2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

Embed Size (px)

Citation preview

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    1/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    Elternarbeit in der Frderabteilung

    des

    Heilpdagogischen Zentrums Hinterbrhl

    Irmgard Puchegger

    Bachelorarbeit 1

    Eingereicht zur Erlangung des Grades

    Bachelor of Arts in Social Sciences

    an der Fachhochschule St. Plten

    8. Juli 2015

    Version: 1

    Begutachterin:

    FH-Dozentin DSA Mag.a(FH) Andrea Pilgerstorfer

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    2/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    2

    Inhaltsverzeichnis

    Abstract ............................................................................................................................ 3

    1 Einleitung....................................................................................................................... 4

    1.1 Hinfhrung zum Thema ........................................................................................................ 4

    1.2 Gliederung der Arbeit ........................................................................................................... 4

    1.3 Wissenschaftliche Fragestellung .......................................................................................... 5

    2 Begriffe .......................................................................................................................... 5

    2.1 Leitbild des Landes N ........................................................................................................ 5

    2.2 Vorstellung des HPZ Hinterbrhl ......................................................................................... 6

    2.3 Rechtlicher Anspruch der Unterbringung ............................................................................. 7

    2.4 Begriffsexplikation Eltern- und Familienarbeit.................................................................. 9

    3 Qualitative Untersuchung ............................................................................................ 10

    3.1 methodisches Vorgehen .................................................................................................... 11

    3.1.1 Leitfadeninterview mit zwei PdagogInnen....................................................................... 11

    3.1.2 Datenanalyse....................................................................................................................... 12

    3.1.3 Analyse zum Forschungsprozess......................................................................................... 13

    3.2 Auswertungsergebnisse .................................................................................................... 13

    3.2.1 Darstellung der Ergebnisse und der Themen ................................................................ 13

    3.2.2 Interpretation der Ergebnisse ..................................................................................... 17

    4 Resmee ...................................................................................................................... 23

    5 Diskussion und Ausblick ............................................................................................... 25

    6 Literatur ....................................................................................................................... 30

    7 Quellen ........................................................................................................................ 30

    8 Daten ........................................................................................................................... 32

    8.1 Interview 1 ....................................................................................................................... 32

    8.2 Interview 2 ......................................................................................................................... 37

    8.3 Auswertung nach der Systemanalyse.................................................................................. 45

    9 Eidesstattliche Erklrung ........................................................................................................... 49

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    3/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    3

    Abstract

    Die vorliegende Forschungsarbeit beschftigt sich mit der Gestaltung der Elternarbeit

    im stationren Bereich der Frderabteilung des Heilpdagogischen Zentrums

    Hinterbrhl. Anhand zweier Interviews der dort arbeitenden SozialpdagogoInnen

    und der anschlieenden Auswertung mittels Systemanalyse konnte aufgezeigt

    werden, welche Mglichkeiten der Umsetzung der Elternarbeit in der Abteilung

    gegeben sind. Beide Interviewten sind zum Schluss gekommen, dass mobile bzw.

    aufsuchende Elternarbeit und enge Zusammenarbeit mit ihnen fr das gesamte

    Familiensystem sehr frderlich wre.

    This research is looking the sign of the work with parents in the stationary field in the

    department of a special eduation center. The work with the parents is shown and

    based on two interviews. In these interviews the social workers speak about their

    works with the parents which is now prsented and they also speak about their

    wishes about mobile work in the center. But both interviewers say that the

    cooperation with parents is more important for the family and has a great influence of

    the stay in the center.

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    4/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    4

    1 Einleitung

    Bereits ber 25 Jahre arbeite ich als Sozialpdagogin im Heilpdagogischen

    Zentrum des Landes Niedersterreich. In dieser Einrichtung werden Kinder und

    Jugendliche mit besonderen Bedrfnissen im Alltag betreut, begleitet und individuell

    gefrdert.

    1.1 Hinfhrung zum Thema

    Gerade in den letzten Jahren ist einerseits durch die aufgezeigten Missstnde der

    Heimerziehung in den 60ziger und 70ziger Jahren (vgl. Schreiber 2010) sowie

    aufgrund des Legimitimationsdruckes durch das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz

    2013 (BGBl. Nr. 69/2013) ein zunehmendes Interesse an Fragen bzgl. der

    Betreuung, Frderung und Kooperation der Eltern- und Familienarbeit in der

    Heimerziehung festzustellen.

    Das N Heilpdagogische Zentrum Hinterbrhl, das vor ca. 25 Jahren noch aus dem

    N Landesjugendheim und der Heilpdagogischen Station bestand (vgl.

    Tutschek 2010), wurde im Laufe der letzten Jahrzehnte eine sozialpdagogische

    Einrichtung, die sich heute in vier Schwerpunktabteilungen gliedert. Genauso hat

    sich auch die Elternarbeit im Laufe der Zeit gewandelt. Hatte man in den 90ziger

    Jahren so gut wie keinen Kontakt zu den Eltern, so wurde dieser immer wichtiger und

    gewann mehr Raum. Die alleinige Arbeit mit dem Kind wich einer ganzheitlichen,

    systemischen Sichtweise des pdagogischen Arbeitens (vgl. Amt der N

    Landesregierung 2012).

    1.2 Gliederung der Arbeit

    In dieser Arbeit mchte ich nun erforschen, wie wichtig den SozialpdagogInnen

    Elternarbeit in der Frderabteilung ist, die seit dem Jahre 2013 gesetzlich geregelt ist

    (vgl. N Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013) und im Leitbild des Landes N

    beschrieben wird (vgl. Amt der N Landesregierung 2012) und wie sie diese

    umsetzen und verwirklichen knnen.

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    5/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    5

    Nach der Einleitung in Kapitel 1 werde ich in Kapitel 2 sowohl das Leitbild unserer

    Einrichtung beschreiben als auch die Grundstze des N Kinder- undJugendhilfegesetzes aus dem Jahre 2013 anfhren. Im Kapitel 3 werden die

    Forschungsmethode, meine Position in diesem Feld sowie die Ergebnisse des

    Interviews errtert. Die anschlieende Zusammenfassung sowie Diskussion und

    Ausblick bilden den Abschluss der Forschungsarbeit.

    1.3 Wissenschaftliche Fragestellung

    Diese Arbeit beschftigt sich mit der Wichtigkeit der Elternarbeit in der stationrenWohngruppe der Frderabteilung im HPZ Hinterbrhl.

    Die leitende Forschungsfrage lautet: Wie wird die Elternarbeit von

    SozialpdagogInnen im HPZ in der Frderabteilung gestaltet? Die Unterfrage

    untersttzt die Hauptfrage: Welchen Stellenwert hat die Elternarbeit fr die

    SozialpdagogInnen?.

    2 Begriffe

    2.1 Leitbild des Landes N

    Anhand der seit 2013 gesetzlich neu geregelten Grundstze in der Kinder- und

    Jugendhilfe, in der die Eltern und alle am Kind Beteiligten aufgefordert werden zu

    kooperieren, sowie am Leitbild des Landes Niedersterreich, das fr die neun

    sozialpdagogischen Einrichtungen des Landes Niedersterreich gilt, wird die

    Legitimitt der Elternarbeit im Heimkontext aufgezeigt.

    Das Motto Wir geben Kindern eine Chance (Leitbild des HPZ 2013) ist gleichzeitig

    auch das Leitbild, das alle an und mit dem Kind Arbeitenden im Zentrum miteinander

    verbindet. Dieser kurze Satz beinhaltet die Kernaussage des Konzepts: Kinder

    werden bestmglich und umfassendst betreut, damit sie sich sicher und aufgehoben

    sowie verstanden fhlen knnen. Sie werden ihren Bedrfnissen entsprechend

    pdagogisch und therapeutisch individuell gefrdert, Ressourcen werden aufgedeckt

    und aktiviert um ihr Leben positiv gestalten zu knnen. Familien und Angehrigewerden durch professionelle Elternarbeit untersttzt und gestrkt. Die Kinder und

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    6/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    6

    Jugendlichen sollen durch individuelle Frderung und Untersttzung der Eltern zu

    Hause befhigt werden, selbstbestimmt und eigenverantwortlich ihr Lebenbewltigen zu knnen und somit auch ihren Beitrag zur Gesellschaft zu leisten (vgl.

    N Landesregierung 2012).

    Um jedoch den Anforderungen, die diese Arbeit mit sich bringt, gerecht zu werden,

    wird auf eine wertschtzende Haltung und Umgang miteinander, sowie auf eine gute

    und kooperative Zusammenarbeit in der Teamgruppe, sowie an alle mit dem Kind

    arbeitenden Personen wie LehrerInnen, TherapeutInnen und Eltern groer Wert

    gelegt. Begleitende Supervision, kontinuierliche Weiterbildung und

    Persnlichkeitsentwicklung sowie Reflexion des eigenen Handelns erhhen die

    Professionalitt in der Arbeit (vgl. Leitbild 2012:6).

    2.2 Vorstellung des HPZs Hinterbrhl

    Das Heilpdagogische Zentrum Hnterbrhl (im Folgenden nur mehr HPZ genannt) ist

    eine sozialpdagogische Einrichtung des Landes Niedersterreich, indem Kinder und

    Jugendlichen im Alter zwischen 6 und 18 Jahren untergebracht sind.

    Es besteht aus vier weitgehend autonomen Abteilungen, die jeweils andere

    Schwerpunkte und Ziele haben (vgl. Leitbild Amt der N Landesregierung). Die

    einzelnen Abteilungen werden hier kurz angefhrt, um zu verstehen, wo die

    jeweiligen Schwerpunkte liegen.

    Die Brcke ist ein Krisenabklrungszentrum fr Kinder und Jugendliche, die

    sozialpdagogische Abteilung widmet sich Kindern mit Verhaltensaufflligkeiten,

    Persnlichkeitsentwicklungs- und Lernstrungen und die Sozialtherapeutische

    Abteilung betreut Kinder und Jugendliche, die eine psychotherapeutische und

    (nach)psychiatrische Betreuung bentigen um mit psychosozialen Problemen leichter

    umgehen zu knnen.

    Diese Forschungsarbeit konzentriert sich auf die Frderabteilung, welche die grte

    Abteilung innerhalb der Einrichtung darstellt. Sie beherbergt ca. 55 Kinder im

    Pflichtschulalter. Diese sind in sechs koedukativ gefhrten Gruppen zu je acht bisneun Kindern aufgeteilt. In der stationren Wohngruppe, die familienergnzend

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    7/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    7

    gefhrt wird, leben Kinder und Jugendliche mit kognitiven, emotionalen und

    sozialen Beeintrchtigungen. In dieser Abteilung liegt der Arbeitsschwerpunkt auf derindividuellen Frderung der oftmals mehrfachbehinderten Kinder. Um Defizite zu

    reduzieren, werden den Kindern und Jugendlichen sowohl pdagogische als auch

    therapeutische Untersttzung in Form von Physio-, Ergo-, Psychotherapie,

    Logopdie, heilpdagogisches Voltigieren sowie heilpdagogische Lernfrderung

    angeboten. Eltern knnen durch die Herausnahme des Kindes aus der Familie

    vorbergehend entlastet werden. Die Ziele sind sehr unterschiedlich gestaltet. Bei

    einigen wenigen Kindern wird durch die Unterbringung des Kindes oder Jugendlicheneine Verbesserung in der Familiendynamik der Herkunftsfamilie durch beratende

    Untersttzung erwartet. Diese wird in Form von Elterngesprchen mit dem/der

    SozialpdagogIn, durch die Erziehungsleitung oder eine systemische

    Familientherapeutin angeboten. Meistens jedoch bleiben Kinder bis zur Beendigung

    der Schulpflicht in der Frderabteilung und danach wird gemeinsam mit den Eltern

    eine weiterfhrende geeignete Einrichtung gesucht (vgl. Amt der N

    Landesregierung 2012/ Leitbild HPZ 2013).

    2.3 Rechtlicher Anspruch der Unterbringung

    Fr die Frderabteilung, in der Kinder unter anderem auch mit kognitiven

    Beeintrchtigungen untergebracht sind, gelten nicht nur die Richtlinien der

    Kinderrechtskonvention (kurz KRK genannt) sondern auch die der UN-

    Behindertenrechtskonvention in dem Artikel 7. Darin steht, dass Kinder mit

    Behinderung gleichberechtigt mit anderen Kindern alle Menschenrechte und

    Grundfreiheiten beanspruchen knnen und alle erforderlichen Manahmen getroffen

    werden mssen, um dies zu gewhrleisten (vgl. UN-Behindertenrechtskonvention,

    Artikel 7). Die vier elementaren Grundstze der KRK beinhalten das Recht auf

    Gleichbehandlung und Schutz vor Diskriminierung, Vorrangigkeit des Kindeswohls,

    die Sicherung auf Entwicklungschancen und Bercksichtigung des Kindeswillens.

    Im Land Niedersterreich wird der Rechtsanspruch der Unterbringung ber das N

    Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 (vgl. N KJHG 2013) und dieses wiederum berdas Bundes-, Kinder- und Jugendgesetz (vgl. B-KJHG 2013) definiert. In diesem

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    8/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    8

    wird in der Fassung vom 1.10.2014 im 1 (2) festgehalten, dass Die Pflege und

    Erziehung von Kindern und Jugendlichen in erster Linie die Pflicht und das Rechtihrer Eltern oder sonst mit Pflege und Erziehung betrauter Personen [ist]. Weiteres

    wird in dem Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 2(3) beschrieben, dass die Eltern

    bei der Ausbung von Pflege und Erziehung durch Beratung und Information zu

    untersttzen [sind] und das soziale Umfeld zu strken [ist](BGBl. I B-KJHG 2 Abs.

    3). Dem Gesetzgeber ist es wichtig und er legt Wert darauf, dass Eltern ihre

    Verantwortung bzgl. der Pflege und Erziehung ihrer Kinder bernehmen. Sie sollen

    dabei jedoch auch untersttzt werden.

    Es gibt auch Unterbringungen in der Frderabteilung, wo junge Menschen auf

    Ansuchen ihrer Eltern oder der Erziehungsberechtigten aufgrund des

    Sozialhiflegesetzes durch die Bezirksverwaltungsbehrde aufgenommen werden.

    Da es sich bei diesen Kindern um Menschen mit besonderen Bedrfnissen handelt,

    kommt der 29, Hilfe zur Frhfrderung, Erziehung und Schulbildung, zur

    Anwendung (vgl. N SHG 2000 29).

    Anzumerken ist noch, dass Heimunterbringungen auf zwei Arten erfolgen knnen.

    Diese Unterscheidung ist wichtig, da sie bedeutenden Einfluss auf die

    Zusammenarbeit mit dem Familiensystem des zu betreuenden Kindes haben kann.

    Es gibt eine freiwillig Unterbringung, d.h. mit Zustimmung der Eltern bzw. den

    Erziehungsberechtigten. Hier wird mit der Institution eine schriftliche Vereinbarung

    getroffen (vgl. N KJHG, 27).

    Und zweitens kann auch gegen den Willen der Eltern eine gerichtlich verfgbare

    Manahme erfolgen, speziell wenn Gefahr in Verzug droht wie z.B. bei

    Kindesmisshandlung. Aber auch unter dem Druck von Schule, Beratungsstellen oder

    Jugendhilfe kann ein freiwilliger Zwang erfolgen, wenn Eltern gegen eine

    notwendige Heimunterbringung eingestellt sind (vgl. N KJHG 24).

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    9/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    9

    2.4 Begriffsexplikation Eltern- und Familienarbeit

    Unter Eltern werden nicht nur die leiblichen Eltern, sondern auch all jene Personen

    verstanden, die Elternfunktionen ausben bzw. Obsorgeberechtigte sind.

    Obsorgeberechtigte sind Personen, die fr die Pflege und Erziehung eines

    minderjhrigen Kindes, fr dessen gesetzliche Vertretung und fr die Verwaltung

    seines Vermgens verantwortlich sind (ABGB JGS Nr. 946/1846).

    Um zum besseren Verstndnis der nachfolgenden Auswertung der Interviews

    beizutragen, wird der Begriff Eltern- und Familienarbeit genauer beschrieben.

    In der pdagogischen Praxis werden je nach Einrichtung verschiedene Formen von

    Elternarbeit verstanden und auch praktiziert. Diese sind abhngig von den

    strukturellen wie von den personalen Bedingungen.

    Birtsch (1982) versteht unter dem Begriff Elternarbeit alle Erzieheraktivitten, die

    sich auf den Kontakt mit den Familienangehrigen der betreuten Kinder beziehen,

    sowie alle Kontakte zu den Eltern, aber auch Gesprche mit den Kindern, die sich

    aus Elternkontakten ergeben (vgl. Birtsch 1982:8, zit. n. Conen 1990:246-247). Unter

    Elternarbeit wird in der Leistungsbeschreibung der sozialpdagogischen

    Einrichtungen des Landes N neben dem allgemeinen Kontakt mit den Angehrigen

    der betreuten Kindern und Jugendlichen vor allem den von der Einrichtung geplanten

    Kontakt, welcher eine am Einzelfall orientierte Zielsetzung verfolgt und die

    Partizipation der Angehrigen erfordert, verstanden (vgl. Leistungsbeschreibung

    2013:33).

    Unter Partizipation versteht man in der Erziehungshilfe eine angemessene Form

    der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, die das Ziel verfolgt, stets ein

    Hchstma an Kooperation zu gewhrleisten(Macsenaere / Esser 2012:59).

    Anhand der beiden Begriffsdefinitionen lassen sich zwei Formen des Elternkontaktes

    unterscheiden: die informellen Kontakte, die sich zwischen Heim und Eltern wie bei

    Bring-und Abholsituationen, Veranstaltungen, Festen, telefonischen Kontakten und

    Schulsprechtagen ergeben und den formellen Kontakten, die an einen Einzelfall

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    10/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    10

    orientiert sind, ein Ziel verfolgen und die Zusammenarbeit mit den Angehrigen

    einfordern.

    Elternkontakte ergeben sich im Heim dann, wenn Kinder oder Jugendliche von dem

    Kinder- und Jugendhilfetrger mit der vollen Erziehung beauftragt sind. Darunter

    versteht man die Pflege und Erziehung eines Minderjhrigen in einer Pflegefamilie,

    bei nahen Angehrigen oder in einer Institution (vgl. B-KJHG 2013 26). In diesem

    Zusammenhang wird auch der Begriff der Fremdunterbringung verwendet. Darunter

    versteht man die (...) Unterbringung, Versorgung und Erziehung von Kindern und

    Jugendlichen auerhalb der eigenen Familie ( Kreft/Mielenz 2005:332).

    Gefhrdete oder vernachlssigte Kinder und Jugendliche werden durch den

    Jugendhilfetrger aus dem gewohnten Umfeld genommen und die Versorgung und

    Erziehung geschieht auerhalb der eigenen Familie. Hierbei werden Hilfen fr die

    verschiedensten sozialen Problemlagen in einem neuen Lebensumfeld angeboten.

    Vor allem bei lteren Jugendlichen und jungen Volljhrigen wird eine Begleitung in

    die Selbstndigkeit ermglicht ( vgl. Kreft & Mielenz 2005, zit. nach Birtsch 2001).

    Im HPZ versteht man allgemein die Herausnahme eines gefhrdeten,

    vernachlssigten oder missbrauchten Kindes aus seinem gewohnten Umfeld durch

    den zustndigen Kinder- und Jugendhilfetrger. Die stationre Unterbringung kann in

    einer professionell gefhrten Einrichtung oder innerhalb einer geeigneten

    Pflegefamilie stattfinden.

    3 Qualitative Untersuchung

    In dieser Arbeit wird untersucht, wie die Elternarbeit im stationren Bereich der

    Frderabteilung des HPZs Hinterbrhl umgesetzt und gehandhabt wird und in

    welcher Form diese auch mglich ist.

    Der Hauptfrage Wie gestaltet sich die Elternarbeit in der Frderabteilung des HPZs-

    Hinterbrhl wird durch das Interviewen einer Sozialpdagogin und einem

    Sozialpdagogen nachgegangen. Die Interviews wurden auf einem Tonbandtrger

    aufgezeichnet und anschlieend transkribiert. Die analytische Auswertung anhand

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    11/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    11

    der Systemanalyse sowie das Aufzeigen der Hauptthemen bilden den Schwerpunkt

    dieser Arbeit.

    3.1 Methodisches Vorgehen

    Die empirische Erforschung der Fragestellung erfolgt durch die Methode der

    qualitativen Forschung. Hierbei werden viele unterschiedliche Forschungsanstze,

    Methoden und theoretische Hintergrnde verwendet (vgl. Flick 2009:21). Qualitative

    Forschung beruht nicht auf Hypothesen und Operationalisierung, sondern auf

    Interpretationen der UntersuchungsteilnehmerInnen. Die Datenerhebung ist offengestaltet und man erhlt ein komplexes Bild ber ein Thema. Hierbei wird der

    subjektive Sinn des Themas aus der Perspektive eines Beteiligten erfasst (vgl. ebd.

    2009:24-25). Das Ziel dieser Forschung ist Neues in der untersuchten Situation zu

    entdecken und daraus Hypothesen und Theorien zu entwickeln. Daher wird die

    Forschungssituation sehr offen gehalten, Rckfragen, neue Aspekte und

    Einschtzungen finden hier Raum. Ein Nachteil ist, dass die Ergebnisse nicht

    generalisiert werden knnen (vgl. ebd. 2009:27).

    3.1.1 Leitfadeninterview mit zwei PdagogInnen

    Das erste Interview wurde am 14. Februar dieses Jahres in einer Wohngruppe der

    Frderabteilung auf einen Tonbandtrger aufgenommen und dauerte ca. 20 Minuten.

    Die Interviewerin beantwortete in kurzen und informativen Antworten ihren Zugang,

    ihre Meinung sowie Verbesserungsvorschlge bzgl. der Elternarbeit. Das zweite

    Interview wurde am 28. Februar im Leseraum der Frderabteilung ebenfalls aufeinen Tonbandtrger aufgenommen. Bedingt durch Strungen ( Eintritt einer Person

    in den Leseraum und durch das Luten des Journaldiensthandys) wurde es in drei

    Abschnitte unterteilt. Dieses Interview dauerte ca. 45 Minuten, da die Fragen sehr

    ausfhrlich und veranschaulicht dargestellt und beantwortet wurden. Anhand des

    Leitfadens wurden die Interviews, die sehr offen angelegt und viel Raum fr eigene

    Erzhlungen und Erfahrungen boten, gefhrt.

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    12/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    12

    Leitfragen waren:

    Welche Einstellung bzgl. der Elternarbeit in der Frderabteilung hast du?

    Was ist bisher verwirklicht worden bzw. gelingt?

    Kannst du von einem Highlight, von etwas Besonderem in Hinblick auf Elternarbeit

    erzhlen?

    Im Leitfadeninterview wurde nicht explizit der Bezug zum Kinder- und

    Jugendhilfegesetz formuliert, da in der Abteilung die Elternarbeit betont und im

    pdagogischen Alltag praktiziert werden sollte.

    3.1.2 Datenanalyse

    Das erhobene Datenmaterial wird nun in dieser Arbeit herangezogen und in Hinblick

    auf die Umsetzung und Legitimierung der Elternarbeit im stationren Bereich der

    Frderabteilung des HPZs Hinterbrhl analysiert. Die Untersuchung der Interviews

    erfolgt nach der Systemanalyse.Warum wurde nach der Systemanalyse ausgewertet?

    In dem offen gefhrten Interview der beiden SozialpdagogInnen wurde das Thema

    Elternarbeit sehr umfangreich beantwortet. Die Vorzge der Systemanalyse liegen

    darin umfangreiche Texte zu analysieren, die Sinndimensionen zu entschlsseln und

    danach Aussagen zu treffen. In den Fokus der Interviews rckte die momentane

    Umsetzung und Gestaltung der Elternarbeit in der Frderabteilung, sowie die

    persnlichen Vorstellungen und Wnsche hinsichtlich dieser. Durch die eigene

    Bedeutungszuschreibung und Wahrnehmung der Elternarbeit zeigen sich auch die

    Entwicklungen, die Einflsse aber auch Begrenzungen der Institution als auch der

    sozialen Systeme. Ziel der Systemanalyse ist auch, Vorgnge sowie Dynamiken von

    sozialen Erscheinungen und Systemen zu deuten. Es sollen die strukturierenden

    latenten Merkmale des fokussierten sozialen Feldes (Froschauer/Lueger 2003:149)

    gefunden werden. Es wird angenommen, dass die mndlichen Aussagen der

    interviewten Personen durch bestimmte Begleitumstnde geprgt sind sowie eine

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    13/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    13

    individuelle Weltanschauung und Realittsvorstellung als Motivation haben. Die

    Analyse konzentriert sich nicht auf den offensichtlichen Inhalt, sondern derSchwerpunkt wird auf eine ausfhrliche Interpretation berhrter Themen gelegt. Die

    Themen werden in unterschiedlichen Analysephasen ermittelt. Der analysierte Text

    wird hierfr in einzelne Textfragmente gegliedert, die wiederum ein komplexes

    Thema behandeln.

    3.1.3 Analyse zum Forschungsprozess

    In dem beschriebenen Feld zu forschen erwies sich als eine herausforderndeAufgabe. Einerseits weil die Interviewten ihre Wnsche und Vorstellungen

    hinsichtlich der Elternarbeit im pdagogischen Alltag nicht umsetzen knnen und

    daher weniger ber die tatschlich praktizierte Elternarbeit als ber ihre

    Vorstellungen dazu berichteten. Andererseits sind mir durch das gemeinsame

    Arbeiten viele Ansichten und Denkmuster der KollegInnen als auch die Eigenheiten

    der Abteilung vertraut. Diese dann nicht subjektiv gefrbt wiederzugeben, jedem

    Aspekt und jeder uerung gengend Raum zu geben und dabei immer neutral undobjektiv zu analysieren und zu interpretieren, war eine sehr groe Herausforderung

    und lehrreiche Erfahrung.

    3.2 Auswertungsergebnisse

    3.2.1 Darstellung der Ergebnisse und der Themen

    Beim Auswerten der beiden Interviews haben sich einige Gemeinsamkeiten undberschneidungen ergeben, aber auch Punkte, die von dem anderen Interviewten

    nicht erwhnt wurden.

    Beide Personen betonten, wie wichtig und bedeutsam die Elternarbeit in der

    Institution sei. Elternarbeit gehre unbedingt forciert und ein regelmiger

    Austausche solle stattfinden (Int. 1, Z. 11-13, Int. 2, Z. 7-8). Allerdings differenziert

    der Interviewte 2 dahingehend, dass intensive Elternarbeit dort geleistet werden

    sollte, wo es zu Hause an den Wochenenden immer wieder eskaliert ( Int. 2, Z 94-96), wo Kinder mit den Lebenspartnern oder den Geschwistern Schwierigkeiten

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    14/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    14

    haben, aber auch dort, wo sich Kinder an den Heimfahrtswochenenden als

    Eindringling und unerwnscht vorkommen (Int. 2, Z. 107-110).

    Des Weiteren wird angefhrt, dass viele Probleme, wrden diese offen und ehrlich

    ausgetauscht werden, gar nicht in Eskalationen enden mssten. Das Miteinander

    reden (Int. 1, Z. 32-33) sowie jede Form der Mitteilung wre fr die Zusammenarbeit

    mit den Eltern und Kindern von Vorteil (Int. 2, Z. 32-42). Der/die InterviewpartnerIn

    betonen, dass Elternarbeit nur beim Bringen und beim Abholen des Kindes passiert

    (Int. 2, Z. 36 37) sofern die Kinder nicht mit dem Transportunternehmen gebracht

    und abgeholt werden (Int. 1, Z 66 71). Gerade in der Bring- und Abholsituation im

    Heimalltag ist es sehr stressig und es ist viel zu wenig Zeit, um sich auszutauschen

    (Int. 2, Z. 64 66). Beide Interviewten betonen, wie wichtig die mobile oder

    aufsuchende Elternarbeit wre (Int. 1, Z. 16-17, Int. 2 Z. 60). So knnte man die

    Wohnverhltnisse der zu betreuenden Kinder erleben (Int 2, Z. 70-87) als auch ein

    Gesamtbild ber das Zuhause der Kinder erhalten (Int. 2, Z. 120-144). Sind diese

    Mglichkeiten gegeben, so hat man nicht nur einen Einblick in die rumliche

    Situation, sondern auch die Kommunikations- und Verhaltensstrukturen der Familieknnen beobachtet werden. Dann ist auch ein effizienteres Arbeiten mit dem Kind

    sowie mit dessen Eltern mglich (Int. 2, Z. 135-138). Auch die Eltern werden in deren

    eigenem Umfeld anders erlebt als whrend der bergabe (Int. 2, Z. 209-214), wo

    man gerade 10 oder 15 Minuten mit den Eltern zu tun hat.

    Die Erstinterviewte bemerkt auch, dass die Kommunikation und die Arbeit mit den

    Eltern nur auf Freiwilligkeit beruht (Int. 1, Z. 50-54). Verweigern die Eltern diese, so

    wird das akzeptiert. Der einzige Kontakt der eingefordert wird ist das

    Zusammentreffen beim jhrlichen Verlaufsgesprch (Int. 1, Z. 62 66). Hierbei wird

    reflektiert, ob die gemeinsamen Ziele erreicht wurden und eventuell neue Ziele

    evaluiert werden mssen. Auch wenn Krisen stattfinden (Int. 1, Z. 69) und wenn am

    Wochenende zu Hause schwierige Situationen auftreten (Int. 2, Z. 227-233), werden

    keine Gesprche eingefordert. Hilfen und Manahmen knnten viel effizienter

    eingesetzt werden, wenn Vorflle und Eskalationen offen und ehrlich kommuniziert

    werden knnten. Gleichzeitig htte das Kind die Gelegenheit, ber seine Probleme

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    15/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    15

    zu sprechen. Wrde diese Art der Zusammenarbeit stattfinden, kmen die Kinder

    nicht in einen Loyalittskonflikt. So werden die huslichen Probleme verschwiegenund die SozialpdagogInnen merken erst aufgrund des Verhaltens, dass es zu

    Hause zu Vorfllen kam (Int. 2, Z. 4143).

    Die Erstinterviewte weist auch auf die spezielle Situation in der Frderabteilung hin.

    Hier wird den Kindern mit kognitiven, sozialen und emotionalen Defiziten das

    Mascherl der Behinderung umgebunden (Int. 1, Z. 104). Diese Kinder bleiben oft

    die gesamte Schulzeit hier und von der Abteilung wird die weiterfhrende

    Unterbringung organisiert (Int. 1, Z. 110). Werden Eltern intensiver in den

    Betreuungs- und Frderprozess eingebunden, desto mehr knnen diese auch ihre

    Vorstellungen von einer Nachfolgeeinrichtung einbringen (ebd. Z 138 143). In

    diesem Interview wird auch die Einstellung gegenber Behinderung hinterfragt. Laut

    Meinung der Interviewten sind die Unterschiede zwischen den Kindern der

    Abteilungen ( Int. 1, Z. 2125) nicht so stark und auch in der Frderabteilung gibt es

    Kinder mit weniger Beeintrchtigungen (Int. 1, Z. 120 123). bzw. nur mit

    Lernbehinderungen. Ihrer Meinung nach gehren auch mehrfachbehinderte Kinder inihre Familien rckgebunden (Int. 1, Z. 126129).

    Zuletzt weist die Interviewte darauf hin, dass das Denken und Handeln durch die

    Institution, in der wir arbeiten, bestimmt wird. Ihrer Meinung nach sollte es ein

    Zusammenspiel von Kind, Eltern, Institution und Gesellschaft geben.

    Zwei weitere Punkte zeigt der zweite Interviewpartner auf. Elternarbeit soll bereits

    bei der Aufnahme angeboten werden (Int. 2, Z. 189). Die Eltern sollen das Bemhen

    des Erziehers erkennen und diesen als Hilfe ansehen (Int. 2, Z. 84 85). Angebote

    sollten bereits beim Erstgesprch aufgestellt werden, den Eltern jedoch nicht

    aufgedrngt werden (Int. 2, Z. 154 165). Der Sozialpdagoge soll sich aktiv

    einbringen und berlegungen anstellen, wie er sich in der Familie einbringen kann

    (Int. 2, Z. 247-257). Durch diesen intensiven Kontakt, meint der Interviewte, knnen

    sich die Welten mehr verknpfen und es kann auf Vorflle effektiver reagiert werden

    und Vernderungen knnen schneller erzielt werden (Int. 2, Z. 209 214).

    Elternarbeit verlangt Flexibilitt (Int. 2, Z. 237) und daher sollten einerseits fixe Zeiten

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    16/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    16

    fr die Elternarbeit eingeplant werden (Int. 2 Z. 150), andererseits knnte man in der

    Ferienzeit oder an den Wochenenden zu Hause bei den Kindern und deren Familienvorbeischauen ( Int.2 Z. 152153).

    Die Hauptthemen der Interviews fokussierten sich auf die Art der Zusammenarbeit

    mit den Eltern. Wie kann Elternarbeit unter den gegenwrtigen Rahmenbedingungen

    umgesetzt werden und wie schaut die Kooperation mit den Eltern aus?

    Elternarbeit wird momentan nur insoweit praktiziert, soweit Eltern bereit sind

    mitzuarbeiten und mitzugestalten. Das Prinzip der Freiwi l l igkeit ist

    vorherrschend. Den interviewten Personen fehlt es an intensiverem

    Austausch, persnlichem Kontakt, Vertrauen und Offenheit. In den Bring- und

    Abholsituationen herrscht zu viel Stress um effektive Elterngesprche fhren

    zu knnen und professionelle Hilfe wird seitens der Eltern kaum gesucht.

    Probleme, die mit den Kindern am Wochenende auftreten, versuchen die

    Eltern selbstndig und auf ihre Art und Weise zu lsen. Kinder wiederum

    erzhlen nichts von zu Hause, da sie sich den Eltern gegenber loyal

    verbunden fhlen. Dort, wo sich keine Gelegenheit ergibt sich auszutauschen,

    findet auch keiner statt. Das gilt vor allem bei den Kindern, die von dem

    Fahrtendienst ins Heim gebracht und wieder abgeholt werden. Dadurch kann

    kein Austausch stattfinden, kein Vertrauen und keine Nhe entstehen und

    wachsen. Auch angebotene Gesprche und gemeinsame Treffen werden

    wenig bis gar nicht wahrgenommen.

    Beiden SozialpdagogInnen wre es ein Anliegen, die Elternarbeit mobi l

    oder aufsuchend zu gestalten. So knnten die Wohn- und

    Familienverhltnisse der zu betreuenden Kinder erlebt werden, die

    Handlungsmuster und Gewohnheiten der Familien erfasst werden. Auch der

    Umgang der Eltern mit ihren Kindern in der gewohnten Umgebung kann

    besser durchschaut werden. Die Tr- und Angelgesprchssituationan den

    Wochenenden bringt sehr viel Stress und auch die Eltern zeigen auerhalb

    ihres gewohnten Umfeldes ein anderes Verhalten als in ihrem eigenen

    Zuhause. Durch den intensiveren Austausch und Kontakt kann der/die

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    17/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    17

    SozialpdagogIn als BeraterIn fungieren und wird nicht in der Rolle des/der

    KontrollorIn gesehen. Auch das Konkurrenzdenken der Eltern kann durchakzeptierende und wertschtzende Begegnung innerhalb der Familie

    ausgeschaltet werden.

    Das Thema Behinderung und Inklusion wurde von der Erstinterviewerin

    besonders hervorgehoben. Auch wenn Kinder in mehreren Bereichen, wie im

    emotionalen, im sozialen und kognitiven Bereich Defizite zeigen, sollten ihrer

    Meinung nach auch diese wieder in die Familie sowie in deren Umfeld

    integriert werden. Die Bemhungen sollten darauf hinzielen, die Kinderwieder in ihre Herkunftsfamilien rckfhren zu knnen. Eltern sollen ihrer

    Meinung nach nicht abgekoppelt oder ausgegrenzt werden, sondern in den

    Frder- und Entwicklungsprozess ihrer Kinder eingebunden werden. Erst

    durch das Zusammenwirken aller Beteiligten knnen gemeinsame Wnsche

    und Ziele fokussiert und umgesetzt werden. Dann liegt die Entscheidung der

    Gestaltung des weiteren Lebensweges des Kindes nicht nur bei der Institution,

    sondern es knnen auch die Vorstellungen der Eltern bercksichtigt werden.

    Nicht jedes behinderte Kind muss zwangslufig in einer weiterfhrenden

    Einrichtung untergebracht werden.

    3.2.2 Interpretation der Ergebnisse

    Die Elternarbeit wird in der Frderabteilung viel zu wenig umgesetzt und praktiziert.

    Die SozialpdagogInnen wnschen sich eine engere Kooperation und intensiveren

    Austausch mit den Eltern. Durch Besuche im Zuhause der Kinder ergeben sich

    Gesprche und Situationen, in denen die Familienstrukturen und -dynamiken

    durchschaubar werden. So ist es den SozialpdagogInnen mglich ein besseres

    Verstndnis fr die vorherrschenden huslichen Gegebenheiten der Kinder zu

    entwickeln. In dieser Umgebung knnen intensivere Gesprche gefhrt werden und

    Probleme und Schwierigkeiten erhalten gengend Raum und Zeit. Durch diese Art

    von Zusammenkunft, Austausch und Kooperation kann das Vertrauen der Eltern zu

    den SozialpdagogInnen aufgebaut werden. Es fllt dann leichter diese als hilfreiche

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    18/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    18

    BeraterInnen und UntersttzerInnen anzunehmen. Dadurch kann auch das

    Verstndnis fr das Verhalten ihrer Kinder in bestimmten Situationen wachsen.Eltern lernen in Situationen passender zu reagieren und werden in ihrer

    Erziehungsfhigkeit untersttzt und gestrkt. Sie brauchen die Sozialpdagoginnen

    nicht mehr als KonkurrentInnen zu sehen, sondern knnen diese als hilfreiche

    Untersttzung im Entwicklungsprozess ihrer Kinder annehmen. Genauso knnen die

    SozialpdagogInnen von den bisher gemachten Erfahrungen der Eltern profitieren.

    Eltern werden dann auch bei Konflikten und Problemen, die sich an den

    Wochenenden mit ihren Kindern ergeben, eher zum Telefon greifen und denSozialpdagogInnen darber berichten oder um Rat fragen. Bei dieser Gelegenheit

    erfahren die Kinder, dass die SozialpdagogInnen und die Eltern zusammenarbeiten:

    Sie tauschen sich aus und sie sind ber die Vorflle und Schwierigkeiten, egal ob

    diese in der Institution oder im Zuhause auftreten, informiert. So gbe es die

    Mglichkeit sowohl im Heim als auch im Elternhaus mit den Kindern das

    Problemverhalten anzusehen, zu reflektieren und gemeinsam nach

    Lsungsstrategien zu suchen. Die Kinder mssten nicht Partei fr ihre Eltern

    ergreifen und wrden in keinen Loyalittskonflikt geraten. Beratende und

    untersttzende Manahmen sowie eine offene, ehrliche und intensive

    Kommunikation mit den Eltern erhhen die Effizienz und Effektivitt der Intervention

    und wirken sich nachhaltig auf die Lnge der Heimunterbringung der Kinder aus.

    Auch kognitiv beeintrchtigte Kinder mssen nicht die gesamte Schulzeit im Heim

    verbringen und danach in einer weiterfhrenden Einrichtung untergebracht werden.

    Vielen Eltern ist noch zu wenig bewusst, welch einen Einfluss sie auf die Erziehung

    ihrer Kinder haben und wie wichtig ihre Rolle und Mitarbeit im Erziehungsprozess ist.

    Auch mehrfach beeintrchtigte Kinder sind integrierbar, wenn Eltern die Mglichkeit

    annehmen knnten, unter professioneller Anleitung und Hilfestellung

    situationsgem zu agieren und zu reagieren. Dadurch gbe es weniger Probleme

    zu Hause und im Umfeld der Familie und die Kinder wrden eher zu Hause wohnen

    knnen als in einer Einrichtung. Das wrde nicht nur ihrer psychischen Gesundheit

    sondern auch dem gesamten Familiensystem und letztendlich auch der Gesellschaft

    zugutekommen.

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    19/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    19

    Bei all diesen Vorteilen muss auch aufgezeigt werden, dass die mobile und

    aufsuchende Elternarbeit aber eine hohe Flexibilitt, Einsatzbereitschaft undKommunikationsfhigkeit seitens der SozialpdagogInnen voraussetzt. Auch seitens

    des Dienstgebers ergibt sich ein erhhter Personalaufwand und damit verbundene

    Mehrkosten wie z.B. ein zur Verfgungstellen von Transportmittel oder

    Transportkosten, Anrechnung von Zeiten in denen Vorbereitungsarbeiten, soziale

    Diagnostiken und Dokumentationen ber die Familiensysteme geschrieben werden.

    Die SozialpdagogInnen sind der Auffassung, dass noch viele Mglichkeiten bzgl.

    der Zusammenarbeit mit den Eltern ausgeschpft werden knnten.

    Nicht nur die Auswertungen der Interviews zeigten eine gewisse Unzufriedenheit

    bzgl. der Elternarbeit sondern auch den Wunsch nach einer mobilen und flexiblen

    Elternbegleitung durch die SozialpdagogInnen der Einrichtung. Obwohl Elternarbeit

    als Selbstverstndlichkeit in vielen Institutionen gilt (siehe Leitbild der Einrichtung),

    sind nach wie vor Umsetzungsschwierigkeiten vorhanden. In unterschiedlichsten

    Studien, die ber die Eltern- und Familienarbeit in stationren Einrichtungen in einem

    Zeitraum von 1982 bis 2001 gettigt wurden, stellten sich folgende zentralen Punkteheraus:

    Eltern- und Familienarbeit wird als sehr wichtig angesehen, jedoch im

    pdagogischen Alltag noch zu wenig praktiziert

    Wird die Reintegration in die Herkunftsfamilie angestrebt, geschieht die

    Zusammenarbeit hufiger

    Elternarbeit geschieht meist in den Einrichtungen, im Zuhause der Familie

    eher seltener

    Meist geschieht Elternarbeit ungeplant; systematisches Handel stellt mehr

    oder weniger eine Ausnahme dar

    Einbindung der Eltern in den Erziehungsprozess um einem

    Entfremdungsprozess zwischen Kind und Eltern entgegenzuwirken

    Pdagogisches Personal ist zu wenig qualifiziert dazu (vgl. Herold 2011:50)

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    20/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    20

    Schrder stellt auch fest, dass stationre Einrichtungen eher auf die

    Verselbstndigung der jungen Menschen abzielen, als die Eltern im Hilfeplanmiteinzubinden, ihnen Aufgaben zu bertragen und mit ihnen die geplante

    Rckfhrung oder auch Verselbstndigung in Zusammenarbeit zu gestalten (vgl.

    Schrer 2007:224, zit. nach Herold 2011:51).

    Dies wurde auch im ersten Interview erwhnt. Speziell Kinder mit kognitiven,

    sozialen und emotionalen Beeintrchtigungen sind meist bis zur Beendigung der

    Schulpflicht in der Einrichtung untergebracht. Oft geschieht dies aus Grnden

    fehlender Frdermglichkeiten im Umfeld des Wohnortes der Familie, berlastung

    seitens der Eltern, oder berforderung der rtlichen Schulen. Durch die

    Heimunterbringung verndert sich auch der gesellschaftliche Gesamtstatus der

    Familie. Mit der Dauer der Fremdunterbringung leidet auch die Beziehung zu den

    Eltern. Sowohl Eltern als auch Kinder knnen sich entfremden. Dies kann bewusst

    oder unbewusst seitens der Herkunftseltern geschehen. Die Eltern wissen ihre

    Kinder bestens versorgt und der Druck der Verantwortlichkeit nimmt ab. In diesem

    Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass mit zunehmender Dauer derUnterbringung auerhalb der Herkunftsfamilie ein Entfremdungsprozess stattfinden

    kann (vgl. Faltermeier 2001:185).

    SozialpdagogInnen glauben immer wieder, dass die Eltern nicht bereit sind zu

    kooperieren, nicht motiviert sind oder froh sind, ihr Kind in einer Institution abgeben

    zu knnen. In der Regel fhlen sich die Eltern nicht entlastet sondern erleben eine

    Unterbringung ihres Kindes in einer Institution als ein Versagen, Stigmatisierung oder

    eine Abwertung ihrer erzieherischen Kompetenz. Sie verdeutlichen auch, dass sie

    Schwierigkeiten haben die Unterbringung zu akzeptieren. Daher knnen sie auch

    nicht zeigen, dass sie ber die momentane Entlastung froh sind (vgl. Conen

    1996:207-208). Durch die Unterbringung des Kindes in einer stationren Einrichtung

    soll nicht nur die Familie entlastet werden, sondern auch das Wohl des Kindes

    sichergestellt und seine Entwicklung gefrdert werden. Die Familie bleibt auch

    whrend einer Heimunterbringung die relevante Bezugsgruppe fr das

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    21/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    21

    untergebrachte Kind, unabhngig davon ob es mit oder ohne Zustimmung der Eltern

    oder Obsorgeberechtigten untergebracht ist (vgl. Conen 1990:247).

    Elternkontakte werden von beiden SozialpdagogInnen sehr befrwortet, jedoch von

    einem Interviewten als Angebot und nicht als Zwangsaufforderung verstanden,

    whrend die andere interviewte Person meint, man msse die Eltern mehr in die

    Verantwortung nehmen. Die Eltern- und Familienarbeit wurde durch das Gesetz

    fixiert und ist im Heimalltag ein wichtiger Bestandteil. Wie Elternarbeit umgesetzt wird

    hngt immer vom Wohl des Kindes ab. Hufig lehnen Kinder oder Jugendliche bei

    pathologischen Eltern-Kind-Beziehungen, wie seelischen und krperlichen

    Misshandlungen oder Missbrauch, den Kontakt zu den Eltern ab oder aber auch die

    Eltern zeigen sich nicht sehr prsent. (...) die physische Anwesenheit der Eltern ist

    keine notwendige Voraussetzung fr die Durchfhrung von Eltern- und

    Familienarbeit (zit. nach Herold 2011:55). Elternkontakte mssen nicht zwangslufig

    persnlich bestehen, sondern man kann diese mit den Kindern oder Jugendlichen

    durch Fotos oder in Gesprchen thematisieren (vgl.Conen 2002:27).

    Dass Eltern zur Zusammenarbeit mit den SozialpdagogInnen der Einrichtung bereit

    sind, darf nicht vorausgesetzt werden. Tragen die Eltern die Fremdunterbringung

    nicht mit, kann es zu Schwierigkeiten in der Kommunikation kommen wie zu

    mangelnder Gesprchsbereitschaft, Missachtung von Vereinbarungen und

    Absprachen sowie Konkurrenzverhalten gegenber den HeimmitarbeiterInnen. Fr

    die SozialpdagogInnen ist wichtig zu wissen, dass diese Verhaltensweisen im

    Kontext mit der Unterbringung stehen. Eine wertschtzende Grundhaltung ist die

    Voraussetzung fr eine funktionierende Elternarbeit. Ist es mglich die Eltern in ihren

    Problemlagen ernst zu nehmen und sie wertzuschtzen, dann knnen sie auch zur

    Mitarbeit im Erziehungsprozess motiviert werden. So wirkt Eltern- und Familienarbeit

    in zwei Richtungen: auf das Kind und auf die Familie (vgl. Herold 2011:59).

    Ein weiteres Problem das sich im Laufe der Heimunterbringung immer wieder zeigt,

    wird im zweiten Interview verdeutlicht. Schwierigkeiten oder Krisen, die an

    Wochenenden in den Familien passieren, werden oft zu einem viel spteren

    Zeitpunkt offengelegt. Kindern wird eine Art Schweigepflicht seitens der Eltern

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    22/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    22

    auferlegt. Durch die Herausnahme eines Kindes mit Problemverhalten aus dessen

    Familie und die nachfolgende Unterbringung in einem Heim stellt den Versuch dar,eine Lsung fr das Problem des Kindes (und seiner Familie) zu finden (vgl. Conen

    2007:63). In der Heimpraxis zeigt sich meist, nach erster ablehnender Haltung, dass

    Kinder die Zuwendung und Frsorge der BetreuerInnen genieen und sich in dem

    neuen Lebensumfeld positiv entwickeln. Nach einigen Kontakten mit der

    Herkunftsfamilie zeigen sich jedoch wieder Rckflle und alte Verhaltensweisen

    kommen zum Vorschein. Vor allem nach den Wochenendbesuchen zeigt das Kind,

    wie im zweiten Interview aufgezeigt, wieder lngst berwundene abweichendeVerhaltensweisen. Aus systemischer Sicht betrachtet sind diese eine Reaktion auf

    die Prozesse und Muster in seinem Familiensystem. Kinder, die sich nach einer

    gewissen Eingewhnungsphase in der Institution gut entwickelt haben und ihr

    Problemverhalten nicht mehr zeigen, geraten in einen inneren Konflikt: einerseits

    fhlen sie sich in der Institution gefrdert, untersttzt und gut aufgehoben,

    andererseits verraten sie durch ihre Weiterentwicklung ihre Eltern. Wenn sie sich in

    der Institution gut entwickeln, kann das Problem der unvorteilhaften Entwicklung nur

    bei ihren Eltern liegen. Folglich wird das Kind versuchen diese von deren

    Inkompetenz zu befreien und entwickelt hufig verstrktes Problemverhalten. Sind

    den SozialpdagogInnen diese Loyalittsbindungen bewusst, kann man diese auch

    in die Erziehungsarbeit mit den Kindern einbeziehen (vgl. Conen 2007:65). Die

    grundstzliche Loyalitt des Kindes zu den Eltern muss anerkannt und akzeptiert

    werden. Die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen den SozialpdagogInnen

    und den Herkunftsfamilien ist notwendig, um das Kind zu entlasten.

    Die in den Interviews angefhrte mangelnde Kooperation kann auch vor dem

    Hintergrund der schwierigen Lebensumstnde gesehen werden. Die Familien sind oft

    unvollstndig, d.h. alleinerziehende oder reorganisierte Familien

    (Patchworkfamilien), Trennungen, Scheidungen und meist mehrere Geschwister

    prgen diese Familien. Auch prekre Lebenslagen, eingeengte Wohnverhltnisse,

    fehlende Rckzugsmglichkeiten, niedriges Bildungsniveau, Arbeitslosigkeit oder

    Abhngigkeit von sozialstaatlichen Transferleistungen beeintrchtigen die

    Lebensgestaltung. Hufig kommen zu den sozialen und konomischen

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    23/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    23

    Rahmenbedingungen noch Alkohol- und Drogenmissbrauch hinzu. Manchmal

    ziehen sich diese Problemlagen ber mehrere Generationen und auch die Eltern derfremduntergebrachten Kinder haben nicht selten Erfahrung mit institutionellen

    Einrichtungen gemacht. Das erschwert das Vertrauen in das jetzige Helfersystem

    (vgl.Herold 2011:38-39).

    4 Resmee

    Die Herausnahme des Kindes aus seiner Familie und die Unterbringung in einer

    Einrichtung hat, wie die Theorie zeigt, Auswirkungen auf das gesamte

    Familiensystem. Lange Zeit wurde nur das Kind mit seinem abweichenden Verhalten

    gesehen und die pdagogischen Manahmen orientierten sich einzig an seinen

    Defiziten. Eltern- und Familienarbeit wurde auch zu wenig beachtet, da die meisten

    untergebrachten Kinder die gesamte Schulzeit in der Institution verbrachten und

    kaum die Option bestand wieder in die Familie reintegriert zu werden. Erst nachdem

    bekannt wurde, dass jede Familie ihre eigenen Beziehungen und Strukturen hat,

    jedes Mitglied seinen Platz im gesamten System und daher auch eine Herausnahmedes Kindes das gesamte System ins Wanken bringt, verstand man den tieferen Sinn

    der Eltern- und Familienarbeit. Man erkannte hierin die Anknpfungspunkte fr die

    Eltern- und Familienarbeit in der Heimerziehung (vgl. Drees 1998:30, zit. nach Herold

    2011:56). Daher soll auch whrend der gesamten Unterbringung und des gesamten

    Hilfeprozesses nicht nur das Kind in der Einrichtung betrachtet werden, sondern die

    Aufmerksamkeit muss auch auf das Familiensystem, vor allem auf dessen

    Vernderungen, gerichtet sein.

    Auch aus psychoanalytischer Sichtweise ist der Kontakt mit den Eltern sehr wichtig.

    Die Kindheit eines Menschen hat nach der Psychoanalyse nach Sigmund Freud eine

    enorme Bedeutung auf seine Persnlichkeit. Auch die Bindungstheorie nach John

    Bowlby ist bedeutsam, weil die Erfahrungen die ein Kind bezglich Struktur, Inhalt

    und Qualitt seiner Beziehungen zu seinen primren Bezugspersonen macht,

    begleiten den Menschen ein Leben lang. Sie knnen bewusst oder unbewusst

    Auslser fr psychische Konflikte und Strungen sein (vgl. Drees 1998:27, zit. nach

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    24/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    24

    Herold 2011:63). Aus dieser Sicht ist es wichtig, die Rolle der Eltern bei der

    Verarbeitung von Konflikt- und Problemlagen einzubeziehen (vgl. Herold 2011:63).

    Auch wenn der Wunsch der interviewten SozialpdagogInnen nach mobiler und

    aufsuchender Familienarbeit vorhanden ist, ist es fraglich, ob die

    SozialpdagogInnen dieser sehr herausfordernden Arbeit im Heimalltag gewachsen

    sind. Hier steht dann nicht mehr nur das Kind im Fokus der Arbeit, sondern der Blick

    ist auch zustzlich auf die Familie gerichtet. Nicht nur die Interessen des Kindes sind

    zu bercksichtigen, sondern auch die Bedrfnisse, Wnsche und Vorstellungen der

    Eltern. Auch die Loyalitten der Familienmitglieder untereinander sind zu beachten.

    Dazu bedarf es einer inneren wertschtzenden Haltung mit Eltern in kooperierender

    Weise zusammenzuarbeiten. Sie nicht zu kontrollieren und deren Verhalten zu

    sanktionieren, sie nicht erziehungsunfhig, -unwillig oder inkompetent zu sehen,

    sondern sie in ihrem Anderssein zu akzeptieren und ihnen vorurteilsfrei und

    unvoreingenommen zu begegnen. Diese wertschtzende und gleichberechtigte

    Begegnung zwischen SozialpdagogInnen und Eltern ist fr die Effizienz der Arbeit

    von groer Bedeutung. Fhlen sich Eltern wahrgenommen, akzeptiert undwertgeschtzt, kann Vertrauen, Offenheit und Ehrlichkeit entstehen. Eltern knnen

    dann leichter Hilfe und Untersttzung annehmen und scheuen sich nicht Probleme

    und Schwierigkeiten anzusprechen.

    Bisher empfinden Eltern das HPZ Hinterbrhl weniger als eine Beratungs- und

    Frderstelle fr ihre Probleme mit den Kindern, sondern eher als eine Betreuungs-,

    Versorgungs- und Frderstelle fr ihre Kinder. Die Elternarbeit wird einerseits von

    den SozialpdagogInnen sehr gewnscht, andererseits gibt es keine

    dementsprechenden Rahmenbedingungen wie gengend zeitliche und personelle

    Ressourcen. Elterngesprche zwischen Tr und Angel bei den Bring- und

    Abholzeiten zu fhren sind weder sinnvoll noch erfolgversprechend, genauso

    telefonische Beratungsgesprche whrend der Dienstzeiten, wo den Kindern die

    ganze Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.

    Wenig funktionierende Elternarbeit lsst sich verbessern. Es muss gemeinsam mit

    den Eltern ein entsprechender Weg gefunden und aufgezeigt werden. Eltern sollten

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    25/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    25

    Schulungen und Weiterbildungen angeboten werden, whrend deren sie zusammen

    mit SozialpdagogInnen ihren Wissenshorizont erweitern knnen. Auerdem findenEltern Antworten auf viele Fragen in der Fachliteratur, die ihnen von professionellen

    Helfern vorgeschlagen werden knnte. Auch vermehrte Einladungen zu einem

    persnlichen Gesprch sollten seitens der SozialpdagogInnen ausgesprochen

    werden um sich mit den Eltern ausfhrlich ber die Probleme der Kinder

    auszutauschen. Eltern knnte vermittelt werden, dass die SozialpdagogInnen

    hilfsbereit sowie kompetent sind und immer gerne intervenieren werden, wenn es

    ntig ist. Hierbei sind Sprechstunden, Hausbesuche und telefonische Gesprche zuverstehen, die einen regelmigen Austausch garantieren. Durch die Elternarbeit im

    Heimkontext knnten sich beide Parteien nher kommen, austauschen und

    gemeinsam neue Lsungen suchen. Spren und fhlen Eltern die wertschtzende

    Untersttzung der SozialpdagogInnen, werden sie offener und vertrauensvoller

    agieren und partnerschaftlich das behinderte Kind frdern. Sie fhlen sich in den

    Frder- und Entwicklungsprozess ihrer Kinder eingebunden und dafr verantwortlich.

    Gleichzeitig werden sie befhigt ihre elterlichen Aufgaben und Pflichten zu

    bernehmen und an diesen zu wachsen.

    5 Diskussion und Ausblick

    Die zugrundeliegende Arbeit geht der Forschungsfrage Wie wird die Elternarbeit

    von SozialpdagogInnen im HPZ in der Frderabteilung gestaltetauf den Grund. Die

    Systemanalyse hat ergeben, dass es zwischen Theorie und Praxis Unterschiede

    gibt. In den Interviews haben die KollegInnen gesagt, dass die Elternarbeit unter dengegenwrtigen Rahmenbedingungen unbefriedigend ist.

    Fr die Gestaltung von Eltern- und Familienarbeit gbe es zahlreiche Mglichkeiten,

    die jedoch in das jeweilige Konzept der Abteilung passen sollte wie

    Bercksichtigung der KlientInnen z.B. mehrfachbehinderte Kinder

    Qualifikation der MitarbeiterInnen - Weiterbildungen

    Mehr Personal

    Mehr finanzielle Mittel fr die Fahrten zu den Familien

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    26/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    26

    Rumliche Bedingungen wie z.B. ein eigener Besprechungsraum

    Mehr Zeit fr Vorbereitung, Planung, Durchfhrung und Dokumentation

    Weiterbildung und Schulungen gemeinsam mit den Eltern (laut

    Erstinterviewerin)

    Elternabende

    Elternpartizipation

    Da die Eltern- und Familienarbeit in dem jetzigen Rahmen eine intensivere

    Kooperation mit den Eltern nicht ermglich, muss Elternarbeit organisatorisch in die

    Arbeit der Einrichtung eingebunden sein.

    Fix gestalte Sprechstunden der SozialpdagogInnen knnten in die

    Gestaltung der Dienstplne einflieen und Zeitfenster fr die

    Zusammenarbeit mit den Eltern offenhalten. So knnten beispielsweise

    obligatorische Termine vereinbart werden, in denen der Kontakt zwischen den

    Eltern und Pdagogen hergestellt wird. Wo gengend Zeit ist, sich langsam

    und vorsichtig anzunhern, den Eltern vorurteilsfrei begegnet werden kann

    und diese sich verstanden und angenommen fhlen. So kann im Laufe der

    Zeit ein gegenseitiges Vertrauen aufgebaut und entwickelt werden. Das wrde

    zu einer offenen Kommunikation und Haltung fhren und infolgedessen

    knnten Eltern die Kompetenzen der PdagogInnen erkennen und sich

    Hilfestellung bei diesen holen.

    Einfhrung von Doppeldiensten in der Hol- und Bringsituation wie an

    Freitagen und Sonntagen. Hier knnte ein/e SozialpdagogIn den

    Gruppendienst bernehmen, um somit dem/der anderen SozialpdagogIn

    gengend Zeit und Raum zu geben, um mit Eltern entweder das Wochenende

    vorzubereiten oder zu reflektieren: Was kann gemeinsam gestaltet werden,

    welche Regeln und Vereinbarungen muss es geben, wie kann man die

    Regeln zu Hause mit denen im Heim besser abstimmen, wo gibt es in der

    Umsetzung Schwierigkeiten, woran kann das liegen usw. Fhlen sich Eltern

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    27/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    27

    wahr- und in ihrer Funktion ernstgenommen und als gleichwertig betrachtet,

    sind sie auch bereit sich an Absprachen zu halten oder Hilfen anzunehmen. Besuche in der Familie. Bei einzelnen Familien wre es fr den weiteren

    Entwicklungsprozess des Kindes notwendig und frderlich auch in die Familie

    zu gehen. Die dort herrschenden Wohnverhltnisse zu sehen,

    Kommunikations- und Handlungsstrukturen sowie die Erziehungsfhigkeit der

    Eltern zu erleben. So knnte aufflliges Verhalten der Kinder in Bezug zu dem

    Familiensystems besser verstanden werden. Dann ist auch fr die

    SozialpdagogInnen Problemverhalten verstehbar und nachvollziehbar. Soknnten gezielter und effektiver Manahmen getroffen werden. Zugleich

    knnten die Eltern in ihrer Erziehungskompetenz gestrkt und gefestigt

    werden, was sich wiederum auf das Familiensystem positiv auswirken wrde.

    Einbeziehung der Eltern in den Gruppenalltag und nicht nur bei Festen im

    Jahreskreis oder Veranstaltungen, die von der Institution oder der

    heiminternen Schule ausgehen. Fhigkeiten und Talente der Eltern knnten

    als Ressource genutzt werden und diese knnten in den Heimalltageingebunden werden wie z.B. knnte die Mutter des jeweiligen Kindes beim

    gemeinsamen Kochen oder Vorbereitens der Geburtstagsfeier helfen,

    SozialpdagogInnen knnten gemeinsam mit den Eltern und deren Kindern

    Wanderungen unternehmen usw. So kann das Kind seine Eltern von einer

    positiven Seite erleben, auch im Beisein der anderen Kinder.

    Nachbetreuung der Kinder durch die SozialpdagogInnen der Einrichtung. Um

    die Kinder wieder sicher und stabil in ihre Herkunftsfamilie zu reintegrieren ist

    es auch wichtig, dass diese Aufgabe die SozialpdaogInnen der Einrichtung

    bernehmen, in der das Kind zuvor lebte und auch mit seinen Eltern betreut

    wurde. Durch die Rckfhrung des Kindes in seine Familie verndert sich

    wieder dessen Familiensystem, mit dem der/die BezugssozialpdagogIn

    jedoch schon bestens vertraut ist. Auch fr die Familien bedeutet das weniger

    Stress, da die Kontinuitt in der Betreuung gegeben ist.

    Untersttzung in der Umsetzung durch den Dienstgeber. Intensive

    Elternarbeit und -begleitung kann im Gruppenalltag nicht umgesetzt werden.

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    28/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    28

    Dazu bedarf es, wie bereits erwhnt, eigener Sprechstunden, flexiblen

    Hausbesuchen oder auch Gesprchen an den Wochenenden, wenn dieKinder entweder von der Institution abgeholt oder zurckgebracht werden. Um

    diese zustzlichen Stunden abdecken zu knnen, wird mehr Personal bentigt

    und daraus resultiert ein hherer Kostenaufwand fr den Dienstgeber.

    Abschlieend wre noch zu berlegen ob fr die Elternbegleitung bzw.

    betreuung SozialpdagogInnen zur Verfgung gestellt werden sollten, die

    nicht im Gruppendienst involviert sind. Dies knnten SozialpdagogInnen mit

    Zusatzausbildungen der systemischen Familienarbeit oder mit therapeutischerAusbildung sein. SozialpdagogInnen, die im Gruppendienst und direkt mit

    dem Kind arbeiten fhlen sich oft diesem gegenber verpflichtet, versuchen

    seine Interessen und Bedrfnisse gegenber den Eltern durchzusetzen und

    treten oft in Konkurrenz mit den Eltern. SozialpdagogInnen, die nur fr die

    Elternarbeit zustndig sind, knnten daher auf die Dynamiken innerhalb der

    Familie und den daraus restultierenden Bedrfnissen intensiver eingehen. So

    knnten in kurzfristigen Abstnden regelmige Gesprchstermine mit den

    Eltern und mit der gesamten Familie stattfinden, bei Krisen kann schnell

    interveniert werden, die Familien knnen in ihrem gewohnten Umfeld

    aufgesucht und begleitet werden. Nebenbei kann pdagogisches Wissen

    vermittelt werden und dieses innerhalb der Familie, mithilfe der

    SozialpdaogInnen, umgesetzt, trainiert und gefestigt werden. So knnen die

    Eltern in ihrer Erziehungsfhigkeit und Erziehungsverantwortung gestrkt,

    untersttzt und begleitet werden.

    Durch ein fachlich, didaktisch und methodisch gut ausgereiftes Arbeitskonzept, das

    an die Bedrfnisse und das Wohl der Kinder der Frderabteilung sowie an deren

    Familiensysteme angepasst ist, kann eine effektive und effiziente Elternarbeit

    gelingen. Dazu bentigt es nicht nur der Bereitschaft, der inneren Haltung und ein

    Einlassen auf eine andere Sichtweise der zustndigen SozialpdagogInnen, sondern

    auch die Rahmenbedingungen (z.B. Personalressourcen, Zeitstrukturen,

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    29/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    29

    Fortbildungen u..) wren so anzupassen, dass eine begleitende, beratende und

    untersttzende Zusammenarbeit mit den Eltern entstehen kann.

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    30/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    30

    6 Literatur

    Birtsch, Vera / Mnstermann, Klaus / Trede, Wolfgang (2001): Handbuch

    Erziehungshilfen: Leitfaden fr Ausbildung, Praxis und Forschung. 1. Auflage,

    Votum-Verlag, Mnster.

    Froschauer, Ulrike / Lueger, Manfred (2003): Das qualitative Interview.

    Facultas Verlag, Wien.

    Homfeldt, Hans-Gnther / Schulze-Krdener, Jrgen (2007): Elternarbeit in

    der Heimerziehung. 1. Auflage, Reinhardt-Verlag, Mnchen.

    Moos, Marion / Schmutz, Elisabeth (2012): Praxishandbuch. Zusammenarbeit

    mit den Eltern in der Heimerziehung: Ergebnisse des Projektes

    Heimerziehung als familienuntersttzende Hilfe. Institut f. sozialpdagog.

    Forschung Mainz. print-on-demand GmbH, Norderstedt.

    Herold, Volker (2011): Eltern- und Familienarbeit in der Heimerziehung.

    Wissenschaftliche Beitrge aus dem Tectum Verlag Reihe Pdagogik. Band

    26, Tectum Verlag, Marburg.

    Faltermeier, Josef (2001): Verwirkte Elternschaft . Wie Herkunftseltern die

    Situation der Fremdunterbringung ihrer Kinder in Pflegefamilien erleben.

    Votum Verlag, Mnster.

    7 Quellen

    ABGB. JGS Nr. 970/1846: Allgemeines brgerliches Gesetzbuch.

    URL:

    https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Ge

    setzesnummer=10001622 (abgerufen am 7.7.2015).

    Amt der N Landesregierung (2012). Abteilung Landeskrankenanstalten und

    Landesheime. Leitbilder der Sozialpdagogischen Einrichtungen des Landes

    N

    Arn-Stieger, Danielle / Dangl, Stefan / Grgl-Buchart, Martina / Hochreiter-

    Gruber, Sabine (2012): Wir geben Eltern eine Chance. Unverffentlichtes

    https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001622https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001622https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001622https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001622https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001622
  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    31/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    31

    Manuskript zum internen Gebrauch im Heilpdagogischen Zentrum

    Hinterbrhl (HPZ). BGBl. I Nr. 69/2013: Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013.

    Conen, Marie-Luise (1993): Die Wirklichkeit der Elternarbeit. In Albert

    Schweitzer Kinderdorf in Hessen/IgfH (Hrsg.), Frankfurt: Familie und Heim -

    Perspektiven der Elternarbeit in der Heimerziehung.

    URL: http://www.context-conen.de/artikel/Artikel-Wirklichkeit-der-

    Elternarbeit.pdf (abgerufen am 07.04.2015).

    Conen, Marie-Luise (1990): Anforderungen an Elternarbeit in der

    Heimerziehung. In Soziale Arbeit Jg. 39, Nr. 7, 246-252.

    URL: http://www.context-conen.de/artikel/Artikel-Anforderungen-an-

    Elternarbeit-in-der-Heimerziehung.pdf (abgerufen am 07.04.2015).

    Elternarbeit - Familienarbeit im HPZ Hinterbrhl (2010): In Leitbild des HPZ.

    Unverffentlichtes Manuskript zum internen Gebrauch.

    LGBl. 9200-13: N Sozialhilfegesetz.

    LGBl. 9270-0: N Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013.

    URL:.https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrNO&Gesetz

    esnummer=20000944 (abgerufen am 29.5.2015).

    Tatzer, Ernst (2010): N Heilpdagogisches Zentrum Hinterbrhl.

    In Tutschek, Josef: Es gibt keine Behindertenes gibt nur Behinderungen.

    URL: http://bidok.uibk.ac.at/library/tutschek-behinderungen.html (abgerufen

    am 27.6.2015).

    https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrNO&Gesetzesnummer=20000944https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrNO&Gesetzesnummer=20000944http://bidok.uibk.ac.at/library/tutschek-behinderungen.htmlhttp://bidok.uibk.ac.at/library/tutschek-behinderungen.htmlhttps://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrNO&Gesetzesnummer=20000944https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrNO&Gesetzesnummer=20000944
  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    32/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    32

    8 Daten1

    8.1 Interview 12

    Interview mit einer Sozialpdagogin der Frderabteilung des HPZ3

    A: Ja, wir mssen schon eine Art Dialog haben, du. Weil wenn ich da jetzt nur einen4

    Monolog runterradle, ist das ja nur wie ein Referat.5

    B: Heute haben wir den 14. Februar und ich sitz mit einer Sozialpdagogin im HPZ6

    und wir fhren ein Interview ber die Elternarbeit in der Frderabteilung.7

    A: Ja.8

    B: Gut. Welche Einstellung bezglich der Elternarbeit in der Frderabteilung hast du?9

    A: Ahm. Ist sehr notwendig. ja? Wre etwas, was wahrscheinlich noch forcierter10

    gehrt. Damit auch bei der Arbeit mit dem Kind mehr Erfolg ist, ist es einfach11

    unerlsslich, dass man die Eltern heranzieht. Und zwar nicht nur, dass man sie mehr12

    in die Verantwortung nimmt, als Eltern. Sondern auch, dass man, ahm, dass man13

    ihnen Angebote machtwie mobile Elternarbeit, hm, Besprechungen mit14

    Familientherapeuten hier vor Ort. Aah, vielleicht, also die, die Literatur von15

    Heimunterbringung geht ja mehr in die Richtung, dass, hm (...) dass, dass Eltern16

    befhigter werden, mit den Kindern, ah, zu Hause zu leben und das Ziel der17

    Heimunterbringung ja wieder die Loslsung in Richtung zu Hause wre. Und da18

    glaube ich, knnte unsere Abteilung noch schrfer drauflegen, weil wir eher19

    ausgerichtet darauf sind, dass wir die Kinder die volle Zeit hierbehalten und in20

    anderen Abteilungen sehr wohl so gearbeitet wird, dass, h, durch Elternarbeit eine21

    mglichst rasche Rckfhrung ins Elternhaus, hm (...), schneller gelingt, als, als die22

    volle Zeit hier auszusitzen.23

    B: M-hm.24

    A: Da wrde ich mir zum Beispiel wnschenda gibts ja gengend Literatur auch25

    darber, wo Seminare und Einschulungsseminare am Wochenende et cetera26

    angeboten werden, um eben groe Themenbereiche oder Problembereiche mit den27

    Eltern aufzuarbeiten. Aber das ist nicht so sehr ein, ein, ein Wir schulen jetzt die28

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    33/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    33

    Eltern, sondern eher wo, h, Sozialpdagogen und Eltern miteinander ber ein29

    Problem, h, an einem Wochenende reden, beziehungsweise wo vielleicht auch,30

    ahm, irgendwelche Gastlektoren kommen, die dann Vortrge darber halten. Ah,31

    wos darum geht, gemeinsam weil ja auch die Probleme gemeinsam32

    [unverstndlich]gemeinsam ber die Probleme der Kinder und Jugendlichen sich33

    weiterzubilden. Also sowohl die Eltern, als auch die SPs. Weil ja beispielsweise mit34

    Puberttsproblemen nicht nur die Eltern zu tun haben, sondern auch dann die SPs.35

    Wo halt gemeinsam, ah, erarbeitet wird, in diesem und jenem Fall: Konkret knnte36

    man was tun. Und dass man dann sich externe Fachleute sucht und, und hereinholt,37um so eine gemeinsame Schulung zu machen. ja? Und nicht, dass man jetzt sagt,38

    nur die Eltern werden geschultdas wre vielleicht ein bisschen, h, diskriminierend39

    , sondern eben, dass man gemeinsam im Boot sitzt, nicht?40

    B: Und was ist bisher in deinen Augen verwirklicht worden, beziehungsweise gelingt41

    bisher?42

    A: Bisher gelingt eigentlich nur das, wofr die Eltern tatschlich bereit sind, zu tun.43

    Es wird, h, konsequenzenlos eigentlich, oft ein, ein, ein (...)wie soll ich sagen44

    ein Verweigern akzeptiert. Ja? Sollten die Eltern kein Interesse daran haben, aahm,45

    ahm (...) Therapien, also familientherapeutische Manahmen oder (..)was macht46

    die Sabine? Wie heit das?47

    B: Elternbegleitung.48

    A: Elternbegleitung in Anspruch zu nehmen, dann ist das so.49

    B: M-hm.50

    A: Dann hat das keine Konsequenz fr die Eltern. Ja? Das Einzige, wo wirklich, h,51

    dahinter, wo die Leitung dahinter ist, ist, dass sie diese Eltern-, h, hm, diese52

    Verlaufsgesprchstermine einhalten und das ist eigentlich einmal im Jahr. Ja? In53

    diesem groen Setting wird darauf geschaut, dass die Eltern da sind und der Rest ist54

    nach Goodwill der Eltern. Das heit, wenn die Eltern nicht bereit sind, die Kinder55

    abzuholen oder ins Heim zu bringen, weil das dann ein Taxiunternehmen bernimmt56

    oder weil die Kinder selbststndig fahren knnen, dann ist der Kontakt oft gegen null.57

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    34/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    34

    Ja? Und, hm, sollte eine Krise sein mit dem Kind, hm (...), wird da auch nicht mehr58

    forciert als die Sachen, die sie ohnehin leisten. Oder eben auch nicht.59

    B: Das heit jetzt, um zu wiederholen, dass Elternkontakte nur dann stattfinden,60

    wenn die Eltern tatschlich hier auftauchen.61

    A: Im Groteil ... Ja.62

    B: M-hm.63

    A: Ja. Auer eben einzelne Gesprche, wo, wo wirklich dann Sozialarbeiter et64

    cetera, Lehrertherapeuten eingebunden sind. Da wird dann schon darauf geschaut,65

    dass die Eltern kommen, aber das ist halt einmal im Jahr.66

    B: M-hm. Sind nur Kontakte? Ist keine Frderung oder Beratungin dem Sinn.67

    A: Richtig. Richtig. Richtig. Also es ist ein reines ... ja, genau. Kontakt-Schmieden.68

    B: Gut.69

    A: Was noch?70

    B: Kannst du von einem Highlight erzhlen? Von etwas Besonderem, was dich71

    besonders beeindruckt hat? Was fr dich frderlich gewesen wre oder in Hinblick72

    auf Elternarbeit ausschlaggebend? Gibts da ein Beispiel?73

    A: Hmm ... Aus, aus der Frderabteilung, h, eigentlich (...), fllt mir momentan nicht74

    konkret was ein, nein.75

    B: M-hm.76

    A: Weil da wirklich sehr viel auf, auf, auf Freiwilligkeit beruht. Ja? Was vielleicht in77

    anderen Abteilungen dann anders ist, ja? (...) Vielleicht hats aber auch mit dem78

    Klientel zu tun. Ja? Oder vielleicht ist das die Ausrede von der Abteilung, (..) dass79

    das am Klientel hngt. Weil man so dieses Mascherl, behindert und bleibt die80

    Schulzeit ber hier und man sucht dann eh was Weiterfhrendes, ohne eigentlich die81

    Eltern damit wieder reinzuholen, nicht?82

    B: Und die Eltern damit dann auch zu belasten, wahrscheinlich.83

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    35/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    35

    A: Richtig. Genau. Ja? Also man versucht das irgendwie so abgekoppelt, den Weg84

    der Kinder abgekoppelt zu organisieren, ja?85

    B: M-hm.86

    A: Weil der wird ja wahrscheinlich eher einmal in einer, h, h87

    Behinderteneinrichtung landen und, ah, abseits der Eltern wohnen, auch nicht88

    eigenstndig leben knnen. Also vielleicht liegts an dieser Einstellung wobei wir ja89

    aber viele Kinder haben, die sehr wohl integrierbar auch in der Familie sind. Auch mit90

    ihrer Behinderung, ja? Und wo die Behinderung fr mich gar nicht so stark zum91

    Tragen kommt wie jetzt vielleicht das Elternhaus annimmt, ja? Denk ich. Also ich92

    glaub gar nicht, dass so viel Unterschied jetzt ist zu anderen Abteilungen. Wir haben93

    ja auch Kinder, die nicht jetzt ganz schwere Behinderungen haben, sondern die eine94

    Lernbehinderung haben, ja? Verhaltensauffllig sind und darin unterscheiden wir uns95

    vom Klientel her nicht so stark von den anderen Abteilungen, ja? Also ich glaub, dass96

    das ein Irrglaube ist, ja? Dass man mit den behinderten Kindernunter97

    Anfhrungszeichenanders verfahrt, verfhrt. Ja? In ihrer Lebensplanung. Ja? Die98

    gehren genauso rckgebunden in die Familie, wies die anderen Kinder genauso99

    erfahrenknnen. Mit unter Umstnden, ja? Klar mssen die Umstnde passen, ja?100

    Aber wir entlasten die Eltern dadurch, weil ja die Kindern behindert sind. Die armen101

    Eltern, die ja ein behindertes Kind haben. Das meine ich jetzt alles ironisch.102

    B: M-hm. M-hm. M-hm. Ist eigentlich ein Stempel, den wir ihnen aufdrcken.103

    A: Ja, richtig. Dadurch, dass wir die so abkoppeln, ja? Haben sie einen Stempel, ja.104

    Andererseits natrlich kann man vielleicht wieder gut agieren, weil man sagt, man105

    wei, ich finde eine Nachfolgeeinrichtung, ja? Ich kann den Weg quasi vorgeben. Ja?106

    Und in anderen Fllen, wo die Eltern mehr, mehr Autonomie haben, ist dann auch107

    deren Vorstellung drinnen. Die ist bei uns ausgeblendet, fast. Ja? Wir haben unsere108

    Vorstellung davon, wohin soll das Kind gehen. Wo wird es landen. Ja? Die Eltern109

    sind da mehr oder minder, die haben, mssen sich selbst geistig damit nicht110

    belasten. Ja?111

    B: M-hm. M-hm.112

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    36/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    36

    A: Weil wir ja, dadurch, dass wir in der Institution ttig sind, natrlich schon, h, h,113

    geprgt sind vom Land, vom Staat et cetera. Ja? Und natrlich in weiterer Folge114

    dann von der Sicht der Gesellschaft, ja? Auch, auch unser Handeln richtet sich dann115

    nach dem, nicht? Was wir dann da als Denkvorgabe haben, korrigiert unser Handeln.116

    Ja? Und (ruspern), wre, wre wichtig, dass das nicht, nicht nur in, in, in der Hand117

    der Institution liegt, sondern, dass das sehr wohl ein Konsens ist zwischen Kind,118

    Eltern, Institution und Gesellschaft.119

    B: M-hm. Gut, okay. Danke einmal120

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    37/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    37

    8.2 Interview 21

    2015.03.28_10.17_012

    B: Dankeschn, dass du dich zur Verfgung gestellt hast fr ein Interview, fr meine3

    Bachelorarbeit. In dieser schreibe ich ber die Elternarbeit im institutionellen4

    Kontext. Meine erste Frage lautet: Welche Bedeutung siehst du in der Elternarbeit?5

    C: Sehr groe Bedeutung in der Elternarbeit, vor allem glaube ich, dass gerade den6

    Eltern, die gemeinsam mit uns die Kinder betreuen, ganz wichtig ist, dass ein7

    regelmiger Austausch stattfindet und dass wir voneinander sehr viel lernen8

    knnen.9

    B: Mh! Inwieweit glaubst du ist es frs Kind und sowohl auch fr die Eltern wichtig als10

    auch fr den Sozialpdagogen.11

    B: Ich glaube, dass es fr beiden Seiten sehr hilfreich wre, wenn es eine gut12

    funktionierende Elternarbeit ist.13

    A: Was versteht man unter gut funktionierend?14

    B: Gut funktionierend heit fr mich, dass man erstens einmal bei der Wahrheit15

    bleibt, ja, weil wir es oft erleben, dass wir halt von den Eltern irgendwie nicht mit der16

    Wahrheit konfrontiert werden bzw. erst zu einem viel spteren Zeitpunkt erfahren,17

    was sich am Wochenende oder in den Ferien oft abspielt zu Hause. Vor allem knnte18

    man dann sofort und adquat darauf reagieren jetzt, wenn z. B. am Wochenende ein19

    Vorfall war oder in den Ferien, dass man gleich nach dem Wochenende intensivst20

    das Wochenende reflektiert, teilweise gemeinsam mit den Eltern, ah, aber genauso21

    auch mit dem einzelnen Kind und schaut auch, wie knnte man eine Verbesserung22

    erzielen in der Situation oder irgendwie was msste man verndern, damit eine23

    schwierige Situation, ahhh, sagen wir mal leichter entschrft wird oder vielleicht gar24

    nicht zustande kommt. Ja.25

    B: Und wie stellt du dir das Zusammenarbeiten mit den Eltern vor? In welchem26

    Kontext soll es stehen? Sollte es im Heim stattfinden, woanders und wie wird es27

    bisher bei uns umgesetzt, die Elternarbeit?28

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    38/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    38

    C: Ja. Die Elternarbeit findet halt hauptschlich am Wochenende statt in einer29

    Abhol- oder Bringsituation, ahm, was sehr oft schwierig ist, weil gleichzeitig viele30

    Eltern kommen und die Kinder zurckbringen bzw. abholen und sehr wenig Zeit31

    manchmal ist fr intensivere Gesprche. Ja. Ich denke mal es wre auch notwendig,32

    dass man z.B. vielleicht die Eltern auch telefonisch irgendwie informiert, was von33

    unsere Seite auf alle Flle passiert, wenn es zu irgendwelchen grberen34

    Vorkommnissen oder Situationen, schwierigen Situationen kommt, dass wir auf alle35

    Flle zum Telefon greifen und die Eltern darber informieren, dass die das net, hh,36

    erst drei, vier Tagen spter erfahren wenn sie die Kinder abholen freitags sondern37schon am selben Tag, wann das passiert ist. Ahh, ich tt mir das wnschen, dass die38

    Eltern das genauso machen. Wie gesagt oft erfahren wir das erst zu einem viel39

    spteren Zeitpunkt aber da geht es nicht nur um Krisensituationen oder Eskalationen40

    sondern es geht ah darum, dass z.B. wir erleben es sehr oft, dass Kinder quasi so41

    eine Schweigepflicht auferlegt bekommen von Eltern, nichts sagen drfen. Wir oft42

    uns nur wundern, dass wie schrecklich oder wie schlimm ein Kind irgendwie43

    zurckkommt vom Wochenende oder irgendwie eine Vernderung bemerken bei44

    dem Kind, hh, und wir z.B. spter erst erfahren, dass die Mutter einen neuen45

    Partner hat, oder dass die Mutter mit dem Kind irgendwo unterwegs war, sich die46

    Nchte um die Ohren geschlagen hat. hm, und das hat schon massive47

    Auswirkungen auf das Verhalten der Kinder. Und da wrd ich mir wnschen, dass da48

    was in der Zusammenarbeit mit den Eltern verbessert, dass die uns erstens einmal49

    die Wahrheit sagen wie das Wochenende wirklich war und nichts schnreden,50

    sondern bei den Tatsachen bleiben. Ich denke mir, ein Thema ist sicher die51

    aufsuchende Elternarbeit. Es ist natrlich interessant, wenn man einmal bei den52

    Kindern zu Hause vorbeischaut und einmal wirklich erlebt wie die Wohnsituation ist.53

    Nur muss es dafr auch vom Dienstplan her Mglichkeiten geben und Zeiten geben,54

    wo wir das machen knnen. Ja, ahm! Wie gesagt, ahm, es ist halt am Freitag und am55

    Sonntag diese Abhol- oder Bringsituation, es ist oft sehr stressig und meiner56

    Meinung nach ist da viel zu wenig Zeit um intensiver mit den Eltern zu arbeiten. Nja.57

    Nur msste man sich das gut berlegen, wann das mglich wre oder was man fr58

    Zeitrume dafr bentigt. Mich wrde das schon interessieren einmal bei manchen59

    Kindern - nicht bei allen- aber bei manchen Kindern einmal zu Hause vorbei zu60

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    39/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    39

    schauen und einmal das zu erleben oder auch zu sehen wie leben die, in welchem61

    Umfeld, wie sind die Wohnverhltnisse.62

    B: Was knnte uns Sozialpdagogen das an Wert bringen und auch in der63

    Elternarbeit bessere Mglichkeiten bieten um zusammenzuarbeiten? Was knnte64

    uns das allen gemeinsam bringen: den Eltern und uns?65

    C: Na es msste schon so sein, dass man sich zwar nicht aufdrngt sondern, dass66

    man quasi in erster Linie davon ausgeht ein gutes Gesamtbild zu bekommen. Und67

    das quasi fast so wie eine Einladung der Eltern, irgendwie denen in den Mund legt68

    oder irgendwie das halt drauf hinaus spielt. Und ich denke mir das was es bringen69

    wrdeist, ist ein besseres Verstndnis von Situationen. Und anderseits auch viele70

    Eltern sehen uns ja als Konkurrenz und andererseits auch wie weit kann ich hilfreich71

    sein, in der Beratung, in der Erziehung des Kindes, dass die Eltern quasi sehen,72

    dass wir uns da bemhen auf vielen verschiedenen Ebenen auch mit Ihnen73

    zusammenzuarbeiten. Ja. Da gehrt fr mich das Wohnverhltnis und die husliche74

    Struktur gehrt fr mich genauso dazu, wie sag ich mal jetzt, die Schule oder die75

    Strukturen, die es hier bei uns gibt.76

    77

    2015.03.28_10.26_0278

    79

    B: Wie notwendig, findest du die Elternarbeit hier im Heimkontext?80

    C: Es ist ganz unterschiedlich, weil ich denke mir es gibt oft Kinder bei denen81

    eskaliert es jedes Wochenende und ich denke da sollten wir viel intensiver82

    Elternarbeit betreiben, als bei Kindern wo es monatelang gut funktioniert zu Hause.83

    Wir erleben oft Kinder, die sehr entspannt vom Wochenende zurckkommen und die84

    schaffen es doch auch wieder hier anzudocken am Sonntag am Abend ohne grbere85

    Probleme und dann gibts Situationen wo es Kinder gibt, die sich sehr schwer86

    abnabeln oder sehr schwer hier wieder ankommen und auch Kinder wo es halt zu87

    Hause sehr schwierig ist, die dann meistens zwei Tage brauchen bis sie sich auch88

    wieder hier an die Strukturen halten. In solchen Fllen mssten wir die Elternarbeit89

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    40/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    40

    viel intensiver betreiben, weil es ja oft zu Hause schon sehr groe Spannungen gibt,90

    auch mit Geschwistern oder auch mit Lebensgefhrten von Mttern oder Partnern91

    von Mttern, ahm, wo sich das Kind dann auch als schwarze Schaf der Familie92

    vorkommt oder als unerwnschtes, hm, Etwas, ja das halt quasi jedes93

    Wochenende oder alle vierzehn Tage nach Hause kommt und drei Tage zu Hause94

    lebt aber eigentlich nicht willkommen ist. Ich denke mir, Kinder erleben es halt oft so,95

    wenn sie zwei Mal im Monat frs Wochenende zu Hause sind. Dann erlebt es ein96

    Kind eher oft so, dass es nicht willkommen ist, dass es nicht erwnscht ist. Ja.97

    B: Ah. Was knnten die Kinder aus dieser intensiven Elternarbeit profitieren und vor98

    allem wir Sozialpdagogen? Was wre das Ziel, der Sinn und der Zweck, was99

    knnten wir aus dem allem lernen und daraus profitieren?100

    C: Einerseits, dass ich ein gutes Gesamtbild bekomme. Ah, das wre ein enormer101

    Profit fr alle Beteiligten, glaube ich. Und andererseits, denke ich mir, dass vielleicht102

    wir Sozialpdagogen nicht so als professioneller Helfer zwar schon gesehen werden103

    aber in einer sehr partnerschaftlichen oder oder sehr hilfestellunggebenden Person.104

    Ja. Ich wrde das eher so sagen, dass wir eben so als beratende Professionisten105

    sag ich mal- gesehen werden von den Eltern, die vielleicht auch, h, gewisse106

    Fragen stellen, warum ist es bei ihnen zu Hause so. Oft erleben wir, dass Eltern nur107

    Teile von Situationen erzhlen, ja. aber es fehlt das Gesamtbild, ja, es fehlt das108

    rundherum und oft wie es zu Situationen kommt, knnen sie dann gar nicht erzhlen.109

    Sie erzhlen meistens nur die schwierige Situation aber nicht was war die halbe110

    Stunde vorher und was war die halbe Stunde nachher und wie spielt sich das ab. Ich111

    denke mir, wenn wir hren, dass Kinder, dass Familien zu fnft, zu sechst auf 45m112

    leben, dann stellt sich fr mich schon mal die Frage: gibts da113

    Rckzugsmglichkeiten fr, sag ich mal, in schwierigen Situationen? Wenn Kinder zu114

    dritt zu viert sich ein Kinderzimmer teilen mssen, dann gibts da berhaupt115

    Rckzugsmglichkeiten? Oder: welche Mglichkeiten bestehen? Und dann kann116

    man auch adquat glaube ich, Antworten geben. Wenn man die Wohnverhltnisse117

    gut kennt. Weil so kann man nur aus der Fantasie oder was wrde ich machen in so118

    einer Situation. Wenn ich aber die Familie- oder die Wohnverhltnisse kenne, dann119

    kann man vielleicht besser adquate Antworten drauf geben. Auch den Eltern, jetzt120

  • 7/24/2019 2015ba1_Puchegger pdf-1.pdf

    41/49

    Soziale ArbeitBachelor-Studiengang

    41

    nicht nur den Kindern, sondern weil die Kinder sind ja auch oft so, dass sie in einer121

    Situation sind, wo ihnen natrlich -dann sag ich mal -wo ihnen die Chancen oder die122

    Mglichkeiten fehlen.123

    B: Und laut deiner Erzhlung ist es hier, laut Dienstplan weniger mglich Elternarbeit124

    zu machen, sondern es msste auch eine Dienstplannderung vorgenommen125

    werden.126

    C: Also es mssten zumindest Zeiten fr Elternarbeit eingeplant werden, wobei ich127

    denk mir auch es wre sicher interessant einmal z.B. in einer Feriensituation oder so128

    einmal oder z.B. an einem verlngerten Wochenende, sag ich mal, zu Hause vorbei129

    zu schauen. hm, wie gesagt, fr mich ist es so eine Sache, dass man es den Eltern130

    irgendwie als Angebot angibt und nicht, dass man sich den Eltern aufdrngt. Die131

    Eltern sollten nicht den Eindruck bekommen man drngt sich auf, sie werden da132

    beobachtet, in einer Situation, die vielleicht dann sehr knstlich auch rberkommt133

    sondern es sollte eher so sein, dass man den Eltern es als Angebot mitteilt oder zur134

    Verfgung stellt und Eltern dann fr sich das entscheiden, ob sie das wollen, ob sie135

    damit einverstanden sind und auch natrlich die Vorteile, die diese Hilfestellung oder136

    dieses Angebot mit sich bringt. Dass es Vorteile hat, das glaube ich, das steht auer137

    Streit. Nur, den Eltern muss man das irgendwie so verkaufen, dass wir nicht nur gute138

    Zusammenarbeit mit Ihnen wollen, sondern wenn sich etwas bewegen soll, dann139

    wre es gut, wenn sie dieses Angebot in Anspruch nehmen.140

    B:Du hast kurz die Vorteile erwhnt. Kannst du zusammenfassen, welche Vorteile141

    du darin sehen wrdest.142

    C: Ja.143

    B: Ganz kurz nur, bitte.144

    C: Ich denke mir, wir knnten uns ein viel besseres und umfangreiches Bild machen,145

    jetzt nicht nur von der Wohnsituation sondern auch wie tun z.B. die Kinder mit Eltern,146

    mit Mtter, mit Lebensgefhrten, mit Geschwister, also das wre auf alle Flle ein147

    Vorteil. Wie gesagt. Es ist ein