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Beirat f"tir Wirtsmafts- und Sozialfragen KLEIN· UND MITTELBETRIEBE IM WACHSTUMSPROZESS WIEN 1978

1 beirat klein und mittelbetriebe im wachstumsprozess

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Österreich: Sozialpartnerschaft und Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen als Gestalter des Wandels. Prof. DDr. Norbert W. Knoll-Dornhoff war Stv. Vorsitzender der Beiratsarbeitsgruppe "Klein- und Mittelbetriebe im Wachstumsprozess"

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Beirat f"tir

Wirtsmafts- und Sozialfragen

KLEIN· UND MITTELBETRIEBE

IM WACHSTUMSPROZESS

WIEN 1978

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·'-0!"~." .

BEIRA T FüR WIR TSCHAFTS~ UND SOZIALFRAGEN

Mitglieder:

Manfred D ren n i gChristian Fes t aKar! HedrichRudolf Kar a 11Alfred Klo s eKunata Kot t u 1ins k yThomas L ach sErich S c h m i d tFranz S turn m e rMaria S z e s c iKlaus W e j W 0 d aDtto Z ö 11 n e r

Geschäftsführer:

Klaus He c k eHans R e i t hof e r

Horau'/feber, Elientßmer, Verleger und Druek: earl Ueberreuter Druek und Verlag, 1095 Wien 9,Abtr Straße 2i, im Auftrage de. Beirate. filr WirtsehaflJ- und Sozialfragen. Fur den Inhaltver~ntwortlich: Dr. Klau. Heck. und Dr. Hans Reithofer, beide l095 Wien 9, Aloer Straße ~i

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VORWORT

Als der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen im Jahre 1970den Beschluß faßte, seine "Vorschläge zur Industtiepolitik" miteiner Studie über die Klein- und Mittelbetriebe zu ergänzen, warenviele Kenner der österreichischen Wirtschaft skeptisch, ob dasrecht unvollständige statistische Datenmaterial ausreichen würde, umzu sachlich fundierten Ergebnissen zu kommen. Schon die Frage derDefinition des Klein- und Mittelbetriebes hat Wirtschaftstheoretikerbeschäftigt, ohne daß diese Kontroverse heute als gelöst bC7,eichnetwerden könnte. Unseren Mitarbeitern war daher von vornhereinklar, daß nur ein pragmatisches Vorgehen zu brauchbaren Resul-taten führen würde. Der Bettiebstyp, in dem das personale Wirt-schaftsprinzip dominiert, wo der Eigentümerunternehmer im wesent-lichen die Verantwortung und das Risiko trägt, stand dabei im :Mittel-punkt.

Der Beirat hofft, mit seinen Vorschlägen einen Beitrag zu einerzukunftsorientierten Mittelbetriebspolitik leisten zu können unddankt allen :Mitgliedcrn der Arbeitsgruppe für ihre umfangreichenVorarbeiten, die wegen der Breite des Themas sehr viel Zeit in An-spruch genommen haben. Besonderer Dank gilt dem Vorsitzenden,Herrn Landeshauptmannstellvertreter Dr. Wilfried l1aslatlfr, seinemStellvertreter, Herrn Dr. Norbert KnolI, dem Geschäftsführer, HerrnDkfm. Ferdinand Lacina, sowie Herrn Dkfm. Werner Birnbaumerund den im Anhang dieser Studie namentlich genannten Autorenvon Teilentwütfen.

Dr. Thomas LACHSVorsitzender des Beirates

für Wirtschafts- und Sozialfragen

Wien, im September 1973

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A. EINLEITUNG UND BEGRIFFSBESTIMMUNG

B. STELLUNG UND ENTWICKLUNG DERKLEINEREN BETRIEBE

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INHALTSVERZEICHNIS

KLEIN- UND MITTELBETRIEBEIM WACHSTUMSPROZESS

1. Betriebsgrößenstruktur 9

II. Anteil der kleineren Betriebe an dör Wertschöpfung . . .. 12

III. Exportleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 14

IV. Entwicklungstendenzen . . . . . . . .. 15

C. ALLGEMEINE PROBLEME UND TRENDS

1. Finanzierung 19

i1. Organisation 48

III. Technologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 58

IV. Räumliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 65

D. SONDERPROBLEME 67

E. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN

1. Finanzierung 75

II. Organisation 80

III. Technologie .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 83

IV. Räumliche Aspekte.. . . .. . .. . .. .. . .. . . . . . . . . . . .. 85

V. Sonderprobleme 86

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A. Einleitung und Begriffsbestimmung

Die Studie des Beirats über die Probleme der kleineren Betriebeim Wachstumsprozeß soll eine Analyse der Wachstumserfordernisseund -hemmnisse, Umstellungsvoraussetzungen und Umstellungs-möglichkeiten bringen und Maßnahmen aufzeigen, die den Struktur-wandel und das Wachstum im klein- und mittelbetrieblichen Bereichfördern. Empfehlungen der Studie sollen darauf abzielen, die Lei-stungsreserven dieser Betriebe zu mobilisieren.

Voraussetzungen für ein beschleunigtes Wachstum der Betriebe,für Spezialisierung und Umstrukturierung, für Betriebsgründungensowie für den Wechsel in andere Berufe können durch Selbsthilfedes Unternehmers, durch Fremdhilfe auf privatwirtschaftlicherBasis, durch Kooperation auf Unternehmens- und Verbandsebeneund durch die öffentliche Hand geschaffenwerden. FinanzielleHilfen,die den Betrieben von der öffentlichen Hand gewährt werden, habenals Wachstumsanreize grundsätzlich temporären Charakter.

Die Studie soll die BeiratsvorscWäge zur Industriepolitik, die inwesentlichen Teilen für sämtliche Betriebsformen und Betriebs-größen gelten, in einer Weise ergänzen, daß Spezialprobleme derkleineren Betriebe aller Wirtschaftsbereiche behandelt werden. Essoll somit eine Standortbestimmung für eine zielführende Wachs-tumspolitik im klein- und mittelbetrieblichen Bereich der österrei-chisehen Wirtschaft angestrebt werden.

Die Begriffe Betriebe und Unternehmen können synonym ge~braucht werden, wenn nicht auf Abweichungen besonders verwiesenwird. Während in Europa die Einteilung der Betriebe nach ihrerGröße in kleine, mittlere und große Betriebe üblich ist, unterscheidetman in den USA zwischen "small'business" und "big business".Für die vorliegende Stuclie erscheint es zweckmäßig, ebenfalls vonder gebräuchlichen ttipolaren Einteilung abzusehen und nur zwi-schen großen und kleineren Betrieben zu unterscheiden. Unter klei-neren Betrieben versteht der Beirat demnach die kleinen und mitt-leren Betriebe im Sinne der sonst üblichen Terminologie.

Es erscheint unmöglich, aber auch nicht zielführend, die klei-neren Betriebe ausschließlich mit Hilfe quantitativer Kriterien(z. B. Beschäftigtenzahl, Jahresumsatz usw.) gegenüber den großenBetrieben abzugrenzen. Es gibt keinen eindeutigen Maßstab, mit dem

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man die relative Größe eines Betriebes gegenüber den anderen Be-trieben messen könnte. Je nach den besonderen Voraussetzungen,unter denen die Betriebe wirtschaften, würde die Bewertung derBetriebsgröße anders ausfallen. Sie ist relativ zu der Größe und derBeschaffenheit der Dienstleistungs- und Warenmärktc, dem je-weiligen Stand der Technologie, den Auswirkungen der Wirtschafts-integration, den besonderen regionalen (strukturellen und norma-tiven) Voraussetzungen, welche die Betriebe vorfinden. Für die vor-liegende Studie erscheint es deshalb notwendig, vor allem quali-tative Merkmale der kleineren Betriebe aufzuzeigen.

Man wird davon ausgehen können, daß für die kleineren Betriebedie Rechtsform der Aktiengesellschaft kaum in Prage kommt. Dieüberwiegende Zahl der kleineren Betriebe wird als Einzclunter-nehmen, Personengesellschaften (z. B. OHG, KG) und personenbe-zogene Kapitalgesellschaften (Ges. m. b. H.) geführt. Die persön-liche Beziehung des Unternehmers zum Betrieb und zur Belegschaftist demnach das im allgemeinen zutreffende Merkmal der kleinerenBetriebe.

Die in der Studie zu behandelnden Probleme ergeben sich fürBetriebe- verschiedener Wirtschaftssparten und Größenklassen. Essollen aber nur jene Betriebe erfaßt werden, bei denen folgendeKriterien zutreffen:

_. Der Unternehmer ist überwiegend Eigentümer des Betriebs-vermögens.

- Ein überwiegender Teil der Pührungsfunktionen ist in seinerHand vereinigt.

- Die überschaubarkeit des Betriebes ist gegeben.

Wenngleich für die Begriffsbestimmung das Vorliegen des"personalen Wirtschaftsprinzips" als entscheidendes qualitativesKriterium angesehen wird, so werden dennoch für die Analyse derStellung und Entwicklung der kleineren Betriebe die vorhandenenstatistischen Daten herangezogen werden müssen.

Unter Wachstumsprozeß soll hier das funktionale Zusammen-wirken jener Kräfte verstanden werden, das nicht nur auf eine Ver-größerung des Sozialprodukts, sondern auch auf eine qualitativeVerbesserung des Güter- und Leistungsangebotes sowie der Umwclt-bedingungen hinzielt.

Die verschiedenen für das Wirtschaftswachstum maßgeblichenFaktoren schaffen für die Betriebe jene Bedingungen, nach denen sie

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ihre unternehmerische Disposition ausrichten müssen, Damit tragendiese Betriebe - global gesehen - zu den gesamtwirtschaftlichenVeränderungen aktiv bei, so daß sie selbst als Bestimmungsfaktorendes Wachstumsprozesses anzusehen sind.

Dieser Prozeß ist vor allem durch Änderungen der Nachfrage-struktur, die Dynamik der technischen Entwicklung und die darausfolgende Notwendigkeit zu einer verstärkten Kapitalbildung undMobilität der Unternehmen gekennzeichnet.

Der Beitrag der kleineren Betriebe zum Wirtschaftswachstumkann in einer Erhöhung oder Verbesserung des Angebotes bestehen.Dafür sind die betriebliche Expansion, die Steigerung der Pro-duktivität oder der volkswirtschaftlichen Rentabilität (z. B. Ver-meidung von Umweltbelastungen) ebenso bedeutsam wie die An-passung an eine geänderte Nachfrage.

Diese kann in erster Linie durch Anwendung moderner Methodender Unternehmensführung, technischer Neuerungen bei der Lei~stungserstellung, Ausgliederung betrieblicher Funktionen sowiedurch Spezialisierung oder Umstellung des Produktions- und Dienst~leistungsprogramms erreicht werden.

Ähnlich wie zwischen dem gesamtwirtschaftlichen Wachstumund der Entwicklung im betrieblichen Bereich wechselseitige Be-ziehungen bestehen, so lassen sich auch zwischen steigender Pro-duktivität und Expansion starke Interdependenzen erkennen.

Die Umstellung ut;ld Spezialisierung kann neben einer dadurchbewirkten Produktivitäts steigerung auch mit einem internen Wachs-tum der Betriebe Hand in Hand gehen.

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B. Stellung und Entwicklung der kleineren Betriebe

I. BETRlEBSGRÖSSENSTRUKTUR

Als Betrieb wird in der österreichischen Statistik in der Regel dieörtliche, kostenrechnende Einheit aufgefaßt, Von den in der Be-triebszählung 1964*) gezählten 214.390 nichtlandwirtschaftlichenBetrieben gehören 210.609 oder 98'2% zu Einbetriebsunternehmen,dabei sind Betrieb und Unternehmen also ident. Die restlichen3.781 Betriebe gehören zu 1.525 Mehrbetriebsunternehmen, Ins-gesamt bestanden somit 1964 im nichtlandwirtschaftlichen Bereich212.134 Unternehmen mit 214.390 Betrieben.

Daß die Probleme der kleineren Betriebe in der Wirtschafts-politik von großer Bedeutung sind, läßt sich unmittelbar aus derStruktur der Betriebsgrößen in der gewerblichen Wirtschaft ab-leiten: fallen doch nicht weniger als 99'0% aller Betriebe in Größen-klassen mit weniger als 100 unselbständig Beschäftigten bzw. 89'9%in Größenklassen unter 10 unselbständig Beschäftigte. Der Anteiljener Betriebe, die im Jahresdurchschnitt keine Unselbständigen be-schäftigen, ist mit 39'9% relativ hoch.

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Tabtlü tDi6 V 6T'ltilulig tkr Btlri6bt Ulld B6ic~:igl611 auf Größ6IIgrupptli tkr utlulbsllJtldig

BucblJ tigI6t1 t 964Größonarnppen der unllClb'llOdlf. llo-unoolbotindJg Be- ocl>lIftigte Im ohre'·

och4ftlgton im Bo'rlobo lloochdl'tlgto !n,_m' durchlChnittJObteodu«h,d1nitt .bllQlttt in 0/0 oboolu' 11'% ab80lut 11'%

0 85.522 39"89 127.889 6'301--4 87.334 40'74 302,343 14'89 167,574 9'845-9 19,827 9'25 161.071 7'93 128,348 7'54

10--19 10,365 4'84 156,295 7'70 139.162 8'1820--49 6,841 3'19 218.131 10'74 207,836 12'2150--99 2.335 1'09 163.751 8'07 160.456 9'43

100--499 1.832 0'85 369,987 18'22 367,968 21'62500--999 202 0'09 136,040 6'70 135,919 7'991.000 und mehr 132 0'06 394,840 19'45 394.797 23'19

Zusammen., , 214.390 100'00 2,030,347 100'00 1,702.060 100'00

!2JIIU" Nkhtlondwlrtochoftllche Bottleb,:olhlung 1964,

*) Die Nichtlandwirtschaftliche Betrlebszählung 1964 ist die letzte zurVerfüe;ung stehende Großzählung, der Strukturdaten für den gesamten nicht-Iandwutschaftlichen Bereich entnommen werden können. Aktuellere Struktur~daten sind nur für einige Teilbereiche (z. B. Industrie) vorhanden,

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Tab6/Ü 2Verteilung der B6tri6b6 atif Gräßmgnrpp8n d6r linulbstlindig B8schajtigtm*"')

Aus Tabelle 1 ist ferner ersichtlich, daß immerhin mehr als dieHälfte aller Beschäftigten, nämlich 55'6%, und annähernd die Hälftealler unselbständig Beschäftigten (4T2%) in kleincren*) Betriebenarbeiten, 26'2% der Beschäftigten insgesamt bzw, 31'2% der unselb-ständig Beschäftigten arbeiten in Betrieben mit 500 und mehr Be-schäftigten,

Die österrcichische Betriebsgrößenstruktur sollte auf Grunddieser Zahlen aber keineswegs als "typisch kleinbetrieblich" abge-stempelt werden, Internationale Vergleichszahlen zeigen, daß diebetriebliche Größensttuktur in vergleichbaren Industriestaaten derösterreichischen entspricht,

Öotorrolch Pnnkrdc:h Schwol.> BRD"')1964 1966 1965 1970

1-9 ................. 83'2 86'S 85'0 8TS10--19 ................. 8'0 6'2 7"4 6'320--49 ................. 5'3 4'4 4'7 3'750-99 ................. 1'8 1'5 1'6 1'3100 und mehr ........... 1'7 1'4 1'3 1'2

Q<HJlo: N.tlon,l< Stotl,tlkon.

So entfallen in den verglichenen Ländern durchwegs 98'0 bis98'7% der Betriebe mit unselbständig Beschäftigten auf die Größen-gruppe der kleineren Betriebe, während sie ungefähr die Hälfte bisdrei Pünftel der unselbständig Beschäftigten auf sich vereinen,

*) Als kleinere Betriebe können hier Betriebe bis unter 100 unselbständigBeschäftigte bezeichnet werden. Eine Trennung in Klcin-, Mittel- und Groß-betriebe ließe sich auch mit Hilfe des Kriteriums der kumulierten Beschäftigungdurchführen, wonach Betriebe, die das erste Drittel der Beschäftigten aUerBetriebe auf sich vereinigen, als Kleinbetriebe, diejenigen, die den· Rest derersten Hälfte der Beschäftigten aUer Betriebe auf sich vereinigen, als Mittel-betriebe gelten (Untersuchung über die Lage der industriellen Klein- und Mittel-betriebe in den EWG-Ländern, Kollektion Studien, Reihe WettbewerbNr, 4, Brüssel 1966, S, 17), Großbetriebe sind demnach alle Betriebsgrößen-gruppen, in denen zusammen die zweite Hälfte aller Beschäftigten tätig ist,Wendet man dieses Kriterium auf die österreichische gewerbliche Wirtschaftan, so sind Kleinbetriebe mit rund 0 bis 30 Bcschllft:igten, Mittelbetriebe mit30 bis 100 Beschäftigten abzugrenzen,

>f<>f<) Ohne Betriebe mit 0 unselbständig Beschäftigten,>f<>f<>f<) Arbeitsstätten, ausgenommen Organisationen ohne Erwerbscharakter

sowie Gebietskörperschaften ·und Sozialversicherung, Als Arbeitsstätten geltendie örtlichen Einheiten, d, h. abgetrennte Räumlichkeiten, in denen unter Ein-schluß des Leiters mindestens eine Person haupt- oder nebenberuflich ständigtätig ist,

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Tabdl6 }

V~,.t6illlng d8,. unselbständig B6SChdjtigJ8n aJ~rdie einzelnen G,.Oßeng,,"ppen*)

Österreich Frl\nkreich SchweIz DRD")1964 1966 196" 1970

1-9 ................. 17"4 21'3 24'2 24'610-19 ................. 8'2 8'6 10'4 8'420·~-49 ................. 12'2 14'0 14'8 11"350-99 ................. 9'4 10'6 11"7 9'1100 und meht ........... 52'8 45'5 38'8 46'6

Q1klil: Nationale Statistlken.

-------

*) Ohne Retriebe mit 0 unselbständig Beschäftigten,**) Arbeitsstätten, ausgenommen Organisationen ohne Etwerbscharakter

s,:,wic 0ebictsk!jrpc.rschaften und Sozialvers~cher.ung, Als Arbcitsstättcn gclt,endie örtllchcn Emhclten, d, h, abgetrennte Raumltchkelten, in denen unter Ein-schluß dcs Leiters mindestens eine Person haupt- oder nebenberuflich ständigtätig ist.

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11,ANTEIL DER KLEINEREN BETRIEBEAN DER WERTSCHÖPFUNG

1964 wurde fast die Hälfte (45'9%) der gesamten Wertschäpfungder gewerblichen Wirtschaft in Betrieben mit bis zu 99 unselbständigBeschäftigten erbracht, ca, ein Fünftel (18'2%) in Betrieben mit biszu 9 Dienstnehmern,

Den Produktions- und Marktbedingungen entsprechend ist dieBedeutung der kleineren Betriebe in den einzelnen Wirtschafts-abteilungen stark unterschiedlich,

Tah6/ü 4B6ilriJg6 d6r B61ri6h6 zur g6Saml6n W6rlschiipjung, nach Wirlschajlsabl6ilung6n. 1964,

in ProZ6nlan16i16n

Grö~ppon h Il ..I ~ J, jdoru ~dlg Jj 1IBoocholftlgton J~ ~ i·JJ !-<

0 2'4 0'2 1"1 0'5 6'4 0'0 4'3 9'51---4 9'2 2'5 5'5 6'0 19'8 3'3 18'7 30'35-9 6'6 2'5 4'5 T5 12'2 3'4 10'5 14'8

10-19 T3 3'4 5'6 10'4 11'9 4'8 9'2 11'820---49 11'5 6'1 10'0 18'6 16'4 6'1 10'2 12'550-99 8'9 3'7 8'9 14'7 10'6 5'3 6'7 6'4

100---499 22'1 14'6 21'6 26'2 16'6 24'4 12'1 8'7500-999 8'7 4'8 11'8 8'3\ 6'1 10'4 1'01 6'01.000 und mchr , , 23'3 62'2 25'0 TB, 42'3 21'3(

100'0 100'0 100'0 100'0 100'0 100'0 100'0 100'0

.) Au.genotnmen Eloenb.ho· und A<rtobu.botrl<b &r OatorrolcWochon Dun&.bohnen IOwle Po.t-, Femmolde-und Po","utodlenot d.. Oat<rt<lcW.chon POil- und Tolegnphenvetwaltuog,

12.. 1": Nlehtlondw!rtlChaftUcho Betrlablldltlung 1964,

Der Anteil der Betriebe ohne unselbständig Beschäftigte an dergesamten Wertschöpfung ist in fast allen Wirtschaftsabteilungen sehrniedrig, Nur bei den Dienstleistungen (9'5%) und im Handel (6'4%)liegt er über dem Durchschnitt,

Überdurchschnittlich hoch ist der Wertschäpfungsanteil der Be-triebe mit 1 bis 9 unselbständig Beschäftigten bei den Dienstleistun-gen (45'1%), im Handel (32'0%) und in der WirtschaftsabteilungTransport und Nachrichtenübermittlung (29'2%), Die Betriebe bisunter 100 Beschäftigte erbringen bei den Dienstleistungen mit 85'3%und im Handel mit 77'3% den überwiegenden Anteil der Wert-

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schöpfung in diesen Wirtschaftsabteilungen ; überdurchschnittlichenWertschöpfungsanteil weisen sie ferner in der Transport- und Nach-richtenübermittlung mit 59'6% und auch im Baugewerbe mit 57"7%auf.

Der Beitrag der Betriebe bis unter 100 Beschäftigte in der Wirt-schaftsabteilung 3/4 (produzierendes Gewerbe und Industrie) erscheintim Vergleich zu dem in anderen Abteilungen erbrachten gering(produzierendes Gewerbe und Industrie 35'6%, Dienstleistungen85'3%). Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß in den einzelnenWirtschaftsbereichen unterschiedliche Bettiebsgrößen zur Leistungs-erstellung notwendig sind.

In der Aufgliederung nach Sektionen der Kammern der gewerb-lichen Wirtschaft werden im Bereich der Sektion Gewerbe 74'7%und in der Industrie 19'2% der Wertschöpfung in kleineren Betriebenerstellt. In der Sektion Gewerbe ist allerdings ein Drittel der Betriebeim Dienstleistungsgewerbe tätig.

Tab,l18 5VHrtHilrmg d,r W8rtschbpfung in Prozent auf di. Gröj.nffuppHn dHr uns.lbstiindigB6Schiiftigten in dm S.ktionHn GHwHrbHund Industri. dHr Kamm,rn tkr g,wHrblichm

Wirtschaft, 1964

13

o .1---4 .5-9 .

10-19 .2ü-49 ..50-99 .

100--499 .500-999 .1.000 und mehr .

Gewetbo Indultde

2"7 0'015'5 0'412"7 0'813"7 2'218'9 1'011'2 8'816'6 32'04"7 14'74'0 34'1

100'0 100'0

J2tu14, Nlchtlandwlrtochafdlch. BotrlebuIhluog 1964.

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*) Siehe Export und Betriebsgröße, Monatsberlehte Institut für Wirtsehafts-forschung, Heft 4, 1972.

III. EXPORTLEISTUNG*)

Für ein kleines Land wie Österreich ist die außenwirtschaftlicheVet-Aechtungvon großer Bedeutung. Etwa 55% der österreichischenIndustriebetriebe setzen einen Teil ihrer Produkte im Ausland ab.Die Exportbeteiligung hängt von der Größe der Betriebe ab, größereBetriebe sind häufiger Exporteure als Kleinbetriebe. Auch dieExportintensität steigt mit der Betriebsgröße. Durchschnittlichliefern exportierende Betriebe der Industrie 37°/.) ihrer Umsätze insAusland, die Industriebetriebe von 6 bis 20 Beschäftigten nur 12%,Industriebetriebe über 1.000 Beschäftigte hingegen 51%. Eine Ein-beziehung des Gewerbeexportes und eine Aufteilung nach Größen-klassen ergibt, daß Betriebe bis 100 Beschäftigte 15% und Be-triebe über 100 Beschäftigte 85'10 des Gesamtexportes (unter Ver-nachlässigung der nichtindustriellen und nichtgewerblichen Aus-fuhren) erbringen.

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IV.ENT~CKLUNGSTENDENZEN

Wie sich die kleineren Betriebe in einer wachsenden Volkswirt-schaft entwickeln, d, h. welchen Einflüssen sie unterworfen sind undinwiefern sie selbst zum Wachstum beitragen, läßt sich mangels sta-tistischer Unterlagen nicht erschöpfend beantworten.

Zunächst kann festgestellt werden, daß sich von 1961 bis 1971 dieZahl der Betriebe mit 1 bis 4 unselbständig Beschäftigten verringert,während alle übrigen Betriebsgrößen absolut und relativ an Bedeu-tung gewinnen.

Gleichzeitig erhöhte sich die durchschnittliche Betriebsgröße von9'3 auf 10'1 unselbständig Beschäftigte pro Betrieb*),

V6rt6ilung d6r B6tri6b6 auf di6 Gröjengruppm d" v6rsicherten Beschajtigtm j6 B6trüb,1961 uniJ 1971

15

7.. bl d", &trlobeGröllongrnppon der ver- Vwollung In %.ichcrtcn &1('h~ft1gtM 1. Foh_r Ende ]4nnor Nettozu- und

10&trleb 1961 1971 ahK>i°llo 1961 1971

1 .......... 53.518 51.058 ··-2,460 35'20 33'922---4 .......... 54.499 52,164 ~·2,335 35'85 34'665-9 .......... 21.596 22,834 -\-1,238 14'21 15'17

10-19 .......... 10,985 11.744 -j 759 1'23 7'8020---49 .......... 6,951 7,593 + 642 4'57 5'0550-99 .......... 2,332 2,762 + 430 1'53 1'84

100---499 .......... 1,854 2.051 + 197 1"22 1'36500-999 .......... 179 199 + 20 0'12 0'131.000 und mehr , . , , . 101 106 + 5 0'07 0'07

Zuaammen '" 152,015 150,511 ~-1.504 100'00 100'00

(l1N/11: HllQPtvcrrn.nd der So:dalvetllichernngttrigtl;.illtJ ~blet(lkn.nkenka'!lCn ohne öffentlichen und hii~lichenDienlt.

Die Tabelle zeigt, daß der Anteil der Kleinstbctriebe (bis zu4 Beschäftigten) zwischen 1961 und 1971 zurückgegangen, derjenigeder Betriebe von 5 bis 1.000 Beschäftigten jedoch gestiegen ist. Eskann daher eine schwache Konzentrationstendenz angenommenwerden.

Ausschlaggebend für dieses Ergebnis sind im wesentlichen fol-gende Gründe:

*) Statistik dea Hauptverbandes der Sozialveraicherungaträgcr.

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Nachfolgeproblem

Der ausgeprägte Rückgang der Betriebe in den kleinsten Größen-klassen (0 bis 4 unselbständig Beschäftigte) geht einerseits auf dasAusscheiden vieler Betriebe dieser Größenordnung aus dem Wirt-schaftsprozeß, andererseits aber auf den Aufstieg in andere Betriebs-größen zurück. Beide Faktoren überwiegen den Neuzugang vonBetrieben in dieser Größenklasse. Das Ausscheiden dieser Kleinst~betriebe dürfte zum Teil auf strukturelle Gründe, zum Teil auf dieschlechte Ertragslage zurückzuführen sein; daraus ergeben sichNachfolgeprobleme, die vielfach nicht bewältigt werden können.

Betritibsgrößenstruktur im Wachstum

Der absolute und relative Zugang in den Betriebsgrößenklassenmit mehr als 4 unselbständig Beschäftigten ist in erster Linie auf dasGrößenwachstum der Betriebe zurückzuführen. Es erscheint be-merkenswert, daß der durch das Wachstum bedingte Beschäftigten-zuwachs sich ziemlich gleichmäßig auf alle Betriebsgrößen mit mehrals 4 unselbständig Beschäftigten verteilt. Relativ stärker war erlediglich in der Betriebsgröße mit 50 bis 99 unselbständig Beschäftig-ten. Diese Ergebnisse erlauben die Schlußfolgerung, daß in derwachsenden Wirtschaft der Anteil der kleineren Betriebe relativ kon-stant bleibt und daß sich somit die kleineren Betriebe im Wettbewerbbehaupten konnten und in Produktion und Verteilung eine bedeu-tende Rolle im volkswirtschaftlichen Wachstumsprozeß spielen.

Arbeitsteilung, Spezialisierung und flexibleres Angebot

Kennzeichnend für diese Entwicklung ist das volkswirtschaftlichnotwendige Zusammenwirken von großen und kleinen Unterneh-men im Bereich der Leistungserstellung. Letztere können einerseitsdie Möglichkeiten der Arbeitsteilung in Form der Zulieferungnützen und andererseits in jenen Bereichen der Produktion tätigsein, in denen die Fertigung in GroBserien auf Grund der technischenEntwicklung oder der Enge des Marktes nicht wirtschaftlich istoder wo noch Entwicklungs-, Versuchs- und Modellarheiten durch-geführt werden müssen.

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Chancen au] G'rttnd des Einkommenswachstums

Vo.r allem für Bet.tiebe'im Dienstleistungssekto.r e.rgeben sich zu-sätzliche Chancen du.rch das im Zuge des volkswirtschaftlichenWachstumsprozesses ständig steigende Realeinkommen, Zwar füh.rtder Einkommenszuwachs zur Ausweitung der Nachfrage nachdifferen/:ietten Produkten, in erster Linie dürfte aber die steigendeNachfrage nach gehobenen Dienstleistungen Wachstums chancen fürkleinere Betriebe bieten. Diese Betriebsgtößenstruktur herrscht imtertiären Sektor vor, der ständig an Bedeutung gewinnt, Die Verän-derung der Konsumgewohnhdten bietet kleineren Betrieben vorallem in Verbrauchsgruppen mit hoher Einkommenselastizität*),hohem Initialeinkommen**) und geringem Sättigungsgrad***)Wachstumsmbglichkeiten, d, h, in den Bereichen Distribution,Serviceleistungen und persönliche Dienstleistungen (Erholung undUnterhaltung).

Während die oben aufgezeigten Faktoren, insbesondere dienachfragebedingten, die Trends charakterisieren, denen die Ent-wicklung der kleineren Betriebe unterliegt, soll abschließend auf dieaktive Rolle der kleineren Betriebe im Wachstumsprozeß, nämlich

Tabell8 7

Entwicklung der Anteile an der WertschiJpjfln$ 1953*) bis 1964**), !l4chBe trieb sgrÖßBflklasJen

(T{ößcnklaueoAnt~lllln Jet Wertschöpfl.ißg

1953 19641964, wenn1953-100

0-9 .10-1920---4950·-99

100--499500 und mehr ...

23'1T7

10'98"0

17"732'6

100'0

18'77"5

11'79"1

22'031'0

100'0

8196

10811412595

Q",II ... Nkhtl.uJwlt"thaftllche DotrlebozOlhlung 1953, 1964 .

....) Zwech Veri:"ldc::hha(kdt korrlRktt um deo Anteil tlt=t Betrlcb5kb!l~ 03 (CTll~-und Perohdzwl;:tke).Ii!*) Zwe<:k" Vcr.p;lc.Ichbarkelt k.Qrd~iert um Jl~ Amcilc der WlrtlichllftRlI.ht(':i1unge.n 0 (Llil.uJ- und J1ore.twlrtflchdt)~

1 (Enet~lc- und W:alllldVMt,iofUUtlg) und 7 (Geldverkohr; PriVlil.titt::tllkhcruDg). Die nkht etfaßbareD Korrekturen be--zicheD .ieh lluf 0·3% der W~rt.chÖpfung.

"') Die Elastizität der Nachfrage in bC7.U1I;auf das Einkommen lI;ibt an,Uln wievicl Prozent sich die Nachfrage bei dncr EinkommcnRänderuilg von1% verschiebt. -

**) Das Inltialcinkommen iRtdie durchschnittliche Einkotnmenshöhc, von deran überhaupt erst eine effektive Nachfrage auftritt.

"'**) Der Sättlgllngsgrad gibt an, welcher Prozentsatz des Sättigungs werteserreicht ist; der Sättlgungswert ist der Grell:.<wertder Nachfrage bei unbeschränktwachsendem Einkotnmeil.

Page 18: 1 beirat klein und mittelbetriebe im wachstumsprozess

die Mitwirkung an der Erstellung des Bruttonationalproduktes, ver-wiesen werden; damit wird auch die Frage beantwortet, ob die klei-neren Betriebe die gebotenen Chancen nützen können, Die Aus-wertung der nichtlandwirtschaftlichen Betriebszählung zeigt, daßsich zwischen 1953 und 1964 der Anteil der Betriebsgrößenklassenmit bis zu 19 unselbständig Beschäftigten an der gesamten Wert-schöpfung verringert hat, die Größenklassen zwischen 20 und 99unselbständig Beschäftigten aber ihren Anteil vergrößert haben.

18

Page 19: 1 beirat klein und mittelbetriebe im wachstumsprozess

C. Allgemeine Probleme und Trends

I. FINANZIERUNG

a) Begriffliches

1. Vorbemerkung

Der in der Beiratsstudie "Vorschläge zur Industriepolitik" dar-gelegte Begriffsapparat gilt grundsätzlich unverändert auch für dieseBeiratsstudie und wird im folgenden in seinen Grundzügen dar-gestellt.

Die Vermögensrechnung eines Unternehmens weist als Aktivenin Geldeinheiten bewertetes Vermögen aus, als Passiven dessenFinanzierung. Im folgenden wird der Begriff Finanzierung als dieSumme oder ein Teil der in Geldwerten ausgedrückten Passiveneines Unternehmens verstanden.

Die Gesamtheit der Finanzierungsmittel eines Unternehmenskann

a) nach deren rechtlichen Charakter;b) nach der Quelle, aus der die Finanzierungsmittel fließen;c) nach deren Fristigkeit;d) nach der Art der übertragung

unterschieden werden.

19

2. Finanzierungsmittel nach dem rechtlichen Charakter

Die Finanzierungsmittel eines Unternehmens sind entwedera) Verbindlichkeiten gegenüber Dritten oderb) stellen sich als eine Restgröße dar, die sich aus der Differenz

zwischen dem Wert des Vermögens und der Summe der Ver-bindlichkeiten ergibt. Die genannte Restgröße verkörpertwirtschaftliche Eigentumsrechte an Vermögensteilen, die nachArt der rechtlichen Gestaltung der einzelnen Unternehmendirektes Eigentum darstellen (Einzelunternehmen) oder jenach Gesellschaftsform mehr oder weniger mittelbar ausgeübtwerden können.

Page 20: 1 beirat klein und mittelbetriebe im wachstumsprozess

4. Hinsichtlich der Pristig kei t kann ein zeitlich unbestimmterRückübertragungsanspruch bestehen,

oder der Rückübertragungsanspruch kann zeitlich fixiert sein.

3. Finanzierungsmittel nach der Quelle, aus der siefließen

Die Finanzierungsmittel eines Unternehmens werdena) von diesem selbst aufgebracht (Innenfinanzierung) oderb) von Dritten im Wege eines übertragungsvorganges zur Ver-

fügung gestellt (Außenfinanzierung).Finanzierungsmittel, die im Wege der Inncnfinanzienmg auf-

gebracht werden, stellen regelmäßig einen Zugang zu jenem Teilder Passiven dar, die als "Restgröße" nach Abzug der Verbindlich-keiten vom Gesamtvermägen bezeichnet wurden. Sie sind das Er-gebnis eines Vermögensverglciches am Anfang und am Schluß einerRechnungsperiode.

Finanzierungsmittel, die im Wege der Innenfinanzierung auf-gebracht werden, schlagen sich

- als eine Erhöhung der "Eigenen Mittel" der Unternehmennieder (einbehaltene Gewinne, Dotation von Reserven);

._ als Dotation von Rückstellungen (Abfertigungsrücklage,Pensions- und Steuerrückstellungen), die Verbindlichkeitendarstellen und deren Verweildauer im Unternehmen durchausunterschiedlich ist;als Abschreibungsfonds, allerdings nur insoweit Abschrei-bungen indirekt ausgewiesen werden.

Finanzierungsmittel, die im Wege der Außenfinanzierung auf-gebracht werden, können

_ entweder unnlitte1bar oder mittelbar Eigentumsrechte amVermägen verschaffen, dann erhöhen sie die oben beschriebeneRestgröße ; die solcherart beschafften Finanzierungsmittclwerden unter dem Begriff Beteiligungsfinanzierung :>;usam-mengefaßt. Eine Stellung zwischen Beteiligungs- und Kredit-finanzierung nimmt die stille Gesellschaft ein.

_ die Verbindlich keiten erhöhen; die solcherart beschafftenFinanzierungsmittel werden unter dem Begriff Kreditfinan-zierung zusammengefaßt.

S. Ein übertragungs vorgang liegtiediglich imFallederAußen-finanzierung vor, wobei diese übertragung unmittelbar oder mittel-

20

Page 21: 1 beirat klein und mittelbetriebe im wachstumsprozess

21

bar durch Zwischenschaltung von Transformations- oder Ver-teilungsmechanismen erfolgen kann. Der übertragungsvorgang er-folgt unmittelbar z. B. bei der Beteiligungsfinanzierung (Aktien-markt), bei der Kreditfinanzierung usw. Bei der mittelbaren über-tragung (Transformation) werden zwischen Anbieter und Nach-frager (sowohl im Bereich der Kredit- als auch de~ Beteiligungs-finanzierung) Obcrtragungs- und Transformationsmechanismen (Kre-ditwirtschaft, Versicherungswirtschaft, Staat) eingeschaltet.

b) Fi11411zierll11gsstmktur

Hinsichtlich der Finanzierungsarten ist in österreich folgendeTendenz erkennbar: eine rückläufige Innenfinanzierungsquote unddamit ein tendenzielles Sinken des Anteils der Eigenmittel und einesteigende Außenfinanzierungsquote, insbesondere eine Erhöhung derKreditfinanzierung, Die Gründe für diese Entwicklung wurden schonoft diskutiert, insbesondere auch in der Studie des Beirats für Wirt-schafts- und So:dalfragen über die "Vorschläge zur Industriepolitik" ,

Tabelle 8

Bdriebe nach der Rechtsjorm (Proz<mtanteile 1964)

lJ.uwirt- Fremeten-G~,wt=rbtl Indulltrlt= IiIChllft~) Handol VcrlLl:~hr verkt=hr

Einzclfirmen ............ 92'2 53"3 87"5 86'9 89'6 89"1OHG .................. 2'4 15'9 4'0 4'4 2'1 1'3KG .................... 0'6 10'9 1'1 1'6 0'6 0'3Ges,m,b.H. ............. 0'8 8'5 1'9 1'9 1'9 0'8AG .................... 0'0 5'4 0'1 0'2 0'8 0'1Genossenschaft .......... 0'1 0'6 0'0 0'8 0'1 0'1Sonstige Rechtsform ..... 3'9 5'4 5'4 4'2 4'9 8'3

100'0 100'0 100'0 100'0 100'0 100'0

Nettoprodu!etionswert nach der Rechtsjorm (Prozcntatlteile 1964)

Bauwirt- I'retndcn-GeWMM Induatrle .choft') Handol Vork.ohr verkehr

Einzelfirmen ............ 63'0 12'8 52'2 45'8 13'8 60'3OIIG .................. 13'4 13'5 13'4 15'9 Z'7 7'ZKG .................... 4'3 13'6 7'5 8'4 0'6 3'3Ges,m,b.H. ............. 6'0 13'4 10'9 13'4 Z'9 9'4AG .................... 0'7 41'1 4'7 6'9 5'9 7'3Genossenschaft .......... 2'7 0'7 0'0 6'0 0'1 0'4Sonstige Rechtsform ..... 9'9 4'9 11'3 3'6 74'0 12'1

100'0 100'0 100'0 100'0 100'0 100'0

.) Umf.ßt Hoch- ""cl 'l'1<fbou, Au.obou!!"worbe, a.uhUf.gowerbe und In •...u..tlotltn.Q"II ...Nichtllltlclwlrt'l'h.ftllche Botrlob.zolb.1""1l1964,

Page 22: 1 beirat klein und mittelbetriebe im wachstumsprozess

Die dort enthaltene Analyse dürfte im großen und ganzen auchfür den Bereich der kleineren Betriebe zutreffen, Allerdings stehenbei kleineren und mittleren Betrieben einige spezifische Finanzie~rungsprobleme im Vordergrund, auf die im folgenden eingegangenwerden wird, Es ist aber nahezu unmöglich, aus dem verfügbarenDatenmaterial die speziellen Relationen für den Bereich dieser Unter-nehmen zu gewinnen, Auch ist zu berücksichtigen, daß die sta-tistische und tatsächliche Gewinn- und Vermögenslage der Unter-nehmen nicht voll identisch ist,

Ziel jeder betrieblichen Finanzierungspolitik sollte die Erreichungeiner ausgewogenen Finanzietungsstruktur sein, Inwieweit eineFinanzierungsstruktur ausgewogen ist, muß für jeden Betrieb ge-sondert, insbesondere im Hinblick auf seine längerfristige Ertrags-kraft und auf seinen rechtlichen Rahmen, entschieden werden,

Die vorstehenden Tabellen zeigen, daß im Gewerbe 92'2%,in der Industrie 53'3%, in der Bauwirtschaft 87"5%,im Handel 86'9%,im Verkehr 89'6% und im Fremdenverkehr 89'1% der BetriebeEinzelfirmen sind. Auch die Gliederung nach dem Nettoproduktions-wert und der Rechtsform zeigt, daß mit Ausnahme von Industrieund Verkehr (in der Industrie werden von Aktiengesellschaften 41'1%des industriellen Nettoproduktionswertes erzeugt, im Verkehr 74%des Nettoproduktionswerts von den sogenannten sonstigen Rechts-formen)*) von Einzelfirmen und offenen Handelsgesellschaften je-weils mehr als 60% des Nettoproduktionswenes der betreffendenBranche hergestellt werden: Gewerbe 76'4%, Bauwirtschaft 65'6%,Handel 61'7%, Fremdenverkehr 67"5%. Diese Struktur der Rechts-form wird insbesondere bei den überlegungen hinsichtlich der Be-schaffung von Risikokapital im Wege der Außenlinanzierung zu be-achten sein.

Für den Bereich der Industrie wurde in einer Untersuchung**)mit Stichjahr 1966 festgestellt, daß der Anteil des Fremdkapitals amGesamtkapital relativ stark über die einzelnen Branchen streut, Sowurde bei der holzverarbeitenden Industrie ein Anteil des Fremd-kapitals am Gesamtkapital von rund 50% festgestellt, in der leder-verarbeitenden Industrie beträgt der entsprechende Anteil 87%.

Aus den laufenden Reihenuntersuchungen des Instituts für Ge-werbeforschung seit 1964 ergibt sich ein Anteil des Fremdkapitals amGesamtkapital übet die untersuchten Innungen von durchschnittlich

*) Dabei sind auch die ÖBB erfaßt.**) Siehe "Vorschläge zur Industriepolitik", S. 47ff.

22

Page 23: 1 beirat klein und mittelbetriebe im wachstumsprozess

54%. Auch in diesem Bereich streuen die einzelnen Prozentsätzerelativ stark. So beträgt z. B. das Fremdkapital in Prozent des Ge-samtvermögens bei den Buchbindern und Kartonagewarenerzeugernbzw. bei den Chemischputzern, Wäschern und Färbern rund 29%,bei den Hafnern rund 73% (vgl. Tabellen 9 und 10)*). Bei allenübersichten dieser Art muß jedoch berücksichtigt werden, daßDifferenzen zwischen dem Betriebsvermögen und der tatsächlichenVermögens lage bestehen können. Dieser Umstand kann im Zu-sammenhang mit Besicherungsfragen eine Rolle spielen.

Tabelle 9Die Vermbgens- und Kapitalstmltttur des österreichischenGewerbes in Prozent

uv HK I...kfftNntw.w

AV in % de. Ge .. mtvertnöget>o PK uedlte

1 Baugewerbe ................. 37 63 33 67 162 Steinmetz meister .............3 Dachdecker und Pflasterer 40 60 54 46 144 Hafner ..................... 41 59 27 73 355 Glaser ...................... 18 82 43 57 216 Maler, Anstreicher und

Lackierer ................... 18 82 67 33 107 Bauhllfsgewerbe .............8 Zimmermeister .............. 44 56 36 64 119 Tischler .................... 62 38 57 43 20

10 Karosseriebauer und Wagner .. 63 37 55 45 2411 Binder-, Korb- und

Möbelflechter ............... 40 60 60 40 1012 Drechsler, Holzbildhauer usw ..13 Bürsten-. Pinsel- und

Karnmacher usw . ........... . 40 60 58 42 1614 Schlosser ................... 50 50 56 44 1715 ~englc:r und Kurcferschmiede . 52 48 59 41 816 s- und Wasser eitungs-

installateure ................. 23 77 31 69 3117 Elektrotechniker und

Radlomechaniker ............ 27 73 43 57 1718 Schmiede ...................19 Metallgießer, Gürtler,

Graveure usw . ............. .20 Mechaniker ................. 51 49 64 36 1621 Kfz-Mechaniker ............. 52 48 51 49 1822 Bandagisten und

Orthopädiemechaniker ....... 47 53 66 34 223 Gold- und Silberschmiede,

Juweliere, Uhrmacher ........ 19 81 69 31 11~---_. ---

~ Institut für Gewerbeforschu~, Das österrelchische Gewerbe in der heuti-gen irtschaft, Wien 1970, S. 125 .

Erläuterung der Abkürzungen der Tabellen 9 und 10:A V ... AnlagevermögenUV = UmlaufvermögenEK "'" EigenkapitalFK = Fremdkapital

23

Page 24: 1 beirat klein und mittelbetriebe im wachstumsprozess

Tab61ü 10Di6 Vu'miigms- und Kapilalslruklur des iist6rrdchisch6t1G87J16rbuin Mill, S

24 Musikinstrumentenerzeu/l;er ",25 Kürschner, Handschuhm"acher

und Gerber"""""""",26 Lederwarenerzeuger, Taschner,

Sattler und Riemer """"",27 Schuhmacher""""""""28 Buchbinder, Kartonagen-

warenerzeuger usw, """""29 Tapezierer """""""",30 Hutmacher, Mod.isten und

Schirmmacher .. ",."., .. ",31 Klcidermacher .. " .. , .. ,.""32 Mlcder- und

Wäschewarenerzeuger """"33 Sticker, Stricker, Wirker,

Weber usw. """""""",34 Müller """""""""",35 Bäcker , .. " .. ", , ,36 Zuckerbäckcr (KondItoren) .37 Plcischer.""""""""",38 Molkereien, Käsereien,

Schmelzwerke usw, """""39 Nahrwlgs- und Genußmlttel-

40 ~;e~e~~reu~ld B'I~l~~l~bi~d~; : : : :41 Graphische Gewerbe "".""42 Photo graphen """"""",43 Chemische Gewerbe , , , , , , , , , ,44 Priseure und Kosmetiker45 Chcmischputzer, Wäscher und

Färber"""""""""", ,46 Rauchfangkehrer """"""47 Bestatter"""""".""",48 Gebäudeverwalter, Realitäten-

vermIttler, Inkassobüros48a Wirtschaftliches Werbcwescn "49 Optiker """"""""""50 Zahntechniker""""""",51 Splelzeu~hersteller""""",53 Allgememe Innung """""

/2NI1/~: Reihen- und SonderuntMlTuchungco dca HG.

1 Baugewerbe"""""""",2 Steinmctzmdster"""""",3 Dachdecker und Pflasterer ""4 Hafner"""""""""",5 Glaser" .. """""""""6 Maler, Anstreicher und

Lackierer""""""""" ,7 Bauhllfsgewerbe"""""",8 ZImmermeister """""",.

Gruppe Bau"",."""""9 Tischler "".""".""""

24

45

31

5935

1937

35

48778079

55

50

53543866

8522

3842

Eigenkapital(lrtMIIl,S)

3,276'562'7

223'240'0

253'8

83'1298'3329'1

4,566'72.322'5

55 65

69

4165

8163

65

39

7144

6042

60

52232021

45

50

46466234

1578

52546058

40

46

36574547

7139

6258

6568

l'retndhpl .. l(in Mill, S)

6,721'9116'4188'2108'2125'6

110'9553'9588'0

8,513'11.775'1

35 10

61

2956

4058

40

33

1323

2524

24

48464042

60

54

65435553

2961

1417778

39

18

2119283

8

3532

1315

UJehlfit<nkreJlle(in Mllt. S)

1.579'728'759'S51'979'8

19'3136'4104'5

2,059'8806'S

Page 25: 1 beirat klein und mittelbetriebe im wachstumsprozess

10 Kawsserkbauer und Wagncr "11 Bindcr-, Korb- und

Möbclflcchter ."""""""12 Drechsler, Holzblldhauer usw.13 Bürsten-, Pinsel- und

Kammacher usw, .""""",Gruppe Holz """"""",

14 Schlosser "."."",.""",15 Spengler und Kupferschmiede16 Gas- und Wasserleitungs-

installateure ., .... , .. ", .. ,.,17 Elektrotechniker und

Radiomechaniker " .. ", ... ,.18 Schmiede .... " .. ",.""."19 Metallgießer, Gürtler,

Graveure usw, """""""20 Mechaniker .""""""""21 Kfz-Mechaniker "",." .. ".22 Bandagisten und

Orthopädiemechaniker " ... ,.23 Gold- und Silbcrschmiede,

Juwellcre, Uhrmacher """"24 Musikinstrumentencrzeuger ,.,

Gruppe Metall , , , , , .. , , , , , , ,25 Kürschner, Handschuhmacher

und Gerber, ... ", .. , ... " ..26 Lederwarenerzeuger, Taschner,

Sattler und Riemer " ..... , ...27 Schuhmacher"""""".".28 Buchbinder, Kartonagc-

warcnerzcugung usw. """"29 Tapezierer .. , .. "" .. ",.",30 Hutmacher, Modisten und

Schirmmacher ", .... , .. " ...31 Klcidermacher""."""""32 Micder- und

Wäschewarencrzeuger """"33 Sticker, Stricker, Wirker,

Weber usw, .. ,.,.", .. ".",

34 Kt~ife~e~~~~~~~~.'~~~,t~l.: : : :35 Bäcker ,., ."., ,." , .. ,." ..36 Zuckerbäcker (Konditoren)37 Fleischer""""""""""38 Molkereien, Käsereien,

Schmelzwerke usw, ... " .. ".39 Nahrunga- und Genußmittc1-

ß::~;:N~h~~'~g~~itt~i:::::40 Gärtner und Blumenbinder , , , ,41 Graphische Gewerbe " .42 Photographen ."""""""43 Chemische Gewerbe, , , , , , , , , ,44 Friseure und Kosmetiker "'"45 C~lemischputzer, Wäscher und

Farber, .. , , .. ", .. ".""."46 Rauchfangkehrer ",.,.",."47 Bestatter"""""""."",48 Gebäudeverwalter, Real1täten-

vermittler, Inkassobüros ." .. ,

45'4

124'372'0

33'92,598'1

804'7321'5

338"5

301'3313'9

144'5475'2977'9

14'3

100'015'6

3,813"4

121'4

64'8188"0

94'8176'1

20'1356'5

118"6

236'41.383'7

866'2728'1115"4

1.352'8

134'3

139'93,336'7

102'4681'8142"3371'5296'1

179'119'438'4

80'0

38'7

50'680'4

24'21.969'0

623"4232'2

736'7

400'6313"9

144'6314'4915'5

1'4

47"715'6

3,752"1

65'0

82'S291'2

38'4220'7

13'3484'7

80'4

163'51.439'7

813"8610'6

77"2992'2

201'3

161'92,851'0

125'11.068'0

101'4461'3330'5

73'430'841'0

90'0

21'6

12'633'4

9'4883'8244'9

47"1

392'4

118'4125'6

51'8150'4333'0

0'5

18'16'2

1.494'4

19'7

38'7157'3

18'090'S

8'3191'9

47"1

9'5587'0241'2230'4

13'7182'5

129'8

53'8851"441'0

339'841'6

236'418'6

21'4

15'4

28'2

25

Page 26: 1 beirat klein und mittelbetriebe im wachstumsprozess

48a49505153

Wirtschaftliches Werbewesen .,Optiker .. """.,., .Zahntechniker .Spieb::eughcrstcllcr '".Allgemeine Innung ",.,.",.Gruppe Sonstige Gewerbe .,.,Sektion Gewerbe ,.

!lulI<: IfG-&uchnunß.

70'487'78"7

31'1279'0

2.293'917.992'5

93'347'7

4"138"1

341'02.858'3

21,389'2

32'017'1

1'912'5

111'6923'5

6,799'9

Fremdkapital in % des Gesamtkapitals 70 74 71 80 62E~enkapital in % des Anla~evermögens 59 86 98 55 107A agevermögen in % des Tesamt-

vermögens ",., .. , ..... " .. "", 52 31 30 37 36Umlaufvermögen in % des kurz- und

mittelfristigen Fremdkapitals 78 104 97 88 150

!lulI" Branchondion.t du Giro:tenttale.

8697

39

97

Für den Bereich des Handels liegen nur einige Daten für ver-schiedene Sparten des Einzelhandels vor:

Finanzürungskmnzahlm für dm Eitlz81hand81Drogo.

Landoapro- Loben>- neo unddukten- mlttol- PlltfU- Kh-handol handol Textilien merien Möhol Handol

Auch hier zeigt sich ein relativ geringer Anteil des Eigenkapitalsam Gesamtkapital.

Für den Verkehtssektor liegen Daten über das Speditions gewerbevor. In diesem Bereich streut der Anteil des Fremdkapitals am Ge-samtkapital über die einzelnen Unternehmen zwischen 72 und 93%.Das Anlagevermögen beträgt zwischen 26 und 32% des Gesamt-vermögens.

Aus Untersuchungen des Wirtschaftsfötderungsinstitutes für dasGüterbeförderungsgewerbe im Rahmen von Betriebsberatungen ergabsich in diesem Bereich für die Jahre 1967 und 1968 ein durchschnittli-cher Verschuldungsgrad von rund 84%, Eine Untergliederung nachGrößenklassen des Umsatzes zeigt, daß bei annähernd gleicherAnlagenintensität (Durchschnitt rund 76%) der Verschuldungsgradmit zunehmendem Umsatz geringer wird (Umsatz bis S 750.000'-,Verschuldungsgrad 80%, Umsatz über 5 Mill. S., Verschuldungsgrad45%).

Die Finanzierungsstruktur der Fremdenverkehtsbetriebe*) istdurch eine relativ geringe Ausstattung mit Eigenkapital gekenn-

"') Siehe A. Haiden, "Die Finanzierung der österreich ischen Fremdenver-kehrswirtschaft", in: Quartalshefte der Girozentrale, Heft 4/1969, S. 175ff.

26

Page 27: 1 beirat klein und mittelbetriebe im wachstumsprozess

27

zeichnet. Die Eigenkapitalsquote bewegt sich zwischen 27 und 45%,wobei die Extremwerte bei 10 bzw. 60% der Gesamtfinanzierungliegen. Im Gegensatz zu anderen Bereichen der gewerblichen Wirt-schaft ist der Fremdenverkehrssektor dadurch gekennzeichnet, daßrund 90% des Gesamtvermägens der Fremdenverkehrsbetriebe imAnlagevermögen und nur rund 10% im Umlaufvermögen gebundensind. Das Betriebsvermögen spiegelt allerdings nicht in allen Fällendie tatsächliche Yermögenslage (Grundbesitz) wider.

Auf Grund von Branchenuntersuchungen des Branchendienstesder Girozentrale ermittelte sich für 1967 eine durchschnittliche An-lagendeckung für die Größenklasse der Betriebsleistung 0'3 bis3 Mill. S von rund 32% und für die Größenklasse der Betriebsleistung3 bis 7 Mill. S von 50%.

Infolge dieser Struktur der Fremdenverkehrsbetriebe, die durcheinen hohen Anteil an Fremdkapital, die beträchtliche Anlagen-intensität und den langsamen Kapitalumschlag gekennzeichnet ist,ergibt sich eine ungünstige Kostensituation, die den Ertragsspiel-raum sehr beengt. Es ergibt sich auf der einen Seite ein hohes Er-fordernis an Fremdmitteln, auf der anderen Seite ist es jedoch relativschwierig, aus den betrieblichen Umsätzen jene Mittel zu erwirt-schaften, die nicht nur zur Deckung des Betriebsaufwandes, sondernauch zur Deckung der mit der hohen Fremdfinanzierung verbunde-nen Belastung erforderlich sind.

Der hohe Fremdmittelbedarf der Fremdenverkehrswirtschaftkommt auch in der Entwicklung der aushaftenden Kredite sehrdeutlich zum Ausdruck, wobei allerdings zu berücksichtigen ist,daß der Anteil der Verkehrs- und Fremdenverkehrskredite im Jahr1960 sehr niedrig war (vgl. Tabelle 13):

Tabtl!6 12

Aushaftmdt Krtditt (ohnt Ttilzahlungsinstitu/6), jahrmndstlJndt, Mill. S

1960 1972

Industrie .Gewerbe .Handel .Verkehr .Fremdenverkehr .Sonstige Bereiche .Sutntne .

11.5305.0587.840

677850

18.92244.877

52.12326.30830.2508.536

12.469119.203248.889

452520386

1.2611.467

630554

12-,'4: Mitteilungen du D!<eklorlum. der ÜQllorrolchl.cheDN.tlnnolbonk.

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Industrie " .. ,.",."""",.,.Gewerbe ,.".", ,."" .. ",""""Handel"",."" .. "."""""." .. " .Verkehr ",,","""." ... " ... "" ..Frenadenverkehr ."""".,",."Sonstige Bereiche ..... ", ... ".

25'711"317'5

1'51"9

42"1100'0

20'910'612"2

3"45'0

47'9100'0

---4"8---f)"7-5"3+1'9-+3"1+5"8

Die überdurchschnittliche Expansion der Bereiche Fremden-verkehr, Verkehr und des Sonstigen Bereiches hat auch zu einer Ver-schiebung der Anteile der einzelnen Bereiche an den aushaftendenKrediten insgesamt geführt, wie 'Tabelle 13 deutlich zeigt:

Tahdü 13AnteiÜ am Volumen der aushaftetIden Kredite in Prozent

1960 1972

Vedndcrung:1960/72 In

Prozentpunkten

{2l1l/U: :M.Ittellungeo. dei Direkt.orlutn.u der Oel3tetrdchh,chen Nildonalbank.

Zusammenfassend muß festgehalten werden, daß durch die an-geführten Daten nur einige Aspekte der Finanzierungsstruktur be-rührt wurden. Neben dem Verhältnis zwischen Premdkapital undEigenkapital und dem Grad der Anlagendeckung gibt es noch eineReihe von anderen Kennziffern, deren Gesamtheit erst die Lageeines Betriebes oder eines Wirtschaftsbereiches hinsichtlich seinerFinanzierung kennzeichnet. Trotzdem scheint die tendenziell steigen-de Premdfinanzicrungsquote deutlich darauf hinzuweisen, daß geradedie Beschaffung des für die Bewältigung eines raschen betrieblichenWachstums, einer Umstellung oder Spezialisierung erforderlichenRisikokapitals die eigentliche Finanzierungsproblematik auch für denBereich der kleineren Betriebe darstellt.

c) Finanzierungsprobleme

1. Innenfinanzierung

Die Problematik der Innenfinanzierung betrifft die Möglichkeitender Bildung von Eigenkapital (als Differenz zwischen Verbindlich-keiten und Gesamtvermögen). Unter den hier zur Verfügung stehen-den Finanzierungsquellen - im wesentlichen

a) Erhöhung der Eigenmittel aus dem Gewinn (Betriebsergebnis),b) Abschreibung (inklusive vorzeitige Abschreibung)c) und unter Umständen aus Vermögens zuwachs,

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stellen die Abschreibungen die wichtigste Quelle der Innenfman-zierung dar. In den sechziger Jahren lag der Anteil der Abschreibun~gen an der gesamten Innenflnanzierung bei den Industrieaktiengesell-schaften bei rund 75%. Obwohl für den hier betrachteten Bereich derkleineren Betriebe keine entsprechenden Angaben zur Verfügungstehen, kann doch angenommen werden, daß auch in diesem Bereichähnliche Relationen bestehen dürften. Es ist zu beachten, daß dienormalen Abschreibungen im allgemeinen durch den Umsatzptozeßfreigesetztes Kapital darstellen. Soweit sie jedoch nur den echtenVermögens verzehr ersetzen, liefern sie keinen Beitrag zur Finanzie-rung eines Nettovermägenszuwachses. Dabei muß jedoch festgehal-ten werden, daß auch diese Mittel vielfach zur Finanzierung vonechten Nettoinvestitionen herangezogen werden, was allerdings er-fordert, daß zu einem späteren Zeitpunkt andere Quellen als die frei~gesetzten Abschreibungen erschlossen werden, um fällig werdendeErsatzinvestitionen zu finanzieren.

Der Gewinn ist ebenfalls ein wichtiges Element der Innenfinan-zierung, naturgemäß jedoch nur dann, wenn er im Unternehmen ver-bleibt.

Um die von einem Betrieb erzielten Gewinne (der Gewinnbegriffist hier im weitesten Sinne zu verstehen, also jener Betrag, um den dieErlöse die Kosten übersteigen) möglichst ungeschmälert als Quelleder Innenfinanzierung zu erhalten, hat die Wirtschafts- und Finanz-politik ein Instrumentarium entwickelt, welches die Gewinnbesteue-rung nach der Art der Gewinnverwendung differenziert. Es handeltsich dabei im wesentlichen um die Bestimmungen der §§ 8 bis 11 desEinkommensteuergesetzes.

Seit dem Jahr 1953 gibt es in Österreich (mit Unterbrechung imJahr 1965) eine vorzeitige Abschreibung (§§ 8 bis 11 EStG*)**).

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*) Die Bestimmun~en hinsichtlich der vor:>:eitigenAbschreibunll; Il;cAtattcn,im Anschaffungsjahr die beweglichen und unbcwell;lichen WirtAcha(tAgütcr desAnlall;cvermÖIl;CnSüber dic Abnutzunll; hinaus zu tasten der Ertragsrechnungmit verminderten Wertans~tzen In dle ,:".ermögensrechnung einzustellen. Die vor-zeitige Abschreibung betragt laut EStb 1972 25'10 der Anschaffungs- oder Her-stellungskosten bei unbeweglichen Wirtschaftsglitcrn (Ausnahme: Gebäude fürWohnzwecke betriebszugehöriger Arbeitnehmer 50%), bei beweglichen Wlrt-schaftsglitern 50%. Für Wirtschafts güter, die dem Umweltschutz dienen, beträgtdie vorzeitige Abschreibung einheitlich 60%.

**) Dei beweglichen Wirtschaftsgütcrn und solchen, die dem Umweltschutzdienen und die in den Kalenderjahren t 974 bis t 976 angeschafft oder hergestelltwerden, kann eine zusätzliche Sonderabschreibung bis zu 25% vorgenommenwerden, wenn die Voraussetzun~en für die Inanspruchnahme der vorzeitigenAbschreibung vorliegen (§ 122 ESte;- 1972).

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Die vorzeItIge Abschreibung wurde seit ihrer Einführung in an-steigender Tendenz in Anspruch genommen. Sie stellt derzeit einenfesten Bestandteil der bestehenden Erleichterungen der Innenfinan-zierung dar. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der vorzeitigen

. .

Abschreibung ist eine betriebliche Investition, wobei gleichgültig ist,ob im Einzelfall Innenfinanzierung und (oder) Außenfinanzierungvorliegt.

Entsprechend den Empfehlungen des Beirats in den Vorschlägenzur Kapitalmarktpolitik (3. Teil) wurde die Bewertungsfreiheit seit1967 durch eine Investitionstücklage (§ 9 EStG) ergänzt*).

Um die betriebliche Kapitalbildung zu stärken, besteht seit demJahr 1968 die Möglichkeit, eine steuerfreie Rücklage für nichtent-nommene Gewinne zu bilden (§ 11 EStG)**). Diese steuerliche Be-stimmung gilt im Gegensatz zu den anderen erwähnten Bestimmungenfür Einzelfirmen und Personengesellschaften, nicht hingegen fürjuristische Personen.

Mit Wirkung ab dem Veranlagungsjahr 1972 wurde der soge-nannte Investitionsfreibetrag (§ 10 EStG) eingeführt***). Der In-vestitionsfreibetrag stellt eine zusätzliche Abschreibung im Inve-stitionsjahr dar, die im Gegensatz zur vorzeitigen Abschreibungweder die Bemessungsgrundlage noch die Abschreibungsdauer fürdie laufende Abschreibung für Abnutzung (§ 7 EStG) mindert.

Die einzelnen Bedingungen schließen einander teilweise aus: BeiBildung einer Rücklage für den nichtentnommenen Gewinn kannkein Investitionsfreibetrag, keine vorzeitige Abschreibung und keineInvestitionsrücklage in Anspruch genommen werden. Der Investi-tionsfreibetrag wiederum schließt die Vornahme einer vorzeitigen

*) In diesem Fall können bis zu 25% des Gewinnes (vor Abzug der zulässigenvorzeitigen Abschreibung und vor Bildung der Gewerbesteuerrückstellung)steuerfrei der Investitionsrüeklage zu~eführt werden. Die Rückjagenbildung istinsoweit nicht zulässig, als eine vorzeitige Abschreibung beansprucht wird. DieInvestitionsrücklage ist in den auf die Bildung folgenden nächsten vier Jahrengegen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten abnutz barer Anlagegüteraufzulöscn, und zwar mit dcm Bctrag, dcr als vorzeitige Abschreibung dieserWirtschaftsgüter zulässig wäre.

*"') Diese Rücklage kann in der Höhe bis zu 50% des nlchtentnommenen,maximal 15% des gesamten Gewinnes gebildet werden. Falls diese Rücklagefür nichtentnommene Gewinne über einen Zeitraum von fünf Jahren im Betriebbelassen wird, so wird die Finanzierungserleichterung endgültig.

***) Durch diese neue Bestimmung des Einkommensteuergesetzes kannneben der normalen Abschreibung ein Investitionsfreibetrag in Höhe von 20%der Anschaffungs- oder Herstellun~skosten der im Wirtschafts jahr angeschafftenoder hergestellten abnutzbaren WlttschaftSgiiter des Anlagevermögens geltendgemacht werden.

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Abschreibung beim gleichen Wirtschaftsgut, die Bildung einerInvestitionsrücklage und die Bildung einer Rücklage für nichtent-nommene Gewinne aus. Zwischen vorzeitiger Abschreibung und derBildung einer Investitionsrücklage kann kombiniert werden (diesteuermindernde Bildung der Rücklage ist um die im gleichen Wirt-schaftsjahr vorgenommene vorzeitige Abschreibung zu mindern),jedoch genügt schon eine dieser beiden Maßnahmen, um die Bildungeiner Rücklage für den ruchtentnommenen Gewinn auszuschließen.Die widmungsgemäße Verwendung einer Investitionsrücklageschlechthin sowie die Inanspruchnahme der vorzeitigen Abschreibungfür dasselbe Wirtschaftsgut schließen die Inanspruchnahme desInvestitionsfreibetrages aus.

Es muß erwähnt werden, daß das System der vorzeitigen Ab-schreibung besonders für anlagenintensive Betriebe wirksam wird.Werden Investitionen diskontinuierlich vorgenommen, was beikleineren Betrieben häufig der Fall ist, so bedeutet die vorzeitigeAbschreibung ein Vorziehen der Abschreibung der letzten Abschrei-bungsjahre in das Anschaffungsjahr, wobei dann die Ersparnis durchdie Bewertungsfreiheit auf Grund des Fehlens der Abschreibung alsBetriebsausgabe durch einen höheren Gewinn und somit durchhöhere Steuern kompensiert oder überkompensiert werden kann.Eine Zinsenersparnis ist jedenfalls gegeben. Im Falle von Verlustentritt der erwähnte Kompensationseffekt nicht ein. Bei kontinuierlichgleichen oder steigenden Investitionen bleibt die Ersparnis jedochrevolvierend bestehen. Darin liegt im wesentlichen der Vorteil dergrößeren Betriebe, die eher eine kontinuierliche Investitionstätigkeitaufweisen als kleinere.

Nur bedingt wirksam werden die erwähnten Begünstigungen füram Markt neu auftretende Betriebe bzw. für solche Betriebe, die inEntwicklungsstufen stark wachsen: Die Erlangung eines entsprechen-den technologischen "Know-how" führt gerade bei Wachstums-produktionen oft zu hohen und relativ lang andauernden Anlauf-verlusten. Es besteht allerdings die Möglichkeit des Verlustvortrages.In einer solchen Phase kann eine geeignete Finanzierung durch diegenannten Begünstigungen nur sehr schwierig aufgebaut werden.Dieses Argument gilt mit einer gewissen Abschwächung auch fürBetriebe, die sich in einer strukturellen Umstellungsphase befinden,wobei die Umstellung mit einem großen Investitionsaufwand inner-halb relativ kurzer Zeit verbunden ist.

Welche der erwähnten steuerlichen Möglichkeiten nun im Einzel-

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fall für einen Betrieb am günstigsten sind, hängt u. a. von folgendenFaktoren ab:

Gewinn-(Verlust- )Entwicklung-- Nutzungsdauer der Investitionen---- Entwicklung und Kontinuität des Investitionsvolumens-- Entwicklung der Ertragssteuersätze.Bei der Entscheidung über eine zu wählende Maßnahme muß

berücksichtigt werden, daß eine solche Auswirkungen auf die Ent-wicklung der betrieblichen -',iquidität hat und daß darüber hinaus derEntscheidungsspielraum für die Zukunft eingeengt wird. Es ist fUreinen kleineren Betrieh schwieriger, die Auswirkungen auf dielängerfristige Entwicklung abzuschätzen, als für einen größerenBetrieb.

Im Zusammenhang mit Problemen der Innenfinanzierung mußauch erwähnt werden, daß die Möglichkeit der Bildung von Pensions-rückstellungen und Abfertigungsrücklagen ebenfalls eine Finan-zierungsquelle darstellt, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. DiesenMitteln kommen angesichts der normalerweise gegebenen Lang-fristigkeit der Verweildauer im Betrieb eigenmittelähnliche Punktio-nen zu. Allerdings sind diese Finanzierungsquellen für kleinere Be-triebe von wohl nur untergeordneter Bedeutung.

Durch die Einführung der Mehrwertsteuer ist die Ausfuhrver-gütung und Ausfuhrhändlervergütung weggefallen. Um die sichdaraus ergebendcn Obergangsprobleme ctwas zu mildern, sieht dasUmsat~steuergesetz 1972 für die Exportwirtschaft eine Entlastungder Altanlagen in der Höhe von 5% des Buchwertes vor. Außerdemwurde die Investitionssteuer in den Jahren 1973 und 1974 von 12%bzw. 9% auf 6% ermäßigt. Diese Bestimmungen werden jedoch nurmit dem Anteil des Exportumsatzes am Gesamtumsatz wirksam.

2. Außenfinanzierung

a) Beteil(!!,tingsfinanzierung

Der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen hat in seiner Studie"Vorschläge zur Kapitalmarktpolitik ",4. Teil, S. 10ff.,Wien 1968,undin seiner Studie" Vorschläge :'.utIndustriepolitik" , Wien 1970, auf dieSchwierigkeiten hingewiesen, denen die nichtemissionsfähigen Unter-nehmungen (Einzelfirmen, Personengesellschaften, Ges. m. b. H.,kleine und mittlere AG) bei der Beschaffung von Finanzierungsmitteln

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mit Eigentümerrisiko im Wege der Außen finanzierung gegenüber-stehen. Hinsichtlich der Wahl einer finanzierungsoptimalen Rechts-form der Unternehmungen wird auf die Möglichkeiten des Struktur-verbesserungsgesetzes hingewiesen.

Probleme ergeben sich hauptsächlich aus dem Fehlen einesfunktionierenden Marktes für Beteiligungen an nichtemissions-fähigen Unternehmungen, aus den relativ hohen Risken für Be-teiligungsgeber und -nehmer sowie aus mannigfaltigen persönlichen,teils auch psychologischen Gründen. Da die Anteile an solchenUnternehmungen nicht durch einen ständigen Kursbildungsprozeß be-wertet werden können, sind der Mobilität solcher Beteiligungswerteenge Grenzen gesetzt.

Das geltende Recht sieht für die Beschaffung zusätzlichen Risiko-kapitals im wesentlichen folgende Möglichkeiten vor:

- für sämtliche Unternehmensrechtsformen die Bildung einerstillen Gesellschaft mit dem Kapitalgeber;für alle Unternehmensrechtsformen mit Ausnahme der Einzel-firma die Aufnahme eines oder mehrerer formal gleichberech-tigter 'Teilhaber;

- für alle Unternehmensrechtsformen mit Ausnahme der Einzel-firma und der Genossenschaft die Aufnahme von formal nichtgleichberechtigten Teilhabern durch Umwandlung in eineKommandi tgesellschaft.

Die Gründe, warum von diesen Möglichkeiten in verhältnismäßiggeringem Ausmaß Gebrauch gemacht wird, lassen sich im einzelnenwie folgt spezifizieren:

Es liegt im Wesen einer Beteiligung, daß mit einer solchenKapitalanlage unternehmerisches Risiko übernommen wird. Eineaktive Teilnahme des Kapitalgebers an der Geschäftsführung desUnternehmens kommt zwar dem Bestreben entgegen, die Einlagegegen Verluste zu sichern, weil eine laufende Information über diegegenwärtige Lage, die Aussichten sowie die Chancen und Riskendes Unternehmens möglich ist, jedoch wird eine solche Mitwirkungnur in ganz bestimmten Fällen den grundsätzlichen Interessen derKapitalgeher und Kapitalnehmer entsprechen. Vielfach werden dieKapitalanleger gar nicht willens und in der Lage sein, aktiv an derGeschäftsführung teilzunehmen. Vom Standpunkt des kapitalnach-fragenden Unternehmens ergibt sich das Problem, ob die aus derKapitalbeteiligung abgeleiteten Mitspracherechte bei geschäftlichenMaßnahmen akzeptiert werden können. Die Beziehungen zwischen

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Kapitalgeber und -nehmer sind weitgehend so individuell und persön-lich, daß ohne dne gezielte Pörderung die breitere Anwendungdieser Art der Betdligungsfmanzierung in Frage steht.

Für den Kapitalgeber erhöht sich das Ertrags- und Verlustrisikoin dem Maße, indem durch gesetzliche (und) oder vertragliche Be-stimmungen das Mitsprache- und Informationsrecht eingeschränktwird. Persönliche und geschäftliche Kontakte der Betdligten in Ver-bindung mit entsprechend hohen Gewinnchancen vermögen jedochdie relativ hohen Anlagerisken mitunter zu kompensieren. Ob und inwelchem Maße die Kapitalgeber mit solchen Kompensationen rech-nen, hängt von ihrer individuellen Risiko-Präferenz-Skala ab, über dienaturgemäß keine allgemeingültigen Aussagen gemacht werdenkönnen.

Abgesehen von den persönlichen, zum Teil auch nur psycholo-gisch erklärbaren Momenten, die einer Aufnahme mitsprechenderKapitalgeber, insbesondere in Einzel- und Personengesellschaften,entgegenstehen, vermögen auch unternehmensinterne Risikoüber-legungen den Zustrom von Beteiligungskapital zu bremsen. DieInhaber eines Unternehmens werden nämlich eine Vergrößerung desKapitalsfonds durch Aufnahme von Beteiligungskapital nur unterganz bestimmten Voraussetzungen anstreben:

-- Die Inhaber des Unternehmens erwarten bei Vergrößerung desKapitalfonds eine bessere Ausnützung des Ertragspotentials.

- Eine Vergrüßerung des Kapitalfonds kann durch Sdbst- oderFremdfinanzierung nicht herbeigeführt werden, weil diegegenwärtige Ertragslage nicht optimal ist bzw. die Voraus-setzungen (z. B. Sicherheiten) für eine Kreditfinanzierung fehlenund/oder das finanzielle Gleichgewicht des Unternehmensobjektiv oder nach der subjektiven Einschätzung der Inhabergestört würde.

Bei der Aufnahme von Beteiligungskapital unter den zuletztangeführten Voraussetzungen sind die Kosten der Rigcnkapit,dbe-schaffung gleich dem Gewinnanteil für das Zur Verfügung gestellteKapital, den die bisherigen Inhaber eines Unternehmens einemoder mehreren Beteiligungsgebern dafür überlassen müssen, daßErtragschancen genutzt werden können, die sonst nicht realisierbargewesen wären. Verläuft die Gewinnentwicklung nicht mindestensproportional der zunehmenden Erweiterung der Eigenkapitalbasisdes Unternehmens, entwickelt sich die Aufnahme von Betdligungs-kapital zu ungunsten der bisherigen Inhaber.

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Solange nicht Teile der Kapitaleinlage verlorengehen, treten fürdie Beteiligungsgeber zwar keine absoluten, bei unterproportionalerGewinnentwicklung aber relative Verluste ein, weil andere (unterUmständen weniger risikoreiche) Kapitalanlagen relativ rentablerwerden.

Als weiteres Hemmnis institutioneller Art tritt in Österreich dieTatsache hinzu, daß bei allen Rechtsformen außer Je.r Aktiengesell-schaft, der Ges. m. b. 11. & Co. KG und der Genossenschaft dieKapitalbündelung ein ungelöstes Problem darstellt. Eine Beteiligungist nur mit relativ großen Summen miiglich, weil die Rechtsformender Unternehmungen, selbst die Ges. m. b. H. und erst recht dieEinzelfirma und die Personengesellschaft, nicht auf eine große Zahlvon Anteilseignern zugeschnitten sind.

In zahlreichen Staaten mit marktwirtschaftlich orientierten Wirt-schaftssystemen wurden institutionelle Pormen der Kapitalbeteillgungins r"eben gerufen. In ()stetteich hat der Beirat mehrmals die Grün-dung von Kapitalbeteiligungsgesellschaften vorgeschlagen. Aus derSicht kleinerer Unternehmen ergeben sich für die rnstitutionalisierungder BeteiIigungsfinamderung weitere Probleme.

Für rein erwerbswirtschaftliche Kapitalbeteiligungsgesellschaftengilt das Prinzip der Gewinnmaximierung. Die Erfahrungen mitGesellschaften dieses Typs im Ausland ~eigen, daß für diese diekleineren Unternehmen als Anlageobjekte relativ uninteressant sind.Die fehlende Pungibilität der Beteiligungen, die nur in begrenztemMaß mögliche Risikostreuung*), die Existenzgefährdung kleinererUnternehmungen in jenen Bereichen, wo sich Massenproduktion undwachsende Kapitalintensität durchset?:en, sowie die relativ größerenEntwicklungsrisken kleinerer Unternehmungen werden unter ande-rem von erwerbswirtschaftlichen Kapitalbteiligungsgesellschaften alsdie besonderen Risken herausgestellt, mit welchen Beteiligungen annichternissionsfähigen Klein- und Mittelunternehmungen behaftetsind. Demzufolge sind die Auslesekriterien, die rein erwerbswirt-schaftliche KapitalbeteiIigungsgesellschaften anwenden, sehr strengund die Erwartungen hinsichtlich der durchschnittlichen Kapital-rendite verhältnismäßig hoch, so daß nur ein sehr kleiner Prozent-satz der nichtemissionsfähigen Unternehmungen als potentielle Be-teiligungsnehmer in Frage kommt.

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*) Da:lLl ist allerdings festzustellen, daß sich die Möglichkeiten der Risiko-streuung in dem Maß verbessern lassen, in dem es gelingt, den Kreis der Betdli-gungsl1chmer durch Pürderungsmaßnahmen :t;uvergrößern.

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lnMIll.S

Abschließend noch einige Angaben über ausländisches Kapital inÖsterreich, Nach einer Erhebung der Nationalbank betrug der Anteilder in ausländischem Besitz befindlichen Betriebe im Jahr 1970 (ge-messen an der Zahl der Beschäftigten) in der Industrie 23"3'10' imHandel 7'3%, im Verkehr 2'3%, im Premdenverkehr 0'9%, im Ge-werbe ohne Baugewerbe C),4%J und im Baugewerbe 5'3%. Das Eigen-kapital dieser Betriebe belief sich Ende 1969 auf insgesamt rund23 Mrd. S. Davon entfallen rund 14 Mrd. auf die Industrie, 3'4 Mrd.auf den Handel, 0'8 Mrd. auf den Verkehr und 0'9 Mrd. S auf Ge-werbe, Baugewerbe und Fremdenverkehr zusammen*).

ba) Institutionelle Kreditfinanzierung

Mit Stichtag vom 31. Dezember 1972 waren im Rahmen derinstitutionellen Kreditfinanzierung innerhalb des gesamten öster-reichischen Gewerbes 26.308 Mill. San Kreditmitteln aushaftend. Indieser Summe sind die Mittel, die bei den diversen Teilzahlungs-instituten aushaften, nicht enthalten.

Eine Untergliederung in verschiedene Sektoren des Gewerbesergibt folgendes Bild, wobei jedoch zu beachten ist, daß diese insti-tutionelle Definition sich nicht mit dem Bereich der kleineren Betriebedeckt (z. B. Teile des Baugewerbes):

Addiert man zu dieser Summe die zum gleichen Zeitpunkt aus-

It'o) QHI/I~: MitteHu.n.g~n delt DlrektonurrU!. der aeth=rrekhilx:hen Nlltlonalbllnk. Heft 3, Wien 1973.

*) Hinsichtlich der Problematik des ausländischen Kapitals in Österreich wirdauf Grünwald - Lacina, "Auslandskapital in dcr österteichischcn Wirtschaft",Wien 1970, verwiescn.

b) Kreditftnanzierung

Tabelle 14Kredite im GeIllerbe nach Innungsgruppen*)

(Stich""'1ll 31. Dezember 1972)

Bau-, Bauhilfs- und Baunebcngcwerbe .Metallbe- und -verarbeitung .Holzbc- und -verarbeitung - .Bekleidungs-, Textil- und Ledergewcrbe .Nahrungs- und GCllußmittelgewerbe .Graphisches Gewerbe und Papicrverarbeitung .Körper- und Gesundheitspflcgc, Reinigung und

chemischcs Gewerbe .Sonstigcs Gewerbe .Summc .

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7.9483.7212.6841.7403.9381.500

8373.940

26.308

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haftenden Kredite des Handels (30.250 Mill. S), des Fremdenverkehrs(12.469 Mill. S) und des Verkehrs (8.536 Mill. S), so ergibt sich einGesamtvolumen dieser Sektoren von 77.563 Mill. S.

Vergleicht man dieses Volumen mit dem Gesamtbereich derIndustrie, in dem mit demselben Stichtag 52.123 Mill. Saushaftendgewesen sind, und unterstellt man, daß es sich bei den Betrieben desHandels, des Fremdenverkehrs und des Verkehrs überwiegend umkleinere und mittlere Betriebe handelt, zeigt sich, welch große Be-deutung die institutionelle Kreditf1nanzierung für die Klein- undMittelbetriebe einnimmt.

Der prozentuelle Anteil dieser Sektoren am Gesamtvolumen deraushaftenden Kredite (248.889 Mill. S) zum Stichtag 31. Dezember1972 betrug 31'2% gegenüber der Industrie mit 20'9%.

Die Kreditkosten setzen sich im allgemeinen aus den Zinsen,der Provision und diversen Nebenkosten, wie z. B.Eintragung imGrundbuch usw., zusammen. Sie sind auch nach Art und Höhe beiden einzelnen Kreditarten verschieden.

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen Kosten, die beiSonderkrediten anfallen, und denen bei nichtgeförderten Krediten.Selbstverständlich stehen Kosten, Laufzeiten, Bonität und Besiche-rung in einem unmittelbaren Zusammenhang, zumal etwa bei lang-fristigen Krediten die Kosten direkt von der durchzuführenden Be-sicherung abhängen. Was die Laufzeiten im besonderen betrifft, sobewegen sich die der Sonderkreditaktionen durchschnittlich zwischen3 und 10 Jahren. Es zeigt sich, daß die Sonderkredite bei niedrigerenKosten eine relativ langfristige Laufzeit aufweisen.

Bcsicherungsprobleme treten vor allem bei kleineren Betriebenauf, wobei auch die Tatsache ins Gewicht fällt, daß diese Betriebe invielen Fällen ihre Tätigkeit in gemieteten Objekten ausüben undsomit nicht über dementsprechende -- für hypothekarische Sicher-stellungen geeignete -- Vermügenswerte verfügen.

Allerdings können durch den weiteren Ausbau der verschiedenenHaftungsgesellschaften diese Probleme wesentlich gemildert werden.Mit der Etablierung von Kreditbürgschaftsgesellschaften in denBundesländern konnten, wie aus den Tätigkeitsberichten dieser Ge-sellschaften hervorgeht, bereits ausgezeichnete Ergebnisse erzieltwerden, die sich in einer verstärkten Investitionstätigkeit in denkleineren Betriebsgrößenklassen niedergeschlagen haben.

Eine spezielle Problematik tritt sowohl bei den Investitions-krediten als auch bei den Betriebsmittelkredlten auf.

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Bezüglich der Kreditfinanzierung auf dem gewerblichen Investi-tionssektor lassen sich bei maschinellen Investitionen die Laufzeitenund die Amortisationsdauer ohne weiteres koordinieren. Durch dieMöglichkeit der vorzeitigen Abschreibung wird die Liquidität ver-bessert.

Rein bauliche Investitionen haben bei Klein- und Mittelbetriebennicht einen solchen Umfang und damit eine geringere Bedeutung wieetwa bei Industriebetrieben. Bei diesen Investitionen zeigt sich einegroße Diskrepanz zwischen der möglichen Abschreibung einerseitsund der Kreditlaufzeit andererseits. Die Abschreibung ist in der Regelnur in einem Zeitraum von etwa 40 Jahren möglich, während lang-fristige Investitionskredite im allgemeinen für einen solchen Zeitraumnicht gewährt werden. Von diesem Problem ist besonders die Frem-denverkehrswirtschaft betroffen.

Der Eigenfinanzierungsanteil liegt bei bank üblichen Investitions-krediten in der Regel zwischen 30°;':,und 50°;':" bei den diversenSonderkrediten ab 20%.

Bei den Betriebsmittclkrediten spielt die Besicherung eine be-deutende Rolle. Wesentlich ist, daß seitens der Kreditinstitute imEinzelfall eine dynamische Betrachtung zur Anwendung gelangt, dadie Gewährung eines derartigen Kredites vielfach auf der Vertrauens-basis zwischen Kreditnehmer und -geber aufgebaut werden muß.

Der Betriebsmittelkredit hat in den verschiedenen Bereichen derWirtschaft ein unterschiedliches Gewicht; im Bereich des Handelsz. B. nimmt der Betriebsmittelkredit eher den Charakter eines In-vestitionskredites an. Hypothekarische Sicherstellungen werden flirBetriebsmittelkredite selten angeboten, da sie, wenn überhaupt vor-handen, primär für Investitionen verwendet werden.

Da in Phasen der Kreditrestriktion die Kreditinstitute zu einerschärferen Selektion nach Rentabilitätsgesichtspunkten sich veranlaßtsehen, werden gerade kleine und mittlere Betriebe von solchen Maß-nahmen betroffen.

bb) Öffentliche Finanzierungs- und Garantieinstrumente

Die gewerbliche Wirtschaft Österreichs wird gegenwärtig durcheine Reihe von Aktionen und Maßnahmen des Bundes, der Länderund der Gemeinden sowie sonstiger öffentlich-rechtlicher Körper-schaften gefördert. Dabei ergibt sich für den Förderungswerber dasProblem, einen entsprechenden Überblick über diese Förderungs-

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maßnahmen zu gewinnen, und für die Förderer die Frage des sach-lich differenzierten optimalen Einsatzes dieser Maßnahmen. Die Vor-aussetzungen, die ein Kreditnehmer für die lnanspmchnahme einerFörderungsaktion mitzubringen hat, sollen hier nicht wiedergegebenwerden*).

Aus diesen vorhandenen übersichten lassen sich eine Reihe vonFakten ableiten, die sowohl hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Relevanzals auch einer leichteren Handhabung für Förderer und Gefördertenzur Diskussion gestellt werden sollten.

So ist festzustellen, daß die Pördemngsträger im Bereich derkleineren und mittleren Betriebe verschiedenste öffentlich-rechtlicheKörperschaften sind, vor allem Gebietskörperschaften und die ge-werblichen Interessenvertretungen. Dabei ist die Abgrenzung zwi-schen Bundes- und Landesfördemng fließend. Die Ziele der Förde-mng sind bis auf wenige Aktionen global definiert. Die Kredit-,Kreditkostenzuschuß- und Haftungskette weist Lücken auf. BeiAktionen, die Kreditkostenzuschüsse und gleichzeitig Haftungs-übernahmen vorsehen, gehen in der Praxis beide Maßnahmen meistHand in Hand. Auch verschiedene Laufzeiten für Kreditkosten-zuschuß und Haftung sind nicht üblich. Die Kreditlaufzcit selbstwird oft nicht auf die wirtschaftliche Nutzungsdauer der Investitionabgestellt, sondern formal fixiert; dies trifft auch für die Konditionenzu, die die wirtschaftlichen Gegebenheiten des Kreditnehmers nichtgebührend berücksichtigen, wie dies z. B. bei gestaffelten Kredit-kostenzuschüssen oder tilgungsfreien Anlaufzeiten möglich wäre.Die Eigenmittelaufbringung wird verschieden geregelt bzw. auchnicht exakt definiert. Die technische Abwicklung bringt für denKreditnehmer teilweise unnötige Formalitäten mit sich. Als kredit-vergebende Stellen treten neben Geldinstituten auch öffentlicheStellen selbst auf.

Bei den vorgenommenen überlegungen wurde nicht auf dieKreditaktionen der Gemeinden eingegangen, da diese meist aufspezifische lokale Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Bezüglich des Zusammenhanges zwischen der Vergabe subventio-

*) DiesbezUglieh sei auf die vorhandene Literatur vcrwiescn, wie auf die"Kreditrnäglichkelten für dic gcwerbliehe Wirtschaft", hcrausgcgeben von derBundeskammer der gewerblichen Wirtschaft und "Sonderkredite und Garantien",herausgegeben von der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft und demBundesministerium für Handel, Gewerbc und Industde,. auf die Broschüre"Invest1cr~n in Wien", herausgegeben von der Zentralsparkasse der GemeindeWien, u. a.

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nierter Kredite und der Konjunkturpolitik hat der Beirat in seinemGutachten über den Preis- und Kostenauftrieb festgestellt, daß dieSteuerung des subventionierten Kredirvolumens zwar wirksam wäre,sie stößt jedoch deshalb auf Schwierigkeiten, weil Kredite meist nurfür solche Zwecke subventioniert werden, die den konjunktur-politischen Zielen nicht gerne untergeordnet werden*),

Was den Gesamtumfang der subventionierten Kredite betrifft,so kann festgestellt werden, daß nach der durchgeführten "Sonder~erhebung über subventionierte Kredite" seitens der OesterreichischenNationalbank mit Stichtag 30, Juni 1965 die Gesamtsumme dieserKredite bereits 46'87 Mrd, S erreicht hat, Der österreichischen Wirt-schaft wurden zu diesem Zeitpunkt von den Kreditinstituten und deröffentlichen Hand insgesamt 113'42 Mrd, S zur Verfügung gestellt,Davon waren 58'7% (66'55 Mrd. S) nicht subventioniert und 41'3%(46'87 Mrd. S) subventioniert, Eine Aufgliederung dieser subventio-nierten Kredite nach Wirtschaftssektoren ergibt:

Tabelü 15Aujgliedemng tkr subventionierten Kredite nafb WirtHbaftszweigen: Stand 30. Juni 1965

(clnnalige Sonncrcthehunll)

Mlll. S

Industrie , .Gewerbe .Land- und Forstwirtschaft .Handel .Verkehr .Fremdenverkehr .Wohnungs- und Siedlungs wesen .Freie Berufe .Unselbständig Erwerbstätige und Private .Sonstige Kreditnehmer .

Gesamt .

7.0031.1853.770

247587

1.37829.959

261.4531.262

46.870

ln%

14'92'58'10'51'32'9

63'90'13'12'7

100'0

QNlll,.- Mlttenung~ dtll Dl.:rtlktoriuml der OuterrtlichilChen N.tlonalb-.nk.. Heft 8/1966, Sondenbdruck.

Als subventioniert gelten gemäß den Erläuterungen zur halb-jährlichen Kreditstatistik der Oesterreichischen Nationalbank jeneKredite, die mit Hilfe von Zinsensubventionen, Tilgungszuschüssen,Haftungszusagen oder zweckgebundenen Einlagen öffentlicher Stel-len (in Kombinationen oder einzeln) bzw. hiefür geschaffener Institu-tionen (wie z. B. Bürgschaftsfonds) gewährt wurden. WesentlichesMerkmal ist die Tatsache, daß durch das Eingreifen einer öffentlichen

*) Siehe Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen, "Gutachten über den Prels-und Kostenauftrieb", Wien 1972, S. 72.

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Stelle (bzw. einer hiefür geschaffenen Institution) die Gewährungeines Kredites an sich ermöglicht oder ein solcher verbilligt wird.

Die Aufgliederung der subventionierten Kredite nach Kredit-aktionen und -arten zum 30. Juni 1965zeigt, daß in Gewerbe, Handel,Verkehr und Fremdenverkehr Bürges- und ERP-Kredite eine be-deutende Rolle spielen. Für den Fremdenverkehr sind selbstverständ-lich noch die Fremdenverkehrsinvestitionskredite des Bundes undFremdenverkehrskredite der Länder von Bedeutung.

Die von der halbjährlichen Kreditstatistik der OesterreichischenNationalbank ausgewiesenen subventionierten Kredite enthalten nichtjene Mittel, die von der öffentlichen Hand direkt gegeben werden undin die Sondererhebung des Jahtes 1965 einbezogen waren. Der Anteilder subventionierten Kredite laut Kreditstatistik an den gesamt aus-haftenden Krediten ist mit 13"8';0(30. Juni 1965)und 13"3% (31. De-zember 1972) nahezu unverändert geblieben.

bc) Spezielle Finanzierungsformen : Leasing und Factoring

Leasing kann am besten mit Mictfinanzierung übersetzt werden.Es bedeutet die miet- und/oder pachtweise Inbestandnahme vonWirtschaftsgütern.

Beim Leasing-Geschäft wird hinsichtlich des Objektes üblicher-weise zwischen Mobilien-Leasing, Immobilien-Leasing und Konsum-güter-Leasing unterschieden. Die Mietobjekte bleiben grundsätzlichim Eigentum des Vermieters. Der Mieter erwirbt durch die Miet-zahlung das Nutzungsrecht.

üblicherweise werden zwei Formen des Leasing-Geschäftesunterschieden:

a) Operational LeasingHier wird eine kurzfristige Kündigungsmöglichkeit seitens desMieters vorgesehen. Der Mieter kann vorzeitig vom Vertragzurücktreten, ohne den Vermieter für einen daraus erwachsendenVerlust entschädigen zu müssen.b) Financial LeasingZum Unterschied vom Operational Leasing handelt es sich hierum langfristige Verträge (etwa 3 bis 5 Jahre), die keine Kündi~gungsmöglichkeit vor Fristablauf bieten. Hier wird das Investi-tionsrisiko zum größten Teil auf den Mieter, der sich zur Er-füllung eines auf eine bestimmte Dauer abgeschlossenen Vertragesverpflichtet, überwälzt.

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Im Sprachgebrauch wird üblicherweise unter Leasing nur dasFinancial Leasing verstanden. Beim Finandal Leasing stehen demMieter nach Ablauf der Vertragszcit, die sich üblicherweise über ca.75% der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Mietobjektes erstreckt,mehrere Möglichkeiten offen. Diese Möglichkeiten reichen von derRücknahme des gemieteten Gegenstandes durch den Vermieter biszu Vorkaufsrechten des Mieters, Vetlängerungsoptionen und Kauf-optionen. ] e nach der Gestaltung des Leasing-Vertrages und derdamit dokumentierten wirtschaftlichen Relevanz des Mietobjektesfür den Mieter ergibt sich eine unterschiedliche Behandlung besondersin steuerrechtlicher Hinsicht. Die Unsicherheit in steuerlicher Hin-sicht besteht hauptsächlich darin, ob das wirtschaftliche Eigentuman dem Mietobjekt dem Leasing-Nehmer oder dem Leasing-Geberzuzurechnen ist.

Grundsätzlich bietet Leasing die Chance, ohne Eigenkapital-ausweitung einen größeren Geschäftsumfang zu erreichen. Danebeninkludieren Leasing-Verträge auch oft Reparaturdienste zu Lastendes Vermieters oder gewisse Garantien, die einen laufenden Austauschdes Mietobjektes gegen die jeweils modernsten Objekte vorsehen.

Beim Factoring handelt es sich um eine Organisationsform zurRefinanzierung von Forderungen. Beim Factoring werden Forderun-gen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen, die im Gewerbe-betrieb eines anderen entstanden sind, aufgekauft. Der Factor er-füllt somit neben der Risikotragung auch dne Refinanzierungs-funktion. Für den Waren- oder Dienstleistungslieferanten bestehtfolglich die Möglichkeit, das Warengeschäft von der Kreditgewäh-rung zu trennen und somit die Kreditfunktion auszugliedern.

Beim Factor handelt es sich meist um ein bankähnliehes oder einerBank bzw. Bankgruppe nahestehendes Institut. Die Dienstleistungdes Factors kann auch die Debitorenbuchhaltung umfassen. DurchAusgliederung dieses Bereiches aus dem Betrieb kann ein beträcht-licher Rationalisierungse!fekt erreicht werden.

Im Rahmen der bisher üblichen Möglichkdten zur Mobilisierungvon Außenständen, nämlich dem Zessionskredit und dem Wechsel-diskont, ist der Unternehmer üblicherweise bei seiner finaD':ierendenBank auf Grund seiner Bilanz- und Besicherungssituation an einenentsprechenden Rahmen gebunden. Es kann daher vorkommen, daßgerade für ein expandierendes Unternehmen der Kreditrahmen zuknapp wird. Hier bietet nun das Factoring als dritte Möglichkeit eineumsatzkongruente Finanzierungsmöglichkeit, da die Außenstände

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bereits im Zeitpunkt des Entstehens flüssiggemacht werden können.Neben einer Liquiditätsverbesserung kann durch Factoring auch eineRentabilitätsverbesserung erreicht werden. Bei der Beurteilung derFactor-Kosten (Pactoring-Gebühr aus Entgelt für die Dienstleistungund Delkrederefunktion sowie Zinsen für die Pinanzierung) müssendie Ertragsfaktoren wie zusätzliche Skontogewinne und sonstigeEinkaufsvürteile bei Skontozahlung und die durch den Fremdserviceersparten Eigenkosten berücksichtigt werden.

c) Ueferantenkredite*)

ca) Bedeutung des Lieferantenkredites

Die praktische Bedeutung des Lieferantenkredites steht in einemauffallenden Mißverhältnis zu der geringen Beachtung, welche diesesThema bisher gefunden hat. Der Lieferantenkredit ist für die kurz-fristige Finanzierung von großer Bedeutung.

In Österreich ist der Lieferantenkredit - der relativ teuer ist -eine der wichtigsten Kreditquellen, insbesondere für kleinere Be-triebe.

Eine Untersuchung über die Bedeutung des Lieferantenkreditesin der jüngsten Vergangenheit existiert leider nicht. Der Gewerbe-bericht enthält jedoch für den Bereich des Gewerbes einige Angaben,aus denen die Bedeutung des Lieferantenkredites sichtbar wird. Nachdieser Untersuchung entfielen rund 32% des gesamten Fremdkapitalsin der Sektion Gewerbe auf Lieferantenkredite**). Die nachstehendeAufstellung zeigt den Anteil der Lieferantenkredite am Fremdkapitalfür die ?:usammengefaßten Innungsgruppen :

Tabelle 16

FremdkapiJal und Lio!oranJenkrodiJe im Gewerbe nach Innungsgmpj}81/***)Fromdkapita} Lkfcuntenkr:cdite Anttlll in %

(In Mlil. S)

Gruppe Hau .Gruppt' Holz .Gruppe Metall .Gruppe Leder und Textil .Gruppe Nahrungsmittel .Grul?pe Sonstigt' Gt'werbt' ..St'ktlon Gt'wt'rbt' .

8.513"11.969"03.752'11.439'72.857"02.858"3

21.389'2

2.059'8883"8

1.494'4587"0851'4923"5

6.799'9

24454041303232

*) Dieser Abschnitt stützt sich im wcscntlichcn auf dic Studie von N. Bischofund W. Birnbaumer, "Zu den Problemen des Lleferantenkredites" in: Konjunktur-politik, Bd. 12, 1966, S. 58 ff.

**) Vgl. Tabelle 10.***) Berechnet nach Tabelle 10.

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Innungm mit dm höchstm Prozentanteiün der Li8ferantenkr6dit6 am Pr6mdkapital*)

Innung Antoil ,n %

Molkereien, Käsereien 65Hutmaeher, Modisten und Sehirmmaeher 63Schuhmacher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54Kawssedebauer und Wagner 53Chemische Gewerbe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51Dachdecker und Pflasterer 48Tischler 47Zahntechniker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47Gas- und Wasserleitungsinstallateure 45

0) Jle,«hn,t narh Tabd), 10.

cb) Formen des Lieferantenkredites

Neben Kreditgewährungen, die in direktem Zusammenhang mitVerkäufen stehen, gibt es auch Lieferantenkredite, die nur in in-direktem Zusammenhang mit Verkäufen gewährt werden. Bei derersten Form, der direkten Absatzfinanzierung, erfolgt die Kredit-gewährung immer in Form eines Warenkredites. Bei der indirektenAbsatzfinanzierung ist der Finanzkredit die Regel, so z. B. bei Ein-richtungskrediten von Brauereien an Gastwirte. In diesem Fall über-nimmt der Lieferant die Finanzierung der Anlagen. Häufig erfolgtauch die Finanzierung von Anlageinvestitionen mit Hilfe von Liefe-rantenkrediten.

cc) Lieferantenkredit und Absatzpolitik

Der Lieferantenkredit ist ein Instrument der unternehmerischenAbsatzpolitik. Er ist vielfach Ausdruck einer bestimmten Markt-konstellation, bei der finanzkräftige Anbieter finanzschwachen Nach-fragern gegenüberstehen. Die Finanzschwäche der Nachfrager re-sultiert aus einer geringen Eigenkapitalbasis bzw. der Schwierigkeitoder Unmöglichkeit oder auch der vielfach mangelnden Bereitschaft,sich finanzielle Mittel in ausreichendem Maße über den Bankapparatzu beschaffen. Die Umsatzausweitung wird von den geringen Eigen~mitteln der Kunden begrenzt. In den Fällen, wo eine Finanzschwächeder Nachfrager eine Umsatzausweitung beschränkt, verlagert sichder Wettbewerb auf die ZaWungsbedingungen. Bei einer angespann-ten Finanzlage und guten Absatzchancen der Nachfrager sind dieZaWungsziele in gewissen Grenzen wichtiger als die Höhe derPreise.

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cd) Kreditnehmer

Es sind vor allem kleinere und mittlere Unternehmen, bei denender Lieferantenkredit eine große Rolle spielt. Sie sind meistens nichtin der Lage, ihren Finanzbedarf durch Bankkredite zu befriedigen.Die Schwierigkeit, Bankkredite zu erhalten, beruht oft auf dem Man-gel an bankmäßigen Sicherungskapazitäten. Es bleibt daher vielfachnur der Ausweg, den Pinanzbedarf im Wege des Lieferantenkrediteszu decken. Allerdings darf auch nicht übersehen werden, daß inmanchen Fällen einer sachlich durchaus möglichen Inanspruchnahmevon Bankkrediten psychologische Hemmnisse entgegenstehen.

ce) Lieferantenkredit und BankkreditBesicherung

Die Kreditbedingungen von Lieferanten und Banken sind sehrunterschiedlich. Ein Kreditinstitut legt in der Regel das Haupt-gewicht auf die dingliche Sicherung seiner Forderungen, wenngleichin zunehmendem Maße auch Sicherheiten, die in der Person desUnternehmers oder in der Rentabilität des Unternehmens selbst lie-gen, in Betracht kommen.

Für den Warenlieferanten ist die Einräumung von Krediten einMittel der Absatzpolitik. Aus diesem Grund legt er auf die Deckungseiner Außenstände weniger Gewicht und verzichtet üblicherweise aufeine spezielle Sicherung. Die Abhängigkeit des Kunden vom Liefe-ranten ist auch eine Art Kreditsicherung. Je größer also z. B. dieForderung eines Großhändlers an seine Abnehmer ist, desto geringerist für den Großhändler auch die Gefahr, diese Kunden %uverlieren.Allerdings können aus einer solchen Situation auch Nachteile für denLieferanten entstehen.

Risiko

Die individuelle Bonitätsbeurteilung kleinerer Betriebe ist fürBanken vielfach schwierig. In diesem Bereich kann der Einblick desLieferanten in die Geschäftslage seiner Kunden durch den laufendenKontakt besser sein als der einer Bank.

Kreditkosten

Beim Lieferantenkredit handelt es sich im Regelfall nicht um einselbständiges Kreditgeschäft, sondern um die Koppelung eines

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Warengeschäftes mit einem Kreclitgeschäft. Aus diesem Grund sinddie Kosten eines Lieferantenkredites manchmal sehr schwer und invielen Pällen überhaupt nicht erkennbar.

Man kann grundsätzlich folgende Kreditbedingungen unter-scheiden:

u) Bei Barzahlung oder Zahlung innerhalb einer bestimmten Fristwird ein Skonto gewährt.

ß) Bei Barzahlun~ ;ird kein Skonto gewährt.

Im PalI a) lassen sich relativ leicht Anhaltspunkte über die Kosteneines Lieferantenkredites gewinnen. Um in diesem Fall die unter-schiedlichen Skontobedingungen untereinander bzw. mit den bank-mäßigen Kreditkosten vergleichbar zu machen, müssen die Skonto-sätze auf einen Jahressatz umgerechnet werden. Dieser Jahreszinssatzergibt sich, wenn man den für die Skontobezugsspanne, d. h. Zielminus Skontofrist, geltenden Skontosatz auf das Jahr bezieht. Beieiner solchen Berechnung bleibt allerdings die in der (unterschied-lichen) Dauer der Skontofrist zum Ausdruck kommende Kredit-gewährung unberücksichtigt. Unterschiedliche Skontofristen würdenz. B. bei gleichen Skontosätzen und gleichen Skontobezugsspannengleiche ]ahreszinssätze ergeben.

Berechnet man die Kreditkosten nach der oben angeführtenMethode, so ergibt sich bei einem Skontosatz von 20/." einem Zielvon 30 Tagen und einer Skontofrist von 15 Tagen ein Jahreszinssatzvon rund 47%. Bei 2% Skonto, 60 Tagen Ziel und 30 Tagen Skonto-frist beträgt der Jahreszinssatz 25°/,), bei gleichen Fristen und einemSkontosatz von 3% jedoch bereits 36%. Diese Beispiele zeigen, daßdie Kreditkosten des Lieferantenkredites (berechnet nach dieser for-mel) durchschnittlich weit über den Kosten eines Bankkreditesliegen.

Fehlen die Skontobedingungen, so gibt es kaum Anhaltspunktefür die Kreditkosten. Sie sind in einem solchen PalI dann als festerBestandteil des Preises zu betrachten. Ein Anhaltspunkt für die Kosteneines solchen Lieferantenkredites läßt sich nur dann gewinnen, wennbei Fristüberschreitung Verzugszinsen berechnet werden.

cf) Da der Lieferantenkredit hinsichtlich seiner Inanspruchnahmesicher der einfachste Kredit ist, wird er oft nicht so kostenbewußtbetrachtet wie andere Kreditformen. Allerdings sollte jede über dasbetriebswirtschaftlich notwendige bzw. tragbare Ausmaß hinaus-

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gehende Inanspruchnahme von Lieferantenkrediten weitestgehendvermieden werden. Durch Informations- und Beratungstätigkeitkönnte erreicht werden, daß die Betriebe den Komplex der Lieferan-tenkredite kritischer betrachten und das Ausmaß dieser Finanzierungs-form in Einklang mit den Erfordernissen bringen.

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11.ORGANISA nON

a) Unternehmensführung, Marketin,g und Rationalisierung

Die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung vom Verkäufermarktzum Käufermarkt zwingt auch Inhaber kleinerer Unternehmungenzu einer marktorientierten Unternehmensführung. Der technischeFortschritt, die Veränderungen auf dem Absatzmarkt, bedingt durchsteigende Einkommen, häufigere Anderungen von Mode und Kon-sumgewohnheiten, Motorisierung und Verkürzung der Arbeitszeitbeeinflussen die Unternehmens konzeption ebenso wie die Verände-rungen auf dem Arbeitsmarkt und Rohstoffsektor. Vor allembezüglichder Arbeitskräfte und beim Material- und Anlageneinkauf ergebensich für kleinere Unternehmen Schwierigkeiten.

Zahlreiche Erzeugnisse werden in immer größeren Stückzahlenbenötigt, so daß ihre Herstellung vor allem für Großbetriebe rentabelwird und der Kleinbetrieb auf diesem Sektor aus dem Wettbewerbausscheidet. Demgegenüber verlangen aber kaufkräftige Konsumentenimmer mehr nach hochwertigen, individuell gefertigten Produkten.Industriebetriebe tendieren dazu, die Vorteile der Arbeitsteilung inder Wirtschaft durch die Inanspruchnahme von Zulieferungen ausspezialisierten kleineren Betrieben zu nutzen. Darüber hinaus ist eskleineren Betrieben auf Grund ihrer leichteren Überschaubarkeitmöglich, sich rascher an geänderte Verhältnisse anzupassen. Einweiterer, gerade für kleinere Betriebe sehr wichtiger Trend ist diestarke Zunahme der Nachfrage nach Dienstleistungen aller Art.

Auch in kleineren Unternehmen ergibt sich immer mehr die Not-wendigkeit, für die Planung und für die Vorbereitung Von Entschei-dungen Spezialisten eim:usetzen.Diese Spezialisten können im eigenenUnternehmen beschäftigt sein, von viden Unternehmen werden aberauch -"- zunächst etwas :.:ögcrnd ~. betriebsfremde Berater zurLösung spezieller Probleme herangezogen.

Ein großes Handikap kleinerer Unternehmungen besteht darin,daß die ständigen Aufzeichnungen über das Betriebsgeschehen oftunvollständig sind. Dies trifft vor allem für Bereiche der Kosten-rechnung und der Kalkulation zu.

Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich beim Übergang zu einemzeitgemäßen, kooperativen Führungsstil (Teamarbeit); außerdem istdie Personalpolitik gegenüber früher durch die technischen Ent-wicklungen und ,durch die soziologischen Veränderungen komplizier-

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ter geworden. Vom Unternehmer und seinen leitenden Mitarbeiternwerden heute neben erhöhten fachlichen auch größere Kenntnisseauf dem Gebiet der Organisation und Menschenführung verlangt.

Die Verkürzung der Innovationszeit (Zeit zwischen der Idee oderdem Entwurf eines Projektes und seiner Marktreife), die verändertenKriterien für die Bestimmung der Nutzungsdauer einer Investition(in vielen Fällen abhängig von der Dauer ihrer wirtschaftlichen undnicht ihrer technischen Einsctzbarkeit) sowie die rasche modischeVeralterung bestimmter Produkte setzen neue Maßstäbe. Auch derkleinere Betrieb braucht verläßliche und aktuelle zahlenmäßige Unter-lagen über das gesamte Betriebsgeschehen, um daraus Informationenund Entscheidungshilfen für das Management entwickeln zu können.Außer der im Rahmen moderner Betriebsführung notwendigen Ver-waltungsarbeit treffen die immer umfangreicher und komplizierterwerdenden Arbeiten für öffentliche Stellen (z. B. Lohnverrechnung)das kleinere Unternehmen besonders schwer, wobei auch das finan-zielle und rechtliche Risiko zu berücksichtigen ist.

Die geschilderten Tatsachen und Entwicklungen erfordern auchvon kleineren Unternehmen immer mehr, die Aus- und Weiter-bildung für Unternehmer und Mitarbeiter zu einem Angelpunkt dergesamten Unternehmenspolitik zu machen.

Die geistige Investition steht heute glc:ichberechtigt neben derSachinvestition, wobei der permanenten Weiterbildung größte Be-deutung zukommt.

Die Beschäftigung von in der Ausbildung stehenden Jugendlichenist gerade für kleinere Betriebe von außerordentlicher Bedeutung.

Der Anteil dcr T ..ehrlinge an den unselbständig Beschäftigten inder gewerblichen Wirtschaft betrug im Jahre 1971 S°lr,.Im Gewerbebeträgt der Anteil 15%, im Handel 11'2%) und im FremdenverkehrS·2%. Im Kleingewerbe liegt dcr Anteil über diesen Werten.

Dic erhöhten Anforderungen an die Mobilität des Arbeitsnehmersbilden einen Schwerpunkt in der Berufsausbildung.

Im Rahmen einer modernen Unternehmensführung verdient dasMarketing besondere Beachtung. Marketing ist die konsequente Aus-richtung aller Bereiche eines Unternehmens auf den gegenwärtigenund künftigen Absatzmarkt.

Eine Unternehmensführung kann ihre Marketing-Konzeption nurdann erfolgreich realisieren, wenn der innerbetriebliche Informations-fluß klaglos funktioniert. Je schneller dic Nachrichten über erfolgte

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oder zu erwartende Veränderungen auf dem Absatzmarkt (Mode~oder Geschmacksänderungen, Konkurrenzverhältnisse usw.) demUnternehmen bekannt werden und je gründlicher sie aufbereitetsind, desto früher und zielsicherer kann die Unternehmensführungreag1eren.

Betriebe, welche direkten Kontakt mit dem Letztverbraucherhaben, z.B. Handwerksbetriebe mit Auftragsfertigung, gelangenrascher und einfacher zu den erfordcrlichen Informationen über ihrenAbsatzmarkt als Unternehmen, die für einen anonymen Markt er-zeugen und deren Produkte über Groß- und Einzelhandel denLetztverbraucher erreichen. Solche Unternehmen müssen sich derMarktforschung bedienen. Aus dem früher, insbesondere in kleinerenBetrieben, üblichcn Warten auf den Kunden muß eine aktive Bearbei-tung des Marktes werden.

Für Betriebe, die einen wesentlichen Teil ihrer Leistungen imAuftrag öffentlicher Stellen erbringen, besteht das spezielle Problcmder Kenntnis von regional unterschiedlichen Vergaberichtlinien.

Viele Unternehmen sind bestrebt, zur Umsatzausweitung undRisikominderung eine zweite oder dritte Sparte anzugliedern. Eswerden z. B. in Erzeugungsbetrieben nicht nur die eigenen Produkte,sondern zur Vervollständigung des Sortiments auch Handelswarengeführt. Unter Umständen wird auch eine Service- oder Reparatur-abteilung (z. B. Vertragswerkstätte) angegliedert.

Aufgabe der Rationalisierung ist es, durch Reduzierung derKosten oder Erhöhung bzw. Verbesserung der Leistungen größt-mögliche Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Die Unternehmen werdeninsbe.sondere dann zu Rationalisierungsmaßnahmen veranlaßt, wennsich einschneidende Veränderungen auf den Güter- oder Paktor-märkten ergeben. Beispiele dafür sind Rohstoff- und Vormaterial-preiserhöhungen, Vcrschärfung der Konkurrenz auf dem Absatz-markt, Arbeitskräftemangel, Arbeitszeitverkürzung usw.

Die Rationalisierung muß alle Betriebsbereiche umfassen. Umeine Rationalisierungsmaßnahme erfolgreich durchzuführen, mußdaher der gesamte Betrieb als einheitliches Ganzes betrachtet werdcn;Verbesserungsmaßnahmen in einem Bereich dürfen keine schwer-wiegenden Nachteile in anderen Bereichen nach sich ziehen. Sowäre beispielsweise eine leistungssteigernde Rationalisierung in derProduktion durch entsprechende Maßnahmen der Lagerwirtschaft,im Vertrieb und der Verwaltung zu ergänzen.

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b) Neue Vertrieb.rJorlllen im Handel

Der Strukturwandel im Handel erfordert in steigendem Maßeden übergang auf neue Vertriebsformen. In der Regel ist hiebeiein Wachsen der Betriebsgrößen zu beobachten, wobei sich dieserTrend in Zukunft noch verstärken wird. Diese Überlegungentreffen vor allem für den Handel mit den Gütern des täglichenBedarfes zu. Die Tendenz zu steigenden Betriebsgrößen wird durchein immer größer werdendes Angebot neuer Artikel, ein höheresKaufkraftvolumen durch Einkommenswachstum, durch Bevölke-rungswachstum und die Änderung der Kaufgewohnheiten in Rich-tung wiichentlkher Einkäufe der Waren des kurzfristigen Bedarfesbegünstigt.

Neben diesen Gründen sind es in den einzelnen Betrieben vorallem betriebswirtschaftliehe Aspekte, die eine Ausweitung desUmsat7;es und damit oft den l'[bergang auf neue Vertriebsformennutwendig erscheinen lassen. ~()lche Gründe sind:

Die bessere Ausnützung des BetriebsalJParates. Damit wirdeine Degression der Fixkosten erreicht.Die Kostensteigerungen können oft nicht in voller Höheim Verkaufs preis untergebracht werden. Dies verstärkt denTrend zum größeren Betrieb oder zu kooperativen Zu-sammenschlüssen (Hande1sgcnossenschaften und -ketten). Da-durch wird nicht nur eine Verbilligung des Einkaufes (Massen-einkauf - Masseneinsatz) erreicht, sondern auch eine wesent-liche Stärkung der Marktstellung.Um den optimalen Umsatz erzielen :m können, muß dasgesamte Sortiment entsprechend dargeboten werden. Dieserfordert oft ein neues Vertriebssystem und hat in vielenFällen eine räumliche Ausdehnung zur Folge (verstärkt nochdurch Sortimentsverbreiterung und Sortimentsvermischung).Personalknappheit und steigende Personalkosten sind weitereGründe für die Umstellung der Vertriebssysteme. Das Systemder Selbstbedienung verstärkt wegen des größeren Rautn-und Kapitalbedarfes den Trend zum Großbetrieb.Dem Ausgleich für mangelndes Personal durch J\fechanisierungder Verkaufsvorgänge (z. B. Automatenkauf) sind im Handelim Gegensatz 7;ur Produktion enge Grenzen gesetzt. Hiefürsind vor allem psychologische Gründe maßgebend.

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- Der frei verfügbare Einkommensanteil steigt nach Deckung derAusgaben für den täglichen Bedarf im Einkommenswachstumüberproportional und steht zur Deckung des langfristigenBedarfes und spezialisierter, individueller Bedürfnisse zur Ver- .fügung. Hier sind besonders technische Einrichtungen inWohnung und Haushalt, Erholung und Gesundheit, kulturelleBedürfnisse, Urlaub und Reise, Kfz-Ausgaben, Eigenheim,Luxusgüter usw. zu erwähnen.

- Kleinere Handelsbetriebe werden zukünftig ihre Chancen vorallem in der Deckung des individuellen Bedarfes sehen. IhreStärke kann in der Anpassung an den Markt, im Aufspürenvon Marktlücken und vor allem bei individuellen Dienst-leistungen liegen. Gerade im Zeitalter der Massenproduktionund des Massenkonsums verlangt der Konsument immer mehrindividuelle Güter und Dienstleistungen.

c) Ausgliederung von Unternehmensjunktionen

Die Ausgliederung von Unternehmensfunktionen erscheint sinn-voll, wenn die betriebseigenen Möglichkeiten für die Aufgaben-erfüllung nicht ausreichen, etwa infolge Mangels an Personal (z. B.Fachkräfte), an technischen Einrichtungen (z. B. Spezialmaschinen)oder an organisatorischen Einrichtungen (7,. B. Absatzorganisation).

Die Ausgliederung von Unternehmensfunktionen ist auch dannzu empfehlen, wenn die Eigenerstellung bestimmter Leistungenhöhere Kosten verursacht als der "Fremdbezug" . Es dürfen für dieBeurteilung aber nicht nur die Kosten verglichen werden. Sehr maß-geblich sind auch andere Faktoren, wie z. B. Qualitäts- und Termin-einhaltung, spezielle betriebliche Verhältnisse, wie die Notwendigkeitjederzeit möglicher Kundenbdieferung, Werbeeffekt u. ä.

Um einen Kostenvergleich durchführen 7,u können, muß mandie vollen Kosten aller betrieblichen Leistungen, elie ausgegliedertwerden sollen, kennen. Also z. B. die gesamten Kosten der Maschinen-wartung durch eigene Kräfte, verglichen mit dem Preis, den einMechanikerbetrieb für diese Leistung in Rechnung stellen würde,und Zwar unter Berücksichtigung der oben erwähnten zusätzlichenFaktoren. Eine genaue Arbeitszeit- und Materialerfassung sowie einedetaillierte Betriebsabrechnung sind dafür unumgängliche Voraus-setzungen.

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Für die Ausgliederung von Unternehmensfunktionen bieten sichmehrere Möglichkeiten an:

Bei der Punktionsausgliedenmg im engsten Sinn wird die Punk-tionserfüllung einem fremden Betrieb übertragen (z. B. Führung desRechnungswesens beim Wirtschaftstreuhänder, Factoring, Fertigungvon Teilen in Zulieferbetrieben).

Im weiteren Sinn ist darunter auch die Ausgliederung von Funk-tionen aus einem Betrieb und die Durchführung dieser Funktion inGemeinschaft mit anderen zu verstehen (z. B. zwischenbetrieblicheKooperation im Einkauf oder im Vertrieb).

Im weitesten Sinne wird darunter auch die Ausübung der Funktionim eigenen Betrieb, jedoch unter Heranziehung betriebsfremderFachleute, verstanden. Diese Fachleute können Betriebsberater irgend-einer Fachrichtung bzw. Fachleute sein, die von einem "Man-Leasing"- Unternehmen für einen bestimmten Zeitraum zur Verfü-gung gestellt werden. In beiden Fällen stehen betriebsfremde Fach-leute einem Betrieb während einer bestimmten Zeit zur Verfügung,um eine festumrissene Aufgabe zu erfüllen.

d) Unternehmenskooperation

Einige Wettbewerbsnachteile kleinerer Betriebe können durchUnrernehmenskooperation gemildert werden. Polgende Beispieleseien angeführt:

Bei der Beschaffung sind die Konditionen für kleinere Betriebeoft erheblich ungünstiger als für Großabnehmer, weil sie nurgeringere Mengen beziehen können.Kleinere Betriebe haben im allgemeinen einen Auftragsstand,der es ihnen nicht erlaubt, ihre Kapazitätsauslastung für längereZeiträume zu planen und ihre Investitionspolitik langfristigfestzulegen. Auch fehlen ihnen meistens Mittel und Möglich-keiten einer umfassenden Marktforschung. Jeder Investition(Anschaffung von Maschinen und Anlagen; Um-, Zu- undNeubauten) ist aber nicht nur der gegenwärtige, sondern auchder zukünftige Bedarf zugrunde zu legen. Meistens kann dieserkünftige Bedarf von kleineren Betrieben nur sehr grob ge-schätzt werden. Aus diesem Grund ist die Auslastung neugeschaffener Kapazitäten im vorhinein schwer zu beurteilen.Oft ist die Maschinengröße vorgegeben, elle Kapazität derMaschine kann aber nicht ausgelastet werden, weil die Absatz-

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möglichkeiten nicht gegeben sind. Jede nicht ausgelasteteKapazität bedeutet aber mehr Kosten, d. h. höhere Stückkosten,und damit geringeren Gewinn.

-- Durch die geringeren Möglichkeiten der kleineren Betriebe,menschliche Arbeitsleistung durch erhöhten Kapitaleinsatz zuersetzen, sind diese Betriebe durch die Ausschöpfung desArbeitsmarktes härter betroffen als größere Unternehmungen.Außerdem können Paehkräfte, die für manche Tätigkeit er-forderlich sind, inl kleineren Betrieb oft nicht ausgelastetwerden.

Eine der wirksamsten Möglichkeiten für kleinere Betriebe, Nach-teile dieser Art zu mildern, ist die zwischenbetriebliche Kooperation.Man versteht darunter die freiwillige Zusammenarbeit zweier odermehrerer Betriebe unter Wahrung ihrer rechtlichen Selbständigkeit,meist allerdings bei Aufgabe eines entsprechenden Teiles ihrer qis-positionsfreiheit. Die Zusammenarbeit kann sich auf die gemeinsameErfüllung eines oder mehrerer betrieblicher Aufgabenbereiche er-strecken, sie kann zeitlich begrenzt oder unbefristet, aber kündbarsein, sie kann auch auf die Durchführung eines bestimmten Auftragesbeschränkt sein (Arbeitsgemeinschaft -- ARGE), wenn dieser wegenseiner Größe vom einzelnen Betrieb nicht bewältigt werden kann.

KooperatioO$vereinbarungen können geschlossen werden zwi-schen

- Betrieben derselben Branche (z. B. 'tischler),-_. Betrieben verschiedener Branchen (z. B. Tischler, Schlosser)

oder verschiedener Leistungsstufen (z. B. Groß- und Einzel-handel),Betrieben verschiedener Branchengruppen (z. B. Betriebe desHandels und Betriebe des Gewerbes),

-- Betrieben unterschiedlicher Grüßen (z. B. Kleinbetriebe alsZuHeferer eines Großbetriebes).

Grundsätzlich kann in sämtlichen betrieblichen Leistungsbereichenund in deren Detailbereichen zusammengearbeitet werden. Die Zu·-sammenarbeit im Vertriebsbereich kann z.B. Vereinbarungen überAbsatzgebiete, Typen- und Sortimentsbercinigungen, gemeinsamenVertreters tab, gemeinsame Werbung, Auslieferungslager, Export-aktivität usw. enthalten.

Die Zusammenarbeit von Unternehmen ist nicht auf nationaleVolkswirtschaften beschränkt. Gerade in einer Zeit der Intensivierung

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der übernationalen Wirtschaftsbeziehungen kommt den Kooperatio-nen über die Grenzen hinweg größte Bedeutung zu.

Je nach Art und Intensität der Zusammenarbeit können sich fürdie kooperierenden Unternehmen folgende Vorteile ergeben:

Kostendegression,Leistungs~ und Produktivitätssteigerung,bessere Kapazitätsauslastung,Qualitätsverbesserung,Risikominderung,übernahme neu~r Funktionen (weil die Erfüllung nur gemein-sam möglich ist),Entlastung des Unternehmens (dies führt zur Konzentrationauf die Hauptaufgaben bzw. auf die jeweils rentabelstenLeistungserstellungen) ,Verbesserung der Marktposition (BeschafFung,Absatz, Wer-bung),

- Möglichkeiten gemeinsamer Forschung.

Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht trägt die zwischenbetrieblicheKooperation wesentlich zur Erhaltung und Entwicklung konkurrenz~fähiger kleinerer Betriebe bei. Jede Kooperation sollte allen Beteilig-ten wirtschaftliche Vorteile bringen.

Zulieferwesen

Eine für kleinere Betriebe besonders wichtige Form der Unter-nehmenskooperation ist das Zulieferwesen in verschiedenen For-men"').

Die Entwicklung der Technik führt zu einer immer weitergehendenSpezialisierung besonders der Pertigungsbetriebe. Dadurch wird dasZuliefcrwesen forciert; vielen Betrieben ist es sowohl aus organisato-rischen und technischen als auch aus Kostengründen nicht möglich,alle Teile eines Produktes selbst zu erzeugen.

"') Zulleferung im engeren Sinne:Für den Auftraggeber werden Teile eines Ptoduktes II;cfertlgt, die ausschließlichfür die Produktion dieses AufttaBlf:ebets bestimmt lind sonst am Markt kaumabst:tzbar sind (z. B. Zahnräder). Hierher lI;ehören auch die Lohnveredelung vonbcigt:stellten Teilen (z. B. Oberflächen behandlung, wie Eloxieren u. ä.).Zulieferung im weiteren Sinne:HierhanJelt es sich um Telle oder Aggregate, die nicht nur an den Auftraggeber,sondern auch an andere Abnehmer geliefert werden können (z. B. Autolacke).

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An der Inanspruchnahme von Zulieferungen sind Unternehmeninteressiert, die ihre optimale Kapazitätsauslastung errdcht habenund dennoch ihren Absatz vergrößern können, sowie Unternehmen,die einzelne Abteilungen nur ungenügend nützen und daher derenFunktion ausgliedern wollen.

Nach der vereinbarten Zeitdauc:r und nach den Gründen, diezur Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Zulieferer führen,unterscheidet man zwei Arten:

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Strukturelle Zuliefertätigkeit :

Der Zulieferer ergänzt durch seine Tätigkeit die Betriebsstrukturdes Auftraggebers zumindest auf Grund langfristiger Vereinbarun-gen.

Konjunkturelle Zuliefertätigkeit:

Wegen vorübergehender Kapazitätsengpässe werden Aufträge anZulieferer vergeben. Häufig besteht die Tendenz, Zulieferer nur inEngpaßsituationen zu beschäftigen. Diese Art von Zulieferaufträgenwird meist an kleinere Betriebe vergeben.

Hemmnisse für die Zuliefertätigkeit:

Die Zuliefertätigkeit wird durch die mangelnde Markttransparenzerschwert. Sowohl für Auftraggeber als auch für Auftragnehmer istes schwierig, insbesondere in Engpaßsituationen rasch den geeig-neten Partner zu finden.

Eine wesentliche Erschwernis kommt noch dadurch zustande, daßein Konjunkturhoch, das beim potentiellen Auftraggeber zu Kapazi-tätsengpässen führt, mit größter Wahrscheinlichkeit auch die Kapazi-tät des möglichen Zu1ieferersvoll auslastet.

Als weiteres Hemmnis wirkte bisher die Brutto-Allphasenumsatz-steuer; durch die Umstellung des Umsatzsteuer systems fällt diesesHindernis nunmehr weg.

Hemmnisse von seiten der Auftraggeber ergeben sich aus ge-wissen Tendenzen zur Eigenfertigung, mangelndem Kostenbewußt-sein, fehlendem Vertrauen in Lieferqualität, Termineinhaltung undEinhaltung der Toleranzen. Schließlich begibt sich der Auftraggeberauch in eine Abhängigkeit vom Auftragnehmer.

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Hemmnisse von seiten der Auftragoehmer:

Durch das Bestreben vieler Auftraggeber, sich nicht mit lang-fristigen Verträgen zu binden, was vor allem für die konjunkturelleZulieferung gilt, korrunt der Auftragnehmer häufig in eine un-günstige Position. Der Zulieferer muß bei der übernahme solcherAufträge berücksichtigen, daß in vielen Fällen Investitionen getätigtwerden müssen, deren Amortisation durch die ungewisse Dauer derZuliefertätigkeit nicht gewährleistet ist.

Schwierigkeiten ergeben sieh vor allem filr vorwiegend hand-werklich ausgerichtete Betriebe, die im Rahmen einer Zuliefertätigkeitauf Serienproduktion umstellen müssen. Die Zuliefertätigkeit zwingtden Unternehmer zu einer technischen Umorientierung. Entspre-chende Fertigungs- und Kontrolleinrichtungen müssen angeschafft,die Mitarbeiter auf das Einhalten von genauen Toleranzen geschultwerden, weil sich die von mehreren Partnern starrunenden 'feile zueinem klaglos funktionierenden Erzeugnis zusammenfügen lassenmüssen.

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III. TECHNOLOGIE

Um konkurrenzfähig zu bleiben, sind die Unternehmen ge-zwungen, sich auch technischen Neuerungen anzupassen. For-schungsbewußte Unternehmen haben auch die Chance, durch eigeneInitiativen im Bereich von Forschung und Entwicklung aktiv dentechnisch~n Fortschritt zu beeinflussen und dadurch einen Wett-bewerbsvorsprung zu erreichen. Hinsichtlich beider Aspekte ist dieProblemstellung für die Klein- und Mittelbetriebe zum Teil anders alsfür Großbetriebe.

a) Anpassung an did tdChnischdnTrends

Als technische Trends kann man jene durch Anwendung (Innova-tion) und Verbreitung (Diffusion) technologischer Neuerungen be-dingten Änderungstendenzen vor allem im Hinblick auf

- neue Verfahren und Geräte,- neue Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie- neue Produkte und Leistungen

verstehen.Bei den neuen Verfahren und Geräten gehen die technischen

Trends u. a. dahin, die Mechanisierung und Automatisierung immerweiter voranzutreiben, was in den meisten Pällen zu mehr speziali-sierten Anlagen mit immer größerer Kapazität führt. Dies stellt kleinereBetriebe vor Anpassungs- und Auslastungsschwierigkeiten. Bei denRoh- und Hilfsstoffen hält das Vordringen, z. B. der Kunststoffe,weiter an, deren Vielfalt nicht nur dazu führt, daß für fast jeden Zweckjener Werkstoff mit den besten VerwendungsmögIichkeiten vorhan-den ist, sondern auch dazu, daß auf Grund unterschiedlicher Eigen-schaften Schwierigkeiten bei der Be- und Verarbeitung entstehen. Diegenannten Bereiche werden auch von verschiedenen Anforderungenbeeinflußt, die sich etwa durch den Umweltschutz oder Fragen derSicherheit am Arbeitsplatz oder bei der Verwendung der Produkteergeben.

Ein direkter Einfluß der technischen Trends ist dann gegeben,wenn im Leistungserstellungsbereich (produktion oder Dienst-leistung) oder im Organisationsbereich neue Geräte oder Verfahren,neue Roh-, Hilfs~ und Betriebsstoffe eingesetzt und/oder neue Pro-dukte hergestellt werden. Von einem indirekten Einfluß der techni-schen Trends kann man dann sprechen, wenn es zwar im Unter-

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nehmensbereich selbst zu keinen technischen Neuerungen kommt,aber doch Anpassungsmaßnahmen an technologische Neuerungen inanderen Bereichen durchgeführt werden.

Direkte Obernahme technologischer Neuerungen

Technische Trends beeinflussen nicht nur die Produktion, sondernauch Dienstleistung, Organisation und Rechnungswesen. Den tech-nischen Neuerungen in a11diesen Bereichen ist gemeinsam, daß siefast immer mit einer Substitution von Arbeit durch Kapital verbun~den sind. Diese steigende Kapitalintensität ist eines der Haupt-probleme, die bei der Anpassung von Klein- und Mittelbetrieben andie technischen Trends auftreten. Dazu kommt, daß die am Marktangebotenen Geräte und Verfahren in ihren Dimensionen häufig denErfordernissen der Klein- und Mittelbetriebe nicht entsprechen (diestrifft in besonderem Maße auch für im Interesse des Umweltschutzesnotwendige Reinigungs-, Filter- und Kläranlagen zu), wodurch nebendie Schwierigkeiten der Finanzierung von technischen Umstellungenan und für sich noch die Gefahr einer mangelhaften Auslastung derneuen Kapazitäten tritt. Eine dritte Schwierigkeit für Klein- undMittelbetriebe ist darin zu sehen, daß technische Umstellungen sehroft auch ein höheres Ausbildungsniveau von Unternehmer und Mit-arbeitern erfordern.

Die angedeuteten Probleme zeigen, daß die Anpassung an dietechnischen Trends für die kleineren Betriebe eine Umgestaltung desgesamten Betriebsablaufes notwendig macht.

Von der Technisierung wird nicht nur der Produktionsbereicherfaßt, sondern auch der Dienstleistungsbereich, man denke bloß andie technischen Neuerungen im Transportwesen (Tank-, Kühl- undSilofahrzeuge, Container ,Paletten, Wechselaufbau ten,Bestückungvon Fahrzeugen mit Funkanlagen usw.), im Handel (Kühlketten,neuzeitliche Lagerhaltung in Kühl- und Klimaräumen, Selbstbe-dienungssysteme usw.) und im Fremdenverkehr (vorgefertigte Spei~sen, Mechanisierung in der Küche, verbesserte technische Ausge-staltung der Hotelzimmer usw.).

Spezialisierung des Angebotes: Die Tatsache, daß kostensparen-der technischer Fortschritt die Massenfertigung begünstigt, zwingtviele Klein~ und Mittelbetriebe, sich auf einen engen Produktions-und Leistungsbereich zu spezialisieren. Nur dadurch kann der Be~triebsgrößenaachteilin der Leistungserstellung zum Teil wett-

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gemacht werden. Da mit zunehmender Mechanisic:rung und Auto-matisierung die Verwendungs möglichkeiten der Produktionsanlagenabnehmen und daher die Anfälligkeit gegenüber Nachfrageverschie-bungen zunimmt, muß die Auswahl der Produkte und Leistungen,auf die sich das Unternehmen spezialisiert, besonders sorgfältig vor-genommen werden. Ein Teil der Klein- und Mittelbetriebe versuchtauch, in jene Bereiche auszuweichen, in denen eine gewisse Individua-lität der Produkte verlangt wird und wo es zu keiner direkten wett-bewerblichen Konfrontation mit Großbetrieben kommt. Der Kosten-nachteil gegenüber den Großserienproduktionen muß durch hoheQualität ausgeglichen werden. Allerdings ergibt sich auch für Be-triebe, die technische Neuerungen im Leistungsbereich nicht an-wenden, die Notwendigkeit, in anderen Betriebsbereichen (Organisa-tion oder Rechnungswesen) technische Neuerungen vorzunehmen.

Viele kleinere Betriebe haben sich bereits bisher auf die:Zuliefer-tätigkeit konzentriert und damit zu einer sinnvollen Arbeitsteilungmit Großbetrieben gefunden. Natürlich werden an die Zuliefertätig-keit bzw. an die zugelieferten Produkte in zunehmendem Maße höheretechnische Anforderungen gestellt.

Gemeinsamer Betrieb von Geräten mit großer Kapazität: Um demProblem der für kleinere Betriebe oft zu großen Kapazitäten mancherGeräte und Anlagen zu begegnen, erscheint es sinnvoll, wenn sichmehrere Kleinbetriebe zusammenschließen, um ein solches Gerät zubetreiben. Bei der Leistungserstellung an sich wird dies zwar nurselten möglich sein, aber für andere Aufgaben (Datenverarbeitung,Abfallbeseitigung usw.) kann eine derartige Kooperation bestimmtzweckmäßig sein.

Steigende Anforderungen neuer Verfahren, Geräte und Werk-stoffe an das Ausbildungsniveau: Neue Geräte und Werkstoffe erfor-dern vielfach eine bessere bzw. spezialisierte Ausbildung. Dabei gehtes nur selten um das Beherrschen bloß einiger Handgriffe an einerneuen Maschine, sondern sehr oft um einen völlig neuen Arbeits-ablauf, geänderte Arbeitsvorbereiturig, vollkommen fremde Ver-arbeitungskriterien (z. B. bei Kunststoffen), bedeutend erhöhte An-forderungen hinsichtlich der Einhaltung von Toleranzgrenzen usw.Die: Einstellung von zusätzlichem Fachpersonal wird in kleinerenBetrieben meist nicht in Frage kommen. In der Mehrheit der Fällewird man sich bemühen müssen, die bisherigen Mitarbeiter durchspezielle Schulung mit den Neuerungen vertraut zu machen.

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Anpassung an die technischen Trends ohne direkte übernahme tech-nischer Neuerungen

Nicht immer wird das Reagieren eines Unternehmens auf dietechnischen Trends darin bestehen, technische Neuerungen im eigenenBereich einzuführen, Durch die Anpassung an die technische Ent-wicklung im Bereich des Personen transportes (Flugreisen, mechani-sche Aufstiegshilfen usw,) kommt es etwa im Fremdenverkehr zuÄnderungen -der Angebots- und Leistungsstruktur von Reisebüros,Beherbergungs- und Verpflegungsbetrieben, Alsweiteres Beispiel seienReparaturbetriebe erwähnt, in denen es kaum noch eine Herstellungvon Ersatzteilen gibt, wo sich also das Schwergewicht immer mehrauf die reine Dienstleistung des Einbaues von Ersatzteilen ver-lagert.

b) Forschung und Bntwicklutl.R im Bereich der kleineren Betriebe

Kleinere Betriebe müssen sich dem tcchnischen Fortschritt nichtnur anpassen, sondern sie können durch eigene Forschung und Ent-wicklung den technischen Fortschritt selbst mit beeinflussen, Diebeiden Forschungserhebungen der Bundeskammer der gewerblichenWirtschaft für die Jahre 1966 und 1969*) zeigen, daß auch kleinereUnternehmen zunehmend bereit sind, in der Forschung liegendeChancen zu nüt?;cn.1966 stammten 2"7% der gemeldeten Forschungs-und Entwicklungsausgaben aus Unternehmen mit weniger als 100Beschäftigten. 1969 betrug der Anteil der Kleinbetriebe 4'8%, wobeidiese Betriebe 1'9% des Gesamtpersonals der forschungsaktiven Fir-men beschäftigten und 3'6% des Umsat?;csdieser Firmen aufwiesen,Der Forschungskoeffi?;ient (Anteil der Forschungs- und Entwick-lungsausgaben am Umsatz) betrug 1969 im Durchschnitt aller for-schenden Unternehmen 1'13<10, bei den forschenden Klein- und Mittel-betrieben aber l' 54(10, Auch der Personalfaktor (Anteil desForschungs-und Entwicklungspersonals am Gesamtpersonal) lag bei diesen Be-trieben mit 2'8% über dem Durchschnitt (1'9(10)'

Wie bei der übernahme technischer Neuerungen und der An-passung an die technischen Trends die größten Chancen für denKlein- und Mittelbetrieb darin bestehen, sich zu spezialisieren, ist

*) "Die betriebliche Forschun~ in Österreich", herausgegeben von derBundeskammer der gewerblichen Wlttschaft, Wien 1967 und 1970,

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auch im Bereich der Forschung und Entwicklung der Klein- undMittelbetrieb meist dann besonders erfolgreich, wenn er sich daraufbeschränkt, eng abgegrenzte Probleme zu behandeln. Grundlagen-forschung und Großprojekte kommen für ihn von vornherein nichtin Frage. Auf sämtlichen drei Stufen (Erfindung/Invention, Neue-rung/Innovation, Verbreitung/Diffusion) steht der Klein- und Mittel-betrieb Problemen gegenüber, die sich von denen des Großbetriebesdeutlich unterscheiden.

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Probleme der kleineren Betriebe bei der Invention

Die Hauptprobleme der kleineren Betriebe bei der Durchführungvon Forschung und Entwicklung sind darin zu sehen, daß größereProjekte meist überhaupt nicht in Angriff genommen werden könnenund auch die finanziell, personalmäßig und organisatorisch tragbarenProjekte meist so umfangreich sind, daß nur ein Projekt (vielleichteinige wenige Projekte gleichzeitig) bearbeitet werden können und esdaher auch zu keinem Risikoausgleich innerhalb des Unternehmenskommt. Während der Großbetrieb die Möglichkeit hat, das For-schungsrisiko auf mehrere Projekte :w verteilen, ist es sehr leichtmöglich, daß ein kleiner Betrieb durch einen vollkommenen Fehl-schlag eines einzigen Projektes in seiner Existeo'l. gefährdet wird.

Um trot? dieser Schwierigkeitenforschuogsaktiv zu werden, gibtes zwei Ausweichmöglichkeiten für kleinere Betriebe: die Aufttags-forschung und die Gemeinschaftsforschung. In beiden Fällen ist esmöglich, eigene Ideen wciterzuverfolgen bzw. weiter verfolgen zulassen oder eigene Probleme zu lösen, ohne die für den jeweiligenProblemkreis notwendigen Spezialgeräte anschaffen bzw. die not-wendigen Spe%ialistenanstellen zu müssen.

Die Auftragsforschung kann sowohl ein komplettes Porschungs-projekt betreffen als auch ein im Zuge eines "im eigenen Haus"durchgeführten Projektes auftretendes Detailproblem. Die Gemein-schaftsforschung kann entweder in Porm einer Ad-hoc-Zusammen-arbeit mehrerer Unternehmungen zur DurchfübrunQ: eines einzelnenProjektes oder über kooperative Porschungsinstitute erfolgen.

Der im kleineren Betrieb nicht mögliche Risikoausgleich führtvielfach dazu, daß auf risikoreiche Projekte (in denen meist aber diegrößten Chancen stecken) verzichtet wird und man sich auf Ent-wicklungsarbeiten zurückzieht.

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Kooperative Forschungsinstitute

Die institutionalisierte Gemeinschaftsforschung erfolgt in Öster-reich in etwa 30 kooperativen Forschungsinstituten. Diese For-schungsinstitute sind in der Lage, sowohl die gesamte Branche be-treffende Probleme als auch Forschungsaufträge einzelner Unter~nehmen zu bearbeiten. Während sich die meisten Institute früherhauptsächlich auf Branchenprobleme konzentrierten, zeigt sich injüngster Zeit eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen kooperativerund einzelbetrieblicher Forschung. Auch jene Betriebe, die über eige-ne Forschungseinrichtungen verfügen, erkennen immer mehr denNutzen der Arbeitsteilung zwischen ihnen und den kooperativenInstituten. Für die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit kleinererBetriebe sind die kooperativen Institute auch durch Beratung inDetailfragen und durch ihre jeweilige Spezial dokumentation von Vor-teil. Die Mehrzahl der kooperativen Institute befaßt sich auch mitFragen des technischen Versuchswesens, d. h. sie führen Versucheund Prüfungen durch, die aus verschiedenen Gründen in einemkleinen oder mittleren Unternehmen nicht durchgeführt werdenkönnten; einerseits deswegen, weil die Prüfungseinrichtungen dieKapitalkraft eines kleineren Betriebes übersteigen und bei diesemnur zu einem geringen Teil ausgelastet wären, und andererseits, weilviele der speziell eingesetzten Ptüfgeräte und Verfahren erst dasErgebnis zweckgerichteter Forschung der kooperativen Institutedarstellen. Die Möglichkeiten, die sich durch die kooperative For-schung in ()sterreich bieten, werden bisher nur zum 'Teil ausgeschöpft.Ein Grund mag darin liegen, daß sich viele Unternehmen scheuen,außenstehenden Personen Einblick in ihre eigenen Entwicklungs-arbeiten zu gewähren. Die Geheimhaltung kann aber auch bei derZusammenarbeit mit einem Institut gesichert werden.

Probleme der kleineren Betriebe bei der Auswertung ihrer For-schungsergebnisse

Die Sicherung der Forschungsergebnisse und ihre Auswertungim eigenen Unternehmens bereich überfordern oft die organisatori-schen und finanziellen Möglichkeiten eines kleineren Unternehmens.Die Nichtbewältigung dieser Probleme kann dazu führen, daßForschungsergebnisse zum 'feil oder gänzlich dem forschendenUnternehmen verlorengehen, weil etwa die patentrechtliche Ab-sicherung nicht zustande gebracht wird. Die zur Zeit in Gründung

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begriffene "Arbeitsgemeinschaft für Patentförderung" erscheint dazugeeignet, hier gewisse Abhilfe und Erleichterung durch Beratungund Finanzicrungshilfen bei Patemanmeldungen vor allem bei Aus-landspatenten zu schaffen.

Selbst wenn die patentrechtliche Absicherung vorgenommen ist,besteht noch keine Garantie dafür, daß die Forschungsergebnissezum Nutzen der Unternehmung und auch der Volkswirtschaft aus-gewertet werden können. Häufig übersteigt der notwendige Kapital-bedarf für die Aufnahme einer Produktion die Möglichkeiten deskleineren Betriebes, so daß eine Lizenzvergabe einer Eigenauswer-tung vorzuziehen wäre.

Es ist vorgesehen, daß die bereits erwähnte "Arbeitsgemeinschaftfür Patentförderung" vermittelnd bei der Herstellung solcher Kon-takte zwischen Patentinhabern und potentiellen Li7.enznchmerntätig werden soll.

Wenn man bedenkt, daß im Durchschnitt die Kosten für die Er-findung nur einen Bruchteil der Gesamtkosten bis zur Aufnahme derProduktion betragen, wird deutlich, daß gerade kleinere Betriebe ihreeigenen Erfindungen sehr oft nicht optimal ausnützen können.

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IV. RAUMLICHE ASPEKTE

Die räumliche Entwicklung der Wirtschaft beeinflußt in hohemMaße die Verteilung der Kaufkraft. Zunehmende Motorisierung undlaufende Verbesserung der Verkehrseinrichtungen bewirken einesteigende räumliche Mobilität der Nachfrage nach Gütern und Dienst-leistungen, so daß der Wohnort vielfach nicht mit dem Einkaufsortidentisch ist. Bei dieser Entwicklung gewinnt für kleinere Betriebedie Differenzierung des Güter- und Dienstleistungsangebotes erhöhteBedeutung. Dies gilt sowohl für die Städte und das städtische Um-land als auch für den ländlichen Raum. Die räumlichen Struktur-probleme, die sich für die kleineren Betriebe stellen, sind unter-schiedlich, je nach dem, ob es sich um Agglomerationsgebiete oderum den ländlichen Raum handelt. In diesem Zusammenhang verweistder Beirat auf seine StUdie "Vorsch läge zur regionalen Struktur-politik".

Im folgenden geht der Beirat von der im allgemeinen zutreffendenAnnahme aus, daß im ländlichen Raum - mit Ausnahme der Re-gionen mit intensivem Fremdenverkehr·- die Bevölkerung stagniert,hohe Auspendlerraten sowie unterdurchschnittliches Rinkommens-wachstum zu verzeichnen sind, während die Bevölkerung in denAgglomeratioosgebieten bei steigenden Masseneinkommen zunimmt.Gleichzeitig verzeichnen aber viele ländliche Gebiete mit einemhohen Freizcitwert der Landschaft einen Zuzug von Erholungs-suchenden, sei es als Urlauber oder als Besitzer von Zweitwohnungen.

a) Prob/UJJe des kindlichen RaHmes:

Das regionale Angebot an Arbeitskräften, vor allem an qualifizier-tenFachkräften, geht zurück und erschwert oft die Führung undErweiterung der Betriebe. Die stagnierende Bevölkerungszahl ließder öffentlichen Hand den für jede wirtschaftliche Tätigkeit notwen-digen Ausbau der Infrastruktur weniger vordringlich erscheinen.Für die Betriebe bedeutet aber ein Zurückbleiben des Ausbaues derInfrastruktur eine VerscWechterung der Wettbewerbsposition, ins-besondere durch höhere Kosten des Transportwesens. Mit demBevölkerungsrückgang sinkt auch die finanzielle Leistungskraft derGemeinden.

Für kleine Produktions- und Dienstleistungsbetriebe, die denregionalen Markt versorgen, entstehen vielfach Existenzprobleme alsFolge der sinkenden Nachfrage.

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Bei der Betriebsnachfolge stellen sich mitunter Probleme, diedenen der Landwirtschaft ähnlich sind. Gelegentlich verlegen dieseBetriebe, die auf längere Frist in ihrem Standort keine Existenz-möglichkeit mehr sehen, ihren Sitz in Wachstumsschwerpunkte inner-halb oder außerhalb der Region. Der Mangel an Nachfolgern und dieVerlegung von Betrieben bewirken wiederum eine weitere Verschlech~terung der Versorgungslage vor allem hinsichtich von Service-leistungen.

Der Fremdenverkehr im ländlichen Raum ist an eine Mindest-besiedlungsdichte zur Erhaltung der Kulturlandschaft gebunden underfordert eine Versorgung mit öffentlichen und privaten Dienst-leistungen mit stärkerer Differenzierung und steigender Qualität. Indiesem Zusammenhang wäre die einkommensausgleichende Wirkungdes Fremdenverkehrs hervorzuheben. Seine Erlöse verteilen sich aufeine Vielzahl kleinerer Betriebe und verschaffen vielen MenschenNebeneinkommen.

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b) Probleme in den A/j,g/omeration{r,ebieten:

Zu den Problemen kleinerer Betriebe in den Agglomerations-räumen zählen der Ausbau der notwendigen Verkehrsverbindungen,die Knappheit an verfügbaren Grundflächen für Betriebsgründungenund Betriebserweiterungen sowie die Beeinträchtigung der UmweIt-qualität, insbesondere durch Lärm, luft- und wasserverunreinigendeEmissionen. Für den .Handels-und Dienstleistungssektor ist besondersdie Lösung der Probleme des ruhenden und fließenden Verkehrs vonBedeutung. Für die Standortwahl der kleineren Betriebe in Agglo-merationsräumen werden zunehmend neue Gesichtspunkte ausschlag-gebend (Nähe von Haltestellen, Bahnhöfen, Autostraßen, Bereit-stellung von ausreichenden Parkgelegenheiten usw.) Im Interesse des- -Umweltschutzes ergibt sich in bestimmten Fällen das Erforderniseiner kleinräumigen Entflechtung von Wohn- und Betriebsstätten.Für kleinere Betriebe im dicht verbauten Gebiet, die für die Ver-sorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen not-wendig sind, ergeben sich vor allem erhebliche finanzielle Problemebei Investitionen zur Vermeidung bzw. Minderung von Lärm,Luft-und Wasserverunteinigungen.

In neuen Wohngebieten ist die Versorgung mit Gütern und Dienst-leistungen des täglichen Bedarfs vielfach noch mangelhaft, weil oftbei der Planung und Errichtung neuer Siedlungsgebiete auf den Be-darf der Konsumenten zuwenig Rücksicht genommen wird.

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D. Sonderprobleme

Mit dem Beginn oder der Beendigung einer unternehmetischenTätigkeit ist ein Komplex von rechtlichen, finanziellen und organisa-torischen Fragen zu lösen. Während bei einer Betriebsübernahme undder Betriebsgründung steuerliche und andere finanzielle Aspekte imVordergrund stehen, sind mit der Betriebsaufgabe meist auch sozialeProbleme verknüpft.

Kleinere Unternehmen, die häufig in Form von Familienbetriebenorganisiert sind, haben Vorteile, wie z. B. persönliches Interesse desBetriebsinhabers am betrieblichen Geschehen, große Wendigkeitund Anpassungsfähigkeit usw. Ein wesentliches Problem diesesBetriebstyps ist jedoch die Erhaltung der Vermögens substanz, ins-besondere bei der Übergabe des Unternehmens im Erbweg.

Betriebsgründungen stoßen mitunter deswegen auf große Schwie-rigkeiten, weil in einer wachsenden Wirtschaft Mindestbetriebsgrößeund flöhe der Gründungsinvestitionen (langfristige Bindung vonKapital zur Erstausstattung des Betriebes mit Produktionsmitteln)tendenziell zunehmen (vgl. Kapitel Technologie).

Die kritischen übergangsphasen kleinerer Unternehmen lassensich nach verschiedenen Kriterien einteilen; typisch für die praktischeBehandlung dieser Fälle ist jedoch der Umstand, daß die nach-stehend angeführten Möglichkeiten häufig ineinandergreifen. Esergeben sich etwa folgende Grundtypen :

I. Betriebsübergabe und -übernahmeH. Umwandlung in eine andere Rechtsform

IH. Liquidation des BetriebesIV. BetriebsgründungenV. Wachstumssprung

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I. BETRIEBSüBERGABE UND -üBERNAHME:

Grundsätzlich kann man die übernahme von Betrieben unterLebenden (a) und im Erbweg (b) unterscheiden.

a) Je nachdem, ob die Probleme des übergebenden oder die desübernehmenden Unternehmers im Vordergrund stehen, er-geben sich verschiedene Aspekte. Entweder liegt beim über-gebenden Unternehmer eine Verbindung von Versorgungs-und Schenkungsmotiven, etwa mit der Absicht, die Traditiondes Unternehmens zu erhalten, vot oder ein eher erwerbs-wirtschaftliches Streben, welches auf den Verkauf des Be-triebs gegen angemessenes Entgelt gerichtet ist. Im erstenPall soll der Betrieb von einem Verwandten oder einer sonstnahestehenden Person (z. B. einem langjährigen Mitarbeiter)weitergeführt werden. Der bisherige Inhaber verlangt nichteinen angemessenen Kaufpreis, sondern in der Regel einenach seinen Versorgungsbedürfnissen ausgerichtete Leistung(Versorgungsrente, Warenablöse u. ä.). Der ausscheidendeUnternehmer nimmt auf die Leistungsfähigkeit des Nach-folgers Rücksicht. Allgemein, insbesondere auch steuerlich,ist diese Lösung am wenigsten problematisch.

Im zweiten Fall erfolgt die Veräußerung des Betriebes aufentgeltlicher Basis. Nicht selten geschieht dies auch gegenKaufprcisrente, wobei sich im steuerlichen Bereich Problemeergeben.

Vom Standpunkt des übernehmers sind die Finanzierungs-fragen entscheidend. Grundsätzlich erwachsen ihm Aufwen-dungen für die übernahme der Betriebsstätte, der dazugehöri-gen Maschinen- und Rinriehtungsgegenstände, des Kunden-stockes, also für die Ablösung der materiellen und ideellenWerte des Betriebes. Zugleich übernimmt er im allgemeinenalle bestehenden vertraglichen Verpflichtungen des Betriebes.

b) Bei der übernahme von Betrieben im Erbweg kann es vorallem illlnn zu Schwierigkeiten kommen, wenn mehrere Erbenvorhanden sind, jedoch ein Teil dieser Erben nicht am Betriebinteressiert ist, sondern auf Auszahlung besteht. Sofern nichtbereits zu Lebzeiten des Erblassers die Frage der Nachfolgeim Betrieb geregelt wurde, können sich bei Auseinander-

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setzungen der Erben über die Betriebsführung auch bei ansich leistungsfähigen Unternehmen erhebliche Probleme er-geben. In beiden Fällen können diese Schwierigkeiten denWeiterbestand des Betriebes gefährden.

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H. UMWANDLUNG IN EINE ANDERE RECHTSPORM:

Durch Änderung der Rechtsform ist es möglich, den präsumptivenNachfolger auch formell an der Betriebsführung und am Betriebs-erfolg zu beteiligen ("Subessive Nachfolge") oder bei entsprechenderGrößenordnung die Übergabe an zwei oder mehrere Personen durch-zuführen (Typ: stille Gesellschaft, OHG). Um einem plötzlichenKapitalentzug aus dem Betrieb durch Erbansprüche weichenderKinder vorzubeugen, ist es möglich, durch Wahl einer geeignetenRechtsform die Kapitalanteilc jener Erben, die an einer Mitarbeit imBetrieb nicht interessiert sind, zu erhalten (Typ: KG, Ges. m. b. H.und & Co. KG). Bei gewerberechtlichen Schwierigkeiten kann dieUmwandlung in eine Kapitalgesellschaft erwogen werden (Typ:Ges. b. m. H., Familien-AG). Im Gegensatz zur Kapitalgesellschaftmuß nämlich bei der Personengesellschaft ein Gesellschafter die Vor-aussetzungen für die Gewerbeberechtigung besitzen.

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III. LIQUIDATION DES BE'rRIEBES:

Findet sich weder eine Lösung durch übernahme oder Beteiligungnoch eine Verkaufsmöglichkeit für den ganzen Betrieb, muß derBetrieb eingestellt und das vorhandene Vermögen liquidiert werden.Dabei ist es wahrscheinlich, daß einzelne Vermögensbestandteile(Werkhalle, Maschinen, Bestandrechte) einem anderen Betrieb ver-kauft werden können. Allerdings ist anzunehmen, daß die Teilwertedes Betriebsvermögens weit unter dem gesamten Betriebswert liegen.

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IV. BETRIEBSGRüNDUNGEN:

Betriebsgründungen stehen meist nicht in unmittelbarem Zu-sammenhang mit der Auflassung bestehender Betriebe, jedoch sindmittelbare Zusammenhänge nicht selten. Was die Finanzierung be-trifft, werden sich im allgemeinen ähnliche Probleme wie bei derübernahme von Betrieben unter Lebenden ergeben. Der neue Unter~nehmer verfügt noch nicht über ausreichende Kontakte zu Kredit-instituten, was sowohl die Erlangung von Krediten wie auch dasBesicherungsmomenr der persönlichen Bonität behindert. DerKapitalmarkt wird, wenn überhaupt, nur in sehr beschränktem Um-fang für die Finanzierung von Gründungen herangezogen werden.Die Notwendigkeit einer von Anfang ausgewogenen Kapitalstrukturerfordert eine dementsprechende Mitte1aufbringung und eine daraufabgestellte Rechtsfotrn.

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V. WACHSTUMSSPRUNG:

Ahnliche Probleme wie bei der Gründung von Unternehmen ent-stehen auch dann, wenn die Ausweitung der Produktion b%w.steigen-de Umsätze und die Erhöhung der Anzahl der Mitarbeiter eine Um-stellung der bisherigen Organisations- und Finanzierungsformen desUnternehmens erfordern. Um die weitere Expansion zu sichern, sindinnerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit umfangreiche Investitionenfür neue Produktionskapazitäten und Lager, der Auf- oder Ausbaueines Vertriebsapparates usw. zu finanzieren, wozu die Innenflnan-zierung in den meisten Pillen nicht ausreicht. Die Möglichkeitenzur Aufbringung der notwendigen langfristigen Mittel im Wege derAußenfinanzierung entweder durch Beteiligungen oder Kreditesind aus den oben erwähnten Gründen (siehe Abschnitte Finanzierungund Sonderprobleme) beschränkt. Es mußte in den vergangenen Jahrenwiederholt festgestellt werden, daß kleinere Unternehmen währenddieser Obergangsphase entweder verkauft werden oder ihre Selb-ständigkeit verloren haben.

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E. Schlußfolgerungen und Empfehlungen

1. FINANZIERUNG

Zur Beurteilung der finanziellen Struktur und der Finanzierungs-probleme gerade des Bereiches der kleineren Betriebe stehen nurrelativ wenig Quellen zur Verfügung. Wenn auch das anzustrebendeZiel einer nach Sektoren untergliederten volkswirtschaftlichenFinanzierungsrechnung nur in Zusammenarbeit mit der amtlichenStatistik und sicher nicht kurzfristig verwirklicht werden kann,so sollte um so mehr getrachtet werden, die bestehenden Unterlagender Kreditinstitute zumindest in definitorische übereinstimmung zubringen und aktueller zu gestalten.

Bedingt durch den raschen technischen Fortschritt und die Not-wendigkeit von Rationalisierung und Automatisierung zur Ver-besserung und Anpassung der Leistungsstruktur der Betriebe auchunter den Aspekten des Umweltschutzes steigt der Kapitalbedarfder gesamten Wirtschaft stark. Gerade im Wachstumsprozeß müssenMittel für eine Nettoexpansion des Vermögens bereitgestellt werden.Es ergibt sich somit die Notwendigkeit, daß die Betriebe neue eigeneMittel beschaffen, um im Wachstumsprozeß ihre Finanzierungs-struktur ausgewogen zu gestalten. Die Beschaffung eigener Mittelwird angesichts der hohen Investitionserfordernisse schwierig undmacht daher die Erschließung neuer Quellen für die Eigenmittel-aufbringung nötig.

Eine V:ersorgung mit eigenen Mitteln, die für die Erhaltungund Verbesserung der Finanzierungsstruktur erforderlich gehaltenwerden, kann im Wege der Innenfinanzierung _. also auch in Formder Reinvestition der Gewinne - und der Außenfinanzierung alsBeteiligungsfinanzierung erfolgen. Für die Innenfinanzierung sindim wesentlichen die Bestimmungen der § § 8 bis 11 EStG maßgeblich.Dieses System sollte um folgende Maßnahmen, die besonders für denBereich der kleineren Betriebe wirksam wären, ergänzt werden:

- Wirtschaftsgerechte Einteilung in bewegliche und unbeweg-liche Güter. Dies betrifft insbesondere die Bewertung vonInstallationen als selbständiges Wirtschaftsgut (insbesondereAufzUge, Heizungsanlagen und sanitäre Einrichtungen).

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- überprüfung der derzeitigen Abschreibungsdauer - auchbei unbeweglichen Gütern - auf ihre übereinstimmung mitder wirtschaftlichen Lebensdauer.

- Forschungsinvestitionen sollten im Interesse des Wirtschafts-wachstums in höherem Maße als bisher gefördert werden.Hier bietet sich eine weitergehende Bewertungsfreiheit fürInvestitionen, die Forschungszwecken dienen, an (die überdie derzeitige vorzeitige Abschreibung hinausgehen sollte);darüber hinaus wäre es zweckmäßig, solche Investitionen wieauch Ergebnisse der Forschung, wie Patente usw., bei der Be-wertung des Betriebsvermögens außer Ansatz zu lassen.

Eine steuerliche Entlastung der Gemeinschaftsforschungs-institute wäre in der Weise zu erwägen, daß diese Institute vonden ertragsunabhängigen Steuern (Vermögensteuer, Ge-werbesteuer nach dem Gewerbekapital) generell ausgenommenwerden.

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Hinsichtlich der Beteiligungsfinanzierung ist festzuhalten, daßes keinen organisierten Markt für Kapitalbeteiligungen gibt. Einsolcher Markt wäre zu organisieren, z. B. in Form von Treuhand-banken und/oder als Beteiligungsbörsen. Grundvoraussetzung wäre,eine Fungibilität solcher Einlagen (z. B. titrierte Kommanditeinlagen)zu erreichen.

Ferner könnten nachweisbare Kapitaleinbringungen von Außen-stehenden in kleinere Betriebe ähnlich gefördert werden wie derErwerb neu emittierter Aktien.

Im Zusammenhang mit der Beteiligungsfinanzierung sind auchdie Bestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes zu nennen.Sie haben wegen der durch sie weitgehend abgabenneutral möglichenZusammenfassung von Kapital in leistungsfähigeren Wirtschafts-einheiten auch erhebliche finanzierungspolitische Bedeutung, dadurch entsprechende Anderung der Betriebsstruktur bzw. der Rechts-form oft erst die Voraussetzungen für eine Verbreiterung der Risiko-kapitalbasis durch Hereinnahme neuer Gesellschafter geschaffenwerden. Die Erfahrungen mit dem Ende 1975auslaufenden Struktur~verbesserungsgesetz sollten zeitgerecht vor Ablauf dieses Gesetzesüberprüft und eine Verlängerung mit entsprechenden Anpassungenin Erwägung gezogen werden. Bei dieser Gelegenheit sollte auchuntersucht werden, ob in das Strukturverbesserungsgesetz ins-besondere die Einbringung von Beteiligungen (auch im Ausmaß von

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weniger als 25% am Kapital), die Einbringung von Betrieben oderTeilbetrieben von Einze1unternehmen oder Personengesellschaften inPersonengesellschaften aufgenommen werden könnten, ob die bei Ein-bringungen in Kapitalgesellschaften für den Fall der Aufwertungbestehenden steuerlichen Begünstigungen auch für Zusammen-schlüsse zu Personengesellschaften vorgesehen und ob die bei Um-wandlung von Kapitalgesellschaften in Personengesellschaften oderEinzdunternehmen anfallenden Steuerbelastungen verringert werdenkönnten.

Im Mittdpunkt der überlegungen hinsichtlich der Beteiligungs-finanzienmg steht die Kapitalbeteiligungsgesellschaft. Die Er-richtung einer Kapitalbeteiligungsgesellschaft wurde bereits in denBeiratsvorschlägen zur Kapitalmarktpolitik (4. Teil) empfohlen.Damals wurde u. a. darauf hingewiesen, daß die von einer Kapital-beteiligungsgesellschaft benötigten Finanzierungsmitte1 in der erstenAusbaustufe von den Kapitalsammdstellen und allenfalls von deröffentlichen Hand bereitgestellt werden sollten; nach einer gewissenAnlaufzeit könnten von der Kapitalbeteiligungsgesellschaft Er-sparnisse des privaten Publikums durch Ausgabe eigener Wert-papiere direkt gewonnen werden. Die Versorgung einer größerenAnzahl von Unternehmungen'") mit Eigenkapital durch Kapital-beteiligungsgesellschaften wäre grundsätzlich dann möglich, wenndurch wirtschaftspolitische Maßnahmen des Staates eine finanzielltragbare Inanspruchnahme grundsätzlich erwerbswirtschaftlich orien-tierter Kapitalbeteiligungsgesellschaften erreicht wird. So könnteetwa die Refinanzierung durch niedrig verzinsliche Darlehen desStaates bzw. des ERP-Fonds und/oder durch Zinszuschüsse ausBudgetmittdn verbilligt werden. Auch Haftungsübemahmen müßtenin diesem Zusammenhang vorgesehen werden, wobei man sich be-reits bestehender Institutionen auf diesem Gebiet (Fm-Fonds) be-dienen sollte. Im Sinne der oben gemachten Vorschläge könnte dieRefinanzierung einer Kapitalbeteiligungsgesellschaft auch dadurchverbilligt werden, daß durch steuerpolitische Maßnahmen das Sparenphysischer Personen für Zwecke der Beteiligungsfinanzierung ge-fördert wird**).

*) Es muß allerdings darauf hingewiesen werden, daß gerade im Bereich derkleineren Betriebe mit psycholo!/;ischen Hemmnissen zu rechnen sein wird.

**) Eine Maßnahme in diesem Bereich wurde bereits durch die Begünstigungdes Aktiensparens im § 107 EStG 1972 vorgesehen.

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Hinsichtlich der institutionellen Kreditfinanzierung hat dieAnalyse ergeben, daß in gewissen Bereichen der kleineren Betriebeein Laufzeitenproblem (z. B. Fremdenverkehrswirtschaft) besteht.Auch die Besicherungsprobleme sind noch keineswegs einer be-friedigenden Lösung zugeführt (Probleme des Mobiliarpfand-rechtes, des Registerpfandrechtes).

Auch bei den Betriebsmittdkrediten sollte insbesondere dasBesicherungsproblem einer U>sung zugeführt werden. Eine solcheLösung könnte einerseits durch eine Forcierung der dynamischenKreditbesicherung und andererseits durch den Aufbau und Ausbauder Haftungskette bezüglich der Betriebsmittelkredite erreicht wer-den. Auch hier sollte man sich bereits bestehender Institutionenbedienen.

Hinsichtlich der öffentlichen Finanzierungs- und Garantie-instrumente sind folgende Verbesserungsvorschläge festzuhalten:

- In den bestehenden Kreditaktionen soll der Umweltschutzeine entsprechende Berücksichtigung finden. Auch In-vestitionen, die auf Grund regional- und stadtplanerischerMaßnahmen notwendig werden, sollen in die Förderungs-maßnahmen eingeschlossen werden.Im Sinne einer klareren Abgrenzung sollte bei bestehendenKreditaktionen im Rahmen der derzeitigen AufgabensteIlungeine Schwerpunkt bildung vorgenommen werden, so z. B.schwerpunktmäßige Berücksichtigung der Rationalisierungder Betriebe, der Starthilfe für Unternehmens gründungen undder Betriebsübernahme im Rahmen der Bürgesaktionen*).Da bei bestehenden Kreditaktionen die Kredit-, Krcditkosten-zuschuß- und Haftungskette in einigen Fällen Lücken auf-weist, sollen diese geschlossen werden**). Bei Aktionen, dieKreditkostenzllschüssc und gleichzeitig Haftungsübernahmenvorsehen, soll eine getrennte Anwendung der beiden För-derungsarten möglich sein.In diesem Zusammenhang soll auch bei weiteren Aktionendie Möglichkeit von tilgungsfreien Anlaufzeiten in Erwägunggezogen werden. Auch könnte als zusätzlicher Anreiz für

"')In den Begleltmaßnahmen zu den Verträgen mit den Europäischen Gemein-schaften ist vorgesehen, daß integrationsbedingte und bestimmte andete struktur-verbessernde In,estitionen als Schwerpunkte in bestehende kreditpolitischePörderungsaktionen auf~enotnmen werden .

....) Auch die Kredltgarantiegemelnschaften sollten ERP-Kreclite besichern.

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Investitionen eine Staffelung der Kreditkostenzuschüsse dic~nen. Bei Kreditkostenzuschußaktionen wäre es überlegenswert,seitens der fördernden Stellen darauf überzugehen, cUe Zu-schüsse für den gesamten Förderungszeitraum im voraus zuleisten.Die technische Abwicklung für den Kreditneluner soll vonunnötigen Formalitäten befreit werden. Die Kreditvergabeselbst sollte im allgemeinen nicht vom Bund und öffentlich-rechtlichen Körperschaften erfolgen, sondern Aufgabe desKreditapparates sein.

.- Die Förderungseinrichtungen des Bundes sollten die (rber-prüfung der widmungsgemäßen Verwendung öffentlich ge-förderter Kredite koordinieren.In der Praxis zeigt sich, daß besonders die Information überdie möglichen geförderten Kredite beim Kreditsuchendennicht immer vorhanden ist. Es wird daher angeregt, diesenAktionen eine größere Publizität zu verschaffen.

Factoring und Leasing wären in Österreich (auf Basis einer Zu-sammenarbeit der Banken) auszubauen und zu popularisieren. Essollten jedoch klare gesetdiche Bestimmungen geschaffen werden, umUnsicherheiten (vor allem im steuerlichen Bereich) zu vermeiden.

Der Finanzierungsberatung ist erhöhte Bedeutung zuzumessen.Bei Prüfung der Kreditwürdigkeit sollte verstärkt die persönlicheQualifikation berücksichtigt werden. l\lit jedem Kredit sollte cUeMöglichkeit auf eine Beratung für eine bestimmte Zeit verbundenwerden. Die Bedeutung der Erstellung von Wirtschaftlichkeits-rechnungen sollte hervorgehoben werden.

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H. ORGANISATION

Die wirtschaftliche und technische Entwicklung stellt in steigen-dem Maße auch in den kleineren Betrieben erhöhte Anforderungen andie Unternehmensführung. Mehr und mehr ist auch der kleinereBetriebdazu gezwungen, von der Auftragsfertigung zur Leistungserstellungfür den anonymen Markt überzugehen. Die sich daraus ergebendeNotwendigkeit zur Marktbeobachtung und Unternehmungsplanungbedingt ein ausgebautes systematisches Rechnungswesen, das über~dies für die zunehmenden Verwaltungsarbeiten (Steuer, Lohnverrech~nung usw.) erforderlich ist. Gerade in diesen Bereichen ist derkleinere Betrieb oft nicht in der Lage, Spezialisten zu beschäftigen,daher kommt der Betriebsberatung und der Schulung des Unter-nehmers und seiner Mitarbeiter große Bedeutung Zu. Dies giltsbwohl für den Bereich der Fertigung, der Betriebsorganisation alsauch der Kostenrechnung.

Verschiedene Trends im Wirtschaftswachstum, wie der Trendzur Massenfertigung, der Trend zur Serviceintensität, aber auch diestärkere Nachfrage nach qualitativ hochwertigen und individuellenLeistungen und Produkten verlangen vom Kleinbetrieb ein hohesMaß an Anpassungsfähigkeit und oft die Anderung der Unter-nehmenskonzeption in Richtung Spezialisierung oder Sortiment-erweiterung, Angliederung von Servicefunktionen usw. Eine Lösung,den steigenden technischen, organisatorischen und kaufmännischenAnforderungen gerecht zu werden, liegt speziell für den Kleinbetrieboft in der Ausgliederung von Unternehmensfunktionen.

Gewisse Wettbewerbsnachteile, die kleinere Betriebe gegenüberGroßbetrieben haben, können unter Umständen durch Kooperationenmit anderen Unternehmen ausgeglichen werden. Eine für kleinereBetriebe besonders wichtige Form der Unternehmens kooperation istdas Zulieferwesen, aber auch der gemeinsame Ein- und Verkauf.

Einer Anderung oder Erweiterung der Unternehmenszicle sowieeiner Ausgliederung von Unternehmensfunktionen sollte jedenfallseine Betriebsberatung vorausgehen.

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Auch für die Führung kleinerer Unternehmen wird eine geoaueInformation über die Marktsituation und deren Entwicklungs-tendenzen immer wichtiger. Die Möglichkeiten, selbst Marktfor-schung zu betreiben, sind aber für kleinere Unternehmen beschränkt.Es ist daher erforderlich, Marktuntersuchungen für einzelne Bran-

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chen oder Bedarfsgruppen in Form von Gemeinschaftsaktionendurchzuführen.

Um kleineren Betrieben die notwendige Strukturanpassungin der Unternehmensführung, der Organisation und Leistungs-erstellung usw. zu erleichtern, sollten Analysen der strukturellenEntwicklung laufend erstellt und als Information für diese Unter-nehmen aufbereitet werden.

Durch die Schaffung und den Ausbau gemeinsamer Export-vertriebsorganisationen könnte kleineren Unternehmen der Zugangzu ausländischen Märkten mehr als bisher erschlossen werden.

Eine wesentliche Erleichterung wäre in einer Vereinheitlichungdes Vergabewesens zu sehen, wobei eine Verbindlichkeitserklärungvorhandener und noch zu schaffendereinschlägiger ÖNORMEN auchvon seiten der Länder und Gemeinden erfolgen sollte.

Die öffentliche Hand soll in der Praxis der AuftragsvergabeArbeitsgemeinschaften, in denen kleinere Betriebe kooperieren, diegleichen Chancen einräumen wie allen anderen Anbietern.

Für die Weiterbildung von Unternehmern und Führungskräftenaus kleineren Betrieben wäre an die Einrichtung einer systemati~sierten Unternehmerausbildung zu denken, in der in Seminaren jenesumfassende Führungswissen vermittelt wird, das heute auch imkleineren Betrieb notwendig ist.

Zur Verbesserung der Berufsausbildung sollte es den Lehrlingendurch zwischenbetriebliche Ausbildungseinrichtungen ermöglichtwerden, mehrmals während der Lehrzeit eine Festigung und Ver-tiefung der im Berufsbild vorgeschriebenen Fertigkeiten und Kennt~nisse zu erreichen, wobei erforderlichenfalls die Schaffung solcherEinrichtungen auch durch Mittel der Arbeitsmarktförderung er-leichtert werden könnte. Für die Qualität der Lehrbetriebe sind nebender Einrichtung und Führung der Betriebe auch pädagogischeFähigkeiten der Ausbildner von besonderer Bedeutung.

Auf Grund des relativen Mangels an Spezialisten in kleinerenUnternehmen kommt dem Einsatz von Beratern als Unterstützungfür die Unternehmensführung große Bedeutung zu. Neben den so-genannten Allround-Beratern müssen daher auch Berater zur Ver-fügung stehen, die bei speziellen Problemen der Fertigung, derOrganisation, der Finanzierung usw. der Unternehmensführung zurSeite stehen können. Der notwendige Ausbau der Bettiebsberatungs-dienste erfordert auch die Einrichtung einer systematischen Aus-bildung für solche speZialisierten Betriebsberater. Aufgabe der Be-

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triebsberatungsdienste wäre es auch, Erfahrungsaustauschgruppenvon Unternehmen in größerem Umfang als bisher zu organisierenund fachkundig zu betreuen.

Einen Sonderbereich im Rahmen der beratenden Tätigkeit nimmtdas "Industrial Design" ein. Zur Verbesserung der Pormgebung undProduktgestaltung sollte die Beratungstätigkeit des "Design Centers"verstärkt werden.

Die rationelle Führung eines kleineren Unternehmens verlangtin vielen Fällen die Ausgliederung von bestimmten Funktionen desUnternehmens. Vor allem Buchhaltung und Lohnverrechnungkönnen ausgegliedert und von einer Stelle außerhalb des Betriebesbearbeitet werden.

Zur Anbahnung von Kooperationen ist die beratende Tätig-keit von Kooperationsvermittlungsstellen nützlich, die dem kleinerenBetrieb einen ausreichenden überblick über konkrete Möglichkeitensowie über Vor- und Nachteile von Kooperationen geben könnte.

Neben der schon erwähnten Kooperationsvermittlung müßteauch die ZuIiefervermittlung ausgebaut werden*).

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"') ~lt der Ko.ope~atlons~e:mittlung befa~8e~ sich gegenw~rtig ver8.chied~neBank1l1stltute SOWIedIe VereinIgung ÖsterreIchlscher lndustrleller. Betm Wlrt-schaftsfürdenll1gsinstitut Wien besteht eine ständige Zulieferbörse, die fürdas gesamte Bundl:Osgebil:Ottätig ist. Dürt sind derzeit (Anfang 1973) rund 300 Zu-lieferbetriebe erfaßt.

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III. 'TECHNOLOGIE

Die Technisierung nimmt auch bei den kleineren Betrieben ständigzu, maschinelle Einrichtungen und sonstige technische Ausstattun-gen dringen nicht nur in kleinere Betriebe der Erzeugung, Be- undVerarbeitung, sondern auch in der 'Transportwirtschaft, im Fremden-verkehr, im Handel usw. vor. Selbst bei der Erbringung von per-sönlichen Dienstleistungen spielen technische Einrichtungen eineimmer größere Rolle. Um konkurrenzf:i.hig zu bleiben, ist es not-wendig, daß die Betriebe der technischen Entwicklung folgen. DieBewältigung des 'Technisierungsprozesses erfordert auch bei klei-neren Betrieben größere unternehmerische Anpassungsfähigkeit underhöhte finanzielle Mittel zur Deckung des Investitionsbedarfes.

Polgende Schlußfolgerungen lassen sich aus der Analyse ziehen:Die technische Entwicklung in den einzelnen Bereichen nimmt

nur teilweise auf die Erfordernisse kleinerer Betriebe Bedacht, dieKapazität neuer Geräte übersteigt oft die Einsatzmöglichkeitenkleinerer Betriebe. Wohl gibt es auch moderne Fertigungseinrichtun-gen mit universeller Verwendbarkeit, doch geht der 'Trend eher inRichtung Spezialmaschinen.

Die zur betrieblichen Anwendung neuer 'Technologien not-wendigen technischen Informationen und Erfahrungen sind fürkleinere Betriebe meist schwer zu beschaffen.

In der Regel kann der kleinere Betrieb nicht mit der Großserien-produktion direkt in Konkurrenz trden.

Die Chancen kleinerer Betriebe liegen vor allem im Angebothochwertiger Qualität und in der Einzelfertigung sowie in der Be-friedigung individueller und spezieller Bedürfnisse.

Ein Großteil der Schwierigkeiten bei der Anpassung an dietechnischen 'Trends ist vor allem finanzieller und organisatorischerNatur, daher ist auf die Empfehlungen zu I. (Pinanzierung) und11. (Organisation) zu verweisen.

Da der Zugriff zu technischen Dokumenten und Informations-systemen für kleinere Betriebe ein sehr wichtiges Problem darstellt,soll eine Informations-Clearing-Stelle errichtet werden. Diese Infor-mations-Clearing-Stelle sollte auch in der Lage sein, den kleinerenBetrieben den Zugang zu ausländischen Dokumentationen zu er-möglichen.

Durch eine gezielte Öflcntlichkeitsarbeit sollte auch den kleinerenBetrieben die im Rahmen der kooperativen Forschungsinstitute be-

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stehenden Möglichkeiten und Chancen, an Entwicklungsvorhabenund Forschungsarbeiten teilzunehmen, nahegebracht werden.

Um die vor allem bei Querschnittsprojekten der kooperativenInstitute nicht immer gewährleistete Basisflnanzierung zu erleichtern,sollte der Forschungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaftbei volkswirtschaftlich bedeutsamen Projekten einen über das bis-herige Ausmaß von zwei Dritteln der Kosten hinausgehenden För-derungsbeitrag leisten.

Die bereits bisher vom Forschungsförderungsfonds der gewerb-lichen Wirtschaft gemeinsam mit den Wirtschaftsförderungsinstitutenin den Bundesländern durchgeführten Informationstage, bei deneninteressierte Unternehmer über die verschiedenen Pörderungs-möglichkeiten informiert wurden, sollten durch Informationcn überdie Möglichkeiten der kooperativen Forschung erweitert werden.Eine verstärkte Förderung der experimentellen Entwicklung (z. B.PrototypentwickIung) bei kleineren Betrieben, für die aus verschie-denen Gründen das Entwicklungsrisiko besonders groß ist, solltevom Forschungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft ge-währt werden. Darüber hinaus wäre eine höhere Dotierung desFonds im Sinne des von ihm entwickelten Stufenplanes erforderlich.

Um die mit der Sicherung der Forschungsergebnisse und derFindung von Lizenznehmern entstehenden Schwierigkeiten zu ver-ringern, sollte der in Gründung begriffene Verein "Arbeitsgemein-schaft für Patentförderung" sobald als möglich seine Tätigkeit auf-nehmen. Dazu gehören: Patentberatung, Vermittlung von Kon-takten zwischen Lizenzgebcrn und -nehmern, Finanzierungshilfenfür Patentanmeldungen im Ausland.

Die Zusammenarbeit auf dem Gebiet von Forschung und Ent-wicklung sollte sich nicht auf Betriebe und kooperative Forschungs-institute beschränken; es sollten auch die Kontakte zwischen Be-trieben und Hochschulen sowie staatlichen Forschungsinstitutenintensiviert werden.

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IV. RAuMLICHE ASPEKTE*)

Entwicklungen wie die Suburbanisierung in den Agglomera-tionsräumen, die Bildung von Wirtschaftsschwerpunkten im länd-lichen Raum sowie die Schaffung von Entwicklungsachsen zur Auf-schließung größerer Gebiete bringen für kleinere Betriebe neue Ge-sichtspunkte. Der Einsatz folgender Maßnahmen könnte den klei-neren Betrieben helfen, die sich auf Grund der räumlichen Trendsergebenden Strukturprobleme zu bewältigen:

Den kleineren Betrieben sollten ausreichende Möglichkeitengeboten werden, sich über künftige räumliche Entwicklungen zuinformieren, dies insbesondere im Bereich der örtlichen und überört-lichen Raumplanung. Die Standortberatung für Betriebsgründungenund -verlegungen sollte ausgebaut werden.

Für Betriebsumsiedlungen, die auf Grund örtlicher oder regionalerPlanungen erforderlich werden, sollten Übersiedlungshilfen gewährtwerden.

Betriebsansiedlungen und -umsiedlungen im Interesse einer zentral-örtlichen Versorgung sollten nach Berücksichtigung überregionalerÜberlegungen durch koordinierten Einsatz von zur Verfügung ste-henden Förderungsmitteln unterstützt werden.

In den Stadtrandgebieten bestehen für kleinere Betriebe noch erheb-liche wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten. Im Hinblick auf dieerwähnte kleinräumige Entflechtung von Wohnstätten und Betriebs-stätten sollten gerade in diesen Zonen Werkstättenhöfe sowie ge-schlossene Betriebszonen geschaffenwerden. Von den einzelnen Ge-meinden, allenfalls auch von den Bundesländern, wäre nach aus-reichender Vorplanung eine entsprechende Bodenvorsorge für klei-nere Betriebe zu treffen. Auf den steigenden Raumbedarf der Wirt-schaft wäre schon bei der Erstellung der Flächenwidmungspläne Be-dacht zu nehmen.

Es soll geprüft werden, inwieweit dasProblem einer Versorgung mitGütern des täglichen Bedarfs durch kleinere Betriebe in Gebieten mitsinkender Bevölkerung gelöst werden kann.

*) Siehe auch Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen, "Vorschläge zurregionalen Strukturpolitik", Wien 1972.

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V. SONDERPROBLEMR

Die Erfahrung zeigt, daß die Unternehmer im allgemeinen in derLage sind, die im Zusammenhang mit der Betriebsgründung, ~über-gabe und -aufgabe stehenden Probleme im eigenen Bereich zu lösen.Eine Hilfestellung leisten die Interessenvertretungen der Wirtschaftund die öffentliche Hand. Die Analyse hat gezeigt, daß die Bewäl-tigung spezieller Probleme die Möglichkeiten des einzelnen mitunterübersteigt. Im Zusammenhang mit der Betriebsübergabe entsteheneine Reihe von Problemen rechtlicher, finanzieller und steuerlicherArt. Es wäre eingehend zu prüfen, wieweit im Rahmen der bestehen-den techtlichen Vorschriften Erleichterungen bei Bewältigung dieserSonderprobleme geschaffenwerden können.

Hier können jedoch, den Zielsetzungen der Studie entsprechend,nur einige Empfehlungen ausgesprochen werden, die geeignetsind, zur Lösung der beschriebenen Probleme beizutragen:

Es wäre wünschenswert und für den übernehmer eine große Start-hilfe, wenn er im Zusammenhang mit der übernahme eine einge-hende Betriebsberatung in Anspruch nehmen würde. "Betriebsüber-nahme-Beratungen" sollten sich auf folgende Probleme konzen-trieren:

Beurteilung, ob das Betriebsziel unverändert beibehalten werdenkann;

Entscheidung, ob die Rechtsform geändert werden soll;Aufstellung eines Investitionsplanes;Auswirkung der übernommenen Verpflichtungen auf die Rentabili-

tät des Betriebes;Fragen der Finanzierung (Stufenplan), Betriebsorganisation ;Zweckmäßigkeit der eingesetzten Technologien;Frage, ob die verfügbaren Arbeitskräfte die zur Erreichung des Be-

triebszieles notwendige Qualifikation besitzen.

Klare gesetzliche Definition des Begriffes und Verankerung dersteuerlichen Behandlung von Versorgungsrenten.

Es wäre zu prüfen, ob eine Modifikation des Prämiensparförde-rungsgesetzes ein geeigneter Ansatzpunkt zur Erleichterung vonExistenzgtündungen wäre.

Möglichkeit der übertragung von steuerbegünstigt erworbenenWertpapieren, die der Käufer (übernehmer) während der Zeit seinerunselbständigen Tätigkeit angeschafft hat, ins Anlagevermögen bei

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übernahme oder Kauf eines Unternehmens (eines Gesellschaftsan-teiles). Die Steuerbegünstigung soll dann nicht verlorengehen, wennzwischen Anschaffung der Wertpapiere und deren Belehnung zu-mindest ein Jahr verstrichen ist.

Anpassung des Freibetrages für den Veräußerungsgewinn im Zugeder nächsten Reform des Einkommensteuerrechtes.

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ARBEITSGRUPPE KLEIN- UND MITTELBETRIEBEIM WACHSTUMSPROZESS

Vorsitzender:

Landeshauptmannstellvertreter Dt. Wilfried Haslauer

Vorsitzenderstellvertreter :

Dr. Norbert Knoll

Geschäftsführer:

Dkfm. Ferdinand Lacina

Mitglieder:

Dr. Kurt AbtDr. Heinrich AmbroschDr. Fidelis BauerDr. Hans-Jörg BauerDr. Wilfried SchenkDr. Fritz GehartIngeburg GörnerDDr. EndreI vankaDkfm. Manfred PhilippMagister Hans KorteDkfm. Joachim LamelRobert MarconIng. Franz MayerDr. Peter MicheierKomm.-Rat Leopold MillwischWilhe1mMoutvitzDipl.-Ing. Roderich ReglerDr. Herbert PachuckiDr. Anton RauterDr. Hans SchickDr. Leopold EhrenbergerDr. Brich SchmidtOkfm. Hans WehselyDr. Robert WesselyJosef Stemberger

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AUfOREN DER ENTWüRFE ANALYTISCHER TEILSTUDIEN

Stellung und Entwicklung der kleineren Betriebe

Fidelis Bau er, Hans Weh sei y

Finanzierung

Heinrich Am b r 0 sc h, Norben K n 0 11, Heinrich K 0 P eck y ,Hans Kor t e, Ferdinand L a c i n a, ]oachim L a m el

Organisation

Franz M a y er, Wilhe1m Mo u t v i t z, Anton Rau te r

Technologie

Willibald K I a p p ach e r t, Peter M ich eie r, Hans Weh seI y

Räumliche Aspekte

Norben K n 0 11, Herbert Pa c h u c k i

Sonderprobleme

Norben K n 0 11, Ingeburg Gör n er, Franz $ c h ö p p

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S 12.-S 2.-S 12.-S 3.-

PUBLIKATIONEN DES BEIRATES FüR WIRTSCHAFTS- UNDSOZIALFRAGEN

Untersuchung über die Preis- und Einkommensent-wicklung (vergriffen) .Stabilisierungsprogramm .Vorschl~ge zur Neu~estaltung d~r. Budgetp?litikVorschlage zur Kapltalmarktpolmk, 1. Tell .Vorausschätzung des österreichischen Arbeitskräfte-potentials bis 1980 --.'~... S 12.-Vorschau auf die österreichische Wirtschaftim Jahre 1966 S 12.-

7 Empfehlungen zur Budgetpolitik S 12.-8 Vorschläge zur Koordinierung und Stabilisierung in

der Bauwirtschaft (vergriffen) S 12.-Die Erscheinungen des grauen Marktes und ihr Zu-sammenhang mit den Formen der Preisbildung .... S 12.-Vorschläge zur Kapitalmarktpolitik, 2. und 3. Teil.. S 25.-.zweite Vorausschätzung des österreichischen Arbeits-kräftepotentials bis 1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. S 12.-Vorschläge zur Kapitalmarktpolitik, 4. Teil . . . . . . .. S 12.-Untersuchung des Preis- und Kostenauftriebes inOsterreich S 35.-Bericht über Teilzeitbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . .. S 12.-Untersuchung über die Probleme der Arbeitszeit-verkürzung .

16 Budgetvorschau 1970-1974 ..........•.........17 Vorschläge zur InJustriepolitik .18 Empfehlungen zur Verbesserung

der Konjunkturdiagnose S 12.-19 BuJgetvorschau 1971-1975 S 12.-20 Untersuchung. über die Abwanderung von Arbeits-

kräften aus Osterreich nach Süddeutschland und indie Schweiz S 29.-Gutachten über den Preis- und Kostenauftrieb . . . . .. S 26.-Vorschläge ?Ur regionalen Strukturpolitik. . . . . . . . .. S 26.--Die Verträge mit den Europäischen Gemeinschaften S 26.-Klein- und Mittelbetriebe im Wachstumsprozeß .... S 26.-

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