandte Artgenossen handelt. InGemeinschaft lebende Katzen zeigen ihregegenseitige Zuneigung unter anderemdurch gegenseitige Körperpflege und gegen-

Umweltbedürfnissewerden oft erst dann

berücksichtigt,wenn eine KatzeSymptome zeigt,

die dieAufmerksamkeitdes Besitzerserregen.

SPEC IAL ART ICLE / AAFP/ISFM guidelines on feline environmental needs

Abbildung 1 Katzen, diedie Gesellschaft vonArtgenossen genießen,schließen sich oft mitverwandten Individuenzusammen oder suchendie Gesellschaft vonKatzen, mit denen sie seitdem Welpenalterzusammen sind. Mitfreundlicher Genehmigungvon Ilona Rodan.

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JFMS CLINICAL PRACTICE 221

SPEC IAL ART ICLE / AAFP/ISFM guidelines on feline environmental needs

seitiges Reiben. Sie ruhen zusammen (Abbildung1) und spielen gelegentlich auch miteinander.Katzen ziehen es vor, am Kopf, imWangenbereich und am Kinn berührt zu werden,während Berührungen am Abdomen oderanderen Regionen des Körpers meist wenigerbeliebt sind und zu aggressivem Verhaltenführen können. Spezielle Gesichtsareale werdensowohl für die olfaktorische als auch für die tak-tile affiliative Kommunikation zwischen Katzeneingesetzt. Nachweislich handelt es sich dabeiauch um die Regionen, die bei Katzen die posi-tivsten Reaktionen auf menschlichen Kontaktauslösen. Im Allgemeinen reiben sich Katzen anihren Besitzern oder anderen Menschen, umdiese mit ihrem Geruch zu markieren und ihre Vertrautheitzum Ausdruck zu bringen.21Katzen fühlen sich in Mehrkatzenhaushalten oft

unwohl, wenn ihre Umweltbedürfnisse nicht berück-sichtigt werden. In vielen Fällen bleibt dies jedoch unent-deckt, bis die betroffenen Katzen in kämpferischeAuseinandersetzungen verwickelt werden,Verhaltensprobleme an den Tag legen oder stressbedingteErkrankungen entwickeln. Wir Menschen gehen oft davonaus, dass sich Katzen mögen, wenn sie sich zum Ruhenoder zur Nahrungsaufnahme zusammenfinden. DieseZusammenschlüsse entstehen unter Umständen aber nurdeshalb, weil Nahrung oder andere Ressourcen nur aneinem einzigen Ort zur Verfügung stehen. Viele Katzen inMehrkatzenhaushalten lernen, ihren Zugang zu gemein-schaftlichen Ruheplätzen oder Fütterungsstellen nach demPrinzip des „Time-Sharing“ zu organisieren und frequen-tieren diese Orte getrennt voneinander zu unter-schiedlichen Zeiten. Die Schaffung mehrererUmweltressourcen außerhalb der Sichtweite andererRessourcen bietet Katzen die Möglichkeit eines einfachenund ständigen Zugangs und vermittelt ihnen das wichtigeGefühl der Kontrolle über diese Ressourcen. Zu den zen-tralen Umweltressourcen gehören Futter, Trinkwasser,Katzentoiletten, Ruhe- und Schlafbereiche sowie erhöhteSitz- und Liegeflächen (Abbildung 2). Die nachfolgendenAbschnitte beschreiben die fünf Säulen einer katzen-gerechten, gesunden Umwelt und liefern detaillierteFakten zu den wichtigen Umweltressourcen. Der Zugangzu erhöhten Liege- und Sitzflächen erweitert den ver-tikalen Raum der Katze und ermöglicht ihr eineÜberwachung ihres Territoriums. Wenn sämtlicheRessourcen getrennt voneinander an unterschiedlichenOrten positioniert sind, können Katzen den direktenSichtkontakt zu Artgenossen vermeiden und somit dieKonkurrenz um Ressourcen, das gegenseitige „Mobbing“und Stressbelastungen auf ein Minimum reduzieren.20Katzen heißen fremde Artgenossen in ihrem

Territorium in der Regel nicht willkommen und zeigenEindringlingen gegenüber meist ein aggressivesVerhalten. Fremde Katzen, die sich dennoch weiterhinannähern und schließlich nicht mehr als fremd betra-chtet werden, können so mit der Zeit in die Gruppe inte-griert werden. Die Einführung einer neuen Katze ineinen Haushalt mit bereits heimischen Katzen sollte stetslangsam und schrittweise erfolgen, um die Vertrautheitzwischen den Katzen allmählich zu erhöhen. Wenn sichdie ansässigen Katzen nicht sicher fühlen und nicht dasGefühl haben, die Situation zu kontrollieren, wird es mit

der Ankunft eines neuen Bewohners unweigerlich zuStress und Konflikten kommen. Verfügen Katzen inMehrkatzenhaushalten dagegen über mehrere unter-schiedliche Verstecke, erhöhte Sitzflächen,Katzentoiletten sowie Futter- und Trinkwasserstellen,wird dies ihre Furcht vor Neuem mindern und ihnenein Gefühl der Kontrolle verleihen. Adulten Katzenfällt es im Allgemeinen leichter, Katzenwelpen zuakzeptieren, als andere adulte Katzen.22 Katzenbetreiben gegenseitige Fellpflege zudem eher mit ver-wandten Katzen als mit nicht verwandtenArtgenossen.23,24 Sollen mehrere Katzen neu aufgenom-men werden, sollten anstelle von Katzen aus unter-schiedlichen sozialen Gruppen vorzugsweise sozialmiteinander verbundene Tiere, wie zum Beispiel einGeschwisterpaar, gewählt werden.Das Alter zwischen zwei und sieben Wochen ist für

Katzenwelpen die kritische Phase für die Sozialisierungund Gewöhnung an Menschen, und damit eine Periodemit potenziell langfristigen Auswirkungen auf die spätereEntwicklung der Katze.12 Katzenwelpen, die währenddieser prägenden Periode positive Erfahrungen mitMenschen machen, entwickeln eine bessere Fähigkeit zurStressbewältigung, zeigen weniger Angst und lernen vieleDinge schneller als Katzenwelpen, die in diesem Alterkeinen positiven Umgang mit Menschen haben.24

Sinne und Kommunikation der KatzeIhre scharfen Sinne ermöglichen es der Katze, erfolgreich zujagen, vertraute Tiere und bekannte Territorien sicher zuerkennen und sich vor unbekannten Bedrohungen zuschützen. So sind Katzen beispielsweise in der Lage, dieUltraschallgeräusche von Nagetieren zu hören, um ihreBeute zu lokalisieren. Dieses hohe akustischeWahrnehmungsvermögen hilft ihnen aber auch, dieGeräusche potenzieller Gefahren zu identifizieren.12, 13 Lauteund unbekannte Geräusche, ob zu Hause in der gewohntenUmgebung oder in der Tierarztpraxis, können bei KatzenStress und Angst auslösen. Mit Hilfe ihres hervorragendenGeruchssinns sind Katzen in der Lage, von anderen Katzenhinterlassene chemische und olfaktorische Signale (zumBeispiel Markierungen durch Reiben) zu detektieren.Besuche in der Tierarztpraxis können für eine Katze weniger

Fünf Säulen einer katzengerechten UmweltSäule 1

Schaffung sicherer Rückzugsorte

Säule 2Multiple, räumlich voneinander getrennte Schlüsselressourcen:

Futter, Trinkwasser, Katzentoilette, Kratzgelegenheiten,Spielbereiche und Ruhe- oder Schlafzonen

Säule 3Schaffung von Möglichkeiten zum Ausleben des Spiel- und

Beuteverhaltens

Säule 4Schaffung positiver, regelmäßiger, berechenbarer und

vorhersehbarer sozialer Interaktionen zwischen Katze und Mensch

Säule 5Schaffung einer Umwelt, die die wichtige Bedeutung des

Geruchssinns der Katze respektiert

Abbildung 2 DerZugang zu erhöhtenLiege- und Sitzflächenermöglicht der Katzeeine Überwachung ihrerUmgebung. MitfreundlicherGenehmigung vonPatricia K Putnam

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stressreich sein, wenn der Besitzer einen vertrautenGegenstand mit dem Eigengeruch der Katze mitnimmt,wie zum Beispiel ihre übliche Liegeunterlage.Synthetische Gesichtspheromone der Katze imitierennatürliche Pheromone, mit denen die Katze Objektemarkiert, indem sie ihr Gesicht daran reibt. Anunbekannten Orten oder in stressreichenSituationen können diese Pheromone eineberuhigende Wirkung auf Katzen haben.25, 26Ein großer Teil der Kommunikation unter

Katzen ist darauf ausgerichtet, unnötigeAuseinandersetzungen über Nahrung undTerritorium zu verhindern und die Risikeneines aktiven Kampfes zu vermeiden. 20 Katzenkommunizieren in erster Linie mit Hilfe vonMarkierungen und Körperhaltungen. DasMarkieren ist ein insbesondere inMehrkatzenhaushalten zu beobachtendes physiologis-ches Verhalten und umfasst das Kratzen an Objekten mitden Krallen und das Reiben des Gesichts oder des Körpersan Gegenständen, das Harnspritzen unddas Kotmarkieren.27 Harnspritzen kastri-erter Katzen im Haus oder in derWohnung kann die Folge eines erhöhtenUmweltstresses sein. Für ihreKommunikation mit Hilfe derKörperhaltung setzen Katzen ihrengesamten Körper, ihren Schwanz undihr Gesicht ein. Die Kommunikationüber das Gesicht mit Hilfe der Ohren,Augen und Tasthaare dient imUnterschied zur Kommunikation überKörperhaltungen eher der unmittelbarenReaktion.28 Durch Berücksichtigung undrichtiges Interpretieren vonKörperhaltungen und Lautäußerungenkönnen das Praxispersonal und nachentsprechender Schulung auch dieBesitzer die ersten Anzeichen sichanbahnender Konflikte zwischen felinenPatienten während einer Untersuchungoder bei anderen Begegnungen in derPraxis rechtzeitig erkennen und dadurcheine Eskalation vermeiden.Säule 1 – Schaffung

sicherer Rückzugsorte

BeschreibungEin sicherer Ort ist ein privater undgeschützter Bereich, oft in einer erhöhtenPosition, der einer Katze ein Gefühl vonAbgrenzung, Abschottung oderAbgeschirmtheit verleiht. Es handelt sichalso um einen Bereich, in den sich eineKatze zurückziehen kann, um sich sich-er und geschützt zu fühlen. Kann eineKatze eine potenzielle Bedrohung nichtsehen, fühlt sie sich an einem solchen Ortselbst dann sicher, wenn nicht der ganzeKörper vollständig verborgen ist. Ist die

Katze völlig entspannt, kann ein sichererRückzugsort auch als Ruhe- oder Schlafplatz

dienen.

MethodenSchaffung individueller Versteckmöglichkeiten für die KatzeKartons, Transportboxen� Ein auf der Seite liegender Pappkarton ist eine guteVersteckmöglichkeit mit einfachem Zugang undschützendem Dach und bietet damit einen sicherenRückzugsort vor einer als Bedrohung wahrgenommenenSituation. � Eine erhöhte Sitzfläche auf dem Dach einer Box sorgtdafür, dass sich die Katze sicher und geschützt fühlt(Abbildung 3). � Eine Katzentransportbox ist ein transportabler, sichererRückzugsort mit einem für die Katze vertrauten Geruch(Abbildung 4). Zu vermeiden sind Transportboxen, die keinvollständiges Verbergen ermöglichen (z. B. offeneDrahtkäfige). Alternativ kann ein Teil einer offeneinsehbaren Box mit einem Handtuch abgedeckt werden,um einen geschützten Raum zu schaffen. � Zur Schaffung eines für die Katze vertrautenGeruchsumfeldes legt man die gewohnte Liegeunterlageder Katze oder ein Kleidungsstück mit dem Geruch einerbekannten Person in die Box.� Bei Boxen mit abnehmbarem Oberteil kann dietierärztliche Untersuchung auch an der im Bodenteilsitzenden Katze durchgeführt werden.Erhöhte Sitzflächen und Regale� Erhöhte Sitz- und Liegeflächen sollten ausreichend breitund lang sein, damit sich die Katze vollständig ausstreckenkann.� Eine hängemattenartige Vertiefung in der Mitte einererhöhten Liegefläche unterstützt das Geborgenheitsgefühlder Katze (Abbildung 5).Weitere Überlegungen� Die Entscheidung, ob eine Katze ausschließlich „indoor“gehalten wird, oder freien Zugang nach draußen bekommt,liegt beim Besitzer und wird unter anderem durchlandesspezifische Einstellungen zur Katzenhaltung, örtlichegesetzliche Bestimmungen und die „Katzensicherheit“ derUmgebung beeinflusst.� Nach Möglichkeit sollten Katzen auch draußen in ihrernatürlichen Umgebung freien Zugang zu geschützten Ortenhaben. Ein sicherer Rückzugsort im Freien schützt die Katzevor Verletzungen und vor dem Kontakt mit Raubtieren undstreunenden Katzen, und senkt damit das Risiko einerÜbertragung von Infektionskrankheiten (Abbildung 6a).

Säule 1 – HintergrundKatzen können zwar sehr gut sowohl allein als auch in einersozialen Gruppe leben, auf die Jagd gehen sie aber stets alsEinzelgänger. Das Risiko, sich zu verletzen, stellt eine ernsteGefahr für das Überleben einer Katze dar. Aus diesem Grund neigenKatzen eher zu „Vermeidung und Flucht“ als zu einer direktenKonfrontation mit einer als Bedrohung wahrgenommenen Situation.Ein sicherer Ort ermöglicht es der Katze, sich einer als bedrohlich oderunbekannt eingeschätzten Situation zu entziehen. Sämtliche Sinneder Katze sind auf das Entdecken bedrohlicher Situationen aus-gerichtet. Wichtige Kriterien sind dabei fremde Gerüche, laute oderfremde Geräusche, unbekannte Objekte und die Anwesenheitunbekannter oder mit Abneigung bedachter Tiere. DieSensitivität für als Bedrohung wahrgenommene Situationenvariiert von Katze zu Katze. Mit der Möglichkeit zumRückzug ist die Katze in der Lage, eine gewisseKontrolle über ihre Umwelt auszuüben, die

sie an sich als zufriedenstellendempfindet.5,29,30

Abbildung 4 Eine Transportbox ist eintransportabler, sicherer Ort, an den sich eineKatze zurückziehen kann. itself. Mit freundlicherGenehmigung von Sarah Ellis

Abbildung 3 Diese Kiste hat mehrereMerkmale eines „sicheren Ortes“ fürKatzen. Die Katze kann sich ins Innere derKiste zurückziehen, aber weiterhin ihreäußere Umgebung betrachten. Darüberhinaus verfügt sie über eine erhöhteSitzfläche zur Beobachtung der Umgebungund zur Bewahrung eines Gefühls derIsolation. Mit freundlicher Genehmigung vonSarah Ellis

Abbildung 5 Ein idealer Sitz- undLiegeplatz für eine Katze ist erhöht, verfügtüber eine gepolsterte Fläche und hat einehängemattenartige Vertiefung, die derKatze ein gewisses Gefühl derGeborgenheit verschafft. Mit freundlicherGenehmigung von Deb Givin

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SPEC IAL ART ICLE / AAFP/ISFM guidelines on feline environmental needs

JFMS CLINICAL PRACTICE 223

Das Spazierengehen an der Leine ist einealternative Möglichkeit für den sicherenFreigang, vorausgesetzt, die Katze ist andie Leine und das Brustgeschirr gewöhntund wird so locker geführt, dass sieihren Bewegungsradius in gewissemRahmen selbst bestimmen kann(Abbildung 6b).� In Mehrkatzenhaushalten solltensichere Zufluchtsorte stets mehr als einenEingang haben, damit der Zugang nichtvon anderen Katzen blockiert werden kann. � Die Anzahl sicherer Rückzugsorte mitausreichend Platz für eine Katze sollte mindestensder Anzahl der im Haushalt lebenden Katzenentsprechen.� Sichere Rückzugsorte sollten sich an räumlichvoneinander getrennten Bereichen in der Wohnungbefinden.� Für Katzenwelpen und für ältere Katzen miteingeschränkter Beweglichkeit sollten Boxen, erhöhteSitzflächen und Regale in relativ geringer Höhezugänglich oder über Rampen leicht erreichbar sein. � Eine dauerhaft und leicht zugänglicheKatzentransportbox ist ein mobiler Rückzugsort fürKatzen, der Stress im Zusammenhang mit Transportenoder Umweltveränderungen reduzieren kann.� Zur Minderung von Stress und Angst beimTierarztbesuch sollten Katzen in der Praxis/Klinik stets

räumlich getrennt von Hunden untergebracht werden.� In tierärztlichen Praxen müssen sichere Rückzugsorte fürKatzen bauartbedingt leicht zu reinigen und zu desinfizierensein (z. B. Plastikboxen für Katzen, abwaschbar beschichteteRegale oder erhöhte Sitzgelegenheiten) oder nach einmaligerVerwendung entsorgt werden (z. B. Pappkarton). � Auch in der tierärztlichen Praxis sollte ein sichererZufluchtsort der Katze die Möglichkeit geben, ihreUmgebung zu überwachen, zum Beispiel durch Verhängennur eines Teils der Käfigtür mit einem Handtuch. Besonderswichtig ist dies bei neu aufgenommenen oderrekonvaleszenten Katzen.

Säule 2 – Multiple, räumlich voneinandergetrennte Schlüsselressourcen

BeschreibungSchlüsselressourcen sind Nahrung, Trinkwasser,Katzentoiletten, Kratzmöglichkeiten, Spielgelegenheitenund Ruhe- und Schlafbereiche. Schlüsselressourcensollten stets an mehreren Orten zur Verfügung stehen.In Mehrkatzenhaushalten, um getrennte Zugänge zuschaffen, in Haushalten mit nur einer Katze, um derKatze mehrere Wahlmöglichkeiten zu bieten. JedeSchlüsselressource sollte einen eigenen, von den anderen

Ressourcen räumlich getrennten Platz haben. 8, 23

MethodenSämtliche wichtige Umweltressourcen, also Katzentoiletten,Futternäpfe, Trinkwasserschalen, Ruhe- oder Schlafbereicheund Kratzbäume (Abbildung 7) – sollten an verschiedenenOrten angeboten werden. Zum einen steht der Katze dadurchein erweiterter Lebensbereich zur Verfügung, und zumanderen werden die Ressourcen räumlich voneinandergetrennt. Eine Katze sollte bei jeder Ressource eineWahlmöglichkeit haben, das heißt, es sollten mindestens zweiRuhebereiche, zwei Fütterungsbereiche und zweiKatzentoiletten zur Verfügung stehen. Auch Futter- undTrinkwasserbereich sollten voneinander getrennt sein.Individuelle Fütterungsstellen gewähren die Privatsphäre, dieerforderlich ist, um Stress im Zusammenhang mitKonkurrenzkämpfen um Nahrung zu vermeiden. InMehrkatzenhaushalten sorgt eine räumliche Erweiterung desLebensbereiches dafür, dass Katzen nicht in engerNachbarschaft zueinander fressen und trinken müssen.

Weitere Überlegungen � Wenn immer möglich, sollten Schlüsselressourcen auch imFreien stets an mehreren Orten zur Verfügung gestellt werden.� Ein ständiger Zugang zu frischem Trinkwasser kann im

Freien über Wasserbrunnen oderRegenwassersammelgefäße gesichert werden.� Geeignete Toilettenbereiche im Freien sindnatürliche Flächen, die mit einem Rechen gereinigtwerden können, wie zum Beispiel Sand- oderErdboden, in dem Katzen ihreHinterlassenschaften vergraben können.Gleichzeitig sollten diese Flächen aber einausreichendes Maß an Ruhe und Privatsphärebieten.� Geeignete Kratzbereiche im Freien sindnatürliche Baumstämme oder mit Sisalmattenverkleidete vertikale Holzpfosten (Abbildung 7a).

Säule 2 – HintergrundDa sich Katzen vorwiegend als Einzelkämpfer durchsLeben schlagen, müssen sie freien Zugang zuSchlüsselressourcen haben, ohne dabei von anderenKatzen herausgefordert oder von potenziellenBedrohungen eingeschränkt zu werden. Die räumlicheTrennung verhindert Konkurrenzkämpfe um denZugang zu Ressourcen und mindert das Risiko derEntstehung von Stress und stressbedingterErkrankungen. Darüber hinaus wird dadurchauch das natürliche Erkundungs- und

Bewegungsbedürfnis vonKatzen befriedigt.

Abbildung 6 Beispiele für eine sichere Umwelt für Katzen im Freien: (a) EingezäunterBereich mit verschiedenen Einrichtungen, die es der Katze ermöglichen, sich zuverstecken, sich zu bewegen und zu spielen. (b) Leine mit Brustgeschirr für Spaziergängeim Freien. Mit freundlicher Genehmigung von Ilona Rodan

a b

a b

Abbildung 7 Zwei Beispiele fürgeeignete Kratzmöglichkeiten:(a) Ein mit einer Sisalmatteverkleideter Pfosten und (b)eine Kratzmatte. . Mitfreundlicher Genehmigung vonSarah Ellis (a) und Deb Givin (b).

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� Um das Risiko einer Übertragung von Krankheitenund Bedrohungen der Sicherheit der Katze zuminimieren, sollte die Fütterung nach Möglichkeitnicht im Freien stattfinden, insbesondere nicht,wenn andere Tiere freien Zugang zumFütterungsbereich haben.� Mindestens ein Ruhebereich in der Wohnung,wie zum Beispiel eine erhöhte Sitz-undLiegefläche, sollte der Katze auch freie Sichtnach draußen ermöglichen.� Zwischen Katzentoilette und anderenUmweltressourcen sollte stets eine großzügigeräumliche Trennung bestehen.� In einem Mehrkatzenhaushalt kann eine Katzeentweder Teil einer sozialen Gruppe sein (sieheKasten auf Seite 224) oder als Einzelgänger leben. Ineinem Haushalt können sich so auch mehrere sozialeGruppen bilden. In jedem Fall muss eine ausreichendeTrennung der Ressourcen gewährleistet sein, damit alleEinzelkatzen und alle sozialen Gruppen stressfrei lebenkönnen.� Jede Katze in einem Haushalt sollte ihre eigenen, vonden anderen Artgenossen getrennten Futterstellen haben.� Jede Gruppe in einem Haushalt sollte über räumlichgetrennte Ressourcen verfügen, damit der Zugang nicht

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mit anderen sozialen Gruppen geteilt werden muss.� Käfige für stationäre feline Patienten sollten ausreichendgroß sein, um eine angemessene Verteilung von Ressourceninnerhalb des Käfigs zu ermöglichen. So sollten Ruhebereichund Versteckmöglichkeiten getrennt von Futter undTrinkwasser positioniert sein. Die Katzentoilette muss stetsdeutlich getrennt von Futter- und Wassernäpfen aufgestelltwerden. � Um die räumliche Trennung zwischen den Ressourcen zuoptimieren, können Katzen in Doppelkäfigen oder größerenHundekäfigen untergebracht werden.� Katzen sollten in tierärztlichen Praxen und Kliniken stetsräumlich getrennt von Hunden untergebracht werden, umAngst und Stress zu mindern.� Im Idealfall sollten sich Katzenkäfige nicht unmittelbargegenüber stehen, um einen direkten Augenkontakt zuvermeiden. Ist dies nicht möglich, können die Türen derKäfige mit einem Sichtschutz versehen oder der Abstandzwischen den Käfigen so groß wie möglich gewählt werden.� Katzenkäfige sollten nicht direkt auf dem Boden stehen,sondern nach Möglichkeit etwas erhöht, beispielsweise aufeiner Bank.

Säule 3 – Schaffung von Möglichkeiten zumAusleben des Spiel- und Beuteverhaltens

BeschreibungKatzen sollten stets die Möglichkeit haben, ihr natürlichesBeutefang- und Jagdverhalten auf spielerische Weiseauszuleben. Geeignet hierfür sind entsprechende Spielzeuge,spielerische Interaktionen mit dem Besitzer oder sozial kom-

patiblen Artgenossen, sowie spezielle Futterspenderund Fütterungspraktiken, die die Katze dazu anr

Es gibt eine Reihe von charakteristischen Verhaltensmustern, die imAllgemeinen nur unter Katzen derselben sozialen Gruppe zu beobachten sind.In einem Mehrkatzenhaushalt kann man anhand folgender Verhaltensweisenerkennen, welche Katzen derselben sozialen Gruppe angehören und somit übergruppenspezifische Umweltressourcen verfügen sollten:

H i nwe i s e a u f e i n e Zugehö r i g ke i t vo nKa t zen z u r s e l b en s o z i a l e n G r uppe

Abbildung 8 Gegenseitiges Reiben der Körper und Umschlingen der Schwänze (a) sowiegegenseitige Fellpflege (b) sind Verhaltensweisen, die darauf hindeuten, dass Katzenderselben sozialen Gruppe angehören und über Umweltressourcen verfügen sollten, dieräumlich getrennt sind von denen anderer Katzen oder anderer sozialer Gruppen. Mitfreundlicher Genehmigung von Anne Marie Dossche (a) und Sarah Ellis (b)

� Gegenseitiges Reiben des Gesichts und des Körpers� Gegenseitiges Umwickeln der Schwänze (Abbildung 8a)� Ruhen oder Schlafen mit Körperkontakt oder in unmittelbarer Nähe zueinander

� Gemeinsames Spielen.� Gegenseitige Fellpflege (Abbildung 8b).

gen, sich aktiv um ihr Futter zu bemühen.

MethodenKatzen sollten die Gelegenheit bekommen,möglichst viele Aspekte des obenbeschriebenen sequenziellenBeutefangverhaltens auszuleben.Geeignet hierfür sind verschiedene Spiel-und Fütterungsaktivitäten.Simulieren des Beutefangverhaltens mitHilfe von Futter

� Futter an unterschiedlichen Stellenverstecken.

� Trockenfutterkroketten verstreuen oderwerfen, damit die Katze hinterherjagen muss.

� Futterspendende Spielzeuge wie die so genannten„Puzzle-Feeder“, selbst gebaute oder kommerzielleBeschäftigungs- und Intelligenzspielzeuge mit Belohnungdurch Futter zur Förderung kleiner und häufigerMahlzeiten (Abbildung 9).Förderung von Bewegung und Simulieren desBeutefangverhaltens durch Spielen� Mit Hilfe einer Rute oder Angel, an deren freiem Ende einfell- oder federartiges Spielzeug befestigt wird, kann einefliegende oder auf dem Boden laufende Beute imitiertwerden.� Man lässt die Katze das Spielzeug schließlich fangen, umauch das Schlagen der Beute zu simulieren (Abbildung 10).� Nach dem Spielen oder nach einer erwünschtenInteraktion mit dem Besitzer wird die Katze mit einemSnack belohnt.

Käfige für stationäre Patienten sollten ausreichend groß sein,um eine Verteilung von Ressourcen innerhalb des Käfigs zuermöglichen. Ruhebereich und Versteckmöglichkeiten sollten

getrennt von Futter und Trinkwasser positioniert sein.

a b

Säule 3 – HintergrundKatzen zeigen instinktiv ein sequenziellesBeutefangverhalten, bestehend aus der Suche nach Beute,dem Anpirschen, Verfolgen und Schlagen, dem Töten, undschließlich dem Zerlegen und dem Fressen. Dieses instinktges-teuerte Beutefangverhalten ist auch bei gut gefüttertenHauskatzen zu beobachten.31 Für Katzen, die entsprechendeMöglichkeiten haben, füllt das Jagen einen großen Teil ihrertäglichen Aktivitäten aus und verlangt einen beträchtlichenphysischen und mentalen Einsatz.32 Katzen ohne Möglichkeit,dieses natürliche Beutefangverhalten auszuleben, neigenhäufiger zu Problemen wie Adipositas, Langweile oderFrustration, die sich in Form von übertriebenerFellpflege, stressbedingten Erkrankungen oderfehlgeleitetem aggressiven Verhalten

äußern können.33, 34

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JFMS CLINICAL PRACTICE 225

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� Geeignet sind Spielzeuge, die Katzen intensiv mitihren Pfoten oder ihrem Maul bearbeiten könnenund Futter spendende Spielzeuge.� Empfehlenswert sind Spielzeuge mit Federn oderFell, die durch die Luft oder über den Bodengeschleudert werden (Simulieren fliegender oderlaufender Beutetiere) und auf die sich Katzen nacherfolgreicher Jagd stürzen können (Simulieren desSchlagens einer Beute).� Vorteilhaft sind große, weiche Spielzeuge, dieKatzen mit ihren Krallen und Zähnen bearbeitenkönnen. � Spielzeuge können in Puzzle-Boxen oder ananderen Stellen versteckt werden, um das Suchen,das Erkunden und das Ergreifen zu fördern.� Verschiedene Katzenspielzeuge rotierendanwenden, um eine Gewöhnung und Langweile zuvermeiden.35� Bei jeder Art von Spiel sollte der Einsatz vonHänden und Füßen vermieden werden, umVerletzungen der Katze oder des mit der Katzespielenden Menschen auszuschließen.

Weitere Überlegungen� Im Freien gibt es mehr Platz für interaktivesSpielen und aktives Stimulieren natürlicherVerhaltensweisen wie Jagen, Springen und Beuteschlagen..

� In Mehrkatzenhaushalten muss sichergestelltsein, dass eine ausreichende Anzahl vonSpielzeugen an verschiedenen, voneinandergetrennten Orten zur Verfügung steht, umKonkurrenzkämpfe und soziale Spannungen zuvermeiden.� In Mehrkatzenhaushalten sollten Besitzer miteinzelnen Katzen zu unterschiedlichen Zeiten undan unterschiedlichen Orten spielen.� Auch ältere Katzen benötigen spielerischeAktivitäten, Art und Intensität müssen jedochindividuell angepasst werden.� Katzenwelpen haben in der Regel ein größeresBedürfnis, mit anderen Katzen zu spielen, undmöchten im Allgemeinen intensiver und längerspielen als adulte und ältere Katzen.� Um Verletzungen zu vermeiden, solltenKatzenwelpen nur Spielzeuge und Futterspenderbekommen, die ihrer Körpergröße angepasst sind.� Sämtliche Spielzeuge mit Schnüren oder anderen

Abbildung 9 (a) Dieses aus leeren Toilettenpapierrollen selbst gebaute Fütterungsgerät kombiniert dieNahrungsaufnahme mit einem spielerischen Element. (b) Futterbehältnisse aus Plastik oder Eierkartonssind gute Alternativen. (c) Ein kommerziell erhältlicher Futterball simuliert das Jagd- undBeutefangverhalten. Mit freundlicher Genehmigung von Adrian Bovey (a und b) und Sarah Ellis (c)

b c

a

Abbildung 10 Spielzeuge mit Federnfördern die Bewegung und simulierendie Beute einer Katze. Mit freundlicherGenehmigung von Ilona Rodan.

Tierärzte können ihr Leistungsspektrum erweitern undaufwerten, indem sie Umweltanforderungen ihrer Patientenanalysieren und Patientenbesitzer bei der Entwicklung von

Strategien zu ihrer Verbesserung unterstützen.

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Teilen, die von Katzen abgeschluckt werden können,sollten nach dem Spielen entfernt werden.� Spielzeuge mit kleinen, verschluckbaren Teilen oderGlöckchen sind zu vermeiden, oder die entsprechendenKomponenten müssen entfernt werden, bevor Katzenfreien oder unbewachten Zugang erhalten.� In Käfigen untergebrachte Katzen sollten keineFutterbälle aus Hartplastik oder andere harte Spielzeugebekommen, da diese laute Geräusche verursachen, wennsie gegen die Käfigwand schlagen.� Rekonvaleszente Katzen sollten nach Möglichkeitinteraktive Spielmöglichkeiten außerhalb ihres Käfigshaben, angepasst an ihre körperlichen Einschränkungen.� Konstanz und Regelmäßigkeit bei Betreuungspersonalund Spielzeiten schaffen Vertrautheit und reduzierenStress während der Rekonvaleszenz.

Säule 4 – Schaffung positiver,regelmäßiger, berechenbarer undvorhersehbarer sozialer Interaktionenzwischen Katze und Mensch

BeschreibungKatzen sind Gesellschaftstiere, die von regelmäßigen, freundlichen und berechenbaren sozialen Interaktionenmit Menschen profitieren. Regelmäßiger, positiverUmgang mit der Katze vom frühen Alter an, führt zu pos-itivem Verhalten, reduzierter Ängstlichkeit, geringererStressempfindlichkeit im späteren Leben und schließlichauch zu einer stärkeren Mensch-Katze-Bindung. SozialePräferenzen unterscheiden sich von Katze zu Katze zumTeil erheblich und werden von Faktoren wie der Genetik,den Bedingungen der frühen Aufzuchtphase undLebenserfahrungen beeinflusst.35 Viele Katzen bevorzu-gen eher häufige und zeitlich begrenzte soziale Kontaktegeringer Intensität mit ausgewählten Menschen, einSzenario, das ihnen ein gutes Maß an Kontrolle gewährt.Unter diesen Bedingungen sind Katzen in der Lage, ihreInteraktionen mit Menschen eigenständig zu beginnen, zugestalten und wieder zu beenden.MethodenInteraktionen mit einer Katze dürfen niemals erzwungenwerden. Die Katze muss stets in der Lage sein, den

Beginn, die Art und die Intensität des Kontaktes mit einemMenschen selbst zu bestimmen und zu kontrollieren.Menschen sollten sich für die Kontaktaufnahme auf dieHöhe der Katze herabbegeben, einen direktenAugenkontakt vermeiden und der Katze ausreichend Zeitgeben, sich anzunähern und körperlichen Kontaktaufzunehmen. Zudem sollte die Katze ausreichendGelegenheit haben, die Hände des Menschen zubeschnuppern, um so allmählich Vertrauen zu gewinnen.Wenn die Katze erkennbar einen entspannten Eindruckmacht und offensichtlich interagieren möchte (sieheKasten unten), erfolgt die Kontaktaufnahme am bestendurch sanftes Streicheln des Kopfes und desWangenbereiches.21 Ruhiges Sprechen mit der Katze kannebenfalls zum Wohlbefinden und zur Entspannung derKatze beitragen. Beendet die Katze von sich aus eineInteraktion, indem sie sich entfernt, darf weiterer Kontaktnicht erzwungen werden. Die individuellen Präferenzenvon Katzen bestimmen, inwieweit sie Interaktionen mitMenschen, wie zum Beispiel gestreichelt werden,Fellpflege, Spielen oder angesprochen werden, hochge-hoben werden und Sitzen oder Liegen auf dem Schoßakzeptieren. Katzenbesitzer sollten stets bemüht sein, dieindividuellen Präferenzen jeder ihrer Katzen her-auszufinden, da sie nur so eine starke Bindung zu ihrenfelinen Mitbewohnern aufbauen können.

Weitere Überlegungen� Um Spannungen in einemMehrkatzenhaushalt zu vermeiden,sollte jede Katze ein gewisses Maßan individuellerAufmerksamkeit des Menschenohne Intervention durchandere Katzen erhalten.� Katzen sollten bereitswährend ihrer prägendenSozialisierungsphase im Alterzwischen zwei und siebenWochen an den Umgang mit

Menschen gewöhnt werden.36Sanftes Handling durch den

Menschen in dieser Lebensphase hateinen positiven und nachhaltigen Effekt auf

die Beziehung zu Menschen und führt zu eineranpassungsfähigeren und wenigerstressempfindlichen adultenKatze. Negative Erfahrungenwährend dieser Phase könnendagegen zu lang anhaltender oderdauerhaft vermehrterÄngstlichkeit führen.37� Katzenwelpen möchten oftlänger interaktiv mit Menschenspielen als adulte oder ältereKatzen.� Im Idealfall solltenKatzenwelpen während ihrerprägenden Sozialisierungsphasevon mindestens vierverschiedenen Personen betreutwerden, um die Wahrnehmung zuverankern, dass Menschen generell

Anze ichen fü r En tspannung und d ie Bere i t scha f te ine r Ka tze , m i t Menschen zu i n te rag ie ren

� Langsames Zwinkern.� Schnurren.� Reiben des Gesichts oder Drücken des Kopfes gegen dieHand oder andere Körperteile des Menschen (Abbildung 11).� Versuche, auf den Schoß eines Menschen zu klettern.� Suche nach enger körperlicher Nähe zum Menschen.� Drücken des Körpers gegen die Hand einer Person, dienicht mit der Katze interagiert.� Entspanntes Rollen auf die Seite und Exponieren derBauchunterseite (Berührungen des Bauches sollten allerdingsvermieden werden, da viele Katzen in diesem Bereichbesonders empfindlich sind und hier nicht immer gern berührtwerden möchten).Abbildung 11 Das Stoßen mit dem Kopf ist ein Signal für den Wunschnach Aufmerksamkeit durch den Menschen. Die richtige Reaktion desMenschen wäre sanftes manuelles Reiben oder Streicheln des Kopfes,wenn die Katze dies zulässt. Mit freundlicher Genehmigung von Irene Rochlitz

Säule 4 – HintergrundAffiliative Verhaltensweisen unter Katzen sind einewesentliche Voraussetzung für den Erhalt positiverBeziehungen zwischen Artgenossen. ÄhnlicheVerhaltensweisen werden oft aber auch gegenüber bevorzugtenMenschen gezeigt, zum Beispiel das Reiben des Kopfes oder desKörpers an einer Person, das Sitzen auf dem Schoß und in einigenFällen sogar das Belecken der Haut eines Menschen als Versuchder „Fellpflege“. Unter Katzen gibt es jedoch ein sehr breitesSpektrum unterschiedlicher Präferenzen, die unter anderem vonder Genetik und von Erfahrungen während der frühenAufzuchtphase beeinflusst sein können. Werden sozialePräferenzen von Katzen nicht ausreichend respektiert, kön-nen Probleme wie Aggression gegen Artgenossen oderMenschen, stressbedingte Erkrankungen oderUnsauberkeitsprobleme (Kot-/Harnabsatz an

ungeeigneten Stellen) entstehen.

Katzen sindGesellschaftstiere,

die vonregelmäßigen,freundlichen undberechenbaren

sozialenInteraktionen mit

Menschenprofitieren.

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nicht gefürchtet werden müssen.36 Untersuchungenzeigen, dass mehrere kurzzeitige Kontakte über insgesamteine Stunde pro Tag zur Entwicklung freundlicher,adulter Katzen führen.38� Wenn die Katze im Alter von zwei bis drei Jahren ihresoziale Reife erlangt, müssen Art und Intensität derInteraktionen an die sich ändernden Bedürfnisseangepasst werden, das heißt, seltenere und kürzereSpielphasen.� Die Präferenzen einer Katze bezüglich ihrerInteraktionen mit Menschen können sich mitzunehmendem Alter, abnehmender Sinnesschärfe undzunehmend eingeschränkter Mobilität verändern. Sokann zum Beispiel eine Katze, die es bislang immergeliebt hat, hoch gehoben zu werden oder auf dem Schoßeines Menschen zu liegen, es mit höherem Alterzunehmend vorziehen, an einem ihrer Ruhebereichegestreichelt zu werden. Zu berücksichtigen ist dabeijedoch stets, dass Veränderungen von Verhaltensweisenoder Interaktionen auch auf ein zugrunde liegendesmedizinisches Problem zurückzuführen sein können. Beieinem entsprechenden Verdacht sollte die Katze deshalbunverzüglich tierärztlich untersucht werden.� Ein regelmäßiger, berechenbarer und freundlicherKontakt mit Menschen ist wichtig für dasWohlbefinden einer im Käfig gehaltenen Katze, zumBeispiel im Tierheim oder in der Station einertierärztlichen Praxis. Ausmaß und Intensität des vonder Katze zugelassenen Kontaktes hängen jedoch vomGrad ihrer Sozialisierung ab.39

Säule 5 – Schaffung einer Umwelt, diedie wichtige Bedeutung desGeruchssinns der Katze respektiert

BeschreibungIm Unterschied zum Menschen setzen Katzen in hohemMaße olfaktorische und chemische Informationen ein, umihre Umgebung zu beurteilen und ihr Gefühl vonSicherheit, Vertrautheit und Behaglichkeit zu maximieren.Olfaktorische Signale erhält die Katze über zahlreiche ver-schiedene Gerüche, die mit der Nase wahrgenommenwerden. Chemische Informationen werden dagegen mitdem vomeronasalen Organ (Jacobson-Organ) detektiert.Dabei handelt es sich um ein akzessorischesGeruchsorgan, das der Wahrnehmung von Pheromonendient. Pheromone sind chemische Botenstoffe, die derÜbertragung von Informationen zwischen Individuen der-

selben Art dienen (siehe Kasten). Katzensetzen olfaktorische und pheromonaleSignale durch Reiben des Gesichtsund des Körpers ab (Abbildung 13).Sie markieren dadurch insbeson-dere die Grenzen der Kernzoneihres Territoriums, in der sie sichbesonders sicher und geborgenfühlen. Menschen sollten stetssehr sorgfältig darauf bedachtsein, die olfaktorischen undchemischen Signale und dasGeruchsprofil im Lebensbereich

einer Katze nicht zu stören.

Methoden� Zu vermeiden ist die Anwendung von Produkten

oder Substanzen (parfümierte Reinigungsmittel,Waschmittel, Katzenstreu oder anderes Katzenzubehör),die geeignet sind, die sensorische Wahrnehmung derKatze oder das Geruchsprofil ihrer vertrauten Umgebungzu stören.� Schuhe und Einkaufstaschen sollten nach Möglichkeitim Eingangsbereich abgestellt werden, um fremdeGerüche von draußen nicht in der Wohnung zuverbreiten.� Synthetische Pheromone reduzieren Angst, fördern dieFellpflege, steigern das Interesse am Futter und förderndie richtige Nutzung der Katzentoilette.26� Neue Gegenstände sollten mit dem Geruchsprofil derKatze „kontaminiert“ werden, indem man diese Objektezum Beispiel mit einer Decke abreibt, die zuvor inKontakt mit den Geruchsdrüsen einer Katze währendeiner positiven Interaktion mit Menschen war. Alternativkönnen neue Gegenstände mit einem synthetischenfelinen Pheromon in Sprayform behandelt werden.� Anbieten artgerechter Kratzmöglichkeiten, die Katzenmit ihrem Geruch über die Drüsen ihrer Pfotenballenmarkieren können.� Bereiche, die die Katze mit ihrem Gesicht markiert(Abbildung 13b), sollten nicht gereinigt werden, außer inder tierärztlichen Praxis aus hygienischen Gründen nachder Entlassung eines Patienten.� Die Liegeunterlagen einer Katze sollten immer

Katzen analysieren von ihnen selbst oder von anderenKatzen produzierte Gerüche und chemischeSignale. Diese chemischen Botenstoffe dienender innerartlichen Informationsübertragungund werden als Pheromone bezeichnet.Gerüche werden mit der Nasewahrgenommen, während Pheromonemit Hilfe des im harten Gaumenlokalisierten vomeronasalen Organsdetektiert werden. Katzen bildenPheromone in verschiedenenGeruchsdrüsen am Körper (Abbildung12) und setzen sie für dieKommunikation mit anderen Katzen ein,aber auch, um ihre Vertrautheit und ihrWohlbefinden im eigenen Territorium zuerhöhen. Katzen geben diese Pheromone anihre Umgebung ab, indem sie ihr Gesicht anGegenständen reiben oder Kratzmarkierungen mitihren Krallen setzen, um so ein Gefühl der Sicherheitund Vertrautheit in ihrem eigenen Territorium zuschaffen..

Wie Ka t zen Phe romone e i n s e t zen

Abbildung 12Lokalisationen vonDuftdrüsen der Katze

Perioral

Interdigital

Kaudal

Temporal

Wange

Schwanz

b

a

Abbildung 13 Durch Reibendes Gesichts sondert dieKatze Pheromone ab (a). Umdie „olfaktorischeKontinuität“ zu erhalten,sollten mit dem Gesichtmarkierte Stellen nichtgereinigt werden (b). Mitfreundlicher Genehmigung vonSarah Ellis (a)

Säule 5 – HintergrundVerglichen mit dem Menschen sind Katzen bei derErkundung und Einschätzung ihrer Umwelt in sehr vielstärkerem Maße von chemischen und olfaktorischenInformationen abhängig. Wenn Katzen bedrohlicheolfaktorische oder pheromonale Informationenwahrnehmen, oder nicht in der Lage sind, ihre sen-sorischen Signale auf artgerechte Weise zu exprim-ieren, kann problematisches Verhalten entstehen, wiezum Beispiel Unsauberkeit (Kot-/Harnabsatz anungeeigneten Stellen), Kratzen an ungeeignetenStellen oder stressbedingte Erkrankungen(z. B. Harnwegserkrankungen).

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SPEC IAL ART ICLE / AAFP/ISFM guidelines on feline environmental needs

� Schwören Sie Ihr Praxisteam darauf ein, Umweltbedürfnissefeliner Patienten zu berücksichtigenDiskutieren Sie die Leitlinien mit sämtlichen Mitgliedern IhresPraxisteams, die mit Katzen und deren Besitzern zu tun haben.Ernennen Sie einen Mitarbeiter, der sich eingehend und hauptverant-wortlich mit der Bedeutung, den Hintergründen und den Methodenzur praktischen Umsetzung der Prinzipien einer katzengerechtenUmwelt auseinandersetzt. Überantworten Sie diesem Mitarbeitereine leitende Funktion mit Zuständigkeit für die Beratung vonBesitzern über die Schaffung optimaler Umweltverhältnisse fürKatzen.

� Setzen Sie Umweltverbesserungen für Katzen in Ihrer Praxisunmittelbar um.Je länger der Aufenthalt einer Katze in der tierärztlichen Praxis oderKlinikist, desto höher ist die Gefahr, dass der Patient aufgrund derungewohnten Umgebung Angst und chronischen Stress entwickelt.Dies erschwert nicht zuletzt die Durchführung tierärztlicher undpflegerischer Maßnahmen. Innerhalb der ersten 24 Stunden nachstationärer Aufnahme verweigern Katzen nicht selten dieNahrungsaufnahme oder das Absetzen von Kot oder Harn, bevor sieschließlich wieder ihr normales Verhalten annehmen. Einige einfacheaber unmittelbar durchzuführende Anpassungen der Umwelt in derPraxis können eine beruhigende Wirkung auf feline Patienten haben.So sollte man einer im Käfig untergebrachten Katze stets eineMöglichkeit bieten, sich zu verstecken, indem man entweder dieVorderseite des Käfigs mit einem Handtuch verhängt oder einenPappkarton im Käfig aufstellt, höher gelegene Sitzflächen schafft,stets dasselbe Pflegepersonal einsetzt und konstanteZeitabläufe einhält.

� Die Beurteilung der Umweltbedingungen sollteintegraler Bestandteil der präventivenGesundheitsvorsorge und der Routineuntersuchung seinFür privat praktizierende TierärzteEine Beurteilung der Umweltbedürfnisse nach den Kriteriendieser Leitlinien sollte integraler Bestandteil jederUntersuchung zur präventiven Gesundheitsvorsorge sein.Auf der Grundlage dieser Beurteilung und einer eingehen-den Diskussion mit dem Katzenbesitzer können die

Mitglieder des Praxisteams dem Besitzer zunächst ein positivesFeedback über bereits umgesetzte Maßnahmen zum Erhalt einerkatzengerechten Umwelt geben und darüber hinaus gezielteVorschläge für Verbesserungen machen.Wenn ein Besitzer das Verhalten seiner Katze beklagt oder die

tierärztliche Untersuchung stressbedingte Probleme aufzeigt, muss inder Regel ein detaillierterer Vorbericht erhoben werden. Bei Katzenmit Hinweisen auf chronische, stressbedingte Erkrankungen oderumweltbedingte Verhaltensprobleme sind meist eine oder mehrereweitere Kontroll- und Nachuntersuchungen erforderlich. Im Anschlussan die jeweiligen Untersuchungen sollte sich ein Mitglied desPraxisteams beim Besitzer telefonisch oder per Email erkundigen, wiedie Katze auf die Empfehlungen zur Umweltverbesserung anspricht.Sieht der Besitzer nur geringe oder keine Verbesserungen desVerhaltens oder des Zustands seiner Katze insgesamt, empfiehlt sicheine Überweisung an einen Spezialisten für tierärztlicheVerhaltenstherapie.

Für Tierärzte in TierheimenIn Tierheimen tätige Tierärzte sind in der einzigartigen Position,neue oder angehende Katzenbesitzer von Beginn an über diewichtige Bedeutung der Schaffung einer artgerechten und katzen-freundlichen Umgebung im neuen Zuhause aufklären zu können.Eine „Ressourcen-Karte“ mit schematischer Darstellung idealerStandorte und verschiedener Arten von Umweltressourcen ist einhervorragendes Hilfsmittel, um eine Diskussion überUmweltbedürfnisse von Katzen zu beginnen.

� Umsetzung der Leitlinien zu HauseErmutigen Sie die Katzenhalter unter denMitgliedern Ihres Praxisteams, dieEmpfehlungen dieser Leitlinien zu Hauseumzusetzen und die Reaktionen ihrer Katzenzu beobachten. Die Umgestaltung der eige-nen Wohnung zu einem katzenfreundlichenOrt ist ein hervorragender Weg, umErfahrungen aus erster Hand zu sammelnund den Wert einer katzengerechten Umweltkennenzulernen.

T i pp s f ü r d i e Anwendung d e r R i ch t l i n i e n

rotierend gewaschen werden, so dass stets einigeUnterlagen mit der gewohnten Witterung der Katzevorhanden sind („olfaktorische Kontinuität“).

Weitere Überlegungen� Katzenklappen für einen Zugang nach draußen bergenstets die Gefahr, dass auch unbekannte Katzen oder TiereZugang haben und fremde Gerüche von draußen insHaus tragen. Eine erhöhte Wachsamkeit undautomatische Katzenklappen, die über den Mikrochip derKatze gesteuert werden, verhindern das Eindringenfremder Gerüche. Zu vermeiden sind magnetischeKatzenklappen, da Magnete Fremdmaterial anziehenkönnen.� Geeignete Kratzmöglichkeiten fürGeruchsmarkierungen sollten auch im Außenbereich zurVerfügung stehen.� Unerwünschtes Geruchsmarkieren und Unsauberkeit(Kot-/Harnabsatz an ungeeigneten Stellen) dürfen

niemals bestraft werden.34� Es muss sichergestellt sein, dass jede im Haushaltlebende Katzengruppe die Möglichkeit hat,Geruchsmarkierungen (Kratzmarkieren oder Gesichtreiben) der Bereiche mit ihren Umweltressourcenvorzunehmen.� Nach einem Aufenthalt außerhalb der Wohnung kanneine in einen Mehrkatzenhaushalt zurückkehrende Katzeeinen fremden Geruch tragen, der das aus der Witterungder ansässigen Katzen bestehende Geruchsprofil stört.Am größten ist diese Gefahr nach einem Besuch in derTierarztpraxis, da hier zahlreiche fremde Gerüche vonArzneimitteln, Desinfektionsmitteln, Reinigungsmittelnund sogar postoperativ von Narkosegasen vorhandensind, die von der heimkehrenden Katze in den Haushaltgetragen werden können. In solchen Fällen zeigen Katzen,die zuvor problemlos zusammengelebt haben, unterUmständen plötzlich aggressives Verhalten gegenüberihren Artgenossen. Um dies zu vermeiden, empfiehlt es

Eine Beurteilung derUmweltanforderungensollte Bestandteil jederUntersuchung zurpräventiven

Gesundheitsvorsorgesein.

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� Um einer Katze das bestmögliche Leben als Begleiter des Menschen zu ermöglichen, sollte jeder Mensch,der mit Katzen lebt und arbeitet, die grundlegenden Umweltbedürfnisse und Verhaltensmuster aller Katzen,unabhängig von deren Lebensweise, kennen und verstehen.

� Eine Katze fühlt sich wohl, wenn wir ihr eine sichere und vertraute Umgebung, mehrere und voneinandergetrennte Futter- und Wasserbereiche, Katzentoiletten, Kratzmöglichkeiten und Ruhebereiche,Gelegenheiten zum Spielen und zum Ausleben des natürlichen Beutefangverhaltens und nicht zuletztbeständige, positive und berechenbare Mensch-Katze-Interaktionen bieten. Bei der Gestaltung einerkatzenfreundlichen Umgebung muss darüber hinaus auch respektiert werden, wie wichtig sensorischeInformationen für Katzen sind, wie sie solche Signale aufnehmen und verarbeiten und wie sie daraufreagieren.

� Indem wir diese Leitlinien Katzenbesitzern nahebringen und sie auch in unserentierärztlichen Praxen und in Tierheimen umsetzen, tragen wir dazu bei, dass Katzen zugesünderen, glücklicheren und zugänglicheren Patienten und Begleitern des Menschenwerden.

� Durch Berücksichtigung der individuellen Umweltbedürfnisse jedes von uns behandeltenfelinen Patienten verbessern wir das Wohlbefinden der Katze, optimieren ihregesundheitliche Versorgung und fördern nicht zuletzt auch die Beziehung von Katzen zuihren Besitzern.

ZUSAMMENFASSUNG

Weitere RichtlinienDie bereits veröffentlichtenAAFP-ISFM Feline-FriendlyNursing Care Guidelines und AAFP-ISFM Feline-Friendly HandlingGuidelines sind auf der Websitewww.jfms.com zugänglich undgeben zusätzliche Empfehlungenfür eine optimaleGesundhe i ts fürsorge

feliner Patienten

sich, Routinebesuche in der Tierarztpraxis mit allenKatzen gemeinsam zu planen.� Wenn nur eine Katze aus einem Mehrkatzenhaushaltan einem anderen Ort war (z. B. stationärer Aufenthalt),empfiehlt sich das Anbringen eines Zerstäubers fürsynthetische Pheromone der Katze in der Wohnung, umdas bestehende Geruchsprofil zu erhalten und dieWiedereingliederung der heimkehrenden Katze zuunterstützen.� Wenn eine Katze nach Hause zurückkommt, wird siezunächst in einem separaten Raum gehalten und erstdann wieder mit ihren Artgenossen vereinigt, wenn alleKatzen ein ruhiges und entspanntes Verhalten zeigen.� Bei der Wiedereingliederung einer Katze in einenMehrkatzenhaushalt sollte sich der Mensch so wenig wiemöglich aktiv einmischen.� Negative Interaktionen zwischen Katzen sollten stetsauf neutrale Weise durchbrochen werden, das heißt, dereingreifende Mensch darf keine der beteiligten Katzenbevorzugen.� Katzenwelpen lernen, sich an ungewohnte Gerücheanzupassen. Gewöhnt man Katzenwelpen Schritt fürSchritt und auf eine positiv geprägte Weise an neueGerüche, denen sie in ihren späteren Leben ausgesetztsein werden, können sie eine höhere Toleranz gegenüberneuen oder sich verändernden Gerüchen entwickeln.� Punktuelles Reinigen von Stationskäfigen in der

tierärztlichen Praxis sorgt dafür, dass das Geruchsprofilerhalten bleibt. Dies bedeutet, dass zu einem bestimmtenZeitpunkt immer nur Teile des Käfigs gereinigt werden,um sicherzustellen, dass der Geruch der Katze im Käfigerhalten bleibt.� Synthetische Pheromone der Katze unterstützen dieStressreduzierung bei in Käfigen untergebrachtenKatzen, die unter diesen Umständen mit hoherWahrscheinlichkeit mit fremden Gerüchen konfrontiertwerden und nur eingeschränkte Möglichkeiten haben,eigene Geruchsmarkierungen vorzunehmen.26� Muss eine Katze in einem Käfig untergebrachtwerden, sollte sie auch bei einem zeitlich begrenztenAufenthalt immer ihre gewohnte Liegeunterlagemitbekommen.

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Danksagung

Die Autoren bedanken sich sehr herzlich für die Beiträge vonMark Dana von der Kanara Consulting Group, LLC bei derErstellung dieser Leitlinien.

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Reprints and permission: sagepub.co.uk/journalsPermissions.nav

Additional resources

General reviews on how to meet the environmental needs of cats� Ellis S. Environmental enrichment: practical strategies for

improving animal welfare. J Feline Med Surg 2009; 11:901–912.

� Herron ME and Buffington CA. Feline focus: environmentalenrichment for indoor cats. Compend Contin Educ Vet 2010;32: E1–E5.

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WebsiteThe Ohio State University College of Veterinary Medicine. TheIndoor Pet Initiative. Available at: indoorpet.osu.edu/