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612 Peripheres
Nervensystem Anatomie und Diff erenzialdiagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
Nerven der oberen Extremität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
Nerven der unteren Extremität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
Polyneuropathien (PNP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
Anatomie und Diff erenzialdiagnose
Die wichtigste diff erenzialdiagnostische Überle-gung für den Neurologen ist, ob es sich um eine zentrale oder periphere Läsion handelt. Ob der periphere Nerv verletzt ist (harmlos – störend –behindernd) oder das Hirn bzw. Rückenmark (behindernd – akut tödlich) kann vor allem das Verteilungsmuster klären. Zur DD Hirnnerven vs. zentral siehe auch ➜ Kapitel und ➜ Kapitel . Mögliche Läsionsorte mit sensorischen und motorischen Störungen sind hierbei: • Somatosensible Hirnrinde und Th alamus:
Ausfälle in benachbarten Regionen des Ho-munculus (➜ Abb. .c), z.B. Arm und Ge-sicht nebeneinander → brachiofazial betonte Hemiparese bei Mediainfarkt
• Hirnstamm: oft gekreuzte Syndrome und/oder Hirnnervenläsionen
• Rückenmark: spinale Syndrome • Spinalwurzel und Spinalnerv (➜ Abb. .a):
sensible Fasern laufen mit der Hinterwurzel dorsal ins Rückenmark (Dorsal root entry zo-ne) und von dort aus weiter nach zentral, motorische verlassen das Rückenmark vent-ral. Nach Vereinigung mit der Hinterwurzel zum Spinalnerv laufen motorische und sen-sible Fasern eines Segments zusammen. Alle peripheren Nerven sind nach dem gleichen Grundbauplan zusammengesetzt (➜ Abb. .b).
• Die Somatotopie der Rückenmarkssegmente und entsprechenden Spinalnerven verläuft in sensiblen Dermatomen (➜ Abb. .) und motorischen Myotomen (Kennmuskeln). Lä-
sionen dieser Segmente entstehen v.a. durch Diskusprolaps, Tumore inklusive Metastasen und Meningeosis. DD Borreliose.
• Plexus: Neuorganisation der sensiblen und motorischen Fasern für die Extremitäten
• Sensorische und/oder motorische periphere Nerven. Versorgungsgebiete dieser Nerven können sich teils überlappen. Einige Regio-nen werden exklusiv von einem Nerven ver-sorgt (autonome Versorgungsgebiete, ➜ Abb. .).
• Muskelerkrankung.Genaue Zuordnung der Lokalisation kann durch das klinische Verteilungsmuster, die Elektroneu-rografi e (ENG) und die Elektromyografi e (EMG) erfolgen.Gefährliche, zentrale Störungen müssen um-gehend durch Bildgebung und ggfs. zusätzliche Liquoruntersuchung ausgeschlossen werden. Ein Verdacht darauf besteht besonders bei: • Ausfällen in nebeneinanderliegenden Gebie-
ten des Homunculus (➜ Abb. .b) • Querschnittssymptomatik • Akuten, distal betonten Ausfällen (DD ➜ Kap. )
• Akuten, ggf. auch schmerzhaft en radikulären Läsionen
• Bewusstseinsstörung • Neuropsychologischen Ausfällen • Blasen-Mastdarmstörungen.Periphere Nervenfasern nach Durchmesser: • Aα (dickste myelinisierte Fasern bis μm):
Motoneurone, Fasern von Muskelspindeln
12 Peripheres Nervensystem
234
Somatomotorische Nervenfaser
SomatomotorischeNervenfaser
SomatosensorischeNervenendigung in der Haut
Somato-sensorischeNervenendigungin der Haut
Axon
Myelinscheide
Faszikel
Vasa privata
Epineurium
Perineurium
Endoneurium
Hintere Nervenwurzel(Radix posterior)
Spinalganglion
Spinalnerv
Ramus posterior
Ramus anterior
Vordere Nervenwurzel(Radix anterior)
Autochthone Rückenmuskulatur
alle quergestreiften Muskelndes Segments außer der
autochthonen Rückenmuskulatur a
b
Abb. 12.1 Spinalnerv und peripherer Nerv.a) Spinalnerv mit 4 Komponenten: R. dorsalis, ventralis (beide im Bild), communicans griseus und communicans albus zum sympathischen Grenzstrang (nicht eingezeichnet)b) Aufbau eines peripheren Nervs mit Endo-, Peri- und Epineurium [E402, E403]
235
• Aβ: sensible Fasern für Berührung, Druck • Aδ (dünn myelinisiert) und C (unmyelini-
siert) bis nur μm: freie Endigungen für Schmerz.
Nervenleitungsgeschwindigkeit: er-RegelDurchmesser × = Leitgeschwindigkeit in m/s. Maximal ca. 100 m/s = cm/Millise-kunde für dicke Fasern.
Bindegewebe um Nervenfasern (➜ Abb. .b): • Endoneurium = Myelin • Perineurium bündelt zu Faszikeln • Epineurium mit Vasa nervorum für Blutver-
sorgung umhüllt den ganzen Nerv • Paraneurium als Gleitlager für den Nerv ähn-
lich Sehnenscheide.Bei Durchtrennung von Axonen degeneriert das abgetrennte distale Ende (Waller-Degenerati-on), teils auch das proximale (Chromatolyse). Sind motorische Nerven betroff en, kommt es durch den Wegfall myotropher Zell-Faktoren zu peripherer Muskelatrophie. Bei noch intaktem Epineurium kann das Axon oft wieder entlang der Bindegewebshülle aussprossen, die durch-
schnittliche Geschwindigkeit hierfür ist mm/Tag.Die Einteilung der Schwere einer Läsion er-folgt nach Seddon: • Neurapraxie: oft mehrere Wochen lange
Funktionsstörung ohne Strukturläsion und mit erhaltener elektrischer Erregbarkeit, Schädigung z.B. durch Druck
• Axonotmesis: Axone sind durchtrennt und die Waller-Degeneration eingeleitet, aber es sind erhaltene Nervenscheiden für eine Re-Innervation vorhanden
• Neurotmesis: komplette Durchtrennung, spontane Reinnervation unwahrscheinlich.
Operative Nervenrekonstruktion: Auch eine optimale operative Rekonstruktion ist schlechter als eine spontane Reinnervation.
Operativ werden bei frisch und glatt durch-trennten motorischen Nerven die Epineurien durch Mikronaht adaptiert. Sonst erfolgt nach – Wochen eine Sekundärnaht nach Auff ri-schen der Nervenstümpfe. Eine OP ist aber nur sinnvoll, wenn eine strukturell erhaltene Ner-venscheide vorhanden ist, die zugfrei adaptiert
L1
C5
C4
C3
C2
L2
L5
S2
S1
L3
L4
C6
C7C8
T 2
T12T10
L1
S3
S4
T1
S5
L4
L5
T 4
T 8T 6
L1
C3C4
T5
L2
L3
T2
T10
L5
L4
S1
T3T4
T6
T8
C5
C6
C8
C7
T1
T12
V1
V2V3
S1
T1
T7T9
T5
S2Abb. 12.2 Dermatome. Sie sind analog den „Vierbei-nern“ angeordnet: An den Ar-men und Beinen sind die Segmente „auf allen Vieren“ → C5 an Armoberseite, C8 an Armunterseite; L2 – 4 an Beinvorderseite, S1 –S5 an Beinrückseite [L190]
6
12 Peripheres Nervensystem
236
werden kann; manchmal kann auch ein Stück eines an anderer Stelle (heterotrop) entnomme-nen sensiblen Nerven interponiert werden, z.B. N. suralis. Rein sensible Nerven werden meis-tens nicht operiert, es sei denn, wichtige Schutz-refl exe gehen verloren.
Neurome: gutartige Tumore peripherer Glia nach Nervenverletzung kommen z.B. an Am-putationsstümpfen mit mechanischer Irritati-on durch Prothesen oder bei der Morton-In-terdigitalneuralgie vor. Ist eine Entlastungs-therapie nicht erfolgreich oder möglich, er-folgt die Resektion und das Versenken des Nervenrests tief im Weichteilmantel.
Periphere DruckneuropathienDruckneuropathien entstehen oft an bindegewe-bigen Engstellen für Nerven durch chronische Einengung, z.B. Karpaltunnelsyndrom (CTS),
Loge-de-Guyon-Syndrom, Meralgia paraestheti-ca oder Tarsaltunnelsyndrom.
Dynamisches Stadium. Intermittierende, überwiegend sensible Reizerscheinungen; v.a. nachts durch vermehrte interstitielle Flüssig-keitseinlagerung (Top der nächtlich betonten Symptome ➜ Kap. , RLS). Th erapie: Entlastung durch Schienen oder operativ; gute Prognose.
Statisches Stadium. Anhaltende Störungen, Paresen und im weitereren Verlauf auch Atrophi-en. Th erapie: Im Frühstadium → OP: Neurolyse mit Resektion von Epineurium und fi brosiertem Perineurium. Kann die Progression jedoch nicht sicher aufh alten: vor OP darüber aufk lären!Dermatome und Myotome Schmerz- und oberfl ächensensible (epikritische) Fasern aus einem Hautsegment (Dermatom) lau-fen zwischen Plexus und hinterer Spinalwurzel zu-
N. cutaneusantebrachii
medialis(N. ulnaris)
N. ulnaris
N. medianus
N. radialis
N. cutaneusantebrachiilateralis (aus N.musculocutaneus)
N. cutaneus brachiilateralis superior(aus N. axillaris)
desHautnerven
N. cutaneusfemoris lateralis
N. genitofemoralis
Rr. cutanei anteriores(aus N. femoralis)
N. fibularis (peroneus)superficialis
N. saphenus (aus N. femoralis)
R. cutaneus desN. obturatorius
N. fibularis (peroneus)profundus
N. suralis aus N. fibularis und N. tibialis)
N. cutaneus surae lateralis(aus N. fibularis)
N. iliohypogastricus
N. cutaneusfemoris posterior
N. cutaneus brachiilateralis superior(aus N. axillaris)
N. radialis
N. medianus
R. dorsalisdes
a b
N. cutaneus suraelateralis (aus N. fibularis)
N. suralis (aus N.fibularis und N. tibialis)
N. cutaneusfemoris lateralis
N. iliohypogastricusdc
Abb. 12.3 Periphere Nerven mit ihren autonomen Versor-gungsgebieten an Armen und Beinen. Bei Ausfällen dort kommt es zu Anästhesie, im übrigen Versorgungsgebiet besteht eine überlappende Versorgung mit benachbarten Nerven, weshalb sich bei Ausfall dort nur eine Hypäs-thesie oder sogar gar kein subjektiv feststellbares Defi-zit zeigt [L190]
237
sammen. Bei Läsionen in einem Segment fällt bei der Testung v.a. dort die Analgesie aus. Durch die Überlappung der Hautnerven für Epikrisis mit benachbarten Segmenten kann diese bei einzelnen Segmentausfällen nicht oder kaum auff ällig sein.Bei der Umschaltung vom . Neuron im Rücken-mark auf das . aufsteigende Neuron fächern die Berührungsfasern stark auf, Schmerz- und Tem-peraturfasern hingegen nicht. → So kann bei fo-kalen Rückenmarksläsionen die beste Derma-tom- und Höhenzuordnung durch Schmerz und Temperatur getroff en werden.Zu jedem Rückenmarkssegment gehört auch ei-ne Gruppe von Muskeln, die sich embryonal aus diesem Bereich entwickelt hat (Myotom). Jedes Myotom – und auch jeder peripher Nerv zur DD –hat seine eigenen Kennmuskeln.Durch Schmerzprüfung und Testung der Kennmuskulatur kann die beste Segmentzu-ordnung und DD zu Nervenläsionen gemacht werden. Die vegetative Steuerung folgt eigenen Gesetzen.Autonome Versorgungsgebiete und KennmuskelnBei peripheren Nerven existieren Hautregionen, in die keine Fasern anderer peripherer Nerven einsprossen, diese entsprechen autonomen Ver-sorgungsgebieten. Fällt der Nerv aus, sind dort alle sensorischen und vegetativen Qualitäten ausgefallen. In den angrenzenden Regionen wird die Haut sensibel und vegetativ durch mehrere Nerven versorgt, sodass ein Ausfall dort nur z.B. eine Hypästhesie verursacht.Auch periphere Nerven haben Kennmuskeln, die exklusiv von ihnen versorgt werden.Segmente und Wirbelkörper➜ Tabelle .. IMPP-Tipp. Wird häufi g gefragt.Bei Erwachsenen endet das Rückenmark auf Hö-he Th –L, sodass direkt infi ltrierende, v.a. tho-rakale Tumore wie Wirbelkörpermetastasen meistens tiefere spinale Segmenthöhen schädi-gen als die angegebene Höhe der Wirbelkörper, von denen sie ausgehen.Durch die 8 zervikalen Segmente und nur 7 Halswirbelkörper entsteht ein weiteres „Zuord-nungsproblem“: • C tritt zwischen Schädel und Atlas aus • C zwischen HWK und BWK.
Alle Segmente über C8 treten über dem gleich nummerierten Halswirbelkörper aus: die „Himmlischen Sieben“: C über HWK.Alle Segmente darunter hingegen jeweils unter dem entsprechenden Wirbelkörper: Th unter BWK, L unter LWK.Merke: über C8 drüber, unter C8 drunter!
Weil individuell manchmal der LWK mit dem Sakrum verwachsen sein kann (nur vier LWK), oder ein Sakrumsegment frei abgetrennt sein kann (sechs LWK), manchmal BWK auch keine angedeutete Rippe trägt, ist die einzig sichere Zählung von Atlas und Dens abwärts (radiolo-gisch und neurochirurgisch), mancher Orthopäde zählt aber vom Sakrum aufwärts LWK , , , …Niemals Segmentbestimmung ohne Darstel-lung der ganzen Wirbelsäule mit Dens und At-las, sonst droht eine Intervention auf falscher Höhe, z.B. bei Bandscheibenprolaps radiologisch auf mehreren Höhen und OP-pfl ichtigen Ausfäl-len in L!
TBL
Tab. 12.1 Dermatome und Orientierungspunk-te (➜ Abb. 12.2)
Dermatom Orientierungspunkt
C6 Daumen
C7 Mittelfinger
C8 Kleiner Finger
Th4 Brustwarze
Th10 Bauchnabel
Th12 Oberer Symphysenrand
L4 Patella
L5 Große Zehe
S1 Kleine Zehe und Ferse TBL
Tab. 12.2 Segmente und Wirbelkörper
Segmente Wirbelkörper
C1–C8 Atlas, Axis und 5 weitere Halswirbelkörper
Th1–12 12 Brustwirbel
L1–5 4–6, meistens 5 Lenden-wirbelkörper
S1–5 Os sacrum
1–2 kokzygea-le Segmente
Os coccygeale
31–32 Segmente 23–25 Wirbelkörper + Sakrum
6
12 Peripheres Nervensystem
238
■ Schulternerven und N. musculocutaneus
Die Nerven für die Rotatorenmanschette der Schulter und einige Rumpfmuskeln entspringen direkt dem Plexus brachialis in der Skalenuslü-cke (➜ Tab. .).Der N. axillaris entspringt erst spät aus dem Fas-ciculus posterior des Plexus (→ N. radialis) und zieht durch die laterale Schulterlücke zum M. deltoideus.Untersuchung Schulter Inspektion (immer die ganze Extremität und im Seitenvergleich!): Schulterhochstand, Konturen, Deformitäten, Atrophien, Scapula alata, Hals, Gelenkkontur.Palpation: Sternoklavikular- und Akromioklavi-kulargelenk, Signe de Nabot (Humerus nach oben gegen Akromion), Processus coracoideus, Sulcus bicipitalis, Glenoidrand und axilläre Lymphknoten.Kraft grade (➜ Tab. .), aktive und passive Be-wegung, Sensibilitäts- und Refl exprüfung, Mes-sung nach Neutral-Null-Methode:
■ CHECK-UP Wie kann ein peripherer Nerv geschädigt werden? Schweregrade? Konsequenz? Woran kann man zentrale und periphere Läsionen unterscheiden? In welchen Dermatomen liegen Daumen, Mittelfinger, Bauchnabel, Knie und Großzehe? Zwischen welchen Wirbelkörpern treten die Spinalnerven von C6, Th4, L4 und (meistens und
manchmal auch) S2 aus? Auf welchen Wirbelkörperhöhen entspringen sie in etwa aus dem Rückenmark?
Nerven der oberen Extremität
TBL
Tab. 12.3 Segment – Kennmuskel – Reflex (➜ Abb. 12.2)
Segment Kennmuskel Reflex
C3, C4, C5
Zwerchfell. Bei Ausfall: einseiti-ger Hochstand im Röntgen
–
C5 M. deltoideus, M. infraspinatus, M. biceps
Bizepssehnen-reflex (BSR), Radiusperiost-reflex (RPR)
C6 M. biceps, M. brachioradialis
BSR, RPR
C7 M. triceps, M. pec-toralis major, lan-ge Fingerflexoren, M. pronator teres
Trizepsseh-nenreflex (TSR)
C8 Mm. interossei, Mm. lumbricales
TSR, Trömner-Reflex
TBL
Tab. 12.4 Schulternerven
Nerv Segment Kennmuskel Reflex
N. phrenicus C3–5 Zwerchfell –
N. dorsalis scapulae C4–6 M. levator scapulae, Mm. rhomboidei –
N. suprascapularis C5–6 M. supraspinatus, M. infraspinatus –
N. axillaris M. deltoideus –
N. subscapularis C5–7 M. subscapularis, M. teres major –
N. musculocutaneus M. biceps, M. brachialis, M. coracobra-chialis
BSR
N. thoracicus longus M. serratus anterior. Bei Ausfall: Scapu-la alata
–
N. thoracodorsalis C7–8 M. latissimus dorsi. Bei Ausfall: Schür-zengriff nicht möglich
–
239
6 • Außenrotation (ARO) gegen Widerstand:
M. infraspinatus und teres minor • Innenrotation (IRO) gegen Widerstand:
M. subscapularis • Jobe-Zeichen (Daumen nach unten in °
Abduktion gegen Widerstand): M. supraspi-natus
• Neer-Test für Impingement des M. supraspi-natus
• Lateraler °-Abduktionstest: M. supraspina-tus erste °, dann M. deltoideus
• Painful arc • Belly-Press-Schürzengriff -Test: M. latissimus
dorsi • Dorsaler Lift -off -Test: M. subscapularis • Nackengriff • Speeds (in Supination Anteversion Schulter
gegen Widerstand) und Yergasson (Supinati-on in ° Ellenbogenfl exion): lange Bizeps-sehne
• Stabilitätszeichen: Apprehension-, Load-and-Shift -Test, Sulkuszeichen
• Adson-Manöver: Plexusirritation in Skale-nuslücke.
Läsionen von Schulternerven und N. musculocutaneus N. phrenicus. Gefährdet durch Lungenspit-zentumore: oft zusätzlich Horner-Syndrom, Heiserkeit, einseitiger Zwerchfellhochstand. Selten auch idiopathisch.Ein halbes Zwerchfell kann die Atemarbeit noch gut bewältigen. Absolute Vorsicht mit dem kont-ralateralen N. phrenicus, sonst Ateminsuffi zienz wegen der insuffi zienten Atemhilfsmuskulatur!
N. dorsalis scapulae. Traumatisch, Skalenus-syndrom.Unterer Skapularand nach außen rotiert, ver-stärkt bei Schürzengriff und Abstützen der Faust auf Hüft e. DD: Scapula alata.
N. suprascapularis. Incisura-scapulae-Syn-drom bei langem Überkopfarbeiten, Trauma. M. supra- und infraspinatus atroph → promi-nenter Skapulakamm. ARO und Abduktion er-schwert.
N. thoracicus longus. „Rucksacksyndrom“, auch durch seitliches Th oraxtrauma. Scapula alata mit vom Rücken wegstehendem medialem Skapularand, v.a. bei Aufstützen der Arme an Wand (wie bei Durchsuchung durch Polizei).DD: N. dorsalis scapulae, proximale Muskeler-krankung, M.-trapezius-Parese (Skapula nur la-
teralisiert), Sprengel-Deformität (angeborener Hochstand, Wirbelsäulen-Fehlbildungen).
N. thoracodorsalis. Schürzengriff einge-schränkt. DD: N. subscapularis.
N. axillaris. Bei Schulterluxation, proxima-ler Humerusfraktur, durch schlecht angepass-te Achselgehstützen, sekundär bei Frozen shoulder.Sensibles Defi zit lateral über Deltoideus, Abduk-tionsschwäche ab °.Neurolyse-OP, wenn nach Wochen keine Rein-nervation mit % Erfolg.
N. musculocutaneus. Meist Lagerungsschä-den, Trauma.Innerviert M. biceps (Ellenbogenbeuger, lange Sehne auch Supinatorfunktion) und M. brachia-lis (starker Ellenbogenbeuger), M. coracobrachi-alis (IRO). Kraft prüfung in Supination (in Mit-telstellung: N. radialis hilft über den M. brachio-radialis mit).Versorgt sensibel radialen Unterarm über N. cutaneus antebrachii radialis (oder latera-lis) (➜ Abb. .).Proximale Läsion: Sensibilitätsstörung und IRO-Schwäche, BSR abgeschwächt oder ganz aus-gefallen.Distale Läsion: Beugeschwäche in Supination
■ Läsionen des N. medianus und Karpaltunnelsyndrom
Aus C – Th über den medialen und lateralen Plexusfaszikel.ÄsteOberarm. M. pronator teres, Ausfall durch Druck im Schlaf („Paralysie des amants“), durch Achselgehstützen, bei Blutleere-OP.Klinik: Unterarm in Supination, Ulnarabduktion plus die distalen Zeichen.
Unterarm: M. pronator teres. Durch exzessi-ves Schraubendrehen.Klinik: Parästhesien und Druckschmerz über dem M. pronator teres, plus distale Zeichen.
Unterarm. Ausfall von: • M. fl exor carpi radialis (Beugung und Radial-
abduktion Handgelenk) • Ganzer M. fl exor digitorum superfi cialis
(Beugung aller Finger im Mittelgelenk) • M. fl exor digitorum profundus (Beugung des
Zeige- und Mittelfi ngers im Endgelenk)
12 Peripheres Nervensystem
240
• Distaler M. pronator quadratus (Pronation gegen Widerstand eingeschränkt)
• M. fl exor pollicis longus (Beugung Daumen-endgelenk)
• Plus distale Zeichen • Schwurhand: durch Überwiegen der Extenso-
ren (N. radialis) der Finger I–III (➜ Abb. .a).
Kiloh-Nevin-Syndrom: bei distaler Radiusfrak-tur Ausfall nur der Muskeläste v.a. der Flexoren von Daumen bis Mittelfi nger ohne sensibles De-fi zit. DD: Sehnenruptur.
Äste der Hand. Mm. opponens pollicis, Mm. lumbricales von Daumen und Zeigefi nger (Flexion Grundgelenk, Extension Endgelenk), M. abductor pollicis brevis (Abspreizen des Daumens im Sattelgelenk) und M. flexor pollicis brevis caput superfi ciale (Beugung im Satttelge-lenk zur Hohlhand): zusammen OLAF.Untersuchung der Handmuskeln des Medianus: • Flaschenzeichen: Abduktorlähmung im Sat-
telgelenk schränkt das Umfassen einer Fla-sche ein. Der M. abductor longus aus dem N. radialis reicht alleine zum Greifen nicht aus (➜ Abb. .a).
• Daumen-Kleinfi nger-Opposition: Formt der Patient diesen Ring, ist er ganz leicht mit dem Untersucherfi nger zu durchbrechen.
• Thenaratrophie. DD: Motoneuronzeichen.KarpaltunnelsyndromCTS. Häufi gstes Engpasssyndrom, oft beidseits. IMPP-Tipp. Assoziiert mit Diabetes mellitus, Schwangerschaft , Stillen, Hypothyreose, Akro-megalie, Gicht.Initial dynamische Phase mit schmerzhaft en Par ästhesien v.a. nachts im gesamten sensiblen Versorgungsgebiet = Brachialgia paraestheti-ca nocturna. Später statisches Stadium mit Paresen und Th enaratrophie.
Klinik: • Hoff mann-Tinel-Zeichen: Beklopfen des Re-
tinaculum fl exorum an der palmaren Hand-wurzel → Parästhesien, Elektrisieren
• Phalen-Test: forcierte Dorsalextension über Sekunden → Parästhesien, Elektrisieren
• Distal motorische Latenz (DML): im ENG wird der Medianus direkt vor dem Retinacu-lum fl exorum elektrisch gereizt und die Zeit bis zur Muskelaktivität im Th enar gemessen (Endstrecke Nerv – Synapse – Muskel), nor-mal deutlich << 6 Millisekunden.
Therapie. Bei temporären CTS, z.B. schwan-gerschaft sassoziiert, oder noch in dynamischem Stadium: Unterarmschiene zur Nacht.Im statischen Stadium, DML > ms oder starker Beeinträchtigung: OP mit Schlitzung des Retina-culum fl exorum – entspricht einem „Angelhaken“ mit Klinge, der innen unter dem Retinaculum durchgezogen wird. Alternativ: off ene Fensterung.
Martin-Gruber-Anastomose: Bei einigen Menschen läuft ein Teil der Medianusfasern für die Hand nach dem Ellenbogen zum N. ul-naris über und daher nicht durch Karpaltun-nel. Ist bei der DML-Messung die Latenz er-höht und der Untersucher will elektrisch den Medianus weiter oben im Ellenbogen messen (Nervenleitungsgeschwindigkeit = Weg ÷ Zeit: Distanz der zwei Stimulationsorte ÷ (La-tenz Stimulation Ellenbogen – DML), kom-men rechnerisch unmöglich hohe Geschwin-digkeiten von >> m/s heraus. IMPP-Tipp. Keine Konsequenz, aber IMPP-Falle!
■ N.-ulnaris-Läsionen
Aus C – Th über den medialen Plexusfaszikel.ÄsteNn. cutanei antebrachii mediales. Zweigen gleich hinter dem Plexus ab. Innervieren sensi-bel am Innenrand des M. brachioradialis (➜ Abb. .). Die laterale, radiale Unterarmin-nenseite wird dagegen durch Äste des N. muscu-locutaneus versorgt.
Sulcus ulnaris. Unter Condylus medialis des Ellenbogens: Läsion durch Fraktur, Druck oder temporär bei Anstoßen am „Meiserl“ mit tem-porären Parästhesien. Bei Schädigung im Sulcus präsentieren sich folgende Symptome: • Krallenhand der Finger IV und V durch Aus-
fall des M. fl exor profundus für diese Finger, aber mit intaktem M. fl exor superfi cialis (Beugung der Mittelgelenke, N. medianus) und Zug nach dorsal durch den N.-radialis-innervierten M. extensor digitorum in den Grundgelenken
• Froment-Zeichen (➜ Abb. .b): beim Ausei-nanderreißen von Papierstreifen zwischen Dau-men und Zeigefi nger wird der betroff ene Dau-men fl ach angepresst und nicht wie üblich im Endgelenk gebeugt, weil der M. fl exor longus (N. medianus) den ausgefallenen M. adductor
241
Durchtrittdurch denM. pronator teres
Verlauf desNervus im Sulcus bicipitalismedialis
Verlauf desNervus im Sulcus bicipitalismedialis
Verlauf imSulcus ulnarisum denEpicondylusmedialis herum
Verlauf des Nervus imSulcus nerviradialis
Durchtrittdurch denM. supinator
N. radialis
Fallhand
N. medianus
Schwurhand
Flaschen-Zeichen
N. ulnaris
Krallenhand
Froment-Zeichen
a b c
Abb. 12.4 Periphere Nervenläsionen am Arm:a) Verlauf des N. medianus, Schwurhand bei Ausfall und Flaschenzeichen durch Defekt des M. ab-ductor longusb) Verlauf des N. ulnaris, Krallenhand bei Ausfall und Froment-Zeichen (im Bild an der linken Hand): Der Daumen muss durch den Ausfall des M. adductor pollicis brevis zum Festhalten durch den M. flexor longus fest angepresst werdenc) Verlauf des N. radialis, Fallhand bei Ausfall [L190, a/b unten: L126]
12 Peripheres Nervensystem
242
pollicis brevis ersetzen muss. Tipp: selbst aus-probieren! Mit gebeugtem Daumenendglied kann sehr viel kräft iger gezogen werden als in Adduktion.Verwechslung mit Froment-Rigor-Zeichen = Froment-Manöver.
• Signe de Jeanne: Hyperextension im Dau-mengrundgelenk durch den ausgefallenen M. fl exor brevis caput profundum im Th enar und somit Überwiegen der Extensoren: Der Daumen wird wie bei einem Handkanten-schlag gehalten.
• Hypothenar-Atrophie • Plus distale Zeichen.
Therapie. Lokale Neurolyse, keine Verlage-rung des Nervs auf die Vorderseite nötig.
Distales Unterarmdrittel. Sensible Nerven für Fingerspitzen Finger IV und V (➜ Abb. .).
Loge de Guyon. Zwischen Os hamatum und pisiforme vor Teilung in Endäste. Läsion v.a. durch exzessives Mountainbiken auf Schotter-pisten als Radfahrerlähmung, Pressluft häm-mern. Fingerbeuger und (Hypo-)Th enar nicht betroff en, nur Atrophie der kleinen Zwischen-handmuskeln an Fingern IV und IV → auf der Handrückseite die Mittelhandknochen IV und V prominent sichtbar.
■ N.-radialis-Läsionen
Aus C– über den dorsalen Plexusfaszikel. Gibt früh Nn. axillaris, subscapularis, thoracodorsalis ab. IMPP-Tipp. Bevorzugt wird die Lähmung durch metallisches Blei gefragt, welches de facto alle motorischen Nerven betrifft .ÄsteAxilla und proximaler Oberarm. M. triceps (TSR ↓).Durch Krückenlähmung durch Achselgehstüt-zen und Drucklähmung am Oberarm im Schlaf als Parkbanklähmung mit Extensorenlähmung, beide mit eher günstiger Prognose. Bei Parese durch Humerusschaftfraktur ist die Prognose schlechter.
Distaler Oberarm und Supinatorloge. Mm. brachioradialis (RPR ↓bis ausgefallen), M. supinator, M. extensor carpi ulnaris, M. ex-
tensor radialis brevis, M. extensor digitorum (→ Fallhand, ➜ Abb. .c).Supinatorlogensyndrom: Durch Radiusköpf-chen- oder Monteggiafraktur kein Ausfall des M. extensor carpi radialis (im Gegensatz zu ei-ner Oberarmläsion): Radialabduktion der Hand gegen Widerstand möglich. Eher ungünstige Prognose.
• Monteggia: proximale Ulnafraktur mit Ra-diusluxation, Gefahr der N.-radialis-Läsion
• Galeazzi: Radiusfraktur mit Ulnaluxation.Merke: Der Monte Ulna wurde von Radius Galeazzi bestiegen.
Distaler Unterarm. M. extensor pollicis lon-gus und brevis (Streckung in Richtung Handrü-cken an End- und Mittelglied), M. abductor pol-licis longus (seitliche Abduktion im Sattelge-lenk), M. extensor indicis, extensor digitorum und digiti minimi (Fingerstrecker II–V an der Endphalanx).
R. superficialis am Unterarm. Druck z.B. durch zu enge Uhr, Diabetes.Sensibilitätsstörung und möglicherweise auch Schmerz dorsal zwischen Daumen und Zeigefi n-ger (volar der Tabatière): Cheiralgia paraesthe-tica.
„Ich schwör beim Heiligen Media-nus:
Schwurhand → Lä-sion N. medianus
Ich kratz Dir mit der Ulna die Augen aus,
Krallenhand → N. ulnaris
wenn Du nochmal vom Rad fällst!“
Fallhand → N. ra-dialis
■ Armplexus und neuralgische Schulteramyotrophie
Plexusfaszikel Der Armplexus mit seinen drei Faszikeln läuft um die A. subclavia und muss im Anschluss dar-an durch die vordere Skalenuslücke. Er ist durch Traumata, Tumore und Engen der Skale-nuslücke gefährdet (dort liegen die Primärsträn-ge = Trunci). Wichtig ist die klinische Abgren-zung der Plexusläsionen von Läsionen der pro-
243
ximalen Spinalnerven und von distalen Nerven. Die Trunci (➜ Tab. .) sind in ihrer Organisa-tion den Spinalnerven noch sehr ähnlich und klinisch von einzelnen oder zwei benachbarten Wurzeln teilweise nicht zu unterscheiden.Bei Plexusläsionen sind typischerweise mehrere periphere Nerven mit proximalem Läsionsmus-ter betroff en. Läsionen häufi g in den Sekundär-strängen (= Fasciculi) in der Achselhöhle (➜ Tab. .): • Fasciculus medialis: Nn. ulnaris und media-
nus plus sensible Nn. cutanei antebrachii me-diales ulnarseitig bis in Oberarm (➜ Abb. .). Fasern aus C – Th (wie N. ulnaris)
• Fasciculus lateralis: Nn. medianus, musculo-cutaneus. Fasern aus C– (wie N. musculo-cutaneus), v.a. Pronation gestört
• Fasciculus dorsalis: Nn. axillaris, radialis, subscapularis und thoracodorsalis, Fasern aus C – C.
Fasciculus medialis und lateralis können durch ihre ventrale Lage vor der A. subclavia öft er zu-
sammen betroff en sein. Vorsicht: Der N. ulnaris kommt aus dem medialen Faszikel, der media-nus nicht nur aus dem medialen, sondern auch dem lateralen Faszikel. Merke: medianus = „Mittelding“ der beiden anterioren Faszikel.Neuralgische Schulteramyotrophie Wohl eine virale Plexusneuritis. Meistens ist die dominante Seite betroff en, in ¼ der Fälle bilate-ral.
Klinik. Wenig Sensibilitätsstörung, aber sub-akut heftig einsetzende Schmerzen über Stun-den und Tage, v.a. nachts (Top nachts beton-ter Symptome ➜ Kap. , RLS).Dann proximale Paresen und Atrophien.DD: Borreliose, Zoster, radikulär.
Therapie. Glukokortikoide, NSAR und Medi-kamente gegen neuropathische Schmerzen, z.B. Neuroleptika.Besserung des Schmerzes in Wochen, Dauer der Paresen bis Jahre. Manchmal Rezidive.
TBL
Tab. 12.5 Plexus brachialis
Wurzel und Spinalnerv Primärstrang: Truncus Sekundärstrang: FasciculusAufteilung
Aus dem Fasciculus lateralis:
Aus dem Fasciculus posterior:
Aus dem Fasciculus medialis:
Direkt aus den Nn. spinales oder Trunci gehen hervor: • N. dorsalis scapulae• N. suprascapularis• N. thoracicus longus• N. subclavius
• N. axillaris• N. radialis• N. subscapularis• N. thoracodorsalis• N. medianus• N. ulnaris• N. pectoralis medialis• N. cutaneus antebrachii medialis
• N. musculocutaneus• N. medianus• N. pectoralis lateralis
Zwischen Mm. scaleni anterior und medius(Skalenuslücke)
LateraleSkalenuslücke,oberhalb Klavikula
Dorsal derKlavikula
→ lateralis→ posterior→ lateralis→ posterior→ posterior→ medialis
In der Achselhöhle dorsaldes M. pectoralis minor
C6
C7
C8
Tr. superior
Tr. medius
Tr. inferior
lateralis
posterior
medialisTh1
C5
6
12 Peripheres Nervensystem
244
Thoracic-outlet-Syndrom (TOS), z. B. durch akzessorische Halsrippe, Klavikuladeformitä-ten oder Skalenushypertrophie. Abgeschwäch-te Pulse im Arm (A. subclavia bzw. A. brachia-lis) und Störungen v.a. im medialen Faszikel (N. ulnaris > medianus!). Zeichen: • Adson-Manöver: Puls abgeschwächt bei
Kopfrotation kontralateral und Inspiration • AER-(Roos-)Test: Schulter in Abduktion-
Elevation-Außenrotation, Faustschluss über Minute → Abblassen, Schmerz
• Signe de plateau: Tablett-Tragen → Par-ästhesien.
■ Wurzelläsionen C5–Th1
Wichtige DD der Nerven und Plexuslähmungen (auch ➜ Tab. .). Sie entstehen meist durch Prolaps von Bandscheibenmaterial (meistens nach kaudal lateral), Rezessus-Stenose, Spinal-kanalstenose oder Tumore.Die Refl exe BSR (C, C, N. musculocutaneus) und TSR (C, C, N. radialis) laufen über je Segmente. Ein völliger Ausfall der Refl exe ent-steht entweder durch vollständige Läsion des entsprechenden Nervs oder durch eine Läsion beider Segmente; bei Läsion eines Segments oder eine unvollständige Nervenläsion sind die Refl exe nur abgeschwächt. Zur DD helfen auch die begleitenden Symptome.IMPP-Tipp. Auft eilung der Dermatome (➜ Abb. .), sehr wichtig an der Hand zur DD Segment versus Nn. medianus, ulnaris und radi-alis mit ihren autonomen Versorgungsgebieten (➜ Abb. .).C5 • Sensibilitätsstörung und/oder Schmerz über
M. deltoideus • M.-deltoideus-Parese. DD: N. axillaris • Zusätzlich M.-biceps-Parese und BSR ↓.
DD: N. musculocutaneus, dort plus sensible Störung am radialen Unterarm.
C6 • Sensibilitätsstörung: radialseitig am Arm mit
Daumen und halbem Zeigefi nger • Paresen von: M. biceps (N. musculocutaneus,
BSR ↓), M. brachioradialis (aus N. radialis), RPR ausgefallen weil nur aus C) und M. pronator teres (N. medianus, Pronations-schwäche).
DD: • N. musculocutaneus: nur M. biceps und sen-
sibel radiale Unterarm-Innenseite ohne Hand, RPR normal
• Medianusläsion am Oberarm: gestörte Beu-gung aller Finger im Mittelgelenk inklusive III, IV, V, sensible Störung Daumen bis hal-ber Ringfi nger, stark an Spitze Zeige- und Mittelfi nger, Pronatorlähmung
• Bei beiden DD M. brachioradialis nicht be-troff en.
C7 • Sensibilitätsstörung: Mittelfi nger und je hal-
ber Zeige- und Ringfi nger daneben • Paresen von: M. triceps (N. radialis, TSR ↓),
M. pronator teres (N. medianus) , M. fl exor digitorum profundus und Th enarmuskeln (Nn. medianus und ulnaris, Schwäche der Daumenbeugung).
DD: • N. medianus am Oberarm: andere sensible
Zone, kein Froment-Zeichen, M. triceps nicht betroff en
• CTS: zusätzlich auch keine Pronatorschwäche.C8 • Sensibilitätsstörung: halber Ringfi nger und
kleiner Finger • Paresen; ganze Hypothenarmuskulatur.DD: N. ulnaris: je nach Läsionshöhe auch Teil der Th enarmuskeln betroff en mit Froment-Zei-chen, andere autonome Hautinnervation. Bei Loge-de-Guyon nur Zwischenhandmuskeln, nicht Hypothenar betroff en.Typische Läsionsmuster der Primärstränge Zwischen Wurzel und Faszikeln, oft bei Ge-burtstrauma durch Zug.
Obere Erb-Duchenne-Lähmung. C , C. Be-trifft Mm. pectoralis, M. biceps, M. brachialis, M. brachioradialis. • Die Finger können gebeugt werden. • M. triceps intakt: C, C intakt für Finger
von N. medianus und ulnaris, Teil der Tri-zepsfasern aus C
• Überwiegen der Adduktoren und IRO in der Schulter
• Ellenbogen gestreckt, Handgelenk gebeugt.OP-Indikation.
Erweiterte obere Plexuslähmung. Erb-Du-chenne + C. Zusätzlich M.-triceps-Lähmung und Hand- und Fingerextensoren: Ellenbogen schlaff und Fallhand.
245
6 TBL
Tab. 12.6 Überblick DD obere Extremität
Nerv, Faszikel, Segment
Kennmuskeln Autonome Nervengebiete Reflex
N. axillaris Parese: M. deltoideus N. cutaneus brachii superior (N. axillaris)
–
N. musculocu-taneus
Parese: M. biceps N. cutaneus antebrachii lateralis (N. musculocu-taneus)
BSR ↓RPR intakt
N. medianus Parese: • M. pronator teres • M. fl exor digitorum superfi cialis
(Beugung Mittelgelenk Finger II – V) • „OLAF“ am ThenarKeine Parese: M. triceps
– TSR intakt
N. ulnaris Parese: • M. fl exor profundus der Finger IV
und V • M. adductor pollicis brevis
N. cutaneus antebrachii medialis (N. ulnaris)
–
N. radialis Parese: • M. triceps • M. supinator und Fingerextensoren
– TSR ↓RPR ↓
Medialer Faszikel
Parese: • M. pronator teres • M. fl exor digitorum superfi cialis
(Beugung Mittelgelenk Finger II – V) • M. fl exor profundus der Finger IV
und V • „OLAF“ am Thenar • M. adductor pollicis brevis
N. cutaneus antebrachii medialis (N. ulnaris)
–
Lateraler Faszikel
Parese: • M. biceps • M. pronator teres • M. fl exor digitorum superfi cialis
(Beugung Mittelgelenk Finger II – V) • M. fl exor profundus der Finger IV
und V„OLAF“ am Thenar
N. cutaneus antebrachii lateralis (N. musculocu-taneus)
BSR ↓
Dorsaler Faszikel
Parese: • M. deltoideus • M. triceps • M. supinator und Fingerextensoren
N. cutaneus brachii supe-rior (N. axillaris)
TSR ↓RPR ↓
C5 Parese: • M. deltoideus • M. biceps
Nicht: N. cutaneus ante-brachii lateralis (N. mus-culocutaneus)
–
C6 Parese: • M. biceps • M. pronator teres • M. fl exor digitorum superfi cialis
(Beugung Mittelgelenk Finger II – V): Störung nur Finger I – III
– RPR ↓
C7 Parese: • M. triceps • M. pronator teres
– TSR ↓
Merke: medialer Faszikel = N. medianus + N. ulnaris, lateraler Faszikel = N. musculocutaneus + N. medianus, dorsaler Faszikel = N. axillaris + N. radialis.
Achtung: DD C5 ↔ Nn. axillaris und musculocutaneus, C6 ↔ Nn. musculocutaneus und medianus, C7 ↔ Nn. me-dianus, C8 ↔ Nn. ulnaris.
12 Peripheres Nervensystem
246
Untere Dejerine-Klumpke-Lähmung. C – Th . Ausfall des N. ulnaris und Teil des N. medi-anus: • „Pfötchenstellung“ der Finger II–IV wie Ul-
naris-Krallenhand • Oft durch räumliche Nähe zu Sympathikusfa-
sern bei Raumforderung ipsilateraler Horner.OP bringt wenig.
Periarthropathia humeroscapularis (Frozen shoulder ): sekundärer fi bröser Umbau des unteren Recessus der Gelenkkapsel, möglich nach jeder dauernden Immobilisation der Schulter in Adduktion, ob wegen Knochen, peripheren Nerven inklusive N. accessorius oder Schlaganfall!Langwierig. Schmerzhaft e aktive und passive Bewegungseinschränkung.Th erapie: Traktionsbehandlung, Ultraschall-therapie, lokales operatives Débridement.
■ CHECK-UP Wie unterscheiden sich Läsionen von N. musculocutaneus, N. axillaris, N. medianus am Ober-
arm, Plexusläsionen von medialem und/oder lateralem Faszikel, C5, C6, die (erweiterte) Pri-märstrangläsion Erb-Duchenne?
Welche Nervenläsionen können Bewegungsumfang und Neutralstellung der Skapula betref-fen?
Was unterscheidet Läsionen von N. ulnaris, C6, C7, C8, erweiterter Primärstrangläsion Erb-Duchenne und Dejerine-Klumpke-Lähmung?
Welche Reflexe sind jeweils abgeschwächt oder eben gerade erhalten? Welche Muskeln und entsprechenden Funktionen muss man genau anschauen, um diese Stö-
rungen unterscheiden zu können (Kennmuskeln)? Was sind Rucksack-, Radfahrer-, Krückenlähmung und Paralysie des amants? Wie diagnostiziert man ein Karpaltunnelsyndrom? Wie kommt es dazu und was kann man da-
gegen tun?
Nerven der unteren Extremität
Untersuchung Hüfte • Inspektion, Gangprobe, Beckengeradstand,
Trendelenburg-Zeichen (bei Schwäche des M. gluteus medius, ➜ Abb. .)
• Leisten- und Trochanterdruckschmerz, Lymphknoten
• Aktive und passive Bewegung • Th omas-Handgriff (Beugekontraktur), Dreh-
mann- (IRO-Defi zit), Mennell- (Iliosakralge-lenk), Lasegue-, Vierer-Zeichen, Patrick-Hy-perabduktionstest
• Valleix-Punkte (Ischiasdruckpunkte).Untersuchung Knie • Inspektion; Beinachse in Ebenen • Entzündungszeichen und Ergusspalpation
(tanzende Patella, bulge sign) • Zohlen-Apprehension-Test
• Palpation Kniekehle • Aktive und passive Bewegung • Meniskus- (Steinmann I, II, Payr, McMur-
ray), Kreuzband- (Lachmann, Pivot-shift -, Schubladentest), Apley-Grinding-Test
• Innen- und Außenbandstabilität (Böhler).Untersuchung Fuß • Inspektion Fehlstellung und Fußgewölbe; Be-
schwielung • Aktive und passive Bewegung • Palpation Achilles-, Tibialis-posterior- und
Peronealsehnen, Th ompson-Test (Archilles-sehne)
• Palpation Metatarsalköpfchen • Aufk lappbarkeit Sprunggelenk, Talusvor-
schub.
247
6■ Jeanslähmung und rein sensible
Beinnerven
N. iliohypogastricus. Sensibel: Spina iliaca anterior superior. Läsion meistens durch Ap-pendektomie, oft auch bei Hernien-OP und manchmal bei oberer Beinplexuslähmung ge-stört.
N. ilioinguinalis. Sensibel: Haut über Sym-physe und Peniswurzel bzw. Labien. Häufi gster durch Hernien-OP betroff ener Nerv.
N. genitofemoralis. Bei Läsion durch Herni-en-OP schmerzhaft e Spermaticus-Neuralgie, Ef-ferenz für Kremasterrefl ex.
N. cutaneus femoris lateralis. Tritt durch das Leistenband und versorgt sensibel den seitlichen Oberschenkel. Läsion durch zu enge Hosen (Jeanskrankheit), Adipositas und Schwanger-schaft durch Druck von oben, Hüftoperatio-nen.Schmerzhaft e Parästhesien = Meralgia paraes-thetica, durch reversed Lasègue verstärkbar. Gewichtsreduktion, viele Spontanheilungen.
N. suralis. Sensible Fasern aus N. tibialis und peronaeus laufen in diesem rein sensiblen Nerv zusammen. Innerviert seitliche Rückseite der Wade. Sehr kleines autonomes Versorgungs-gebiet hinter dem Außenknöchel. Ausfall stört kaum, deshalb ideal für Nervenbiopsien.
N. saphenus. Aus N. femoralis, versorgt In-nenseite des Unterschenkels.
Nerven für Biopsie. Ziel: keine oder minima-le, nicht relevante Ausfälle. Ideal: N. suralis und N. peronaeus brevis.
TBL
Tab. 12.7 Segment – Kennmuskel – Reflex (➜ Abb. 12.2).
Segment Kennmuskel Reflex
L1 M. iliopsoas Kremasterre-flex
L2 M. iliopsoas, Adduktoren
Adduktorenre-flex, Kremas-terreflex
L3 Adduktoren, M. quadriceps
Adduktorenre-flex, Patellar-sehnenreflex (PSR)
L4 M. quadriceps PSR
L5 M. gluteus medi-us, M. tibialis an-terior und poste-rior, M. extensor hallucis longus
Tibialis-poste-rior-Reflex
S1, S2 M. triceps surae, M. gluteus maxi-mus
Archillesseh-nenreflex (ASR)
S3–4 – Bulbocaverno-susreflex
S3–5 – Analreflex
TBL
Tab. 12.8 Nerv – Segment – Kennmuskel – Reflex (➜ Abb. 12.3)
Nerv Segment Kennmuskel Reflex
N. femoralis L1–4 M. iIliopsoas, M. sartorius (Flexion, Ad-duktion, ARO), M. quadriceps
PSR
N. obturatorius L2–4 Adduktoren Adduktorenreflex
N. gluteus sup. L4–S1 M. gluteus medius und minimus, Trende-lenburg-Zeichen
–
N. gluaeus inf. L5–S2 M. gluteus maximus –
N. ischiadicus L4–S3 = N. tibialis + N. peronaeus + M. biceps femoris
–
N. tibialis L5–S3 M. tibialis posterior, M. gastrocnemius, beugende Fußmuskeln
Tibialis-posterior-Re-flex
N. peronaeus L4–S1 R. superficialis: Mm. peronaeiR. profundus: M. tibialis anterior, Zehen-strecker
–
12 Peripheres Nervensystem
248
■ N.-femoralis-Läsion
Aus L–. • Versorgt M. iliopsoas, M. quadriceps femoris
(PSR ↓bis ausgefallen) und M. sartorius (Flexion, Adduktion, ARO)
• Sensibel: außen und vorne über dem Ober-schenkel und Patella und durch N. saphenus auf die Innenseite des Unterschenkels. Ähn-lich L-Syndrom!
Bei Ausfall: • Schwäche Hüft fl exion (M. iliopsoas) und
Knieextension (M. quadriceps). DD: – L1/2-Syndrom: M. iliopsoas – L3/4: M. quadriceps • Beim Gehen Einknicken des ganzen Beins als
Giving-way-Phänomen.DD: • Zentrale Parese • (inkomplettes) Leriche-Syndrom (sprich:
LeerIsch) durch Beckenarterienthrombose (mit den „P“-Symptomen des akuten peri-pheren arteriellen Verschlusses).
Gefährdet durch retroperitoneale Hämatome, Abszesse, Hüft -OP.Gute Prognose.
■ N.-obturatorius-Läsion
L-, innerviert die Adduktoren. Adduktorenre-fl ex ↓bis ausgefallen.Bei Läsion Gangbild mit innenrotierter Hüfte, um durch mediale M.-quadriceps-Anteile das Adduktionsdefi zit ausgleichen zu können.DD: orthopädische Erkrankungen mit Hüft in-nen- versus Außenrotationsdefi ziten.
■ N.-ischiadicus-Läsion
L-S. Auft eilung in N. tibialis (ventraler Teil) und N. peronaeus communis (dorsaler Teil) auf halber Höhe am dorsalen Femur. Innervation des M. biceps femoris nur aus dorsalem Teil.Bei Läsion des ganzen Nervs bleiben für die Kniebeugung nur M. sartorius (N. femoralis) und M. gracilis (N. obturatorius). Gehen ist ge-rade so noch möglich, wenn Mm. glutei und Adduktoren noch intakt sind.Bei Reizung durch Druck im Nervenverlauf von außen elektrisierende Parästhesien auslösbar (Valleix-Punkte).Sensible distale Anteile laufen auf N. tibialis und N. peronaeus verteilt und vereinigen sich wieder zum separaten N. suralis.
■ N.-peronaeus communis-Läsion
= N. fi bularis, L – S. IMPP-Tipp. Läuft aus der Kniekehle seitlich über das Fibulaköpfchen, teilt sich dort in R. su-perfi cialis und profundus. Schäden durch Druck (Erdbeerpfl ücker-, Fliesenlegerlähmung), ra-sche Gewichtszu- oder -abnahme, Chemothera-pie, Maisonneuve-Fraktur (Weber C).
R. superficialis. Mm. peronaei (Pronatoren = drehen lateralen Fußrand nach außen-oben). Sensibel am lateralen Unterschenkel.
R. profundus. M. tibialis anterior (Fußhe-ber), alle Zehenheber, M. peronaeus tertius (kleiner Pronator). Sensibel kleiner Fleck zwi-schen großer und zweiter Zehe (wichtig!).Bei Läsion: Fußheberschwäche (Fersengang nicht möglich) und Zehenheberschwäche.Bei schmerzhaft er/parästhetischer Läsion DD Weichteiltumor, Bakerzyste der Kniekehle.Wichtige DD: L- und L-Syndrom!
■ N.-tibialis-Läsion
L – S. M. gastrocnemius, M. tibialis posterior und Fußbeuger. • Bei Läsion in der Kniekehle: Zehenstand und
Hüpfen nicht möglich, schlechtes Abrollen beim Gehen (kein kraft volles Abstoßen und leichtes Hinken; bei Peronaeuslähmung dage-gen „patscht“ der Fuß auf den Boden auf)
• Bei Läsion ab Unterschenkelmitte: Atrophie der kleinen Fußmuskeln und später Hohlfuß-deformität durch Überwiegen der Zehenbeuger
• Beim Tarsaltunnelsyndrom (ähnlich CTS) En-ge unter Retinaculum musculorum fl exorum unter dem Innenknöchel, meistens nach dista-ler Unterschenkel- oder Sprunggelenkfraktur. Symptome und Th erapie analog dem CTS.
Bei der Morton-Interdigitalneuralgie werden die Endäste unter den Metatarsalköpfchen durch Spreizfuß oder exzessives Stöckelschuh-tragen geschädigt und bilden Neurome. In der Folge durch Druck provozierbare Schmerzen v.a. zwischen Zehe II und III. Besserung durch Lokalanästhesie, evtl. OP nötig.
N. peronaeus und N. tibialis sind durch ein Kompartmentsyndrom des Unterschenkels stark gefährdet.
249
6■ Nn.-glutei-LäsionenN. gluteus superior L – S aus dem oberen Sakralplexus. Gefährdet durch i. m. Spritzen gluteal (DD Nicolau-Syn-drom durch intraarterielle Injektion und Nekro-se), deshalb heute nur noch in den lateralen Oberschenkel oder M. deltoideus.Bei Ausfall der Mm. gluteus medius, minimus und M. tensor fasciae latae: Trendelenburg-Zei-chen (➜ Abb. .)N. gluteus inferiorL – S. M. gluteus maximus. Bei Ausfall Hüft -streckung kaum möglich.
■ Beinplexus-Läsionen
Plexus lumbalis und sacralis sind v.a. durch Tu-morinfi ltration aus dem kleinen Becken gefährdet (Uterus, Ovar, Prostata, Rektum und Harnwege). • Plexus lumbalis Th –L: Im oberen Bereich
fallen v.a. die sensiblen inguinalen Nerven aus. Ist der N. femoralis betroff en, oft zusammen
mit N. obturatorius und Peronaeusanteilen des N. ischiadicus. L ist selten isoliert betroff en.
• Plexus sacralis: wie N.-ischiadicus-Lähmung plus Ausfall der Nn. glutei.
■ Wurzelläsionen L3–S2
Dermatome ➜ Abbildung .. Überblick DD Beinnerven ➜ Tabelle ..L3Schmerzen und/oder sensibler Ausfall: Vorder-seite Oberschenkel bis Knie, nicht darüber hin-aus wie bei L4.Parese (nie Plegie!) des M. quadriceps und der Adduktoren: PSR ↓, Adduktorenrefl ex ↓.DD: • N. femoralis mit N. saphenus: sensibel über
Knie zu medialen Unterschenkel, keine Ad-duktorenlähmung
• N. cutaneus femoris lateralis: rein sensibel.L4 • Sensibel: vom äußeren Oberschenkel über die
Patella zum medialen Unterschenkel. DD: N. saphenus: nur medialer Unterschenkel
• Geringere M.-quadriceps-Parese und Adduk-torenparese als L, ebenfalls PSR und Adduk-torenrefl ex vermindert.
• Leichtgradige Fußheberparese: M. tibialis an-terior, durch N. peronaeus profundus aus zwei Segmenten innerviert (L > L)
• Keine Zehenheberparese: N. peronaeus pro-fundus aus L.
DD: N. peronaeus profundus: Zehen- und Fuß-heberparese, sensibles Defi zit minimal neben Großzehe.
N. femoralis und N. obturatorius erhalten Fa-sern aus den Segmenten L–: Bei Wurzellä-sionen sind beide Nerven mit M. quadriceps und Adduktoren betroff en, bei Nervenläsion bleiben aber die jeweils anderen Muskeln in-takt und die Refl exe normal!
L5Sensibel: über Außenseite Unterschenkel, Fuß-rücken, Großzehe.Paresen der M. tibialis anterior und M. extensor hallucis longus (Fußheber- und Zehenheberpa-rese) plus M. gluteus medius (Trendelenburg). Tibialis-posterior-Refl ex ↓.
Abb. 12.5 Trendelenburg-Zeichen: Der M. glutae-us medius stabilisiert das Becken beim Einbein-stand (links). Bei Ausfall Abkippen des Beckens nach kontralateral im Einbeinstand (rechts) [E404]
12 Peripheres Nervensystem
250
DD: • N. peronaeus communis: auch Fuß- und Ze-
henheberparese, sensibel ähnliches Gebiet, aber keine M.-gluteus-medius-Parese (Tren-delenburg-Zeichen), Tibialis-posterior-Refl ex intakt weil über N. tibialis
• L: PSR abgeschwächt, aber Tibialis-posteri-or-Refl ex intakt.
S1Sensibel: über ganze Rückseite des Beins bis Fer-se plus lateraler Fußrand.Ausfall: M. gluteus maximus, Mm. peronaei, M. gastrocnemius und teils die Kniebeuger.DD: • N. ischiadicus: ohne Mm. glutei • Plexusläsion: meistens auch M. gluteus medi-
us, räumlich aus dem gleichen Plexusstrang.
IMPP-Tipp. Wichtigste klinische Unter-scheidungsmerkmale am Bein: • Trendelenburg-Zeichen – Bei L5, auch L4, S1 – Nicht bei N. ischiadicus, N. peronaeus
profundus oder communis • PSR und Adduktorenrefl ex – Beide ↓ bei L2 – 4 – PSR ↓ bei N. femoralis – Adduktorenrefl ex ↓ bei N. obturatorius • Sensibles Defi zit relativ zur Patella – Darüber ohne Patella: L3 – Von äußerem Oberschenkel über Patella
zu medialem Unterschenkel: N. femora-lis, L4
– Darunter am medialen Unterschenkel ohne Patella: N. saphenus
• Zehenheber- und Fußheberparese – Beides: N. peronaeus profundus oder
communis; L5 – Keine Zehenheberparese: L4.
S2Selten isoliert.Sensibel: dorsal am Oberschenkel.Parese – nicht Plegie – der Kniebeuger (L – S) und Schwäche Hüft streckung (durch Kniebeu-ger, Ausgleich durch M. gluteus maximus).Sensible Ausfälle und Schmerzausstrahlung (➜ Abb. .).S–: Conus-Cauda-Syndrom.
Rechts Links
L3 – 4
L4 – 5
L5 – S1
RechtsLinks
Rechts Links RechtsLinks
Rechts Links RechtsLinks
Abb. 12.6 Ausstrahlung bei L4-, L5- und S1-Syndrom [E405]
TBL
Tab. 12.9 Überblick DD Untere Extremität: X = Ausfall bis Plegie bei Läsion, n = normal (wichtig zur DD)
Nerv, Segment Kennmuskeln Autonome Nervengebiete
N. femoralis Paresen: • M. iliopsoas • M. quadriceps femoris • Keine Paresen: AdduktorenKeine Parese: M. gluteus medius
N. saphenus (N. femoralis)
N. obturatorius Adduktoren –
251
6Tab. 12.9 Überblick DD Untere Extremität: X = Ausfall bis Plegie bei Läsion, n = normal (wichtig zur DD) (Forts.)
Nerv, Segment Kennmuskeln Autonome Nervengebiete
N. ischiadicus Paresen: • M. biceps femoris • Mm. peronaei • M. tibialis anterior • Zehenheber • M. gastrocnemius
• N. suralis (N. ischiadicus) • N. cutaneus surae lateralis
(N. peroneus superfi cialis) • Dreieck neben Großzehe
(N. peroneus profundus)
N. peronaeus communis
Paresen: • Mm. peronei • Zehenheber
• N. cutaneus surae lateralis (N. peroneus superfi cialis)
• Dreieck neben Großzehe (N. peroneus profundus)
N. peronaeus superficialis
Parese: Mm. peronei N. cutaneus surae lateralis (N. peroneus superficialis)
N. peronaeus profundus
Paresen: • M. tibialis anterior • Zehenheber
Dreieck neben Großzehe (N. peroneus profundus)
N. tibialis Paresen: • M. tibialis anterior • M. gastrocnemius
–
L3 Parese, nie Plegie: M. iliopsoas, M. quadri-ceps femorisKeine Paresen: • M. gluteus maximus • M. gluteus medius
Nicht: N. saphenus (N. femo-ralis) (Defizit reicht nicht übers Knie)
L4 Parese, nie Plegie: M. iliopsoas, M. quadri-ceps femorisKeine Parese: Zehenheber
Nicht: Dreieck neben Großze-he (durch N. peroneus profundus)
L5 Parese: M. gluteus medius (Trendelenburg-Zeichen), Fuß- (M. tibialis anterior) und Ze-henheber. Tibialis-posterior-Reflex ↓Keine Parese: • M. iliopsoas • M. quadriceps femoris
Unterschenkelaußenseite, Fußrücken, Großzehe
S1 Paresen: • M. gluteus maximus • Mm. peronei • M. gastrocnemius
Beinrückseite
Praktisches Vorgehen bei peripherer Ner-venläsion : . Wirklich eine periphere Störung oder nicht
doch Hinweise auf zentrale Läsion? Ver-dacht:
– Hirnnervenlähmung – Bewusstseinsstörung – Neuropsychologische Defi zite – Peripher anmutende Defi zite in benach-
barten Regionen des Homunculus – Peripher anmutende Defi zite an mehre-
ren Körperregionen
. Paresen? – Wenn ja, sind Kennmuskeln für Seg-
mente oder Nerven betroff en? . Sensible Störungen? – Welche sensiblen Qualitäten sind betrof-
fen? – Grenze der Schmerz- und Temperatur-
störung bestimmen – Weitere sensible Defi zite relativ dazu ab-
grenzen . Refl exe? – Sind Refl exe abgeschwächt, ausgefallen
oder gesteigert?
12 Peripheres Nervensystem
252
– Sind diese Refl exe Kennrefl exe für be-stimmte Segmente oder Nerven?
. Vegetative Störung? – Ist die Sudomotorik betroff en? – Deckt sich die vegetative Störung mit
dem betroff enen sensiblen Areal? – Ja? → Hinweis auf periphere Nerven-
läsion
– Nein? Hinweis auf zentrale Läsion (Ncl. intermediolateralis)
. Könnte es nicht doch auch zentral sein?. Evtl. apparative Diagnostik nötig (Elektro-
neurografi e, Elektromyografi e) . Könnte es nicht doch auch zentral sein? . → Diagnose.
■ CHECK-UP Was unterscheidet Läsionen von N. femoralis, L3, L4, L5 und Lumbalplexusläsionen vonein-
ander? Was unterscheidet Läsionen von N. tibialis, N. peronaeus communis/superficials/profundus,
N. ischiadicus, Sakralplexusläsionen, L4, L5, S1? Welche Reflexe sind jeweils abgeschwächt oder eben gerade erhalten? Was sind Erdbeerpflücker-, Fliesenleger-, Jeanslähmung? Welche Nerven sind bei Hernien- und Hüftoperationen besonders gefährdet? Welche Nervenengpässe und Druckläsionen sind an den Beinen häufig? Bei massiver Hüftextension durch Dystonie greifen Sie zur Ultima Ratio selektive Denervie-
rung. Welchen Nerv schneiden Sie durch?
Polyneuropathien (PNP)
Erkrankung mehrerer peripherer Nerven mit systemischer Ursache.Gipfel: • Jugend bis . LJ: hereditäre PNP • Um . LJ: alkoholische PNP • Um . LJ: diabetische PNP.Europa: diabetisch > alkoholisch > Vaskulitis und andere. . Welt: Lepra und Malnutrition.Häufi gkeiten: • % diabetisch • % mehrere mögliche Ursachen oder unge-
klärt • % alkoholbedingt • % erblich • % alles andere.Einteilung Verteilungsmuster: • Distal-symmetrisch: häufi gster Typ mit
strumpf- und handschuhförmigen Ausfällen, der die längsten Nerven zuerst betrifft : zuerst die Füße distal strumpff örmig ohne auf Ner-ven- oder Segmentgebiete Rücksicht zu nehmen, später auch distal an den Händen. Im weiteren Verlauf proximale Ausbreitung. V.a. metabolische und toxische Ursachen
• Mononeuritis multiplex: Schwerpunktneu-ropathie, unregelmäßig verteilte Ausfälle mehrerer peripherer Nerven, besonders bei Vaskulitis, autoimmun bei Hepatitis B und C; bei Borreliose, manchmal bei Diabetes
• Proximale Amyotrophie: Muskelatrophie durch Untergang peripherer motorischer Nerven und Wegfall myotroper Zell-Fakto-ren, z. B. bei Diabetes. DD: Muskelerkran-kung, hereditäre Erkrankung.
Polyneuropathien müssen immer gegen zentrale neurologische Störungen einerseits und bei füh-render motorischer Schwäche gegen Muskel- und Endplattenkrankheiten andererseits diag-nostisch abgegrenzt werden!Betroff ene Sinnesqualität: • V.a. sensibel: Diabetes, Malabsorption, Urä-
mie und metabolisch • Schmerzhaft (Burning feet, Muskelkrämpfe):
Diabetes, Morbus Fabry, alkoholisch, Th ia-minmangel, Borreliose, Vaskulitis, HSAN. DD: hereditäre Muskelerkrankung
• V.a. motorisch: GBS, akute intermittierende Porphyrie, MMN, HMSN, Blei
• Autonome Beteiligung.
253
6PNP mit autonomer Beteiligung: • Metabolisch/toxisch: diabetisch, alkoho-
lisch, Nieren-, Leberversagen, Vitamin-B-Mangel, platinhaltige Chemotherapie, aku-te intermittierende Porphyrie, Mor-bus Fabry, MEN b (De- und Regeneration unmyelinisierter Nerven)
• Infektiös, entzündlich: GBS, AIDS, Lupus, Lepra
• Paraneoplastisch: Denny-Brown-Syndrom • Erblich: HSAN, HMSN.
Nach ENG-Befund: demyelinisierend, axonal, small-fi ber (v.a. Diabetes, Amyloidose, HSAN (Variante: Riley-Day), Morbus Fabry), gemischt. PNP bei Vitaminmangel ➜ Kapitel .
Diagnose:Anamnese, Untersuchung: • Diabetes, Alkoholkrankheit, familiär? • Störung welcher sensorischer Qualitäten? • Tastbar verdickte Nerven? → HNPP.Basislabor Erstdiagnostik: • Diff erential-Blutbild, Elektrolyte • Nüchternblutzucker, HbAc • BSG, CRP • Nieren-, Leber- und Schilddrüsenparameter • CK: bei vielen hereditären Erkrankungen ↑
(DD ➜ Kap. ) • Vitamine B1, B6, B12, E, Folat • Immunelektrophorese: M-Gradient? • Borrelien-Antikörper.Liquorpunktion empfohlen! Borrelienantikör-per im Liquor?Erweiterte Diagnostik: • In Liquor und Serum: ANA, ANCA, GM
(GBS), GQb, paraneoplastische Antikörper, Viren- („MRZ“(Masern, Röteln, Zoster), HIV, Hepatitis B und C, EBV, CMV, VZV, HSV, FSME) und Luesserologie
• Im Serum: Arylsulfatase A (Adrenoleukodys-trophie?), Phytansäure (Morbus Refsum?), Porphyrine, Fabry-Diagnostik
• ENG, EMG, somatosensibel evozierte Poten-ziale (SEP): demyelinisierend, axonal?
• Wenn nötig: Suralis- oder andere Nerven-biopsie.
Wichtige DD bei zentraler Beteiligung: • PNP mit Hirnnervenbeteiligung: Neurobor-
reliose, Tbc, Sarkoidose, Riesenzellarteriitis • PNP mit Ataxie: sensible Ataxie, Mangeler-
krankungen.
Therapie allgemein: . Ausschalten der Noxe . Spezifi sche Th erapie wenn möglich, z. B. bei
GBS, Vaskulitis . Nervenzell-Aktivität-modulierende Medika-
mente: – Antidepressiva: Amitriptylin, Clomipra-
min – Antiepileptika: Na-Kanal (Carbamazepin,
Oxcarbazepin, Lamotrigin), Ca-Kanal (Pre-gabalin, Gabapentin)
– Zurückhaltend Retard-Opioide bei Schmerzen
– α-Liponsäure und Th ioctsäure bei Brenn-schmerz, v.a. bei Diabetes mellitus
– Bei Muskelkrämpfen: Magnesium, „Limp-tar“ (Chinin + Th eophyllin. Cave: Neben-wirkungen von Th eophyllin).
■ Diabetische PNP
Häufi gste PNP, ca. Jahre nach Diagnose Dia-betes mellitus. Vaskulär mikroangiopathisch an den Vasa nervorum und direkt durch Advan-ced glykosylation products (AGP), teils immu-nologisch mit Ganglienentzündung. Progression ist von metabolischer Einstellung abhängig.Th erapie meistens nur symptomatisch möglich.DD: CIDP (chronisch-infl ammatorische demye-linisierende PNP).FormenDistal symmetrische PNP. In ¾ mit v.a. Stö-rung der Pallästhesie (Rydell-Seiff er-Stimmga-bel Hz < ⁄) und Propriozeption, Th ermhyp-ästhesie und sensible Ataxie (Gangunsicherheit im Dunklen).Durch autonome Beteiligung Diabetikerfüße zunächst warm und trocken. Sekundär diabe-tisches Fußsyndrom durch verringerte Gewe-befaktoren aufgrund von Nerven- plus Gefäß-schäden – mal mehr neurogen, mal mehr vasku-lär (kalte Füße): • Knochenhypotrophie bis aseptische Kno-
chennekrosen • Zusammenbruch des Fußgewölbes (Charcot-
Fuß) • Hautatrophie, Ulzera durch Verletzungen bei
Schmerzunempfi ndlichkeit • Vaskulär schlechte Gewebeheilung.
Autosympathektomie. Bei ¾ der Patienten im Verlauf mit erektiler Dysfunktion, Blasenato-
12 Peripheres Nervensystem
254
nie mit evtl. unbalancierter Blasenstörung und hoher Infektionsgefahr • Ruhetachykardie bis Frequenzstarre • Vasodilatation an den Füßen: warm! • Diabetische Gastroparese mit sekundärem
Refl ux.
Kraniale Mononeuropathie. Isolierte Hirn-nervenausfälle, v.a. schmerzhafte N.-oculomo-torius-Parese ohne Pupillenbeteiligung mit guter Rückbildung.DD: Arteriitis temporalis, Borreliose, Tolosa-Hunt- und Gradenigo-Syndrom.
Diabetische Amyotrophie. Proximale Mus-kelschwäche, v.a. Hüft beuger, oft spontane Bes-serung. DD: Motoneuronkrankheit.
Diabetische Radikulopathie. Schmerzhaft es Wurzelsyndrom v.a. L– mit blander Bildge-bung und guter Rückbildung.
CIDP-DM. CIDP-Variante bei Diabetes melli-tus. DD bei diabetischer Polyneuropathie bei gu-ter metabolischer Einstellung und Liquorei-weiß ↑. Spezifi sche Th erapie vorhanden: IVIG.
■ Alkoholische PNP
Bei langjähriger Abhängigkeit toxisch axonale und/oder durch B-Hypovitaminose demyelini-sierende PNP, burning feet. Typisch: Hyperhyd-rosis palmoplantar.Th erapie: B-Vitamine, bei erfolgreichem Entzug zumindest kein Progress.
■ Critical-Illness-PNP
Bei ⁄ aller Patienten mit Sepsis und Multiorgan-versagen und > Wochen Beatmung: akute axo-nale Degeneration und variabler Verlauf mit meistens guter Remission, aber auch schweren atrophen Paresen.Bei PNP nach lang dauernder Intensivtherapie initial klinische Verdachtsdiagnose: erspart schmerzhaft es EMG! Erst bei schlechter Rückbil-dung intensivere Diagnostik.DD: hypoxische Myelopathie, Druckläsionen.
■ Akut infl ammatorische demyelinisierende PNP (AIDP)
Postinfektiöse Neuropathien v.a. nach Atem-wegs- und Darminfektionen durch Autoantikör-
per mit molekularem Mimikry gegen Nervenge-webe. Selten wiederholte AIDP.Meist eine von zwei Varianten (GBS, MFS), sel-ten Überschneidungen.Seltene Formen: AM(S)AN (akut motorisch (sensible) axonale Neuropathie).Guillain-Barré-Syndrom (GBS)Auch (Landry-)Guillain-Barré-(Strohl-)Syn-drom (sprich GijÄ-BarrEE). Zwei Altersgipfel: .–. LJ und .–. LJ. Wenige Wochen zu-vor oft • Atemwegsinfekt: v.a. Mycoplasma pneumo-
niae • Diarrhö: v.a. Campylobacter jejuni →
schlechterer Verlauf eines GBS • Viren wie CMV, VZV, HIV: akut nach Infekti-
on.
Klinik: • Initial Parästhesien, Schmerzen in den Bei-
nen • Nach kranial aufsteigende Paresen – Arme,
Rumpf, Atemmuskulatur – in Tagen bis Wochen • Verlust der Eigenrefl exe, anfangs meist
noch erhalten • ½ mit Fazialisparese, oft beidseits. DD: tu-
berkulöse Meningitis, Borreliose • Sensibilität fast immer weitgehend erhalten • Plateau nach – Wochen, nach ca. Wochen
Rückbildung in umgekehrter Reihenfolge • % beginnen atypisch mit Schluckstörung,
Armparese, Paraparese. DD: Motoneuroner-krankung, Hirnstammprozess.
5 % tödlich durch Dysautonomie!Einteilung nach Lichtenfeld: • Sympathikus ↑: entzündliche Reizung → Hy-
pertonie, Hyperhidrosis • Sympathikus ↓: Grenzstrangstörung →
asympathikotone Orthostase • Parasympathikotonus ↑: → Bradykardie, Fre-
quenzstarre, Flush, Asystolie • Parasympathikus ↓: → Tachykardie, Sphink-
terstörung von Blase und Mastdarm • SIADH und/oder Diabetes insipidus.Risikofaktoren für Asystolie: Tetraplegie, Pro-priozeptionsstörung, starke Blutdruckvariabili-tät, Frequenzstarre.Auslöser: • Manipulationen durch Absaugen analog Bo-
lustod • Bulbusdruck, Beatmung • Pressen: Laxanzien gegen Obstipation geben! • Sogar Kiefer öff nen – eigentlich fast alles!
255
6Monitorpfl icht: Bei Beginn und jedem Zei-chen der Dysautonomie ist Monitorüberwa-chung indiziert. Mindestens × täglich nach Anzeichen einer Dysautonomie suchen. Viele starben nach der Einschätzung „Ach, das biss-chen Tachykardie“.GBS ist brandgefährlich!
Diagnose. Klinik plus Liquor. • Liquor: – Zytalbuminäre Dissoziation mit Eiweiß
bis 10.000 trotz normaler Zellzahl. In der 1. Woche bei ½ aber normaler Liquor
– IMPP-Tipp. Antikörper: GM1, GD1a (Campylobacter), GD1b, bei Überlappung mit Miller-Fisher GQ1b. In Liquor und Serum
• Serum: Campylobacter-Serologie • Im ENG: verlängerte Latenzen, teils Leitungs-
blöcke. DD: Borreliose, Arsen, Myelom, Polio bei Asymmetrie.
Zweifel an GBS bei folgenden Symptomen: • Fieber bei Beginn • Stark asymmetrische Paresen • Ausgeprägte sensible Störungen (spinales
Niveau?) • Blasenstörung • signifi kante Pleozytose→ V. a. akut infektiöse oder entzündliche Myeli-tis → Beginn einer polypragmatischen Th erapie.
Therapie: • Intensivstation oder zumindest Überwa-
chungsstation, Monitorüberwachung zu Be-ginn und im Verlauf bei geringsten Zeichen Dysautonomie
• IVIG. Kortikoide wirken ausnahmsweise nicht! • Eskalation zu Plasmapherese • Beatmung bei Vitalkapazität < %. Cave:
Forcierte Beatmung kann Asystolie auslösen • Kardial: Propranolol bei Tachykardie, evtl.
passagerer Schrittmacher • Thromboseprophylaxe: Lungenembolie To-
desursache Nr. • Schmerztherapie.
Prognose. Nach akuter Phase sehr gut, in je % Tod oder Rezidiv. Schlechter bei > . LJ, Campylobacter, GM-Antikörper.Miller-Fisher-SyndromMFS. Trias Ophthalmoplegie (fi xierte Bulbi meist mit Doppelbildern, keine Lichtreaktion
DD Tolosa-Hunt) – sensible Ataxie – Arefl e-xie.Axonale Degeneration. IMPP-Tipp. In 100 % GQ1b-Antikörper. Meist postinfektiös nach Atemwegsinfekt.Anfl utung und Rückbildung ähnlich GBS, keine Dysautonomie. Gute Prognose.Elsberg-SyndromÄhnlich GBS mit Conus-Cauda-Syndrom, mit Herpes-simplex-Virus assoziiert.
• GM-Antikörper bei Guillain-Barré-Syn-drom
• GQb bei Miller-Fisher-Syndrom.
■ Chronisch-entzündliche Neuropathien
Chronisch-infl ammatorische demyelinisierende PNP CIDP. > Monate progrediente distale und proxi-male Muskelschwäche (DD: Myositis, Polymyalgia rheumatica) mit Sensibilitätsstörungen, selten iso-liert sensibel oder motorisch. Selten infektassozi-iert mit Überschneidung zu rezidivierender AIDP.DD: PNP bei monoklonaler Gammopathie oder MGUS (monoklonale Gammopathie unklarer Si-gnifi kanz).POEMS-Syndrom möglich: PNP, Organomega-lie, Endokrinopathie, M-Protein, skin changes (Hautveränderungen).
Diagnose: • Liquoreiweiß ↑, IgG-Index ↑, evzl. Liquor-
pleozytose • Antikörper: GM1, ACA, MAG (myelinassozi-
iertes Glykoprotein DD Paraneoplasie, Vas-kulitis.
Therapie: • Kortikoide und IVIG gleich wirksam, evtl.
plus Plasmapherese • Langzeittherapie mit Kortikoiden plus Aza-
thioprin.Je ⁄ Remissionen, stationär, Progression.Multifokale motorische NeuropathieMMN. Asymmetrische CIDP-Variante mit rein motorischem Befall des . Motoneurons.
„Die DD schlechthin“ von ALS und . Moto-neuronerkrankungen.
12 Peripheres Nervensystem
256
Über Monate bis Jahre progredient, Paresen, Atro-phien und Faszikulationen, auch Hirnnervenbetei-ligung möglich, spart aber alle . Motoneurone aus.
Diagnose: • Normaler Liquor, selten GM-Antikörper ↑.
Aber auch bei ALS selten GM möglich • ENG: v.a. proximale Leitungsblöcke.
Therapie. IVIG, Cyclophosphamid-Stoßthera-pien (➜ Tab. .).Kortikoide, Azathioprin und Plasmapherese sind wirkungslos.
■ Hereditäre PNPHereditär motorisch-sensible Neuropathien Für Genetiker „Charcot-Marie-Tooth“ (CMT, sprich Scharkoo), für Kliniker „hereditäre moto-risch-sensible Neuropathie“ (HMSN). IMPP-relevante Formen.
HMSN/CMT I. Demyelinisierende Form. Häufi gste erbliche PNP, verschiedene Defekte. Hypertrophe De- und Remyelinisierung mit zwiebelschalenförmiger Perineurium-Hypertro-phie, dadurch tastbar verdickte Nervensträn-ge. Überlappung mit Typ II möglich. • Beginn zwischen .–. LJ • Distal betonte Atrophien • Paresen v.a. der Mm. peronei (DD: Cursh-
mann-Steinert) mit atrophen Storchenbei-nen, Hohlfüßen und Hammerzehen
• Die PNP ist immer dabei, aber nicht immer Leitsymptom vor den Paresen
• Autonome Beteiligung: kühle Unterschen-kel, Livedo reticularis, Behaarungsstörung an den Beinen.
Diagnose: ENG mit stark verlangsamter Leitge-schwindigkeit ohne Leitungsblöcke (DD: CIDP), Molekulargenetik.Roussy-Levy-Variante mit essenziellem Tre-mor, Sphinkterstörungen und Skelettanomalien.
HMSN/CMT II. Axonale Form. Klinisch ähn-lich wie I. • Beginn eher zwischen .–. LJ • Ohne verdickte Nerven, auch eher asymmet-
rische Atrophien • Leitgeschwindigkeit besser bis normal.
HMSN IV. Morbus Refsum. Autosomal-rezes-siv. • Phythansäure im Serum und Liquorei-
weiß ⇈ als DD der Friedreich-Ataxie.Tomakulöse NeuropathieSynonym: hereditäre autosomal-dominante Neuropathie mit Druckparesen (Pressure pal-sy) (HNPP). • Durch Bagatelltraumen oder Druck ausge-
löste schmerzlose periphere Nervenläh-mungen
• Tomakulöse (wurstförmige) Nervenverdi-ckungen in der Biopsie.
Läsionen meistens gut rückläufi g. Benigner Ver-lauf.Rezidivprophylaxe: Druckläsionen vermeiden, auch durch übermäßiges Muskeltraining, z. B. in Skalenuslücke für Plexus brachialis.
Nervenstränge typisch verdickt bei: • HMSN • HNPP • Neurofi bromatose • Amyloidose • Lepra.
Weitere hereditäre Syndrome • Hereditär sensibel und autonome Neuropa-
thie (HSAN): Befall dünner markloser C- und myelinisierter Aδ-Fasern
• Swanson-Syndrom: HSAN mit angeborener Anästhesie (schwere Verletzungen an Hän-den und Füßen!) und Anhidrose
TBL
Tab. 12.10 Entzündliche Neuropathien: was wirkt, was nicht?
Erkrankung Wirkt Wirkt nicht
GBS IVIG, Plas-mapherese, Azathioprin
Glukokortikoide
MMN IVIG, Cyclo-phosphamid
Kortikoide, Aza-thioprin, Plas-mapherese
CIDP Alles wirkt –
Poly- und Dermato-myositis
Kortikoide, IVIG, Immun-suppression
Plasmapherese
Tab. 12.10 Entzündliche Neuropathien: was wirkt, was nicht? (Forts.)
Erkrankung Wirkt Wirkt nicht
Einschluss-körperchen-myositis
– Nichts wirkt
257
6 • Morbus Fabry, Friedreich-Ataxie, Ataxia tele-
angiectatica, Bassen-Kornzweig, Mor-bus Krabbe, Adrenoleukodystrophie und me-tachromatische Leukodystrophie.
■ Andere PNPMetabolisch • Urämie und bei chronischer Dialyse: Bur-
ning feet und nächtliche Crampi. DD und Überschneidung: symptomatisches RLS
• Leberzirrhose und -ausfall: ähnliche Klinik • Schilddrüsenerkrankung: ähnliche Klinik • IMPP-Tipp. Akut intermittierende Porphy-
rie: Trias PNP – akutes Abdomen – Psycho-syndrom
• Malnutrition und Kachexie: Überlappung von distal-symmetrischer und Schwerpunktneu-ropathie, v.a. durch Vitaminmängel, erst spät durch allgemeinen Verfall
• Amyloidose: distal-symmetrisch, schmerz-haft und autonom.
Toxisch • Blei: axonale, rein motorische Schwerpunkt-
neuropathie v.a. an Extensoren, typisch ist Radialislähmung
• Th allium: distal symmetrische PNP, zentrale neurologische Symptome
• Arsenik: distal axonale PNP mit Propriozep-tionsstörung, Mees-Nagelstreifen, Hyperke-ratose und Melanose.
Medikamentös • Statine: ähnlich CIDP und Myopathie. Kont-
raindikation: Kombination mit Fibraten, da Rhabdomyolyse droht
• HAART bei HIV: v.a. Zidovudin, distal sym-metrische PNP mit Brennschmerzen. DD: HIV-PNP.
Infektiös • Diphtherie: toxische Myelinschäden mit kau-
dalen Hirnnervenlähmungen, Akkommodati-onslähmung, perioralen Parästhesien
– DD: Hirnstammsyndrom – In 2 Monaten Atemlähmung, sensomotori-
sche Tetraparese und Tod – Durch Diphtherieimpfung d/D selten pa-
raimmune asymmetrische Armplexusläh-mung
• Borreliose • Lepra: bei tuberkulöser Form asymmetrische
Nervengranulome und Paresen. Lepromatöse Form: distal sensible PNP, Atrophien und Hirnnervenlähmung (V, VII). DD: Tbc
• HIV.Entzündlich Meist schmerzhaft e Schwerpunkt-PNP bei rheu-matoider Arthritis, Churg-Strauss, PAN, Kryo-globulinämie, seltener bei SLE, Sjögren, Riesen-zellarteriitis, parainfektiös bei Hepatitis B und C.Paraneoplastisch Besonders bei kleinzelligem Bronchialkarzi-nom, Mammakarzinom, Lymphom mit typi-schen Antikörpern. Th erapie: antineoplastisch und immunsuppressiv. • Axonal sensomotorische PNP. DD: Zytostati-
ka-Nebenwirkung • Denny-Brown-Syndrom: – Subakut-sensorische und autonome Neu-
ropathie mit entzündlicher Infi ltration sen-sibler und autonomer Ganglien und Dege-neration
– Subakute asymmetrische schmerzhaft e Parästhesie
– Kaum motorische Störungen – Tod durch dysautonome Asystolie gleich-
auf mit Tod durch Tumor selbst.
■ CHECK-UP Wie definiert sich Polyneuropathie und wie kann man sie einteilen? Was sind die häufigsten
Formen? Welche Untersuchungen führen Sie zur DD einer PNP durch und wofür? Was ist eine AIDP? Welche Form ist lebensbedrohlich und warum? Wie entsteht sie, welche
Symptome und welche Therapie? Welche anderen Formen gibt es? Was ist dagegen CIDP? Welche erblichen PNP-Formen sind häufig? Welche Symptome? Welche kann man therapie-
ren? Bei welcher kommt es häufig zu Drucklähmungen?