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zuzuordenen ist,“ erinnerte sich Posselt. Wichtiger sei, die Ge- schichte positiv zu instrumenta- lisieren, um Menschen zusam- menzuführen. Während seines Exils in Großbritannien im Zwei- ten Weltkrieg sei Charles de Gaulles‘ Ziel gewesen, Ost und West, das gesprengte Land Karls des Großen, wieder zu vereinen. Der Fehler der deutsch-tsche- chischen Erklärung von 1997 sei, daß die Sudetendeutschen nicht als eigenständig wahrgenommen worden seien, sondern ande- re für sie entschieden hätten. In diesem Zusammenhang erwähn- te er den 2010 verstorbenen Leit- meritzer Bischof und Karlspreis- träger Josef Koukl, der gesagt habe: „Der Nächste ist so nah.“ Trotz Vertreibung lebten die Su- detendeutschen dank moder- ner Verkehrsmittel mittlerwei- le genauso nah bei ihren tsche- chischen Nachbarn wie zuvor. Nun müßten sie innerlich einen konstruktiven Umgang mit ihrer Geschichte finden und sich des Nächsten annehmen. Ein Pole, so Posselt, habe ihm einmal gesagt, die Tschechen seien eher Deutsche als Slawen. Das gelte umgekehrt auch für die Sudetendeutschen. Ihre häufigen Treffen mit Tschechen seien Aus- fluß ihrer Identität. „Wir brau- chen einander für die gute Nach- barschaft und um zu verstehen, wer wir sind.“ Bei der Rede des damaligen tschechischen Premiers Petr Nečas im Frühjahr 2013 im Baye- rischen Landtag sei außer der An- rede „Liebe Landsleute“ vor al- lem der Kontext eine historische Kehrtwende. Intensiv habe Nečas die gemeinsame Kultur, Ge- schichte und Religion beschrie- ben und für den Erhalt dieser ge- dankt. „Geschichte führt zusam- men. Deshalb müssen wir sie kennen. Und die Sudetendeut- schen und so mancher Tscheche kennt sie besser als andere.“ Das müsse gefördert werden. Der Historiker Karl Schlögel habe das historische Burgund einen Kern- und Übergangs- raum genannt. In diesem Über- gangsraum – im heutigen Lu- xemburg – seien nicht grundlos große EU-Institutionen angesie- delt worden. Ein Grenzland müs- se man jetzt als Übergangsraum, als etwas Verbindendes, nicht als etwas Trennendes ansehen. Mitteleuropa beherberge Ro- manen, Slawen und Germanen. Auch sie hätten Übergangsräu- me. Die Mitte Europas liege eher ostwärts. Böhmen, Mähren und Schlesien seien eine klassische Übergangslandschaft. Kürzlich habe Miloslav Bed- nář, tschechischer Intellektuel- ler, Ex-ODSler und Gründer der europakritischen „Partei der frei- en Bürger“, den aufkeimenden „Ferdinandismus“ gegeißelt: Statt den Attentäter zu verdam- men, entwickelten die Tschechen Gefühle für den ermordeten Erz- herzog Franz Ferdinand und sei- ne Frau Sophie. Bednářs Kri- tik dokumentiere die wachsen- de Zuneigung zur Habsburger Zeit und damit die zunehmende proeuropäische Einstellung der Tschechen. Immer mehr Tsche- chen stellten sich nun auch den dunklen Seiten ihrer Geschichte. Und das nutze nicht dem Tren- nenden, sondern dem Verbin- denden. „Wer geschichtslos ist, verliert die Friedensfähigkeit“, bekräftigte Posselt. Hartmut Koschyk MdB, Bun- desbeauftragter für Aussiedler- fragen und nationale Minder- heiten, widmete sich der Förde- rung nationaler Minderheiten. In Deutschland gebe es vier an- erkannte Minderheiten: Sorben, Dänen, Friesen und deutsche Ro- ma und Sinti. Zu den geschützten Sprachen zähle Niederdeutsch. „Wir müssen Vorbild sein für die Behandlung deutscher Min- derheiten in anderen EU-Län- dern.“ Wichtig sei die konzep- tionelle Weiterentwicklung des Minderheitenschutzes. Ein Stu- die belege die gute Integration in Deutschland. Prominente Bei- spiele seien die Rußlanddeutsche Helene Fischer, der Siebenbür- ger Peter Maffay, beides Musi- ker, sowie Herta Müller aus dem rumänischen Banat und der su- detendeutsche Peter Grünberg, beide Nobelpreisträger. Ein Netzwerk für die Unter- stützung der deutschen Minder- heit in Mittel- osteuropa und in den GUS- Staaten bö- ten das Innen- ministerium, das Auswärti- ge Amt und die Bundesbeauf- tragte für Kul- tur und Medi- en. Ein Schwer- punkt liege auf der Selbstor- ganisation, die beispielswei- se mit Begeg- nungszentren und günstigen Krediten für kleine Wirt- schaftsprojekte gefördert werde. Alles geschehe in enger Abstim- mung: „Nichts für die Minder- heiten ohne die Minderheiten.“ Seit Anfang der neunziger Jah- re bestehe die Möglichkeit des Dialogs mit den Heimatverblie- benen. Mittel des Innenministe- riums habe Gesprächsforen und verständigungspolitische Maß- nahmen gefördert. Mittlerweile werde Trennendes und Verbin- dendes diskutiert wie nie zuvor. Minderheitenpolitik brauche Empathie, und die Minderheiten bräuchten eine positive Diskrimi- nierung. Wichtig sei der Schutz der deutschen Kultur und nicht der deutschen Unkultur. Deshalb unterstütze die Bundesregierung die verbliebenen und die vertrie- benen Sude- tendeutschen als Brücken- bauer zwischen Deutschland und der Tsche- chischen Re- publik. „Ich bin der lebende Beweis, daß Geschichte verbindet“, be- grüßte Marien- bads schei- dender Bür- germeister Zdeněk Král die deutschen und tschechi- schen Lands- leute. Kürzlich habe Erzherzog Georg von Habsburg mit ihm in Marienbad die Statuen des öster- reichischen Kaisers Franz Jose- ph I. und des englischen Königs Edward VII. enthüllt. An diesem Wochenende endeten die tsche- chischen Kommunalwahlen, für die er nicht mehr kandidiert hatte. Arnošt Marks, christdemokra- tischer Staatssekretär von Wis- senschaftsminister Pavel Bělo- brádek, dem Vizepremier und Parteichef der KDU-ČSL, refe- rierte über „Deutsche und Tsche- chen in der Zukunft unter dem Gesichtspunkt technologischer Zusammenarbeit“. Zuvor hat- te ihn Christa Naaß „als moder- nen Politiker, der sich um seine Kinder kümmert“, angekündigt. Marks war nämlich mit seinen Töchtern Ernestine und Berta ge- kommen. Er habe, so der Christ- demokrat Marks, bereits 1989 in Iglau das erste Mal an Gesprä- chen mit Sudetendeutschen teil- genommen. Dann skizzierte er die Zusammensetzung der neu- en, seit Anfang des Jahres am- tierende Regierung. Sie beste- he vorwiegend aus Neulingen. Das sei eine Chance, eingefah- rene Wege neu zu beschreiten. Dazu gehöre auch die Offenheit, mit der der christdemokratische Vizepremier Bělobrádek mit Pe- ter Barton, dem Leiter des Sude- tendeutschen Büros in Prag, zu- sammenarbeite. Marks skizzierte detailliert nicht zuletzt die wirt- schaftliche und wissenschaftlich Zusammenarbeit der Tschechi- schen Republik mit der Bundes- republik Deutschland, in Sonder- heit mit Bayern. „Wir sind nicht nur kulturell eine Familie. Unse- re gemeinsame Geschichte ver- bindet uns“, schloß er. Der bekennende sudetendeut- sche Stephan Mayer MdB, in dessen Wahlkreis die erste und größte 1945 gegründete Vertrie- benensiedlung Waldkraiburg liegt, der zugleich Stellvertreten- der Vorsitzender der CDU/CSU- Vertriebenengruppe im Bundes- tag und Stellvertretender Lan- desvorsitzender der Union der Vertriebenen und Aussiedler in Bayern ist, sprach über die baye- risch-tschechische und deutsch- tschechische Zusammenarbeit. Die deutsch-tschechischen Be- ziehungen seien nicht nur exzel- lent, sondern auch herzlich. Dies sei mittlerweile Normalität. Doch Normalität wirke meist nicht be- flügelnd, sondern manchmal so- gar lähmend. Rückschläge, Fru- strationen und Irritationen gebe es in jeder Beziehung. Dies dürfe nicht zu Fatalismus führen. Viel- mehr müsse man die Beziehung immer wieder neu erobern. Die kürzlichen Besuche des Bundespräsidenten Joachim Gauck in Prag und des tschechi- schen Premiers Bohuslav Sobot- ka in Berlin sowie der historische Auftritt des damaligen Premiers Petr Nečas im vergangenen Jahr in München seien Beispiele da- für. Die Tschechische Republik sei der zwölfwichtigste Handes- partner Deutschlands und der siebenwichtigste Handelspartner Bayerns. Das geplante Sudeten- deutsche Museum in München werde wohl schneller Realität als das Berliner Zentrum gegen Ver- treibungen. Und schon lange vor der Bayerischen Vertretung hät- ten die Sudetendeutsche mit ih- rem Prager Büro eine Botschaft in der Tschechischen Republik gehabt. Eine besondere Herausforde- rung bei der Zusammenarbeit der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland sei gegenwärtig die Designerdroge Crystal Meth, so Mayer. Dazu kä- men Prostitution und Menschen- handel. Diese grenzüberschrei- tende Kriminalität werde in guter Zusammenarbeit bekämpft. Da- zu gehöre der Hofer Dialog über illegale Migranten. Daß Waldkraiburg einst End- station Vertriebener, vor al- lem der Sudetendeutschen, ge- wesen sei, sei ein wichtiger Bei- trag zu deren Integration. Nicht nur dort hätten die Sudeten- deutschen kräftig am Wiederauf- bau Deutschlands mitgearbeitet. Heute seien alle, nicht nur Bay- ern und Sudetendeutsche, stolz darauf. Diesem Erbe seien wir al- le verplichtet. Fortsetzung folgt AKTUELL Sudetendeutsche Zeitung Folge 42 | 17. 10. 2014 3 Ernestine, Berta und Arnošt Marks, Staatssekretär im Wissenschaftsministerium, Jitka, Miriam und Jakub Štĕdroň, Direktor des Hauses der nationalen Minderheiten in Prag, und Generalsekretärin Christa Naaß. Fortsetzung von Seite 1 Geschichte kehrt im Galopp zurück Die kürzlich enthüllten Statuen der einstigen Marienbad-Besucher Kaiser Franz Joseph I. und König Edward VII. Bilder: Nadira Hurnaus Das Goethe-Denkmal auf dem Ma- rienbader Goetheplatz. Stefan Mayer MdB beschwört das immer neue Erkämpfen freund- schaftlicher Beziehungen. SLÖ-Bundesobmann Gerhard Zeihsel und seine Frau Reinhilde. Asta und Claus Hörrmann, Stellvertretender SL-Bundes- vorsitzender. Constanze und Dr. Rudolf Landrock, Bundesvorsitzen- der des Brünner Heimatverbandes Bruna. Dolmetscherin Gudrun Heißig und ihr Mann Professor Dr. Kurt Heißig. Links Dr. Helmut Eikam, Ko-Vorsitzender der Seliger-Gemeinde, Rita Hagl-Kehl MdL, von der SPD entsandte Vertreterin in den Sudetendeutschen Rat, Eikams Lebensgefährtin Claudia Königer und Volksgruppensprecher Bernd Posselt. Rechts Steffen Hörtler, Stellvertretender auch SL-Bundesvorsitzender, und Albrecht Schläger, Ko-Vorsitzender der Seliger-Gemeinde und bis vor einem halben Jahr Generalsekretär des Sudetendeutschen Rates.

42 03 aktuell marienbad

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zuzuordenen ist,“ erinnerte sich Posselt. Wichtiger sei, die Ge-schichte positiv zu instrumenta-lisieren, um Menschen zusam-menzuführen. Während seines Exils in Großbritannien im Zwei-ten Weltkrieg sei Charles de Gaulles‘ Ziel gewesen, Ost und West, das gesprengte Land Karls des Großen, wieder zu vereinen.

Der Fehler der deutsch-tsche-chischen Erklärung von 1997 sei, daß die Sudetendeutschen nicht als eigenständig wahrgenommen worden seien, sondern ande-re für sie entschieden hätten. In diesem Zusammenhang erwähn-te er den 2010 verstorbenen Leit-meritzer Bischof und Karlspreis-träger Josef Koukl, der gesagt habe: „Der Nächste ist so nah.“ Trotz Vertreibung lebten die Su-detendeutschen dank moder-ner Verkehrsmittel mittlerwei-le genauso nah bei ihren tsche-chischen Nachbarn wie zuvor. Nun müßten sie innerlich einen konstruktiven Umgang mit ihrer Geschichte finden und sich des Nächsten annehmen.

Ein Pole, so Posselt, habe ihm einmal gesagt, die Tschechen seien eher Deutsche als Slawen. Das gelte umgekehrt auch für die Sudetendeutschen. Ihre häufigen Treffen mit Tschechen seien Aus-fluß ihrer Identität. „Wir brau-chen einander für die gute Nach-barschaft und um zu verstehen, wer wir sind.“

Bei der Rede des damaligen tschechischen Premiers Petr Nečas im Frühjahr 2013 im Baye-rischen Landtag sei außer der An-rede „Liebe Landsleute“ vor al-lem der Kontext eine historische Kehrtwende. Intensiv habe Nečas die gemeinsame Kultur, Ge-schichte und Religion beschrie-ben und für den Erhalt dieser ge-dankt. „Geschichte führt zusam-men. Deshalb müssen wir sie kennen. Und die Sudetendeut-schen und so mancher Tscheche kennt sie besser als andere.“ Das müsse gefördert werden.

Der Historiker Karl Schlögel habe das historische Burgund einen Kern- und Übergangs-raum genannt. In diesem Über-gangsraum – im heutigen Lu-xemburg – seien nicht grundlos große EU-Institutionen angesie-delt worden. Ein Grenzland müs-se man jetzt als Übergangsraum, als etwas Verbindendes, nicht als etwas Trennendes ansehen. Mitteleuropa beherberge Ro-manen, Slawen und Germanen. Auch sie hätten Übergangsräu-

me. Die Mitte Europas liege eher ostwärts. Böhmen, Mähren und Schlesien seien eine klassische Übergangslandschaft.

Kürzlich habe Miloslav Bed-nář, tschechischer Intellektuel-ler, Ex-ODSler und Gründer der europakritischen „Partei der frei-en Bürger“, den aufkeimenden „Ferdinandismus“ gegeißelt: Statt den Attentäter zu verdam-men, entwickelten die Tschechen Gefühle für den ermordeten Erz-herzog Franz Ferdinand und sei-ne Frau Sophie. Bednářs Kri-tik dokumentiere die wachsen-de Zuneigung zur Habsburger Zeit und damit die zunehmende proeuropäische Einstellung der Tschechen. Immer mehr Tsche-chen stellten sich nun auch den dunklen Seiten ihrer Geschichte. Und das nutze nicht dem Tren-nenden, sondern dem Verbin-denden. „Wer geschichtslos ist, verliert die Friedensfähigkeit“, bekräftigte Posselt.

Hartmut Koschyk MdB, Bun-desbeauftragter für Aussiedler-fragen und nationale Minder-heiten, widmete sich der Förde-rung nationaler Minderheiten. In Deutschland gebe es vier an-erkannte Minderheiten: Sorben, Dänen, Friesen und deutsche Ro-ma und Sinti. Zu den geschützten Sprachen zähle Niederdeutsch. „Wir müssen Vorbild sein für die Behandlung deutscher Min-derheiten in anderen EU-Län-dern.“ Wichtig sei die konzep-tionelle Weiterentwicklung des

Minderheitenschutzes. Ein Stu-die belege die gute Integration in Deutschland. Prominente Bei-spiele seien die Rußlanddeutsche

Helene Fischer, der Siebenbür-ger Peter Maffay, beides Musi-ker, sowie Herta Müller aus dem rumänischen Banat und der su-detendeutsche Peter Grünberg, beide Nobelpreisträger.

Ein Netzwerk für die Unter-stützung der deutschen Minder-heit in Mittel-osteuropa und in den GUS-Staaten bö-ten das Innen-ministerium, das Auswärti-ge Amt und die Bundesbeauf-tragte für Kul-tur und Medi-en. Ein Schwer-punkt liege auf der Selbstor-ganisation, die beispielswei-se mit Begeg-nungszentren und günstigen Krediten für kleine Wirt-schaftsprojekte gefördert werde. Alles geschehe in enger Abstim-mung: „Nichts für die Minder-heiten ohne die Minderheiten.“

Seit Anfang der neunziger Jah-re bestehe die Möglichkeit des Dialogs mit den Heimatverblie-benen. Mittel des Innenministe-riums habe Gesprächsforen und

verständigungspolitische Maß-nahmen gefördert. Mittlerweile werde Trennendes und Verbin-dendes diskutiert wie nie zuvor.

Minderheitenpolitik brauche Empathie, und die Minderheiten bräuchten eine positive Diskrimi-nierung. Wichtig sei der Schutz der deutschen Kultur und nicht der deutschen Unkultur. Deshalb unterstütze die Bundesregierung die verbliebenen und die vertrie-

benen Sude-tendeutschen als Brücken-bauer zwischen Deutschland und der Tsche-chischen Re-publik.

„Ich bin der lebende Beweis, daß Geschichte verbindet“, be-grüßte Marien-bads schei-dender Bür-germeister Zdeněk Král die deutschen und tschechi-schen Lands-

leute. Kürzlich habe Erzherzog Georg von Habsburg mit ihm in Marienbad die Statuen des öster-reichischen Kaisers Franz Jose-ph I. und des englischen Königs Edward VII. enthüllt. An diesem Wochenende endeten die tsche-chischen Kommunalwahlen, für die er nicht mehr kandidiert hatte.

Arnošt Marks, christdemokra-tischer Staatssekretär von Wis-senschaftsminister Pavel Bělo-brá dek, dem Vizepremier und

Parteichef der KDU-ČSL, refe-rierte über „Deutsche und Tsche-chen in der Zukunft unter dem Gesichtspunkt technologischer Zusammenarbeit“. Zuvor hat-te ihn Christa Naaß „als moder-nen Politiker, der sich um seine Kinder kümmert“, angekündigt. Marks war nämlich mit seinen Töchtern Ernestine und Berta ge-kommen. Er habe, so der Christ-demokrat Marks, bereits 1989 in Iglau das erste Mal an Gesprä-chen mit Sudetendeutschen teil-genommen. Dann skizzierte er die Zusammensetzung der neu-en, seit Anfang des Jahres am-tierende Regierung. Sie beste-he vorwiegend aus Neulingen. Das sei eine Chance, eingefah-rene Wege neu zu beschreiten. Dazu gehöre auch die Offenheit, mit der der christdemokratische Vizepremier Bělobrádek mit Pe-ter Barton, dem Leiter des Sude-tendeutschen Büros in Prag, zu-sammenarbeite. Marks skizzierte detailliert nicht zuletzt die wirt-schaftliche und wissenschaftlich Zusammenarbeit der Tschechi-schen Republik mit der Bundes-republik Deutschland, in Sonder-heit mit Bayern. „Wir sind nicht nur kulturell eine Familie. Unse-re gemeinsame Geschichte ver-bindet uns“, schloß er.

Der bekennende sudetendeut-sche Stephan Mayer MdB, in

dessen Wahlkreis die erste und größte 1945 gegründete Vertrie-benensiedlung Waldkraiburg liegt, der zugleich Stellvertreten-der Vorsitzender der CDU/CSU-Vertriebenengruppe im Bundes-tag und Stellvertretender Lan-desvorsitzender der Union der Vertriebenen und Aussiedler in Bayern ist, sprach über die ba ye-risch-tschechische und deutsch-tschechische Zusammenarbeit.

Die deutsch-tschechischen Be-ziehungen seien nicht nur exzel-lent, sondern auch herzlich. Dies sei mittlerweile Normalität. Doch Normalität wirke meist nicht be-flügelnd, sondern manchmal so-gar lähmend. Rückschläge, Fru-strationen und Irritationen gebe es in jeder Beziehung. Dies dürfe nicht zu Fatalismus führen. Viel-mehr müsse man die Beziehung immer wieder neu erobern.

Die kürzlichen Besuche des Bundespräsidenten Joachim Gauck in Prag und des tschechi-schen Premiers Bohuslav Sobot-ka in Berlin sowie der historische Auftritt des damaligen Premiers Petr Nečas im vergangenen Jahr in München seien Beispiele da-für. Die Tschechische Republik sei der zwölfwichtigste Handes-partner Deutschlands und der siebenwichtigste Handelspartner Bayerns. Das geplante Sudeten-deutsche Museum in München werde wohl schneller Realität als das Berliner Zentrum gegen Ver-treibungen. Und schon lange vor der Bayerischen Vertretung hät-ten die Sudetendeutsche mit ih-rem Prager Büro eine Botschaft in der Tschechischen Republik gehabt.

Eine besondere Herausforde-rung bei der Zusammenarbeit der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland sei gegenwärtig die Designerdroge Crystal Meth, so Mayer. Dazu kä-men Prostitution und Menschen-handel. Diese grenzüberschrei-tende Kriminalität werde in guter Zusammenarbeit bekämpft. Da-zu gehöre der Hofer Dialog über illegale Migranten.

Daß Waldkraiburg einst End-station Vertriebener, vor al-lem der Sudetendeutschen, ge-wesen sei, sei ein wichtiger Bei-trag zu deren Integration. Nicht nur dort hätten die Sudeten-deutschen kräftig am Wiederauf-bau Deutschlands mitgearbeitet. Heute seien alle, nicht nur Bay-ern und Sudetendeutsche, stolz darauf. Diesem Erbe seien wir al-le verplichtet. Fortsetzung folgt

AKTUELLSudetendeutsche ZeitungFolge 42 | 17. 10. 2014 3

Ernestine, Berta und Arnošt Marks, Staatssekretär im Wissenschaftsministerium, Jitka, Miriam und Jakub Štĕdroň, Direktor des Hauses der nationalen Minderheiten in Prag, und Generalsekretärin Christa Naaß.

� Fortsetzung von Seite 1

Geschichte kehrt im Galopp zurück

Die kürzlich enthüllten Statuen der einstigen Marienbad-Besucher Kaiser Franz Joseph I. und König Edward VII. Bilder: Nadira Hurnaus

Das Goethe-Denkmal auf dem Ma-rienbader Goetheplatz.

Stefan Mayer MdB beschwört das immer neue Erkämpfen freund-schaftlicher Beziehungen.

SLÖ-Bundesobmann Gerhard Zeihsel und seine Frau Reinhilde.

Asta und Claus Hörrmann, Stellvertretender SL-Bundes-vorsitzender.

Constanze und Dr. Rudolf Landrock, Bundesvorsitzen-der des Brünner Heimatverbandes Bruna.

Dolmetscherin Gudrun Heißig und ihr Mann Professor Dr. Kurt Heißig.

Links Dr. Helmut Eikam, Ko-Vorsitzender der Seliger-Gemeinde, Rita Hagl-Kehl MdL, von der SPD entsandte Vertreterin in den Sudetendeutschen Rat, Eikams Lebensgefährtin Claudia Königer und Volksgruppensprecher Bernd Posselt. Rechts Steffen Hörtler, Stellvertretender auch SL-Bundesvorsitzender, und Albrecht Schläger, Ko-Vorsitzender der Seliger-Gemeinde und bis vor einem halben Jahr Generalsekretär des Sudetendeutschen Rates.