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Susaah Spurgeon Jonathan E d wa r d s Joha Gerhard Oncken John Gresham Machen John B u n ya n BIBELTREUES MAGAZIN FÜR JUNGE CHRISTEN · N°11 / FRÜHLING 2013 Erstaunliche Biografien und ihre biblische Bedeutung.

#11 Vorbilder

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#11 — 02/2013

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Susa�ahSpurgeon

JonathanEdwards

Joha� GerhardOncken

John GreshamMachen

JohnBunyan

BIBELTREUES MAGAZIN FÜR JUNGE CHRISTEN · N°11 / FRÜHLING 2013

Erstaunliche Biogra�enund ihre biblische

Bedeutung.

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02 – ausgabe 11

In dem Bewusstsein, dass alle Menschen verlorene und unfähige Sünder sind, deren einzige Ho�nung darin besteht, von Christus gerufen und errettet zu werden, haben wir auch diese Menschen betrachtet. Es waren keine Gutmenschen. Es waren Sünder wie du und ich. Und so macht der zweite Blick deutlich, dass diese Ausgabe nicht die Stärke und Gerechtigkeit des Menschen widerspiegelt und verherrlicht, sondern die unendliche Gnade, Macht und Treue Gottes. Herausge-kommen sind erstaunliche Portraits, die uns inspirieren und zeigen, wo die Prioritäten eines treuen Nachfolgers liegen sollten. Zudem ist der kirchengeschichtliche Aspekt in den Lebensbildern äußerst interessant. Er zeigt, wie aktuell das Evangelium ist, wie gleich die Probleme geblieben sind und wie leicht wir uns heute von scheinbar neuen Ansätzen blenden lassen. Außer-dem haben wir uns bewusst Fragen gestellt wie: Was sagt die Bibel über Glaubensvorbilder? Sollten wir wirklich auf Menschen schauen? Sollten wir diese Menschen, die o�enkundig mit Christus wandelten, in Ehren halten? Wir ho�en nun, dass du eine Ausgabe in den Händen hältst, die Jesus Christus ins Zentrum rückt und zeigt, dass der Glaube an Ihn etwas wirklich Leben-diges und Wahrhaftiges ist. Auch wird deutlich, dass Christus zu folgen nicht jeden Tag Sonnenschein bedeu-tet. Christus folgen heißt auch zu leiden. Wir wünschen dir eine inspirierende und bereichernde Lektüre. ¶

Peter Voth

Aus mehreren Gründen ist diese Ausgabe „besonders“ und „anders“. Zum ersten Mal seit dem Start von „Timotheus“ ist kein explizit grundlegendes und biblisches Lehrthema der Gegenstand einer Ausgabe. Bereits bei der Gründung von „Timotheus“ haben wir uns überlegt, hin und wieder „auszubrechen“ und vielleicht eher untypische �emen zu behandeln. Nach zehn Heften, in denen wir biblische Basics wie Nachfol-ge, Glaube, Sünde, Frieden, Gottesfurcht, Kreuz, Demut, Buße und das Gesetz betrachtet haben, ist nun der richtige Zeitpunkt, ein etwas „anderes“ Heft zu machen. Wie bereits auf dem Cover unschwer zu erkennen, handelt dieses Heft von Menschen. Menschen, die längst verstorben sind. Menschen, die im deutschspra-chigen Raum auch eher unbekannt sind und erst jetzt im „reformatorischen Aufbruch“ bekannter werden.Warum Menschen? Warum Biogra�en? Für uns als „Timotheus“ ist der reformatorische Grundsatz „Solus Christus“ keine Floskel. Wir legen großen Wert darauf, dass Christus im Mittelpunkt unseres Lehrens, Glaubens und Lebens ist. Warum also Biogra�en?

Editorial

AUF DEM COVERIllustration von Peter Voth für Timotheus

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ausgabe 11 – 03

Autorender Ausgabe

hans - werner deppe(*1968) ist Ehemann, Vater von zwei Kindern sowie Autor und Prediger. Er ist Gründer und seit über zehn Jahren Leiter des bibeltreuen Betanien Verlages.

nils freerksema(*1986) ist Jugendprediger im Evangelischen Gemein-schaftsverband Siegerland-Wittgenstein. Nils schreibt auch auf Twitter: @nfreerksema

daniel facius(*1981) ist Ehemann, Vater von zwei Kindern und setzt sich im Ständigen Ausschuss des Bibelbundes für die Zuverlässigkeit der Schrift ein.

waldemar dirksen(*1982) ist derzeit Referendar in Bonn. Als Mitgründer, Mitherausgeber und Redakteur gehört er zu den regelmäßigen Autoren von Timotheus.

peter schild(*1985) ist Ehemann, Vater und �eologe. Er arbeitet in Partnerschaft mit HeartCry Missionary Society als Gemeindegründer in Wetzlar.

jonas erne(*1985) ist verheiratet und derzeit Praktikant der Volks-mission Loßburg-Wälde im Nordschwarzwald. Jonas schreibt auch auf Twitter: @jonaserne

vorbilder Des glaubens – 6–Sollten wir menschliche Vorbilder haben? Taugen sie als geistliche Leitbilder? Der Hebräerbrief gibt Antworten.

Inhaltsverzeichnis

susannah spurgeon – 8–Vielleicht war der Dienst Susannahs ebenso wichtig wie das Werk ihres bekannten Ehemannes C.H. Spurgeon.

JOHN BUNYAN – 14–Die erstaunliche Geschichte des Mannes der eines der bekanntesten Bücher der Welt (Die Pilgerreise) schrieb.

JOHN GRESHAM MACHEN – 20–Der unbeirrbare Princeton-Professor, der für die Irrtumslosigkeit der heiligen Schrift eintrat.

JOHANN GERHARD ONCKEN – 26–Der deutsche Gemeindegründer war eine der wichtigs-ten Figuren im europäischen Baptismus.

JONATHAN EDWARDS – 32–Er war die prägende Figur der großen Erweckung. Seine literarisches Vermächtnis bleibt bis heute unerreicht.

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Das Wort Gottes, die Bibel, hat bis heute nichts von seiner Kraft

und Relevanz verloren. Daher glauben wir, dass zuallererst biblische

Lehren und Themen und weniger Anliegen des Zeitgeistes das Denken

des Christen beherrschen sollten. Außerdem ist uns das

kirchengeschichtliche Erbe, das uns Personen wie Calvin, Luther oder

Spurgeon hinterlassen haben, ein großes Anliegen.

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Schwierige Fragen.Biblische Antworten.

Das bibelorientierte & reformatorische

Magazin für junge Christen.

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Bisherige Ausgaben widmeten sich folgenden Themen:

Nachfolge, Glaube, Sünde, Frieden, Gottesfurcht,

Das Kreuz, Demut, Buße und Das Gesetz

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Das Jahresabo ist schon ab € 13,35 erhältlich!

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VORBILDER DES GLAUBENS

Geistliche Vorbilder sind Menschen, die imWort und Wandel Wegweiser für andere sind.

Diese können uns helfen, Christus treu nachzufolgen.

TextWaldemar Dirksen

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„Gedenkt an eure Führer, die euch das Wort Gottes gesagt haben; schaut das Ende ihres Wandels an und ahmt ihren Glauben nach!“ (Hebräer 13,7) Mit Hebräer 13,7 wurden die Hebräer aufgefordert, in dreierlei Hinsicht aktiv zu werden. Zuerst sollten sie an ihre geistlichen Führer denken. Es muss sich hierbei um verstorbene Führer der Gemeinde handeln. Diese haben am Evangelium festgehalten. Sie sind nicht zum levitischen System zurückgekehrt. Die Empfänger des Hebräerbriefes standen in der Gefahr, zum Judentum zurückzukehren. Die Erinnerungen an ihre früheren Leiter sollten zur Stärkung ihrer Treue zu Christus dienen. Weiter sollten die Hebräer ihre Erinnerungen auf das Ende dieser Führer fokussieren. Es wird nicht genau beschrieben, welches Ende diese hatten, aber es ist davon auszugehen, dass der Schreiber sowie die Empfän-ger des Hebräerbriefes über ein gutes Ende dieser Leiter wussten. Im Sterben haben sie Gott verherrlicht. Zuletzt werden die Hebräer aufgefordert, den Glauben ihrer geistlichen Führer nachzuahmen. Diese Männer haben das Wort Gottes verkündigt und gelebt, sodass sie anderen als Vorbild empfohlen werden konn-ten.

Prioritäten eines geistlichen FührersNach Hebräer 13,7 bestehen die wesentlichen Aufgaben eines vorbildlichen geistlichen Führers darin, das Wort Gottes zu verkündigen und ein gutes Vorbild im Glauben zu sein, damit andere den Glauben nachahmen können. Geistliche Führung in der Gemeinde erfolgt im Grunde durch Verkündigung und Vorbild. Darüber hinaus benötigt die Gemeinde keine weiteren Instru-mente zur Steuerung. Ausgetüftelte Programme, innova-tive Organisationsstrukturen sowie spezielle Gemeinde-regeln können das geistliche Leben in der Gemeinde nur künstlich aufrechterhalten, aber nicht wirklich scha�en. Wahre Führung geschieht maßgeblich durch geistlich wirksame Verkündigung in Verbindung mit einem vorbildlichen Glaubensleben des Verkündigers. Paulus hat in seinen Unterweisungen an Timotheus die Prioritäten eines geistlichen Leiters mit Nachdruck betont: „Habe Acht auf dich selbst und auf die Lehre; bleibe beständig dabei! Denn wenn du dies tust, wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, welche auf dich hören“ (1. Tim. 4,16). Der Fokus eines geistlichen Leiters soll auf persönliche Heiligkeit und gesunde Lehre gerichtet sein. Auf diese beiden Aspekte lassen sich letztlich alle seine Aufgaben und Charakterzüge reduzieren. Wenn die Leiter einer Gemeinde in diesen Bereichen nachlässig sind, dann droht der Gemeinde ein geistlicher Niedergang. In unseren Gemeinden brauchen wir glaubwürdige Vorsteher, die mit gesunder Lehre und vorbildlichem Wandel ihre Zuhörer auf Gott ausrichten. Denn organi-satorische Abläufe in der Gemeinde mögen große Schwächen aufweisen, die Räumlichkeiten können unbefriedigend sein, der Gesang in den Versammlungen kann schleppend sein – all das ist erträglich. Unerträg-lich ist es, wenn die Lehre in der Gemeinde die Herzen der Zuhörer kalt und unberührt lässt, weil sie ober�äch-

lich und kraftlos ist. Dies ist ein Übel, von dem wir o�ensichtlich betro�en sind. Mindestens genauso unerträglich ist es, wenn geistliche Leiter ein schludriges Leben führen und dieses mit dem Argument rechtferti-gen, dass sie ja auch nur Menschen seien.

Gute Vorbilder helfenLasst uns auf geistliche Führer schauen – auch wenn sie bereits verstorben sind – die beides vereinen: Persönliche Heiligkeit und gesunde Lehre. Ihr Leben und ihre Verkündigung sollen uns ein Ansporn zum vertieften Glauben an Jesus Christus sein. Solche Vorbilder lassen sich �nden. Die Wahl unserer Vorbilder soll stets nach den beiden genannten Kriterien erfolgen. Es lohnt sich, gute Vorbilder zu haben. Für C.H. Spurgeon war George White�eld ein großes Vorbild. Er schreibt dazu: „Jedesmal, wenn ich mich mit George White�elds Leben beschäftigt habe, habe ich eine ausge-sprochene Belebung erfahren. Er lebte. Andere Männer scheinen oft nur halb zu leben. White�eld war aber nichts als Leben, Feuer, Flügel, Kraft. Wenn ich nach meiner rechten Unterordnung unter meinen Herrn noch ein Vorbild habe, dann ist es George White�eld. Ich vermag jedoch nur mit ungleichen Schritten seiner glänzenden Spur zu folgen.“ Eine intensive Auseinandersetzung mit Vorbildern des Glaubens kann unsere Ketten der Illusionen spren-gen und uns zu einer geistlich klaren Sichtweise verhel-fen. Wir müssen unsere Ober�ächlichkeit überwinden und in geistlichen Dingen tiefgründig werden. So können uns Vorbilder des Glaubens helfen, unseren Sünden auf den Grund zu gehen und in wahrer Bußhal-tung zu leben. Sie können uns helfen, ein einfaches Leben mit einem klaren Blick auf unsere wahre Heimat zu führen. Sie können uns helfen, uns selbst zurückzu-nehmen und anderen die Privilegien zu gönnen. Sie können uns helfen, entschlossen in einem zermürben-den Kampf zu stehen. Sie können uns helfen, uns als treue Diener unseres Herrn zu erweisen. ¶

»In unseren Gemeindenbrauchen wir glaubwürdige Vorsteher, die mit gesunder Lehre und vorbildlichem Wandel ihre Zuhörer auf Gott ausrichten.«

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SUSANNAH SPURGEON

TextHans-Werner Deppe

„Hinter jedem erfolgreichem Mann steht eine starke Frau.“ Wie war das bei der Ehefrau des „Fürstens der Prediger“,

Charles Haddon Spurgeon? Ein Einblick in Ihre Persönlich-keit ermutigt uns, wie „normal“ diese Frau eigentlich war.

Mit Blick auf unsere junge Leserschaft habe ich den Schwer-punkt in dieser Kurzbiogra�e auf ihre erste Lebenshälfte

gelegt.

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»Sein ländliches Benehmen und seine Sprache riefen

mehr Bedauern alsVerehrung in mir hervor.«

Susannah �ompson wurde am 15. Januar 1832 geboren (also zweieinhalb Jahre vor Charles Spurgeon) und wuchs in London auf – ein Großstadtmädchen, im Gegensatz zu Charles, der später als Junge vom Land in die Weltmetropole an der �emse kam und dort eine Predigerstelle antrat. Von Kindheit an war Susannah nicht nur in London zu Hause, sondern auch in der New Park Street Chapel, an die Spurgeon als junger Mann in den Predigerdienst berufen wurde. Diese geschichtsträchtige reformierte Baptistengemeinde im zentralen Londoner Stadtbezirk Southwark, an der im 18. Jahrhundert berühmte �eo-logen und Prediger wie John Gill und John Rippon gewirkt hatten, war die geistliche Heimat ihres Eltern-hauses. Von klein auf christlich erzogen, hatte Susannah als Jugendliche unter einer evangelistischen Predigt über Römer 10,8 eine „Entscheidung“ getro�en, sich dem Herrn Jesus vollkommen hinzugeben. Aber wie so oft bei solchen menschlichen Gemütsregungen war auch Susannahs Entschluss von eher kurzlebigen Emotionen geprägt, und so glitt ihr Glaubensleben danach zunächst wieder in „Zeiten der Dunkelheit, Mutlosigkeit und des Zweifels“ hinab, wie sie es beschrieb (S. 16).1 Am 18. Dezember 1853 predigte Charles Spurgeon zum ersten Mal als Gastprediger in der New Park Street Chapel. Dass da plötzlich ein junger Dorfbursche auf der historischen Kanzel großer Gottesmänner stand, ge�el Susannah überhaupt nicht. Sie schrieb später über diesen ersten Eindruck: „Sein ländliches Benehmen und seine Sprache riefen mehr Bedauern als Verehrung in mir hervor. Zum Leidwesen meines törichten und eingebildeten Herzens! Ich war nicht geistlich genug, um seine ernsthafte Darle-gung des Evangeliums und sein kraftvolles Reden zu Sündern zu verstehen. Aber die große, schwarze Satin-Halsbinde, das lange, schlecht geschnittene Haar und das blaue Taschentuch mit den weißen Punkten, all das, was ihn so äußerlich prägte, hatte meine ganze Aufmerk-samkeit auf sich gezogen und ich spürte Belustigung in mir aufkommen.“ (S. 18-19)

Verliebt, verlobt …Kurze Zeit später wurde Charles fest als Prediger an der New Park Street Chapel angestellt. Susannah hörte seine Predigten von da an regelmäßig und diese Predigten begannen, ihre bisher weltliche Gesinnung zu „bearbei-ten“ und geistliches Interesse bei ihr zu wecken. Charles und Susannah begegneten sich des Öfteren auch persön-lich im Hause einer Familie der Gemeinde. Am 20. April 1854 schenkte Charles ihr eine illustrierte Ausgabe von Bunyans „Pilgerreise“ mit der Widmung: „Miss �ompson, mit den besten Wünschen für ihr Wachstum im Glauben.“ Wie es weiter ging, berichtet Susannah: „Unter großem Zittern erzählte ich ihm nach und nach von meinem Zustand vor Gott, und er führte mich durch seine Predigten und Gespräche behutsam in der Kraft des Heiligen Geistes zum Kreuz Christi, nach dessen Frieden und Vergebung meine müde Seele verlangte.“ (S. 20) O�enbar begann Charles sich ernsthaft für Susan-nah zu interessieren. Wenige Wochen nach diesem Buchgeschenk mit Widmung besuchten sie mit einer Gruppe anderer Gläubiger aus ihrer Gemeinde die Erö�nungsfeier des Londoner Kristallpalastes (am 10. Juni 1854) und Charles saß dabei neben ihr. Auch hier war es wieder ein Buch, das zum gemeinsamen �ema wurde: Charles zeigte Susannah während der Veranstal-tung eine Abhandlung über das biblische Buch der Sprüche und versuchte, darüber mit ihr ins Gespräch zu kommen. Als er eine Seite über die Ehe und deren Anbahnung – worüber die Sprüche ja einiges zu sagen haben – aufschlug, leitete er auf eine bemerkenswert originelle und doch feinfühlige Weise vom allgemeinen �ema über auf dessen ganz persönliche und konkrete Bedeutung. Susannah berichtet: „›Beten Sie für Ihren zukünftigen Ehemann?‹, �üsterte eine leise Stimme in mein Ohr, so leise, dass niemand sonst sie hören konnte. Ich kann mich nicht erinnern, auf diese Frage eine hörbare Antwort gegeben zu haben, aber mein klopfendes Herz, das meine Wangen verräterisch erröten ließ, und mein gesenkter Blick, der das plötzlich in mir aufkommende Licht

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preiszugeben fürchtete, mögen die Sprache der Liebe gesprochen haben. Von diesem Moment an saß eine sehr stille Frau neben dem jungen Pastor, und als der brillan-te Festzug den Palace erfüllte, nahm sie keine Notiz von der glanzvollen Au�ührung vor ihren Augen, da in ihrem Herzen ganz neue Gefühle erwachten“ (S. 22). Nach der Veranstaltung ergab sich noch eine Gelegenheit zu einem gemeinsamen Spaziergang: „Während dieses denkwürdigen Spaziergangs, glaube ich, verband Gott unsere Herzen mit unlöslichen Banden wahrer Zuneigung und, auch wenn wir es nicht wussten, gab er uns einander für immer. Ab diesem Zeitpunkt wuchs unsere Freundschaft und reifte schnell zu tiefer Liebe heran, zu einer Liebe, die heute noch in meinem Herzen ist, sogar noch ernster und stärker als in jener ersten Zeit.“ (S. 23) Nur knapp zwei weitere Monate später, am 2. August 1854, hielt Charles o�ziell um Susannahs Hand an, und Susannah – „… lobte Gott auf Knien und dankte ihm mit Freudentränen, dass er mir in seiner großen Gnade die Liebe eines so guten Mannes schenkte. Hätte ich damals schon gewusst, wie gut er war und wie groß er werden würde, wäre ich nicht so sehr von der Freude überwältigt gewesen, seine Frau zu sein, als vielmehr von der Verant-wortung, die eine solche Stellung mit sich bringt.“ (S. 26) Susannah war zu diesem Zeitpunkt noch nicht getauft, was sie nun nachholen wollte. Charles bat sie als ihr Pastor um ein schriftliches Glaubenszeugnis, welches leider nicht dokumentiert ist, dafür aber Charles’ Reaktion darauf. Er schrieb ihr: „O, ich könnte weinen vor Freude, weil meine Geliebte ein so großes Werk der Gnade in ihrem Herzen bezeugen kann … Ich sehe, mein Meister hat tief gep�ügt, und die tiefe Saat hat nun mit den Erdklum-pen zu kämpfen, und dies bereitet dir Kummer. Wenn ich die geistlichen Symptome wohl verstehe, glaube ich, die richtige �erapie für dich zu kennen. Du lebst nicht in einem Umfeld des ernstlichen Dienens Christi … dir fehlt der Kontakt zu den Gläubigen und auch zu den Sündern, Kranken und Elenden, denen du dienen könntest. Aktiver Dienst erwärmt die Liebe und beseitigt Zweifel, denn so wird unsere Arbeit zum Beweis unserer Berufung und Erwählung. … Ich bin Gott überaus dankbar, sowohl in deinem als auch in meinem Interesse, dass du die Lektionen des Herzens so gründlich gelernt hast und dir deiner Verderbtheit stets bewusst bist. Es werden weitere Lektionen kommen, um dich fest zu gründen, aber, o meine Liebe, wie wichtig ist es, die erste Lektion gut zu lernen! Ich liebte dich sofort, fürchtete aber, du seiest noch keine Erbin des Himmels. In seiner Gnade zeigte mir Gott, dass du auserwählt bist. Ich dachte dann, ich könnte dir ohne Sünde meine Zuneigung o�enbaren; doch bis ich deine Zeilen las, konnte ich mir nicht vorstellen, dass du so tiefe Einbli-cke und Seelenerkenntnis besitzt. Gott ist gütig, sehr gütig, unendlich gütig. O, wie ich dieses Geschenk schätze, weil ich mehr denn je weiß, dass der Geber das Geschenk liebt. Und so will auch ich es lieben, aber nur in Unterwür�gkeit ihm gegenüber. … Mögen die

erlesensten Gnaden dein Eigentum sein, möge der Engel des Bundes dein Begleiter sein, möge dein Flehen erhört werden und möge deine Unterredung mit Jesus im Himmel sein! Sei meinem Gott anbefohlen. In reiner und heiliger Zuneigung wie auch in irdischer Liebe, dein C. H. Spurgeon.“ (S. 27-29) Während der Verlobungszeit gab es auch Prüfungen. Einmal begleitete Susannah Charles zu einem Predigt-termin in einem anderen Bezirk Londons, und als sie mit der Droschke dort ankamen, herrschte dichtes Gedränge sowohl vor als auch im Gebäude. Charles bahnte sich stracks seinen Weg zum Ort seiner Aufgabe und so verloren sie sich aus den Augen. Unverzüglich trat Susannah daraufhin tief gekränkt den Heimweg an. Ihre Mutter war so weise, ihr zu verdeutlichen: „Niemals dürfte ich ihn [an seinem Dienst] hindern, indem ich versuchte, die erste Stelle in seinem Herzen einzuneh-men.“ (S. 30) Als Charles sie kurze Zeit später abermals einlud, ihn zu einem Predigttermin zu begleiteten, sagte er: „Vielleicht bemerke ich es wieder nicht, wenn du gehst, aber es ist für uns beide wichtig – Charles hätte Gelegenheit zur Wiedergutmachung und Susie könnte zeigen, dass sie seinen Charakter nun besser kennt, indem sie seine Verfehlungen geduldig erträgt.“ (S. 31) Bereits zu dieser Zeit wurden Charles’ Predigten in gedruckter Form verö�entlicht und Susannah lernte nicht nur, während Charles’ intensiver Arbeit an den Abschriften „still zu sein und mich mit meinen eigenen Dingen zu beschäftigen“, sondern unterstütze ihn auch bei den Korrekturen und Schreibarbeiten. Seine zuneh-mende Popularität und die vielen Predigten vor großen Mengen waren aber auch eine starke Belastung, und wenn Susannah unter den Zuhörern saß, „verspürte sie oft den Drang, ihm zu Hilfe zu eilen“: „Ein Glas Chiliessig stand immer unter seinem Pult, und ich wusste, was zu erwarten war, wenn er zu diesem Mittel gri�. O, wie mein Herz sich nach ihm sehnte. Wie sehr musste ich mich beherrschen, um ruhig und gesammelt zu wirken und auf meinen Stuhl in der kleinen Galerie sitzen zu bleiben! Ich konnte es kaum erwarten, nach der Predigt endlich zu ihm zu gehen und ihn zu trösten und aufzumuntern!“ (S. 33)

»Niemals dürfte ich ihnhindern, indem ichversuchte, die erste Stellein seinem Herzeneinzunehmen.«

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ausgabe 11 – 11

… verheiratetAm 8. Januar 1856 wurden Susannah und Charles in der New Park Street Chapel getraut. Susannah „war früh aufgestanden und hatte lange Zeit im Gebet verbracht. Trotz der Sorge um die vor ihr liegende Verantwortung war sie ›unbeschreiblich glücklich‹ darüber, dass der Herr sie so reich beschenkt hatte. Allein und auf ihren Knien bat sie ernstlich um Kraft, Segen und Führung für das neue Leben, das vor ihr lag.“ Die kurze Hoch-zeitsreise führte sie nach Paris, wo Susannah sich als bereits ortskundige Reiseführerin hervortun konnte. Als Charles viele Jahre später einmal allein in Paris war, schrieb er Susannah: „Mein Herz �iegt dir zu, wenn ich mich an meinen ersten Besuch in dieser Stadt unter deiner Führung erinnere. Ich liebe dich wie damals, nur um ein Vielfaches mehr.“ (S. 39) Ihre erste Zeit als Ehepaar war geprägt von großer Bescheidenheit und Sparsamkeit, denn das Paar wollte eine Ausbildungsstätte für junge Prediger aufbauen. Susannah „konnte hervorragend wirtschaften und durch strikte Sparsamkeit sammelte sich ein erheblicher Betrag zur Unterstützung und Ausbildung der ersten Studenten an.“ (S. 40) Als Charles schon bald das Pastors’ College gründete, hatte Susannah ein „geradezu mütterliches Interesse an dem College.“ Sie schrieb: „In �nanzieller Hinsicht hatten wir zu jener Zeit stets das Problem, über die Runden zu kommen. Wir hatten nie genug übrig, um große Sprünge zu machen. Jetzt kann ich sagen, dass Gott uns auf diese Weise vorbereitete, in den Folgejahren mit armen Gemeinde-hirten mitzufühlen und ihnen zu helfen.“ (S. 40) Diese Großzügigkeit im Geben und der Blick dafür, die bescheidenen vorhandenen Mittel in das Reich Gottes und den Dienst der Zurüstung zu investieren, sollten sich später noch weiter ausprägen, als Susannah ihren Bücherfond gründete, mit dem sie Prediger mit hilfreicher Literatur versorgte. Wenn Charles vom Predigtdienst erschöpft war, las Susannah ihm gern christliche Gedichte oder erbauliche Bücher z.B. des Puritaners Richard Baxter vor. Oft viel es ihr schwer, seine häu�ge Abwesenheit zu ertragen. Als sie wieder einmal ihre Tränen beim Abschied nicht zurückhalten konnte, sagte er zu ihr:

Susannahs Ehemann Charles Spurgeon alsjunger Prediger (ca. 1857).

Das Ehepaar. Susannah als junge Frau(Datum unbekannt).

Spurgeons Bibliothek. Sie sollte später eine der größtenPrivat-Bibliotheken Englands werden.

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„Glaubst du, dass die Kinder Israels weinten, wenn sie ein Opferlamm zum Altar des Herrn brachten und es dort liegen sahen? … Wenn du mich gehen lässt, um armen Sündern das Evangelium zu predigen, bringst du mich als Opfer für Gott. Meinst du, er sieht es gerne, wenn du über dein Opfer weinst?“ (S. 42) Doch noch viel mehr Trost sollte erforderlich werden. Nur vier Wochen nachdem Susannah am 20. September 1856 Zwillinge zur Welt gebracht hatte – �omas und Charles –, ereignete sich eine große Tragö-die: Bei Charles’ erster Predigt in der Surrey Gardens Music Hall – der größten Festhalle Londons – kam es zu einer von Saboteuren provozierten Massenpanik, bei der sieben Menschen getötet und zahlreiche schwer verletzt wurden. Der erst 22-jährige Prediger war seitdem ein gebrochener Mann, und sein Gewissen und Gemüt waren nicht nur von dem Unglück selbst belastet, sondern auch von den unzähligen darau�olgenden Schmähungen in der Presse. Auch für Susannah waren – „diesen Verleumdungen eine schwere Last … Abwechselnd litt mein Herz mit ihm und glühte vor Entrüstung über seine Kritiker. Lange fragte ich mich, wie ich ihn anhaltend trösten könnte, bis ich endlich das Hilfsmittel fand – diese Verse in großen, altenglischen Buchstaben umgeben von einem hübschen Oxford-Rahmen: ›Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und alles Böse lügnerisch gegen euch reden werden um meinetwillen. Freut euch und jubelt, denn euer Lohn ist groß in den Himmeln; denn ebenso haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch waren‹ – Matthäus 5,11.12. Wir hängten den Text in unserem Zimmer auf und mein lieber Prediger las ihn jeden Morgen. Er erfüllte seinen Zweck, da er sein Herz stärkte und ihn seine unsichtbare Wa�enrüstung anlegen ließ.“ (S. 50)

Krank, aber voller Frucht für GottSusannah war aber keine Powerfrau, sondern erkrankte schon in jungen Jahren dauerhaft und bedurfte vielmehr selbst der P�ege und Hilfe von Charles’, als dass sie ihn und seinen Dienst durch ein großes Arbeitspensum unterstützen konnte. Wir wissen nicht genau, woran sie litt, doch mit nur 33 Jahren wurde sie chronisch krank, litt fast ständig unter starken Schmerzen und Fieber und wurde 1868 mit 36 quasi bettlägerig. Als das Paar 1869 ein neues Haus baute, wurde Susannah vorübergehend in ein Städtchen an der Küste umquartiert und Charles kümmerte sich allein um die „krankengerechte“ Einrichtung des neuen Heims. Wie liebevoll er dies tat, ist in zahlreichen Briefen dokumentiert. Als sie schließ-lich in den Neubau einziehen konnte, war sie begeistert: „Niemals wird sie ihr Entzücken bei der Heimkehr vergessen noch seinen freudigen Stolz, mit dem er auf all die Vorkehrungen hinwies, die ihre Gefangenschaft ausgleichen und lindern sollten … In der ganzen Einrichtung des kleinen Raumes steckte seine hinge-bungsvolle Liebe, so dass ihre Gefühle nicht in Worte zu fassen waren, als sie es das erste Mal sah, und auch später, als sie den großen, praktischen Nutzen und Wert genoss.“ (S. 65) Als Frucht von ihrem Leben lässt sich trotz (oder gerade wegen!) ihrer chronischen Krankheit und Schwä-che einiges aufzeigen. Zuerst sind da die beständige Liebe, Freude und Ermutigungen zwischen Charles und ihr, die zu ständigem Lob Gottes führten. Ob durch wundersame Gebetserhörungen – z.B. wurde auf ganz erstaunliche Weise Susannnahs scherzhaft geäußerter Wunsch nach „einem Opalring und einem zwitschern-den Kanarienvogel“ erfüllt – oder durch geduldiges Ertragen von Leid und gegenseitiges Trösten, das für beide in mannigfaltigen Kämpfen so nötig war: der Herr

»Zuerst sind da diebeständige Liebe, Freude

und Ermutigungen zwischen Charles und ihr, die zuständigem Lob Gottes

führten.«

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ausgabe 11 – 13

wurde in allem verherrlicht. Dann sind da die Zwillinge �omas und Charles, die von Susannah ausgiebig geistlich belehrt wurden und die bezeugten, durch das „ernste Bitten und strahlende Vorbild“ und den „Ein�uss und die Belehrung“ der Mutter zur früheren Bekehrung gefunden zu haben. Einen Tag nach ihrem 18. Geburtstag wurden beide von ihrem Vater im Metropolitan Tabernacle getauft. Allein diese beiden Bereiche ergeben ein äußerst fruchtreiches Leben zur Ehre Gottes. Doch Susannah hat darüber hinaus sogar ein eigenes Werk gegründet, dass ungemein fruchtbare und große Segenskreise zog: einen Fond, der mittellosen Pastoren und Predigern theologische Bücher zur Verfü-gung stellte. Das war ein ungemein wichtiger Dienst: jene mit geistlicher Nahrung zu versorgen, deren Berufung es ist, ihrer anvertrauten Herde geistliche Nahrung zu geben! Prediger waren damals oft so arm, dass sie sich jahrelang kein neues Buch leisten konnten. Der Fond entstand, als Charles ihr 1875 das Roh-Manuskript seines Buches Ratschläge für Prediger zum Lesen gab und sie nach ihrer Meinung fragte. Sie antwortete: „Ich wünschte, ich könnte es jedem Pastor in England in die Hand drücken.“ „Warum nicht?“, entgegnete Charles, und als Susannah ihr Erspartes zählte, reichte es für einhundert Exemplare des Buches. In Charles’ Zeitschrift Sword & Trowell verö�entlichten sie dann eine Bestellmöglichkeit für bedürftige Pastoren, das Buch unentgeltlich anzufordern. Das war der Anfang des Buchfond-Werkes, denn von da an wurden auch reichlich Spenden für diese Zwecke gegeben – in Form von Geld und Büchern, die Susannah nach äußerer und inhaltlicher Qualität aussortieren musste. Wenn man die ausführliche Dokumentation ihres Bücherfond-Dienstes in ihrer Biogra�e liest, staunt man, wie sie all das – u.a. den aufwändigen Versand – trotz ihrer chronischen Krankheit scha�en konnte. Dieser Dienst und die damit einhergehende Motivation scheinen sie geradezu be�ügelt zu haben, doch wurde sie immer wieder zeitweise von ihrer Krankheit außer Gefecht gesetzt. Am Ende bestand ihr Buchfonds 27 Jahre (1875-1902) lang und währenddessen wurden fast 200.000 theologisch wertvolle Bücher an bedürftige Pastoren, Prediger und Missionare versandt. Der heute noch bestehende Banner of Truth-Buchfond geht auf Susannahs Dienst zurück. Susannah überlebte Charles, der am 31. Januar 1892 starb, schließlich noch um viele Jahre und führte ihren Buchfonds noch bis kurz vor ihrem Tod im Jahre 1903 fort. Nachdem sie bereits selbst Bücher über ihren Fond sowie Andachtsbücher geschrieben hatte, widmete sie sich in ihrer Witwenschaft ihrem Hauptwerk, der 4-bändigen Autobiogra�e von Charles Spurgeon, die sie aus seinen Tagebüchern, Briefen und Aufzeichnungen zusammenstellte und förderte weiter die Verbreitung von Charles’ Predigten und Schriften. So beendet ihr Biograf Charles Ray ihr Lebensbild mit den Worten: „Auf Erden predigt Charles' Feder weiterhin zu Millionen von Menschen unserer Generation. Susannah Spurgeon hat diesen Dienst trotz aller körperlichen Einschränkungen und Schwächen in unschätzbarem Maße durch Gottes Gnade gefördert.“ ¶

»Susannah hat darüber hinaus sogar ein eigenes

Werk gegründet, dassungemein fruchtbare und große Segenskreise zog:

einen Fond, der mittellosen Pastoren und Predigern theologische Bücher zur

Verfügung stellte.«

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JOHN BUNYAN

TextNils Freerksema

John Bunyans Leben war geprägt von Leiden,die er als Gottes Weg annahm,

um ihn zur Herrlichkeit zu bringen.Er war ein Pilger auf dem Weg zur seligen Ewigkeit.

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ausgabe 11 – 15

Noch ist John Bunyan manchen Christen als Autor der Pilgerreise bekannt. In unserer Generation von jungen Christen ist dieses Buch allerdings schon größtenteils in Vergessenheit geraten und damit auch sein Autor. Die „Pilgerreise zur seligen Ewigkeit“ ist ein Klassiker der Weltliteratur – übersetzt in 200 Sprachen und seit dem 17. Jahrhundert durchgehend aufgelegt. Es ist jedoch nur eins von etwa 60 Büchern, die Bunyan insgesamt geschrieben hat; und nicht nur sein Werk, sondern auch sein Leben ist lehrreich und bedeutsam für uns. Insbe-sondere sein Umgang mit den Leiden, denen er ausge-setzt war, ist herausfordernd und vorbildlich. Es ist also gut, wenn wir uns mit dem Leben John Bunyans befassen und darauf achten, was wir von ihm lernen können.

Der größte aller SünderJohn Bunyan wurde im November 1628 in Elstow, einem kleinen Dorf südlich von Bedford in England, geboren. Sein Vater war Kessel�icker, ein Beruf, der eine armselige �nanzielle Lage und geringes Ansehen mit sich brachte. Doch obwohl seine Eltern arm waren, ermöglichten sie ihm für einige Zeit den Besuch einer Schule, in der er zumindest lesen und schreiben lernte. Trotz seiner Autobiogra�e („Überreiche Gnade für der Sünder Größesten“) ist kaum etwas über seine Kindheit und Jugend bekannt. Wir wissen nur, dass sein sündiges Verhalten in jener Zeit außerordentlich war. Nur wenige waren ihm ebenbürtig „im Fluchen, Schwören, Lügen und Lästern des heiligen Namens Gottes.“1 In dieser Zeit wurde sein Geist zwar oft von großer Angst vor der Hölle und wegen seiner Sünden gequält, dennoch lebte er weiter ein lasterhaftes und sündiges Leben. Schon im Titel seiner Autobiogra�e bezeichnet Bunyan sich als den „größten aller Sünder“ und tut es damit Paulus gleich, der schreibt, „dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu retten, von denen ich der größte bin“ (1. Timotheus 1,15). Sowohl Paulus als auch John Bunyan waren sich ihrer völligen Verderbtheit und eigenen Hil�osigkeit bewusst. Sie brauchten jemand anderen, der sie aus ihren Sünden

rettet. Doch so plötzlich und überwältigend die Umkehr und Rettung bei Paulus geschah, so langsam und quälend schien sie bei Bunyan vor sich gegangen zu sein.

Die schwierige Wiedergeburt1648 heiratete Bunyan seine erste Frau. Über sie ist nicht viel bekannt, nicht einmal ihr Name. Sie hatte jedoch einen gottesfürchtigen Vater und brachte von ihm zwei geistliche Bücher mit in die Ehe, die auch John des Öfteren las. Mit der Zeit veränderte er sein Leben radikal, so dass seine Umgebung ihn als wirklich gottes-fürchtigen und guten Mann ansah. Er selbst sagt jedoch, dass es nicht mehr als selbstgerechte Werke waren und er nur ein Heuchler. Es lag noch ein langer Weg zu einer echten Rettung, nicht durch eigene Werke, sondern das Werk Christi, vor ihm. Wann diese eigentliche Wiedergeburt geschah, lässt sich nicht klar sagen. Deutlich wird jedoch, dass der Weg dorthin für Bunyan schwer war und lange andauer-te. Er studierte die Bibel eifrig und kam dabei immer wieder auf Fragen, durch die er „bis auf Äußerste angefochten“2 war. Er fragte sich beispielsweise ob er wirklich erwählt sein könne und ob die Gnadenzeit für ihn nicht schon längst zu Ende sei. Lange Zeit plagte ihn auch der Gedanke, er habe die unvergebbare Sünde begangen, weil er, wie er es sagt, seinen Heiland verkauft habe. Durch all das lebte Bunyan über einen langen Zeitraum in Leiden, die sowohl geistlich als auch körperlich waren. Er schreibt: „Oh, niemand weiß von den Schre-cken jener Tage als ich selbst.“3 In dieser Phase hatte er, ähnlich wie Luther, eine klare Vorstellung von seiner eigenen Sündhaftigkeit und Gottes Gerechtigkeit, konnte jedoch nicht deutlich erkennen, wie er selbst diesem Gott gerecht werden könnte. Ein entscheidender Moment für den Frieden seiner Seele war der, als er erkannte, dass seine Gerechtigkeit im Himmel ist. Er sah und verstand, dass Jesus Christus seine Gerechtigkeit ist und wusste: „Wo immer ich auch sein mochte und was immer ich auch tat, Gott konnte von mir nicht sagen, ihm mangelt meine Gerechtigkeit,

»Er fragte sich, ob er wirk-lich erwählt sein könne und ob die Gnadenzeit für ihn nicht schon längst zu Ende

sei.«

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denn diese hatte er gerade vor seinen Augen.“4 Was für eine wunderbare Erkenntnis, die ihm versicherte, dass seine eigene Verfassung, sei sie gut oder schlecht, keine Veränderung an seiner Gerechtigkeit bewirkte, denn „Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und auch in Ewigkeit!“ (Hebräer 13,8). Seine Gerechtigkeit vor Gott, außerhalb von ihm selbst und bei Christus zu �nden, war entscheidend, um Bunyan von den Fesseln seiner Zweifel zu erlösen. Nun konnte er sich auch den Bibelversen stellen, die ihn vorher verdammt hatten und sein Gewissen quälten.

Vom Kessel�icker zum PredigerIm Jahr 1653 wurde John Bunyan Mitglied einer Baptis-tengemeinde in Bedford. Dort begann er, nachdem er von einigen Geschwistern in Jesus dazu gedrängt worden war, auch selbst zu predigen. Recht bald wurde er als Prediger sehr beliebt und diente in vielen Gemein-den in England. John Brown schreibt in seiner Bunyan-Biogra�e: „Als das Land verstand, dass der Kessel�icker zu einem Prediger geworden war, kamen sie zu Hunder-ten, um das Wort zu hören.“5 Bunyan nahm seinen Dienst sehr ernst und wollte unter keinen Umständen sein „Pfund in der Erde vergraben“. Er hatte ein so großes Verlangen danach, dass durch Gottes Wort Menschen in ihren Herzen verändert würden, dass er dafür gerne Leiden und Tod in Kauf genommen hätte. „Wenn ich in diesem Augenblick vor ihren Augen gehängt würde, und dies würde dazu dienen, sie zu erwecken und sie in der Wahrheit zu befestigen, so wäre ich mit Freuden damit einverstanden.“6

Mit Zunahme seiner Popularität wurde er jedoch auch immer wieder durch Verleumdungen und Beleidi-gungen angegri�en. Da es jedoch falsche Anschuldigun-gen waren und Bunyan deswegen ein reines Gewissen hatte, nahm er auch dies gerne hin. Er schrieb: „Darum lege ich mir diese Lügen und Verleumdungen als einen Orden an. Es gehört zu meinem christlichen Bekennt-nis, erniedrigt, verleumdet, beschuldigt und beschimpft zu werden.“7 Mich beschämt beides: die Bereitschaft Bunyans, für das Zeugnis von Jesus zu leiden und sein liebendes Herz, das für die Menschen, die ihm anver-traut waren, litt. Ich wünsche mir einen ähnlich großen Eifer in der Verkündigung von Gottes Wahrheit und der Sorge um die Herzen meiner Mitmenschen.

Zum Leiden bestimmtDas Leben John Bunyans war aber nicht nur durch die inneren Leiden seiner Seele bestimmt, auch an äußeren Umständen hatte er viel Leid zu ertragen. Dies tat er mit großer Geduld und unerschütterlichem Vertrauen in Gottes Güte und Allmacht. Die erste Tochter, Mary, die Gott ihm und seiner Frau schenkte, wurde blind geboren und Bunyans Zuneigung zu ihr war besonders groß. 1658, nach nur zehn Jahren Ehe, starb seine Frau und hinterließ ihm neben der blinden Mary noch drei weitere Kinder. Er heiratete ein Jahr später seine zweite Frau, Elizabeth, mit der er zunächst jedoch auch nicht lange zusammen sein konnte. Denn nur ein Jahr nach der Hochzeit wurde John Bunyan inhaftiert und musste die nächsten zwölf Jahre – mit kurzer Unterbrechung –

»Es gehört zu meinemchristlichen Bekenntnis, erniedrigt, verleumdet,beschuldigt undbeschimpft zu werden.«– John Bunyan

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im Gefängnis bleiben. Ursache dafür war, dass König Charles II. die Regierung übernommen hatte und dafür sorgte, dass das Predigen außerhalb der Staatskirche verboten wurde. Die gesamte Zeit, in der Bunyan lebte, war geprägt von großen politischen Unruhen, die stark mit den religiösen Gruppen verbunden waren. Zu seiner Kinder- und Jugendzeit wurde England von König Charles I. regiert. Dieser ging zusammen mit dem Bischof der anglikanischen Kirche stark gegen die Puritaner vor. Die Puritaner waren eine Bewegung, die das religiöse Leben teils innerhalb, teils außerhalb der anglikanischen Kirche, reformieren wollte. 1642 entstand ein Bürgerkrieg zwischen den Parlamentariern unter Oliver Cromwell und den Königstruppen. Nach drei Jahren besiegten die Parlamentarier den König und regierten das Land. Cromwell sorgte für Religionsfrei-heit außerhalb der anglikanischen Kirche. Nach seinem Tod 1658 brach die Regierung jedoch bald wieder auseinander. Charles II. wurde 1660 König über England und schränkte die Religionsfreiheit wieder stark ein. Sein Predigtverbot dauerte zwölf Jahre bis 1672. Bunyan war über diese zwölf Jahre im Gefängnis, obwohl er schon früh aus der Gefangenschaft hätte entlassen werden können. Dazu hätte er sich verp�ich-ten müssen, mit dem Predigen aufzuhören, was für ihn jedoch nicht in Frage kam. „Ich habe mich entschieden, mit der Hilfe und des Schutzes des allmächtigen Gottes lieber zu leiden, falls das zerbrechliche Leben so lange anhält, bis Moos auf meinen Augenbrauen wächst, als meinen Glauben und meine Prinzipien zu verletzen.“8 Bunyan nahm diese Leiden mit Dankbarkeit aus Gottes Hand und durfte darin seinen Segen erleben. Er schreibt zum Beispiel: „Nie in meinem ganzen Leben habe ich einen so freien Zugang zum Worte Gottes gehabt wie jetzt.“9 Dennoch war die Zeit im Gefängnis eine wirkli-che Leidenszeit. Ihn quälten Gedanken über ein mögli-ches Todesurteil und die Leiden seiner Familie. Insbe-sondere der Gedanke an seine Tochter Mary bereitete ihm viel Kummer. „Oh, der Gedanke an alles Harte, das mein blindes Kind vermutlich werde durchmachen müssen, wollte mir das Herz brechen.“10 Was ihn in dieser langen Leidenszeit tröstete, war das feste Vertrau-en in Gottes Souveränität. John Piper zitiert ihn in Bezug auf Leiden: „Nicht, was die Feinde wollen oder was sie beschließen, sondern was Gott will und was Gott bestimmt, wird geschehen.“11 „Leiden für die Gerech-tigkeit und um der Gerechtigkeit willen geschieht durch Gottes Willen. Gott hat bestimmt, wer leiden wird.“12 Bunyan hielt sich die biblische Wahrheit vor Augen, die beispielsweise in 1. �essalonicher 3,3 deutlich wird: „damit niemand wankend werde in diesen Bedrängnis-sen; denn ihr wisst selbst, dass wir dazu bestimmt sind.“ Die Gewissheit, dass Gott über allem Leiden steht, stärkte ihn über die ganze Zeit der Gefangenschaft und darüber hinaus. Bunyan begann nach seiner Freilassung wieder seine Predigtdienste und diente Geschwistern in ganz England auf viele Weise. Er starb 1688, nachdem er sich auf einer Reise ein schweres Fieber zugezogen hatte. Sein Vermächtnis, das er vor allem in Form vieler geistlicher Bücher hinterließ, prägte unzählige Christen

und seine Lebensgeschichte ist ein herausforderndes und ermutigendes Zeugnis für jeden.

... der nehme sein Kreuz auf sichJohn Bunyans Umgang mit seinen Leiden ist vielleicht das, was am deutlichsten aus seinem Leben hervor-scheint. Piper schreibt: „Bunyans Leiden durchzieht alle seine Werke.“13 Ein Grund dafür ist sicherlich, dass er Leiden als unerlässlichen Teil des christlichen Lebens sah. „Es ist Gottes Wille, dass Menschen, die auf dem Weg zum Himmel sind, entweder gar nicht oder nur unter Schwierigkeiten dort ankommen.“14

Wenn ich mich mit Bunyans Leben und seinen Aussagen beschäftige, frage ich mich, welche Leiden ich eigentlich für Christus auf mich nehme. Schließlich hat Jesus gesagt: „Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachkommt, der kann nicht mein Jünger sein“ (Lukas 14,27). Paulus hat es noch deutlicher formuliert: „Wenn wir aber Kinder sind, so sind wir auch Erben, nämlich Erben Gottes und Miterben des Christus; wenn wir wirklich mit ihm leiden, damit wir auch mit ihm verherrlicht werden“ (Römer 8,17). Nun sind wir in unserem Umfeld keiner Verfolgung ausgesetzt, die jener Bunyans oder der Apostel auch nur annähernd ähnlich wäre. Für Christus zu leiden bedeu-tet mit Sicherheit auch keine Selbstkasteiung, um Sünde zu büßen. Das ganze Neue Testament macht aber deutlich, dass wir als Nachfolger Jesu in einem Kampf stehen. Ein Kampf nicht gegen Menschen, sondern gegen die Mächte der Finsternis und die Sünde. Wenn wir diesen Kampf mit ganzer Kraft und ganzem Willen führen, werden wir nicht um Leiden herum kommen. „Ihr habt noch nicht bis aufs Blut widerstanden im Kampf gegen die Sünde“ (Hebräer 12,4). Ich möchte bereit sein, Leiden auf mich zu nehmen, um in diesem Kampf zu bestehen und als Überwinder die Herrlichkeit zu erlangen. ¶

»Bunyan war zwölf Jahre im Gefängnis, obwohl er schon früh aus der Gefangenschaft hätte entlassen werden können.«

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Christen äußerst nützlich!

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Biblische Theologiefür die GemeindeMichael Lawrence

B I B L I S C H E T H E O L O G I E

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Leben auf.– Was plant Ansko bezüglich der Zukunft seines Sohnes? Die Beziehung zwischen Vater und Sohn ist stark belastet. Der verbitterte Mann, der sich von Gott ungerecht behandelt fühlt, gibt Malte die Schuld am Tod seiner Frau. »Dieser Junge hat unser Leben zerstört;

das kann ich ihm nicht verzeihen!«Wird Ansko an seiner Ablehnung und Bitterkeit festhalten? Wie lange soll Malte der Vaterliebe entbehren? Wird Ansko die guten Absichten Gottes für

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Bibelstudium ist wie die Goldsuche: mühsam, aber unglaublich bereichernd. Wer einmal fündig geworden ist, möchte immer mehr entdecken und zu weiteren

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JOHN GRESHAM MACHEN

TextDaniel Facius

Für jemanden, der zu Recht als die „führende konservative Stimme in der fundamentalistisch-modernistischen Kontro-verse der 20er Jahre“1 bezeichnet werden kann, ist der pres-

byterianische �eologe und Princeton-Professor John Gresham Machen (1881-1937) zumindest hierzulande relativ unbe-kannt. Die folgende Darstellung soll diese Lücke schließen, Machens Leben und Werk kurz skizzieren – und zu einer

Beschäftigung mit seinen zentralen �esen anregen.

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ausgabe 11 – 21

»Machen gewann dieEinsicht, dass er nach einer Versöhnung von Glauben

und Vernunft suchte.«

Wenn der Biograph Nichols Machen als „unwahrschein-lichen Helden“ bezeichnet,2 liegt diese Einschätzung in der behüteten Kindheit Machens begründet. Eher privilegiert aufgewachsen3 in der High-Society Baltimores als Sohn eines bekannten Anwalts (Arthur Webster Machen, dessen Vater als Geschäftsleiter des US-Senats politisch gut vernetzt war) und einer 21 Jahre jüngeren Mutter, die den vornehmsten Kreisen Georgias entstammte (Mary Gresham Machen), genoss der junge Machen eine hervorragende Erziehung,4 die ihn zwar für höhere Aufgaben in Staat und Gesellschaft prädesti-nierte – nicht aber für eine entscheidende Rolle in den theologischen Auseinandersetzungen seiner Zeit. „Den geistlichen Dienst“, so schrieb er seinem Vater, „kann ich mir nicht vorstellen.“5 An fehlender religiöser Erzie-hung kann diese Abneigung nicht gelegen haben, war doch insbesondere seine Mutter immer bestrebt, John und seinen Brüdern Arthur und �omas nicht nur die Bibel, sondern auch den Westminster-Katechismus und Bunyans Pilgerreise nahezubringen.6 Im Alter von 15 Jahren wurde er auf sein Glaubensbekenntnis hin in die Franklin Street Presbyterian Church aufgenommen, der seine Mutter angehörte.

FindungsphaseBei der Auswahl des Colleges unternahm der Muster-schüler Machen keine Experimente. Er entschied sich für die John-Hopkins-Universität vor Ort und studierte dort, motiviert von seiner Vorliebe für die griechischen Klassiker, Altphilologie. Nach einer Europa-Reise, ein Geschenk seiner Eltern zum Universitätsabschluss, muss er sich noch immer unschlüssig darüber gewesen sein, was er mit seinem Leben anfangen wollte. Er blieb für eine Promotion an der Universität, die ihm so erfolg-reich glückte, dass er 1901 in die Phi-Betta-Kappa-Gesellschaft aufgenommen wurde, die älteste und angesehenste Studentenverbindung der Vereinigten Staaten. Auch das weitere Studium in Chicago im Sommer 1901 erwies sich als wenig zielführend: Internationales Recht und Bankwesen stand auf dem Lehrplan. Erst nach zahlreichen Diskussionen mit

seinen Eltern und seinem Pastor in Baltimore entschied er sich letztlich dafür, sich in Princeton einzuschreiben, wobei er zeitgleich �eologie am Princeton �eological Seminary und Philosophie an der Princeton University studierte – und sich für Football begeisterte. Zu seinen Lehrern in �eologie gehörten Benjamin War�eld,7 Caspar Hodge, Francis Patton und William Armstrong, wobei insbesondere die letzteren einen erheblichen Ein�uss auf Machen gewannen. Über Patton, den ersten Präsidenten des Princeton �eological Seminary, schrieb er nach dessen Tod 1932: „Er war ein wahrer Freund für mich. Ich wäre niemals vorangekommen ohne seine Hilfe.“8 Armstrong, der Neues Testament lehrte, empfahl Machens Aufsatz über die Geburtserzählungen der Evangelien für eine renommierte Auszeichnung und die Verö�entlichung in der „Princeton �eological Review“. Als Machen tatsächlich gewann, brachte ihm dies ein Forschungsstipendium in Deutschland ein. 1905 studierte Machen zunächst in Marburg, dann in Göttingen. Auch wenn Machen später schrieb, dass es nicht Deutschland war, „das zuerst Zweifel in meiner Seele weckte“,9 muss diese Episode doch als krisenhafte bezeichnet werden.10 Insbesondere die Vorlesung von Wilhelm Herrmann11 in Marburg wurde zur Heraus-forderung für Machen, der weder auf die Auswüchse liberaler �eologie, noch auf die o�enbar lebendige Frömmigkeit dieses Lehrers ausreichend vorbereitet war. An seinen Vater schrieb Machen: „Ich bin völlig verwirrt worden von dem, was er sagt – seine Ergebenheit für Christus ist viel tiefer als alles, was ich während der letzten Jahre von mir selbst kenne.“12

Unter anderem durch den Briefwechsel mit seiner Mutter gewann Machen die Einsicht, dass er nach einer Versöhnung von Glauben und Vernunft suchte. Weder ein bloßer Intellektualismus ohne Hingabe, noch ein begeisterter „Glaube“ ohne solide Basis konnten ihn zufriedenstellen. Diese Einsicht sollte sein ganzes weite-res Leben prägen.13 Zurück in den USA nahm er 1906 das Angebot Armstrongs für eine Assistentenstelle in Princeton an. Er kam dort im Studentenwohnheim „39 Alexander Hall“ unter und war bei den Studenten nicht

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nur wegen seines fachlich hervorragenden Unterrichts, sondern auch wegen seiner Geselligkeit beliebt. Sams-tags ö�nete er abends sein Appartement für die Studen-ten, wo er Früchte und Tabak anbot und bis in die Nacht diskutiert wurde. 1912 verö�entlichte er vier vielbeachtete Aufsätze,14 die seinen Aufstieg beförder-ten: 1914 wurde er zum Assistenz-Professor ernannt und, ganz entgegen seiner ursprünglichen Absichten, von der Presbyterian-Church ordiniert. Seine Antritts-Vorlesung „Geschichte und Glaube“ sorgte für internati-onale Aufmerksamkeit und legte den Grundstein für sein weiteres Wirken und die Auseinandersetzung mit der liberalen �eologie. In diese Zeit (1910-1915) �el auch die Verö�entli-chung der von Torrey herausgegebenen, ursprünglich zwölfbändigen Ausgabe der „Fundamentals“, die aufgrund großzügiger Finanzierung durch die Öl-Millionäre Lymon und Milton Stewart in Millionen-au�age kostenlos verteilt wurden.15 Obwohl auch Machens Mentor War�eld einen Artikel über die Gottheit Jesu beisteuerte, ließ sich Machen später nur zögerlich mit der entstehenden Bewegung der Funda-mentalisten in Zusammenhang bringen.16 Als der Erste Weltkrieg begann, nahm Machen nicht als Soldat, sondern als Freiwilliger im Rahmen der CVJM-Arbeit teil und unterstütze französische und amerikanische Soldaten an der Front.17 Einige Monate nach Kriegsen-de kehrte er zurück in die Staaten, wo er alsbald in die Modernismus-Debatte verwickelt wurde – auch an seiner eigenen Hochschule.

Die Modernismus-Debatte 1921 starb Benjamin War�eld. Machen schrieb anläss-lich der Beerdigung an seine Mutter: „Es scheint mir, dass das alte Princeton – eine große Institution – starb, als Dr. War�eld hinausgetragen wurde.“18 In der Tat verlor Princeton mit War�eld einen der ein�ussreichsten konservativen �eologen Amerikas – und Machen schickte sich an, in seine Fußstapfen zu treten. 1921 verö�entlichte er seine erste große Monographie, „Der Ursprung der Religion des Paulus“, in der er eine Serie von Vorlesungen am Union �eological Seminary in Virginia zusammenfasste. Die Wahl des �emas war kein Zufall: „Die Abhängigkeit des Christentums von einer bestimmten Au�assung über seinen Ursprung und seinen Gründer wird neuerdings heftig attackiert. Viele sind der Meinung, das Christentum könne unabhängig von seinem Ursprung gesehen werden, so dass diese Ursprungsfrage völlig getrennt werden sollte von den anstehenden religiösen Interessen der Kirche.“19

Für Machen dagegen war die Frage nach dem Ursprung des Christentums auch die Frage nach seiner Wahrheit – und damit die wichtigste praktische Frage unserer Existenz.20 Mit dieser Botschaft bereiste Machen in zunehmender Intensität die Vereinigten Staaten und sprach allein 1922/23 in New York, New Jersey, Philadelphia, Chicago und Iowa über �emen wie „Was ist Christentum?“, „Die Fundamente des christlichen Glaubens“ und „Ist das Christentum wahr?“21 Die Beschäftigung mit dieser Frage mündete schließlich in seinem wohl bekanntesten Werk „Chris-

tentum und Liberalismus“,22 das 1923 zusammen mit einem Griechisch-Lehrbuch erschien. Unmittelbarer Anlass für die Herausgabe des Buches war die Predigt eines Baptistenpredigers an der First Presbyterian Church in New York, Harry Emerson Fosdick, der am 21. Mai 1922 über das �ema „Sollen die Fundamenta-listen gewinnen?“ sprach, eine Predigt, die landesweite Verbreitung fand und als „Schlachtruf für den Liberalis-mus“ gelten kann.23 In dieser Predigt behandelt er drei zentrale christliche Lehren: die Unfehlbarkeit der Schrift, die Jungfrauengeburt und die Wiederkunft Christi. Er stellt die konservative und die liberale Ausle-gung dieser Dogmen vor24 und kommt zu dem Ergeb-nis, dass die Kirche für Anhänger beider Auslegungen groß genug sein müsse. Die Fundamentalisten, die das anders sehen, sind – natürlich – engherzig, intolerant und ewiggestrig. Zudem sei es eine Schande, sich über Kleinigkeiten (!) zu streiten, während die Welt zugrundegehe.25

Christentum und LiberalismusEs verwundert nicht, dass Machen diese Herausforde-rung annahm. „Diese Zeit“, schreibt er in seiner Einlei-tung zu „Christentum und Liberalismus“, „ist eine Zeit des Kon�ikts“26 – und der Hauptgegner des Christen-tums die liberale �eologie.27 Machens �ese: Das Christentum ist primär eine Lehre, kein Lebensstil (auch wenn eine bestimmte Lebensweise aus dieser Lehre folgt).28 Machen bezieht sich insoweit auf1. Korinther 15,3-7 und erklärt: „Was also ist der Inhalt der Lehre der Urgemeinde? Lehrte sie ein generelles Prinzip des Vaterseins Gottes oder der Brüderlichkeit der Menschen? Lehrte sie eine di�use Bewunderung für die Persönlichkeit Jesu, wie sie in der modernen Kirche vorherrscht? Nichts könnte weiter entfernt sein von den Tatsachen. „Christus starb für unsere Sünden“, erklärten die ersten Jünger, „nach der Schrift; er ist begraben worden und er ist auferstanden am dritten Tage nach der Schrift“. Von Anfang an bestand das christliche Evange-lium – wie auch der Name „Evangelium“, das heißt „Gute Nachricht“, impliziert – aus einem Bericht über etwas, das geschehen war. Und von Anfang an wurde die Bedeutung dessen, was da geschehen ist, überliefert. Und die Überlieferung dieser Bedeutung war: christliche Lehre. „Christus starb“ – das ist Geschichte. „Christus starb für unsere Sünden“ – das ist Lehre. Ohne diese beiden Elemente, verbunden in unau�öslicher Einheit, gibt es kein Christentum.“29

Nach diesen grundlegenden Feststellungen erörtert Machen die verschiedenen Sichtweisen auf Gott und die Menschen, die Bibel, Christus, die Erlösung und die Kirche. Er wehrt sich gegen die liberale Tendenz, das Wort „Gott“ als eine Art Weltgeist zu verstehen, der nicht mehr von seiner Schöpfung zu unterscheiden ist. Bezüglich der Sicht auf den Menschen bemerkt Machen scharfsinnig, dass Grundlage der modernen liberalen Bewegung der Verlust des Bewusstseins von Sünde ist.30 Weil die Kirche aber nicht mehr von Sünde überführt, steht sie vor einer völlig unmöglichen Aufgabe: Gerechte zur Buße zu rufen.31 Er verteidigt die Inspiration und Unfehlbarkeit der Bibel und setzt sich mit einem

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»›Christus starb‹ – das ist Geschichte. ›Christus starb für unsere Sünden‹ – das ist Lehre. Ohne diese beiden Elemente, verbunden inunau�öslicher Einheit, gibt es kein Christentum.«

Argument auseinander, das seiner Aktualität wegen kurz wiedergegeben werden soll: „Manchmal entsteht der Eindruck, dass der moderne Liberale die Autorität der Schrift durch die Autorität Jesu ersetzt. Er kann die aus seiner Sicht perversen moralischen Lehren des Alten Testaments oder die sophistischen paulinischen Argumente nicht akzeptieren, sagt er. Aber er betrachtet sich dennoch als echten Christen, denn indem er den Rest der Bibel verwirft, ist er alleine von Jesus abhängig. Dieser Eindruck aber ist vollkommen falsch.“32 Denn der liberale �eologe akzeptiert nur einen kleinen Teil der Jesus-Worte überhaupt als echt, und muss gerade dessen hohe Sicht der Bibel revidieren. Das, was er als Zweck des Lebens Jesu herausarbeitet, ist lediglich eine willkürliche Zusammenstellung der wenigen Schriftstel-len, die mit der modernen �eologie noch in Einklang zu bringen sind. „Es ist“, schließt Machen, „darum kein Wunder, dass die liberale �eologie sich völlig vom Christentum unterscheidet, denn ihre Grundlage ist eine andere. Das Christentum ist gegründet auf der Bibel. Die liberale �eologie dagegen ist gegründet auf den wechselhaften Gefühlen sündiger Menschen.“33

Machens Buch war kein Bestseller. 1923 wurden lediglich 1.000 Exemplare verkauft. Erst die Kritiken, insbesondere die negativen, erwiesen sich als absatzför-dernd. Die beabsichtigte Wirkung aber blieb aus, wollte Machen mit seiner Darlegung doch gerade auf eine Trennung von Liberalen und Bibeltreuen hinwirken.34 Statt dessen erhielt er von Ross Stevenson, seit 1914 Präsident des Princeton �eological Seminary und Vertreter moderater Positionen, einen Glückswunsch-brief, in dem er bemerkte, man solle keinen Ärger dadurch hervorrufen, dass man die Liberalen aus der Kirche treibe, sondern vielmehr versuchen, sie zu gewinnen.35 Dabei hatte Machen zu solchem Einheits-streben doch geschrieben: „Die Einheit, die gemeint ist, ist oft eine Einheit mit der Welt gegen den Herrn, oder bestenfalls eine erzwungene, mechanische Einheit tyran-nischer Ausschüsse.“36 Es blieb letztlich Machen selbst überlassen, diese Einheit zu beenden.

Verlorene KämpfePrinceton wurde seit seiner Gründung geleitet von einem Direktoren-Ausschuss, zuständig für die theologi-sche Ausrichtung, und einem Kuratorium, das sich im Wesentlichen um organisatorische und �nanzielle Fragen zu kümmern hatte. Als die Generalversammlung der Presbyterianischen Kirche unter dem Ein�uss des Präsidenten des Seminars Stevenson erwog, dieses Leitungsmodell zugunsten eines einzigen Gremiums aufzugeben, war nicht nur Machen alarmiert – denn im Kuratorium gab es eine große liberale Mehrheit.37 Machen schreibt in einem privat gedruckten Aufsatz: „Die Leitung durch ein einziges Gremium ist eine sehr gefährliche Leitungsform für eine theologische Instituti-on. Mit ziemlicher Sicherheit würden in diesem Gremi-um viele Menschen sitzen, die eher Geschäftsleute sind als �eologen – und in theologischen Fragen ist Unwis-senheit in nahezu gleicher Weise dazu geeignet, eine Institution in die Hände der Feinde des Glaubens fallen zu lassen, wie o�ener Ungehorsam gegen Gottes Wort.“38 Trotz zahlreicher Proteste, an der sich auch die „Liga Evangelikaler Studenten“ beteiligte, als deren theologischer Berater Machen fungierte, wurde die geplante Umstrukturierung beschlossen. Machen, der vorab erklärt hatte, dass er das Seminar für „tot“ halte, wenn die konservative Mehrheit im Direktoren-Ausschuss verloren ginge,39 zog die Konsequenzen. Nach über 22 Jahren Dienst kündigte er seine Stellung in Princeton. Es sollte nicht die einzige Stellung sein, die er verlor, denn auch die Presbyterianische Kirche selbst kam langsam aber sicher von ihrem traditionell bibeltreuen Kurs ab. Erstmals fassbar wurde dies im Mai 1924, als ein 11-köp�ges Konferenz-Komitee die sogenannte „Auburn-A�rmation“ verabschiedete, die in der Folge von über 1200 Pastoren der Presbyterianischen Kirche unterschrieben wurde. Hierin wurde die Entscheidung der Generalversammlung kritisiert, die 1910, 1916 und noch einmal 1923 die Bejahung der Unfehlbarkeit der Schrift, der Jungfrauengeburt und Göttlichkeit Christi, der stellvertretenden Sühne, der körperlichen Auferste-hung Jesu und der Authentizität seiner Wunder als Vorbedingung für eine Ordination festgelegt hatte. Ziel dieses von Auburn-Professor Robert Nichols maßgeb-lich mit verfassten Papiers war es, alle diese Glaubensleh-ren als für den pastoralen Dienst „nicht wesentlich“ (!) einzuordnen, um die Einheit und Freiheit der Kirche zu bewahren. Diese Erklärung erregte selbstredend heftigen Widerspruch von konservativer Seite.40 Auch Machen selbst gri� die Erklärung als „Attacke auf den christli-chen Glauben“ scharf an: „Von Anfang an hat das Heidentum in dieser oder jener Form versucht, das Volk Gottes zu verschlingen. Immer war es darauf aus, den Unterschied zwischen Kirche und Welt zu verwischen. Immer hat es versucht, das Anstößige des christlichen Glaubens dadurch zu entfernen, indem es die Kirche dazu verführte, das zu werden, was die Auburn A�rma-tion eine „inklusivistische“ Kirche nennt.“41 Er kritisierte dabei nicht nur die Unterzeichner selbst, sondern auch diejenigen, die ihnen um des Friedens der Kirche willen nicht entgegentraten:

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24 – ausgabe 11

»Das Christentum istgegründet auf der Bibel.

Die liberale �eologiedagegen ist gegründet auf

den wechselhaften Gefühlen sündiger Menschen.«

„Manchmal glaube ich, dass diejenigen, die Kon�ikte anprangern, sich nie mit der Geschichte beschäftigt, jedenfalls aber nie das Wort Gottes gelesen haben. (…) In der ganzen Kirchengeschichte hat es immer Pazi�sten gegeben, die bestrebt waren, das eigentliche Problem zu verschleiern und den falschen Frieden des Kompromis-ses hervorzubringen.“42 Trotz all dieser Proteste besetz-ten die Unterzeichner dieser Erklärung mehr und mehr Positionen in der Presbyterianischen Kirche. Entschei-dend für Machens Bruch mit seiner Kirche wurde jedoch ein weiteres Dokument, das 1933 von einer von William Hocking geleiteten Untersuchungskommission mit der Unterstützung der presbyterianischen und sechs anderer Kirchen herausgegeben wurde. Das Werk mit dem Titel „Mission neu denken“ gab den Exklusivitäts-anspruch Jesu auf und plädierte für eine synkretistische Missionsarbeit, deren neue Aufgabe es war, so spottete Machen, Wahrheit zu suchen statt sie zu präsentieren.43 Er versuchte zunächst auch hier, innerkirchlich gegenzu-steuern und legte seinem Presbyterium in New Brunswick einen Vier-Punkte-Plan vor, mit dem er sicherstellen wollte, dass der Ausschuss für Auslandsmis-sion der Presbyterianischen Kirche nicht mit Kandida-ten besetzt würde, die solche Positionen teilten. Das Presbyterium arrangierte eine Diskussion mit Robert Speer, bereits in der Princeton-Debatte ein Gegenspieler Machens, die für Machen zum Desaster geriet. Speer gelang es, Machen als kleinlichen Bedenkenträger darzustellen, während er selbst den Vertreter der christli-chen Einheit gab.44 Obwohl er zunächst unterlag, gelang es Machen, seinen Antrag mit Hilfe eines Freun-des über das Presbyterium in Philadelphia der General-versammlung vorzulegen – wo er schließlich abgelehnt wurde. Machen zog die Konsequenzen und organisierte zusammen mit einigen Unterstützern einen unabhängi-gen Ausschuss für Auslandsmission, insbesondere um sicherzustellen, dass die gespendeten Gelder auch nur solche Missionare erreichten, die tatsächlich das Evange-lium predigten. Hiermit traf er die Kirche emp�ndlich, o�enbar auch, da es um viel Geld ging. 1934 erklärte die Generalversammlung diesen unab-hängigen Ausschuss für kirchenverfassungswidrig, forderte seine sofortige Schließung und Maßnahmen der Kirchenzucht gegen alle daran Beteiligten. Dieser Schritt Machens führte dazu, dass auch einige konserva-tive Kollegen mit ihm brachen, unter anderem Oswald Allis und Samuel Craig,45 der Gründer von „Christiani-ty Today“. In der Folge ging die Kirchenleitung gegen Machen und seine Unterstützer mit Disziplinarverfah-ren vor. Da sich Machen weiterhin weigerte, den Ausschuss wieder aufzugeben, wurde er im März 1935 seines Amtes als Pastor enthoben. Der Einspruch Machens gegen diese Entscheidung wurde von der Generalversammlung 1936 endgültig verworfen. Machen selbst erklärt seine Beweggründe dafür, warum er der Anordnung der Generalversammlung nicht Folge leisten kann: „Gehorsam gegenüber dieser Anweisung bedeutet Unterstützung für einen Kurs, der gegen das Evangelium Christi gerichtet ist. Ihr zu folgen beinhal-tet, die Autorität des Wortes Gottes durch menschliche Autorität zu ersetzen.“46

Neue AufbrücheBereits 1929 gründete Machen das Westminster �eolo-gical Seminary. Ihm folgten nicht nur Robert Wilson und Oswald Allis, die Altes Testament unterrichteten, sondern auch Cornelius van Til, der den Lehrstuhl für Apologetik besetzte und 1930 John Murray als Professor für Systematische �eologie. Auch Ned Stonehouse, Machens späterer Biograph, stieß aus Amsterdam hinzu, wo er gerade seine Promotion abgeschlossen hatte.47 Westminster nahm die Arbeit auf und zählte bereits früh ein�ussreiche Männer zu seinen Absolventen, etwa Oliver Buswell, später Präsident in Wheaton, John Ockenga, später Präsident des Fuller Seminary, Carl McIntire, den Gründer des „International Council of Christian Churches“ und den insbesondere in Europa bekannt gewordenen Francis A. Schae�er.48

1935, kurz nach seiner Amtsenthebung als Pastor, begannen die Planungen für die Gründung einer neuen Denomination. Am 11. Juni 1936 leitete Machen die erste Generalversammlung der Presbyterianischen Kirche Amerikas, die 1939 aufgrund einer Klage in „Orthodoxe Presbyterianische Kirche“ umbenannt werden musste. Im Rückblick berichtet Machen: „Wir wurden endlich Mitglieder einer wahren Presbyteriani-schen Kirche. Wir hatten endlich wieder wahre christli-che Gemeinschaft gefunden. Was für ein herrlicher Moment war das! Die langen Jahre des Kampfes spielten keine Rolle mehr verglichen mit der Freude und dem Frieden, der unsere Herzen füllte.“ Ein Mitstreiter Machens verteidigt die Gründung der Bibeltreuen Kirche: „Die Presbyterianische Kirche hat es Menschen, die Kernlehren des christlichen Glaubens ablehnen, gestattet, innerhalb der Kirche zu bleiben. Sie hat diese Menschen in Ehren-, Macht- und Vertrauensstellungen befördert. Sie hat Pastoren akzeptiert und ordiniert, die das Christentum ablehnen. (…) Die Kirche hat sich geweigert, falsche Lehren zu verwerfen. Stattdessen hat sie die Wahrheit verworfen.“49

Am 1. Januar 1937 forderten die ständigen Kämpfe ihren Tribut. Während eines Aufenthaltes in North Dakota starb Machen an einer Lungenentzündung.

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Machens VermächtnisNichols �ndet in seiner Biographie viele Ähnlichkeiten Machens mit Martin Luther, wenn er schreibt: „Beide waren nicht willkommen in den Kirchen, die sie ordiniert hatten, die sie liebten und für die sie lebten. Und beide waren unerwünscht aus demselben Grund: Sie hinterfragten den Trend zur Abkehr von theologi-schen Eckpfeilern und biblischen Grundlagen. Beide standen sie unter Häresie-Anklage (auch wenn Machens Leben nie in Gefahr war), und beide haben letztlich neue Glaubensgemeinschaften gegründet. Beide hinter-ließen ein Erbe biblischer und theologischer Gelehrsam-keit, und beide dienen als Vorbild für diejenigen, die den Wunsch hegen, den Glauben zu verteidigen.“50 Selbst wenn dieser Vergleich etwas hoch gegri�en sein mag, so ist die Beharrlichkeit, mit der Machen für die orthodoxe christliche Lehre eintrat, sicher bewunderns-wert. Auch einige seiner Gegenspieler haben dies anerkannt. Pearl Buck, eine presbyterianische China-Missionarin, die ö�entlich die Gottheit Christi ablehnte und von ihm nur als der „Verkörperung des größten Menschheitstraumes“ sprach,51 erkannte an: „Er stand für etwas, und jeder wusste, was das war.“52 Und der kirchenkritische Journalist Henry Mencken kommen-tierte in seinem Nachruf „Dr. Fundamentalis“: „Es ist das eine, Religion abzulehnen, eine völlig andere Sache aber, sie dadurch zu retten zu versuchen, indem man sie ihrer gesamten Substanz beraubt. (…) Machen ist gescheitert – aber er hatte unzweifelhaft Recht.“53

Neben Machens Verteidigung der Rechtgläubigkeit ist sein Insistieren auf klaren De�nitionen und vernünf-tigen Aussagen gerade auch in Glaubensdingen in der Postmoderne nicht überholt, sondern mindestens ebenso aktuell wie in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Und auch folgender Satz gehört zu dem Vermächtnis eines Mannes, dessen Leben geprägt war von Kontroversen: „In sehr vielen Fällen haben Menschen, die jedem Kon�ikt ausweichen, die großen Wahrheiten des Glaubens entweder schon verloren oder sind im Begri�, dies zu tun.“54

Zum Weiterlesen:Hervorragend als Einstieg in Leben und Werk geeignet ist Stephen J. Nichols „J. Gresham Machen – A Guided Tour of his Life and �ought“, Philippsburg 2004. Das umfangreichere Standardwerk über Machen ist die von seinem ehemaligen Schüler und späteren Dozenten in Westminster Ned Stonehouse verfasste Biographie „J. Gresham Machen: A Biographical Memoir“, Edinburgh 1987. Machens Auseinandersetzungen mit der Bibelkri-tik fasst Terry Chrisope in seinem Buch „Toward a sure faith“, Rossshire 2000, zusammen. Die gesamte Modernismus-Debatte wird aufgearbeitet von D.G. Hart, „Defending the Faith: J. Gresham Machen and the Crisis of Conservative Protestantism in Modern America“, Grand Rapids 1995. Von Machen selbst ist der Klassiker „Christianity and Liberalism“ unbedingt empfehlenswert (erscheint 2013 auf Deutsch). Umfang-reicher ist der Nachfolger „What is faith?“ sowie seine Werke „�e virgin birth of Christ“ und „�e Origin auf Paul’s Religion“. Wer einen Überblick über das gesamte

Scha�en benötigt, dem kann „J. Gresham Machen: Selected Shorter Writings“, herausgegeben von D.G. Hart, empfohlen werden. ¶

Dieser Artikel ist ursprünglich unter dem Titel „Geprägt von Kontroversen. Leben und Werk von John Gresham Machen“ in der Zeitschrift „Bibel und Gemeinde“ (04/2012) erschienen.

»In sehr vielen Fällen haben Menschen, die jedemKon�ikt ausweichen, die großen Wahrheiten des Glaubens entweder schon verloren oder sind imBegri�, dies zu tun.«

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JOHANN GERHARD ONCKEN

TextPeter Schild

Der deutsche Missionar und GemeindegründerJohann Gerhard Oncken (1800-1884)

gilt als Vater des kontinentaleuropäischen Baptismus.Im Laufe seines Lebens gründete der „Apostel Deutschlands“, wie Charles Haddon Spurgeon ihn zu nennen p�egte, hun-

derte Gemeinden in zahlreichen Ländern Europas.

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Gott teilt seine Ehre mit niemand anderem (Jes. 42,8). Gedenken wir darum an Glaubenshelden, wie Johann Gerhard Oncken, so tun wir dies nicht, um Menschen zu rühmen, sondern um Gott allein die Ehre zu geben. Der Baptistenprediger Paul Washer bringt es auf den Punkt: „Es gibt keine großen Männer Gottes. Es gibt nur erbärmliche, schwache und sündige Männer eines großen und barmherzigen Gottes.“ Vor einigen Monaten besuchte ich die Ruhestätte des umstrittenen Methodistenpredigers John Wesley in London. Was immer man von Wesley auch halten mag, sein Grab ziert ein wichtiger Ausspruch, den es zu verin-nerlichen gilt, sooft wir die Biographien von Männern und Frauen Gottes studieren: „Fühlst du dich gedrängt, das Instrument zu preisen, so gib Gott die Ehre.“ Wer rühmt schon bei einem klassischen Konzert die Geige? Man rühmt den Geiger. So wollen auch wir allein Gott die Ehre und den Dank geben, wenn wir lauschen, was Gott zu seinem eigenen Lobpreis auf seinem Instrument Oncken spielte.

Das Törichte der Welt hat Gott erwähltEs ist nicht entscheidend, wo wir herkommen. Entschei-dend ist vielmehr, was Gott mit uns vorhat. Oncken wurde am 26. Januar 1800 als uneheliches Kind von einer alleinerziehenden Mutter in Varel an der Nordsee geboren. Ein schottischer Kaufmann erbarmte sich über den ärmlichen und perspektivlosen Vierzehnjährigen und nahm ihn in seine Lehre. In Schottland erlebte Oncken zum ersten Mal, was wahre Gottesfurcht bedeutet. Er besuchte regelmäßig den Gottesdienst der Reformierten Kirche und begann, geistliche Literatur zu lesen. Im Jahre 1820 nahm Oncken an einem privaten Familiengottesdienst in England teil. Völlig überrascht und zutiefst bewegt wurde er hier von dem Gebet des knienden Familienva-ters, der für Onckens Bekehrung �ehte. Auch eine Predigt, die er in London hörte, traf ihn mitten ins Herz, so dass Oncken schließlich durch Gottes Gnade zur rettenden Erkenntnis von Christus als seinem Erlöser durchdrang.

Gerettetsein gibt RettersinnIn London geschah, was das Leben hunderttausender Menschen verändern sollte: In Oncken entbrannte die unauslöschliche Leidenschaft für die Verlorenen. In großer Freude über Christus, seinen Retter, begann Oncken, das Evangelium vor den Menschen zu bezeu-gen. Sein Taschengeld, welches er für seine täglichen Mahlzeiten erhielt, gab er nun fast ausschließlich für Traktate aus. Oncken ging von Haus zu Haus, verbreite-te Bibeln und ließ keine Gelegenheit ungenutzt, um Christus bekannt zu machen. Nach einiger Zeit des erwartungsvollen Betens schenkte Gott, dass die ersten Menschen zum rettenden Glauben kamen. In dem Vertrauen auch weiterhin von Gott gebraucht zu werden, entschloss sich Oncken 1823, den Kaufmann zu verlassen und von nun an allein für das Reich Gottes zu arbeiten. Oncken schloss sich der Evangelisch-Reformierten Gemeinde in Hamburg an und verkündigte die frohe Botschaft in privaten Versammlungen. Es ge�el Gott, die Predigt seines Wortes zu gebrauchen: Menschenmassen strömten herbei und zahlreiche Sünder taten unter Tränen Buße. Im Jahre 1828 gründete Oncken eine christliche Buchhandlung und heiratete die Engländerin Sarah Mann. Schon bald darauf wurde Oncken Vater und entschloss sich, entgegen der damals allgemeinen Praxis, seinen Nachwuchs nicht mit Wasser besprengen zu lassen. Durch das Studium der Heiligen Schrift gelangte Oncken zu der Überzeugung, dass allein Gläubige - und zwar durch vollständiges Untertauchen im Wasser - getauft werden sollten. Oncken sehnte sich auch selbst danach, die Gläubigentaufe durch Untertauchen zu empfangen. Er wartete geduldig, bis eines Tages der baptistische �eologieprofessor Dr. Barnas Sears nach Deutschland reiste. Im Jahre 1834 taufte Prof. Sears Oncken, dessen Frau und fünf weitere Gläubige im Auftrag der Bostoner Baptistengemeinde und setze Oncken als Ältesten ein. Dies war die Geburtsstunde der ersten Baptistengemein-de Deutschlands.

»Es gibt keine großen Männer Gottes. Es gibt nur erbärmliche, schwache und

sündige Männer eines großen und barmherzigen

Gottes.«

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Im Feuer der VerfolgungDer Herr segnete Onckens Missionsarbeit, so dass immer mehr Menschen gläubig wurden und sich taufen ließen. Diese Entwicklung blieb auch vor den Augen der Hamburger Polizei nicht verborgen, welche dem jungen Baptisten kurzerhand ein Versammlungsverbot erteilte. Auch das von Oncken im Jahre 1837 schriftlich einge-reichte Glaubensbekenntnis konnte die Ordnungshüter nicht überzeugen, die Baptisten zu dulden.1 Fand dieses Bekenntnis auch keine Anerkennung vonseiten der Hansestadt, so ist es doch das bedeutendste Doku-ment, welches uns die Glaubensansichten der ersten Baptisten Deutschlands bezeugt. Die Artikel des Bekenntnisses belegen u.a., dass Oncken und die frühen Baptisten die biblischen Gnadenlehren (alias „Fünf Punkte des Calvinismus“) glaubten und lehrten. Ist es auch aus dem Gedächtnis vieler heutiger Baptisten gelöscht oder verdrängt, so steht dennoch ohne Zweifel fest, dass Oncken, genauso wie sein Freund Spurgeon, überzeugter Calvinist war.2 Ungeachtet der staatlichen Androhungen predigte und taufte Oncken unerschrocken weiter. Die Versammlungen wurden nun polizeilich aufgelöst und Oncken wurde immer wieder auf das Polizeirevier gerufen und verhört. Aber nicht nur die Polizei, sondern auch einige Bürger störten die Gottesdienste und warfen Steine und Unrat auf die Gemeindemitglieder. Es dauer-te nicht lange, bis man Oncken festnahm und für einen Monat im Stadtgefängnis festhielt. Das Tagebuch Onckens teilt uns mit, wie es ihm dabei erging: „Nach-dem der Gefängniswärter sich entfernt hatte, warf ich mich auf meine Knie, preisend und lobend meinen Heiland, der mich würdigte, um seines Namens willen Bande zu erleiden. Ich fühle mich wohl und selig, empfahl meine teure Gemeinde dem Herrn und �ehte für die Bekehrung meiner Verfolger.“3

In Gefangenschaft studierte Oncken die Bibel, betete, sang und evangelisierte seine Mitgefangenen. Auch die Gemeinde �ehte innig, dass der Herr ihnen Recht verscha�en möge. Der Herr antwortete auf die Gebete seiner Gemeinde in unerwarteter Weise: Gott sandte Feuer. Vom 5. bis 8. Mai 1842 brannte ein Drittel der Stadt Hamburg nieder. 20 000 Menschen wurden obdachlos. Wie reagierten Oncken und die junge Gemeinde auf diese Katastrophe? Oncken machte sich auf und stellte seinen Verfol-gern das Versammlungshaus der Baptistengemeinde zur Verfügung, um obdachlose Menschen zu beherbergen, zu p�egen und mit Speise zu versorgen. Die junge Gemeinde nahm rund 80 Bürger für etwa acht Monate auf und selbst Oncken war sich nicht zu schade, um für die Gäste zu kochen. Diese barmherzige Fürsorge der Baptisten änderte die Sicht des Polizeichefs. Unmöglich konnte der Senat, der das baptistische Versammlungshaus als Zu�uchts-stätte für Obdachlose genehmigt hatte, einen Gottes-dienst in demselben Gebäude verbieten. Die Verfolgung endete schon bald. Die Katastrophe brachte neben allem Unglück noch einen weiteren Segen mit sich: Unzählige Handwerker strömten aus ganz Europa herbei, um die Hansestadt

wieder aufzubauen. Die Gemeinde nutzte die Gunst der Stunde und brachte den Gastarbeitern das Evangelium und sandte diese dann ausgestattet mit Literatur als Handwerker-Missionare zurück in ihre Heimat. Überall in Europa wurden nun, trotz zum Teil heftiger Verfol-gung, Baptistengemeinden gegründet.

Unterwegs im Auftrag des HerrnOncken wirkte nicht allein in Hamburg, sondern reiste auch umher, um an vielen Orten Deutschlands und Europas zu taufen und Gemeinden zu gründen. Seine längste Zeit im Ausland verbrachte Oncken in Amerika (1853 bis 1854), wo er die deutsche Missionsarbeit bekannt machte. Auf einer Zugfahrt von New York nach Boston wurde Oncken in einen gefährlichen Unfall verwickelt. Sein Zug stürzte infolge einer o�enen Zugbrücke in den Fluss und zerschmetterte. Viele Menschen starben, doch Oncken überlebte und trug dank der Bewahrung Gottes keine ernsten Schäden davon. Es ist wahr, was der Erweckungsprediger George White�eld zu sagen p�egte: „Wir sind unsterblich, bis unsere Arbeit getan ist.“ Onckens Arbeit war die Mission. Und um diese Arbeit zu �nanzieren, reiste Oncken 1856 auch nach England, um den damals 22-jährigen Charles Haddon Spurgeon zu tre�en. Hoch erfreut über Onckens Arbeit veranlasste Spurgeon einen Missionsgottesdienst, in dem Oncken predigen durfte. Spurgeons Gemeinde begann nun, die Arbeit in Deutschland durch Gebet und �nanzielle Hilfe zu unterstützen. Etwa zehn Jahre später besuchte Spurgeon seinen Freund Oncken, um im Rahmen der Einweihungsfeier des neuen Gemeindehauses in Hamburg zu predigen. Spurgeon, der Oncken in einem persönlichen Brief einmal den unbeweglichen Polarstern nannte, um den die Missionare Europas kreisen, beschrieb Oncken und seine Arbeit auch mit folgenden Worten: „Wir sahen den Raum, in dem die erste Baptistenge-meinde gegründet wurde ... Noch interessanter jedoch war der geweihte Ort auf dem Wall, von dem aus man die ganze Stadt sehen kann. Es war die Angewohnheit des jungen Apostels [Oncken] hier in einsamer Abge-schiedenheit, in den frühen Morgenstunden, zu Gott für die Menschen zu �ehen. Wir verstanden das Geheimnis von Herrn Onckens Erfolg, als wir die Quelle seiner Kraft erkannten: Das geheime Ringen mit dem Engel des Bundes. Die Stadt Hamburg wusste nur wenig davon, dass ein Mann von den Wällen auf sie herabblickte und mit vielen Tränen die Gnade Gottes auf die tausenden Gottlosen herabrief (…) Kein noch so starker Schmerz kann uns den höchsten Genuss verges-sen lassen, den wir in der Gemeinschaft mit unseren deutschen Freunden erlebt haben. Gott hat ein großes Werk in diesem Land getan und hat für Deutschland noch viele weitere Werke auf Lager. Jeder Christ in England, vor allem jeder Baptist, sollte diese Arbeit bis zum Äußersten unterstützen. (...) Wir preisen Gott bei jeder Erinnerung an unseren verehrten Bruder Oncken und beten, dass ein langes Leben und wachsender Erfolg mit ihm seien."4

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Leid und StreitOncken war bereit, für die Sache des Herrn zu leiden, ja sogar sein Leben zu opfern. Im Alter von 70 Jahren unternahm er die gefährlichste und beschwerlichste Reise seines Lebens. Er erduldete Hunger, Schla�osig-keit und viel Mühe, um auch in Südrussland, in der Türkei, Rumänien und Ungarn Gemeinden zu gründen und zu stärken. Aber auch Onckens Privatleben war vom Leid gezeichnet. Im Laufe der Jahre starben drei seiner Kinder sowie seine erste und seine zweite Ehefrau.Dank Gottes Bewahrung blieb Oncken dem Herrn auch angesichts dieser schmerzlichen Erfahrungen treu, doch bereitete Oncken sich auch unnötigen Kummer. Der Heilige Geist deckt in der Bibel schonungslos die Sünden der größten Glaubenshelden auf, um uns deutlich zu machen: Gott allein ist vollkommen, und darum gebührt auch ihm allein alle Ehre. Auch Oncken war keineswegs perfekt. Im Jahre 1871 geriet Oncken in einen Streit (der sog. „Hamburger Streit“) mit seinen engsten Vertrauten. Oncken wollte nicht zulassen, dass sich die Tochtergemeinden von der Hamburger Mutter-gemeinde abnabeln und selbstständig werden. Zu groß war die Befürchtung Onckens, die Unabhängigkeit der Ortsgemeinden könne dem Werk des Herrn schaden. Erst gegen Ende seines Lebens versöhnte sich Oncken mit den Brüdern.

Am ZielOncken heiratete im Jahre 1874 noch ein drittes Mal. Seine letzte Ehefrau war ein Mitglied von Spurgeons Gemeinde und p�egte Oncken bis zum Schluss in aufopferungsvoller Treue. Oncken verstarb am 2. Januar 1884 in Zürich und wurde auf dem reformierten Fried-hof in Hamburg beigesetzt. In einer Traueransprache hieß es über Oncken: „Er hat viel gethan und viel erreicht. Seine Eroberungen sind nicht mit Stahl und Eisen gemacht worden, sondern durch sein packendes, zündendes Wort, durch das Schwert des Geistes, das er allezeit zu ziehen bereit war. Wir wollen ihm keine ehernen und steinernen Monumente errichten, aber in jeder Gemeinde und in jedem Gliede sehen wir lebendige Denkmäler für den teuern Entschlafenen.“5

Bis zu Onckens Tod waren aus den sieben Mitglie-dern der ersten Baptistengemeinde hunderttausende Baptisten geworden, die sich europaweit und darüber hinaus in Gemeinden versammelten.

Zur Nachahmung empfohlenWir alle lieben es, die spannenden Geschichten von Männern und Frauen Gottes zu lesen, doch nur wenige von uns wollen auch so leben wie sie. Möge Gott uns die Gnade schenken, dass auch wir unser Leben ganz für das Werk des Herrn einsetzen, das Evangelium mutig und unermüdlich bekennen, die Heilige Schrift studieren und keine Konsequenzen scheuen, das Erkannte auch umzusetzen. Möge der Herr uns dazu bringen, ein ernsteres und intensiveres Gebetsleben zu führen und uns auch die Bereitschaft verleihen, für Christus zu leiden. Möge der Herr all dies schenken, nicht um unseretwillen, sondern um seiner Ehre willen.

Und gefällt es dem Herrn, uns zu gebrauchen, so mögen wir nie vergessen, dass Gott das Törichte der Welt erwählt hat, auf dass sich kein Mensch rühme: „Es gibt keine großen Männer Gottes. Es gibt nur erbärmliche, schwache und sündige Männer eines großen und barmherzigen Gottes.“ ¶

»Oncken war bereit, für die Sache des Herrn zu leiden, ja sogar sein Leben zu opfern. Im Alter von 70 Jahrenunternahm er die gefähr-lichste und beschwerlichste Reise seines Lebens.«

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Impressum# 1 1 V O R B I L D E R • 0 2 / 2 0 1 3

H E R A U S G E B E RDie Redaktion

R E D A K T I O NWaldemar DirksenViktor SudermannAndreas KuhlmannPeter VothHans-Werner DeppeHans-Jürgen Holzmann

A R T D I R E C T O RPeter Voth

L E K T O R A TTanja Mirau

A B O - S E R V I C EMichael Töws

S H O Pcbuch.de/timotheus

I N T E R N E Ttimotheusmagazin.decbuch.de/timotheusbetanien.de

K O N T A K [email protected]@betanien.de

V E R T R I E B & V E R L A GBetanien Verlag

W E I T E R E I N F O Sweb · cbuch.deemail · [email protected] · 05237-899090

E R S C H E I N U N G S W E I S ETimotheus ist ein Quartalsmagazin underscheint somit alle drei Monate:· Januar (Winterausgabe)· April (Frühlingsausgabe)· Juli (Sommerausgabe)· Oktober (Herbstausgabe)

A L L G E M E I N E R H I N W E I SDie Erstausgabe „#1 Nachfolge“ ist am 1. Oktober 2010 erschienen. Seit der Winterausgabe 2011 „#2 Glaube“ wird das „Timotheus Magazin“ vom Betanien Verlag herausgegeben, gedruckt und vertrieben(€ 2,90 pro Ausgabe; zzgl. Versandkosten). Das „Timotheus Magazin“ ist kein Verein, sondern ein freies Produkt der Initiatoren.© der Artikel bei den jeweiligen Autoren. Vervielfältigung nur mit Quellenangabe.© der Bilder und Fotos bei den jeweiligen Rechteinhabern (siehe Bildnachweis).

B I L D N A C H W E I SS. 1,6,8,14,20,26,32,36 © Illustration Peter Voth. S. 11 © Wikimedia Commons und andere lizenzfreie Quellen.

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M I S S I O N S T A T E M E N TTimotheus ist ein bibeltreues, reformatori-sches und überkonfessionelles Magazin, herausgegeben von freikirchlichen evangelischen Christen. Das Ziel ist die verständliche, biblisch fundierte, interessante und herausfordernde Vermittlung biblischer Lehre."Bibeltreu" bedeutet für die Herausgeber, dass sie von der absoluten Zuverlässigkeit der Bibel als inspiriertes und irrtumsloses Wort Gottes überzeugt sind. Die theologische Ausrichtung lässt sich daher am besten mit den 5 Soli der Reformation beschreiben: Allein Christus, allein die Gnade, allein der Glaube, allein die Schrift, allein Gott die Ehre.

Q U E L L E N

Susannah Spurgeon (S. 8-13)1 Alle Seitenangaben in diesem Artikel beziehen sich auf

die Kurzbiogra�e von Charles Ray, Susannah Spurgeon

– die Frau an der Seite des Predigerfürsten.

Oerlinghausen: Betanien Verlag 2009.

John Bunyan (S. 14-17)1 John Bunyan, Überreiche Gnade, 3L Verlag, 2011, S. 9

2 ebd., Überreiche Gnade, S. 23

3 ebd., Überreiche Gnade, S. 46

4 ebd., Überreiche Gnade, S. 69

5 John Brown, John Bunyan - His Life Times and Work,

Boston, Houghton Mi¢in and Company, 1888 S. 111

6 John Bunyan, Überreiche Gnade, 3L Verlag,2011, S.84

7 ebd., Überreiche Gnade, S. 91

8 John Bunyan - His Life Times and Work, S. 240

9 John Bunyan, Überreiche Gnade, 3L Verlag,2011, S.93

10 ebd., Überreiche Gnade, S. 95

11 John Piper, Standhaft im Leiden, Bielefeld, CLV, 2006,

S. 86

12 ebd., Standhaft im Leiden, S. 87

13 ebd., Standhaft im Leiden, S. 79

14 ebd., Standhaft im Leiden, S. 83

John Gresham Machen (S. 20-25)1 Wallace, in: RGG4/5, Sp. 638.

2 Stephen J. Nichols, “J. Gresham Machen - A guided

tour of his life and thought“, Phillipsburg 2004, S. 14.

3 Zeit seines Lebens war Machen aufgrund größerer

Erbschaften �nanziell unabhängig, vgl. Ned. B.

Stonehouse, „J. Gresham Machen – A Biographical

Memoir“, Edinburgh 1987, S. 393.

4 Seine Biographen deuten eine etwas schwierige

Persönlichkeit an, vgl. etwa George Marsden,

“Understanding J. Gresham Machen“, in:

Understanding Fundamentalism and Evangelicalism,

Grand Rapids 1991, S. 186 u. 200; Nichols, S. 14;

Stonehouse, S. 389; Chrisope, S. 67.

5 Nichols, S. 28 (Übersetzung hier und im Folgenden

5 durch den Autor).

6 Machen schreibt in einem Brief an seinen Vater vom

26.01.1926: „Ohne die Dinge, die ich von dir und

Mutter gelernt habe, hätte ich jeden Gedanken an

Religion aufgegeben“, Stonehouse, S. 116. In seinem

autobiographischen Aufsatz „Christianity in Con�ict“

erklärt er, die Ursache für sein Beharren auf dem

biblischen Christentum sei deutlich mehr als an jedem

anderen Ort in seinem Elternhaus zu �nden, in: D. G.

Hart, “J. Gresham Machen: Selected Shorter Writings”,

Phillipsburg 2004, S. 548.

7 Auch „der Löwe von Princeton“ genannt, bekannt etwa

durch seine Auseinandersetzung mit der charismati

schen Bewegung („Counterfeit Miracles“) und seine

Verteidigung der Inspiration („�e Inspiration and

Authority of the Bible“).

8 Nichols, S. 31.

9 Nichols, S. 32.

10 Machen selbst bezeichnet sie als „Zeit des Kampfes und

der Seelenangst. Ich lebte in einer Umwelt, in der die

christliche Religion, wie ich sie kannte und liebte, vor

langer Zeit aufgegeben worden war“, Christianity and

Culture, in: Selected Shorter Writings, S. 560.

11 Wilhelm Herrmann, 1846-1922, war ein Schüler

Ritschls und einer der ein�ussreichsten liberalen

�eologen seiner Zeit. Das Beharren auf biblischen

Glaubensinhalten galt ihm als „katholisierende

Lehrgesetzlichkeit“, Weinhardt, in: RGG4/3, Sp. 1687.

Zu seinen bekanntesten Schülern gehörten Barth und

Bultmann.

12 Stonehouse, S. 106: „Herrmanns theologisch liberale

Einstellungen wirkten beeindruckend attraktiv und

herzlich. Dies lag weniger an der Plausibilität seiner

Argumente als an der beinahe magnetischen,

überwältigenden Anziehungskraft seines glühenden

religiösen Lebens“, S. 105. Machen selbst schrieb über

Herrmann an seine Mutter: „Er mag zwar unlogisch

und einseitig sein, aber ich sage dir, er ist lebendig“,

zitiert bei Chrisope, S. 79.

13 Terry Chrisope bezeichnet Machen zu Recht als einen

Mann von „großer intellektueller Ehrlichkeit“, „Toward

a sure faith“, Rossshire 2000, S. 18: „Er hätte einer

Behauptung nicht geglaubt, von der er der

Überzeugung war, dass sie nicht auch historisch wahr

sei“.

14 Zusammenfassung und Analyse bei Chrisope, S. 155�.

15 Reuben Archer Torrey, der �eologie in Yale studierte,

war zunächst Anhänger der liberalen, bibelkritischen

�eologie, bevor er sich auf für die Orthodoxie

entschied und Zeit seines Lebens verteidigte.

16 Stonehouse bemerkt, Machen habe sich nie selbst als

„Fundamentalist“ bezeichnet, S. 337. O�enbar ge�el

Machen der Begri� nicht. So schreibt er, er verstehe

nicht, weshalb die christliche Religion auf einmal zu

einem „-ism“ werden müsse (Christianity in Con�ict,

in: Selected Shorter Writings, S. 566); vgl. zum �ema

auch Machens Aufsatz „What Fundamentalism stands

for now“, in: Selected Shorter Writings, S. 116-122.

17 Machen war grundsätzlich sehr kriegskritisch

eingestellt, obwohl Präsident Woodrow Wilson ein alter

Freund der Familie und bis 1910 Rektor in Princeton

war, vgl. Nichols, S. 13; 31.

18 Nichols, S. 43.

19 J. Gresham Machen, „�e Origin of Paul’s Religion“,

New Edition, Birmingham 2006, S. 3.

20 Machen, �e Origin of Paul’s Religion, S. 4.

21 Nichols, S. 45 und 49.

30 – ausgabe 11

Page 31: #11 Vorbilder

Am 15. Mai 2013 haben wir einen Tag der

offenen Tür am RTS in den neuen Räumen.

Unter anderen wird es einen Vortrag von

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A N Z E I G E

Quellen# 1 1 V O R B I L D E R • 0 2 / 2 0 1 3

John Gresham Machen (S. 20-25)22 „Christianity and Liberalism“, Michigan 1923;

thematisiert wird nicht der politische, sondern der

theologische Liberalismus, dessen zentrale �ese im

Ablehnen alles Übernatürlichen bestand. Das Buch

basiert auf einem zuvor in der „Princeton �eological

Review“, Vol. XX, 1922, erschienenen Aufsatz

„Liberalsim or Christianity“. Machen widmete das

Buch seiner Mutter.

23 Nichols, S. 50; Fosdick selbst bezeichnete die Predigt in

seiner Autobiographie als Misserfolg.

24 Bezüglich der Jungfrauengeburt heißt das etwa: “An

eine Jungfrauengeburt als Erklärung für eine

außergewöhnliche Persönlichkeit zu glauben ist eine der

geläu�gen Wege, mit dem die antike Welt

ungewöhnliche Überlegenheit betrachtet hat“.

25 Harry Emerson Fosdick, „Shall the Fundamentalists

Win?“, in: Michael Warner, “American Sermons: �e

Pilgrims to Martin Luther King, Jr.”, New York 1999,

S. 775-786.

26 J. Gresham Machen, Christianity and Liberalism, S. 2.

27 Machen, Christianity and Liberalism, S. 53.

28 Machen, Christianity and Liberalism, S. 23; ebenso

Machen, �e Origin of Paul’s Religion, S. 168:

“Logically, the doctrine comes �rst”.

29 Machen, Christianity and Liberalism, S. 27.

30 Machen, Christianity and Liberalism, S. 64.

31 Machen, Christianity and Liberalism, S. 68.

32 Machen, Christianity and Liberalism, S. 76.

33 Machen, Christianity and Liberalism, S. 79.

34 Nichols, S. 95.

35 Nichols, S. 96.

36 Machen, Christianity and Liberalism, S. 179.

37 Stonehouse, S. 441.

38 J. Gresham Machen, „�e Attack upon Princeton

Seminary: A plea for fair play“, in: Selected Shorter

Writings, S. 319.

39 Stonehouse, S. 427.

40 Vgl. etwa David Kennedy, „Liberty Within Evangelical

Bounds“, in: �e Presbyterian, 05.03.1925, Vol. 95,

Nr. 10; Hall McAllister Gri�ths, �e Heretical

“Auburn A�rmation”: A Menace to the True Peace

and Purity of the Presbyterian Church, Philadelphia

1932; Gordon Clark, �e Auburn Heresy, 1935,

verö�entlicht in: �e Southern Presbyterian Journal,

15.07.1946.

41 J. Gresham Machen, “Shall the General Assembly

Represent the Church?”, in: �e Presbyterian,

05.03.1925, Vol. 95, Nr. 10, S. 6-8.

42 J. Gresham Machen, „�e Mission of the Church“, in:

�e Presbyterian, 08.04.1926, Vol. 96, Nr. 14, S. 10f.

43 Nichols, S. 65; Machens Haltung zur Mission ist kurz

dargestellt in „�e Christian View of Missions“, in: J.

Gresham Machen, „What is Christianity?“,

herausgegeben von Ned Stonehouse, Grand Rapids

1951.

44 Nichols, S. 67. Von seinem Kollegen Charles Erdmann

wurde Machen ö�entlich bezichtigt, voller

„Lieblosigkeit, Argwohn, Bitterkeit und Intoleranz“ zu

sein, Stonehouse, S. 375.

45 Nichols, S. 70, bezeichnet auch darum diesen Schritt

Machens als eines der am schwersten interpretierbaren

Ereignisse seines Lebens.

46 Machen, „Statement to the Presbytery of New

Brunswick“, in: Selected Shorter Writings, S. 332 u.

335.

47 Nichols, S. 61.

48 Zum Ein�uss Machens auf Schae�er vgl. Colin Duriez,

„Francis Schae�er: An authentic Life“, Wheaton 2008,

dort insbesondere Kapitel 2, S. 33-43. Schae�er selbst

geht auf die Modernismus-Debatte um Machen in

seinem Buch „Die große Anpassung – Der Zeitgeist

und die Evangelikalen“, 3. Au�., Bielefeld 2008, S. 40f.

ein.

49 John Galbraith, „Why the Orthodox Presbyterian

Church?“, verö�entlicht vom “Committee on Christian

Education of the OPC” , 1939. Der Aufsatz ging auf

die Kritik der Christen ein, die in der alten Kirche

geblieben waren und geht so weit, dies als Sünde zu

bezeichnen.

50 Nichols, S. 15.

51 Nichols, S. 65.

52 Pearl Buck, „Tribute to Dr. Machen“, �e New

Republic, 20.01.1937.

53 Henry Mencken, „Dr. Fundamentalis“, Baltimore

Evening Sun, January 18, 1937, 2nd Section, p. 15. In

ebendiesem Artikel erklärt er, Machens calvinistischer

Glaube stünde in seinem „privaten Horrorkabinett

nicht weit entfernt vom Kannibalismus“.

54 J. Gresham Machen, „What is the gospel?“, Union

Seminary Review 38 (1927), S. 160.

Johann Gerhard Oncken (S. 26-29)1 Nachdruck: Glaubensbekenntnis der evangelisch-

taufgesinnten Gemeinde in Hamburg (Waldems:

3L-Verlag, 2012).

2 Passend hierzu mein Vortrag: „Die vergessene �eologie

von Johann Gerhard Oncken“. Zu �nden auf:

www.erb-wetzlar.de .

3 Günther Balders, �eurer Bruder Oncken, S. 62

4 Eigene Übersetzung von: Charles Haddon Spurgeon,

�e Sword and the Trowel - August 1867

5 �eodor Duprée, J. G. Oncken, Leben und Wirken,

S. 141

Jonathan Edwards (S. 32-35)1 Jonathan Edwards, Personal Narrative in: Murray, Iain

H., Jonathan Edwards – ein Lehrer der Gnade und die

große Erweckung, Christliche Literaturverbreitung,

Bielefeld, 2011, S. 71.

2 Jonathan Edwards, Resolutions, eigene Übersetzung.

3 Jonathan Edwards, �e Works of Jonathan Edwards

Volume Two, Sinners in the Hands of an Angry God,

eigene Übersetzung.

4 Jonathan Edwards, Religious A�ections, in: Murray,

Iain H., Jonathan Edwards – ein Lehrer der Gnade und

die große Erweckung, Christliche Literaturverbreitung,

Bielefeld, 2011, S. 331.

5 Lawson, Steven J., �e Unwavering Resolve of

Jonathan Edwards, Reformation Trust Publishing,

Orlando, Florida, 2008, S. 13, eigene Übersetzung.

ausgabe 11 – 31

Page 32: #11 Vorbilder

JONATHAN EDWARDS

TextJonas Erne

Als Christen, die wir dem Herrn Jesus Christus nachfolgen, wünschen wir uns doch alle, ein Leben zur Ehre Gottes zu

führen. Wenn wir dabei nach einem Vorbild suchen, werden wir in Jonathan Edwards ganz bestimmt fündig. Er war keinesfalls perfekt, aber sein ganzes Leben war von dem

Wunsch durchdrungen, dass alles, was er tat, zur Ehre Gottes geschehen möge.

Page 33: #11 Vorbilder

ausgabe 11 – 33

Kindheit und JugendJonathan Edwards kam am 5. Oktober 1703 als fünftes Kind und einziger Sohn – ihm folgten noch sechs weite-re Schwestern – von Timothy und Esther Edwards, geborene Stoddard, in East Windsor (Connecticut) zur Welt. Sein Großvater mütterlicherseits war Solomon Stoddard, der Pastor von Northampton (Massachusetts), dessen Nachfolger Jonathan eines Tages werden sollte. Timothy Edwards, Jonathans Vater, war Prediger in East Windsor. Zu Beginn hatte ihn sein Vater in vielen Dingen unterrichtet. 1716 begann seine Zeit am College, was durch verschiedene Umstände eine recht chaotische Zeit war. Timothy wollte, dass sein Sohn im reformierten Glauben erzogen wurde. In Harvard, wo der Vater auch studierte hatte, wurden die Lehrer, die noch recht glaub-ten, durch andere ersetzt, die den reformierten Glauben ablehnten und den Menschen mit seinem freien Willen in den Mittelpunkt stellten. Aus diesem Grund wurde ein neues College gegründet, aus welchem später die Yale-University wurde. Jonathan war vielseitig interes-siert, ein wacher Beobachter mit einer alles durchdrin-genden Logik. So schrieb er schon in der Zeit am College Abhandlungen über bestimmte Naturphänome-ne. In diese Zeit am College fällt auch seine Bekehrung. Diese muss im März 1721 stattgefunden haben und veränderte sein Leben recht stark . Er schreibt dazu: „Das erste Mal erinnerte ich mich dieser Art von inwen-diger, lieblicher Freude an Gott und an göttlichen Dingen, die ich seither vielfach genossen habe, beim Lesen folgender Worte (1. Timotheus 1,17): „Dem König der Zeitalter aber, dem unvergänglichen, unsicht-baren, alleinigen Gott, sei Ehre und Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ Als ich diese Worte las, da kam in meine Seele ein Emp�nden für die Herrlichkeit des göttlichen Wesens, und es war, als sei sie ganz davon erfüllt. Es war ein neues Emp�nden, völlig anders als alles, was ich bisher erlebt hatte. Nie kamen mir irgend-welche Schriftstellen so vor, wie es bei diesen Worten der Fall war. Ich dachte bei mir, welch wunderbares Wesen

dies sei und wie glücklich ich doch sein müsste, wenn ich mich dieses Gottes erfreuen könnte und zu ihm in den Himmel entrückt würde und gleichsam ewig in ihm aufginge! […] Ich ging zu Gott, um ihn zu bitten, dass ich mich seiner freuen möge, und betete auf eine Weise, die sich völlig von allem unterschied, was ich zu tun gewohnt war; eine ganz neue Art der Herzensregung und Liebe war aufgebrochen.“1

Entschieden für Gott In den Jahren nach seiner Bekehrung wuchs in Jonathan das Verlangen, ein immer heiligeres Leben führen zu können – ein Leben, das Gott gefällt. Er wollte seinem Herrn dienen und das möglichst schnell. So wartete er gar nicht erst, bis er den Master-Titel bekommen hatte, sondern ging bereits im Alter von 19 Jahren nach New York, wo er die Arbeit eines stellvertretenden Predigers der dortigen Presbyterianischen Kirche bis 1723 ausüb-te. Er begann im Sommer 1722 seine Entschlüsse („Resolutions“) zu Papier zu bringen. Innerhalb von einem Jahr wuchs das Werk auf 70 Entschlüsse, zu denen er sich verp�ichtete. Die ersten sind schon sehr deutlich: „1. Ich verp�ichte mich, dass ich alles tun werde, was immer zu Gottes Verherrlichung dient, und zu meiner Freude, solange ich lebe, ungeachtet des Zeitaufwands, sei es jetzt oder nie, unzählige Zeitalter von jetzt an. Ich verp�ichte mich, zu tun, was ich glaube, was meine P�icht ist, und was am meisten dem Allgemeinwohl dient. Ich verp�ichte mich dazu, unab-hängig davon, auf welche Weise, und auf wie viele oder wie große Schwierigkeiten ich stoße. 2. Ich verp�ichte mich, mich fortwährend zu bemühen, neue Hilfsmittel oder Vorrichtungen zu suchen, um die vorigen Dinge zu fördern. 3. Ich verp�ichte mich, dass, wenn ich je fallen sollte oder lau werde, d.h. wenn ich eines dieser Dinge vernachlässigen sollte, dass ich Buße tun werde für alles woran ich mich erinnere, sobald ich wieder zu mir komme. 4. Ich verp�ichte mich, nichts zu tun, weder im Geist noch mit meinem Körper, außer dem, was Gott verherrlicht; noch werde ich so sein, wie es Gott missfällt, noch so etwas zu dulden, wenn ich es vermei-

»Ich verp�ichte mich, nie-mals einen Moment Zeit zu verlieren, sondern Zeit, so gut ich das kann, in güns-tigster Weise zu nutzen.«

Page 34: #11 Vorbilder

34 – ausgabe 11

den kann. 5. Ich verp�ichte mich, niemals einen Moment Zeit zu verlieren, sondern Zeit, so gut ich das kann, in günstigster Weise zu nutzen.“2 Auf diese Art und Weise geht es weiter. Jonathan Edwards wünschte sich nichts sehnlicher, als sein ganzes Leben unter die Herrschaft Gottes zu stellen. Die Deutlichkeit dieser Entschlüsse ist erstaunlich. Wir leben in einer Zeit, in der nichts mehr gebraucht wird, als entschiedene, entschlossene Nachfolger Christi. Deshalb wäre es von riesigem Gewinn, wenn wir wieder beginnen würden, Edwards zu lesen, von ihm zu lernen und uns mit seiner Entschiedenheit der Nachfolge Jesu hinzugeben.

Die große ErweckungNach seinem stellvertretenden Predigtdienst in New York ging er zurück nach Yale, wo er als Tutor arbeitete. Dort konnte er in seiner Freizeit weiter seinen Studien nachgehen. 1727 wurde er als Helfer und Nachfolger für seinen Großvater Solomon Stoddard nach Northamp-ton berufen. In diesem Jahr heiratete er Sarah Pierre-pont, die aus einer bekannten Predigerfamilie stammte. Als sein Großvater 1729 starb, war er allein für die Gemeinde in Northampton verantwortlich. Zwei Jahre später begann eine Bewegung im Ort: Die Menschen begannen vermehrt, nach dem Glauben zu fragen. Die Kneipe wurde kaum noch besucht, dafür wurde an allen Orten von Gott und seinem Wirken gesprochen. Interessant ist, dass in jener Zeit in vielen Orten Ameri-kas eine ähnliche Bewegung begann, die ihren gemein-samen Höhepunkt in den Jahren 1741 und 1742 hatte. Diese Zeit nennt man „�e Great Awakening“ (die große Erweckung). In jener Zeit hielt Edwards seine berühmteste Predigt, nämlich „Sinners in the Hands of an Angry God“ (Sünder in den Händen eines zornigen Gottes). Eine der größten Herausforderungen für Edwards war die Frage, wie man Gottes Wort verständlich erklärt. Die Bibel lehrt den Zorn Gottes über Sünder, die nicht bereit sind, Buße zu tun. Deshalb muss man den Menschen dies so klar machen, dass sie es verstehen und es sich zu Herzen nehmen. So predigte er über 5. Mose 32,35: „Der Gott, der dich über dem Abgrund der Hölle festhält, so, wie man eine Spinne oder ein widerliches Insekt über das Feuer hält, ist furchtbar provoziert: Sein Zorn gegen dich brennt wie ein Feuer; er sieht, dass du nichts anderes verdienst, als ins Feuer geworfen zu werden; […] Du hast ihn unendlich mehr beleidigt, als ein Rebell jemals seinen Fürsten beleidigen könnte; und es gibt nichts außer Seiner Hand, was dich halten könnte, sodass du nicht jeden Moment ins Feuer fallen könntest.“3

Die Auswirkungen dieser Predigten waren groß. Viele Menschen wurden sich plötzlich schlagartig der Heiligkeit Gottes bewusst, ebenso aber auch, dass sie selbst Sünder waren und welch eine große Kluft sich zwischen ihnen und dem herrlichen Gott befand. Manche begannen zu weinen, andere schrien in ihrer Erkenntnis auf, wieder andere lachten und freuten sich, dass sie die Erlösung annehmen durften. Das führte aber auch zu Problemen, denn es tauchte die Frage auf, inwieweit diese Gefühle tatsächlich die Echtheit des

»Die Kneipe wurde kaum noch besucht, dafür wurde an allen Orten von Gott und seinem Wirken gesprochen.«

Page 35: #11 Vorbilder

ausgabe 11 – 35

Glaubens bezeugten. In der Auseinandersetzung mit dieser Frage entstand eines seiner wichtigsten Werke: „Religious A�ections“ (Religiöse Gefühle). Hierzu muss man vorausschicken, dass Edwards wohl der Letzte gewesen wäre, der die Gefühle als solche grundsätzlich verdammt hätte. Dies wird auch in seinen Resolutions deutlich. Gefühle führen zu Handlungen, deshalb müssen die richtigen Gefühle gefördert werden. Ein Glaube, der nur aus den richtigen Gedanken und Bekenntnissen besteht, ist für Edwards gar kein Glaube. So schreibt er zu der Haltung, die alle Gefühle verwirft: „Statt glaubensmäßige Regungen ohne Prüfung zu schätzen und zu bewundern, verwirft und verachtet man sie ohne Prüfung. Hierin erkennt man die List Satans … Er weiß genau, dass er auf diese Weise alle Frömmigkeit zu einem rein äußerlichen Formalismus ohne jedes geistliche Leben machen und die Kraft der Gottseligkeit samt allen geistlichen Sachverhalten ausschließen kann. So wird allem wahren Christentum die Tür verschlossen.“4 Man kann aber auch auf der anderen Seite vom Pferd fallen. In der Zeit der großen Erweckung gab es zahlreiche Menschen, die Predigten vor allem um der Gefühle willen hörten. Manche haben gar nicht mehr richtig gearbeitet, weil sie so verrückt nach diesen Gefühlen waren, die manche Predigten hervorriefen. So geriet die Erweckung als Ganzes ins Kreuzfeuer der Kritik. Edwards hielt deshalb auch einmal eine Predigt, in der er die Kennzeichen der echten Erweckung nannte: „1. stärkt sie in den Menschen die Hochachtung vor Jesus als Sohn Gottes und Retter der Welt. 2. führt sie dazu, dass sie sich von ihren Verderben und Begier-den weg der Gerechtigkeit Gottes zuwenden. 3. verstärkt sie ihre Achtung vor der Heiligen Schrift. 4. erbaut sie ihren Verstand in den objektiven Wahrheiten des o�enbarten Glaubens. 5. erweckt sie echte Liebe zu Gott und den Mitmenschen.“5 Auch hier können wir von Edwards lernen, wenn wir uns Erweckung wünschen.

Ein Streit und seine FolgenAls Jonathan Edwards die Gemeinde in Northampton übernahm, war es unter seinem Großvater üblich, dass jeder am Abendmahl teilnehmen konnte, der nicht gerade in o�ensichtlichen Sünden lebte. Dazu muss man natürlich wissen, dass in jener Zeit das Abendmahl nicht ein Teil des Gottesdienstes war, sondern eine gesonderte Veranstaltung, die alle acht Wochen stattfand. Zu dieser wurden nur die Personen hereinge-lassen, die für sich eine Zulassung erbeten hatten. Nun ging es um die Frage, wer diese Zulassung bekommen sollte. Solomon Stoddard hatte die Gemeinde aufgefor-dert, dass möglichst viele zu dieser Veranstaltung kommen mögen. Er verstand das Abendmahl als etwas, was auch zur Bekehrung hinführen kann. Die einzige Bedingung, die er festlegte, war ein gottgemäßes Leben. Im Laufe seines Dienstes und seiner zunehmenden Erkenntnis von Gottes Wort kam Jonathan Edwards zu einer anderen Einsicht. Er erkannte, dass das Abend-mahl für die vorbehalten ist, die bereits gläubig sind. Seinen Grundsätzen folgend, wollte er möglichst keine

Zeit verlieren und eine neue Ordnung für die Zulassung erstellen. Mit diesem Wunsch kam eine Kontroverse zum Vorschein, die untergründig schon länger geführt wurde. Es gab einige, die mit Edwards unzufrieden waren, und diese Frage als Anlass nahmen, nun o�en gegen ihn zu arbeiten. Ein Gemeindeausschuss konnte sich nicht einmal einigen, ob Edwards zu dem �ema eine ö�entliche Veranstaltung einberufen durfte oder nicht. So sah er als einzigen Ausweg die Möglichkeit, seine Sicht der Dinge schriftlich festzuhalten. Was entstand, war ein Buch, von dem er verlangte, dass alle, die abstimmen wollten, wie es mit der Gemeinde weiter-gehen sollte, dieses zuerst lesen müssten. Kurze Zeit darauf wurde er in Northampton abgewählt und trat im Juli 1750 von seinem Amt zurück. Hier sehen wir einen der Charakterzüge, der es ihm in seinem Beruf wohl oft nicht leicht machte. Er war sehr hilfsbereit und hatte auch oft und viele Gäste bei sich, aber in erster Linie brannte er für Gott und für die Heiligung seiner Gemeinde. Wo er etwas Neues erkannt hatte, musste es möglichst schnell umgesetzt werden. Da kam wohl seine Gemeinde nicht mehr hinterher, was zu Kon�ikten führte. Auch hier können wir von ihm lernen. Es braucht Geduld, um eine ganze Gemeinde dorthin zu führen, dass sie mit solch gravierenden Neue-rungen einverstanden ist. Vergleichbar ist dieser Kon�ikt zum Beispiel mit unseren heutigen Fragen nach dem Musikstil in der Gemeinde.

Das Ende und Erbe eines GottesmannesNachdem er von seinem Amt in Northampton zurück-getreten war, zog er nach Stockbridge um. Dies war ein kleiner Ort, der am Rande der Wildnis lag. Hier übernahm er eine kleine Gemeinde von Siedlern und half in der Indianermission. Die Zeit dort war recht schwierig, denn er litt an �nanziellen und auch gesund-heitlichen Nöten. Außerdem hatte er auch dort Gegner. �eologisch gesehen war die Zeit nach dem Rücktritt in Northampton die erfolgreichste, denn in dieser Zeit fand er Gelegenheit, um verschiedene Werke fertigzu-stellen und zu schreiben. Im Alter von 55 Jahren starb er am 22. März 1758. Die Yale-Universität hat die ganzen Werke Jonathan Edwards in 73 Bänden herausgegeben. Das ist ein immenses Erbe, das wir dankbar annehmen dürfen. Seine Biographie des Indianermissionars David Brainerd hat in vielen Generationen dazu geführt, dass sich junge Menschen für die Mission begeistern ließen. Seine Schriften zur Erweckung können uns auch heute helfen, wenn wir uns Erweckung wünschen. Seine Auseinan-dersetzung mit dem freien Willen zeigt uns, wo die Möglichkeiten und Grenzen des menschlichen Willens liegen. Und dass uns seine „Resolutions“ zu einem hingegebenen, christuszentrierten und dienstbereiten Leben anspornen mögen, das ist mein Gebet. Soli Deo Gloria – Gott allein die Ehre! ¶

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T I M O T H E U S M A G A Z I N . D EFA C E B O O K . C O M / T I M O T H E U S M A G A Z I N

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