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LAND USE ECONOMICS AND PLANNING – DISCUSSION PAPER SERIES Ökonomie und Planung der Flächennutzung – Diskussionspapier Reihe Der Einsatz von Fallstudien zur Evaluation von Raumordnungsplänen Klaus Einig, Andrea Jonas, Brigitte Zaspel Land Use Economics and Planning – Discussion Paper No. 09-09 Juni 2009 ISSN 1866-6973 University of Goettingen, Platz der Goettinger Sieben 3, D-37073 Goettingen, Germany Phone: +49 551 39 4626, Fax: +49 551 39 19558, E-mail: [email protected]

09-09 Einig Jonas Zaspel

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  • LAND USE ECONOMICS AND PLANNING DISCUSSION PAPER SERIES

    konomie und Planung der Flchennutzung Diskussionspapier Reihe

    Der Einsatz von Fallstudienzur Evaluation

    von Raumordnungsplnen

    Klaus Einig, Andrea Jonas, Brigitte Zaspel

    Land Use Economics and Planning Discussion Paper No. 09-09 Juni 2009

    ISSN 1866-6973

    University of Goettingen, Platz der Goettinger Sieben 3, D-37073 Goettingen, Germany Phone: +49 551 39 4626, Fax: +49 551 39 19558, E-mail: [email protected]

  • IMPRESSUM

    Professur fr Wirtschaftspolitik und Mittelstandsforschung Georg-August-Universitt Gttingen Platz der Gttinger Sieben 3 37073 Gttingen Tel. +49 551 39 4626 Fax +49 551 39 19558, E-mail: [email protected] http://www.uni-goettingen.de/de/64099.html ISSN 1866-6973

    Chair of Economic Policy and SME Research University of Gttingen Platz der Gttinger Sieben 3 37073 Gttingen Tel. +49 551 39 4626 Fax +49 551 39 19558, E-mail: [email protected] http://www.uni-goettingen.de/en/64099.html ISSN 1866-6973

  • Der Einsatz von Fallstudien zur Evaluation von

    Raumordnungsplnen

    Klaus Einig*, Andrea Jonas**, Brigitte Zaspel***

    Land Use-Discussion Paper No. 09-09 June 2009

    *Klaus Einig, Bundesinstitut fr Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt fr Bauwesen und Raumordnung, Deichmanns Aue 31-37, 53179 Bonn, T. 0228-99-401-2303, Mail: [email protected] **Andrea Jonas, Bundesinstitut fr Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt fr Bauwesen und Raumordnung, Deichmanns Aue 31-37, 53179 Bonn, T. 0228-99-401-2341, Mail: [email protected] ***Brigitte Zaspel, Bundesinstitut fr Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt fr Bauwesen und Raumordnung, Deichmanns Aue 31-37, 53179 Bonn, T. 0228-99-401-2106, Mail: [email protected]

  • Der Einsatz von Fallstudien zur Evaluation von Raumordnungsplnen

    Zusammenfassung

    Eine Evaluation von Raumordnungsplnen findet in Deutschland bislang nicht systematisch statt. Anhand von Fallstudien knnen diese Evaluationen umgesetzt werden. Das vorliegende Papier stellt zunchst vor, was Fallstudien sind, welche Kriterien zur Auswahl von Fallstudien zur Verfgung stehen und welche Methoden Anwendung finden knnen. Wie Fallstudien durchzufhren sind, wird anhand eines Fallstudiendesigns dargelegt. Die Evaluation von Raumordnungsinstrumenten wird am Fallbeispiel eines Refina-Projektes erlutert.

    Schlsselwrter

    Definition von Fallstudien, Auswahl von Fallstudien, methodisches Vorgehen,

    Abstract

    There is no systematic evaluation of regional plans in Germany. Evaluations often work with case studies. This paper discusses what a case study is, how a case study could be selected and which empirical methods can be used to analyze case studies. A case study design shows how a case study can be organized. An example of a Refina-Project explained an example of an evaluation of regional plans.

    Keywords

    Definition of case studies, Selection of case studies, Case study design

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    1. Einleitung Die Evaluierung von Raumordnungsplnen findet in Deutschland noch recht selten statt. Anstze auf der regionalen Ebene gibt es u.a. ber das hessische Landesplanungsgesetz und in verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen (z.B. Pollermann (2006) zur Evaluierung des Regionalen Flchennutzungsplans im Ruhrgebiet). Selten werden die Plne und ihre Wirkungen analysiert. Evaluierungen gibt es eher fr einzelne Manahmen oder Projekte (z.B. Lichtenberg (2004) fr Regionale Entwicklungskonzepte auf der Insel Rgen oder Bartsch (2004) fr Regionale Entwicklungskonzepte in Thringen, Maier (2004) fr das Regionalmanagement in Bayern). Diese kurze bersicht, die nur einige Beispiele nennt, zeigt, dass bei der Evaluierung von Plnen und Programmen in erster Linie mit Fallbeispielen oder Fallstudien gearbeitet wird. Vielfach findet dabei eine Konzentration auf einen Fall, ein bestimmtes Beispiel, statt. Im Rahmen des Refina-Forschungsvorhabens Designoptionen und Implementation von Raumordnungs-instrumenten zur Flchenverbrauchsreduktion DoRiF untersucht das Bundesinstitut fr Bau-, Stadt- und Raumforschung die Steuerungsleistungen und die Effektivitt von Raumordnungsinstrumenten hinsichtlich einer gezielten Beeinflussung der Siedlungs- und Verkehrsflchen. Untersuchungsgegenstand sind die von der Regionalplanung zur Steuerung der Siedlungsflchenentwicklung eingesetzten Instrumente. Diese unterscheiden sich in den ca. 111 deutschen Regionalplanungsregionen zum Teil deutlich voneinander (Einig 2009). Fr das Forschungsvorhaben wurde ein Fallstudienansatz gewhlt, der vier Modellregionen umfasst. Im Folgenden wird zunchst eine Definition von Fallstudien gegeben (Kap.2), bevor die verschiedenen Methoden der Fallstudienanalyse im dritten Abschnitt vorgestellt werden. Daran anschlieend werden verschiedene Verfahren zur Auswahl von Fallstudien dargelegt (Kap.4). Wenn die Flle ausgewhlt sind, ist ein Fahrplan notwendig, der vorgibt, wie bei der Durchfhrung von Fallstudien vorgegangen werden soll. Dieses Fallstudiendesign wird im fnften Kapitel vorgestellt. In die theoretischen Erluterungen fliet das eigene Vorgehen bei der Fallstudienanalyse im Rahmen des Refina Projektes mit ein.

    2. Fallstudien Anwendungsbereiche und Definition Fallstudienanalysen stellen in der Politikwissenschaft eine hufig eingesetzte Forschungsmethode dar. Sie besitzen jedoch eine zwiespltige Position innerhalb der wissenschaftlichen Debatte (Gerring 2004, Blatter 2007). Einer der Hauptkritikpunkte an Fallstudienanalysen ist die Betrachtung lediglich eines oder einiger weniger Untersuchungsflle. Wie kann es mglich sein, von nur einem oder einigen Fllen Rckschlsse auf die Allgemeinheit zu schlieen? Eine mangelnde Generalisierbarkeit der gewonnen Aussagen wird als grtes Manko der Methode angesehen. Der Fallstudienforschung wird vielfach der Vorwurf gemacht, dass sie zu ungenau ist und keinen einheitlichen Regularien folgt. Zudem wrde sie zu viel Zeit in Anspruch nehmen

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    und dabei Unmengen unleserlicher Dokumente produzieren (Yin 2003a, S. 10f). Dieser Vorwurf bezieht sich laut Yin jedoch weniger auf die Forschungsmethode an sich, als vielmehr auf den Prozess der Datensammlung. Dennoch werden Fallstudien in unterschiedlichsten Fachbereichen eingesetzt: Psychologie, Soziologie, Politikwissenschaften oder Wirtschaftswissenschaften. Gemeinsames Ziel all dieser Untersuchungen ist das Verstehen von sozialen Phnomenen. Unterschiede liegen hingegen darin, ob das Untersuchungsziel eine Beschreibung eines bestimmten Phnomens sein soll, das Testen einer bestehenden Theorie oder die Entwicklung einer neuen Theorie (Eisenhardt 1989, S. 535). In der Politikwissenschaft besitzen Fallstudien mittlerweise den Status von Klassikern des Fachs (Blatter 2007, S. 123, vgl. Behrens 2003, S. 210). Auch in der Raumplanungsforschung finden fallstudienbezogene Untersuchungsanstze Anwendung. The case study method is required to make sense of planning stories and to shed light on the why and how of planners behaviour (Fischler 2000, S. 186). Um einen erfolgreichen Zugang zur Planungspraxis zu bekommen, ist es sinnvoll der Frage nach zu gehen, warum Menschen das tun was sie tun. Definition von Fallstudien

    Problematisch ist bereits die Definition was eine Fallstudie ist. Whrend Muno (2003) oder Stake (1995) (zitiert nach Blatter et al. 2007, S. 123) lediglich einen Fall als Merkmal fr case studies sehen, ist fr andere Forscher (u.a. Yin 2003a, Blatter 2007, Gerring 2004) die Betrachtung mehrerer Flle durchaus angebracht. Grosshans und Chelimsky (2003, S. 15) beschreiben eine Fallstudie wie folgt: A case study is a method for learning about a complex instance, based on a comprehensive understanding of that instance obtained by extensive description and analysis of that instance taken as a whole and in its context. Fr Schramm ist der Kernbestand einer Fallstudie die decision oder ein set of decisions. Warum wurden Entscheidungen getroffen, wie wurden sie umgesetzt und was war das Ergebnis (Schramm 1971, zit. in Yin 2003a, S.12). Yin beschreibt eine Fallstudie als an empirical inquiry that investigates a contemporary phenomenon within its real-life context, especially when the boundaries between phenomenon and context are not clearly evident (2003, S. 13). Zwar ist nicht die Anzahl der Flle an sich entscheidend, dennoch zeigt sich aus den verschiedenen Definitionen, dass Fallstudien nur wenige Untersuchungseinheiten bercksichtigen. Es knnen sowohl Einzelfallstudien als auch Vergleiche einiger weniger Flle als Fallstudie bezeichnet werden. Die Zielsetzung und Vorgehensweise der empirischen Forschung rechtfertigen die Konzentration auf einige wenige Flle. Entscheidend fr den Forschungsansatz der Fallstudien sind laut Blatter et al., dass innerhalb der Einzelflle Prozessanalysen durchgefhrt werden, sowie Faktoren und Prozesse der Studien mit theoretischen Modellen verbunden sind. Bei der Betrachtung mehrere Fallstudien kann zwischen einer multi-site study und einer within-site study unterschieden werden. Eine multi-side study stellt einen Vergleich von Fllen verschiedener (Politik-)Felder dar, whrend sich eine within-site study auf einen Vergleich innerhalb eines Politikfeldes konzentriert (Behrens 2003, S. 214).

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    Die Fallstudienzahl ist zudem wichtig fr die Auswahl der Untersuchungsmethode. Studien, die im Vergleich zur Anzahl der bercksichtigten Einflussfaktoren, nur wenige Flle besitzen, werden als fallzentriert bezeichnet. Werden hingegen wenige Faktoren in mehreren Fllen untersucht sprechen Blatter et al. von variablenzentrierten Untersuchungen. Fallzentrierte Analysen suchen nach einer tiefen, mglichst umfassenden Erklrung einzelner Flle, whrend variablenzentrierte Forschung eher eine Breite der Untersuchung anstrebt. Dies erweist sich fr die Entwicklung genereller Aussagen und Schlussfolgerungen als zielfhrend, whrend die Analyse einzelner Fallstudien detaillierte Informationen ber einen bestimmten Fall bieten. Fallstudien weisen fr die Prfung von allgemeingltigen Aussagen nur eine begrenzte Aussagekraft auf (Blatter et al. 2007). Sie vermitteln hingegen ein umfangreiches Bild einzelner Flle und bieten eine Insiderperspektive an, die in die Studie integriert werden kann (Bryman 1992, S.142). Fallstudien stellen meist fallzentrierte Untersuchungen dar. Die Wahl der Methode bzw. die Wahl eines Verfahrens, das in die Tiefe oder in die Breite geht, hngt auch vom Untersuchungsbereich ab. Gibt es lediglich einige wenige Flle, ist das Wissen aus 1-2 Fallstudien wichtiger als in Themenfeldern in denen es Tausende Flle gibt (Blatter et al. 2007, S. 128). Die Auswahl des Untersuchungsdesigns ist weiterhin davon abhngig, ob es fr den betrachteten Untersuchungsgegenstand bereits eine Vielzahl an bestehenden Theorien und Modellen gibt. Bei weniger erforschten Themenfelder bzw. bei wenig spezifischen theoretischen Erklrungsmodellen kann eine Theorieentwicklung Ziel der Untersuchung sein. Fallstudiendesigns sind dann besonders zu empfehlen, wenn aus theoretischen Anstzen jeweils konkrete und feldbezogene middle-range-theories bzw. Modelle zu entwickeln sind (Blatter et al. 2007, S. 129). Fallstudien sollten sich daher an bereits vorhandene Theorien anlehnen, um zu vermeiden, dass idiosynkratische Theorie-Inseln entstehen (Blatter et al. 2007, S. 129). Dabei sollten auch Theorien mit in die Analysen einbezogen werden, die ergnzende oder auch entgegenstehende Meinungen betrachten. Bei einem fundierten theoretischen Rahmen kann es leichter gelingen, die Ergebnisse der Fallstudien auf eine verallgemeinerbare Basis zu bertragen. Diese qualitative Vorgehensweise bietet sich auch dann an, wenn keine Theorie vorliegt. In Forschungsfeldern, die bereits durch etablierte Theorien und konkrete Erklrungsmodelle gekennzeichnet sind, finden verstrkt quantitative, Theorie berprfende Forschungsdesigns Einsatz. Fallstudien im Refina Projekt

    Eine Evaluierung aller vorliegenden Regionalplne ist aufgrund ihrer hohen Anzahl im vorgegebenen Zeitraum nicht leistbar gewesen. Da die Wirksamkeit einzelner regionalplanerischer Festlegungen untersucht wird, werden einige wenige Plne in ihrer Tiefe untersucht. Jeder Plan setzt sich aus einem Verbund unterschiedlicher Instrumente zusammen.

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    Die Analyse einzelner Instrumente1 in den Regionalplnen erfordert ein auf jede Modellregion zu geschnittenes Forschungsdesign, das aber gleichzeitig einen Vergleich zwischen den Regionen zulsst. Das gewhlte Vorgehen zhlt nach Behrens zu den within-site studies, da ein Vergleich eines Politikfeldes (in diesem Fall der Regionalplne) durchgefhrt wird. Auch wenn die Themen Regionalplanung und Instrumente der Regionalplanung in vielen Untersuchungen behandelt worden sind, so gibt es keinen systematischen Ansatz zur Evaluation regionalplanerischer Instrumente. Ebenfalls gibt es nur wenige Studien, die akteurs- und institutionenbezogenen Theorien anwenden. Beide Aspekte sprechen deutlich fr die Wahl eines Fallstudienansatzes.

    3. Auswahl der Fallstudien Whrend in quantitativen Forschungsprozessen mit Hilfe von Stichprobenverfahren einzelne Fallbeispiele herausgefiltert werden knnen, wird bei einer qualitativen Vorgehensweise nach bestimmten, exemplarischen Beispielen gesucht. Fr die Auswahl von Fallstudien stehen unterschiedliche Methoden zur Verfgung:

    1) Gezielte Suche nach Gegenbeispielen: Es wird nach einem Fallbeispiel gesucht, das eine bestehende Theorie oder existierende Forschungsergebnisse widerlegen soll oder eine Modifikation vornimmt.

    2) Theoretische Stichprobe (theoretical sampling): Die Auswahl der Flle beruht auf theoretischen Annahmen. Es werden Flle ausgesucht, die sich von bestehenden Ergebnissen mglichst gering (Most Similar Systems Design oder Prinzip der Konkordanz) oder mglichst gravierend (Most Different Systems Design oder Differenzprinzip) unterscheiden. Wenn die Wirkungen eines bestimmten Erklrungsfaktors im Mittelpunkt stehen, dann ist ein Verfahren nach dem Most Similar Systems Design anzustreben, um eine mglichst hohe Anzahl an Faktoren gleich zu halten und Wirkungen herausfiltern zu knnen. Stehen hingegen besonders innovative, neue Beispiele im Vordergrund, wird die Auswahl nach dem Most Different System Design empfohlen. In diesen Beispielen sind die zu untersuchenden Eigenschaften besonderes stark ausgeprgt.

    3) Qualitativer Stichprobenplan: Dieses Vorgehen wird gewhlt, wenn der Forscher ber ein breites Hintergrundwissen verfgt und aufgrund dessen, Annahmen ber Einflussfaktoren treffen kann. Dabei bezieht sich das Wissen nicht nur auf die Theorie,

    1 Instrumente werden hier als zeichnerische und textliche Festlegungen in den Regionalplnen verstanden. Diese knnen u.a. in positivplanerische (z.B. Ausweisung von Vorranggebieten fr Siedlungsentwicklung, Dichtewerte, Mengenvorgaben) und negativplanerische (z.B. Grnzge, Vorranggebiete fr Freiraumschutz) Instrumente aufgeteilt werden

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    sondern auf eine systematische Auswertungen der Literatur oder quantitativer Studien (Blatter et al. 2007, S. 31f, S. 177f, Behrens 2003, S. 213).

    Dabei ist auch die Auswahl besonders interessant erscheinender oder auergewhnlicher Fallbeispiele mglich, wenn gleich sich der Forscher hier ber die eventuell geringere Generalisierbarkeit der Untersuchung bewusst sein muss (Blatter et al. 2007, S. 176). So knnen bewusst Ausreier, positive oder auch negative Flle oder auch Flle ohne besondere Ausprgungen gewhlt werden. Sinnvoll kann auch ein Vorgehen sein, bei dem zunchst positive Flle bercksichtigt und deren besondere Faktoren und hnlichkeiten zwischen den Positivbeispielen herausgearbeitet werden. Daran anschlieend knnen negative Beispiele analysiert werden, um herauszufinden, auf welche Faktoren die Unterschiede zurckzufhren sind. In qualitativen Studien findet hufig die Analyse eines best-practice-Flle Anwendung, whrend quantitative Studien einen umfassenderen Blick ber alle Flle bieten. Steht die Bildung von Theorien im Vordergrund der Untersuchungen, so ist nicht zielfhrend, Flle aus einer bereits ausgewhlten Einheit zu selektieren (z.B. ein bestimmter Teil einer Bevlkerungsgruppe). Hier sind Kriterien wie die leichte Reproduzierbarkeit von Bedeutung (Eisenhardt 2006, S. 537). Die Auswahl der Analyseeinheit(en) spielt eine zentrale Rolle im Forschungsprozess. Wenn dieser Suchprozess beendet ist, empfiehlt es sich, diese Einheit mglichst detailliert zu beschreiben, um Grenzen der Analyseeinheit (Akteure, Gebiet, Zeit) festlegen zu knnen. Auswahl der Fallstudien im Refina-Projekt

    Die Auswahl der Fallstudien zur Evaluierung der Wirksamkeit von Instrumenten der Regionalplanung beruht zum einen auf einer theoretischen Stichprobe, als auch auf einer qualitativen Stichprobe, die auf dem Vorwissen der Forscher aufbauen. Als Auswahlkriterien dienten in erster Linie die in der Regionalplanung eingesetzten Instrumente. Dabei wurden drei Regionen ausgewhlt in denen ein starker positivplanerischer Steuerungsansatz Anwendung findet (Dsseldorf, Mittelhessen und Hannover) und eine Region (Sdwestthringen), in der vorwiegend mit negativplanerischen Instrumenten gearbeitet wird. In Thringen erfolgt die Steuerung berwiegend ber Instrumente zum Freiraumschutz. In Hessen und Nordrhein-Westfalen werden zudem Instrumente mit einer hohen Mengensteuerungskapazitt eingesetzt. Es wurden zum einen Fallbeispiele ausgewhlt, die einen vergleichbaren Ansatz, aber unterschiedliche Instrumente zur Ausgestaltung haben und zum anderen wurde mit der Region Sdwestthringen auch ein anderer Steuerungsansatz mit bercksichtigt. Somit fanden sowohl das Konvergenz- als auch das Divergenzmodell Anwendung.

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    Tab. 1 bersicht ber die regionalplanerischen Instrumente der Modellregionen Dsseldorf Hannover Mittelhessen Sdwestthringen

    Instrumente Regionalplanung

    Positivplanerisch GIB / ASB Ausrichtung der Siedlungsentwicklung auf PNV/SPNV Sparsamerer Umgang mit Grund und Boden Eigenentwicklung

    Ausrichtung der Siedlungsentwicklung am Zentrale-Orte-Konzept Ausrichtung der Siedlungsentwicklung auf SPNV Vorranggebiete Siedlungsentwicklung Ausweisung von Schwerpunkten fr Wohn- und Arbeitssttten Ausweisung von lndlich strukturierten Siedlungen mit Ergnzungsfunktion Wohnen Eigenentwicklung

    Ausrichtung der Siedlungsentwicklung am Zentrale-Orte-Konzept Mindestdichte fr Wohnungsbau gemeindescharfe Mengenvorgabe fr Wohnungsbau Vorranggebiete Siedlung/ Gewerbe Ausweisung von gewerblichen Schwerpunkten Eigenbedarf

    Ausrichtung der Siedlungsentwicklung am Zentrale-Orte-Konzept Eigenentwicklung

    Negativplanerisch Regionale Grnzge Allgemeine Freiraum- und Agrarbereiche Waldbereiche Schutz der Natur Schutz der Landschaft und der landschaftsorientierten Erholung Grundwasser- und Gewsserschutz Sicherung und Abbau oberflchennaher Bodenschtze

    Vorranggebiete fr Freiraumfunktion Vorrang- und Vorsorgegebiete fr: Natur und Landschaft Ruhige Erholung in Natur und Landschaft Erholung mit starker Inanspruchnahme durch die Bevlkerung Trinkwassergewinnung Hochwasserschutz Rohstoffgewinnung Windenergienutzung

    Regionale Grnzge Natur und Landschaft Besondere Klimafunktion Grundwassersicherung Schutz oberirdischer Gewsser Landwirtschaft Landschaftsnutzung und pflege Waldzuwachs

    Regionale Grnzge Regionale Grnzsuren Vorrang- und Vorsorgegebiete fr: Gebiete fr Natur und Landschaft Gebiete fr den Schutz des Bodens als landwirtschaftliches Produktionsmittel Bereiche fr Aufforstung Rume, die vor weiterer Zerschneidung bewahrt werden sollen

    Steuerungsintensitt der Landesplanung (nach Siedentop)

    hoch

    gering

    hoch

    moderat

    Quelle: Gebietsentwicklungsplan Dsseldorf 1999, Regionales Raumordnungsprogramm Hannover 2005, Regionalplan Mittelhessen 2001, Regionaler Raumordnungsplan Sdwestthringen 1999

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    Als Auswahlkriterium diente auch die Organisationsstruktur der Regionalplanung: In Dsseldorf wird die Regionalplanung durch den Regionalrat betrieben. Dabei ist die Bezirksregierung Dsseldorf als Bezirksplanungsbehrde fr die inhaltliche Bearbeitung des Gebietsentwicklungsplans verantwortlich. Trger der Regionalplanung ist der Regionalrat. Durch die von den Kreisen und kreisfreien Stdte entsandten Mitglieder im Regionalrat flieen kommunale Interessen in die Arbeit der staatlichen Behrde ein. Der Regionalrat hat Zustndigkeiten und Beschlusskompetenz in der Regionalplanung und bedient sich zur Aufgabenerfllung des Personals der Bezirksregierung (Hting, Hopp 2004). Eine hnliche Organisation besteht in der Region Mittelhessen. Dort ist der Trger der Regionalplanung die Regionalversammlung, die sich ebenfalls aus Mitgliedern der Kommunen und Kreise zusammensetzt. Der Entwurf des Regionalplandokuments wird vom Regierungsprsidium vorgenommen. In Thringen ist die Regionale Planungsgemeinschaft Trger der Regionalplanung. In ihr sind Vertreter der Gemeinden und Landkreis und kreisfreien Stdte zusammengeschlossen. Zur personellen und fachlichen Untersttzung wurde die regionale Planungsstelle eingerichtet. Sie bernimmt die Aufstellung des Regionalplans. Die Regionale Planungsstelle ist in das Landesverwaltungsamt integriert, das als zentrale Mittelbehrde im Land Thringen fungiert. Die Region Hannover ist eine regionale Gebietskrperschaft. Sie reprsentiert ein vollkommunalisiertes Modell der Regionalplanung. Beschlussgremium fr den Regionalplan ist die Regionsversammlung, deren Vertreter direkt durch die Brger im Rahmen der Kommunalwahl gewhlt werden. Fr die Aufstellung und Fortschreibung des Regionalplans ist die Verwaltung der Region Hannover verantwortlich. Die gewhlten Fallbeispiele stammen aus vier Bundeslndern und umfassen Modellregionen in Ost- und Westdeutschland. Zudem werden Regionen bercksichtigt, die einen berwiegend verdichteten grostdtischen Charakter haben (z.B. Region Hannover) und Regionen mit mehrheitlich lndlichen Gebieten (Sdwestthringen und Mittelhessen). Da das Forschungsvorhaben in enger Kooperation mit den untersuchten Modellregionen stattfinden sollte, war die Bereitschaft der Akteure vor Ort ein weiteres wichtiges Kriterium. Die Regionalplaner haben sich bereit erklrt, ber einen Zeitraum von 2 Jahren, an diesem Projekt teilzunehmen. Fr die Auswahl der Regionen spielten daher auch persnliche Kontakte in die Regionen eine Rolle. Bercksichtigt wurde auch die Datenverfgbarkeit in den verschiedenen Modellregionen.

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    Tab. 2 Rumliche Kenndaten der vier Modellregionen (2004)

    Dsseldorf Hannover Mittel- hessen

    Sdwest-

    thringen

    Einwohnerzahl 5.237.855 1.128.336 1.064.228 502.518

    Einwohnerentwicklung 1996-2004 (in%)

    -0,89 1,22 0,32 -5,88

    Einwohnerdichte (Einwohner pro km)

    990 492 198 122

    Flche (km) 529.052 229.050 538.115 409.225

    Anzahl der Gemeinden 66 21 101 201

    Siedlungs- und Verkehrsflche (Anteil an der Gesamtflche)

    31,1 21,3 14,1 8,3

    Entwicklung der Siedlungs- und Verkehrsflche 1996-2004 (in%)

    8,24 6,08 4,1 7,75

    Daten: Laufende Raumbeobachtung des BBSR

    4. Auswahl der Fallstudienmethode Wie in Kapitel 2 dargestellt, knnen in Fallstudien sowohl fallzentrierte als auch variablenzentrierte Methoden zur Anwendung kommen. Bedingt durch die Konzentration auf nur wenige Flle, berwiegen jedoch fallzentrierte Verfahren. Von Bedeutung fr die Wahl des Forschungsdesigns ist auch die Unterscheidung zwischen kausalen Effekten und kausalen Mechanismen. Kausale Effekte knnen dabei als the impact of a given explanatory variable on a particular outcome (Seawright u. Collier 2004, S. 275f) definiert werden, whrend kausale Mechanismen a link or connection in a causal process (Seawright u. Collier 2004, S. 277) darstellen. Letztere dienen dazu, die Mechanismen zwischen anhngigen und unabhngigen Variablen verstehen und empirisch untermauern zu knnen. Dies findet im Rahmen von qualitativen Analysen statt. In quantitativen Forschungsvorhaben werden meist kausale Effekte betrachtet, die sich mit einer groen Anzahl an Fllen und mit Hilfe von statistischen Methoden durchfhren lassen. Als drittes Unterscheidungskriterium dient die Validitt. Die externe Validitt, die angibt, in wieweit die Daten auf andere Flle generalisierbar sind, steigt mit der Anzahl der Flle und findet daher vor allem in quantitativen Vorhaben Einsatz. Eine interne Validitt gibt an, wie aussagekrftig die Ergebnisse in Bezug auf diesen bestimmten Fall sind. Diese ist bei einer Fallstudienuntersuchung weitaus hher (Seawright u. Collier 2004, S. 292).

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    Zusammenfassend knnen folgende Merkmale fr variablen- und fr fallzentrierte Untersuchungen festgehalten werden:

    Tab. 3 Vergleich von variablen- und fallzentrierten Untersuchungen

    Variablenzentriert Fallzentriert Bercksichtigte Anzahl der Einflussfaktoren

    Niedrig Hoch

    Anzahl der Flle Hoch Niedrig Untersuchungsintensitt Breite Tiefe Kausalitt Kausale Effekte Kausale

    Mechanismen Validitt Externe Validitt Interne Validitt Generalisierbarkeit Hoch Niedrig

    Quelle: eigene Darstellung nach Gerring 2004, Blatter et al. 2007, Yin 2003a Fallstudien knnen demnach mit quantitativen, qualitativen oder mit beiden Methoden analysiert werden. Vielfach werden mehrere Verfahren miteinander kombiniert, wie z.B. Aktenanalyse, Interviews, Fragebgen oder Beobachtungen. Die Kombination kann dabei wertvolle Synergien liefern (Eisenhardt 1989, S. 534f). Fallzentrierte Untersuchungen knnen als Ergnzung zu variablenzentrierten Untersuchungen gesehen werden, wenn nur wenige Flle vorhanden sind. Zustzlich knnen qualitative und quantitative Forschungsmethoden parallel eingesetzt werden, indem beispielsweise aufgrund einer quantitativen Untersuchungsmethode bestimmte Flle herausgefiltert und vertiefend untersucht werden knnen. Die statistischen Daten knnen somit plausibilisiert werden. Die Wahl der Methode ist dabei auch davon abhngig, welche zeitliche Perspektive eine Untersuchung betrachtet: Sollen bereits abgeschlossene oder in der Vergangenheit liegenden Ereignisse analysiert werden, soll eine aktuell stattfindende Thematik untersucht werden, sollen zuknftige Entwicklungen prognostiziert werden oder ist es Ziel der Untersuchung, eine Reform von bestehenden Verhltnissen zu entwickeln? Diese Forschungsziele mssen sich nicht ausschlieen, sondern knnen sich ergnzen. Erforderlich sind aber unterschiedliche Methoden (Behrens 2003, S.208).

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    Das im Refina-Projekt entwickelte Forschungsdesign setzt sich zusammen aus verschieden, mit einander kombinierten Methoden: Analyse der Plne und Programme sowie der zugrundeliegenden Planungsgesetze; Auswertung von Statistikdaten zur rumlichen, demographischen und

    soziokonomischen Entwicklung der Regionen; Auswertung von Geodaten zur tatschlichen Flchennutzung; Auswertung von Stellungnahmen der Regionalplanung zu kommunalen Bauleitplnen; Experteninterviews mit den relevanten Akteuren aus Landesplanung, Regionalplanung,

    Kreisplanung, Kommunalplanung; Standardisierte Befragung aller Kommunen in den Modellregionen und aller Mitglieder

    der Regionalparlamente. Insbesondere in den Bereichen Auswertung von Stellungnahmen und Befragung der Kommunen zur Wirksamkeit des Regionalplans liegen kaum empirische Untersuchungen in vergleichbarer Form vor. Das entwickelte Auswertungskonzept wird in vier Modellregionen eingesetzt. Somit liefert das Forschungsvorhaben zum einen inhaltlich neue Erkenntnisse, zum anderen wird aber methodisch Neuland betreten. Beide Aspekte sprechen fr die Konzentration auf bestimmte Flle im Rahmen von Fallstudienanalysen. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf der Ex-Post-Analyse der bereits zur Steuerung der Siedlungsentwicklung in Regionalplnen eingesetzten Instrumenten. Da aber auch Reformoptionen abgeleitet werden sollen, sind verschiedene zeitliche Perspektiven zu betrachten. Dies erfordert auch den Einsatz unterschiedlicher Methoden. Whrend die Ex-Post-Analyse mit Hilfe von statistischen und geostatistischen Analysen, Auswertungen von Plnen und Akten, Befragung und Interviews erfolgen kann, ist man bei der Bewertung von Reformoptionen auf weniger Methoden beschrnkt. Fr diese Fragegestellung knnen in erster Linie Experteninterviews und die standardisierte Befragung der Akteure genutzt werden. Als theoretischer Hintergrund fr die Untersuchung dient eine Akteurs- und Institutionenanalyse. Die Bercksichtigung von Akteursformen und insbesondere das Eingebundensein in bestimmte Institutionen, die das Handeln der Akteure beeinflussen, erfordert ebenfalls eine Fallstudienuntersuchung. Diese Analyse kann kaum ber einen rein quantitativen Ansatz erfolgen. Von Bedeutung sind hier vor allem qualitative Interviews.

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    Tab.4 Variablen- und fallzentrierte Forschungsanstze im Refina-Projekt

    Vorgehen im Refina-Projekt

    Bercksichtigte Anzahl der Einflussfaktoren

    Hoch

    Anzahl der Flle Niedrig (4) Untersuchungsintensitt Tiefe Kausalitt Kausale Effekte /

    Mechanismen Validitt Interne / externe

    Validitt Generalisierbarkeit Mittel/niedrig

    Das methodische Vorgehen zur Evaluierung von Raumordnungsplnen besteht aus einem Methodenmix (Einig, Jonas, Zaspel 2009). Wie Tab. 4 zeigt kann nicht ausschlielich auf variablen- oder fallzentrierte Verfahren zurckgegriffen werden. Im Forschungsvorhaben wird der Frage nachgegangen, wie wirksam einzelne Instrumente zur Steuerung der Siedlungsentwicklung sind. Um dies beurteilen zu knnen, werden vielfltige Einflussfaktoren (z.B. Geodaten, Statistikdaten, Ergebnisse der Umfrage und der Interviews, Aktenanalyse) bercksichtigt. Die Anzahl der Untersuchungseinheiten ist mit vier recht niedrig. Durch die Analyse mehrerer Flle kann jedoch der Kritik entgegen gewirkt werden, dass aufgrund einer Einzelfallbetrachtung kaum verallgemeinerbare Aussagen mglich sind. Die vier ausgewhlten Regionen werden sehr detailliert und intensiv untersucht, wie an Hand des empirischen Vorgehens deutlich wird. Die Betrachtung von kausalen Effekten findet durch die Analyse mit statistischen Verfahren statt. Die gewonnen Daten aus Statistik, Geodaten, Interviews und Fragebogen werden so aufbereitet, dass sie in statistische Modelle einflieen knnen. Das Ziel ist die Messung kausaler Effekte der regionalplanerischen Siedlungssteuerung. Kausale Mechanismen knnen durch die gefhrten Interviews ermittelt werden. Diese helfen bei der Interpretation der statistischen Daten. Die externe Validitt der Daten ist durch die Betrachtung von mehreren Fllen eingeschrnkt gegeben. Von vier Fallbeispielen kann nicht auf alle 111 Planungsregionen geschlossen werden, aber es sind Aussagen zu einzelnen Instrumenten mglich, die auch in anderen Regionen Anwendung finden. Die interne Validitt ist hher, da die Analyse der Modellregionen in sich sehr intensiv erfolgt.

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    5. Fragestellungen in Fallstudien Fr Howell und Yemane (2006, S. 219) ist die klare Formulierung der Fragestellung und die Entwicklung eines, auf die Frage abgestimmten Fallstudiendesign, die wichtigste Herausforderung im Rahmen einer Evaluation. Die Fragestellung eines Forschungsvorhabens kann Hinweise auf die zu whlende Forschungsmethode geben. Werden Fragen nach dem wie und warum gestellt, so ist laut Yin die Fallstudie die geeignete Forschungsstrategie. Forschungsmethoden wie statistische Erhebungen sind hingehen eher bei Fragen nach dem wer, was oder wo anzuwenden. Tab. 5 Eignung von Fallstudien fr verschiedene Forschungssituationen

    Forschungs-

    strategie

    Art der

    Forschungs-

    frage

    Kontrolle ber

    Verhalten

    notwendig?

    Fokussiert auf

    aktuellen

    Ereignissen?

    Experiment Wie? Warum? Ja Ja Umfrage Wer? Was? Wo?

    Wie viel? Nein Ja

    Dokumenten- analyse

    Wer? Was? Wo? Wie viel?

    Nein Ja / Nein

    History Wie? Warum? Nein Nein Fallstudie Wie? Warum? Nein Ja

    Quelle: Yin 2003a, S. 5 Gerring (2004 S. 347) und Blatter et al. (2007 S. 126) unterteilten Fragstellungen in Fallstudien weiter in (a) deskriptiven Fragestellungen (was und wie) und (b) kausalen Fragestellungen (warum). In Fallstudien aus Anthropologie, Politikwissenschaften und Soziologie sind deskriptive Fragestellungen hufiger zu finden als kausale. Diese was- und wie-Fragen sind einfacher zu beantworten als Fragen nach dem warum. Laut Blatter et al. hat die Art der Fragestellung eine besondere Beziehung zum Forschungsdesign. Fallstudienanalysen sind demnach besser bei deskriptiven Analysen geeignet, whrend Zusammenhnge in Form von kausalen Fragestellungen besser durch quantitative Methoden beantwortet werden knnen (2007, S. 126). Fallstudien zeichnen sich durch eine tiefe Beschreibung und Interpretation von Strukturen und Prozessen aus. Diese Tiefe kann nicht in allen Fllen durch standardisierte Forschungsmethoden erzielt werden. Bei der Evaluierung von regionalplanerischen Instrumenten steht die Frage Wie wirksam sind die unterschiedlichen Instrumente der Regionalplanung zur Steuerung der Siedlungsentwicklung? im Vordergrund. Dabei werden verschiedene Wirkungen der Festlegungen auf unterschiedliche Bereiche (Baulandentwicklung, Baulandpreis, Einschrnkung fr die Kommunen) untersucht. Die Analyse setzt zunchst bei der deskriptiven Beschreibung

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    der Steuerung der Siedlungsentwicklung an. Dies umfasst vor allem Wie-Fragen: Wie erfolgt die Steuerung der Siedlungsentwicklung, welche Instrumente werden eingesetzt? Danach folgen die Fragen, Wie wirksam sind die Festlegungen und warum sind sie wirksam bzw. nicht wirksam? Es handelt sich somit um deskriptive und kausale Fragestellungen.

    6. Fallstudiendesign Nach dem die grundlegenden Definitionen und Fragestellungen von Fallstudien erlutert wurden, soll im Folgenden aufgefhrt werden, wie Fallstudien durchgefhrt werden knnen. Fr Yin (2003a) ist ein Fallstudiendesign the logic that links data to be collected (and the conclusion to be drawn) to the initial questions of study (Yin 2003a, S. 19). Ein Fallstudiendesgin stellt demnach einen Plan dar, der beschreibt wie man von der Ausgangsfragstellung zu den Ergebnissen und Schlussfolgerungen gelangt. Dies umfasst die Sammlung, Aufbereitung und Analyse der relevanten Daten. Dabei geht es nicht um einen logistical plan, sondern um ein logical problem, welches es zu lsen gilt. Die Wahl der passenden Untersuchungseinheit und der eigneten Methode sind zunchst bedeutender als die richtige Anwendung und Durchfhrung einer Methode (Yin 2003a, S. 20f). Dieser Plan soll auch vermeiden, dass Daten erhoben oder gesammelt werden, die fr die Beantwortung der Forschungsfrage nicht relevant sind. Fr eine Fallstudienanalyse sind fnf Komponenten zu bercksichtigen:

    1. Fragestellung 2. Ausgangshypothesen, wenn vorhanden 3. Untersuchungseinheiten 4. Logische Verbindung zwischen Daten und den Ausgangshypothesen 5. Kriterien zur Interpretation der Daten.

    Ergnzend zu dieser Auflistung ist die Rolle der Theorie nicht zu unterschtzen. Sie steht vor der Entwicklung des Fallstudiendesigns und nimmt eine elementare Stellung ein. Feldstudien knnen erst dann durchgefhrt werden, wenn der Forscher ein tiefgehendes Verstndnis oder eine Theorie davon besitzt, was untersucht werden soll (Yin 2003a, S.28). Ein theoretisches Verstndnis liefert wichtige Hilfestellungen in folgenden Bereichen:

    - Auswahl der Fallstudien - Konzentration auf den Untersuchungsgegenstand - Definition einer kompletten und passenden Beschreibung, wenn eine deskriptive

    Fallstudie erstellt wird - Generalisierung der Ergebnisse (Yin 2003b, S. 5).

    Demzufolge steht vor der Entwicklung der Forschungsfrage ein intensives Literaturstudium.

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    Bei der Analyse von Fallstudien sind zwei Dimensionen besonders zu bercksichtigen: zeitliche und rumliche Effekte (Behrens 2003, Gerring u. McDermott 2007). Darauf baut die Matrix of Case Study Research Designs von Gerring und McDermott auf:

    Tab. 6: Matrix des Fallstudiendesigns

    Rumliche Variation

    Ja Nein Ja Dynamic

    comparison Longitudinal comparison Zeitliche

    Variation Nein Spatial comparison

    Counterfactual comparison

    (nach Gerring u. McDermott 2007, S. 690) Dynamic comparison beschreibt Studien, die sowohl zeitliche als auch rumliche Variationen bercksichtigt. Whrend sich Longitudinal comparison auf zeitliche Vernderungen konzentrieren, bercksichtigen spatial comparison nur rumliche Vernderungen. Counterfactual comparison beruht auf Vernderungen, die denkbar sind, z.B. durch die Hilfe von mathematischen Modellen. Fr das Refina-Vorhaben werden sowohl rumliche Variationen als auch zeitliche Variationen betrachtet, es handelt sich somit um eine dynamic comparison nach. Eine rumliche Variation liegt in der Betrachtung von verschiedenen Modellregionen. Eine zeitliche Betrachtung wird ber die Analyse von statischen Daten ber einen einheitlichen Vergleichszeitraum (1996-2004) gewhrleistet. Zudem wurden in den Interviews ber Vernderungen in der Wirkung der Festlegungen oder Vernderungen in der Zusammenarbeit mit der Regionalplanung gesprochen. Zustzlich werden, wie oben bereits erwhnt, verschiedene zeitliche Aspekte (Ex-Post-Analyse und Reformoptionen) bercksichtigt. In Anlehnung an Blatter et al. (2007, S. 170) knnen Fallstudiendesigns in drei Phasen unterteilt werden: (1) Entwicklung des Forschungsdesigns, (2) Durchfhrung der empirischen Erhebungen und (3) Schlussfolgerungen der gewonnen Erkenntnisse. 1. Phase: Entwicklung des Forschungsdesigns

    In der ersten Phase wird das Forschungsvorhaben grundstzlich strukturiert. Dabei werden der Anlass der Untersuchung und die konkrete Forschungsfrage herausgearbeitet. Die Herausarbeitung einer Fragestellung grenzt den Inhalt der Fragestellung ab. Eine klare Zielsetzung kann darlegen, welchen Beitrag die Analyse fr das bestehende Untersuchungsfeld leisten mchte (Blatter et al. 2007, S. 172). Die Formulierung der Forschungsfrage ist in dieser Phase besonders bedeutsam. Ohne eine Fokussierung auf eine bestimmte Fragestellung wird man

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    sehr leicht vom Datenmaterial erschlagen (Eisenhardt 1989, S. 536). Es kann zwischen primr theoriegeleiteten Untersuchungen und anwendungsorientierten Studien unterschieden werden. Bei einer starken Theorieorientierung ist zunchst der State of the Art unumgnglich. Darauf aufbauend werden Untersuchungsfragen, relevante Variablen und hypothetische Zusammenhnge entwickelt. Anwendungsorientierte Studien nehmen hingegen den konkreten Fall oder das spezifische Themenfeld strker in den Blick (Blatter et al. 2007, S. 170). Eine Fallstudie sollte demnach nicht nur konkrete praktische Relevanz besitzen, sondern zur Theorieentwicklung beitragen (Blatter et al., Yin, Eisenhardt). Daher sollte der Forscher berlegungen dazu anstellen, welche wissenschaftliche Debatte er untersttzen mchte. Fr qualitative Fallstudien ist eine umfassende theoretische Betrachtung von weitaus grerer Relevanz als dies bei quantitativen Untersuchungen der Fall ist, da es weniger Mglichkeiten einer technischen Kontrolle der Schlussfolgerungen gibt. Durch die Festlegung von Zielsetzung und Fragestellung wird bestimmt, ob es sich um eine deskriptiv-vergleichende, eine interpretative oder eine kausal-analytische Untersuchung handelt, ob man sich auf einen bestimmten Fall konzentriert oder ein generelles Phnomen beschreiben bzw. erklrt werden soll. Deutlich wird daran auch, ob ein bestimmtes Ergebnis (causes of effects) oder die Wirkung eines bestimmten Faktors (effects of causes) analysiert wird (Blatter et al. 2007, S. 173). Es ist sinnvoll, unterschiedliche Elemente des Erklrungsmodells als Variablen zu definieren. Patzelt (2005, zitiert in Blatter et al. 2007, 173) nennt fnf Typen von Variablen:

    1) Abhngige Variable: Diese legt das zu untersuchende Problem bzw. Phnomen fest. 2) Unabhngige Variable: Von diesen Variablen erwartet man einen Einfluss auf die

    abhngige Variable. Diese potenziellen Einflussfaktoren wurden aufgrund theoretischer Vorberlegungen ausgewhlt.

    3) Intervenierende Variablen: Zustzlich zu den unabhngigen Variablen gibt es sog. intervenierende Variablen, von denen man annimmt, dass sie existieren mssen, damit die unabhngige Variable die angenommene Wirkung auf die abhngige Variable besitzt. Die Unterteilung in unabhngige und intervenierende Variable resultiert aus den theoretischen Vorberlegungen.

    4) Gruppierungsvariable: Sie dient der Auswahl eines Falles aus mehreren Fllen und legt fest, welcher Aspekt bei der Fallauswahl bercksichtigt werden soll.

    5) Hintergrundvariablen: Sachverhalte, die einen Einfluss auf die abhngige oder unabhngige Variable besitzen, aber nicht im Mittelpunkt der Betrachtung stehen (Blatter et al. 2007, S. 173f).

    Die Auswahl konkreter Variablen aufgrund eines theoretischen Verstndnisses ist wichtig, sollte aber nicht zu restriktiv und auch weiter offen fr andere Variablen sein. Die erste Phase endet mit der Ermittlung des bentigten Datenmaterials. Eine explizite Auflistung des notwendigen Datenmaterials ermglicht zum einen die Gleichbehandlung aller Flle und das Vorhandensein gleicher Informationen in den unterschiedlichen Fllen. Sie zeigt aber auch zu Beginn des Forschungsprojektes auf, in welchen Bereichen Schwierigkeiten zu

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    erwarten sind und wo eventuell aus pragmatischen Grnden Abstriche gemacht werden mssen (Blatter et al. 2007, S. 179). Phase 2: Die Durchfhrung der Feldforschung

    Ein groer Teil der Fallstudienarbeit wird darauf verwendet, Daten zu erhalten, die aus theoretischen Grnden sinnvoll erscheinen. Die Qualitt der Daten ist fr den Erfolg einer Fallstudie von groer Bedeutung. Whrend des Forschungsprozesses arbeitet sich der Forscher intensiv in ein Themenfeld und in einen oder mehrere Flle ein. Dies wird auch als soaking and poaking bezeichnet. Voraussetzung ist zunchst ein intensives Literaturstudium, dass neben klassischen wissenschaftlichen Beitrgen auch sog. Graue-Literatur wie Akten, Protokolle oder Zeitungen umfasst. In Fallstudien wird die Methode der Experteninterviews besonders hufig angewendet. Dies birgt die Gefahr, dass der Forscher eine soziale Bindung zu den Akteuren aufbaut, die es erschwert, die gewonnen Ergebnisse auf die theoretischen Schlussfolgerungen zurckzubeziehen. Schwierig ist hufig auch die Handhabung der umfangreichen Informationen und Materialien, die meist ber die reine Fragestellung hinausgehen. Die Ausgangsfragestellung sollte dabei immer im Mittelpunkt stehen (Blatter et al. 2007, S. 180). Die deskriptive Aufarbeitung der Fallstudien und die Zuordnung der Variablen zu theoretischen Konstrukten stellt eine komplexe Aufgabe dar. Der Wert vieler Fallstudien ist insbesondere in den vielfltigen und differenzierten deskriptiven Ausarbeitungen zu suchen. Nach einer deskriptiven Beschreibung sollte in einem nchsten Schritt eine systematische Auswertung hinsichtlich kausaler Beziehungen und der sich daraus ergebenden Entwicklungspfade stehen (Blatter et al. 2007, S. 182). Die Interpretation der gewonnenen Daten stellt eine weitere Herausforderung im Forschungsprozess dar: Zu bercksichtigen ist die notwendige Distanz zwischen Forscher und dem erhobenen Datenmaterial. Bei der Auswertung von Interviews und Primrquellen ist deren strategische Ausrichtung stets zu bercksichtigen. Phase 3: Die Prsentation der Ergebnisse und Schlussfolgerungen fr die Theorie

    Die schriftliche Aufarbeitung und die Ableitung von fall- und theoriespezifischen Schlussfolgerungen bilden den abschlieenden Teil der Untersuchung. Bei der Aufbereitung der Daten sollte man sich Ausgangsfragestellung, Hypothesen und Zielsetzung der Untersuchung erneut vor Augen fhren und Antworten auf die gestellten Fragen liefern. Der Rckbezug zu theoretischen Erkenntnissen ist dabei hervorzuheben. Ergebnisse sollten dabei so prsentiert werden, dass die theoretischen Erwartungen untermauert oder widerlegt werden. Bezug sollte dabei auf die unterschiedlichen wissenschaftlichen Meinungen genommen werden. Zu bercksichtigen sind auerdem die spezifischen Eigenheiten der Fallstudie, die Auswirkungen auf die Ergebnisse haben knnen. (Blatter et al. 2007, S. 186).

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    Fr die Analyse der Ergebnisse sind zunchst einfache, rein deskriptive Beschreibungen notwendig, da sie dem Forscher helfen, mit der normen Flle an Daten zurechtzukommen. Fr diese Art von Analyse gibt es laut Eisenhardt aber kein Standardformat (1989, S. 540). Bei der Auswertung der Daten kann nach cross-case-pattern gesucht werden. Zum einen knnen bestimmte Kategorien oder Dimensionen ausgewhlt werden. Dort knnen innerhalb von Gruppen hnlichkeiten untersucht werden, die mit gruppenbergreifenden Unterschieden gekoppelt werden knnen (Eisenhardt 1989, S.540). Weiterhin knnen Fallpaare ausgewhlt werden, die Gemeinsamkeiten oder Unterschiede aufweisen. Eine dritte Strategie kann darin bestehen, die Daten nach der Erhebungsmethode getrennt auszuwerten (z.B. Fragebgen, Interviews, Akten). Hufiger Kritikpunkt bei der Durchfhrung von Fallstudien ist die mangelnde Generalisierbarkeit der gewonnen Daten. Dieses Problem kann offen angegangen werden, in dem man auf die Schwierigkeiten hinweist und Aussagen innerhalb des Geltungsbereiches trifft. Fallstudien knnen dabei weder bestehende Theorien in ihrer Gesamtheit besttigen oder widerlegen. Ihre Strke liegt in der Differenzierung der Theorieentwicklung, wodurch Hinweise auf Subtypen oder bestimmte kausale Beziehungen gegeben werden knnen (Blatter et al. 2007, S. 186). Ein weiterer Nachteil bei der Bearbeitung von Fallstudien liegt darin, dass zwar Theorien entwickelt werden knnen, die sehr detailliert ber etwas Auskunft geben, denen es aber an der allgemeinen Perspektive fehlt. Zudem sind Verhltnisse mglich, die nur auf einen speziellen Fall zu treffen und somit nicht verallgemeinerbar sind (Eisenhardt 1989, S. 547). Beurteilung der Qualitt eines Fallstudiendesign

    Fr die Beurteilung des qualitativen Standards der Forschung schlgt Yin (2003) vier Kriterien vor, die fr alle Vorhaben der empirischen Sozialforschung gelten, so auch fr Fallstudien. Er gibt verschiedenen Taktiken vor, die zur Qualittssicherung der Untersuchung beitragen sollen.

    1) Konstruktvaliditt: Umfasst korrekte Mastbe fr die durchzufhrende Untersuchung, um subjektive Wertungen vermeiden zu knnen (z.B. durch mehrere Datenquellen, Beweisketten oder Gegenlesen durch Hauptinformanten der Studie)

    2) Interne Validitt: Trifft bei erklrenden Fallstudien zu und untersucht, ob alle relevanten Aspekte in die Untersuchung eingeflossen sind oder ob Ergebnisse auf das Weglassen von Variablen zurckzufhren ist

    3) Externe Validitt: Vorgehen, um zu prfen, inwiefern Ergebnisse der Fallstudie verallgemeinerbar sind und in einer breiteren Theorie umgesetzt werden knnen

    4) Reliabilitt: Prft, ob die Vorgnge der Untersuchung, z.B. die Datensammlung, mit dem gleichen Ergebnis wiederholt werden knnten.

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    Tab. 7 Qualittskriterien fr das Forschungsdesign Tests Fallstudientaktik Forschungsphase Konstruktvaliditt Mehrere Datenquellen

    Beweisketten Review durch Haupt-

    informanten

    Datensammlung Datensammlung Abschlussbericht

    Interne Validitt pattern-matching explanation-building Zeitreihenanalyse Rivalisierende

    Erklrungen nutzen Verwendung

    logistischer Modelle

    Datenanalyse Datenanalyse Datenanalyse

    Externe Validitt Replikationslogik bei multiple-case studies

    Theorie in single-case-studies

    Forschungsdesign

    Reliabilitt Fallstudienprotokoll Fallstudiendatenbank

    Datensammlung Datensammlung

    Quelle: Yin 2003a, S. 34 Fallstudiendesign in Refina

    Phase 1:

    Das Forschungsvorhaben findet in Kooperation mit vier weiteren Forschungsinstitutionen statt, so dass eine Abstimmung und Aufgabenteilung zu Beginn genau geregelt wurde. Aufgrund von Literaturanalysen und deskriptiven Beschreibungen der Regionen wurde der state of the art ermittelt. Die Fragestellung zielt zudem auf die Wirkung eines bestimmten Faktors hin (effects of causes), in diesem Fall auf die Wirkung und die Wirksamkeit der eingesetzten Instrumente. In Anlehnung an Pazelt (2005, zit. nach Blatter et al.) knnen auch fr das Refina Vorhaben unterschiedliche Typen von Variablen zur Erklrung der Siedlungs- und Verkehrsflchenentwicklung definiert werden:

    1) abhngige Variable: Siedlungs- und Verkehrsflchenentwicklung 2) unabhngige Variablen: z.B. Bevlkerungsentwicklung, Haushaltsentwicklung,

    Beschftigtenentwicklung, Baufertigstellungen, Baulandpreise, Einkommen - diese Faktoren wurden aufgrund vorheriger Studien in die Analysen mit aufgenommen

    3) intervenierende Variablen: z.B. Vorgaben der Landes- und Regionalplanung, Akzeptanz der Vorgaben

    4) Hintergrundvariable: z.B. Akteurskonstellationen, Verhltnis der Akteure zueinander.

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    Im Rahmen des Forschungsprozesses sind diese Variablen erweiterbar und stellen kein starres Gerst dar. Bei der Datenbeschaffung musste aus finanziellen Restriktionen auf die unabhngige Variable des Baulandpreises verzichtet werden. In den brigen Bereichen sind die Daten fr alle Regionen vorhanden. Dabei wurden die Daten durch regionale Besonderheiten ergnzt (z.B. Daten aus der Baulandumfrage in Niedersachsen, Daten des Siedlungsmonitorings in Dsseldorf, Daten der Brachflchenerhebung in Sdthringen). Phase 2:

    Auch in diesem Forschungsprojekt lag der Arbeitsschwerpunkt in der Beschaffung, Aufbereitung und Analyse der Daten. Bentigt wurden

    Geodaten, die z.T. von Hand nach digitalisiert werden mussten, Statistische Daten, die fr alle Modellregionen in gleicher Weise aufbereitet und

    zusammengestellt werden mussten, Stellungnahmen, die von den Fallstudienregionen herausgesucht wurden und

    dann in einer Datenbank erfasst worden sind Erfassung eigener Daten in Form eines Fragebogens, der entwickelt werden

    musste Erfassung von Daten durch Experteninterviews, die Bereisungen in erforderten

    Da Experteninterviews ein Vorwissen des Forschers erfordern, war eine intensive Einarbeitung in das Thema und in die Besonderheiten vor Ort notwendig. Zu diesem Zweck wurden in z.T. deskriptiver und analytischer Form Berichte zu jeder Region erstellt. Die Bercksichtigung verschiedener Datenquellen und die Bercksichtigung verschiedener Expertenmeinungen, kann den Forscher davor bewahren, die Ergebnisse zu einseitig zu deuten. Die Sicherung der Qualitt der Ergebnisse kann ber mehrere Faktoren sichergestellt werden: Konstruktivitt: wie mehrfach beschrieben werden eine Vielzahl von Datenquellen und unterschiedlichen Forschungsmethoden angewendet, die davor schtzen sollen, einen einseitigen Blick auf die Fallstudien zu bekommen. Die Ergebnisse der Studien werden mit den Parten in den Modellregionen und den Projektpartnern rckgekoppelt und diskutiert. So kann das Problem der Fehlinterpretation gemildert werden. Lokale Besonderheiten werden in diesen Diskussionen von den Modellregionen angesprochen. Interne Validitt: Auch wenn das Forschungsvorhaben sehr umfangreich angelegt ist, knnen doch nicht alle Aspekte umfassend beleuchtet werden. Dies wird jedoch bei der Auswertung der Daten stets bercksichtigt. Reliabilitt: Da die Daten in allen vier Modellregionen in gleicher Weise erfasst worden sind kann eine Reliabilitt angenommen werden. In qualitativen Interviews ist es grundstzlich schwierig, die gleichen Daten so noch einmal zu erheben. Insbesondere subjektive Einschtzungen hngen von Situationen oder Erfahrungen ab, die sich rasch ndern knnen.

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    Tab. 5 Durchfhrung der Empirie im Refina-Projekt

    Empirisches Vorgehen 1. Schritt:

    Literaturstudium Auswertung statischer Daten Auswertung von Geodaten Analyse der Plne Erfassung und Analyse der Stellungnahmen

    2. Schritt Experteninterviews (Informationen aus Literaturstudium und Datenauswertung flieen mit in Interviews ein)

    Standardisierte Befragung (Informationen aus Experteninterviews flieen mit Fragebogengestaltung mit ein)

    3. Schritt Aufbereitung der Datenauswertungen zu Berichten Aufbereitung der Interviews nach Akteuren und Themen

    getrennt Auswertung der Stellungnahmen in kurzen Berichten Aufbereitung der Befragung Statistische Berechnung zur Prfung von Kausalitten

    (Regressionsanalyse) Rckkopplung der Ergebnisse mit den Modellregionen

    4. Schritt Zusammenfhrung der Ergebnisse in einem Abschlussbericht Quelle: eigene Darstellung

    7. Fazit Auch wenn Fallstudienuntersuchungen nach wie vor umstritten sind und insbesondere die mangelnde Generalisierbarkeit kritisiert wird, stellen sie in vielen Forschungsvorhaben eine geeignete Untersuchungsmethode dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn nur wenige Flle betrachtet werden sollen (oder knnen). Fr die Evaluation von Regionalplnen und die Messung der Wirksamkeit ihrer Festlegungen hat sich die Entscheidung fr eine Fallstudienanalyse als zielfhrend erwiesen. Zu bercksichtigen ist jedoch, dass die ausgewhlten Modellregionen, im Vergleich zu vielen anderen Planungsregionen in Deutschland, alle ber einen restriktiven Ansatz zur Steuerung der Siedlungsentwicklung verfgen. Die verschiedenen Methoden und die Kombination dieser Methoden konnten ein umfassendes Bild liefern. Probleme lagen insbesondere in der Datenbeschaffung, die dazu fhrten, dass nicht in allen Regionen nach dem zeitlich gleichen Konzept vorgegangen werden konnte. So lagen z.B. die Auswertungen der Stellungnahmen nur in einem Fall bei der Durchfhrung der Interviews vor. Nach dem nun in einer ersten Studie eine systematische Messung der Wirksamkeit von regionalplanerischen Instrumente erfolgt ist, ist es durchaus denkbar, dieses Verfahren auf weitere Modellregionen zu bertragen. Um die Wirksamkeit der Instrumente effektiv bewerten zu knnen, ist eine Wiederholung der Analyse in regelmigen Abstnden ratsam.

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